Wie reitet man eine Trabverstärkung?

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Wie reitet man eine Trabverstärkung?
Wie reitet man eine Trabverstärkung?
Wenn ein Pferd nach den Regeln der Richtlinien für Reiten
und Fahren korrekt ausgebildet ist, steht das Reiten eines
ausdrucksstarken Mitteltrabes erst sehr weit hinten im
Programm der Ausbildung. Denn diese Lektion setzt ein
hohes Maß an Trag- und Schubkraft des Pferdes heraus,
die es erst im Laufe der Ausbildung und bei regelmäßigem
Training bekommt. Ein eiliges Traben mit verspannter
Oberlinie und ebenso spannigen Tritten hat nichts mit
richtig gerittenem Mitteltrab zu tun.
Natürlich sieht der Mitteltrab beeindruckend aus und sorgt bei
Turnierprüfungen für Beifall und Bewunderung, wenn das Pferd
erhaben über dem Boden zu schweben scheint. Trotzdem sollte
der Reiter in der Ausbildung so viel Geduld haben, bis das Pferd
wirklich so weit ist und alle Voraussetzungen mitbringt. Es muss
mit den Hinterbeinen vermehrt Last aufnehmen können und
diese auch balancieren, sprich sich bereits gut versammeln
lassen können. Dafür muss im Training auch die entsprechende
Kraft aufgebaut werden.
© Jürgen Stroscher
Es ist wichtig, dass der Reiter das Pferd im übertragenen Sinne
mit feinen Hilfen wie eine Sprungfeder an- und abspannen kann, also das Pferd zunächst geschlossen
zu halten, bevor die so wichtige Rahmenerweitung möglich ist. Wenn diese Lastaufnahme noch nicht
klappt, wird das Pferd in der Trabverstärkung oft eilig und fußt nicht engagiert genug mit dem Hinterbein
ab. Die Verstärkung wirkt dann ausdruckslos, und das Pferd tritt oft mit der Hinterhand etwas nach
hinten heraus, statt in Richtung Schwerpunkt. Es fehlt an Selbsthaltung, Balance und Bergauftendenz.
Oft beobachtet man auch, dass die Hinterhufe etwas schleppend fußen und sogar durch den
Reitbodensand schlurfen. Sie bewegen sich nicht energisch genug nach vorne-oben. Auch der korrekte
Zweitakt beim Auffussen der diagonalen Beinpaare kann so nicht gehalten werden.
Wie sollte der Mitteltrab aussehen?
Im Mitteltrab gewinnt das Pferd durch größeren Raumgriff mehr
Boden, ohne in der Trittfolge eiliger zu werden. Hierbei bewegt
der kräftige Schub der Hinterbeine zum leichten Abfedern und
freien Anheben der Vorderbeine. Die Hinterhufe treten über die
Spur der Vorderhufe. Wichtig ist beim Mitteltrab, dass der Reiter
seine Hände etwas Richtung Pferdemaul vorschiebt, so dass
das Pferd mit seiner Stirn-Nasen-Linie ewas deutlicher vor die
gedachte senkrechte Linie kommt und seinen Rahmen auch
wirklich erweitern kann. Das "Tritte verlängern" ist die Vorstufe
des Mitteltrabs. Es wird als allmähliche Steigerung vom
Arbeitstrab zum Mitteltrab geritten.
© Jürgen Stroscher
Viele Reiter glauben, dass im Mitteltrab eine Art "extremer Trab" verlangt wird. Diese Reiter erhöhen das
Tempo und verkürzen dadurch die einzelnen Tritte des Pferdes. Ihnen ist nicht klar, dass sie das Pferd
damit überfordern und aus der Balance bringen. Es gilt beim Reiten des Mitteltrabes: Weniger ist mehr.
Denn wenn man eine künstliche Spannung in das Pferd reitet, um es mit vermeintlich großen Tritten und
Bewegung in der Vorhand zu präsentieren, kann das Pferd nicht mit der Hinterhand durchschwingen und
hält sich im Rücken fest. Dies hat also mit echtem Mitteltrab reiten und losgelassenem Schwingen wenig
zu tun.
Ein ausdrucksstarker Mitteltrab, der aus dem losgelassenen Traben entwickelt wird, und bei dem das
Pferd sich sicher auf die treibenden Hilfen reagiert und sich nach vorne reiten lässt, ist ein echter
Hochgenuss im Sattel. Der Reiter kann so kontrollieren, was er sich zuvor im geduldigen Training mit
einer Gymnastizierung nach der Skala der Ausbildung, bzw. den Richtlinien, erarbeitet hat. Als
Anhaltspunkt kann man sagen, dass ein Pferd erst nach etwa zwei Jahren Ausbildung so weit ist.
Geritten werden sollte der Mitteltrab am besten nur über eine kurze Strecke von etwa zehn bis 15
Metern. Dabei ist entscheidend, dass das Pferd vom Reiter angehalten wird vom ersten Meter des
Zulegens an mit engagiertem Hinterbein zu traben. Klappt das nicht, sollte der Reiter sein Pferd sofort
wieder aufnehmen und im Arbeits- oder versammelten Tempo weitertraben. Das Pferd muss zuerst
lernen zu "ziehen" und damit willig von hinten die Verstärkung zu beginnen. Denn hier sitzt der "Motor"
des Pferdes.
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Ganz wichtig ist auch, dass der Reiter mit Schenkelimpulsen
arbeitet und nicht permanent presst und drückt. Auf keinen Fall
sollte er mit seinem Oberkörper in Rücklage geraten, denn
dadurch wird der Reiter unelastisch in der Mittelpositur
(Becken). Das Pferd kann so nicht mit losgelassenem Rücken
Freude an der gemeinsamen Vorwärtsbewegung bekommen.
Das Pferd sollte im ausdrucksstarken Mitteltrab so zum
Schwingen kommen, dass der Reiter förmlich in den Sattel
"hinein gezogen" wird.
Merkt euch: Je elastischer sich das Pferd im Arbeits- und
versammelten Tempo im Trab bewegt, desto ausdrucksvoller
wird der Mitteltrab sein. Dabei ist es hilfreich viele Übergänge
zwischen verlängerten und verkürzten Tritten (und im Galopp
dann zwischen den Sprüngen) zu reiten.
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© Jürgen Stroscher
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