Geologische Umgebungskarte von Heidelberg
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Geologische Umgebungskarte von Heidelberg
Globaler-Europäischer-Nationaler Geopark Geologische Umgebungskarte mit Erläuterungen Heidelberger Erdgeschichte Globaler-Europäischer-Nationaler Geopark Bergstraße-Odenwald Nibelungenstraße 41 64653 Lorsch 06251 / 70799-0 06251 / 70799-15 [email protected] www.geo-naturpark.de www.europeangeoparks.org Landschafts- und Forstamt Heidelberg Weberstraße 7 69120 Heidelberg 06221/5828001 www.natuerlich.heidelberg.de [email protected] Autor: Dr. Horst Eichler M. A. Fotos: Eichler, HeidelbergCement ISBN-Nr. 3-922781-99-3 Verlag Laurissa Geologische Umgebungskarte von Heidelberg Geologie im Alltag Wenn die Abendsonne die Stadt in ihr goldenes Licht taucht, wenn der Sandstein der Kirchtürme, der Brückenbögen und das Heidelberger Schloss in der Lichtglut des zu Ende gehenden Tages sich mit den Berghängen und dem Fluss zur romantischen Landschaftssymphonie des Neckartrichters vereinen, spätestens dann verschwimmen die Begriffe Natur und Kultur. Und vielleicht jetzt mag sich auch die Frage nach der Rolle der Geologie in diesem Spiel ins Bewusstsein schleichen: Der rote Sandstein als architektonischer Grundstoff dieser auch als „Buntsandstein-Baulandschaft“ bezeichneten Landschaftseinheit (wie es auch die anderen Baulandschaften gibt: Wie z. B. die des Bamberger Keupers oder die des für die Bodenseegegend typischen grünlichen Molassesandsteins). tung unterschiedlicher, an der Erdoberfläche vorkommender Gesteine (notwendigerweise stark vereinfacht) zu Papier zu bringen, sondern letztlich auch erdgeschichtliche Prozesse mit all ihren dramatischen Ereignissen und landschaftstypischen Ergebnissen (z.B. gesteins- oder strukturbedingte Landschaftsformen) nachvollziehbar zu machen. Geologische Karten sind kleine Meisterwerke, in denen sich je nach Größe des dargestellten Gebietes u. U. das geologische Wissen und die Geländearbeit mehrerer Generationen von Geologen sowie das Können erfahrener Kartographen zu einer geowissenschaftlich hochkomplexen Symbiose vereinigen. Geologische Karten dienen nicht nur dem Spezialisten zur Beantwortung bestimmter praxisorientierter Fragestellungen sondern auch dem interessierten Laien zum besseren Kennenlernen und zum Verständnis der ihn umgebenden Landschaft, wozu sich ergänzende Texterläuterungen als hilfreich, meist aber auch als notwendig erweisen. Frühe geologische Kartierungen des Heidelberger Raumes Abb. 1: Heidelberg im Abendlicht: Musterbeispiel einer Buntsandstein-Baulandschaft Der über 450 Meter messende, auf Kräfte aus dem Erdinneren zurückzuführende Höhenunterschied zwischen Königstuhl und Rheinebene, der Quellenreichtum an manchen Schichtgrenzen unterschiedlich wasserführender Gesteinsschichten, die hohe Grundwasserhöffigkeit des Rheingrabens und selbst die Klima- und Bodengunst der Bergstraße – alles ist irgendwie geologisch bedingt … Spätestens jetzt ist es Zeit, eine geologische Karte zur Hand zu nehmen und staunend nach Begründungen für manche doch so selbstverständlich scheinenden Tatsachen zu suchen. Geologische Karten Geologische Karten stellen den Versuch dar, mit graphischen Mitteln (Flächenfarben und Signaturen) nicht nur die Verbrei- Die erste geologische Beschreibung der Umgebung von Heidelberg, die „Gaea Heidelbergensis“ von H. G. BRONN, einem Professor des schon 1818 gegründeten Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Heidelberg, war bereits im Jahre 1830 auf dem Markt. Neuere geologische Erkenntnisse fanden ihren Niederschlag in der von E.W. BENECKE & E. COHEN im Jahre 1881 im Maßstab 1:50.000 (in 2 Blättern) herausgebrachten „Geologischen Karte der Umgebung von Heidelberg“. Diese wiederum bildete die Grundlage der späteren viel differenzierteren Kartierungen der „amtlichen“ geologischen Landesaufnahme. Das Blatt „Heidelberg“ (Blatt Nr. 23 alter Zählung und als Blatt Nr. 6518 der neuen Zählung unter der Bezeichnung „Heidelberg Nord“ geführt) ist dann vor diesem forschungsgeschichtlichen Hintergrund auch eines der ersten amtlichen Blätter der sog „Geologischen Spezialkarte“ im Maßstab 1:25.000, das von der im Jahre 1889 gegründeten Großherzoglichen Badischen Geologischen Landesanstalt herausgegeben wurde. Was bis zum heutigen Tage – auch und besonders unter dem Aspekt der Rolle Heidelbergs als Universitätsstadt – schmerzlich vermisst wird, ist eine die vielen geologischen Umgebungsbeschreibungen (L. RÜGER, 1928; H. GRAUL, 1977; A. ZIENERT, 1981; V. SCHWEIZER & R.KRAATZ, 1982; J. SEELING, 2005) in kartographischer Dichte und Überschaubarkeit darstellende geologische Umgebungskarte, die die geologische Vielfalt des Heidelberger Stadtgebietes und seiner unmittelbaren Nachbarschaft einem größeren Kreis interessierter Laien in ver- einfachter und übersichtlicher Darstellung leicht zugänglich macht. Diesem Zweck dient die hier vorgelegte Karte. Die geologische Umgebungskarte von Heidelberg Die Grundlage des auf der Karte dargestellten geologischen Sachverhaltes bilden in Ermangelung neuerer Gebietskartierungen die auf den Blättern Ladenburg, Heidelberg, Schwetzingen und Neckargemünd der Geologischen Spezialkarte des Großherzogtums Baden dokumentierten Verhältnisse. Die Karte erhebt also keinen Anspruch auf eine dem letzten Stand der geologischen Lokalforschung entsprechende Wissenschaftlichkeit. Im Gegenteil: In vielerlei Hinsicht sind – auch im Hinblick auf den Benutzerkreis – Vereinfachungen und eine starke Generalisierung gewollt oder bewusst in Kauf genommen. Aus Gründen der Authentizität ist auch die von den Originalbearbeitern verwendete stratigraphische Nomenklatur übernommen worden. Die moderne, heute in der Literatur (allerdings noch nicht auf den geologischen Karten verwendete) Nomenklatur ist bei E. VILLINGER (2005) aufgeführt. Die umseitige Karte wurde erstmals als Blatt Nr. 3/1 in dem vom Verfasser, G. HEINEMANN, H. MUSALL und A. SCHEUERBRANDT in Kooperation mit der Stadt Heidelberg herausgegebenen „Stadtatlas Heidelberg“ (1. Lieferung, 1986) publiziert. Zur Tektonik des Heidelberger Raumes Die Besonderheit der geologischen Situation Heidelbergs ist wohl darin zu sehen, dass hier in reizvollem landschaftlichen Rahmen in leichter Zugänglichkeit Stein und Form gewordene Zeugnisse der Erdgeschichte – vom Erdaltertum bis hin zu deren jüngsten, nur wenige tausend Jahre alten Bildungen – auf engstem Raum beieinander und somit auch im Erlebens- und Wahrnehmungsbereich des geologisch kaum vorgebildeten Laien liegen. Am auffallendsten ist die Zweiteilung des Blattes sowohl farblich als auch in der Geländeform: Im Westen die mit gelben Tönen überzogenen Flächen der Rheinebene und des NeckarAlte Brücke schwemmkegels, im Osten das im Wesentlichen in Brauntönen gehaltene Bergland des Buntsandstein-Odenwaldes. Die Grenze bildet die Rheingrabenhauptverwerfung, eine der heute noch aktivsten Störungszonen der Erde, an der sich der von mächtigen Kies- und Sanddecken verschüttete Grabenboden und der Odenwald seit dem Eozän (vor ca. 50 Millionen Jahren) bis zum heutigen Tage um etwa 4.000 Höhenmeter gegeneinander verschoben haben und an der heute noch andauernde Vertikalbewegungen von bis zu 0,7 Millimeter /Jahr (im Bereich des nördlichen Odenwaldes) beobachtet werden können. Schwache Erdbeben sind hier fast geologische Normalität. Wie stark die Physiognomie der Heidelberger Landschaft von tektonischen Störungen bestimmt wird, zeigt der Vergleich von geologischer Karte und Abb. 2 sehr deutlich. Die zahlreichen (schwarz gekennzeichneten) Verwerfungslinien korrespondieren allesamt mit auffälligen Geländemerkmalen: Seien es die Gelände- oder Bruchstufen zwischen Gaisbergund Königstuhlscholle, die Tiefenlinien des Klingenteich- und des Hirschgassentälchens oder auch die kastenartige Verbreiterung des Neckartals im Heidelberger Altstadtbereich. Selbst die den Bismarckturm tragende Hangschulter ist verwerfungsbedingt und nicht zuletzt auch die zahlreichen Talkerben der Gaisbergscholle. Die kurze Geschichte des langen geologischen Werdens Im Erdaltertum (Paläozoikum), vor ca. 320 – 370 Millionen Jahren – durch das Aufeinanderprallen zweier „wandernder Kontinente“ (des nördlichen Old Red-Kontinents und des südlichen Urkontinents Gondwana) verursacht – bildete sich in der sog. Karbonzeit der durch ganz Europa ziehende Faltengebirgsgürtel des sog. Variskischen Gebirges. Alpenhoch muss es gewesen sein. Doch – wie alles auf unserer Erde – war auch dieses aus magmatischen Tiefengesteinen (Granite und kristalline Schiefer) aufgebaute Gebirge der Verwitterung und der Abtragung unterworfen. Schloss Königstuhl Heiligenberg Bismarckturm Steigerweg-Störung Kühler-Grund-Störung Südliche Königstuhlscholle Gaisberg Und schon etwa 100 Millionen Jahre später (vor ca. 270 Millionen Jahren im Perm-Zeitalter) war das Gebirge mehr oder weniger eingeebnet – die Gipfel abgetragen, die Täler mit deren Abtragungsschutt (es ist das sog. Rotliegende, vergl. Abb. 3 ) verfüllt und die sog. Permische Rumpffläche entstanden. sich von der heutigen Nordsee bis zum Gebiet der gegenwärtigen Schwäbischen Alb und des Schwarzwaldes erstreckte und in mehrmaligem Wechsel vom Abtragungsschutt (dem späteren Buntsandstein) der kristallinen Randgebirge verfüllt oder von Meereseinbrüchen überflutet und von deren marinen Sedimenten (späterer Muschelkalk) abgedeckelt wird. Beide Schichtenfolgen lagern zusammen mit den permischen Sedimenten als sog. Deckgebirge auf paläozoischem, auch als Grundgebirge bezeichnetem kristallinem Sockel (variskischer Rumpf), der im Heidelberger Gebiet nur in den unteren Hangbereichen des tief in das Deckgebirge eingeschnittenen Neckartals aufgeschlossen ist. Abb. 3 – 4: Kaum verfestigter Arkosesandstein des Rotliegenden (mit faustgroßem Rhyolith-Trümmerstück) im Heidelberger Schlossgraben (links). Altes Stollenmundloch eines von 1894 bis 1919 betriebenen Mangan-Bergwerkes. Diese Zeit der permischen Einrumpfung war im Heidelberger Raum auch eine Periode heftiger vulkanischer Aktivität, wie das Vorkommen diverser Tufflagen und besonders der mächtigen, auf der geologischen Karte in auffallendem Rot sich abhebenden Rhyolith-(oder Quarzporphyr-) Decken und Schlotfüllungen erkennen lässt. War die Zeit des Rotliegenden vorwiegend von wüstenhaftem Festlandklima bestimmt, änderten sich die Verhältnisse im zweiten Abschnitt der Perm-Zeit dramatisch: Unter immer noch ariden Klimabedingungen drang von Norden her das flache Zechstein-Meer ein, überflutete die Ablagerungen des Rotliegenden und bedeckte sie mit nur geringmächtig ausgebildeten karbonatischen Evaporiten (hauptsächlich Dolomite und Rückstandstone), deren Verwitterungsprodukte später als Manganerzvorkommen wirtschaftliche Bedeutung erlangten (z. B. im Mausbachtal bei Ziegelhausen, vergl. Abb. 4). Das Erdmittelalter (Mesozoikum) ist im Gebiet des Kartenblattes nur durch zwei Sedimentfolgen der dreigliedrigen Trias-Formation vertreten: Dies sind das im Odenwald bis über 400 Meter mächtige Schichtpaket des Buntsandsteins und Restvorkommen des maximal ca. 230 Meter mächtigen Muschelkalks im Süden des Blattgebietes. Ablagerungen der Keuper-Zeit fehlen. Ebenso sind die Formationen des Jura, der Kreide und des Tertiärs an der Geländeoberfläche nicht vertreten. Die Trias-Zeit (Beginn vor ca. 250 Millionen Jahren) ist durch die Bildung des sog. Germanischen Beckens bestimmt, das Abb. 5: Der unter Geologen berühmte Ökotop im Heidelberger Schlossgraben mit der durch eine Kerbe (und hier durch eine weiße Messlatte) gekennzeichneten Grenze zwischen der Rumpffläche des variskischen Grundgebirges (alte Landoberfläche) und permischer Decke aus Rotliegendem. Erst in der Erdneuzeit (Känozoikum) vor etwa 45 bis 50 Millionen Jahren hat sich das heutige Landschaftsbild zu entwickeln begonnen als im Alttertiär (Eozän) im Zusammenhang mit der Gebirgsbildung der Alpen der Einbruch des Rheingrabens einsetzte, das Deckgebirge aufriss, die in einzelne Schollen (vergl. Abb. 2) zerbrechenden Flanken des Grabens (der heutige Odenwald) herausgehoben wurden und die Fließgewässer (hier besonders der Ur-Neckar) sich durch heftiges Einschneiden in das Deckgebirge auf die nunmehr immer tiefer absinkende Erosionsbasis des Grabenbodens einzustellen hatten. Der sich bis zum heutigen Tage absenkende Rheingraben wird im Laufe der Jahrmillionen mit dem Abtragungsschutt (Kies und Sand) der Randgebirge verfüllt. Binnenseen entstehen zeitweise im Graben und im mittleren Oligozän (vor ca. 29 Millionen Jahren) und dann nochmals im Miozän (vor ca. 20 Millionen Jahren) dringt auch das Meer in die Grabenstruktur, bildet einen von der Tethys (etwa dem heutigen Mittelmeer Boxberg-Siedlung Emmertsgrund-Siedlung entsprechend) zum damaligen Nordmeer reichenden Meeresarm. Ölschiefer, Erdöl und Kalisalze sind schließlich das Erbe der insgesamt etwa 62 Millionen Jahre andauernden Tertiärzeit in der über 3000 Meter mächtigen Grabenfüllung. Ihr Gesamtvolumen wird mit ca.19.000 Kubikkilometern angegeben. Die in den Kiesen und Sanden des Oberrheingrabens in mehreren Stockwerken übereinander liegenden Grundwasserkörper bilden zusammen das größte Grundwasserreservoir Europas, aus dem auch die Heidelberger Wasserversorgung einen Großteil ihres Wassers aus einer Tiefe von über 250 Metern bezieht. Erst im jüngsten Zeitabschnitt des Känozoikums, dem vor etwa 2,6 Millionen Jahren einsetzenden Quartär, erhält die Landschaft des Blattgebietes ihre letzte Feinformung: Während der verschiedenen pleistozänen (eiszeitlichen) Kaltzeiten, in denen die Vergletscherung der Alpen bis über den Bodensee reichte und dieser seine Funktion als Sedimentfalle verloren hatte, schleppt der Rhein als zerfaserter, zuweilen mehrere Zehnerkilometer breiter Schmelzwasserstrom das von den Eismassen abgehobelte Alpenmaterial nach Norden und legt sie als Decke über die im Blattgebiet heute nur noch im Untergrund nachweisbare tertiäre Grabenfüllung. Und immer noch senkt sich bei gleichzeitiger Heraushebung des Odenwaldes der Grabenboden in unterschiedlicher Intensität weiter ab. Im sog. Heidelberger Loch vor den Toren Heidelbergs (unter dem Neuenheimer Feld) allein in den letzten 2 Millionen Jahren um über 400 Meter. Es ist größtenteils mit pleistozänzeitlichen Schottern des Neckarschwemmkegels verfüllt. Schotter- und Sandflächen – wegen des kalten Klimas noch mehr oder weniger vegetationslos – treiben kräftige Westwinde ihr geologisches Spiel. Feinmaterial wird ostwärts verblasen. Sande setzen sich nach nur kurzem Windtransport in Form von Dünenfeldern ab und leichteres Feinmaterial wird in Staubstürmen ostwärts verfrachtet. Als äolisches (windbürtiges), in den mindestens 6 verschiedenen Kaltzeiten des Pleistozäns immer wieder angeblasenes Sediment bildet es die mächtigen Löss-Schleppen an den Hängen der Bergstraße, des Königstuhls (Abb. 2) und des Neckartrichters sowie die ehemals bis 30 Meter mächtigen Löss-Decken des Kraichgaus. Die Bezeichnung „Löss“ für dieses gelblichbraune, sehr kalkhaltige Lockergestein wurde erstmals 1824 vom Heidelberger Professor für Mineralogie und Geologie KARL CAESAR VON LEONHARD in die wissenschaftliche Literatur eingeführt und in fast alle Weltsprachen übernommen. Der Belegort („locus typicus“) und bedeutsame Ökotop liegt im Bereich des als „Haarlass“ bezeichneten Hangabschnitts am rechten Neckarufer bei Flusskilometer 27 in Heidelberg. In den Sandsteingebieten des Kartenblattes haben eiszeitliche Frostprozesse auf vegetationsarmen oder -freien Hangflächen Frostsprengung und Solifluktionsvorgänge (Bodenfließen) bewirkt und zur Bildung von mehreren Zehnermetern mächtigen Hangschuttmassen, dichten Blockschuttdecken oder gar Fels- oder Blockmeeren (z.B. am Königstuhl) geführt (Abb. 9). Abb. 9: Typische periglaziale, auf Frostsprengung und Solifluktionsprozesse zurückzuführende Blockschuttdecken vieler Odenwälder Buntsandsteinhänge Abb. 6 – 8: Überraschungen an Buntsandsteinhängen: Übermannshohe Löss-Decken (links). Riesige, bis über 10 Meter tiefe und 20 Meter breite, durch Ausspülung von Feinmaterial in den über 5o Meter dicken Hangschuttmassen zwischen Königstuhlund Gaisbergscholle entstandene Erdfälle (Mitte). Unfertige Mühlsteine aus extrem stark verkieseltem C2-Material als Zeugnisse einer besonders im 19. Jahrhundert direkt im Wald betriebenen „Steinhauerindustrie“. Allein im Heidelberger Stadtwald sind über 150 Fundplätze bekannt (rechts) Erst zum Ende der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 bis 15.000 Jahren endet die Verfüllung des Grabens. Der nun eisfreie Bodensee schluckt den alpinen Schutt und der Rhein findet ein festes Bett. Auf den riesigen, nunmehr trockengefallenen Nirgendwo im Odenwald ist aber – im Gegensatz zu älteren Darstellungen in der Literatur – Gletschereis an der Anhäufung solchen Blockmaterials beteiligt gewesen. Eine eiszeitliche Vergletscherung hat in unserem Gebiet niemals stattgefunden. Dafür aber waren die oben geschilderten, auch als periglazial bezeichneten eiszeitlichen Hangprozesse umso landschaftsprägender. Gesteinsarten und Leithorizonte Die auf dem Gebiet des Kartenblattes vorkommenden Gesteinsarten lassen sich nach ihrer Entstehung grob in drei Quartär: Kies und Sand Südliche Gaisbergscholle Quartär: Löss und Hangschutt Perm: Rotliegendes und Zechstein Trias: Muschelkalk Karbon: Granit nachgewiesene oder vermutete Störungen Trias: Buntsandstein Alter Steinbruch Rheingraben – Hauptverwerfung Abb. 2: Vereinfachtes geologisches Blockbild des Stadtgebietes von Heidelberg. Verändert nach V. Schweizer (1982) und ergänzt durch H. Eichler. Wegen des steilen Abtauchens der Gaisbergscholle sind in ihrem südlichen Bereich noch Reste der ehemaligen Muschelkalkdecke des Buntsandsteins erhalten. Gruppen unterteilen: Magmatische Gesteine sind aus glutflüssiger Gesteinsschmelze entstanden. An oder nahe der Erdoberfläche erstarrte Gesteine sind dabei die Vulkanite (wie die permischen Rhyolithe oder Quarzporphyre). Nicht an die Erdoberfläche gelangte und im Erdinneren erkaltete Schmelzen werden als Tiefengesteine (oder Plutonite) bezeichnet. Zu ihnen zählen die kristallinen Gesteine des variskischen Sockels und speziell der Heidelberger Granit. Seine fast jedermann bekannten Bestandteile: Feldspat, Quarz und Glimmer (die vergess’ ich nimmer!) der namensgebenden Fell-Zeichnung keine Ähnlichkeit zeigende, ca. 10 – 15 Meter dicke, meist sehr helle bis weißliche Tigersandstein (Abb. 12). Die Fleckung geht auf Eisen- und Manganhydroxid-Ausscheidungen zurück, wie es auch beim über 100 Meter mächtigen blassroten Pseudomorphensandstein in der unteren Hälfte des Mittleren Buntsandsteins der Fall ist. Der nur 3 – 4 Meter dicke Kugelsandstein (Abb. 14 – 15), für dessen Konkretionen Calcit-Kristallisationsprozesse ursächlich sein sollen, lässt im Gelände die Nähe zum oberen Ende des Mittleren Buntsandsteins erkennen. Vulkanite sind wegen des schnellen Erkaltens immer feinkristallin, während das langsame Erkalten der Tiefengesteine den einzelnen Mineralien genügend Zeit zur Ausbildung ihrer optimalen Kristallform ließ wie beim Granit (Abb. 10). Die marinen Sedimente des Muschelkalks, die letzte auf dem Blattgebiet an die Oberfläche tretende Gesteinsabfolge des Mesozoikums, wird stratigraphisch ebenfalls dreigeteilt. Der Untere Muschelkalk (auch als Wellengebirge bezeichnet) lässt sich durch die Rippel-und Wellenstruktur der Schichtflächen seiner Gesteinsbänke (Abb. 17) leicht als solcher erkennen. Fossilführende Bänke (Abb. 18 – 19) der Trochiten- und Nodosuskalke sind Leithorizonte für den bis nahezu 100 Meter Mächtigkeit erreichenden Oberen Muschelkalk. Kalke sowohl des Unteren wie des Oberen Muschelkalks stellten und stellen heute noch die Basis der Zementproduktion im Süden Heidelbergs dar. Der Mittlere Muschelkalk mit seinen Salz- und Gipslagern ist auf dem Blattgebiet bedeutungslos. Abb. 20: Der ehemalige, heute teilverfüllte und rekultivierte Muschelkalk-Steinbruch an der Gemarkungsgrenze Heidelberg-Rohrbach / Leimen. Er lieferte den Rohstoff der heutigen Firma „HeidelbergCement“. Literaturempfehlungen EICHLER, H. (1974): Die pleistozänen Hangsedimente des Odenwaldtrandes südlich Heidelberg. In: Heidelberger Geogr. Arbeiten, Bd. 40, S.147 – 16, Heidelberg EICHLER, H. (2003): Der Kraichgauer Löss. Bodenerosion als Ressourcenproblem einer alten Kulturlandschaft. Sonderveröffentlichung Nr. 30, Heimatverein Kraichgau, 62 S., Eppingen GRAUL, H. (1977): Exkursionsführer zur Oberflächenformung des Odenwaldes. Heidelberger Geogr. Arbeiten, Bd. 50, 210 S., Heidelberg RÜGER, L. (1928): Geologischer Führer durch Heidelbergs Umgebung. Eine Einführung in die erdgeschichtliche Entwicklung der Heidelberger Landschaft. 351 S., Heidelberg Sedimentgesteine geben sich im Allgemeinen durch ihre Abb. 10: Granit Schichtung zu erkennen. Sie können typische Ablagerungsmerkmale oder sonstige petrographische Besonderheiten aufweisen, die bei der Untergliederung mächtiger Schichtpakete entweder eine namensgebende Funktion bekommen oder als sog. Leithorizonte Verwendung finden. Das gemeinsame Merkmal des nach alter stratigraphischer Gliederung in Unteren, Mittleren und Oberen Buntsandstein untergliederten Buntsandsteins ist seine Schichtung (und Bankung). Die rötliche Farbe sowie das Vorkommen von Schräg- oder Kreuzschichtung (Abb. 11) lassen Rückschlüsse auf die unter ariden Klimaverhältnissen erfolgten Transportund Sedimentationsbedingungen des abgelagerten Materials zu. Ein Leithorizont des Unteren Buntsandsteins ist der durch seine dunklen Punkte leicht zu identifizierende, allerdings mit Dieser wird wird mit dem 5 bis über 30 Meter mächtigen dickbankigen Oberen Geröll- oder C2-Horizont abgeschlossen. Eine starke Verkieselung des sonst beim Buntsandstein sehr tonigen Bindemittels und deutliche Schnüre von Quarzgeröllen (Abb. 16) sind sein Charakteristikum. Er liefert das Material fast aller Block- und Felsmeere der Buntsandsteinhänge 9 derund der (Abb.Mühlsteine (Abb. 8). (Abb. 9) und Mühlsteine 8). Abb. 17 – 19: Wellenkalk (Unterer Muschelkalk), Trochiten- und Nodosuskalk (beide aus dem Oberen Muschelkalk). Das Geologisch-Paläontologische Museum Alle typischen Gesteine Heidelbergs und der näheren Umgebung sowie ein reichhaltiges Angebot an erdgeschichtlichem Erläuterungsmaterial sind im Museum des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Heidelberg ausgestellt und können dort montags bis freitags zwischen 8 und 17 Uhr kostenlos besichtigt werden. Führungen sind nach Voranmeldung möglich. Abb. 11– 16: Kreuzschichtung, Tigersandstein, Pseudomorphosensandstein (oben von links). Kugelsandstein ohne und mit „Kugel“ (unten von links nach rechts) und Oberer Geröllhorizont (C2-Horizont) Adresse: Geologisch-Paläontologisches Institut, Im Neuenheimer Feld 234, Tel. 06221 / 548291 SCHWEIZER, V. & KRAATZ, R. (1982): Kraichgau und südlicher Odenwald. (=Sammlung Geologischer Führer, Bd. 72), 204 S., Berlin u. Stuttgart SEELING, J. (2005): Heidelberg. Wanderungen durch die Erdgeschichte. 160 S., Frankfurt am Main VILLINGER, E. (2005): Symbolschlüssel Geologie Baden-Württemberg. Regelwerk für eine einheitliche Nomenklatur. LGRB-Informationen 17, S. 8 – 24, Freiburg WEBER J. & BÜHN, S. (20093): Zwischen Granit und Sandstein. Eine Reise in die Erdgeschichte der Geo-Naturpark Region. 39 S., Lorsch ZIENERT, A. (1981): Geographische Einführung für Heidelberg und Umgebung. Mit Exkursionsvorschlägen. 120 S., Heidelberg