AMBASSADE DE FRANCE
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AMBASSADE DE FRANCE
Frankreich – Info Herausgeber : Französische Botschaft - Presse- und Informationsabteilung Pariser Platz 5 - 10117 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.botschaft-frankreich.de 17.11.2006 Rede des französischen Botschafters, Claude Martin, anlässlich der Verleihung der Insignien eines Ritters der Ehrenlegion an Gottfried Langenstein Berlin, den 17. November 2006 Monsieur le Président, cher Jérôme Clément, sehr geehrte Intendanten, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freunde, lieber Gottfried Langenstein, es ist für mich eine große Freude, Ihnen heute im Kreise Ihrer Familie und Ihrer Freunde, die aus Frankreich, aus ganz Deutschland und von noch weiter her gekommen sind, im Namen des Präsidenten der Republik die Auszeichnung eines Ritters der Ehrenlegion zu verleihen. Diesen höchsten französischen Orden erhalten Sie, lieber Gottfried Langenstein, weil Sie seit jeher außergewöhnlich freundschaftliche Beziehungen zu Frankreich pflegen, die Sie auch in Zukunft sicherlich nicht vernachlässigen werden. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass Sie ab dem 1. Januar 2007 Präsident von ARTE sind, dem deutsch-französischen Kulturkanal, und damit die Nachfolge von Jérôme Clément antreten, den ich an dieser Stelle ganz herzlich begrüßen möchte. Ich werde später noch auf Ihre zukünftigen Funktionen zurückkommen. Jetzt möchte ich kurz Ihren bisherigen Lebensweg nachzeichnen. Lieber Gottfried Langenstein, Sie sind 1954 in München geboren und wachsen am Starnberger See in einer großen Familie mit sechs Kindern auf. In der bayerischen Landeshauptstadt studieren Sie Philosophie, Psychologie und Politikwissenschaften. In diesem Rahmen knüpfen Sie auch Ihre ersten offiziellen Verbindungen zu Frankreich. Sie sprechen damals schon, nach einer fleißigen Schulzeit, sehr gut Französisch, also entscheiden Sie sich, Ihre Doktorarbeit in Paris fortzuführen, wo sie Forschungen zur Schizophrenie am Hôpital Sainte Anne betreiben, das in diesem Bereich internationale Anerkennung genießt. www.botschaft-frankreich.de 2 Noch während des Studiums führen Sie Ihre ersten beruflichen Schritte spontan in Richtung Fernsehen und Kultur, und Ihre gesamte berufliche Laufbahn über bleiben Sie dieser ersten Orientierung treu. Doch Ihre Sympathie für Frankreich lässt deshalb nicht nach, zumal Sie zu der Zeit Texte von Eric Rohmer ins Deutsche übersetzen. Beim Hessischen Rundfunk und beim Westdeutschen Rundfunk arbeiten Sie an Filmprojekten in der Literaturabteilung mit. (Gibt es solche Literaturabteilungen überhaupt noch beim Fernsehen?). Ab 1978 engagieren Sie sich beim Internationalen Theaterfestival München. Sie tragen die Verantwortung für Gastauftritte von Theaterproduktionen des französischen und englischen Sprachraums. Dies ist für Sie die Gelegenheit, französische Theaterregisseure zu treffen, die mittlerweile einen internationalen Ruf haben. Sie bringen unter anderem den Shakespeare-Zyklus von Ariane Mnouchkine auf die Bühne (mit Richard II., Was ihr wollt und Heinrich IV.). Auch mit dem Mephisto von Klaus Mann befassen Sie sich. Dieses Stück und seine Inszenierung haben für Sie eine ganz besondere Bedeutung. Eine weitere wichtige Begegnung für Sie ist jene mit Patrice Chéreau, der nach München kommt, um Combat de Nègre et de Chiens von Bernard-Marie Koltès vorzustellen. Manche dieser Begegnungen entwickeln sich zu Freundschaften, die Sie Ihr Leben lang begleiten werden. Nach Erhalt der Doktorwürde entscheiden Sie sich für das öffentlich-rechtliche Zweite Deutsche Fernsehen, dem Sie bis heute treu geblieben sind. In der Hauptabteilung „Internationale Angelegenheiten“ ist Ihnen einer Ihrer Leitsätze besonders wichtig: „Wenn du einem Fremden begegnest, widme ihm eine ernsthafte halbe Stunde.“ Aus dieser Verpflichtung heraus entstehen zahlreiche Programme in Koproduktion mit Frankreich, Spanien und Italien. Im Rahmen Ihrer Funktionen vertreten Sie Deutschland bei den ersten Assises Européennes de l’Audiovisuel, die François Mitterrand 1989 in Paris organisierte. Aus diesem Kongress ging das erste europäische Förderprogramm für den audiovisuellen Bereich hervor, nämlich das MEDIAProgramm; und auch die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“. Diese Erfolge prägen die Filmund Fernsehlandschaft Europas nachhaltig. Die nächste Auflage des MEDIA-Programms läuft übrigens ab 2007. Zur Zeit arbeiten wir daran, die französischen und deutschen Positionen im Hinblick auf die Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ einander anzunähern. Ihr europäisches Engagement, lieber Gottfried Langenstein, zeigt sich auch bei der European Broadcasting Union, deren Vizepräsident Sie von 1998 bis 2000 sind. Doch Ihre Talente sind breit gestreut und vielfältig. Mit Erfolg stellen Sie das ZDF auf EDV um, was Ihnen den liebevollen Beinamen „Bill Gates vom Lerchenberg“ einbringt. Mit dem Jahr 2000 übernehmen Sie neue Verantwortungsbereiche. Sie werden Direktor der Europäischen Satellitenprogramme des ZDF, zu denen nicht weniger als fünf Sender gehören; und Vorsitzender der Geschäftsführung von 3sat, dem anspruchsvollen deutschsprachigen Kultursender. Gleichzeitig engagieren Sie sich darüber hinaus bei ARTE. 2003 werden Sie Vizepräsident des deutsch-französischen Kulturkanals und damit zu einem bevorzugten und unverzichtbaren Gesprächspartner für Frankreich. Am 1. Januar 2007 – zeitgleich mit der Übernahme des Ratsvorsitzes der Europäischen Union durch Deutschland – werden Sie Präsident von ARTE. In dieser Funktion werden Sie auch zur komplexen Aufgabe der Bildung einer europäischen Identität beitragen, denn ARTE, der seit 3 seiner Gründung 1991 als Referenz auf dem Gebiet von Film und Fernsehen gilt, hat, laut Artikel 2 des Gründungsvertrages, den Auftrag, „Fernsehsendungen zu konzipieren, zu gestalten und auszustrahlen oder ausstrahlen zu lassen, die in einem umfassenden Sinne kulturellen und internationalen Charakter haben und geeignet sind, das Verständnis und die Annäherung der Völker in Europa zu fördern“. Es ist eine schwierige, doch sehr lobenswerte Aufgabe, die Klischees auf beiden Seiten des Rheins aufzubrechen. Mit Ihrer Begeisterung für Geschichte werden Sie dies besonders zu schätzen wissen. Der jetzige Präsident, Jérôme Clément, wird Ihnen in wenigen Wochen die Geschicke eines Senders in die Hände legen, der dem französischen und deutschen Publikum die Realität des jeweils anderen vermittelt. Vor ein paar Tagen hat es schon eine schöne Feier gegeben. Es fehlte nicht an Freundschaftsbekundungen, und das herzliche Klima, in dem diese „Machtübergabe“ stattfand, hat allen das Gefühl gegeben, dass Sie derjenige sind, der auf harmonische Weise für Kontinuität und den notwendigen Bedarf an Erneuerung sorgen will und wird. Manchmal werden Bedenken laut – aber nur sehr leichte und gewiss wenig begründete –, die mit der unvermeidlichen Koexistenz zweier Fernsehanstalten in Ihrem Herzen verbunden sind; beide übernational und doch so verschieden, nämlich ARTE und 3sat. Letztere ist und bleibt, wenn ich so sagen darf, Ihr Liebling, sie ist süß und unproblematisch, denn eine gemeinsame Sprache und Kultur vereinfacht die Dinge. ARTE dagegen ist eine schwierigere Braut, unbeständiger und zwangsläufig empfindlich und eifersüchtig. Man erwartet, dass Sie ihr ebensoviel Zuwendung und vielleicht noch mehr Liebe geben, weil sie all das in sich trägt, was die Vielfalt und den Reichtum des deutsch-französischen Dialogs ausmacht, dessen Erfolg die Voraussetzung für jedes europäische Projekt ist. Weltweit durchfahren die Sender unruhige Gewässer aufgrund des technologischen Fortschritts, der die Identität der Sender in Frage stellt. ARTE hat seine digitale Zukunft bereits vorbereitet. In diesem Kontext haben Sie gesagt, dass es Ihr Ziel sei, „ARTE zu einer Marke der Kultur, der Qualität und des geistvollen Fernsehens im digitalen Zeitalter“ zu machen. Ich wünsche Ihnen im Namen Frankreichs viel Glück und Erfolg, damit ARTE, unser deutschfranzösischer Kulturkanal, weiterhin „Fernsehen ohne Grenzen“ bedeutet.