Pachtverträge richtig gestalten - Wochenblatt für Landwirtschaft

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Pachtverträge richtig gestalten - Wochenblatt für Landwirtschaft
Geld & Recht Landwirtschaftliches Wochenblatt
Pachtverträge richtig gestalten
Heute informiert Sonja Friedemann über Pachtpreiszahlung, Nebenkosten,
Gewährleistung und welche Formvorschriften zu beachten sind.
W
enn Pächter
und Verpächter
einen
Pachtvertrag
neu abschließen oder einen
alten Vertrag verlängern
möchten, haben sie sich in
der Regel bereits im Vorfeld auf die Pacht verständigt. Der Pachtpreis ist oft
der wichtigste Teil eines
Landpachtvertrages,
er
muss zwingend im Vertrag
geregelt werden. Dazu ist
mindestens die Gesamtsumme pro Jahr zu nennen.
Pacht aufteilen
Aus steuerlichen Gründen sollte die Pacht aufgeteilt werden in Landpacht,
Pacht für Zahlungsansprüche, Pacht für Inventar und
Pacht für die Gebäude und Die meisten Landwirte besitzen sehr leistungsstarke Maschinen. Sie können ohne
baulichen Anlagen. Wird Probleme zusätzliche Pachtflächen bewirtschaften.
Foto: Große Enking
ein Milchkontingent mit
überlassen, ist auch dieser
zulässig, im Vertrag zu vereinba- ter in jedem Fall zu zahlen. Andere
Wert mit einem gesonderten Betrag ren, dass die Pacht auch im Voraus Nebenkosten für landwirtschaftauszuweisen, daneben sind auch oder zu anderen Terminen fällig liche Grundstücke, wie die Umlage
die Preise für die Überlassung ist, zum Beispiel an jedem 10. des zur Landwirtschaftskammer, die
sonstiger Rechte, etwa ein Rüben- Monats.
Grundsteuer A und sonstige öffentlieferrecht, extra aufzuführen.
Will der Verpächter wegen Zah- liche Abgaben, etwa die Beiträge
Darüber hinaus ist zu regeln, ob ei- lungsverzugs den Vertrag kündi- zum Wasser- und Bodenverband,
ne unter Umständen anfallende gen, kommt es entscheidend da­rauf sind praktischerweise in der Pacht
Umsatzsteuer in dem Betrag ent- an, wann die Pacht fällig ist, siehe enthalten, da diese für das Gesamthalten oder zusätzlich vom Pächter letzte Ausgabe.
eigentum dem Verpächter von der
zu entrichten ist.
öffentlichen Hand in Rechnung geDas Bürgerliche Gesetzbuch bestellt werden.
Nebenkosten regeln
stimmt, dass die Pacht am Ende der
Der Pachtvertrag kann vorsehen,
Pachtzeit zu zahlen ist. Ist die Pacht
Daneben sollten die Parteien im dass diese Kosten ebenfalls vom
nach Zeitabschnitten bemessen, so Pachtvertrag regeln, welche Ne- Pächter zu tragen sind. In diesem
ist sie am ersten Werktag nach dem benkosten der Pächter trägt. Die Fall muss der Verpächter dem
Ablauf der einzelnen Zeitab- Beiträge zur Landwirtschaftlichen Pächter mindestens einmal jährschnitte zu entrichten. Es ist jedoch Berufsgenossenschaft hat der Päch- lich alle Kosten in einer geson-
Fazit, Ratschläge und Hinweise
n Wer Flächen pachten oder verpachten will, hat sich dies meistens reiflich überlegt. Häufig stehen junge Bauern nach Abschluss
der Ausbildung vor der Frage, ob
sie Flächen zum Beispiel für 600,
700 oder 800 €/ha pachten sollen.
Dies muss jeder Unternehmer anhand der eigenen Zahlen und Pers­
pektiven entscheiden. Im Zweifel
mit dem Wirtschaftsberater der
Kammer rechnen, ob die Pachtung
lohnt.
Haupterwerbslandwirte
müssen nach einer Flächenaufstockung oft auch mehr Beitrag an die
Krankenkasse (LKK) zahlen.
n Pachtflächen gehen häufig unter der Hand weg. Denn in vielen
Bauerschaften ist bekannt, wenn
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etwa der Ludger oder Paul, die keinen Hofnachfolger haben, das
Rentenalter erreichen und verpachten müssen. Auch die gezahlten Pachten bleiben selten ein Geheimnis. Wer wie viel zahlt, dies
sorgt häufig für Diskussionen.
n Verpächter sollten an zwei Klauseln im Vertrag denken: Beim Tod
des Verpächters sollte der Erbe
(die Erbengemeinschaft) den
Pachtvertrag vorzeitig kündigen
können, etwa zum Ende des laufenden Pachtjahres. Ein solches
Kündigungsrecht empfiehlt sich
auch für den Fall, dass der Verpächter Grundstücke für öffentliche Zwecke (Straßenbau, Baugebiete usw.) verkaufen möchte.
n Haben sich Verpächter und
Pächter über die Höhe der Pacht
und zum Beispiel über die weitere
Nutzung von Ställen verständigt,
sollten sie sich individuell vom
WLV-Kreisverband beraten lassen.
Denn heute müssen oft auch Zahlungsansprüche und weitere Rechte mitverpachtet werden. Ferner
sollte man über eine Anpassungsklausel im Vertrag offen und ehrlich sprechen. Gerade die letztjährige Preisrallye bei Getreide, Mais,
Raps oder Milch und der genauso
schnelle Absturz der Preise haben
gezeigt: Für die Bauern, die wirtschaften und das unternehmerische Risiko tragen, sind keine
goldenen Zeiten angebrochen. Jeder Verpächter muss wissen: Ein
hoher Pachtpreis allein macht es
Serie: Pachtverträge
1. Parteien, Inhalt,
Pachtgegenstand
2. Laufzeit, Kündigung
3. Pachtpreis, Gewährleistung,
Formvorschriften
derten Rechnung detailliert nachweisen. Dies ist arbeits- und zeitaufwendig und bei bestimmten öffentlichen Abgaben, wie den Wasser- und Bodenverbandsbeiträgen,
kompliziert. Insofern bietet es sich
an, bei einer Grundstückspacht die­
se Kosten in der Gesamtpacht bereits mit einzukalkulieren.
Bei einem Pachtvertrag über landwirtschaftliche Grundstücke nebst
Gebäuden, nicht über ganze Hofstellen, sind Nebenkosten in der
Regel Strom-, Gas- und eventuell
der Wasserverbrauch. Hier ist vertraglich zu regeln, welche Nebenkosten in der Pacht enthalten sind
und welche extra gezahlt werden.
Im Fall einer gesonderten Zahlung
ist weiter zu regeln, wie diese Kosten ermittelt werden, etwa durch
Stromzwischenzähler oder Wasseruhren. Daneben sind Versicherungsbeiträge im Pachtvertrag aufzuteilen.
Pachtanpassung
Vielfach werden insbesondere
bei langfristigen Verträgen die Anpassungen der Preise vertraglich
an gewisse Bedingungen geknüpft.
Gängig ist die Verwendung einer
Gleitklausel, die bei einer Änderung des Mittelwertes zwischen
Verbraucherpreisindex und Index
für Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte um mindestens
10 % eine Pachtpreisanpassung
vorsieht.
Durch die im letzten Jahr stark gestiegenen Erzeugerpreise wird im
Einzelfall jetzt auch der Einbezug
des Index für landwirtschaftliche
Betriebsmittel durch den Pächter
gewünscht. Ebenso häufig wünnicht. Der Pächter muss auf Dauer
Geld verdienen und die Pacht bezahlen können!
n Der Verpächter sollte zum Beratungsgespräch beim WLV mitbringen: die Grundstücksbezeichnungen nach Gemarkung, Flur,
Flurstück bzw. Feldblocknummern, jeweils die Größen getrennt
nach Katasterauszug und dem
Flächenverzeichnis,
eventuell
Lageplan und Aufstellung über
Zahlungsansprüche, ZID-Registriernummern und PIN-Nummer
des Betriebes.
n Die Beratung beim WLV-Kreisverband gibt es nicht zum Nulltarif. Allerdings ist es in der Regel
so, dass der Pächter die Rechnung
bezahlt. Nie verkehrt: vorher fragen, was die Beratung kostet. As
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schen die Parteien eine Anpassung
des Preises während einer Vertragslaufzeit, zumindest wenn diese über mehrere Jahre vereinbart
wird, für den Fall, dass sich die
EU-Agrarförderung wesentlich ändert, also Brüssel die Zahlungsansprüche kürzt.
Aufgrund der agrarpolitisch noch
nicht absehbaren Situation, mindestens für die Zeit ab dem Jahr
2013, wird nicht selten vereinbart,
dass der Preis anzupassen ist, wenn
sich die Prämie zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses um mehr als
20 % nach oben oder unten ändert.
Da dies eine Individualvereinbarung ist, muss eine solche Anpassungsmöglichkeit ausdrücklich im
Vertrag aufgenommen sein.
Bezüglich der Preisanpassungen
ist es sinnvoll, diese an das schriftliche Verlangen eines Vertragsteils
zu koppeln und nur für zukünftig
fällige Preise zu vereinbaren. Sonst
wäre dem Streit für noch ausstehende Nachzahlungen Tür und Tor
geöffnet.
Gewährleistung
Verpächter legen heute Wert da­
rauf, für Güter und Beschaffenheit
des Pachtgegenstandes keine Gewährleistung zu übernehmen.
Manchmal stellt sich erst später
heraus, dass die Pachtgrundstücke
kleiner oder größer sind als in den
Grundbüchern und Katasterauszügen aufgeführt, was auf neue Messmethoden zurückzuführen ist.
Demzufolge möchten die Verpächter nicht für die Größen haften. Die
gängigen Verträge sehen eine Änderung des Preises erst für den Fall
vor, dass die Größe um mindestens
5 % tatsächlich von der im Vertrag
angegebenen Fläche abweicht.
Auch für die Auszahlungsbeträge
der mitverpachteten Zahlungsansprüche, die dem politischen Wandel unterliegen, wollen die Verpächter nicht haften.
Darüber hinaus wird in der Regel
im Vertrag auf eine Beschreibung
des Pachtgegenstandes in detaillierter Art verzichtet. Dies wird
lediglich dann anders gehandhabt, wenn Gebäude mit Inneneinrichtung oder Tierbestand
übernommen werden. In der Regel
verweist man in solch einem Vertrag auf die Buchführungsergebnisse oder fügt eine Anlage mit
den einzelnen Gegenständen dem
Vertrag hinzu. Das BGB sieht vor,
dass der Verpächter und der Pächter bei Pachtbeginn gemeinsam
eine Beschreibung der Pachtsache
anfertigen sollen.
Der Verpächter muss dem Pächter
die Pachtsache in einem zur vertragsmäßigen Nutzung geeigneten
Zustand überlassen und während
der Pachtzeit in diesem Zustand
erhalten. Der Pächter hat demgegenüber die gewöhnlichen Ausbesserungen der Pachtsache, insbesondere die der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, der Wege, Gräben,
Dränungen und Einfriedungen auf
seine Kosten durchzuführen. Der
Pächter ist zur ordnungsmäßigen
Bewirtschaftung verpflichtet. Besondere
Stilllegungsverpflichtungen oder andere Bewirtschaftungsauflagen sind im Einzelfall
zu vereinbaren. Will der Pächter
die Pachtsache, also Flächen oder
Gebäude, anders als zu landwirtschaftlichen Zwecken nutzen, benötigt er die vorherige Erlaubnis
des Verpächters.
Gebäude kann der Pächter nur mit
Erlaubnis des Verpächters errichten. Andere als notwendige Ver-
wendungen, sprich wertverbessernde Verwendungen, denen der
Verpächter zugestimmt hat, hat er
dem Pächter bei Beendigung des
Pachtverhältnisses zu ersetzen, soweit die Verwendungen den Wert
der Pachtsache über die Pachtzeit
hinaus erhöhen (Mehrwert). Bei
Streitigkeiten können beide Parteien das Landwirtschaftsgericht
anrufen.
Der Pächter ist demgegenüber berechtigt, eine Einrichtung, mit der
er die Sache versehen hat, bei
Pachtende wegzunehmen. Dies betrifft insbesondere transportable
Einrichtungen wie Fütterungscomputer und Ähnliches.
Anderer Nutzer
Eine Nutzungsüberlassung an
Dritte ist ohne Erlaubnis des Verpächters nicht zulässig. Überlässt
der Pächter die Nutzung einem
Dritten, so hat er ein Verschulden
des Dritten zu vertreten, sogar
dann, wenn der Verpächter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat.
In der Regel sehen schriftliche
Landpachtverträge hierzu vor, dass
ohne schriftliche Erlaubnis des
Verpächters der Betrieb im Ganzen
in die nächste Generation übergeben oder verpachtet werden darf
bzw. der Pächter berechtigt ist, den
Pachtgegenstand in eine Gesellschaft einzubringen, wenn er an
dieser selbst beteiligt ist.
Der Pächter hat die Pachtsache
nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen
Bewirtschaftung entspricht. Endet
das Pachtverhältnis im Laufe eines
Pachtjahres, so hat der Verpächter
dem Pächter den Wert der noch
nicht getrennten Früchte zu ersetzen.
Streitigkeiten verjähren bereits in
sechs Monaten nach Pachtrückgabe. Gegenseitige Ansprüche sollten
deshalb schnell geklärt werden.
Es bietet sich an, in einen schriftlichen Landpachtvertrag die Klausel aufzunehmen, dass Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages ebenfalls schriftlich vereinbart werden müssen.
Auch sind eventuelle zusätzliche
Vereinbarungen, die die Parteien
vorsehen wollen, schriftlich festzuhalten. Dies betrifft zum Beispiel
eine Rückgabepflicht von Zahlungsansprüchen bei Pachtende,
insbesondere bei Verträgen, die bereits vor 2005 bestanden.
Exakte Formulierungen müssen
hier danach angepasst werden, ob
der
Zahlungsanspruchsinhaber
auch Inhaber von betriebsindividuellen Beträgen ist, denn dann ist
zu regeln, wie mit diesen betriebs­
individuellen Anteilen der Zahlungsansprüche bei Pachtende verfahren werden soll.
Im Einzelfall empfehlen wir dringend, einen Beratungstermin beim
Landwirtschaftlichen
Kreisverband zu vereinbaren. Dabei sollten beide Parteien anwesend sein,
auch der Hofnachfolger des Pächters sollte die wichtigsten Vertragsbestandteile kennen. Die
Mitarbeiter(innen) der Landwirtschaftlichen Kreisverbände versuchen stets, die Interessen des Verpächters und des Pächters unter
einen Hut zu bekommen. Alle Beteiligten sollten gerade beim Abschluss eines Pachtvertrages im
Hinterkopf behalten: Ein Vertrag
ist nur dann ein guter Vertrag,
wenn beide Seiten davon profitieren.
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„Holzlege“ ein Gebäude?
Waldbesitzer verliert Streit um Ausschlussklausel in
der Rechtsschutzversicherung.
E
in Waldbesitzer hatte eine
Rechtsschutzversicherung
abgeschlossen. Wie häufig,
waren auch in seinem Vertrag
Rechtsstreitigkeiten vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die
„mit der Planung oder Errichtung
von Gebäuden“ des Versicherungsnehmers zusammenhängen. Um
Holz zu lagern, baute der Waldbesitzer in seinem Wald eine sogenannte Holzlege.
Keine Deckung
Als das Landratsamt davon erfuhr, schickte es ihm einen Bußgeldbescheid über 100 € und warf
ihm vor, er habe im „Außenbereich
ein Nebengebäude ohne erforder-
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liche Baugenehmigung“ errichtet.
Gegen diese – seiner Ansicht nach
unberechtigte – Sanktion wollte
sich der Waldbesitzer wehren und
beantragte Deckungszusage von
seiner Versicherung. Das Unternehmen verwies auf die Ausschlussklausel und lehnte jede
Leistung ab.
Eine Holzlege sei doch kein Gebäude, argumentierte der Waldbesitzer. Den Prozess gegen die Versicherung verlor er beim Amtsgericht
München. Eine Holzlege sei eine
selbstständig benutzbare, überdachte, bauliche Anlage, so der
Amtsrichter. Sie sei fest mit dem
Erdboden verbunden und zudem
geeignet und bestimmt, Menschen,
Tiere oder Sachen (hier Holz) zu
Wer einen Holzschuppen im Wald bauen möchte, sollte sich im Zweifel beim
Bauamt oder Förster erkundigen, ob eine Baugenehmigung erforderlich ist.
Foto: Asbrand
schützen. Daher sei sie ein Gebäude im Sinne der Klausel. Die Klausel betreffe nicht nur Bauprozesse
gegen Privatleute, sondern auch
Baustreitigkeiten mit Behörden
q
(Az. 262 C 88/08).
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