Kein Votum ohne erkennbare Abwägung - gueterhalle

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Echo Online - Kein Votum ohne erkennbare Abwägung
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22. Oktober 2010 | big |
HÖCHST IM ODENWALD
Kein Votum ohne erkennbare Abwägung
Güterhalle: Oberste Denkmalbehörde pocht vor Entscheid für oder gegen
Abriss auf Prüfung der Alternativpläne
HÖCHST Die Hängepartie für die denkmalgeschützte frühere Güterhalle beim
Höchster Bahnhof geht weiter: Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und
Kunst, ...
Die Hängepartie für die
denkmalgeschützte frühere Güterhalle
beim Höchster Bahnhof geht weiter:
Das Hessische Ministerium für
Wissenschaft und Kunst, das nach
einem Vorstoß von Landrat Dietrich
Kübler über den von der Gemeinde
beim Landkreis beantragten Abriss des
Gebäudes entscheiden soll, sieht sich
dazu nicht in der Lage. »Vor einer
solchen Entscheidung besteht noch
erheblicher Klärungsbedarf«, heißt es
in Wiesbaden.
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Innenansichten wie diese vom Gebäude selbst, die beim
jüngsten Tag des offenen Denkmals entstanden ist,
verlangt die oberste Denkmalbehörde beim Land Hessen
von den Kriterien, nach denen der Odenwaldkreis und die
Gemeinde Höchst für den Abbruch der historischen
Höchster Güterhalle plädieren. Dass die
Interessengemeinschaft mit dem Ziel des Erhalts dieses
Objekts nicht allein steht, ließ unter anderem der
Zuspruch zu dessen Präsentation beim übergreifenden
Aktionstag erkennen. Archivfoto: Jens GrosseBrauckmann
Unter anderem fordert die im
Ministerium angesiedelte oberste
Denkmalschutzbehörde des Landes
den Landkreis auf, eine
Güterabwägung vorzulegen: zwischen
der Schaffung eines zentralen Busbahnhofes und einer Park-and-Ride-Anlage auf
dem Höchster Bahnhofsareal bei einem Abriss der Güterhalle einerseits und einer
Verwirklichung dieser Vorhaben bei Erhalt der Halle andererseits. »Erst auf Basis
einer solchen Abwägung können wir tätig werden«, sagt Pressesprecher Jörg
Kilian.
Zuschüsse erwartet
Das 1910 errichtete Gebäude ist
Die Pläne für das Höchster Bahnhofsareal verstehen
derzeit in Besitz der Aurelis Asset
sich vor dem Hintergrund der Modernisierung der
GmbH, die Verkauf und Verwaltung
Odenwaldbahn; die Gemeinde gilt als
Hauptverkehrsknoten im nördlichen Kreisgebiet.
früherer Bahn-Immobilien managt. In
Projektiert sind ein zentraler Busbahnhof und eine
den örtlichen Zwist für oder gegen
Park-and-Ride-Anlage. Für das je nach Planung 900
einen Abriss möchte sich das
000 bis 1,19 Millionen Euro teure Vorhaben wird mit
Bundeszuschüssen von bis zu 85 Prozent
Unternehmen nicht einschalten. »Die
gerechnet.
würden an die Gemeinde Höchst
verkaufen. Die Kommune möchte die
Immobilie aber erst dann erwerben, wenn sie sicher sein kann, dass sie abreißen
darf«, fasst Kübler zusammen.
Wie berichtet, liegen den beteiligten Fachstellen Alternativplanungen für eine
Verwirklichung der Höchster Vorhaben bei Erhalt der Halle vor. Für diese Pläne
hat sich neben der Interessengemeinschaft (IG) Güterhalle Höchst und den
Denkmalschützern auch der Fachbereich Nahverkehr der OdenwaldRegionalgesellschaft (Oreg) ausgesprochen.
Wie das Ministerium in seiner Antwort auf Küblers Vorstoß betonte, wird der
Abbruchantrag allein mit dem Ziel begründet, auf dem Bahnhofsareal besagte
Park-and-Ride-Anlage und einen Busbahnhof zu verwirklichen. Eine solche
Begründung mache indes nur Sinn, wenn sich diese Pläne ausschließlich mit
einem Abbruch der Halle umsetzen ließen. Kübler selbst aber habe seiner Bitte
um einen Entscheid in Wiesbaden zwei Alternativplanungen beigefügt, mit denen
das Planungsziel ohne Abriss erreicht werden könne. Deshalb müssten Gemeinde
und Kreis nun die Prüfung der Fragen nachholen, »ob die Alternativpläne sich
umsetzen lassen oder warum das nicht möglich ist«. Vor diesem Hintergrund
spricht Referatsleiter Reinhard Dietrich von einem »Abriss auf Vorrat«, gegen den
seine Behörde erhebliche Bedenken habe. Bislang fehle es denkmalrechtlich an
22.10.2010 09:20
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der Rechtfertigung für einen Abbruch. Auch um bewerten zu können, ob die
Intention der Mehrheit im Höchster Gemeindeparlament das öffentliche Interesse
am Erhalt eines Kulturdenkmals überwiege, brauche es besagte Abwägung.
Wie Landrat Kübler auf ECHO-Anfrage darlegte, will der Kreis die geforderte
Darlegung baldmöglichst nachreichen. Als »Ergänzung zu den ohnehin bekannten
Argumenten«, so der Höchster Bauamtsleiter Bodo Jörz, hat die Gemeinde dem
Kreis hierzu inzwischen eine Stellungnahme vorgelegt.
Trotz der sich seit Jahren hinziehenden Diskussion um einen Erhalt des
Gebäudes will demgegenüber die IG Güterhalle nicht aufgeben. »Wir glauben,
dass ein amtlich festgestelltes Kulturgut nicht für die verschiedensten Absichten
und für jedermann zur Disposition gestellt werden kann«, heißt es in einem
Schreiben, in dem die Gruppierung das Ministerium bittet, »dem Denkmalschutz
im Interesse nachfolgender Generationen zu seinem Recht zu verhelfen«.
Damit tritt die IG der von den Abriss-Befürwortern oft geäußerten Behauptung
entgegen, die alte Güterhalle stehe nicht wirklich unter Denkmalschutz. »Dieses
Gebäude steht zwar nicht in der allgemeinen Denkmal-Topographie, sehr wohl
aber in der als gleichwertig einzuschätzenden Denkmal-Topographie
,Eisenbahnen in Hessen'«, stellt IG-Mitglied Jens Grosse-Brauckmann klar. Auch
Pläne der Interessengemeinschaft für eine bürgerschaftliche Nutzung der Halle,
eine Unterschriftensammlung und die Bereitschaft eines Investoren-Ehepaares,
das Gebäude zu kaufen, vermochten die Mehrheit der Höchster
Gemeindevertretung nicht von ihrem Abriss-Willen abzubringen.
Die Darstellung, dass wegen den unter dem Gebäude liegenden alten
bahntechnischen Leitungen eine Umgestaltung dort erstens erschwert würde und
dass zweitens deswegen das Eisenbahnbundesamt zuständig sei, ist laut IG
überholt.
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