Evang.-Luth. Kirchengemeinde Neustadt a. d. Aisch Informationen

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Evang.-Luth. Kirchengemeinde Neustadt a. d. Aisch Informationen
Evang.-Luth. Kirchengemeinde Neustadt a. d. Aisch
Schloßplatz 1
91413 Neustadt a. d. Aisch
Informationen zur Kirchenbibliothek Neustadt
Datum: 12.5.2016
Liebe Gemeindemitglieder, liebe Interessierte,
der Kirchenvorstand der evang.-luth. Kirchengemeinde Neustadt a.d.Aisch hat
sich aus verschiedenen Gründen mit der historischen Kirchenbibliothek
beschäftigt. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Schriften und
Büchern, die teilweise über 1000 Jahre alt sind.
Ein Teil ist bis heute in einem Raum über der Sakristei der Stadtkirche, ein
weiterer war im sog. „Kärnter“, dem Nachbargebäude der Stadtkirche und
zweitältesten Gebäude der Stadt Neustadt untergebracht.
Allen an der Diskussion Beteiligten ist die historisch einmalige Bedeutung, der
kulturelle Wert und die heimatgeschichtliche Verbundenheit mit der
„Kirchenbibliothek Neustadt“ bewusst und sie versuchen deshalb alles dafür zu
tun, dass dieser „Schatz“ erhalten bleibt und gepflegt wird. Die Sammlung ist
durch die Umstände des Brandes des ehemaligen Riedfelder Klosters und die
Bemühungen von Dekan Schnizzer Neustadt zugefallen. Die langfristige
Sicherung der Kirchenbibliothek und die optimale Unterbringung der Bücher ist
uns allen ein Anliegen, dem Kirchenvorstand eine Verpflichtung.
Es ist immer dann außerordentlich bedauerlich, wenn sich die Diskussion einer
sachlichen und an den Fakten orientierten Debatte verschließt. Es kann dabei
durchaus um das Gefühl gehen, dass die Bücher da am vertrauten Ort in der
Kirche stehen bleiben sollten, aber auf keinen Fall allein darum. Vor allen
Dingen muss es uns um das Wohl und die Sicherheit dieser historisch
einmaligen Bibliothek gehen. So wie der Kirchenvorstand die Argumente, die
für einen Verbleib der Sammlung in Neustadt sprechen intensiv geprüft und
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bewertet hat, erwarten wir von allen, dass die verantwortungsvolle Frage nach
dem „Buchwohl“, also der dauerhaften, angemessenen, sicheren und
geschützten Unterbringung der Bücher Beachtung findet.
Immer wenn die geführte Auseinandersetzung diese Frage außer Acht lässt,
oder lediglich Teilinformationen an die Öffentlichkeit gelangen, entstehen
Gerüchte und werden Teilwahrheiten verbreitet. Dabei bezieht sich die Kritik
am Kirchenvorstand bisher ausschließlich auf den Kernsatz: „Die Bibliothek
muss hier bleiben, weil sie schon immer hier war und hierher gehört“.
Die Verantwortung eines Kirchenvorstands muss jedoch weit darüber
hinausgehen, als nur das Vorfindliche zu bestätigen. Dieser Kernsatz muss zwar
Beachtung finden, aber ebenso einer sorgfältigen Prüfung und Abwägung
standhalten, die Fragen nach der angemessenen Unterbringung eines solch
besonderen Buchbestandes stellt.
Damit Sie die Möglichkeit haben, sich selbst ein Bild der Lage zu machen,
wollen wir Sie mit den notwendigen Informationen versorgen.
1. Ein großer Teil der Bibliothek, wertvolle ältere, aber auch allgemein
verfügbare jüngere, waren bisher im sog. „Kärnter“ der evang.-luth.
Kirchengemeinde Neustadt untergebracht. Der Kärnter hat ein massives
statisches Problem infolge einer misslungenen Sanierung in den 70ern.
Aufgrund eines statischen Gutachtens bestand Handlungsbedarf wegen
der enormen Last der Bücher. Diese Bücher wurden daher zunächst,
nach ausführlicher Beratung durch Herrn Liebe vom landeskirchlichen
Archiv als zuständiger Behörde, mit einem 5 Jahre laufenden Vertrag im
landeskirchlichen Archiv in Nürnberg untergebracht, bis die Fragen rund
um den Erhalt des Kärnter als denkmalgeschütztem Gebäude geklärt
sind. Weil diese Fragen bis dato ungeklärt sind und die Bücher noch eine
Zeitlang gut verwahrt sind, konnte und musste der Beschluss, ob eine
Rückführung der Bücher erfolgen kann und soll, bisher noch nicht gefasst
werden (dass von einzelnen Kritikern die Einschätzung von Fachleuten
wie Statikern, Bibliothekaren und Archivexperten bezweifelt werden,
können und wollen wir nicht ernsthaft kommentieren) .
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2. Der Kärnter liegt über dem von der Landeskirche genehmigten Raumplan
kirchengemeindlicher Gebäude, den wir mit dem Gemeindezentrum bei
weitem erfüllen. Aber nur die Raumkapazitäten innerhalb dieses
Raumplanes werden vom Landeskirchenamt bezuschusst. Diese
zuschussfähigen Gebäude sind im Immobilienkonzept der
Kirchengemeinde und des Dekanatsbezirks festgelegt. Die Landeskirche
hat das Konzept und auch den Umgang mit dem Kärnter bisher nicht
bewertet.
3. Wir ringen derzeit, ob nicht wenigstens die statische Sicherung
(Denkmalschutz), sowie von der Raumnutzung her die Heizung und
Toilette der Stadtkirche, dennoch bezuschusst werden können, ganz
einfach weil sie für den Betrieb der Kirche, die im Bestand von der
Landeskirche längst grundsätzlich anerkannt ist, notwendig sind. Für die
weiteren Räume und die „Bibliotheksräume“ gilt dies nicht.
4. Die Kirchengemeinde kann die Renovierung nicht aus eigener Kraft
stemmen und will dies auch gar nicht, weil das Gebäude faktisch nicht
gebraucht wird, aber auch nach einer Sanierung Folgekosten generieren
würde. Eine Ertüchtigung des Gebäudes, die Bände wieder
zukunftsweisend dort unterzubringen, erscheint weder sinnvoll noch
bezahlbar, weil es ein europaweit anerkanntes, archivtechnisch
hervorragendes, für teures Geld erbautes landeskirchliches Archiv für
genau solche Zwecke im nahen Nürnberg gibt. Allenfalls für Gemeindeund/oder (sich refinanzierende) Büroräume ohne besondere
Erfordernisse, oder eine einfache Wohnung ist eine Instandsetzung ggf.
finanziell darstellbar; falls die Bauabteilung des Landeskirchenamtes da
überhaupt mitmacht. Und wenn, dann auch nur, um nicht ausschließlich
einen statisch gesicherten Gebäudetorso dort stehen zu haben.
5. Die Kirchengemeinde hat und bekommt keinerlei Mittel für die
Bereitstellung von geeigneten Räumen für die Bibliothek.
6. Die Bücher sind im Kärnter und in der Kirche nicht so untergebracht, wie
es für einen so wertvollen Bestand sinnvoll, verantwortlich und -seit dem
Bestehen des neuen Archivs in Nürnberg- auch machbar ist. Es gibt
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keinerlei Brandschutz (die historisch einmaligen Schätze von St. Martha
in Nürnberg sind beispielsweise vom Feuer unwiederbringlich zerstört,
obwohl das Viele für unwahrscheinlich hielten), der Diebstahlschutz ist
eher symbolischer Natur als wirklich tragfähig. Im Kärnter sind auch die
klimatischen Bedingungen alles andere als ideal, in der Kirche sind sie es
augenscheinlich.
7. Die Bibliothek ist nicht öffentlich zugänglich, sondern eine historische
wissenschaftliche Bibliothek von besonderem Rang. Kaum jemandem
würde es überhaupt auffallen, wenn die Bücher in Nürnberg wären.
Argumentiert wird hier in Neustadt, als ob Bürger mit einem hohen
Bildungsinteresse eine Leihbücherei am Ort erhalten wollen. Auch ein
Vergleich mit einer Schulbibliothek oder einer Universitätsbibliothek als
Nutzerbibliotheken hält sachlich nicht stand.
8. Die wissenschaftliche Zugänglichkeit ist in Nürnberg hervorragend zu
regeln, in Neustadt sehr mangelhaft. Die Räume sind dafür schlecht
geeignet. Bibliothekar Ohlmann kann auch nicht zu jeder Zeit bereit
stehen. Ein Ort zum Lesen und Schreiben existiert nicht. Das Gegenteil ist
im landeskirchlichen Archiv der Fall.
9. Die kontinuierliche verantwortungsvolle Betreuung der Bibliothek
funktionierte nach unserer Kenntnis genau zweimal in der Geschichte
wirklich tragfähig. Einmal unter Dekan Schnizzer und derzeit durch Herrn
Ohlmann, beides Autodidakten und Glücksfälle. Es ist die Aufgabe der
Kirchengemeinde auch für die Zeiten vorzusorgen, wenn sich kein
geeigneter ehrenamtlicher Betreuer mehr findet. Wir müssen
sicherstellen, dass fachlich geeignete Personen den Buchbestand
betreuen, und können diese Eignung grundsätzlich nur bei Bibliothekaren
und ausgebildeten Archivspezialisten voraussetzen. Die Alternative zu
professioneller Betreuung könnte nur sein, die Räume dauerhaft zu
verschließen. Das aber kann nicht im Interesse der wissenschaftlichen
Nutzung sein.
10.Im Übrigen dürfte die Qualität der Betreuung der Bücher in Nürnberg
von der Qualifikation her die Möglichkeiten in Neustadt bei weitem
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übersteigen. Die Leiterin, Frau Dr. Schwarz, ist Kirchenarchivdirektorin
und alle ihre Mitarbeiter ausgebildete professionelle Kräfte des Archivund Bibliothekswesens. Das gilt zunächst einmal nicht für die in Neustadt
mit der Verantwortung für den Bibliotheksbestand betrauten Personen.
Nicht einmal für Restaurierungen (wofür die Kirchengemeinde im
Übrigen auch bei der Auslagerung die Verantwortung behielte) müssen
die Bücher in Nürnberg außer Haus gegeben werden, weil die
Restauratoren ins Haus kommen und so Risiken des Verlustes oder der
Beschädigung weiter minimieren. Detaillierte Informationen über die
Arbeit des Landeskirchlichen Archivs und die Rechtsgrundlagen finden
Sie unter www.archiv-elkb.de.
11.Die Logik „wenn die Bücher erst einmal in Nürnberg sind, dann sind sie
für immer verloren“ erschließt sich uns nicht. Die Auslagerung nach
Nürnberg würde vertraglich geregelt. Der Bestand würde als „Neustädter
Kirchenbibliothek“ dort separat weitergeführt, bliebe in einer Sammlung
beisammen und im Eigentum der Kirchengemeinde Neustadt. Die Bände
wären an einem Ort und nicht wie bisher an zweien. Für
Verschwörungstheorien und Erzählungen von unberechtigter und
fahrlässiger Hergabe aus der Vergangenheit, wie wir sie hier manchmal
hören, stehen wir schon deshalb nicht zur Verfügung, weil es sich um das
Archiv der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern handelt, deren Teil
wir sind. Wir geben nicht an Fremde ab.
12.Zum Argument „dann bekommen wir die Bücher nie mehr zurück“:
Eine Rückführung ist ja angesichts eines so hervorragend geeigneten
Gebäudes wie des landeskirchlichen Archivs überhaupt nur dann sinnvoll,
wenn vor Ort Räume in gleicher Qualität vorgehalten werden könnten.
Das aber kann und wird niemand bezahlen können. Dem überragenden
Wert der Bibliothek Rechnung zu tragen erfüllen wir, indem wir die
Bücher in nahezu perfekt geeignete Räume überführen. Für temporäre
Ausstellungen können einzelne Bücher jederzeit nach Neustadt geholt
werden; immer vorausgesetzt, dass die Ausstellungsräume und Vitrinen
den Anforderungen wertvoller Exponate entsprechen.
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13.Die Bibliothek zu teilen, also den ehemaligen Bestand des Kärnters in
Nürnberg belassen und den kirchlichen Teil hier in Neustadt, ist auch für
die wissenschaftliche Nutzung und den Gesamtkorpus der Bibliothek in
seiner historischen Bedeutung wenig sinnvoll. Zumal auch besondere
wertvolle Bände im Kärnter untergebracht waren. So eine Entscheidung
könnte maximal der Neustädter Befindlichkeit oder
denkmalpflegerischen Überlegungen dienen (falls das Landesamt eine
Einheit von Ort und Buchbestand feststellen wollte). Nur für letzteres
könnten wir im Interesse der Bewahrung dieses einmaligen
Buchbestandes derzeit aufgeschlossen sein.
14.Sehr mühsam ist es, wenn sich einzelne Personen zwar mit durchaus
guten Ideen einbringen, diese aber erstens völlig ungeprüft bleiben und
zweitens von anderen erwartet wird, sie umzusetzen. Wer geeignete
Räume, geeignete Finanzierungsmodelle, Spender oder Drittmittel kennt,
die einer Prüfung für unsere Belange standhalten, kann diese gerne
vorbringen. Wir würden uns darüber sehr freuen. Die Beschaffung von
enormen Mitteln für die Ertüchtigung des Kärnter, die Nachfolge von
Herrn Ohlmann, das Finden einer gebäudlichen Alternative in Neustadt,
etc., sind nicht für eine Diskussion geeignet, die über den Satz „es muss
doch möglich sein“ eingebracht werden. Verstehen Sie uns nicht falsch:
all das halten wir für grundsätzlich bedenkenswerte Dinge. Allerdings hat
bisher keine einzige Person ihre Bereitschaft erklärt, für diese Ideen
Verantwortung zu übernehmen, sie auf ihre Stichhaltigkeit zu
überprüfen. Im Gegenteil: Anfragen bei der Landeskirche, der Stadt, dem
Museum Kirche in Franken und anderen, die vom Pfarramt konkret
gestellt wurden, blieben ohne Ergebnis. Die Vertreter der
Kirchengemeinde sind nicht bereit, nicht greifbare Finanzquellen für
andere zu prüfen, da sie ja im Interesse der Zukunft der Bibliothek selbst
bereits einen zielführenden und wohl begründeten Plan vorstellen und
verfolgen.
15.Der derzeitige Kirchenvorstand ist auch nicht bereit, hundertausende an
Euro für Bibliothekräume zu generieren, die der eigentlichen Aufgabe
einer Kirchengemeinde, der Gemeindearbeit, zuwiderlaufen. Da die
Landeskirche für diesen einmaligen Bestand nicht die finanzielle
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Verantwortung übernehmen will, ist die Gemeinde auf sich allein
gestellt. Deshalb muss jeder Vorschlag Auskunft darüber geben, wer was
wann zu welchem Preis ermöglichen wird. Sollte jemand Mäzene
kennen, die das alles wirklich (!) finanzieren: immer her damit! Aber bitte
immer die gesamten Kosten und die Folgekosten einkalkulieren!
16.Der Kirchenvorstand wird dennoch einer gemischten Gruppe aus
Mitgliedern des Kirchenvorstands und Freunden der Bibliothek, die sich
für den Verbleib in Neustadt einsetzen wollen, ein Jahr einräumen,
während dessen geeignete Räume in Neustadt gesucht und die
dauerhafte Finanzierung der Unterbringung gesichert werden sollen.
17.An einer extra angebotenen Fahrt ins landeskirchliche Archiv, um sich zu
informieren, die eigenen Bücher zu sehen und kritische Fragen zu stellen
hat leider keiner der Kritiker teilgenommen.
Beschlossen ist in Bezug auf die Bibliothek bisher:
- Einlagerung des Bestandes aus dem statisch gefährdeten Kärnter für 5
Jahre zur Klärung der Zukunft des Gebäudes.
- Eine Arbeitsgruppe bekommt ein Jahr Zeit, die Möglichkeiten der
Rückführung nach Neustadt zu prüfen.
Der Kirchenvorstand ist jederzeit offen für echte Sachargumente, die es
abzuwägen gilt, um eine verantwortete Sachentscheidung treffen zu können.
Denn es geht um die Sicherung eines historisch einmaligen Buchbestandes,
nicht mehr, aber mit Sicherheit um kein bisschen weniger.
Für die Kirchengemeinde und den Dekanatsbezirk
Christian Schäfer, Pfarrer
Matthias Ewelt, Dekan
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