Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen
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Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen
BEITRÄGE CORPORATE COMPLIANCE Weiß, Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung 97 CB-BEITRAG Dr. Matthias M. Weiß, RA Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung Oft bekleidet ein Vorstandsmitglied Vorstandsämter in zwei Aktiengesellschaften zur selben Zeit. Vorstandsdoppelmandate sind rechtlich grundsätzlich zulässig und im (faktischen) Konzern an der Tagesordnung: Personelle Verflechtungen vermeiden Reibungsverluste und erleichtern die Konzernsteuerung. Dennoch ist Vorsicht geboten – gerade für jemanden, der zeitgleich in zwei verschiedenen Aktiengesellschaften als Vorstand tätig werden möchte. Involvierte Vorstände und Aufsichtsräte sollten im eigenen Interesse mit den wesentlichen Fragestellungen vertraut sein. Der Beitrag beleuchtet die wichtigsten Punkte und beschränkt sich dabei auf Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern. I. Einleitung Vorstandsdoppelmandate tauchen primär im faktischen Konzern auf – und werfen gerade dort eine Vielzahl von Fragen auf. Die Beantwortung dieser Fragen definiert den Handlungsspielraum für Aufsichtsräte und Vorstände. Wird der Handlungsspielraum überschritten, kann dies zu einer zivil- und strafrechtlichen Haftung führen; in erster Linie für doppelt mandatierte Vorstandsmitglieder. Ein Vorstandsdoppelmandat liegt vor, wenn dieselbe Person Mitglied des Vorstands verschiedener Aktiengesellschaften ist.1 Ein sog. faktischer Konzern ist ein Sammelbegriff für Zusammenfassungen von Unternehmen unter einheitlicher Leitung; es liegt gerade kein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung vor.2 Unter einer einheitlichen Leitung versteht man eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichteten Zielkonzeption sowie deren Durchführung und Kontrolle.3 Wie sich die einheitliche Leitung vollzieht, spielt keine Rolle. Ausreichend ist jede Form der Einflussnahme, gerade auch durch (die hier behandelten) Doppelmandate oder andere personelle Verflechtungen, gemeinsame Beratungen, Empfehlungen oder Zielvorgaben. Entscheidend ist, dass die Einflussnahme dem Zweck dient, die Zielkonzeption des Konzerns zu verwirklichen.4 Vorstandsdoppelmandate bieten dem faktischen Konzern Vorteile. Dabei geht es im Wesentlichen um Möglichkeiten der Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf das in seinem Mehrheitsbesitz stehende abhängige Unternehmen. Anders ausgedrückt: Vorstandsdoppelmandate sind ein Instrument der Konzernsteuerung. Sie ersetzen das im faktischen Konzern fehlende Weisungsrecht (§ 308 AktG), das im Vertragskonzern zur Verfügung steht.5 Typische Konstellationen: – Das Vorstandsmitglied einer Tochtergesellschaft kann die Interessen dieser Tochtergesellschaft besser durchsetzen, wenn es zugleich im Vorstand der Muttergesellschaft sitzt. Außerdem erhält die Konzernführung einen besseren Einblick in die Angelegenheiten der Tochtergesellschaft.6 Konzerngesellschaften interessieren sich freilich insbesondere dann für eine solche wechselseitige (tatsächliche) Einflussnahme, wenn die Tochtergesellschaft – etwa strategisch – besonders wichtig ist. – Verringerung von Komplexität im Konzern durch die Trennung von strategischer und operativer Leitung durch ManagementHoldings: Das operative Geschäft ist bei rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften angesiedelt. Der Vorstandsvorsitzende dieser Tochtergesellschaft ist zugleich Vorstandsmitglied in der Holding. Auch hier geht es um die Möglichkeit der gegenseitigen Einflussnahme.7 Der BGH verbietet Vorstandsdoppelmandate nicht.8 Sie verstoßen auch nicht gegen die Empfehlungen des deutschen Corporate Governance Kodex.9 Nachfolgend wird ausgeführt, was in Zusammenhang mit Vorstandsdoppelmandaten im faktischen Konzern zu beachten ist. Die in der Überschrift genannten Themenfelder werden nacheinander abgehandelt. II. Voraussetzungen Soll eine Person in verschiedenen Aktiengesellschaften zum Vorstand bestellt werden, sind einige aktienrechtliche Vorgaben zu beachten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Kort, in: Aktiengesetz, Großkommentar, 4. Aufl. 2002, § 76 Rn. 178. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 18 Rn. 3. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 18 Rn. 11. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 18 Rn. 12. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1149. Passarge, NZG 2007, 441, 441. Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010, S. 124. BGH, 9.3.2009 – II ZR 170/07, BB 2009, 1834, BeckRS 2009, 13401; ähnlich KG, 28.6.2011 – 19 U 11/11, NZG 2011, 865. Petersen/Schulze De la Cruz, NZG 2012, 453, 453. Compliance-Berater | 4/2014 | 1.4.2014 98 BEITRÄGE CORPORATE COMPLIANCE 1. Zustimmung der Aufsichtsräte beider Konzerngesellschaften (§ 88 Abs. 1 S. 2 AktG) Nach der Rechtsprechung des BGH sind Vorstandsdoppelmandate nur zulässig, wenn die Aufsichtsräte beider Aktiengesellschaften zustimmen (§ 88 Abs. 1 S. 2 AktG).10 Dies gilt auch im faktischen Konzern. Der Regelungsgehalt von § 88 Abs. 1 S. 2 AktG lässt sich wie folgt skizzieren: Vorstandsmitglieder dürfen ohne Einwilligung des Aufsichtsrats nicht Mitglied des Vorstands einer anderen Aktiengesellschaft sein. Das Vorstandsmitglied soll seine Arbeitskraft nicht anderweitig einsetzen; jedenfalls nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrats. Im Kern geht es um die Treuebindungen des Vorstandsmitglieds zu „seiner“ Aktiengesellschaft.11 Eine „Generaleinwilligung“ ist unzulässig: Sie muss sich auf bestimmte Betätigungen in einem klar abgrenzbaren Bereich in einer anderen (konkret benannten) Aktiengesellschaft beziehen.12 Eine (nachträgliche) Genehmigung scheidet aus. Ebenso eine Duldung durch schlüssiges Tun. Der Aufsichtsrat muss bei seiner Entscheidung einkalkulieren, welche Auswirkungen eine doppelte Vorstandstätigkeit auf die Tätigkeit bei der eigenen Gesellschaft hätte (etwa: zeitliche Belastung).13 Die Entscheidung und damit zusammenhängende Überlegungen sollten sorgfältig dokumentiert werden. Nicht erforderlich ist es, dass der Aufsichtsrat bereits bei der Einwilligung nach § 88 AktG den Vorstandsdienstvertrag, der mit der anderen Gesellschaft geschlossen werden soll, genau kennt.14 Missachtet das betroffene Vorstandsmitglied diese Vorgaben schuldhaft, ist es zum Schadensersatz verpflichtet (§ 88 Abs. 2 AktG). 2. Bestellungshindernisse Für jedes Vorstandsmitglied sind die nachfolgend dargestellten Bestellungshindernisse separat zu prüfen. a) Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Vorstand und zum Aufsichtsrat (§ 105 AktG) Im „klassischen Beherrschungsmodell“15 ist es zulässig und nicht unüblich, dass Vorstandsmitglieder der herrschenden Gesellschaft auch im Aufsichtsrat der beherrschten Gesellschaft sitzen. Denn so hat der Vorstand der herrschenden Gesellschaft die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Vorstandsbestellung in der beherrschten Gesellschaft (§ 84 AktG) und kann so (mittelbar) die Geschäftspolitik bestimmen. Dann allerdings dürfen diese Aufsichtsratsmitglieder nicht zeitgleich im Vorstand in der beherrschten Gesellschaft sein (§ 105 AktG). Die Norm konkretisiert die Funktionstrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat; die Geschäftsführung darf sich nicht selbst überwachen.16 Dies bedeutet: Soll ein Vorstandsmitglied der herrschenden Gesellschaft auch in der beherrschten Gesellschaft wirken, muss im Vorfeld überlegt werden, ob eine Einflussnahme besser durch eine Vorstandstätigkeit auch in der beherrschten Gesellschaft (Vorstandsdoppelmandat) oder ein Aufsichtsratsmandat dort erreicht werden kann. Ist eine Person bereits im Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft und soll (nachträglich) zum Vorstand bestellt werden, muss ihr Aufsichtsratsmandat in der abhängigen Gesellschaft erloschen sein (etwa durch Amtsniederlegung). Ist dies nicht der Fall, kann sie ihr Vorstandsamt nicht wirksam antreten.17 b) Gesetzlicher Vertreter des abhängigen Unternehmens (§ 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AktG) Das Vorstandsmitglied der abhängigen Gesellschaft darf nicht zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Obergesellschaft sein. Dies folgt aus § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AktG. Normzweck: Derjenige, der in seiner Geschäftsführung von einem anderen abhängig ist, besitzt nicht die Compliance-Berater | 4/2014 | 1.4.2014 Weiß, Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung erforderliche Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit, um die Geschäftsführung dieses anderen pflichtgerecht zu überwachen.18 Diese Überlegung greift auch bei einer bloß mittelbaren Abhängigkeit: Das Mitglied des Vertretungsorgans der Enkelgesellschaft kann weder in den Aufsichtsrat der Mutter- noch in denjenigen der Tochtergesellschaft gewählt werden.19 Der Hinderungsgrund erstreckt sich auch auf ausländische abhängige Unternehmen.20 Unterscheidet die ausländische Rechtsordnung wie das deutsche Aktienrecht zwischen (vertretungsberechtigtem) Exekutiv- und (in aller Regel nicht zur Vertretung berechtigtem) Aufsichtsorgan, fallen Mitglieder des Aufsichtsorgans nicht unter den Begriff „gesetzlicher Vertreter“.21 Etwas anders liegt der Fall dann, wenn die ausländische Körperschaft nach dem One-Tier-System (Geschäftsführung und Überwachung sind institutionell nicht getrennt) organisiert ist. Ein solches One-Tier-System oder Board System ist für den angelsächsischen Rechtskreis kennzeichnend. Die Prämissen des deutschen Aktienrechts sind mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen nur bedingt übertragbar. Behält man dies bei der Suche nach pragmatischen Lösungen im Hinterkopf bestünde eine naheliegende Möglichkeit darin, zwischen executive- und non-executive-directors zu unterscheiden: Non-executive-directors wären dann keine gesetzlichen Vertreter i. S. d. § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AktG und dürften daher im Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft ein Aufsichtsratsmandat wahrnehmen.22 Tritt nach Beginn der Amtszeit (aufgrund eines Vorstandsdoppelmandats) ein Hinderungsgrund nach § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AktG ein, erlischt die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat kraft Gesetzes.23 c) Unzulässige Überkreuzverflechtung (§ 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AktG) Sie liegt vor, wenn derjenige, der Mitglied des Aufsichtsrats werden soll, gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist (bzw. wird) und deren Aufsichtsrat bereits ein Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft angehört. Der „Überwacher“ soll nicht selbst in einer anderen Gesellschaft der Überwachung durch den Überwachten unterliegen.24 Auch hier erlischt die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat kraft Gesetzes, wenn nach Beginn der Amtszeit ein Hinderungsgrund gem. § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AktG eintritt.25 3. Kein Stimmverbot bei der Vorstandsbestellung Das Aufsichtsratsmitglied der abhängigen Gesellschaft trifft auch dann kein Stimmverbot bei der Bestellung des Vorstandsdoppelmandatsträgers, wenn es – wie häufig26 – zugleich dem Vorstand der 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 BGH, 9.3.2009 – II ZR 170/07, BB 2009, 1834, BeckRS 2009, 13401. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 88 Rn. 1. Spindler, in: MüKo Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 88 Rn. 24. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1152. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1152. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1148. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 105 Rn. 1. Habersack, in: MüKo Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 105 Rn. 20. Habersack, in: MüKo Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 100 Rn. 24. Habersack, in: MüKo Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 100 Rn. 24. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 100 Rn. 5. Engert/Herschlein, NZG 2004, 459, 460. Engert/Herschlein, NZG 2004, 459, 460. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 100 Rn. 14. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 100 Rn. 6. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 100 Rn. 14. Vgl. II., 2. unter a). BEITRÄGE CORPORATE COMPLIANCE Weiß, Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung Obergesellschaft angehört. Denn das Aktienrecht kennt in dieser Konstellation kein Stimmverbot – auch wenn Motive der Vorstandskollegialität eine Rolle spielen mögen.27 III. Interessenkonflikte 1. Ausgangspunkt Das doppelt mandatierte Vorstandsmitglied befindet sich oft in einem Interessenkonflikt. Denn es vertritt zwei Gesellschaften, deren Interessen diametral entgegengesetzt sein können – obwohl beide Gesellschaften zum gleichen Konzern gehören. Exemplarisch: Von der Tochtergesellschaft ins Auge gefasste Investitionen müssen unterbleiben, weil die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft keine Finanzmittel zur Verfügung stellt.28 Kollidierende Interessen sind insbesondere dann problematisch, wenn die Obergesellschaft ihre eigenen Interessen durch eine Einflussnahme auf die abhängige Tochtergesellschaft durchsetzen will. Denn der Doppelmandatar im faktischen Konzern leitet in seiner Funktion als Vorstandsmitglied der Tochtergesellschaft deren Geschäfte eigenverantwortlich (§ 76 AktG). Er ist nicht dazu verpflichtet, (vorteilhafte oder nachteilige) Weisungen des herrschenden Unternehmens entgegenzunehmen. Nachteilige Weisungen des herrschenden Unternehmens darf er nur dann befolgen, wenn ein Ausgleich nach § 311 AktG zu erwarten ist.29 Verstößt er gegen diese Vorgaben, läuft er Gefahr, aus § 93 Abs. 2 AktG zu haften.30 2. Grundsätzlicher Umgang mit Interessenkonflikten Ausgangspunkt ist die „Schaffgotsch“-Entscheidung des BGH.31 Darin geht es zwar um Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern. Die in dieser Entscheidung dargelegten Prinzipien finden aufgrund der vergleichbaren Interessenlage aber auch auf Vorstandsdoppelmandate Anwendung.32 Für den Umgang mit Interessenkonflikten bedeutet dies: Die Pflichterfüllung gegenüber der einen Gesellschaft kann niemals eine Pflichtverletzung gegenüber der anderen Gesellschaft rechtfertigen.33 Daraus leitet sich folgende Handlungsempfehlung für den Vorstand mit doppeltem Mandat ab: Er muss sich ausschließlich an den Interessen der Gesellschaft orientieren, für die er gerade tätig wird.34 Er darf Interessen der anderen Gesellschaft nur dann berücksichtigen, wenn sie mit den Interessen der Gesellschaft, für die er gerade handelt, in Einklang stehen.35 Bei börsennotierten Gesellschaften ist außerdem Ziff. 4.3.4 Deutscher Corporate Governance Kodex zu beachten: Der Vorstand soll Interessenkonflikte dem Aufsichtsrat gegenüber unverzüglich offenlegen und die anderen Vorstandsmitglieder hierüber informieren. 3. Einzelfragen Die nachfolgend erörterten Konstellationen tauchen im Unternehmensalltag immer wieder auf: a) Kein generelles Stimmverbot in Vorstandssitzungen Teile des Schrifttums gehen davon aus, dass sich ein Vorstandsmitglied der Stimme enthalten müsse (analog § 34 BGB), wenn die Interessen beider Gesellschaften berührt seien. 36 Dagegen spricht aber, dass ein solches Stimmverbot mit der Gesamtverantwortung des Vorstands unvereinbar wäre und auf ein Verbot von Vorstandsdoppelmandaten hinausliefe.37 Ein generelles Stimmverbot ist aber auch deshalb abzulehnen, weil es der Unternehmenswirklichkeit nicht gerecht wird. 99 b) Stimmverbot bei Entscheidung über die eigene Entlastung Die Hauptversammlung beschließt über die Entlastung der Vorstände (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 AktG). Oft vertreten Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft diese in der Hauptversammlung der Tochtergesellschaft. Mögliche Folge: Doppelmandatsträger entscheiden über die eigene Entlastung.38 Vor dem Hintergrund des Verbots des „Richtens in eigener Sache“ unterliegt der zu entlastende Doppelmandatar bei der Vorstandsentscheidung in der Obergesellschaft über die Stimmabgabe in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft einem Stimmverbot.39 Schließlich ist es denkbar, dass die Obergesellschaft selbst ein Stimmverbot in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft trifft (§ 136 AktG). Dies ist nach der Rechtsprechung des LG Köln40 jedenfalls dann der Fall, wenn der Vorstand des Mutterunternehmens mehrheitlich mit Doppelmandatsträgern besetzt ist. c) Zusätzliche Möglichkeiten: Stimmenthaltung und Mandatsniederlegung Wenn Vorstände mehrere Vorstandsämter bekleiden, sind schwerwiegende Interessenkonflikte denkbar; freilich auch dann, wenn es nicht um die eigene Entlastung geht. In einem solchen Fall ist dem Vorstandsmitglied zu raten, sich der Stimme zu enthalten.41 Denn die Haftung des Doppelmandatsträgers für einen gefassten Vorstandsbeschluss scheidet aus, wenn sich dieser unter Hinweis auf einen bevorstehenden Interessenkonflikt seiner Stimme enthält.42 Ggf. sollte er auf die Teilnahme an der Vorstandssitzung verzichten43 , um (den Anschein) eine(r) Einflussnahme zu vermeiden. Der Doppelmandatsträger möge aber darauf achten, dass der Vorstand handlungsfähig bleibt. Besteht der Interessenkonflikt nicht nur vorübergehend, sollte das betroffene Vorstandsmitglied die Aufgabe seines Doppelmandats in Erwägung ziehen.44 Überdies kann dies ein wichtiger Grund zur Abberufung sein (§ 84 Abs. 3 S. 1 AktG).45 d) Kollision von Verschwiegenheits- und Informationspflicht Das Vorstandsmitglied muss vertrauliche Informationen, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, geheim halten, die ihm bei 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1154. Kort, in: Aktiengesetz, Großkommentar, 4. Aufl. 2002, § 76 Rn. 182. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 76 Rn. 19. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 100 Rn. 19. BGH, 21.12.1979 – II ZR 244/78, NJW 1980, 1629. BGH, 9.3.2009 – II ZR 170/07, BB 2009, 1834, BeckRS 2009, 13401; Passarge, NZG 2007 441, 441. Passarge, NZG 2007, 441, 442. Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 214; Passarge, NZG 2007, 441, 442. Passarge, NZG 2007, 441, 442. Nachweise bei Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 214. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1158. Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 214. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1157; Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 216; Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 149. LG Köln, 17.12.1997 – 91 O 131/97, NZG, 1998, 193; Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 214. Eppe/Liese, in: Hauschka, Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, S. 216; Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1158. Liese/Theusinger, in: Hauschka, Formularbuch Compliance 2013, S. 143; Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1158. Wirth, in: FS Bauer, 2010, S. 1147, 1158. Kort, in: Aktiengesetz, Großkommentar, 4. Aufl. 2002, § 76 Rn. 188. Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 149. Compliance-Berater | 4/2014 | 1.4.2014 100 BEITRÄGE CORPORATE COMPLIANCE seiner Tätigkeit bekannt geworden sind (§ 93 Abs. 1 S. 3 AktG). Auf der anderen Seite ist er verpflichtet, seine Kollegen zu informieren. Diese Anforderungen kollidieren, wenn der Doppelmandatsträger in seiner Eigenschaft als Vorstand des Mutterunternehmens Informationen erhält, welche die Tochtergesellschaft betreffen, in der er ebenfalls ein Vorstandsamt bekleidet. Wie ist diese Zwickmühle aufzulösen? Im faktischen Konzern besteht keine Informationspflicht der beherrschten Gesellschaft. Das Vorstandsmitglied sollte bei einem Auskunftsverlangen der herrschenden Gesellschaft prüfen, ob die Informationsweitergabe für die beherrschte Gesellschaft nachteilig oder ausgleichsfähig ist.46 Liegt ein Nachteil vor und ist dieser nicht ausgleichsfähig, darf das Vorstandsmitglied die Obergesellschaft nicht informieren.47 Verstößt der Doppelmandatsträger gegen diese Verschwiegenheitspflicht, riskiert er nicht nur eine zivilrechtliche Haftung, sondern auch ein Strafbarkeit (§ 404 Abs. 1 AktG: Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bei börsennotierten Gesellschaften). IV. Anstellungsvertrag Der Anstellungsvertrag ist von der (aktienrechtlichen) Vorstandsbestellung zu trennen: Der Anstellungsvertrag räumt dem Vorstand das Recht auf eine Vergütung ein und verpflichtet ihn zum Amt. Die Praxis kennt im Wesentlichen zwei Regelungsmodelle:48 Entweder es wird – trotz Vorstandsposten in zwei Gesellschaften – nur ein Anstellungsvertrag geschlossen (mit der Mutter – oder der Tochtergesellschaft). Ein solcher Vertrag sieht meistens vor, dass die Vergütung auch die Tätigkeit als Vorstandsmitglied in der anderen Gesellschaft einschließt.49 Oder es werden zwei Anstellungsverträge geschlossen, also jeweils ein Vertrag mit der Muttergesellschaft und ein Vertrag mit der Tochtergesellschaft. Werden zwei Verträge geschlossen, kann die Ausgestaltung unterschiedlich sein:50 Z. B. kann die von der Tochtergesellschaft (vor dem Hintergrund des mit ihr abgeschlossenen Anstellungsvertrags) bezahlte Vergütung auf den mit der Muttergesellschaft abgeschlossenen Anstellungsvertrag angerechnet werden. Vorteil: Der Aufsichtsrat der Muttergesellschaft bestimmt sämtliche Vertragskonditionen; dem Angemessenheitsgebot (§ 87 Abs. 1 AktG) kann ohne viel Aufwand Rechnung getragen werden. 51 Der Anstellungsvertrag mit der Muttergesellschaft sollte das Vorstandsmitglied verpflichten, ihr den Vertrag mit der Tochtergesellschaft vorzulegen und der Muttergesellschaft jede Vertragsänderung mitzuteilen. Nachteil: Wird die Vergütung im Anstellungsvertrag mit der Tochtergesellschaft geändert, führt dies zu veränderten Leistungen auch bei der Muttergesellschaft (und einem damit einhergehenden organisatorischen Aufwand).52 Deshalb sehen manche Anstellungsverträge von einer Anrechnung ab. Daneben sollte(n) der Anstellungsvertrag/die Anstellungsverträge die in Vorstandsanstellungsverträgen üblichen Klauseln enthalten (Aufwendungsersatz, D&O Versicherung, Change of Control Klauseln etc.). Schließlich ist bei sämtlichen Ausgestaltungen Ziff. 4.2.2 Deutscher Corporate Governance Kodex zu beachten: Konzernbezüge sind bei der Festsetzung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Weiß, Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung Ersatzpflicht aus § 317 AktG.53 Im Folgenden geht es nur um die persönliche Haftung des Doppelmandatars: Eine Haftung aus § 117 Abs. 1 AktG ist auch im faktischen Konzern denkbar54 , wenn auch vor dem Hintergrund des Vorsatzerfordernisses auf Extremfälle beschränkt:55 Der Gesellschaft gegenüber haftet, wer Verwaltungsmitglieder oder leitende Mitarbeiter zu einem Verhalten veranlasst, das der Aktiengesellschaft oder ihren Aktionären schadet.56 Ebenso sollte auf die Haftung aus § 88 Abs. 2 AktG (s. o. II. unter 1.) geachtet werden. Im Übrigen ist zu unterscheiden zwischen der Haftung des Doppelmandatsträgers gegenüber der Untergesellschaft einerseits (dazu V. unter 1.), und der Haftung gegenüber der Obergesellschaft andererseits (dazu V. unter 2.). Die nachfolgend dargestellten (konzernrechtlichen) Haftungsnormen betreffen nicht nur Doppelmandatsträger, sind aber insbesondere in diesem Zusammenhang von Bedeutung. 1. Haftung des Doppelmandatsträgers gegenüber der Untergesellschaft a) Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG Verletzt das Vorstandsmitglied seine Pflichten, kommt eine Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG in Betracht. Sie greift grundsätzlich auch im Konzern, wird aber oft durch speziellere Haftungstatbestände verdrängt.57 Die Aktiengesellschaft muss den Eintritt und die Höhe des Schadens beweisen, ebenso die Handlung des in Anspruch genommenen Vorstandsmitglieds sowie eine adäquate Kausalität zwischen Handlung und Schaden.58 Das beklagte Vorstandsmitglied muss darlegen und ggf. beweisen, dass er nicht pflichtwidrig oder nicht schuldhaft gehandelt hat. Außerdem steht ihm der Nachweis offen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Handeln eingetreten wäre.59 Eine Pflichtverletzung scheidet aus, wenn sich das Vorstandsmitglied im Rahmen der sog. Business Judgment Rule bewegt (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG). Gerade bei Vorstandsdoppelmandaten wird das Haftungsrisiko dadurch verschärft, dass sich der Doppelmandatar verstärkt Interessenkonflikten ausgesetzt sieht (dazu oben III. unter 1.; zur Haftung in Zusammenhang mit der Verschwiegenheitspflicht: III., 3. unter d.). Daneben kann eine Haftung ggf. auch auf den Anstellungsvertrag gestützt werden. b) Haftung aus § 317 Abs. 3 AktG Gesetzliche Vertreter des herrschenden Unternehmens – also der Doppelmandatsträger in seiner Funktion als Vorstand des herrschenden Unternehmens – können neben dem herrschenden Un- 46 47 48 49 50 51 52 53 54 V. Haftung 55 Beeinflusst die Obergesellschaft die Untergesellschaft nachteilig, kann die Untergesellschaft von der Obergesellschaft Ausgleich verlangen (§ 311 Abs. 2 AktG). Erfolgt kein Nachteilsausgleich, greift die 56 57 58 59 Compliance-Berater | 4/2014 | 1.4.2014 Passarge, NZG 2007, 441, 443. Passarge, NZG 2007, 441, 443. Fonk, NZG 2010, 368, 371. Zulässigkeit str. (da vergleichbar mit Drittanstellungsverträgen); dazu Fonk, NZG 2010, 368, 370. Fonk, NZG 2010, 368, 372. Fonk, NZG 2010, 368, 372. Fonk, NZG 2010, 368, 372. Ausführlich Noack, in: FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 847, 852. Noack, in: FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 847, 850; Schneider, in: Krieger/ Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2. Aufl. 2010, S. 242. Schneider, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2. Aufl. 2010, S. 242. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 117 Rn. 1. Spindler, in: MüKo Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 9. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 93 Rn. 16. Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 93 Rn. 16. Weiß, Vorstandsdoppelmandate im faktischen Konzern: Voraussetzungen, Interessenkonflikte, Anstellungsvertrag und Haftung ternehmen auch ohne Verschulden haften. Dies gilt dann, wenn der gesetzliche Vertreter die abhängige Gesellschaft zu der nachteiligen Maßnahme oder dem nachteiligen Rechtsgeschäft veranlasst hat. Gesetzliche Vertreter sind Personen, die für die organschaftliche Geschäftsführung des herrschenden Unternehmens zuständig sind.60 Aber nur diejenigen gesetzlichen Vertreter haften, welche die abhängige Gesellschaft zu dem Rechtsgeschäft oder der sonstigen Maßnahme veranlasst haben.61 Veranlassung meint jede Form der (mittelbaren) Einflussnahme – insbesondere auch ein Gewährenlassen der Angestellten des herrschenden Unternehmens.62 Allerdings: Wer unzureichend überwacht oder mangelhaft organisiert, veranlasst nicht.63 Der Kläger muss die Veranlassung ggf. beweisen – eine Beweiserleichterung gibt es nicht.64 c) Haftung aus § 318 Abs. 1 AktG Die Norm regelt die Haftung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft gegenüber dieser Gesellschaft. Der Doppelmandatsträger sieht sich einem solchen Haftungsrisiko in seiner Funktion als Vorstand des abhängigen Unternehmens ausgesetzt. Die Haftung greift nur dann, wenn das herrschende Unternehmen aus § 317 Abs. 1 AktG haftet.65 Darüber hinaus setzt die Norm eine Verletzung der Berichtspflicht nach § 312 AktG voraus (Bericht fehlt oder ist unvollständig).66 Der Vorstand haftet nur bei Verschulden – Fahrlässigkeit genügt.67 2. Haftung des Doppelmandatsträgers gegenüber der Obergesellschaft Vorstandsmitglieder – auch solche mit doppeltem Mandat – haften „ihrer“ Gesellschaft aus § 93 Abs. 2 AktG. Dies gilt auch im Verhältnis zur Obergesellschaft. Daneben kann eine Haftung ggf. auch auf den Anstellungsvertrag gestützt werden.68 BEITRÄGE CORPORATE COMPLIANCE 101 orientieren, für die es gerade tätig wird. Die Interessen der jeweils anderen Gesellschaft darf es nur dann berücksichtigen, wenn sie mit den Interessen der Gesellschaft, für die er handelt, kompatibel sind. 4. Zwar unterliegt der Doppelmandatar keinem generellen Stimmverbot, wenn die Interessen beider Gesellschaften berührt sind. Ein Stimmverbot kommt aber dann in Betracht, wenn der Doppelmandatsträger bei der Vorstandsentscheidung in der Obergesellschaft über die Stimmabgabe in der Hauptversammlung über die eigene Entlastung entscheiden würde. Schließlich kann die Obergesellschaft selbst ein Stimmverbot in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft treffen (§ 136 AktG). Befindet sich das Vorstandsmitglied in einem Interessenkonflikt kann eine Stimmenthaltung sinnvoll sein; so lässt sich eine Haftung vermeiden. Bei einem dauernden Interessenkonflikt sollte eine Mandatsniederlegung in Erwägung gezogen werden. 5. Das Anstellungsverhältnis des Doppelmandatars kann auf vielfältige Weise ausgestaltet werden; insbesondere besteht die Möglichkeit eines oder mehrerer Anstellungsverträge. Die in Vorstandsanstellungsverträgen üblichen Klauseln (etwa D&O Versicherung, Aufwendungsersatz etc.) sollten bedacht werden. 6. Doppelt mandatierten Vorständen ist zu empfehlen jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang sie Informationen an die herrschende Gesellschaft weitergeben dürfen. Andernfalls droht ihnen eine zivil- und strafrechtliche Haftung (§§ 93 Abs. 2 AktG, 404 AktG). Auch im Übrigen sind Vorstandsdoppelmandate haftungsträchtig – für das herrschende Unternehmen und den Doppelmandatsträger. Die Haftungsgefahr resultiert insbesondere aus Interessenkonflikten, die der Doppelmandatar sachgerecht bewältigen muss. VI. Zusammenfassung und Handlungsempfehlung AUTOR 1. Vorstandsdoppelmandate sind ein Instrument der Konzernsteuerung. Sie ersetzen das im faktischen Konzern fehlende Weisungsrecht (§ 308 AktG). Der BGH verbietet Vorstandsdoppelmandate nicht. Sie sind aber nur zulässig, wenn die Aufsichtsräte beider Aktiengesellschaften zustimmen (§ 88 Abs. 1 S. 2 AktG). Die Entscheidung des Aufsichtsrats und damit zusammenhängende Überlegungen sollten sorgfältig dokumentiert werden. Das Vorstandsmitglied haftet, wenn es diese Vorgaben missachtet (§ 88 Abs. 2 AktG). 2. Bevor jemand ein doppeltes Mandat erhält, sollte geprüft werden, ob Bestellungshindernisse greifen. Insbesondere dürfen Aufsichtsratsmitglieder der beherrschten Gesellschaft nicht zeitgleich ein Vorstandsmandat dort ausüben (§ 105 AktG). Das Aufsichtsratsmitglied der abhängigen Gesellschaft unterliegt auch dann keinem Stimmverbot bei der Bestellung des Doppelmandatsträgers, wenn es zugleich dem Vorstand der Obergesellschaft angehört. 3. Der doppelt mandatierte Vorstand im faktischen Konzern leitet in seiner Funktion als Vorstand der Tochtergesellschaft deren Geschäfte eigenverantwortlich (§ 76 AktG). Nachteilige Weisungen des herrschenden Unternehmens darf er nur dann befolgen, wenn ein Ausgleich nach § 311 AktG zu erwarten ist. Andernfalls läuft er Gefahr zu haften (§ 93 Abs. 2 AktG). Das Vorstandsmitglied sollte sich ausschließlich an den Interessen der Gesellschaft RA Dr. Matthias M. Weiß berät bei REEG Rechtsanwälte in Mannheim nationale und internationale Unternehmen in den Bereichen Compliance, Corporate und Dispute Resolution. Einer seiner Schwerpunkte ist die präventive Compliance-Beratung von Organen, Führungskräften und Aufsichtsratsmitgliedern sowie die Abwehr und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. 60 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, 7. Aufl. 2013, § 317 Rn. 22. 61 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, 7. Aufl. 2013, § 317 Rn. 24. 62 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, 7. Aufl. 2013, § 317 Rn. 24. 63 Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 317 Rn. 14. 64 Schneider, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2. Aufl. 2010, S. 241. 65 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, 7. Aufl. 2013, § 318 Rn. 24. 66 Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 318 Rn. 3. 67 Hüffer, in: Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 93 Rn. 16. 68 Schneider, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 2. Aufl. 2010, S. 230. Compliance-Berater | 4/2014 | 1.4.2014