Indochinas Träume - ZDF Presseportal
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Indochinas Träume Zweiteilige Reisereportage von Peter Kunz "Vietnam – Im Land der Drachensöhne": Dienstag, 3. Januar 2012, 22.15 Uhr "Laos – Im Land der tausend Elefanten": Mittwoch, 4. Januar 2012, 22.45 Uhr 2 Indochinas Träume Sendetermine, Sendetitel und Stabliste 3 Indochinas Träume Teil 1: Vietnam – Im Land der Drachensöhne 7 Indochinas Träume Teil 2: Laos – Im Land der tausend Elefanten 12 Biografie von Peter Kunz 13 Kontakt ZDF-Pressestelle, Bildhinweis, Impressum z.presse 23. November 2011 Dienstag, 3. Januar 2012, 22.15 Uhr Mittwoch, 4. Januar 2012, 22.45 Uhr Indochinas Träume Zweiteilige Reisereportage von Peter Kunz Teil 1: Vietnam – Im Land der Drachensöhne Teil 2: Laos – Im Land der tausend Elefanten Autor Kamera Ton Schnitt Producer Tonmischung Produkion Redaktion Länge Peter Kunz Bert Schönborn Uwe Dörgeloh, Tobias Kavelar Manuel Rennert Roxana Duerr, Guilad Kahn Günter-Ulrich Haas Anne Wiltmann, Christina Märcz Claudia Ruete 2x 45 Minuten 2 z.presse 23. November 2011 Dienstag, 3. Januar 2012, 22.15 Uhr Teil 1: Vietnam – Im Land der Drachensöhne Inhalt: Der Vietnamkrieg liegt länger zurück, als die meisten Vietnamesen überhaupt denken können: Der größte Teil der Bevölkerung ist unter 30 Jahren alt, hat weder die brutale Bombardierung durch die USA erlebt noch den Abzug der geschlagenen Supermacht. "Was interessieren uns die Geschichten von gestern?" Viele junge Leute zwischen Hanoi und Ho Chi Minh City, dem alten Saigon, winken einfach ab und schwingen sich auf ihre Motorroller. Millionen davon verstopfen die Straßen des Landes. Die Zukunft riecht hier nach Zweitaktergemisch, lässt kaum Sauerstoff zum Atmen. Und das Land hat noch viel vor. In der pulsierenden Wirtschaftsmetropole Ho Chi Minh City wachsen neue Wolkenkratzer als Wahrzeichen in den Himmel, und auch in der Hauptstadt Hanoi gehören Bentleys und Maybachs ebenso zum Straßenbild wie die Fahnen mit Hammer und Sichel oder dem gelben vietnamesischen Stern auf rotem Grund. Vietnam bleibt offiziell kommunistisch, aber seit gut 20 Jahren hat die Einheitspartei ihren Frieden mit dem Kapitalismus gemacht. Industrielle Kopien aus Vietnam gelten im Vergleich zu chinesischen Produkten als qualitativ wertvoller, die Löhne sind im Schnitt niedriger als beim ungeliebten Nachbarn China. Das sind die Maßstäbe, mit denen das Land verdienen will. Den großen Drachen China beim Geschäft auszubooten, erfreut außerdem die Volksseele. Ein Drache ist Vietnam schließlich auch: Laut Legende stammen alle vietnamesischen Männer von einem solchen ab, alle Frauen von einer Fee. ZDF-Korrespondent Peter Kunz und sein Team haben Vietnam in den letzten Jahren oft bereist, diesmal durchquerten sie es von Norden nach Süden. Dabei hat Peter Kunz festgestellt, dass der Siegergeist aus der Kriegszeit auch bei der jüngeren Generation psychologisch Spuren hinterlassen hat. Die Vietnamesen haben in ihrer Geschichte die Chinesen, Franzosen und Amerikaner aus dem Land geworfen, und es mangelt der Nation seitdem nicht an Selbstbewusstsein. Moderne Drachensöhne lassen sich ungern etwas sagen, wissen im Zweifel alles besser und haben keinen Zweifel am Aufstieg ihres Landes zu einer mächtigen Mittelmacht in der Region. 3 z.presse 23. November 2011 Sie werden auch die "Preußen Asiens" genannt – und diesen Spitznamen tragen die Vietnamesen nicht von ungefähr. Reisebericht von Peter Kunz Vietnam wird mir immer mehr als nur eine Reise wert bleiben. In einer Welt, wo sich ferne Plätze immer ähnlicher sehen, weil dieselben Kaufhäuser und Café-Ketten das Straßenbild prägen, weil die Architektur sich annähert – egal ob von Arm oder Reich gebaut – in dieser Welt bewahrt Vietnam in wunderbarer Weise seinen Eigensinn. Sichtbar. Die schnell wachsenden vietnamesischen Städte sind geprägt von "Spargelbauten", schmalen mehrstöckigen Gebäuden, in die pro Stockwerk oft nur ein Zimmer passt. Ursprünglich zu Sparzwecken so errichtet, weil die Grundsteuer pro Straßenmeter gezahlt werden musste, haben die Vietnamesen dafür ihren eigenen Stil entwickelt. Architektonische Elemente aus der französischen Kolonialzeit werden auf kleinstem Raum mit prächtigen Säulen verbunden, spitzgiebelige Dächer draufgesetzt und grelle Farben verwendet. Das oberste Stockwerk ist meist für den Familienaltar und die Buddhastatue reserviert. Darin wohnen Menschen mit den Eigenschaften, die das 88-Millionen-Volk prägen, die vielen ethnischen Minderheiten im Land eingeschlossen: Stolz, Zähigkeit, Originalität. Viele solcher Charaktere haben wir auf unserer Reise kennengelernt. Begegnungen in Vietnam Dr. Mai Huy Tan hat seine Liebe zu Deutschland aus der DDR mitgebracht, wo er einst Mathematik studierte. In Vietnams Hauptstadt Hanoi sitzt er oft im Turmzimmer seines Häuschens am Westsee, wo die neue Elite wohnt, und hört die Musik geliebter deutscher klassischer Komponisten. Die Fassade des Verwaltungsgebäudes der Fabrik, in der er Thüringer Bratwürste produzieren lässt, erinnert an das Charlottenburger Schloss. Tan träumt von der grünen Energiewende in Vietnam unter Einsatz von Reisstroh, übersetzt nebenbei deutsche Volkslieder ins Vietnamesische – und hat mehr Projekte in Bearbeitung als der Tag Stunden. "Mich hinsetzen und einfach nichts tun, das wäre für mich wie Sterben", sagt er. Boi Tran empfängt uns in ihrem kleinen Paradies oberhalb der alten Kaiserstadt Hue. Ihre Familie stammt aus dem höfischen Umfeld, aber nachdem das kommunistische Regime Krone und Adel abgeschafft hat, ist sie auch heute noch vorsichtig mit dem, was sie sagt. Vietnam 4 z.presse 23. November 2011 hat sich wirtschaftlich und auch gesellschaftlich geöffnet. Es bleibt dennoch ein Staat, in dem die Einheitspartei die Sicht vieler Dinge vorgibt. Boi Tran ist eine vor allem außerhalb Vietnams bekannte Künstlerin, die im Stil der französischen Indochina-Klassik malt. Frauen mit Blumen in der Hand und gekleidet in schönen Ao Dai-Gewändern. Boi Tran kocht nach Rezepten der alten kaiserlichen Küche und trauert dabei um die verlorene Welt des gepflegten Stils: "Wie kann es sein, dass junge Mädchen in Vietnam heute allein ausgehen und auch beruflich machen dürfen, was sie wollen? In diesem Land war der Platz einer Frau immer zuhause, bei der Familie, da findet sie Erfüllung." Hai Nguyen ist ein bayrischer Vietnamese – oder ein vietnamesischer Bayer. Jedenfalls ist er in Deutschland aufgewachsen und lebt nun wieder in Vietnam. Seine Familie floh nach Ende des Vietnamkrieges aus dem Land und kam über die Philippinen nach Deutschland. "Franz Josef Strauss hat uns nach Deutschland geholt", lacht Hai, der bei Mercedes Automechaniker gelernt hat. Vor acht Jahren hat er entschieden, an Vietnams aktuellem Wirtschaftswunder teilzunehmen, ist nach Ho Chi Minh City gegangen und hat 2500 alte Vespa-Rahmen aufgekauft. Heute produziert Hai getunte Replicas des Kultmotorrollers und exportiert sie nach Bremen. Bis zu 35 PS haben seine "Monstermotorräder", wie er sie selber nennt – dazu gedacht, beim Spurt an der Ampel ausgewachsene Motorräder zu erschrecken. "Vieles ist einfacher hier in Vietnam, wenn man Ideen hat und gut verdienen will", sagt Hai. Weil für viele Dinge klare Regeln fehlen, weil das Land bisher kein verlässlicher Rechtsstaat ist. "In Ho Chi Minh City gibt es acht Maybachs, mehrere Dutzend Bentleys und Rolls Royces,“ zählt er auf. Und viele davon wartet und repariert Hai persönlich. Er besitzt das richtige Gerät und das Know-how dafür. "Die Software kommt doch bei all diesen Autos sowieso aus Deutschland, von Mercedes oder BMW", sagt er. Ein Heimspiel für den Münchner in Saigon. Dao Hong Tuyen treffen wir auf seinem Eiland. Eine ganze Insel angrenzend an die wunderschöne Halong Bay mit ihren imposanten Felsen, die Herr Tuyen vor vierzehn Jahren gekauft hat und zum Refugium für Vietnams Besser- und Bestverdiener ausbauen will. Vorn am aufgeschütteten Strand wird gerade ein halbes Dutzend Villen fertig gestellt, jede bereits verkauft für den Preis von über drei Millionen USDollar. "Die Käufer", sagt Herr Tuyen, "sind meist Leute aus Hanoi. Banker, Generäle. Für sie ist das ein Wochenendquartier oder ihr Al- 5 z.presse 23. November 2011 terswohnsitz". Aus Hanoi braucht man über allerdings schlechte Straßen dreieinhalb Stunden bis hierher. Dao Hung Tuyen sitzt in seinem riesigen Arbeitszimmer im zweiten Stock des Verwaltungsgebäudes seiner Insel-Baugesellschaft. An der Wand Bilder von ihm in trauter Eintracht mit Premierminister und Präsident. Tuyen trägt darauf ehrenhalber Uniform und Generalstitel. Er ist ein kommunistischer Vorzeigekapitalist und Aushängeschild des Regimes. Als 19-Jähriger hat er Waffen für den Vietcong über den Ho Chi Minh-Pfad geschmuggelt. Sein Geld macht er mit Rohstoffen und Immobilien. Er sagt, er stelle am liebsten Parteimitglieder ein, die seien moralisch gefestigt, "ehrlicher". Wie kann man so reich werden im sozialistischen Vietnam, Herr Tuyen? "Mit einem klugen Gehirn und den richtigen Ideen", versichert er und tippt sich beiderseitig auf die Schläfen. Alles andere bleiben Gerüchte. Der vermutlich reichste Mann Vietnams zeigt uns noch kichernd, wie man die Emilyfigur auf dem Rolls Royce-Kühler per Fernbedienung rauf und runter fährt. 6 z.presse 23. November 2011 Mittwoch, 4. Januar 2012, 22.45 Uhr Teil 2: Laos – Im Land der tausend Elefanten Inhalt: Auf den Straßen in Laos begegnen Peter Kunz uns sein Team ungewöhnlichen Verkehrsteilnehmern: unverkleidete Motoren auf vier Rädern, um die eine Art Kiste herumgebaut wurde. In dieser Kiste fahren ganze Familien zum Markt und aufs Feld. Ihr wichtigster Besitz ist die Mobilität, die dieses als Kleinlaster oder Traktor verwendbare Vielzweck-Fahrzeug bietet. Es kann auch vorkommen, dass ein dicker Hintern den Weg über die Buschpiste versperrt. Das ist dann ein Arbeitselefant auf dem Weg zum Einsatz tief im Wald. Laos ist in Vielem noch ein Land von gestern, pittoresk und anrührend. Nach dem Ende des Vietnamkrieges hatte es sich lange vor der Welt verschlossen gehalten. Im Krieg war Laos zwar offiziell neutral, wurde aber für alle Kriegsparteien zu einem entscheidenden Schlachtfeld in Indochina. Durch Laos lief der Ho Chi Minh-Pfad mit dem Nachschub für den kommunistischen Vietcong, den die Amerikaner mit Flächenbombardements unterbrechen wollten. Vietnamesische Truppen halfen der kommunistischen Pathet Lao-Bewegung, in Laos die Monarchie abzuschaffen und die Macht zu übernehmen. Insgesamt fielen auf Laos dabei so viele Bomben wie auf ganz Europa im Zweiten Weltkrieg. Auch Laos probiert seit einigen Jahren seine eigene Mischung von Sozialismus und Marktwirtschaft. Wirtschaftliche Freiheit wurde gewährt, aber die politischen Zügel bleiben fest angezogen. Laos gilt immer noch als eins der ärmsten Länder der Welt, während der vorsichtige Kurs wirtschaftlicher Liberalisierung und Öffnung zur Welt Wirkung zeigt. Langsam hält selbst auf den Dörfern ein bescheidener Wohlstand Einzug, wie das ZDF-Team auf seiner abenteuerlichen Reise sehen konnte. Laos besitzt Bodenschätze und eine reiche Natur. Der große Fluss Mekong, eine Lebensader Südostasiens, zieht sich durch das Land. Gleichzeitig aber hängt das am schlimmsten verstümmelte Opfer der Indochina-Kriege weiterhin am Tropf der internationalen Gebergemeinschaft. Korruption ist allgegenwärtig, Chinesen kaufen halb Laos auf – und die Laoten sehen trotzdem alles locker. Laos PDR 7 z.presse 23. November 2011 heißt der Staat offiziell, die Abkürzung steht für "People's Democratic Republic", Demokratische Volksrepublik. Es wird allerdings öfter mit "Please Don't Rush" ausgeschrieben, nur die Ruhe bewahren... Laos liebster Seelenzustand ist allergrößte Gelassenheit – auch unter widrigsten Umständen. Zwölf Monate hat das Jahr auch in Laos, aber der buddhistische Mondkalender gibt darüber hinaus in dieser Zeit auch zwölf Feste vor. Lenin lernen und Buddha leben, nach diesem Prinzip bleibt alles fließend: die Zeit, die Zukunft, die Vergangenheit, der Mekong und seine Nebenflüsse, das Bier. Beer Lao ist weiterhin der größte Industriebetrieb des Landes – und die Produkte der Brauerei sollen als "Botschafter des Landes" begriffen werden, sagt Meisterbrauer Sithixay, der einmal in der DDR studiert hat. Peter Kunz und sein Team haben Laos gleich im Anschluss an ihre Reise nach Vietnam besucht. Laos und Vietnam: "Same same, but different." Zwei Länder, die historisch aneinander gekoppelt sind, dasselbe politische System haben – und die dennoch ein sehr gegensätzliches Bruderpaar bilden. 8 z.presse 23. November 2011 Reisebericht von Peter Kunz Für ZDF-Kameramann Bert Schönborn stand nach der Drehreise durch Laos fest: "Hier werde ich bald wieder sein, ganz privat. Für mich ist es das schönste Land der Region." Schönheit ist Laos' großer Trumpf. Noch. Manche der wunderbaren Landschaften sind in dem rohstoffreichen Land von gigantischen Minenprojekten bedroht. Oder vom Wunsch der laotischen Regierung, dass Laos zur "Batterie Asiens" wird, zum großen Stromlieferanten für seine Nachbarländer. Viele liebliche Flusstäler werden unter den riesigen, angestauten Wasserflächen der geplanten Hydro-Dammprojekte verschwinden. Auch viele der Dörfer, die durch ihre genügsam wirkende Einfachheit und Sauberkeit auffallen. Es liegt nicht wie überall sonst in Asien Plastikabfall herum, wohl auch deswegen, weil der bescheidene, neue Wohlstand zur Wegwerfgesellschaft doch noch nicht reicht. Laos ist arm, aber fühlt sich nicht so an. Oder: Es fühlt sich selbst schlicht nicht so. Materielle Dinge sind für viele Laoten zweitrangig, Buddhas Erkenntnis sitzt sehr tief. Wie allerdings auch die Kriegserfahrung: "Wir wollen vor allem leben", sagt die Minenräumerin Sengavan auf dem bombenverseuchten Plateau von Xieng Khoung. "In Frieden!" Begegnungen in Laos Sengavan schlägt morgens um sechs ihre Decke zusammen. In der kleinen Hütte schlafen noch acht andere Frauen aus ihrem Team. Sengavan ist Minenräumerin im Auftrag eines internationalen Zusammenschlusses von Gebern, die helfen wollen, dass Laos die hässlichste und gefährlichste Altlast der Indochinakriege los wird: all die nicht explodierten Bomben und Munition, die über das Land verteilt liegen. Streubomben aus amerikanischer Produktion vor allem, die sie hier "Bombis" nennen. "Bombis" sind kleine, harmlos aussehende Kugeln mit vernichtender Energie, wenn man sie – auch 36 Jahre nach Kriegsende – ahnungslos vom Boden aufnimmt. Sengavan sucht jeden Tag jeweils acht Stunden lang mit ihrem Detektor nach Metallteilen, schreitet festgelegte Planquadrate Meter für Meter ab. Alle drei Monate hat sie zwei Wochen frei. Ihr Frauenteam säubert auf Antrag der Bauern einzelne Grundstücke, damit sie dort wieder anpflanzen können. Jeden Tag finden Sengavan und ihre Kolleginnen Explosivstoffe, die kontrolliert gesprengt werden. Selbst bei größter Anstrengung würde es mehr als 100 Jahre dauern, bevor Laos von der Gefahr im Boden endlich befreit wäre. 9 z.presse 23. November 2011 Bevor sie morgens die Hütte verlässt, stillt Sengavan noch ihren drei Monate alten Sohn. Er wird über Tag im Bauernhaus neben der Räumstelle betreut. "Wir Laoten helfen uns gegenseitig", erklärt Sengavan. "Mein Mann war nicht glücklich, dass ich diese Arbeit angenommen habe. Aber hier verdiene ich wenigstens vernünftig". 150 Euro im Monat sind in Laos gutes Geld. Sinouk heißt der Kaffee, und Sinouk heißt auch sein Produzent. Sinouks Vater hatte im Königreich Laos die erste Mercedes-Vertretung übernommen, war dann bei der kommunistischen Machtübernahme nach Frankreich geflüchtet. Den Spross Sinouk hatte die Familie schon vorher, mit acht Jahren, auf ein französisches Internat geschickt, für alle Fälle. Anfang der 90er Jahre, mit der wirtschaftlichen Öffnung, ging erst der Vater zurück nach Laos, dann auch Sinouk, der Sohn. Auf dem reizvollen Bolaven-Plateau im Süden des Landes unterhält er eine Kaffeeplantage und versucht auch als Präsident der laotischen Kaffeeproduzentenvereinigung für den dort angebauten qualitativ hochwertigen Arabica-Kaffee einen ihm gemäßen Platz im internationalen Kaffeegeschäft zu etablieren. Die steigenden Kaffeepreise haben Geld auf das Bolaven-Plateau gebracht, und Sinouk zweifelt nicht daran, dass das weitgehend landwirtschaftlich strukturierte Laos mit seinen idealen Anbaumöglichkeiten eine stabile Zukunft hat. "Vor 15 Jahren hatten die Bauern hier nichts, nur dreckige Kleidung, vielleicht ein Fahrrad. Holprige Wege führten zu ihrem Dorf. Wo Sie jetzt mit mir stehen, hatten die Kinder noch nie ein Auto gesehen, als ich damals das erste Mal herkam. Und jetzt? Sie haben selbst einen Wagen oder ein Moped vor der Tür, eine Satellitenantenne auf dem Dach, Strom und eine richtige Straße. Das ist Fortschritt." Zum Fortschritt gehört, dass die einst vertriebenen Kapitalisten und die regierenden Kommunisten sich dafür wieder die Hand reichen. Sithixay steht mit uns auf dem Laufgitter rund um die stahlblanken Türme der Beer Lao-Brauerei in der Hauptstadt Vientiane. "Wenn die Flugzeuge auf dem internationalen Airport hier landen wollen, dann müssen sie vorher über der Brauerei eindrehen. Und jeder sieht in der Kurve von oben die meterhoch gestapelten Bierkisten. So soll das sein. Beer Lao ist der beste Botschafter des Landes." Bier Lao ist nicht sehr stark, ein wenig süßlich – und hat in Asien bereits Kultstatus. Während wir mit Produktionsleiter Sithixay 10 z.presse 23. November 2011 durch den größten Industriebetrieb des kleinen Landes schlendern, packen in einer Ecke Frauen das Bier aus den Kästen wieder aus und verstauen es in Kartons. Warum? "Weil wir dieses Bier für den Export vorbereiten. Es wird nach Deutschland geliefert." Es sind noch kleine Mengen, die in Berlin ankommen, aber das Fenster zur Welt ist geöffnet. Eine Flasche Bier als beste Werbebotschaft. Die staatliche Marke Beer Lao sponsert die meisten Großveranstaltungen in Laos, und selbst Funktionäre tragen dann die gelben Käppis mit dem Beer Lao-Tigerlogo. Sithixay, der DiplomBraumeister, absolviert die Führung durch das Unternehmen übrigens in fließendem Deutsch. Vor dem Mauerfall hat er in der DDR studiert und ist danach noch mal in das vereinigte Deutschland zurückgegangen, um in Berlin sein Handwerk zu komplettieren. "Deutschland hat mich geprägt. Was ich kann, habe ich da gelernt. Vor allem, hohe Ansprüche auch umzusetzen." Peter Kim ist ein Künstlername. Aber Peter Kim ist kein Künstler. Er will sich nur selbst neu erfinden, weg von seiner alten Identität. Peter Kim trägt ein T-Shirt mit seinem Foto darauf und dem neuen Namen darunter. Allerdings wird er es nie sehen können. Peter Kim ist blind. Peter Kim hat keine Hände mehr. Und Peter Kim tanzt Hip-Hop. Ohne Hände in den Handstand, Drehung, Sprung aus der Rückenlage zum Stand auf beide Füße. Peter Kim wird heute Abend seinen ersten großen Auftritt vor geladenem Publikum haben. In der Kulturhalle von Vientiane treffen wir ihn zur Generalprobe. Nervös ist er, anfangs kaum ansprechbar. Peter Kim durchlebt ohnehin wechselhafte Stimmungen. Er hat sich immer noch nicht mit seinem Schicksal abfinden können. Peter Kim hat vor drei Jahren auf dem Weg zur Schule und zur Zeugnisvergabe ein "Bombi" gefunden, eins der bösen Dinger aus Metall, für die so ein niedlicher Name gefunden wurde. Das "Bombi" stammt aus dem Indochinakrieg. Es explodierte in Peters Händen. Und es war vorbei mit der Schule und den guten Noten. Peter Kim war 16, als die Streubombe sein Leben für immer veränderte. Das war 2008. Jetzt, drei Jahre später, ist er abhängig von den Almosen der Hilfsorganisationen, die sich in Laos um Minen- und Bombenopfer kümmern. Peters Familie wollte nichts mehr von dem verstümmelten Sohn wissen. Aus Scham haben sie ihn gemieden und ausgegrenzt. Deshalb hat Peter sich einen neuen Namen gesucht. Eine andere Bleibe. Lernt Englisch. Und lernt Tanzen. Hip-Hop ist sein Weg zurück in die Welt. 11 z.presse 23. November 2011 Biografie Peter Kunz (Leiter des ZDF-Studios Singapur) 1962 1981 1981 bis 1983 1984 bis 1987 1987 bis 1988 seit 1988 1988 bis 1990 1990 1991 1992 1993 bis 1998 1999 bis 2000 2001 bis 2003 seit März 2003 geboren in Remscheid Abitur in Radevormwald Zeitungsvolontariat beim Remscheider General Anzeiger, begleitende Studien der Wirtschaftswissenschaften und Politik, Wehrdienst Regionalkorrespondent für Hörfunk und Fernsehen beim Westdeutschen Rundfunk Köln Stipendium für das Korrespondentenprogramm "Journalisten in Europa" in Paris, Arbeitsaufenthalte in Ungarn, Türkei, Griechenland, Nordirland und bei der EG in Straßburg und Brüssel; Redakteur der Zeitschrift "Europ" beim ZDF Freier Redakteur im ZDF-Landesstudio Hamburg und in der ZDF-Hauptredaktion "Innenpolitik"; Weiterbildungsstudium für Journalisten an der FU Berlin ZDF-Reisekorrespondent in der früheren DDR ZDF-Korrespondent und Studiovertretung zunächst in der Türkei, dann in Moskau Redakteur in der ZDF-Hauptredaktion Außenpolitik Leiter des ZDF-Studios in Nairobi Korrespondent im neuen Hauptstadtstudio des ZDF in Berlin, Moderator des Nachrichtenmagazins "heute in Europa" im Wechsel mit Kristina Hansen-Stille stellvertretender Leiter und stellvertretender Moderator des Magazins "ZDF.reporter" Leiter des ZDF-Studios Singapur, verantwortlich für die Berichterstattung aus dem süd- und südostasiatischen Raum 12 z.presse Auszeichnungen: 1997 2005 23. November 2011 "Goldener Kompass" Marler Fernsehpreis für Menschenrechte Kontakt ZDF-Pressestelle: Cordelia Gramm Telefon: 06131 – 70-12142 E-Mail: [email protected] Bildhinweis: Fotos sind erhältlich über den ZDF-Bilderdienst, Telefon: 06131 – 70-16100, und über http://bilderdienst.zdf.de/presse/indochinastraeume ZDF Hauptabteilung Kommunikation / Pressestelle Verantwortlich: Alexander Stock Foto: ZDF, Uwe Dörgenloh [email protected] ©2011 by ZDF 13