info 02 / 2013 - Kantonsschule Hottingen
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h h info hottingen w i rt s c h a f t s g y m n a s i u m handels– und informatikmittelschule 02 / 2013 Schülertext / Seite 6 Das Blind-Date Stores & Stories / Seite 12 Ein Café so bunt wie eine Wundertüte Forum / Seiten 14–15 Forum KSH «Schweizer und Deutsche» Kolumne / Seite 16 Reisen kann so erhellend – und so deprimierend sein! öko-logisch! / Seite 17 Was grünt so grün da draussen? Gedankensplitter / Seite 19 Glück – Philosophisches termine 04 / 07 / 2013 Abschlussfeier H3/I3 Berufsmaturitätsfeier 11 / 07 / 2013 Maturfeier 23 / 08 / 2013 Gartenfest Einblicke in Alltägliches und Besonderes editorial seite 2 studientage seite 8–9 arbeitswochen seite 13 Hottingen ist die Wirtschaftsschule mit innovativem und praxisbezogenem Bildungsangebot im Raum Zürich. h info 02 / 2013 editorial Einblicke Liebe Leserin, lieber Leser von sandra nussbaumer Als Lehrerinnen und Lehrer vermitteln wir tagtäglich Einblicke in verschiedene Themen- und Stoffgebiete. Es dabei nicht nur bei blossen Einblicken zu belassen, den Schülerinnen und Schüler also nicht nur neue Welten zu eröffnen, sondern diese Welten vielmehr so lebendig zu gestalten, dass sie in diese eintreten, ja sie zu einem Teil ihrer eigenen Welt machen können, das ist eine grosse Herausforderung und – wenn das Vorhaben gelingt – eine grosse Erfüllung zugleich. In dieser Ausgabe geht es allerdings nicht um die alltäglichen Einblicke, sondern um diejenigen, die besondere Unterrichtsgefässe bieten: Projektunterricht, Arbeitswochen, Studientage. In Zeiten, in denen die Mittelschulzeit stetig verkürzt wird, in denen nackte Zahlen und Fakten, Effizienz und Zielstrebigkeit der (scheinbar einzige) Schlüssel zum Erfolg sind und in denen KostenNutzen-Rechnungen auch die Unterrichtsinhalte (mit-) bestimmen, wird immer öfter über Sinn und Zweck dieser besonderen Unterrichtsgefässe sinniert. Eine Woche Projektunterricht bedeutet de facto je vier Lektionen weniger Deutsch, Mathematik und Wirtschaft, je drei Lektionen weniger Französisch, Englisch und Geschichte, zwei Lektionen weniger Biologie... und so weiter. In dieser Zeit könnte man in die Epoche des Sturm und Drangs einführen, den Satz des Pythagoras erarbeiten oder die verschiedenen Stadien der Zellteilung behandeln. Sind also solche Unterrichtsgefässe überhaupt zu rechtfertigen? Ja, sie sind. Nicht nur wissenschaftliche Untersuchungen, sondern auch unsere eigenen Erfahrungen zeigen, dass sich Projektunterricht und fächerübergreifende Arbeiten positiv auf den Lernerfolg auswirken. Denn: Die Wahl oder (Mit-) Bestimmung der Lerninhalte fördert die Motivation und erhöht die Eigenverantwortung im Lernprozess, was sich wiederum positiv auf die Selbstständigkeit auswirkt. Wird das Verantwortungsgefühl im Lernprozess gestärkt, fördert das aber auch die Sozialkompetenz. Zudem verspricht die Möglichkeit, Vernetzungen zwischen Stoffgebieten oder Fächern herzustellen, eine bessere Verankerung des Gelernten. Dies alles erhöht letztlich den Lernerfolg. An der Kantonsschule Hottingen bieten wir vor allem im Frühlingssemester verschiedene solcher besonderen Unterrichtsgefässe an, in die wir Ihnen in dieser Ausgabe vertiefte Einblicke gewähren: So wurde in den Arbeitswochen der ersten Klassen Anfang April beispielsweise das Toggenburg als eine der wirtschaftlich innovativen Regionen der Schweiz erkundet, das Schweizer Brauchtum im Emmental entdeckt oder die Kommunikation verschiedener Unternehmen analysiert. Nach den Frühlingsferien wurden den Schülerinnen und Schülern während der Studientage in klassenübergreifenden Projekten Einblicke vielfältigster Art vermittelt. Ausserdem haben die ersten Klassen der HMS in einer grösseren Arbeitseinheit Reportagen über Quartierläden im Quartier Hottingen verfasst. Ob die Lektüre dieser Ausgabe auch Ihre Motivation und Selbstständigkeit fördert oder Ihre Eigenverantwortung stärkt und somit zu Ihrem Lernerfolg beiträgt, darüber kann ich nur spekulieren, spannende Einblicke in unseren Schulbetrieb allerdings sind Ihnen garantiert! • 2 Redaktion Bild oben: Barbara Ingold Bild unten: Sandra Nussbaumer Jonathan Giger G4e, Schuljahr 10/11 Ästhetik des Alltäglichen Öl auf Leinwand h info 02 / 2013 interview h info 02 / 2013 verabschiedung interview Die Lotsin geht von Bord «Hier stimmt für mich (fast) alles» Katharina Sigrist, seit mehr als 30 Jahren im Sekretariat an der Kantonsschule Hottingen tätig, geht im Sommer in den Ruhestand. Wie sie an die Kantonsschule Hottingen kam, was sich an ihrer Arbeit in all den Jahren verändert hat und warum es ihr in dieser Zeit nie langweilig wurde, das erzählt sie im folgenden Gespräch. genannte Wachs- und Schnapsmatrizen. Die hiessen so, weil sie so nach Alkohol rochen. Man hat ein Dokument mittels einer abfärbenden Vorlage vervielfältigt, und um die Farbe der Vorlage zu lösen und auf die neuen Blätter zu drucken, wurde ein alkoholhaltiges Lösungsmittel verwendet, das ziemlich intensiv roch. Allerdings konnte man mit den Matrizen nur ein paar hundert Abzüge herstellen. Das Verfahren war also recht aufwändig. Ach, ich würde nicht noch einmal zurückwollen, denn ich würde, glaube ich, überhaupt nichts mehr können! (lacht) «Ich habe mich in meinem Leben noch nie richtig beworben.» Katharina Sigrist, Sekretariat von sandra nussbaumer h info: Der Anlass für dieses Gespräch ist Ihre bevorstehende Pensionierung. Wie lange arbeiten Sie schon an der Kantonsschule Hottingen? Katharina Sigrist: Ich arbeite hier schon mehr als mein halbes Leben, bin sogar selber hier zur Schule gegangen. Ich habe die Töchterhandelsschule absolviert, quasi ein Vorläufer der HMS, und bald darauf im Sekretariat zu arbeiten begonnen. h info: Haben Sie direkt nach der Schule hier angefangen? Katharina Sigrist: Ich hatte erst noch eine andere Stelle in der Finanzabteilung eines Gastrobetriebes. Auch war ich nach der Schule ein halbes Jahr in London an der Swiss Mercantile School, um meine Englischkenntnisse zu vertiefen. Als ich 1969 angefragt wurde, hier zu arbeiten, 4 hab ich mich gefreut und das Angebot der Schweizer Rück (heute SwissRe) sausen lassen. Ich war neugierig, meine Lieblingsschule hinter der Kulisse und die Lehrerschaft aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen. h info: Sie haben 1969 hier zu arbeiten begonnen... Katharina Sigrist: Ja, ich habe hier im Sekretariat gearbeitet – mit einem dreimonatigen Abstecher nach Florenz –, bis 1973 mein erstes Kind zur Welt kam. h info: Man hat sich also an Sie erinnert. Waren Sie denn eine so herausragende Schülerin? Katharina Sigrist: Nein, das wahrscheinlich nicht gerade. Ich habe einfach ein Flair für Zahlen, damals schon – und kann gut mit Menschen umgehen. In der Schule hatte ich gerne Buchhaltung, Rechnungswesen oder Rechtslehre – was für viele ja ein Schreckgespenst ist – und war auch gut darin. Das hatte man vielleicht noch im Kopf, als man mich anfragte. h info: Worin hat denn Ihre Arbeit anfangs bestanden? Katharina Sigrist: Es gab vor allem Schreibund Organisationsarbeiten zu erledigen. Ich habe nach Diktat oder Stenogramm Briefe verfasst. Das gibt es ja heute nicht mehr in dieser Form. Was wir nicht selbstständig erledigen können, schreiben die Schulleiter meistens selber. Es gab zwar schon elektrische Schreibmaschinen, aber ich habe hier noch 1984 an einer alten Kugelkopfschreibmaschine gearbeitet. Da war es wichtig, sich vorher schon zu überlegen, was man wie einteilt, um ein gutes Layout zu erhalten. Denn man hat schon damals viel geschrieben: Abschlussprüfungen, Notenlisten, Promotionsbriefe oder Jahresberichte. Eine enorme Vereinfachung hat das Korrekturband bedeutet, mit dem man einzelne falsche Buchstaben oder Wörter hat korrigieren können. Aber das kann man sich heute wohl alles gar nicht mehr vorstellen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Kopiergeräte lange nicht selbstverständlich waren. Das war wahnsinnig teuer! Stattdessen gab es so h info: Woher kommt diese Faszination für Zahlen? Katharina Sigrist: Tja, das ist in meinen Genen. Ich habe zwar noch keinen Test gemacht, aber die Sache scheint mir ziemlich eindeutig (lacht). Zahlen liegen mir einfach mehr als Sprachen. Ich habe schon immer gerne mit Zahlen jongliert, und das auch in meinen ausserberuflichen Tätigkeiten. Ich habe privat Buchhaltungen für gemeinnützige Institutionen und Vereine geführt, in denen ich ehrenamtlich engagiert war. h info: Und wie ging es weiter, als Sie zum ersten Mal Mutter wurden? Katharina Sigrist: Als meine Tochter geboren wurde, habe ich gekündigt. So etwas wie Mutterschaftsurlaub gab es damals noch nicht. Ausserdem war für mich klar, dass ich jetzt erst einmal für die Familie da bin. Allerdings wurde ich 1984 – da waren die Kinder grösser und aus dem Gröbsten raus – erneut angefragt, wieder im Sekretariat der Kantonsschule Hottingen zu arbeiten. Ich habe mich in meinem Leben noch nie richtig bewerben müssen. Seither war ich durchgehend hier. 1984 habe ich mit ganz wenig Stunden angefangen und war ausschliesslich für das Rechnungswesen zuständig. Das war natürlich viel weniger umfangreich als heute, auch wenn man alles von Hand machen musste. Es gab kein Excel-Programm, Rechnungen oder Formulare wurden einzeln getippt – mit fünf oder sechs Durchschlägen – und wenn man einen Fehler machte, musste man halt noch einmal von vorne anfangen. Später habe ich das Pensum aufgestockt, je nach Bedarf der Schule; bei Engpässen (Krankheit) habe ich weit über 100 % gearbeitet. h info: Und wie hat sich die Arbeit während dieser Zeit verändert? Katharina Sigrist: In erster Linie hat der technische Fortschritt grosse Veränderungen mit sich gebracht. Als ich in den 80er-Jahren wiederkam, wusste ich schon theoretisch Bescheid über die Informatik. Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass ich mit meinem fortgeschrittenen Alter hier in der Schule je mit etwas anderem arbeiten würde als mit der Schreibmaschine. Und dann haben die Computer doch Einzug gehalten, was eine enorme Entlastung war, und mich hat das Interesse gepackt. Ich fand es spannend, eine Buchhaltung auf dem Computer zu führen und Excel-Tabellen mit Formeln zu erstellen. Heute ist das ganze System ja noch sehr viel elaborierter und raffinierter und verbindet alle möglichen Bereiche des Schulbetriebs. Wenn die Lehrpersonen die Noten eingeben (und nicht vergessen!), können diese im System abgerufen werden, was beispielsweise für das Erstellen der Zeugnisse und Notenlisten am Ende des Semesters sehr hilfreich ist. Früher haben wir die Zeugnisse ja noch selber von Hand geschrieben. Auch der Bereich der Korrespondenz hat sich verändert. Man kann Briefe und Vorlagen speichern, muss nicht mehr immer alles von Grund auf neu schreiben. Der Zeitaufwand hat sich in dieser Hinsicht deutlich verringert. Dafür gibt es viele andere Aufgaben. Ausserdem sind die Menschen anspruchsvoller geworden. Heute muss alles perfekt – und sofort – erledigt sein, nicht nur korrekt geschrieben, sondern auch tipptopp gelayoutet. Und am Ende wird’s doch nicht richtig gelesen, weil niemand mehr diese Zeit hat ob der Papierflut. h info: Ist das (Arbeits-)Leben schneller geworden? Katharina Sigrist: Das würde ich schon sagen, ja. Zumindest kann ich feststellen, dass der Betrieb viel unruhiger geworden ist. Wenn ich mich an meine erste Zeit hier erinnere... Ausser in den Pausen wurden wir praktisch nie gestört. Nicht durch Lehrer, nicht durch Schüler. Auch der Rektor hat bisweilen zwei bis drei Stunden ungestört in seinem Büro gearbeitet. Das ist heute unvorstellbar! Heute geht es zu und her wie in einem Bienenhaus. Es ist völlig normal, dass man in seiner Arbeit immer wieder unterbrochen wird durch Telefonanrufe, Schüler oder Lehrpersonen, die ins Sekretariat kommen und eine Auskunft oder sonst etwas wollen, was sie vergessen haben. Das ist manchmal schon anstrengend und zeitraubend. Aber wir sind nun mal ein Dienstleistungsbetrieb. Wir haben allerdings vor kurzem unsere Öffnungszeiten im Sekretariat eingeschränkt. Das hat zwar zu einigem Unmut geführt, entlastet uns aber ein wenig. «Heute sind wir fast eine grosse Familie.» h info: Sehen Sie noch weitere Veränderungen? Katharina Sigrist: Ja, der Umgang miteinander ist ein anderer geworden. Heute sind wir ja fast eine grosse Familie. Im Sekretariat sind wir ein kleines Team, es herrscht ein eher freundschaftlicher Umgang mit Schulleitung und Lehrerschaft, man ist grundsätzlich per Du – ausser mit den Schülerinnen und Schülern natürlich. Früher war das anders. Man hat sich gesiezt, der Rektor war eine viel grössere Respektsperson und wurde mit «Herr Rektor» angesprochen, entsprechend auch die Lehrpersonen. Was jetzt besser ist, ist müssig zu beurteilen. Es war einfach anders und mir gefällt es heute. h info: Es ist ja heute in unserer schnelllebigen Zeit, in der Mobilität und Veränderung für Fortschritt stehen, fast nicht mehr vorstellbar, sein ganzes Leben am selben Ort zu arbeiten. Wie geht das überhaupt? Katharina Sigrist: Zum einen habe ich mehrheitlich Teilzeit gearbeitet und hatte daneben viele andere Projekte, ehrenamtliche Tätigkeiten und Hobbys, die sehr abwechslungsreich waren, so dass mir gar nicht hat langweilig werden können. Und ich hatte ja auch immer noch die Familie: Ehemann, Kinder und inzwischen Enkel. Man kann gar nicht in allen Bereichen seines Lebens ständig Veränderung und Bewegung haben, oder nur im kleineren Rahmen. Zum anderen ist es hier im Sekretariat nie langweilig. Es läuft so viel. Die Arbeit ist abwechslungsreich, man hat Kontakte zu unterschiedlichen Menschen, muss im Moment reagieren und praktische Lösungen finden, wozu eine gesunde Portion Lebenserfahrung von Vorteil ist. Hier ist kein Tag ist wie der andere. «Hier ist kein Tag wie der andere.» h info: Gab es etwas, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Etwas besonders Positives oder Schönes? Katharina Sigrist: Es gab viele schöne Momente, an die ich gerne zurückdenke – und die ich wahrscheinlich auch vermissen werde. Ein Highlight, an das ich mich gerne erinnere, war ein Apéro mit der Schulleitung auf der Dachterrasse des Schulhauses. Aber eigentlich fand ich es immer schön hier. Es ist ein heimeliges Schulhaus, ein familiärer Betrieb, eine interessante Arbeit. Hier stimmt für mich (fast) alles. Deshalb wünsche ich dem Sekretariatsteam, der Schulleitung und der Lehrerschaft auch nur das Beste, dass die Schule nie stehenbleibt, sondern sich entwickelt und lebendig bleibt. Rektor Peter Stalder zum Abschied von Katharina Sigrist Am 29. März 1890 erschien im britischen Magazin «Punch» eine Karikatur mit dem Titel «Dropping the Pilot». Es zeigt den müden, abgespannt wirkenden Bismarck, wie er das Schiff verlässt. Katharina Sigrist wird nach den Sommerferien unser Schiff ebenfalls verlassen, während Kapitän, erster und zweiter Offizier immer noch auf der Brücke stehen. Natürlich kann ich Katharina nicht mit Bismarck vergleichen, das wäre zu gewagt. Allerdings geht mit ihr tatsächlich unser Lotse – oder besser: die Lotsin – von Bord. Als ehemalige Absolventin unserer «Handeli» (1964 – 67) und langjährige Sekretärin kennt sie den Betrieb wie kaum eine andere. Natürlich sind ihr alle Untiefen und Klippen bestens bekannt, welche unser Kahn Jahr für Jahr umschiffen muss. Ihr Know-how, ihre zielorientierte, pragmatische Arbeit haben namentlich mir als Kapitän manchen Maschinenschaden erspart. Zuweilen hat sie das Schiff – und das meine ich absolut nicht abwertend – mit sicheren Hausfrauenmethoden in den Hafen gefahren; das hat mich immer tief beeindruckt! Die unzähligen Überstunden, die sie zum Wohl unserer Schule geleistet hat und die der Zahlmeister (noch) nicht entschädigt hat, verdanke ich an dieser Stelle im Namen der Lehrer- und Schülerschaft von ganzen Herzen. Liebe Katharina – wie Du aus dem Geographie-Unterricht bei Güfli sicher noch weisst, wird sich die Erde weiterdrehen. Den Kurs unseres nun schlingernden Schiffes wirst hoffentlich weiterverfolgen – am besten von einer sonnigen Ferieninsel aus. • • 5 h info 02 / 2013 schülertext Das Blind-Date Ja, eine Freundin, das wäre schön, denkt er. von jan isler, g1a, 2012 Sie trug das Make-Up auf, doch ihre Hand zitterte wie bei einer alten Frau. Sie versuchte, sich voll und ganz darauf zu konzentrieren, doch ihre Gedanken kreisten nur um das eine: Was wird passieren? Wie soll ich mich verhalten? Wer wird es wohl sein? Mit einem Seufzer brach sie ihre Arbeit ab, legte sich auf das Sofa und las ein Buch. Wenigstens gelang es ihr bei dieser Beschäftigung, diese Gedanken ein wenig zu verdrängen. Nach nur zehn Minuten legte sie es aber schon wieder weg. Sie musste noch ein Kleid aussuchen und das restliche Make-up auftragen. Viele Kleider lagen in ihrem Schrank, doch alle fand sie in diesem Moment unpassend. Das Gelbe war zu grell, das Blaugrüne zu klein und das Schwarze schon gar nicht, sie wollte doch nicht wie ein Emo aussehen! Schlussendlich entschied sie sich für das Weisse. Also wurde es angezogen, es war viel zu eng und sie fühlte sich wie eine Sardine in der Dose. Trotzdem behielt sie es an, trug das restliche Make-up auf und sputete aus dem Haus – sie war schon sehr spät dran. Zack, der Gegner war umgelegt. Die Augen vollends auf den Bildschirm gerichtet, nur der Daumen bewegte sich. Die Kugeln, abgefeuert zum gleichmässigen Schlagen der Uhr. Er schaltete die Konsole aus, reckte sich, erhaschte einen Blick auf die Uhr und erschrak. Schon so spät! Jan Isler Hastig rannte er ins Bad und zog frische Kleider an. Auf einmal entdeckte er einen nie dagewesenen Pickel! Schnell holte er seine Anti-Pickel Salbe hervor und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Es würde eine Weile dauern, bis sie eingezogen war. Er hoffte, dass es innerhalb der nächsten halben Stunde geschehen würde, denn dann begann es. ES, das grosse Treffen, sein erstes Date überhaupt, besser gesagt: sein erstes Blind-Date. Dates hatte er schon viele gehabt, doch das war etwas Neues. Deshalb machte es ihn auch so nervös. Immer noch in Gedanken versunken ging er zur Tramhaltestelle. Mit einem lauten Quietschen stoppte der Bus. Sie stieg ein und besetzte den ersten freien Platz, den sie fand. Nervös zog sie immer wieder ihr Smartphone hervor. Eine Nachricht auf dem Display, das erhoffte sie sich. Worte wie: Es tut mir Leid, ich kann leider nicht. Doch die erhoffte Nachricht blieb aus. Wieso musste es so sein? Neue Leute waren abscheulich! So ein fremder Geruch und der Charakter, unberechenbar! Doch sie hatte es sich selbst zuzuschreiben, immer diese doofen Wetten! Also stieg sie wie geplant bei der abgemachten Haltestelle aus... Eine Ewigkeit verging, bis das Tram kam. Genug Zeit, um darüber Nachzuden- ken, in welcher Lage er sich befand. War es klug gewesen? Es dünkte ihn, je näher das Tram der Haltestelle kam, immer dümmer. Doch eine Freundin wollte er. So schnell wie möglich, denn alle hatten eine, und da er niemand Gescheiten kannte, musste er halt so zu seinem Ziel kommen. Ja, eine Freundin, das wäre schon toll, jemand, der immer für dich Zeit hat. Mit neuem Elan stieg er aus dem Tram und hoffte das Beste. Mit langsamen Schritten ging sie dem Sternen Café entgegen. Doofer Name! Niemand wartete dort, also sass sie an einen Tisch und las Zeitung, blickte jedoch immer wieder auf und bereitete sich auf die Ankunft des Blind-Date-Partners vor. Er kam dem verabredeten Treffpunkt immer näher. Von weitem sah er die Aufschrift Café Sternen. Der Name gefiel ihm. Dann schaute er auf die junge Frau die am Tisch sass, das Gesicht von einer Zeitung verdeckt. Sie legte die Zeitung weg, sah den Mann, der sie verdutzt anstarrte – und beide dachten sie: POTTHÄSSLICH! • 6 Anando Matic G1d, Schuljahr 10/11 Farbtonwerte Gouache auf Papier h info 02 / 2013 studientage h info 02 / 2013 studientage «Nicht nur alle drei Jahre, sondern jedes Jahr!» Sportliche Einblicke Parkour auf dem Lindenhof. Tango tanzen, 24 Stunden offline sein, die Orgel als Königin der Instrumente entdecken, das Sporttreiben in der Stadt Zürich kennenlernen oder Computerspielfiguren animieren. Diese und noch viele andere Einblicke wurden in den diesjährigen Studientagen vom 6. bis 8. Mai 2013 vermittelt. von sandra nussbaumer Tag 1 Wer die Kantonsschule Hottingen an diesem Montagmorgen um 8 Uhr betritt, dem zeigt sich ein eher ungewohntes Bild: Die Schülerinnen und Schüler sitzen noch nicht aufmerksam in ihren Schulbänken, sondern wuseln – teilweise noch etwas verloren – im Eingangsbereich umher. Einige tragen einen grossen Rucksack sowie einen Schlafsack mit sich, andere schleppen einen schweren Nähmaschinenkoffer herein, wieder andere stehen, mit Jogginghose und T-Shirt bekleidet, ungeduldig wartend herum. Das eigentliche Geschehen spielt sich in diesem Moment jedoch vor dem Tisch im Hochparterre ab: der Infozentrale. Tatiana Rampone und Laurenz Müller geben Auskunft über Kurse, Kursorte, Räume oder mitzubringendes (und vielleicht bereits schon zu Hause vergessenes) Material. Es wird klar, diese Woche findet kein normaler Schulbetrieb statt, sondern die Studientage zum Thema «Einblicke». Im Eingangsbereich ist eine Cafeteria eingerichtet worden. Sie wird sich in den nächsten drei Tagen zu einem zentralen Treffpunkt entwickeln. An diesem Morgen wird fleissig Kaffee ausgeschenkt, der Hunger hält sich noch in Grenzen. Eine Gruppe von Jungs ist – mehr oder weniger freiwillig – der Königin der Instrumente, der Orgel, auf der Spur. Auch wenn noch nicht alle gleich motiviert und begeistert sind, werden sie bis zum Ende dieser Studientage ihre musikalische Seite (wieder-) entdecken. 8 In der Aula werden die Schülerinnen und Schüler in die Welt des Tango Argentinas eingeführt, was dem Cafeteriateam dank der offenen Aulatür interessante Einblicke ermöglicht. Kaspar Gysel und Victor Ullate leiten diesen Kurs zusammen mit zwei erfahrenen Tangotänzerinnen, Carina Derrer und Katharina Meyer. Gelernt wird eine ganze Reihe von Schritten und Schrittfolgen: Cruzado, Ocho, Voleo, Gancho und Moulinette. Alle benannt nach der Bewegung, die die Frau mit ihren Beinen beschreibt. Die Moulinette beispielsweise heisst so, weil sich die Frau in einer Schrittfolge um den Mann dreht. Und der Mann? Der Mann führt. Bei vielen sieht das bereits nach ein paar wenigen Stunden ziemlich professionell aus. Sie bewegen sich aufrecht und stolz mit eleganten, fliessenden Bewegungen übers Parkett. Andere dagegen gehen noch etwas steif und mit einiger Distanz zum Gegenüber an die Sache heran. Einblicke in das Sporttreiben der Stadt Zürich gewinnen 5 Mädchen und 12 Jungs. Sie kommen gerade zurück von einer Runde Parkour auf dem Lindenhof. Beim Parkour wird jeweils der kürzeste Weg gewählt, um von A nach B zu kommen. Hindernisse, die sich dabei dem Läufer in den Weg stellen, müssen durch Springen oder Klettern überwunden werden: Treppen, Mauern, Zäune, Hecken, Parkbänke, vielleicht sogar ein Bushäuschen. Ein paar Mädchen haben leichte Schürfungen an den Beinen, ansonsten scheinen alle unversehrt und die Sache gut überstanden zu haben. Die 19 Jugendlichen, die die nächsten 24 Stunden offline sein werden, brechen am Mittag ins Pfadiheim Wassberg in der Forch auf – zu Fuss versteht sich und ohne elektronische Geräte. Am Vormittag sind sie einem Vortrag von Isabel Willemse, einer Psychologin und wissenschaftlichen Mitarbeiterin an der ZHAW, zum Thema Onlinesucht gefolgt. Die beiden IMS- Schüler Gabriel und Moritz zeigen sich allerdings etwas enttäuscht. Das Thema wurde ihrer Meinung nach nicht angemessen behandelt, denn es wurde nur mit Beispielen gearbeitet, die die gängigen Vorurteile bestätigen und die Klischees zementieren. «Wenn jemand über etwas urteilt, das er nicht selber kennt und erlebt hat, kann er letztlich keine überzeugenden Argumente liefern», kritisieren die beiden weiter. Und sie als Informatikmittelschüler müssen es ja wissen. Weitere Einblicke in ein spannendes Projekt erhält man im Zimmer 102. Hier werden Computerspielfiguren kreiert, denen durch die Entwicklung und Gestaltung von individueller Erscheinungsform, Fortbewegungsstil und Sprungbewegung Leben eingehaucht wird. Die Gruppe hat am Morgen zwei Entwurfsmethoden zur Entwicklung eigener Figuren kennengelernt und ist nun dabei, diese Figuren aus Plastilin, Karton, diversem Recyling-Material oder auch zeichnerisch anzufertigen. Tag 2 Es ist ruhig an diesem Morgen, für das Cafeteriateam fast ein bisschen zu ruhig. Viele Gruppen sind unterwegs und erhalten Einblicke in Unternehmungen und Produktionsprozesse, besuchen Botschaften oder erkunden Universitätsstädte. Auch die Orgel-Gruppe ist dabei aufzubrechen, zuerst zu einem Besuch ins Orgelmuseum Orgelsurium, dann zum Orgelbauer Metzler in Dietikon. Besonders Letzterer wird bei den jungen Herren einen ziemlichen Eindruck hinterlassen. Tango wird heute im Imbissraum getanzt, da die Aula anderweitig gebraucht wird. Wer sich aber zu den Tangueros runterwagt, der erhält mit etwas Glück einen Crashkurs und merkt: so einfach, wie es aussieht, ist es nicht. Wenngleich sich bei den ersten Tanzschritten sofort ein Gefühl der Erhabenheit einstellt, sind die Bewegungen bei Cruzado, Ocho und Voleo wohl auch eher steif als fliessend-elegant. Tangokurs Gelernt wird eine ganze Reihe von Schrittfolgen: Cruzado, Ocho, Voleo, Gancho und Moulinette. Computerspielfiguren animieren Aus Plastilin wird eine Figur modelliert. In Zimmer 102 erwachen die Gamefiguren langsam zum Leben: In zwölf Bildern muss eine lineare Laufbewegung, in vier Bildern eine Sprungbewegung dargestellt werden. Diese Visualisierung erfolgt fotografisch oder zeichnerisch mit anschliessendem Scan. Die Bildsequenzen werden dann mit einem Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet und als sogenannter «Runner» gelayoutet. Damit können die Figuren auf dem Bildschirm als Computerspiel überprüft und dahingehend verbessert werden, dass sie schliesslich spielbar sind. Es wird konzentriert gearbeitet. Einige besondere Cracks sind damit beschäftigt, eigene kleine Variationen des vorgegebenen Spielrasters zu kreieren. Gegen Mittag ist die Offline-Gruppe zurück. Gabriel und Moritz sind die 24 Stunden offline leicht gefallen, den anderen der Gruppe auch. Trotzdem haben sie ihre «Babys», wie einige ihre elektronischen Geräte beim Wiedererhalt liebevoll nennen, nach so vielen Stunden der Entbehrung gerne wieder an sich genommen. Rita Stierli und Katja Stadelmann ziehen eine positive Bilanz: «Der Mensch ist ein soziales Wesen, das andere Menschen braucht. Er kann sich nicht auf Dauer hinter elektronischen Geräten, Computergames oder dem Internet verstecken und sich abschotten von der Welt. Dies wurde für alle Teilnehmenden in diesen 24 Stunden spür- und erlebbar. Wir haben viel geredet, Geschichten erzählt und gelacht, Stadt-Land-Fluss und andere Spiele gespielt. Verschiedene Schüler haben Klavier gespielt und uns wunderbar unterhalten.» Sie würden einen solchen Selbstversuch wieder machen – jedoch während 48 Stunden und mit gewissen Einheiten, bei denen jeder für eine bestimmte Zeit nur mit sich allein ist. Auch sportliche Einblicke werden heute wieder gesammelt. Nach einem Besuch des FCZ-Museums, hatten die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit die erste Mannschaft des FCZ beim Training vor dem bevorstehenden Spiel gegen den FC Basel zu beobachten sowie die Möglichkeit Trainer und Konditionstrainer anschliessend mit Fragen zu löchern. Am Abend nun steht ein besonderer Leckerbissen auf dem Programm: Unterwasserhockey. Ausgerüstet mit Taucherbrille, Schnorchel, Flossen und natürlich einem Stock soll der Puck für einmal zwei Meter tief unter Wasser ins Goal befördert werden. Das ergibt zumindest in der Vorstellung ein lustiges Bild. Tag 3 Im Gegensatz zum zweiten Tag geht es an diesem dritten und letzten zu und her wie in einem Bienenstock. Alle Gruppen sind im Haus und es herrscht reger Betrieb. Die letzten Vorbereitungen für die Präsentationen am Nachmittag werden getroffen und in der Aula erscheinen die Gruppen im 10-Minuten-Takt zum Probendurchlauf für den Nachmittag. Das fördert natürlich auch das Geschäft in der Cafeteria. Unzählige z’Morgenbrötli, Pausensandwiches und Mittagssnacks gehen über die Theke. Das Unterwasserhockey vom Vorabend ist eine tolle Erfahrung gewesen. Die Stockführung hat sich zwar als nicht ganz einfach erwiesen, dafür freuen geschossene Tore doppelt. An diesem Vormittag hat die Gruppe die Volleyball-Academy besucht und einen Einblick erhalten in den Alltag von 13–15-jährigen Athletinnen. Auch wenn diese Mädchen mehr als Spitzenfussballer trainieren, gelingt es ihnen, Sport und Schule unter einen Hut zu bringen. Eine bemerkenswerte Leistung. Ab Mittag werden in der Aula Einblicke in die gewonnenen Erfahrungen gewährt. Die Offline-Gruppe gibt in einer Powerpointpräsentation Auskunft über aufgefrischte und neu gewonnene Erkenntnisse. Neben Tango werden orientalischer Tanz, Latin Dance und Salsa getanzt. Zuvor vielleicht noch etwas steif wirkende Bewegungen sind nun anmutig, grazil und geschmeidig. Es ist schön zu sehen, was in zweieinhalb Tagen alles möglich ist! Zwei Stücke aus einem Musical werden ebenfalls zum Besten gegeben. Die Orgeljungs zeigen in einem kurzen Konzert, bei dem jeder eine Orgelpfeife spielt, was sie gelernt haben. Später wird – im Stil der Sendung «Arena» – eine Debatte über die Freigabe von Cannabis geführt. Und schliesslich beeindrucken sechs junge Damen mit ihren Sommerkleidern, die sie sich während der letzten zweieinhalb Tage geschneidert haben, in einer Modenschau. Einige Gruppen präsentieren die Ergebnisse ihrer Arbeit auf Plakaten, die im Hochparterre zu bestaunen sind. Auch in den Schulzimmern finden Präsentationen statt. Im Zimmer 102 lassen die Besucherinnen und Besucher die Gamefiguren durch die virtuelle Welt eines Computerspiels gehen und sammeln Punkte. Gewinner ist jeder beziehungsweise keiner. Man spielt ja quasi gegen sich selbst. Die diesjährigen Studientage waren ein voller Erfolg. Das zeigen nicht nur die Präsentationen, sondern vor allem auch die strahlenden Gesichter. Gegen Ende des Nachmittags nähern sich denn auch zwei junge Damen der Cafeteriatheke, an der Prorektor Hans Suter arbeitet, und fordern: «Solche Studientage darf es nicht nur alle drei Jahre geben, sondern jedes Jahr!» • 9 «Close-up» / Ölmalerei Fach Bildnerisches Gestalten Im Ergänzungsfach Bildnerisches Gestalten malten die Schülerinnen und Schüler mit Ölfarbe auf Leinwand ein «Close-up», welches zwischen Figuration und Abstraktion pendelt. (Bild: Patricia Koch) h info 02 / 2013 stores & stories arbeitswochen Ein Café so bunt wie eine Wundertüte Von Emanuele Di Lorenzo und Vivienne Schäublin Im „Chez Andy“ gibt es neben gutem Kaffee, auserlesenen Tees und leckeren kleinen Mahlzeiten auch Kunst und Kultur zu entdecken. Das originelle „Chez Andy“ steckt voller Überraschungen und kreativer Einzelstücke. _______________________________ Bei der Umnutzung kümmerte sich Andy aber zu wenig um die Vorschriften des Kantons, sodass sein Café ein illegales war. Als die Nachbarn reklamierten, musste es geschlossen werden. Zwischen dem Hottingerplatz und dem Es folgte eine sich über sieben Jahre hinzieKinderspital liegt das wohl ungewöhnlichs- hende Gerichtsverhandlung, während der te Café der Stadt Zürich. Eine Kette aus Andy an seinem Traum festhielt. In der Zeit farbigen Glühbirnen ziert das Häuschen; bis zur legalen Neueröffnung arbeitete er an das Velo auf dem Dach und die bunten vielen verschiedenen Orten: Selbstständig, Gartentische machen auf das Lokal auf- auf dem Bau, in Bars, Restaurants und merksam. Es wirkt gemütlich, präsentiert anderen Cafés, wo er einige Erfahrungen sich in einem künstlerischen und individu- sammeln konnte. Im Herbst 2011 durfte er ellen Stil voller liebenswerter Details. Dafür sein Café endlich wieder eröffnen, unter der steht auch die zusammengewürfelte Ein- Bedingung, keine laute Musik laufen zu richtung: Kein Tisch und kein Stuhl gleicht lassen und nur bis 19 Uhr geöffnet zu dem anderen. Eintretende umhüllt sofort haben. Auch das neue schweizerische ein leichter Duft aus Kaffee und Käse. Eine Rauchverbot galt es von da an einzuhalten. kleine Treppe führt hinunter zu zwei Tischen des Cafés, eine andere bringt den Als wir mit ihm zusammen an einem TischGast auf eine erhöhte Etage. Dort oben steht chen sitzen und einen Tee trinken, erfahren wir mehr über Andys Lebenssiein weiteres farbiges Gartuation. Er hofft, bis in zwei tentischlein. Mit seinen zehn „Ich möchte, Jahren aus dem Verdienst Plätzen ist dieses Lokal dass alle, die seines Cafés die Familie finaneinzigartig und ungewöhndas Café verzieren zu können. „Es wird lich klein. lassen, zufrieaber immer schwierig sein, den sind“ vom Café zu leben“, meint Es ist sein Elternhaus, in Andy. Darum engagiert er sich dem Andy Grenacher, der ________________ auch in anderen Berufen, zum 29-jährige Wirt, sein Café betreibt. Hier lebt er mit seiner Frau, der 18 Beispiel momentan im Club Helsinki. Seine Monate alten Tochter und seinem Bruder. Frau arbeitet regelmässig als TangolehreIn ein paar Wochen werden sie ein weiteres rin, Zeichnungslehrerin und Grafikerin. Sie gestaltet auch die Webseite des „Chez Kind bekommen. Die Atmosphäre im Café „Chez Andy“ ist Andy“. angenehm und gemütlich. Einige Gäste Als Betriebskapital brauchte Andy am unterhalten sich, andere lesen Zeitung. Anfang nicht mehr als 2000 Franken, um Neben Kaffee und speziellen Tees wie Getränke einzukaufen. Er machte sich keine Links: von oben nach unten: Die Monsterkiste, Der Kofferladen, Aussenansicht , Die Theke einem griechischen Bergtee bietet Andy Sorgen, dass das Geschäft nicht gut laufen Rechts: Der Eingang zum Elternhaus mit Andy, an die Türe des „Chez Andys“ angelehnt wechselnde Tagessuppen, kalte Plättli, könnte. Sein Motto lautet: „Einfach maChèvre-chaud auf Salat, Croque Monsieur chen“, man dürfe nicht so viel nachdenken sie für die Kinderecke des Ladens Kinder- Karikaturen. Die nächste Vernissage findet und Chässchnitten an. Sein Tagesablauf ist und sich ständig sorgen. Andys Ziel ist es mützen, Finken, Häschen und Höschen am 19. April von 17 bis 22 Uhr statt, gezeigt stark vom Café-Betrieb bestimmt. Mehr- nicht, viel Geld zu verdienen. „Ich möchte, strickt sowie Spielsachen und Alltagsgegen- werden Polaroids von Oliver Zenklusen. mals wöchentlich sucht er auf dem Markt dass alle, die das Café verlassen, zufrie- stände mit kreativen Motidie besten Produkte für seine kleinen den sind“, sagt er. Den Weg zurück zu ven zum Verkauf anbietet. Andy hat durch seine „Eis vo de beschte Spezialitäten aus. Sobald er zu Hause einem guten Ruf zu finden und Anerken- Manches erinnert da an umtriebigen TätigkeiCafés vo Züri, Flohmarktstand. angekommen ist, beginnt er die Tagessuppe nung zu erlangen, war für Andy nach der einen ten viele Leute kennenschribed das nume !“ und die Kuchen vorzubereiten. Seine Schliessung des illegalen Cafés nicht immer Besonders auffallend ist die gelernt; einige der ________________________ Gerichte sind alle selber gemacht. Bis um leicht gewesen. Doch seine Ausdauer und sogenannte Monstertruhe, in Gäste sind zu richtig halb sechs abends bedient er seine Kunden. Liebe, die er in das Café investiert, zahlen der alle möglichen Monsterguten Freunden geSobald das Lokal leer ist, muss er noch sich nun im Lob der Kunden aus. „Eis vo de artikel verkauft werden: Monsterhefte, worden. Er macht seine Arbeit gerne und putzen und aufräumen sowie regelmässig beschte Cafés vo Züri, schribed das Karten, Magnete, Badges, Aufkleber und nimmt sich Zeit, um mit der Kundschaft zu die Bestellungen für Tee, Kaffee oder nume“, meint ein Stammgast, als wir an sogar Fingerpuppen in der Gestalt meist reden. „Als Beizer höre ich viele Geliebenswerter Monster, die Karin selber schichten, auch solche, die ich lieber gar andere Getränke erledigen. Wenn seine ihm vorbeigehen. entworfen und produziert hat. Frau abends auswärts arbeitet, passt Andy nicht wissen möchte“, gesteht Andi. Zu auf die kleine Tochter auf. Manchmal ist er Die Grenachers haben verschiedene Standseiner Kundschaft zählen Mütter, die für auch im Club Helsinki bis um zwei Uhr beine, um ihren Lebensunterhalt zu verdie- Produkte aus dem Koffer und die Galerie eine Pause aus dem Kinderspital zu ihm nen, das ist auch im „Chez Andy“ zu entde- Mit dem „Lädelchen“, in dem man gerne kommen. Sie bringen oft Sorgen um ihre nachts als Aushilfe tätig. cken. Wer das Café durchquert und eine herumschnuppert und viel Kreativität kranken Kinder mit und möchten mit Die Idee und Umsetzung des Cafés kleine Treppe hinuntersteigt, steht zwi- antrifft, ist die Überraschung aber noch jemandem darüber sprechen. Andy nimmt Andy hatte schon seit seiner Lehre als schen vielen alten Koffern, die geöffnet und nicht fertig. Vom Kofferladen aus führt eine sich Zeit für sie: „Ich muss sie wieder Landwirt den Traum, ein Café zu führen mit abgepackten Teigwaren, Tomatensau- weitere, etwas versteckte Treppe in einen ufpäppele“. Auch aus der Nachbarschaft zweiten Kellerraum: in die kommen Kunden, von denen er schwierige und damit selbständig zu sein. Vor neun cen, Öl, Wein und Kaffee Zeichengalerie Grenacher. Geschichten erfährt, die ihn dann selbst Jahren eröffnete er sein erstes Café am gefüllt sind. Auch Zür„Einfach machen!“ Diese Oase der Kunst hat Andy belasten. gleichen Ort wie das heutige, im Vorbau des cher Honig ist zu finden. ____________________ von seinem Vater übernomElternhauses. Darin war vor 60 Jahren noch Hier im Kofferladen men. Sie ist schon über 40 Das „Chez Andy“ hat im Vergleich zu vielen eine Dachdeckerwerkstatt eingerichtet werden Produkte vergewesen, doch bereits Andys Vater hatte kauft, die in der nahen Verwandtschaft oder Jahre alt. Früher befand sie sich an der anderen durchgestylten Cafés in Zürich begonnen, den Raum umzubauen. im Freundeskreis hergestellt worden sind. Freiestrasse in Zürich, aber Andy hat jetzt Platz für persönliche Geschichten. Andy pflegt alte Traditionen, wie die Galerie aus Andys Frau Karin hilft ebenfalls mit, indem alles bei sich unter einem Dach vereint. In dieser Galerie wird kleinen Künstlern, Vaters Zeiten, andererseits hat er auch eine gelegentlich aber auch bekannten Grössen moderne, innovative Internetseite aus Kunst und Kultur die Chance gegeben, (www.hofstrasse.com) als Visitenkarte. ihre Arbeiten dem Publikum zu präsentie- Man weiss nicht genau, ob das Café mit den ren. 7- bis 8-mal jährlich werden Vernissa- vielen selbst hergestellten Sachen in der gen veranstaltet. Häufig sind bekannte Zeit stehen geblieben oder ihr schon wieder Schriftsteller, Journalisten oder weitere weit voraus ist. Eines aber ist sicher: Das illustre Gäste wie Zürcher Stadträte an der vielseitige „Chez Andy“ ist vollkommen Ausstellungseröffnung anwesend. Auch hier unkonventionell. Die Grenachers werden stehen verschiedenfarbige Gartentischlein dank ihrer Kreativität und Flexibilität sicher im Raum und dazwischen ein Klavier, auf auch in Zukunft mit neuen Projekten und dem manchmal an Vernissagen gespielt Produkten aufwarten, die das kleine Café wird. Momentan präsentieren Ruth und auf spannende und einzigartige Weise zur Charles Lewinsky eine Ausstellung über Wundertüte machen. Künstlerische Eingangsgestaltung Projektarbeit «Stores & Stories», Reportagen Emanuele Di Lorenzo, Vivienne Schäublin H1b, Schuljahr 2012/13 12 h info 02 / 2013 Arbeitswochen der ersten Klassen Wir und die Schweiz maulana afshar shad, robin messmer, i1a Eine wunderbare Woche verging im idyllischen Emmental. Auch wenn das Wetter nicht zu unseren Gunsten stand, kamen Spass und Freude nicht zu kurz. Sumiswald bot uns ein reiches Spektrum an schweizerischer Kultur. Am Tag der Hinreise besuchten wir in Burgdorf das Kunstmuseum, das zu Ehren von Franz Gertschs weltweit bewunderten Werken errichtet wurde. Inspiriert von Mutter Naturs Ästhetik und dem persönlichen Ehrgeiz zur authentischen, bildlichen Darstellung, kreierte Herr Gertsch äusserst tiefgründige und komplexe Werke, mit denen er ein multikulturelles Publikum in seinen künstlerischen Bann zog. Am Nachmittag checkten wir in das grossräumige Sporthotel «Forum» ein. Es überraschte uns mit seinem breit gestreuten Angebot an Sportaktivitäten. Speise und Logis waren nach unserem Geschmack und so lebten wir uns unter den besten Bedingungen ein. Abseits des urbanen Lebens erlebten wir die Schweiz, wie sie gerne in Reiseprospekten dargestellt wird. Ländlich, herzlich und altmodisch. Die erste Begegnung mit der schweizerischen Kultur hatten wir in einer Schwinger Trainingshalle. Kraftvolles und technisches Vorgehen sind in dieser Sportart ein Muss. Ziel ist es, den Rücken des Gegners vollständig durch kräftige Schwünge auf die Sägemehlebene zu bringen. Am nächsten Tag begaben wir uns in die allererste Produktionsstätte des Emmentaler Käses. In dieser Gegend wird der Käse speziell für Touristen noch in alter Handwerkskunst hergestellt. Die Raffinesse der Käsezubereitung wurde uns von einem alten Käsehasen genauestens erklärt und vorgezeigt. Wir hatten das einmalige Vergnügen, bei der Zubereitung unseres eigenen Emmentaler Käses mitzuwirken. Nachdem sich die Woche dem Ende zu neigte, verliessen wir mit einer leicht verspürten Trauer das ruhige Emmental. Doch wir gingen mit einem enormen Zuwachs an Wissen über die schweizerische Tradition nach Hause. • Innovation im Toggenburg marlene schmidt, simon frey, g1f Was still steht, ist tot – eine stetige Weiterentwicklung ist mit wirtschaftlichem Erfolg eng verknüpft. Die Entstehung neuer Ideen bedingt Kreativität. Wiederum können neue Ideen durch den internationalen Austausch von Wissen stetig verbessert und populär gemacht werden. Als gemeinsames Kommunikationsmittel dient dabei die Sprache Englisch. Bekanntlich soll Not erfinderisch machen. Während das Toggenburg im 18. Jahrhundert im Zuge der Frühindustrialisierung noch als Vorreiter des wirtschaftlichen Aufschwungs gerühmt wurde, eilt ihm heute der Ruf als wirtschaftsarm voraus. Auf den Spuren innovativer Ideen nutzte die Klasse G1f die Arbeitstage, um einen Blick auf unseren ländlichen Nachbarn, eben das Toggenburg, zu werfen. Die SchülerIinnen und Schüler besuchten Unternehmungen der Industrie, Landwirtschaft und des Tourismus: • Haben Sie gewusst das Ihre CandidaZahnbürste, Ihr Migros-Budget-Besen und Ihre WC-Bürste im toggenburgerischen Ebnat Kappel produziert werden? Wir haben über das 100-jährige Unternehmen, welches nebst der Produktion fürs Inland ebenfalls Luxusprodukte für ferne Länder wie Japan und Australien produziert, gestaunt. • Wie kann ein Bauer mit 30 Milchkühen und einem Milchpreis von knapp 50 Rappen seine finanzielle Existenz sichern? Wir lernten bei der Exkursion auf dem Bauernhof von Herrn Roth einen jungen Mann und Geschäftsführer kennen, der 30 Hektaren Land gepachtet, einen Stall Schadenskizze Thomas Zeltner, G1d im Wert von einer Million Schweizer Franken gebaut und mit modernster Computer-Technik die Prozesse der Milchwirtschaft optimiert hat. • Wird das Restaurant Chäserugg ab dem Sommer 2015 zum Zürcher Ausflugsort schlechthin? Geschäftsleiterin Frau Eppenberger überzeugte uns. Sie will in Zusammenarbeit mit den Stararchitekten Herzog & De Meuron und dem Skispringer Simon Ammann ein prestigeträchtiges Restaurant bauen, mit welchem das Toggenburg den Nah-Tourismus für sich gewinnen kann. Als ehrenwürdiger Abschluss der Arbeitstage jurierte Frau Eppenberger die von den Schülerinnen und Schülern designte Tischgestaltung. Nach Hause gehen durften alle als Gewinner! Innovation bleibt für die G1f kein leeres Wort mehr, sondern wird als Notwenigkeit für das wirtschaftliche Bestehen verstanden. Die Einblicke in die verschiedenen Gewerbe und die Begegnungen mit UnternehmerInnen aus dem Toggenburg verdeutlichte uns in eindrücklicher Weise, dass Innovation nicht nur durch den internationalen Wettbewerb, sondern auch durch die Dringlichkeit zu überleben motiviert sein kann. • Unternehmenskommunikation alex dübendorfer, diana wyder und gaius d'uscio, g1d Der Themenbereich Unternehmenskommunikation führte die G1d nach Bern zur Mobiliar-Versicherung. Neben einigem Versicherungswissen wurden insbesondere die interne und die externe Kommunikation in Form von praktischen Übungen vorgestellt. So konnten sich die Schüler anhand der druckfrischen Mitarbeiterzeitung in Blattkritik üben und das Druckerzeugnis zuhanden der verantwortlichen Produzenten nach bestimmten Gesichtspunkten beurteilen. Schweizweit bekannt ist die Werbung der Mobiliar mit den Schadenskizzen. Eine Jury der Mobiliar sichtete die von den Schülern im Rahmen eines Wettbewerbes skizzierten Ideen für neue Schadensskizzen. Prämiert wurde schliesslich die Idee von Thomas Zeltner, welche von der Mobiliar sogleich auf Facebook aufgeschaltet und von verschiedenen Usern kommentiert wurde. • 13 h info 02 / 2013 forum kontraste h info 02 / 2013 forum kontraste Von Kuhschweizern und Sauschwaben Vanessa Matthiebe, Prof. Joseph Jung und Prof. Christoph Mörgeli diskutieren über die ambivalente Beziehung von Schweizern zu Deutschen. von barbara ingold Die zweite Podiumsveranstaltung unserer Forumsreihe Kontraste zum Thema Schweizer und Deutsche eröffnete die Theatergruppe der Kanti Wiedikon mit einer Kurzfassung ihres Erfolgsstücks Integrationskurs von Maja Hermann. Die witzige und auch gesanglich beeindruckende Darbietung zeigte, wie sehr sich Deutsche verbiegen müssen, wollen sie in der Schweiz nicht nur toleriert, sondern auch integriert und damit akzeptiert sein. Mögen wir die Deutschen? Jein. Zwar hat heute wohl jeder deutsche Freunde und Arbeitskollegen – und die sind in der Regel auch ganz in Ordnung – trotzdem scheint sich das Stereotyp vom vorlauten, forschen und autoritätsgläubigen Teutonen hartnäckig zu halten, ja sogar regelrechten Hass zu nähren. Welchen Anfeindungen deutsche Zuwanderer zuweilen ausgesetzt sind, bezeugt ein erschütterndes Email mit Schweizer Absender an die Adresse von Frau Matthiebe, Präsidentin des Deutschen Vereins Zürich. Der menschenverachtende Wortlaut dieses Schmähschreibens ist eines Zitats unwürdig, doch er brachte deutlich zum Ausdruck, wie tief die Animosität gehen kann. Wo liegen die Wurzeln der Feindseligkeit, die solche Blüten treibt und vielen Deutschen die Integration in der Schweiz erschwert? 14 Dieser Frage wollten die beiden Historiker auf den Grund gehen. Prof. Jung, Historiker mit Spezialgebiet Schweizer Kulturgeschichte, beleuchtete in einem historischen Exkurs die Beziehung zu Deutschland – mit positiver Bilanz: 1848 war die Schweiz eine unabhängige Republik umgeben von Monarchien. Sie hatte als einziges europäisches Land die liberale Revolution geschafft, was u.a. zu einer ersten Flüchtlingswelle führte und die Takeoff-Phase der industriellen Entwicklung initiierte. Bahnen, Banken, die Gründung der ETH – all das wäre ohne deutsches Know-how nicht möglich gewesen. Auch deutsche Unternehmer wie zum Beispiel Henri Nestlé legten den Grundstein für Weltkonzerne. Die rasante Erfolgsgeschichte der Schweiz vom Armenhaus Europas zum prosperierenden Nationalstaat begann also mit deutscher Einwanderung. Immer wieder kam es zu kriegerischen Intermezzi und Krawallen mit Deutschland, doch im Ersten Weltkrieg lagen die Sympathien der Schweizer eindeutig bei Deutschland. Im Zweiten Weltkrieg und seinem Flüchtlingsdrama gingen viele dieser Sympathien verloren, aber auch in der Nachkriegszeit zeigten sich viele Schweizer solidarisch. Historiker und SVP Nationalrat Prof. Mörgeli wollte die fruchtbaren Beziehungen zu Deutschland auch gar nicht in Abrede stellen, hingegen das latente Unbehagen Deutschen gegenüber ins Zentrum der Debatte rücken. Dieses habe nämlich nicht erst mit dem Zweiten Weltkrieg begonnen, sondern bereits im 17. Jh. mit der Abspaltung der Eidgenossenschaft vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Westfälischen Frieden von 1648. Der unabhängige Kleinstaat wollte sich nach dem Schwabenkrieg dezidiert vom grossen Nachbarn distanzieren. Heute sind wir zwar weit entfernt von der da- maligen Feindseligkeit, aber wir grenzen uns nach wie vor ab, die Abwehrhaltung blieb bestehen. Ob Antipathien sich tatsächlich über 350 Jahre im kollektiven Unterbewusstsein zu halten vermögen? Zumindest Rektor Stalders BegrüssungsAnekdote scheint diese These zu bestätigen: Neulich als Beifahrer eines deutschen Bekannten wurde er Zeuge einer ihm ziemlich peinlichen Szene, als der Deutsche nämlich einen zu langsam anfahrenden Automobilisten mit Schweizer Nummer lauthals mit Kuhschweizer! betitelte – was dieser jener prompt mit Sauschwabe! quittierte... Aufgefordert, etwas zur Situation an den Universitäten zu sagen, knüpfte Prof. Mörgeli seinerseits im 19. Jh. an, der Zeit, als die ersten Schweizer Unis gegründet wurden. Zuvor hat man in Deutschland studiert und natürlich waren am Anfang auch die meisten hiesigen Professoren Deutsche, einige von Weltruf. Das ging damals gar nicht anders. Heute jedoch hätten wir aber das Problem, dass in Deutschland (und anderen europäischen Ländern) zu viele Akademiker ausgebildet würden. Mit einer Abiturientenquote von 50% (in Frankreich 70%!) generiert Deutschland einen Akademikerüberschuss, der sich angesichts des angespannten Arbeitsmarkts nun auch in die Schweiz ergiesse. Keine einzige deutsche Uni liegt in den Rankings über der Uni Zürich – weshalb werden also fast nur noch Deutsche berufen? Prof. Mörgeli ortet den Grund dafür in Seilschaften deutscher Professoren, die lieber ihre eigenen Landsleute als Schweizer auf Lehrstühle berufen, was weder dem Schweizer Nachwuchs noch der angeblich angestrebten Internationalisierung der Fakultäten besonders förderlich sei und an den Hochschulen für erhebliche Irritation sorge. Es fehlt nicht an Schweizer Nachwuchs – er wird einfach abgeblockt und am Ende meist der deutsche Kandidat gewählt. Unserem akademischen Nachwuchs, gab Prof. Mörgeli jedoch zu bedenken, fehle es an Biss und Durchhaltevermögen. Viele wählen lieber den bequemeren und lukrativeren Weg in der Praxis, wo die Gehälter höher sind. Aber sind wir denn nicht dringend auf deutsche Arbeitskräfte angewiesen? Es kommen ja nicht nur Akademiker in die Schweiz. So fehlen zur Zeit zum Beispiel rund 700 Kranführer. Prof. Mörgeli vertrat den Standpunkt, dass man gewiss Zuwanderung brauche, aber kontrollierte. Das mit den Kontingenten habe immer gut geklappt, problematisch sei lediglich die ungebremste Zuwanderung. Economie Suisse behaupte zwar immer noch, dass die Personenfreizügigkeit ein Segen für die Wirtschaft sei, doch sei dies kurzfristig gedacht. Unter dem Strich profitieren die Firmen sehr wohl, nicht aber der Einzelne, der langfristig keine Steigerung der Lebensqualität sieht, denn die Zuwanderung führt zu höheren Mieten und tieferen Löhnen. Deutsche kommen natürlich gerne in die Schweiz, wo die Lebensqualität eben um einiges besser ist als in Deutschland. Und es kommen natürlich auch weniger Qualifizierte. Doch gerade auf dem Bau oder im Gastrogewerbe verdrängen diese bereits ansässige Ausländer, die dann im Sozialsystem landen. Ob wir sie nun brauchen oder nicht – weshalb tun wir uns so schwer damit, sie zu mögen? In einem der vom Wiediker Integrations-Chörli vorgetragenen Volkslieder heisst es doch: Han es Härzeli wie nes Vögeli darum lieben i so ring... Frau Matthiebe beklagte, dass noch immer gerne die Nazikeule geschwungen würde, wenn Schweizer Deutsche beschimpfen. Prof. Jung hingegen fand, dass die kriegsbedingte Antipathie in den letzten Jahren stark zurückgegangen sei. Als Schaffhauser erinnert er sich gut daran, wie sie als Jugendliche im Fussball prinzipiell immer gegen die Deutschen waren. Sein Sohn hingegen sei ohne weiteres auch mal für die Deutschen – die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs seien also nicht mehr so stark. Prof. Mörgeli bestätigte diese Beobachtung; sein Vater habe ihn als Kind jeweils gewarnt, wenn er mit einem deutschen Nachbarskind spielen wollte, er solle sich ja nicht verdeutschen lassen. So etwas sage heute kein Mensch mehr. Wenn aber ein Peer Steinbrück der Schweiz mit der Kavallerie drohe, dann wecke das Reminiszenzen. Offene Anfeindung im Alltag setzten einem jedenfalls schwer zu, meinte Frau Matthibe – was Prof. Mörgeli nur zu gut nachfühlen konnte, es gehe ihm als SVPPolitiker auch so – dabei wollen die Deutschen doch nur hier arbeiten, hier sein. «Ja, sie kommen und nehmen uns mit offenen Armen in Empfang, nur wollen wir das nicht», meinte Prof. Mörgeli. Die Deutschen würden die Schweiz als eine Art Bundesland betrachten und das irritiere. Sie sind sich der kulturellen Unterschiede zu wenig bewusst; dass man hier weniger forsch auftritt, dass die Hierarchien in der Arbeitswelt viel flacher sind, die Autoritätsgläubigkeit an einem kleineren Ort ist. Ein weiterer wunder Punkt ist sprachlicher Natur, da waren sich alle einig. Prof. Jung gab zu bedenken, dass da Schweizerdeutsche eben weit mehr sei als bloss ein weiterer deutscher Dialekt: In Deutschland gibt es die Hochsprache, in der Schweiz nicht. Wir brauchen etwas, worüber wir uns definieren können, und das sei, zumindest in der Deutschschweiz, in erster Linie die Mundart. Zudem sei das Hochdeutsche bei vielen Schweizern mit negativen Konnotationen belastet, gab eine Zuhörerin zu bedenken. Man lerne es in der Schule, es sei mit Autorität verbunden, und es sei einfach mühsam, wenn man sich im eigenen Land sprachlich immer den Deutschen anpassen müsse. Sogar Roger Schawinski, erzählte Prof. Mörgeli, habe sich neulich enerviert, als ihm auf dem Weg in die Skiferien nach einem deutschen Taxichauffeur, deutschen Zugkondukteur, deutschen Busfahrer und deutschen Gondelkassieren schliesslich auch noch am Skilift ein Deutscher in breitem Sächsisch erklären wollte, wie er die Skis anzuschnallen habe. Frau Matthiebe wiedersprach in diesem Punkt: Keiner erwarte, dass die Schweizer sich anpassten. Es sei doch selbstverständlich, dass ein deutscher Einwanderer das Schweizerdeutsche verstehen sollte und es sei auch nicht unhöflich, wenn man Schweizerdeutsch mit ihnen spreche. Vielleicht ist das Problem ja auch gar nicht, dass die Deutschen des Schweizerdeutschen nicht mächtig sind, sondern dass die Schweizer das Hochdeutsche nicht besser beherrschen. Ein Zuhörer mutmasste, dass nämlich nicht zuletzt unsere hochsprachliche Unterlegenheit zu einem Abwehrreflex führe. Was deutsche Einwanderer von allen übrigen Ausländern unterscheide, sei doch, dass sie nicht nur gut Deutsch können, sondern besser als wir. Während man sich als Schweizer dem Italiener, Portugiesen oder Jugoslawen automatisch überlegen fühlt – denn der soll erst mal Deutsch lernen! – fühlen wir uns dem Deutschen sprachlich unterlegen. Und das irritiert. – Eine bestechende Argumentation, zu der mir die Aussage jenes Herrn aus der S-Bahn in den Sinn kommt, den ich neulich zu seinem Kollegen habe sagen hören: «Aso mir sind d’Jugos im Fall langsam richtig sympatisch – die schnurred wenigschtens nöd Hochdütsch!» Sollten die Deutschen ihr Glück also besser im Tessin oder der Romandie versuchen – auf Italienisch oder Französisch, wohlgemerkt? Nun kann man den Deutschen ihre Eloquenz eigentlich nicht zum Vorwurf machen. Aber vielleicht nützt es ja doch was, wenn sie die Tipps aus dem Integrationskurs des Cabaret-Theaters beherzigen und sich in der sogenannten ‹Flüstermeditation› üben, d.h. jeden Morgen zehnmal langsam und leise das Mantra wiederholen: «Ich bi nüüt und ich cha nüüt.» – Damit irritiert man die Grundbefindlichkeit der Schweizer garantiert weniger... • 15 h info 02 / 2013 h info 02 / 2013 kolumne öko-logisch! Reisen kann so erhellend – und so deprimierend sein! Was grünt so grün da draussen? Die Bäume im Park der Kantonsschule Hottingen In den Frühlingsferien in Sabah, wo ums Überleben der letzten Zwergelefanten gekämpft wird. von barbara ingold Ich bin schon immer gern gereist, wohl weil meine Eltern mir dies bis zur Volljährigkeit weitgehend vorenthalten hatten, zumindest was Ferien ausserhalb der Landesgrenzen betrifft. Die vielen inspirierenden Bekanntschaften und lehrreichen Erfahrungen, die ich dabei machen konnte, empfand ich stets als perfekte Ergänzung zur akademischen Bildung – Anschauungsunterricht sozusagen. Auf einer meiner Interrailtouren Mitte 80er-Jahre lernte ich zum Beispiel Cathrin Schröder aus der DDR kennen. Sie brachte mir in den Jahren bis zum Mauerfall den realexistierenden Sozialismus in all seinen Facetten näher und öffnete damit ein Fenster in eine völlig exotische, weil so ganz andere Welt. Während meinem Exil im Südpazifik Anfang 90er-Jahre verloren wir uns aus den Augen und fanden uns erst diesen Winter bei einer Internetrecherche wieder. Inzwischen hat die promovierte Zoologin von Grosskatzen auf Elefanten umgesattelt. Während sie früher stets irgendeinen verstossenen jungen Tiger, Leoparden oder Löwen zur Handaufzucht bei sich zu Hause hatte, findet ihre Arbeit mit den Elefanten heute in sito (also in deren natürlichem Lebensraum) statt, nämlich im Norden Borneos. Klingt wiederum spannend, fand ich, und beschloss kurzerhand, sie dort zu besuchen. So reiste ich in den Frühlingsferien nach Sabah, wo Frau Dr. Schröder mit ihrer NPO SOS-Elefanti ums Überleben der letzten Zwergelefanten kämpft. Es handelt sich dabei um eine im Regenwald Borneos heimische Unterart des Asiatischen Elefanten. Mit seinem äusserst friedfertigen Charakter, runden Kopf, grossen Augen und auffallend kleinen Wuchs erinnert der Pygmyelefant – meine Schüler würden sagen an mich, aber nein – an Walt Disneys Jumbo und er wäre wohl die Hauptattraktion jedes Zoos, gäbe es ihn denn in exportzulässiger Zahl. Der herzige kleine Waldelefant ist aber derart rar, dass ihn nur sehr wenige je zu Gesicht bekommen haben – und ob ihn die nächste Generation 16 überhaupt noch sehen wird, ist fraglich, denn er ist akut vom Aussterben bedroht. Gefährdet sind die schätzungsweise 1200 verbleibenden Exemplare aber nicht etwa, weil sie gewildert würden, sondern weil ihr Lebensraum in atemberaubendem Tempo schwindet, um Ölpalmplantagen Platz zu machen. Rund 1,15 Millionen Hektar Regenwald werden jährlich allein auf Borneo (meist durch Brandrodung) für Plantagen urbar gemacht, deren Palmöl zum wichtigsten Exportartikel Malaysias geworden ist. Da die Ertragsdauer der enorm pestizid- und düngemittelintensiven Monokulturen mit 25 Jahren relativ kurz ist, muss immer neuer Wald her, um die Produktion aufrechtzuerhalten und der global steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die einst flächendeckenden Wälder Sumatras und Borneos sind seit Mitte der 80er-Jahre um über 60% geschrumpft und beim aktuellen Rodungstempo wird auch der Restwaldbestand bis 2020 verschwunden sein, wie auf Sumatra praktisch schon geschehen. Und mit dem Urwald auch die einst so reiche Biodiversität Borneos; die OrangUtans, Nasenaffen, Waldelefanten und unzähligen weniger prominenten Regenwaldbewohner, ganz zu schweigen von den Ureinwohnern... Spätestens seit Bruno Manser wissen wir ja eigentlich um die ökologische Tragödie, die sich im fernen Asien abspielt – theoretisch zumindest. Der leibhaftige Anblick des realexistierenden Kahlschlags geht dann aber anders unter die Haut als eine TV-Dok. Ich konnte Cathrin auf eine Expedition auf den Kinabatangan begleiten, wo wilde Elefanten gezählt wurden. Die lange Fahrt im Pickup führte auf einer halsbrecherischen Transitstrasse von Kotakinabalu an der Westküste nach Sukau im Osten, dicht vorbei am höchsten Berg Südostasiens, dem Mount Kinabalu, durch üppigen Dschungel, vor allem aber stundenlang über Plantagen gigantischen Ausmasses. Bei der Erteilung von Konzessionen geht es nicht immer legal zu und Elefantenbaby «Joey» Wird im Tierpark Lok Kawi mit der Flasche aufgezogen. her, doch (multinationale) Ölpalmkonzerne sind die grössten Arbeitgeber im Land und Regionalverwaltungen oft korrupt. Ohne Druck aus den Abnehmerländern wird sich an der Raubbaupraxis wenig ändern. Doch wer soll schon Druck machen? Und vor allem, weshalb? Natürlich ist der aufgeklärte Europäer für Tierschutz und ausser Chinesen interessieren sich die wenigsten für getrocknete Orangutanhände, Tigerpenisse, Nashornpulver oder Elefantenzähne, wie man sie in einschlägigen Casinos entlang Chinas Grenzen allenhalben kaufen kann (selber gesehen!). An Palmöl als vielleicht grösste Bedrohung einiger aussterbender Tierarten denkt man weniger. «Palmöl? Das kauf ich nie – ich koche nur mit Olivenöl!», meinte denn neulich auch ein Bekannter, dem ich die Sache erläuterte. Dabei steckt in jedem zweiten Produkt unseres täglichen Konsums Palmöl, von der Hautcrème über die Seife, Chips, Margarine, Guetzli, den Brotaufstrich, Streichkäse bis zum «Biokerosin» für Flugzeuge! Sollte Nutella unser Gewissen also nicht nur der Kalorien wegen belasten? Muss ich mich schuldig fühlen am Untergang der Orang-Utans und Zwergelefanten? (Fühlen wir uns denn mitschuld am Tod von Näherinnen in Bangladesh, wenn wir bei Zara oder H&M einkaufen?) Hm – irgendwie schon. Aber was tun? Für die globale Ernährungssicherung und unsere Convenience-Food-Gesellschaft ist der billige Rohstoff vital geworden und bislang ist kein Ersatz in Sicht. Eine nachhaltige Produktion, wie sie von verschiedenen Labels versprochen und z.B. von der Migros angestrebt wird, ist in der Praxis nahezu unmöglich. Also weniger Palmölprodukte konsumieren und mehr bezahlen für palmölfreie Alternativen? Sicherlich ein gesunder Ansatz. Wer aber nicht Verzicht üben oder aufs Reformhaus ausweichen will, wählt den seit dem Mittelalter bewährten Weg des Ablasshandels und unterstützt Organisationen, die sich um Reparation und Schadensbegrenzung bemühen. Sei es über eine Mitgliedschaft beim WWF oder eine Direktspende an Leute wie Cathrin Schröder, die sich mit ihren Leuten vor Ort ein Bein ausreisst, um die Migrationswege der Tiere zu eruieren und Korridore sowie Schutzreservate zu errichten. Mit meinen ersten 1000 Euro wird nun ein neues Narkosegewehr gekauft zur Betäubung von Elefanten, die sich ihrer Migrationsroute folgend auf Plantagen verlaufen haben und vom Rescue-Team in den Urwald zurückgeführt werden müssen – bevor sie von den Plantagebetreibern abgeschossen oder vergiftet werden, wie Anfang Jahr geschehen. Das traurige Bild vom erschöpften Elefantenbaby, das tagelang neben seiner toten Mutter ausharrte, ging um die Welt. Dem kleinen Joey geht es übrigens gut. SOS-Elefanti hat ihn in den Tierpark von Lok Kawi gebracht, wo Cathrin ihn nun mit der Flasche aufzieht. Eines Tages kann er hoffentlich im geplanten Reservat von Tabin ausgewildert werden. Mit Joey «Handfressen» zu spielen gehörte nebst der Sichtung einer 18-köpfigen Waldelefantenherde im Abendrot am Ufer des Kinabantangs denn auch zu den erfreulicheren Erinnerungen an meine Borneoreise... • von christoph meier Auch an der Kantonsschule Hottingen gibt es Schülerinnen und Schüler, die ab und zu während einer Lektion ihren Blick aus dem Fenster schweifen lassen hinunter auf die Sportwiese und die Bäume, die sie umgeben. Dort können sie, wenn sie genauer hinsehen, unter den insgesamt 91 inventarisierten Bäumen 33 verschiedene Baumarten erkennen. Gerade jetzt im Frühling fällt es wieder besonders auf, von wie viel Grün die Kanti Hottingen umgeben ist. Deshalb sollen einige dieser Bäume hier kurz vorgestellt werden: Der Mächtige: Der älteste und zugleich höchste Baum auf dem Areal ist die Blutbuche (Fagus sylvatica Atropunicea), die gerade neben der Raucherecke steht und im Frühling gut an ihren blutroten Blättern zu erkennen ist. Bis zum Herbst geht die rote Färbung stetig zurück. Sie wurzelt dort seit etwa 125 Jahren – stand also schon hier, als Hottingen noch eine eigenständige Gemeinde war (vor 1893) und erlebte den ersten und zweiten Weltkrieg sowie den Bau der heutigen Kanti (Einwei- hung 1949). Ihr Umfang misst 350 cm und ihre Höhe beträgt 28 m. Damit überragt sie das Schulhausdach um einige Meter. Der Schöne: Der für mich schönste Baum steht am anderen Ende des Wäldchens und ist fast ebenso mächtig: Es ist die schlitzblättrige Buche (Fagus sylvatica Aspleniifolia), deren Blätter sich im Herbst zu einem wunderschönen Gelb verfärben. Die Blattform ist anders als bei «normalen» Buchen gefiedert, wie bei Farnen, weshalb sie auch «farnblättrige Buche» genannt wird. Dieser Baum ist knapp 100 Jahre alt, hat einen Stammumfang von 260 cm und eine Höhe von 23 Metern. Der Versetzte: Der im Vergleich zu den beiden beschriebenen Buchen kleine Baum (6 m Höhe) neben dem Hartplatz, welcher im Sommer den Sporttreibenden willkommenen Schatten spendet, ist eine Winterlinde (Tilia cordata). Sie wurde vor knapp 20 Jahren anstelle einer mächtigen Ulme (etwa gleich alt und hoch wie die Blutbuche) gepflanzt. Die Ulme musste gefällt werden, weil sie vom Ulmenpilz befallen wurde, einer 1918 aus Ostasien eingeschleppten Krankheit, die seither vor allem die Bergulmen an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Die Linde ihrerseits musste vor fünf Jahren um ca. 10 m versetzt werden, weil der Hartplatz zur flexibleren Benutzung um 90° gedreht wurde. Dazu wurde ein Kranwagen verwendet, der die Linde samt Wurzelballen zügelte. Der Umgarnte: Direkt vor der Aula steht eine Lärche (Larix decidua). Im unteren Teil sieht man nicht mehr viel von ihr, weil sie extrem dicht von Efeu umrankt ist. Sie steht unter Beobachtung, weil der Efeu zuweilen so dicht werden kann, dass er durch Lichtkonkurrenz und Gewicht den Trägerbaum zum Absterben bringt. Der Seltene: Vor dem Musik- und Chemiezimmer steht eine richtige Rarität: Ein schwarzer Maulbeerbaum (Morus nigra). Dieser Obstbaum war früher in der Schweiz weit verbreitet, weil er sehr schmackhafte Beeren trägt, die roh gegessen oder zu Sirup und Konfitüre verarbeitet werden können. In der Stadt Zürich gibt es nur noch weniger als ein Dutzend schwarzer Maulbeerbäume. Die Blätter der nahe verwandten weissen Maulbeerbäume dienen als Futter für die Seidenspinnerraupe, deren Kokons aus einem einzigen bis zu 900 m langen Seidenfaden bestehen, welche als Rohmaterial für Seidenstoffe dienen. Der Verletzte: Etwas weiter Richtung Raucherecke steht auf der Sportwiese ein 40-jähriger Nussbaum (Juglans regia). Ein Vorgänger unseres Hausmeisters fuhr vor knapp 15 Jahren – man munkelt, absichtlich – mit der Mähmaschine in diesen Baum. Darauf verlor er fast sämtliche Blätter und es war lange Zeit unsicher, ob er diesen Unfall überleben würde. Heute strotzt er wieder vor Gesundheit. Nur noch eine Narbe am knapp über dem Boden zeugt noch von diesem Zusammenstoss. Der Geschenkte: Der kleine Baum links vom Nussbaum ist eine Felsenbirne (Pyrus comunis) – ein Birnbaum mit kleinen Früchten. Er wurde Frau Kappeler von einer ihrer Klassen vor etwa 10 Jahren als Dankeschön geschenkt. Es hat noch viele weitere Bäume auf dem Areal, im Wäldchen und auch auf der anderen Seite des Schulhauses, die alle eine Geschichte haben. Wenn man einige davon kennt, so wachsen einem diese Bäume ans Herz. Denn: nur, was man kennt, schätzt und schützt man. • 17 h info 02 / 2013 h info 02 / 2013 wort des rektors gedankensplitter … und jetzt: MINT-Kultur! Glück – Philosophisches Während der Studientage widmen sich 20 Schülerinnen und Schüler dem Thema «Glücklichsein». MINT bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik. Rufus Butz, Deutsch- und Philosophielehrer von dr. peter stalder, rektor Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin skeptisch. Einem Bekannten sagte ich anlässlich einer belanglosen Plauderei: «Wir arbeiten nun in der Schule an der MINT-Kultur! Denn es müssen mehr Ingenieure und Informatiker her.» Entgeistert fragte er mich, ob wir nun also Chinesisch anbieten würden (was wir übrigens auch schon – allerdings vergeblich – versucht haben). Ich hatte mich offensichtlich undeutlich ausgedrückt, oder er hatte mich falsch verstanden. «MINT – habe ich gesagt, nicht Ming!» Für den unbedarften Leser dieser Zeilen: MINT bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik. In diesen Sparten fehlen uns in der Schweiz rein zahlenmässig die hellen Köpfe, also sollen die Schulen das Problem lösen und eine MINT-Kultur aufbauen, welche möglichst rasch alle Fächer durchdringt. Ob die Sache Früchte trägt, wissen wir nicht, wir geben uns aber alle Mühe. Szenenwechsel: März 2013, Vortrag in Bern, ca. 200 Zuhörer, Thema: «Gymnasium und Informatik». Die Organisatorin flüstert mir während des Vortrags ins Ohr: «Schön, dass Sie da sind, Herr Stalder. Sie sind der Einzige aus dem Kanton Zürich.» Ich nahm in Bern zur Kenntnis, dass offenbar Bestrebungen im Gange sind, das Fach Informatik an den Mittelschulen als Grundlagenfach zu installieren. Schön und gut – das wäre immerhin ein gewichtiger Beitrag zur MINT-Kultur. Es gehe nicht ums Erlernen der üblichen Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations-, Präsentations- und Mail-Programme, dies würde man in die Fächer Deutsch, Mathematik und beispielsweise Geographie delegieren. Es gehe bei dieser Idee, welche auf politischer Ebene initiiert werden müsse, vor allem ums Programmieren und Anwenden. von rufus butz Dr. Peter Stalder, Rektor An der Front – also in den Schulen – müssten demzufolge Stunden freigeschaufelt oder aufgestockt werden, um dem Anspruch der MINT-Kultur gerecht zu werden. Wer aber gibt sie her? Müssen wir uns mittelfristig von der Idee der zweiten Landessprache verabschieden und unseren Schülerinnen und Schülern nur noch die Erstsprache und eine Fremdsprache beibringen? Im Tagesanzeiger vom 22. Mai 2013 war ja zu lesen, Französisch habe derzeit keinen Sex-Appeal. Die Jugend würde Englisch, die Sprache der Popmusik, der Werbung und des Internets vorziehen. Da wir an unserer Schule nur über eine wenig überzeugende Infrastruktur im Fach Sport verfügen, könnte man die fehlenden Lektionen eventuell auch dort abzweigen. Andere Schulen haben schon längst die drei auf Bundesebene vorgeschriebenen Stunden Sport pro Woche in Eigenregie reduziert. Im Fach Geographie, wo man eigentlich nur wissen muss, wie die Hauptstädte in aller Welt heissen und worüber man ohnehin alles via Google Earth und wikipedia erfahren kann, könnte auch noch einen Beitrag leisten. Ich wage zu behaupten, dass am «Ende der Fahnenstange», also in etwa zehn Jahren, die Studentenzahlen im Bereich der Ingenieurwissenschaften, Physik, Chemie, Mathematik und Informatik, um genau 0.3% angestiegen sind. Als Gegenleistung laufen wir Gefahr, Altbewährtes und Gymnasiales auf einem Altar zu opfern, von dem wir nicht so recht wissen, ob er auf tönernen Füssen steht. • 18 elisas buchtipp Während der Studientage haben mein Kollege M. Moling und ich uns zusammen mit etwa 20 Schülerinnen und Schülern dem Thema Glück (dem Glücklich-Sein, nicht dem Glück-Haben) gewidmet. Drei Tage lang haben wir diskutiert und reflektiert – ob wir dabei glücklicher geworden sind, das sei dahingestellt. Sicher aber tragen Gespräche und Reflexionen dazu bei, die Voraussetzungen zum Glücklichsein zu schaffen bzw. zu stärken. Denn wenn auch bezüglich Glücklichsein, wie einige Glücksforscher behaupten, einiges/vieles genetisch bedingt ist, so ist doch der Anteil des Selbstbeigesteuerten, des Eigenen, des Selbstgeschaffenen nicht zu gering zu veranschlagen. Und auch wenn man immer wieder hört, Glück sei für jeden etwas anderes, sei individuell und deshalb könne man nicht viel dazu sagen (so z.B. einige unserer Schülerinnen und Schüler am Anfang des Kurses), so ist das nur die halbe Wahrheit. Sicher stimmt, dass das Glücksempfinden subjektiv ist (auch Schmerz z.B. mag verschieden empfunden werden) und dass wir nicht genau wissen, wie es für einen anderen ist, glücklich zu sein, denn wir können ja nicht an seiner Stelle fühlen. Andrerseits aber leben wir täglich mit Analogieschlüssen, sprechen miteinander über unsere Gefühle und Empfindungen, lesen Zeugnisse von anderen Menschen, analysieren das Verhalten der Menschen, etc., und daraus kann man erstens erschliessen, dass Glück doch nicht so unterschiedlich empfunden wird, und zweitens zeigt sich, dass die Wege zum Glück so verschieden nicht sind. Gerade hier setzt der Philosoph ein, der sich fürs Allgemeine, Objektive interessiert und fragt, wie man als Mensch glücklich werden bzw. die Voraussetzungen dazu schaffen kann. Zwei Philosophen scheinen mir heute noch gültige Antworten dazu gegeben zu haben (und die Antworten dieser Phi- losophen wurden natürlich im Laufe der Geschichte von vielen anderen übernommen, verdoppelt bzw. angepasst); zum einen Aristoteles, zum anderen Epikur. Aristoteles geht – in seiner Nikomachischen Ethik – davon aus, dass alle Menschen nach Glück (eudaimonia) streben, und dass es abstrakt gefasst vier Wege (Lebensweisen, bioi) gibt, auf denen sie zum Ziel gelangen wollen. Zwei der vier Wege scheiden nach Aristoteles aus, nämlich der hedonistische Weg, weil er zu «knechtisch» ist, der Weg des Gelderwerbs, weil Geld an sich kein Glücksziel sein kann. Bleiben noch der öffentlichpolitische Weg der Tugend und der philosophisch-theoretisch-kontemplative Weg des Denkens. Auf beiden Wegen komme der Mensch zum Glück, denn die höheren menschlichen Fähigkeiten und Anlagen werden so entwickelt und betätigt. Glückseligkeit ist also eine Tätigkeit der Seele gemäß der vollkommenen Tugend (arete) in einem vollen Menschenleben. Wichtig an Aristoteles‘ Definition ist Folgendes: Auch wenn ‹äussere› Dinge wie Gesundheit, Ehre, Reichtum usw. von Aristoteles als fürs Glück wichtig taxiert werden, fokussiert er nicht darauf, denn sie stehen nicht oder nur zum Teil in unserer Macht. Zweitens ist ein Leben gemäss der Tugend (ein moralisches Leben) ein glückseliges Leben. Damit ist immer auch ein Leben in einem politisch-sozialen Verbund gemeint. Die Postmoderne ist da – abgesehen von den Kommunitaristen, die sich explizit auf Aristoteles‘ Modell beriefen – viel individualistischer geworden, das Vertrauen ins Politische und Soziale geschwunden. Das wäre dann der Einsatzpunkt für Epikur, der ein massvolles Leben im Stillen, Verborgenen lehrt. Auch wenn ihm die Lust das Höchste ist, so ist er kein Hedonist (und kein Epikuräer!), denn eine Analyse des Begriffs Lust führt ihn dazu, im Masshalten und in der Betätigung der Vernunft die höchste Lust zu erkennen. Freundschaft gilt ihm als das Wichtigste, er empfiehlt eine gesunde Skepsis Göttern und Ideologien gegenüber und sieht in der Überwindung von Furcht, Schmerz und Begierden die wesentlichen Pfeiler der Seelenruhe bzw. des Glücks. – «Epikur oder Aristoteles?» scheint mir indes nicht die richtige Frage zu sein, denn erst wer Gemeinsames beider Positionen entdeckt und auch die Herausforderung sowie positiven Beiträge beider Philosophen erkennt, ohne den einen gegen den anderen auszuspielen, ist wohl ein Stück weiter gekommen auf dem Weg zum Glück. Elisa Sosa Liu, G2a 19 Minuten Erebos Von Jodi Picoult Jugendroman Von Ursula Poznanski Jugendthriller In neunzehn Minuten verändert sich das Leben von Josie für immer. Peter, ihr Kindheitsfreund und Aussenseiter, tötet in der Highschool in nur neunzehn Minuten 10 Menschen. Er ist in die Cafeteria gegangen, hat auf seine Mitschüler geschossen, einige getötet – und dann hat er sich hingesetzt und eine Schale Rice Crispies gegessen, ehe er weiter zog. Das gewiss heikle Thema Amoklauf wird sorgfältig angegangen. Gleich am Anfang wird die Tat selber geschildert, sodass sich im Folgenden das Augenmerk mehr auf die Hintergründe, die Ursachen der Tat richtet. Je länger der Prozess gegen Peter andauert, desto mehr Details kommen ans Licht. Der Fall wird von Seite zu Seite komplexer, die Geschichte verstrickter und der Kreis der Mitverantwortlichen weitet sich mehr und mehr aus… Jodie Picoult erzählt diese Geschichte spannend und vor allem eindrücklich. So setzt man sich unweigerlich mit dem Thema Amoklauf und dessen Vermeidung auseinander. Dieses Buch geht richtig unter die Haut und lässt einen nachdenklich zurück. 19 Minuten sowie Erebos sind in der Mediothek erhältlich. Maik, der unsichtbare Langweiler, Tschick, der fremde Russe, ein geknacktes Auto. Das Ziel: Die Walachei, irgendwo in Ostdeutschland. Obwohl, oder gerade weil die beiden erst 14 sind, erleben sie das Abenteuer ihres Lebens – wilde Verfolgungsjagden, eine zerrissene Wade, einen Zusammenstoss mit einem Schweinelaster und vieles mehr… Wolfgang Herrndorf erzählt in seinem Roman Tschick äussert lebendig und mit viel Situationskomik die chaotische Fahrt von Maik und Tschick. Ein Buch zum Lachen und zum Mitfiebern, voller kecker Dialoge. Das Buch «Saeculum» von U. Poznanski ist auch sehr empfehlenswert. • • • 19 h info 02 / 2013 agenda ksh-akronyme «Was sich sonst noch so alles hinter dem Akronym KSH verbirgt...» Juli 2013 Die Kantonsschule Hottingen (KSH) nennt sich neu nur noch Hottingen (h) – damit sind folgende Missverständnisse ausgeschlossen: 4.Abschlussfeier H3/I3 und Berufsmaturitätsfeier HMS/IMS, Aula, 17 Uhr 11. Maturfeier, Aula, 17 Uhr 15. Beginn Sommerferien (15. Juli – 16. August) August 2013 23.G artenfest Achtung! Erstmals findet unser Gartenfest nach den Sommerferien statt! a) b) c) d) September 2013 e) i) f) j) o) l) m) p) s) 4.Orientierungsabend IMS, Aula, 19:30 Uhr 9.Knabenschiessen (unterrichtsfrei ab 11:35) 12. Kontaktseminar Schule- Wirtschaft (HMS & IMS) Oktober 2013 q) t) u) 31.Arbeitswochen –4.10. (nicht alle Klassen) 11.Sportferien 25. Schulbeginn 7.–18.Herbstferien von barbara ingold Die Suchmaschine Google landet interessante Treffer für das Akronym, das wir uns mit allerlei Institutionen teilen, wie folgende Beispiele belegen: h) k) n) r) g) a.KSH ist Hersteller von Filterdüsen und Drainagesystemen für die Wasser und Abwasseraufbereitung in Herford. b.Selbstverteidigung lernt man in den KSH, den Kampfkunstschulen SchleswigHolstein c.KSH nennt sich ein 19-jähriger «dubstep producer» aus London. d.Oder für eine Investmentfirma e.KSH bezeichnet die Implementierung der unter Unix Korn Shell genannten Sprachbeschreibung für den Kommandozeileninterpreter. (Wussten wir, nicht wahr?) f.KSH steht auch für die Konferenz der Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen g.Gamer kennen vielleicht die KSH Gaming Community, die Konsolenhelden? h.Die offizielle Abkürzung für den Kenyan Shilling lautet KSH i.Im Iran finden wir den Kermanshah Airport j.Kanuten asoziieren KSH mit Kanusport Harburg. k.Die KSH Datentechnik GmbH bietet «bundesweit ERP-Gesamtlösungen für den Mittelstand» an. l.Der Kürzel KSH steht aber auch für Kamin-Säulen-Hut. m.KSH steht auch für Kim Shin Hwang, den renommierten koreanischen Vogel-Fotografen n.KSH Holdings wiederum ist ein rasant expandierender Baulöwe aus Singapur. o. KSH Systems vernetzt Sie mit IT-Kompetenz! p.In den USA gibt es sogar ein KSH-Spital, das Koman Savirti Hospital q.Und KSH nennt sich das Statistische Zentralbüro Ungarns, das Központi Statisztikai Hivatal r.Brauchen Sie neue Hufeisen? Gehen Sie auf www.ksh-hufeisen.de! s.Die alten Eisen können Sie beim Kieler Schrotthändler KSH entsorgen lassen... t.Die Kantonsschule Heerbrugg nennt sich ebenfalls KSH u. Darf in keinem Haushalt fehlen: Der Klappspiegelhalter (KSH) impressum Redaktionsschluss Nr 3/2013: 22. Oktober 2013 Redaktion: Barbara Ingold ([email protected]), Sandra Nussbaumer ([email protected]) Mitwirkende an dieser Nummer: Rufus Butz, Simon Frey, Simone Koch, Barbara Ingold, Jan Isler, Emanuele di Lorenzo, Sabine Kappeler, Christoph Meier, Robin Messmer, Sandra Nussbaumer, Vivienne Schäublin, Marlene Schmidt, Maulana Afshar Shad, Elisa Sosa-Liu, Peter Stalder, Thomas Zeltner Fotografien: Simon Haas, Barbara Ingold, Dieter Kraft, Stefan Kubli, Thomas Tschupp Gestaltung: gyselroth™ – Agentur für Brand Identity und Digital Media, Simon Haas (BG-Seite) Druck: Bühler Druck AG, Schwerzenbach