Jacke wie Hose – es gibt Aussagen, die werden nicht
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Jacke wie Hose – es gibt Aussagen, die werden nicht
Seite 84 Christophorus 339 Christophorus 339 Lifestyle Born to be mild Text Hannah Renz Fotografie Simone Schneider Jacke wie Hose – es gibt Aussagen, die werden nicht wahrer, nur weil sie so häufig zitiert werden. Sonst wäre ja Porsche fahren dasselbe wie Auto fahren. Auf die Jacke kommt es in diesem Männer-Modejahr besonders an. Zumindest, wenn sie aus Leder ist. Sie muss nicht mal zwingend schwarz sein. Aber sie kann nur auf eine Art getragen werden – ziemlich cool. Seite 85 Seite 86 Christophorus 339 Christophorus 339 Seite 87 FERRY PORSCHE Die Metamorphose des Mannes sieht so aus: Er sitzt in einem Meeting mit asphaltgrauem Anzug, Button-down-Hemd und schräg gestreifter Krawatte, pumpt einen Liter schwarzen Kaffee ab, um sich im Excel-Dschungel zu orientieren. Abends gleitet er in der sportlichen Limousine nach Hause, die Klimaanlage kühlt seine heiße Stirn, während er die Bilanzen noch einmal im Kopf durchgeht. Doch wenn er zu Hause seinen Anzug gegen die Lederjacke tauscht, beginnt das zweite Leben: Seine Körpersprache verändert sich, der Klang seiner Stimme, der Gang, die Gestik. Auch wenn er kein Motorrad besitzt – er fühlt sich, als fahre er ohne Helm mit 200 Stundenkilometern den Highway Number One entlang. Er fühlt sich wie ein Kerl, wie die Verkörperung von Marlon Brando und Dennis Hopper in einem: maskulin, muskulös und auch ein bisschen mysteriös. Das Haar sitzt. Die Jacke auch. Das Fahrzeug – viel zu schade, um es stehen zu lassen. Lederjacken und Sportwagen, nicht nur die offenen, üben eine gegenseitige Anziehungskraft aus. Das hat eindeutig etwas mit Lebensfreude zu tun. 100 „Für unsere Firma möchte ich in Anspruch nehmen, dass man Funktion und Schönheit nicht trennen kann. Schönheit als Selbstzweck ist im Automobilbau fehl am Platz.“ Filmmänner in Lederjacke reden nicht gerne, eher kneifen sie die Augen zusammen und blicken ihr Gegenüber schweigend an, bevor sie entweder zum Schlag ansetzen oder wortlos den Schauplatz verlassen. Unvorstellbar, dass ein Mann in Lederjacke einen Martini umrührt und dabei höflich Konversation hält. Und wenn doch? Dann ist er im Jahr 2009 angekommen. Das Jahr, in dem Lederjacke nicht mehr gleich Lederjacke ist. Sie steht nicht mehr für hart und heftig, sondern auch für sanft und sensibel. Sie hat zu einer neuen Sprache gefunden, zu einer weicheren. Man könnte auch sagen: Die Lederjacke ist zahm geworden. Born to be mild. Mannes zu signalisieren. Eine Lederjacke dagegen sollte vor Kälte und Wind schützen. Piloten trugen sie, als die Cockpits ihrer Flugzeuge noch kein Dach hatten, und Rennfahrer, als es noch keine feuerfesten Stoffe gab. Danach wurde die gegerbte Tierhaut zu einem treuen Begleiter des Mannes in der Freizeit. Ein Kumpan, der wie ein guterWhiskey über Jahre hinweg an Reife gewinnt, der speckig wird, Risse bekommt und doch unverwüstlich ist. Designer haben oft diesen Mythos der Lederjacke genutzt, um im RetroTaumel der jüngeren Vergangenheit Stil-Ikonen aus den fünfziger Jahren wie Steve McQueen oder James Dean wieder aufleben zu lassen und von deren Coolness zu profitieren. Um sich das Revolutionäre dieses Aktes vorzustellen, muss man kurz die Geschichte der Lederjacke rekapitulieren. Seit jeher war sie ein Gegenpol zum Anzug, der dazu da war, den Status eines Mittlerweile ist das gute Stück aber zu einem Modeobjekt geworden, an dem munter herumexperimentiert wird. Der Klassiker, der früher mal ein funktionales Kleidungsstück war, dient als A Seite 88 Christophorus 339 Christophorus 339 Seite 89 Wer ist hier der Hauptdarsteller? Filmmänner in Lederjacke reden nicht gerne, eher kneifen sie die Augen zusammen. Unser Mann aus dem wahren Leben riskiert gern einen Seitenblick. Er ist sich auch seiner eigenen Aufmerksamkeit sicher. Seite 90 Christophorus 339 Christophorus 339 Spielwiese für viele Modeschöpfer. Das verbindet ihn mit dem Turnschuh, der nicht mehr ein Gebrauchsgegenstand ist, sondern ein Sneaker, und damit ein Lifestyle-Produkt jenseits derWelt von Sport und Fitness, das als Projektionsfläche für sämtliche Modetrends herhalten muss. Zur Neuinterpretation der Lederjacke zählen mitunter abenteuerliche Modelle, wie man sie bislang nur aus der Damenwelt kannte. Lederjacken werden mit Blumen bedruckt, durch LeopardenPrints veredelt oder asymmetrische Reißverschlüsse verzerrt. Es geht bei der Neuinterpretation des Klassikers aber auch um Komfort: Selten waren Lederjacken so federleicht wie jetzt. Nicht mehr die schwer und wuchtig wirkende Motorrad-Jacke liegt im Trend, sondern modern geschnittene Modelle, die so lange gegerbt und bearbeitet werden, dass sie fast so leicht wie ein Baumwollblazer sind. Safari-Jacken aus Ziegenleder würden auch für einen Ausflug in die Sahara taugen und Jacketts aus changierendemWildleder für den Alltag in einem klimatisierten Büro. Und wer partout in seiner Klassiker trifft Moderne Rechtzeitig für die kommende Herbst- und Winterzeit stellt Porsche Design eine eigens entworfene Herrenkollektion vor. Den Schwerpunkt der Linie, die im Porsche Design Studio in Zell am See (Österreich) entworfen wurde, bilden Lederjacken in klassischem Design. Das exklusivste Modell ist ein auf 150 Exemplare limitierter Blouson. Hier wurde eine völlig neue Technologie im Bereich der klassischen Lederbekleidung angewandt: Eine wasserdichte Membran wird von innen auf das hochwertige Kalbsleder laminiert. Ähnlich wie bei funktionaler Sportkleidung sind die Nähte verschweißt. Dank der Freizeit den ganzen Kerl geben will, der kann auch eine klassische Motorrad-Lederjacke tragen.Wichtig ist, dass man überhaupt eine Lederjacke besitzt, denn ohne den Allrounder steht man derzeit modisch gesehen ziemlich im Regen. Das liegt auch daran, dass inzwischen die achtziger Jahre auf die Laufstege zurückgekehrt sind – es war das Jahrzehnt mit dem höchsten Lederaufkommen pro Kopf. Lederjacke, Lederhose, Lederkrawatte – nicht selten trugen Männer in diesem modisch durchaus umstrittenen Jahrzehnt alles auf einmal. Auch der klassische Wildlederblouson mit Strickbündchen in der Taille war damals heiß begehrt – und ist in den Fokus der Designer zurückgekehrt. Kannte man die Lederjacke bislang eher in den Farben Braun und Schwarz, kann man jetzt ruhig mal ein Modell in kräftigem Petrol tragen. Die neuen Lederjacken strömen nicht mehr den Geruch von Motorradöl und Auspuffgasen aus, eher den von frisch gereinigter Bettwäsche. Für manche Männer ist das zweifelsohne gewöhnungsB bedürftig. Aber auch Rebellen gehen mit der Mode. neuen Verarbeitungstechnik ist die Jacke wasserfest, windabweisend und atmungsaktiv. Auch die anderen Lederjacken der Linie verfügen über aufwendig gearbeitete Designelemente wie die charakteristische Ziersteppung. Das Produktportfolio von Porsche Design umfasst klassische Herren-Accessoires,eine Sport- und Modekollektion,elektronische Produkte sowie eine Herren-Duftlinie. Die Herrenkollektion wird ab Herbst exklusiv in eigenen Stores, in Franchise-Stores und Shop-in-Shops vertrieben. Mehr unter www.porsche-design.com Die Drei von Porsche Design die Limited Edition der Blouson Stretch das Sakko Die Lederjacke ist zahm geworden, verhältnismäßig jedenfalls. Ein revolutionärer Akt. Deshalb ist das Shooting dorthin verlegt worden, wo aus Prinzip ungezügelt ans Limit gegangen wird: ins Porsche-Motorsportzentrum Weissach. Seite 91