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21.07.14 EXISTENZGRÜNDUNG
Die deutsche Angst vor der Selbstständigkeit
Nur jeder vierte Bundesbürger spielt mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. Stattdessen suchen
hierzulande schon junge Leute oft Unterschlupf beim sicheren Arbeitgeber Staat.
Von Dorothea Siems
In kaum einem anderen Land der Welt ist das Interesse, sich selbstständig zu machen, so gering wie in Deutschland. Nur gut jeder vierte
Bundesbürger kann sich vorstellen, diesen Schritt zu gehen.
In den USA oder in den Niederlanden liegt dieser Anteil bei rund 40 Prozent, und sogar jeder zweite Australier sieht in der Existenzgründung eine
Option für sich, wie eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK im Auftrag des amerikanischen Direktvertriebsunternehmens Amway in
24 Ländern zeigt.
Dabei ist die Skepsis der Deutschen gegenüber einer Existenzgründung unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld. Denn weder die schwere
Rezession im Zuge der Finanzkrise noch der anschließende Konjunkturaufschwung wirkten sich hierzulande belebend auf die Bereitschaft zur
Existenzgründung aus, wie ein Vergleich mit den Umfrageergebnissen der Vorjahre zeigt.
Finanzhilfen oder Bildung?
Staatliche Finanzhilfen wären nach Meinung der Mehrheit der hiesigen Bürger das wirkungsvollste Instrument, um Existenzgründungen zu
fördern: 52 Prozent sprechen sich für öffentliche Mittel und Darlehen aus, um den Sprung in die Selbstständigkeit zu erleichtern.
In den USA, Frankreich oder Australien wird dagegen der Bildung eine größere Bedeutung beigemessen: In diesen Ländern halten die Befragten
"eine unternehmerische Ausbildung und die Vermittlung von geschäftlichen Fähigkeiten" für das beste Mittel, Existenzgründungen zu unterstützen.
Tatsächlich spielt in den USA das Thema Entrepreneurship in der Bildung eine viel größere Rolle als in Deutschland.
Schon an den Schulen lernen die Jugendlichen beispielsweise, Businesspläne zu entwickeln. Auch in Skandinavien werden den Schülern heute
betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt. "Das Bildungssystem ist eine wichtige Stellschraube, um die Bereitschaft zur Selbstständigkeit zu
fördern", ist Amway-Expertin Julia Lutter-Müller überzeugt.
Auch die Bürokratie ist nach Ansicht von 40 Prozent der Deutschen eine hohe Hürde auf dem Weg in die Selbstständigkeit. In den europäischen
Krisenstaaten Italien, Griechenland oder Portugal werden die bürokratischen Hemmnisse sogar noch häufiger als Hindernis genannt.
Japaner halten Negativrekord
Es sei vor allem die Angst vor dem Scheitern, die Deutsche davon abhalte, unternehmerisch tätig zu werden, sagt Lutter-Müller: "In einer
Gesellschaft, die so sehr von Vorsicht geprägt ist, ist es schwierig, eine Kultur der Selbstständigkeit zu etablieren." Knapp 80 Prozent der
Deutschen nennen die Angst vor dem Scheitern als Hinderungsgrund für eine Existenzgründung.
Dabei spielt hierzulande vor allem die Angst vor den finanziellen Risiken eine große Rolle, die von 41 Prozent der Deutschen genannt wird. Nur 15
Prozent fürchten dagegen die Gefahr der Arbeitslosigkeit infolge einer gescheiterten Existenzgründung.
Wie stark kulturelle Unterschiede das Gründungsgeschehen prägen, zeigt der internationale Vergleich: Während nur jeder dritte Amerikaner die
Angst vor einem möglichen Scheitern als Hinderungsgrund anführt, liegt der Anteil bei den Japanern mit 94 Prozent weltweit an der Spitze.
Entsprechend sind in dem asiatischen Land mit 17 Prozent noch weniger Menschen als hierzulande bereit, in die Selbstständigkeit zu gehen.
Die Europäische Union hat im vergangenen Jahr einen "Entrepreneur-2020-Aktionsplan" aufgelegt, der vor allem darauf abzielt, Maßnahmen zu
ergreifen, um den Menschen die Angst vor dem Scheitern zu nehmen und auf diese Weise das Unternehmertum zu fördern.
Chancengetriebene Gründungen sind aussichtsreicher
In den kommenden Jahren könnte der demografische Wandel die Zahl der Existenzgründer weiter schrumpfen lassen. Denn die internationalen
Umfragen zeigen, dass es vor allem junge Menschen sind, die sich eine Selbstständigkeit vorstellen können.
Auch in Deutschland ist unter den 20- bis 35-Jährigen der Anteil der Gründungsfreudigen mit 38 Prozent deutlich höher als in der
Gesamtbevölkerung. Doch diese Altersgruppe schrumpft in den nächsten Jahren.
Der Gründerreport 2014 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt bereits einen historischen Tiefstand beim
Gründungsinteresse. So führten die 80 Industrie- und Handelskammern im Vorjahr lediglich 234.000 Gespräche mit angehenden Unternehmern –
sieben Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Einziger Lichtblick ist nach Ansicht des DIHK die Tatsache, dass sich mittlerweile vor allem Menschen beraten ließen, die auf der Grundlage einer
innovativen Geschäftsidee ein eigenes Unternehmen aufbauen wollten. Nur eine Minderheit plante den Schritt in die Selbstständigkeit wegen
drohender Arbeitslosigkeit. Chancengetriebene Gründungen gelten im Regelfall als aussichtsreicher.
Staat ist der attraktivste Arbeitgeber
Vor allem die Jüngeren nennen als Motiv für die Existenzgründung den Wunsch, unabhängig von einem Arbeitgeber zu sein: Für jeden Zweiten im
Alter zwischen 14 und 29 Jahren liegt hierin der größte Vorteil der Selbstständigkeit. Etwas weniger nennen die Möglichkeit, eigene Ideen
durchzusetzen.
Jeder Dritte hat das Motiv der zusätzlichen Verdienstmöglichkeit. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für 26 Prozent ein
Beweggrund. Knapp jeder Fünfte sieht vor allem eine Alternative zur Arbeitslosigkeit.
28.07.2014 18:34
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Dass die Deutschen bei ihrer Karriereplanung vor allem auf Sicherheit setzen, zeigt auch eine Studie der Unternehmensberatung EY (Ernst &
Young). Laut einer Umfrage unter 4300 hiesigen Studenten gilt der Staat als der attraktivste künftige Arbeitgeber. Drei von zehn angehenden
Akademikern nennen den öffentlichen Dienst als bevorzugten späteren Berufsweg.
Danach folgen Wissenschaft und Kultureinrichtungen, die gleichfalls oft zum staatlichen Bereich zählen. Erst dahinter rangieren Branchen der
freien Wirtschaft wie die Prüfungs- und Beratungsbranche (15 Prozent), die Automobilindustrie (14 Prozent) oder die IT-Branche (12 Prozent).
Deutsche halten ihr Land für unternehmerfeindlich
Als wichtigste Kriterien bei der Wahl ihres künftigen Arbeitgebers nennen 61 Prozent der Befragten die Jobsicherheit. Und wenn viele schon eine
abhängige Beschäftigung in der privaten Wirtschaft für relativ unsicher halten, werden sie den Sprung in die Selbstständigkeit vermutlich erst gar
nicht in Erwägung ziehen.
Doch nicht nur das individuelle Sicherheitsbedürfnis, sondern auch das gesellschaftliche Klima beeinflusst die Bereitschaft, sich selbstständig zu
machen. Während 73 Prozent der US-Amerikaner das eigene Land für unternehmerfreundlich halten, sagen dies in Deutschland nur 46 Prozent.
Auch die Schweizer, Skandinavier, Briten oder Niederländer halten ihre Heimat mehrheitlich für unternehmerfreundlich – und sie gründen häufiger
als die Deutschen einen eigenen Betrieb.
"Es ist nötig, eine Kultur zu entwickeln, in der Unternehmertum wertgeschätzt und potenziellen Gründern geholfen wird, die Furcht vor einem
Scheitern zu überwinden", sagt Isabell Welpe von der Technischen Universität München, die die internationalen Amway-Umfragen
wissenschaftlich begleitet. Für die Untersuchung wurden im vergangenen Jahr rund 26.000 Personen in 24 Ländern befragt.
Foto: Infografik Die Welt
Vor allem jüngere Deutsche können sich eine Selbstständigkeit vorstellen
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