Bronchiolitis? - Mediengruppe Oberfranken

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Bronchiolitis? - Mediengruppe Oberfranken
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Gibt es eine evidenzbasierte Therapie
der obstruktiven
Bronchitis/
Bronchiolitis?
C. Dopfer, M. Price und N. Schwerk
Klinik für Pädiatrische Pneumologie,
­Allergologie und Neonatologie,
Zentrum für Kinderheilkunde
und Jugendmedizin,
Medizinische Hochschule Hannover
Bronchiolitis – obstruktive Bronchitis –
Hypertone Kochsalzlösung – Glukokortikosteroide – Evidenz-basierte Behandlung
pädiatrische praxis 85, 569–575 (2016)
Mediengruppe Oberfranken –
Fachverlage GmbH & Co. KG
pädiatrische praxis 2016 Band 85 / 4
„„Einleitung
Auf der Suche nach relevanter Literatur zur evidenzbasierten Therapie der obstruktiven Bronchitis im Kindesalter, stößt man bereits initial auf
Schwierigkeiten. Gibt man beispielsweise in der
medizinischen Datenbank PUBMED die Suchwörter »acute viral obstructive bronchitis AND children« ein, so erhält man nur einen Treffer aus dem
Jahr 1990 (1). Ändert man lediglich den Suchterminus von »obstructive bronchitis« in »bronchiolitis«, so finden sich fast 600 Publikationen.
Ursächlich hierfür ist, dass im angloamerikanischen Sprachraum der Begriff »obstructive bronchitis« nicht verwendet wird. Stattdessen wird
hier einheitlich die Bezeichnung »bronchiolitis«
für das Krankheitsbild verwendet, welches wir in
Deutschland als obstruktive Bronchitis verstehen. Im Jahr 2006 wurde durch ein Expertengremium, bestehend aus amerikanischen und
europäischen pädiatrischen und pneumologischen Fachverbänden, eine Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Bronchiolitis veröffentlicht (2). Die Bronchiolitis wurde hierbei durch
folgende klinische Zeichen definiert: »signs and
symptoms are typically rhinitis, tachypnea,
wheezing, cough, crackles, use of accessory muscles and/or nasal flaring«, also Symptome, die
sich im deutschen Sprachraum unter der Entität
der akuten obstruktiven Bronchitis zusammenfassen lassen. Schaut man sich die publizierten
Therapiestudien zur Therapie von Kindern mit
»Bronchiolitis« an, so sieht man, dass die eingeschlossenen Kinder 24 Monate alt waren,
keine Vorerkrankungen aufwiesen, Zeichen einer
bronchialen Obstruktion mit pfeifenden Atemgeräuschen (also nach unserem Verständnis obstruktive Bronchitis) zeigten und somit nicht
das klassische Bild einer Bronchiolitis, wie es
im deutschen Sprachraum verwendet wird, präsentierten. Somit ist das, was man unter der
Therapie zur Wirksamkeit der Bronchiolitis entnehmen kann auch auf diejenigen Kinder bezogen, welche im deutschen Sprachraum an einer
obstruktiven Bronchitis erkrankt sind.
Es ist außerdem anzumerken, dass die vorhandenen groß angelegten Studien ausschließlich
569
an lungengesunden Kindern durchgeführt wurden. So sind die sich daraus ableitenden Therapieempfehlungen auch nur und ausschließlich
auf dieses Patientenkollektiv zu beziehen und
insbesondere Kinder mit Zeichen für eine bronchiale Hyperreagibilität und/oder atopischer
Prädisposition hiervon auszuschließen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den am
häufigsten verwendeten und diskutierten Therapieoptionen der obstruktiven Bronchitis. Folgende Wirkstoffgruppen wurden dabei berücksichtigt:
Beta-2-Mimetika, Alpha-1-Mimetika, Glukokortikosteroide, hypertone Kochsalzlösung (3 %),
Leukotrienrezeptorantagonisten (LTRA), Mukolytika, Anticholinergika, Ribavirin, Antibiotika, Flüssigkeitssubstitution und Sauerstoffgabe.
Hierbei wurde insbesondere auf verfügbare Metaanalysen, sowie evidenzbasierte internationale
Leitlinien zurückgegriffen. In allen Metaanalysen war die Vergleichbarkeit unterschiedlicher
Studien aufgrund einer großen Heterogenität
der Studiendesigns, unterschiedlicher primärer
Endpunkte und oft fehlender Power-Analysen
erheblich erschwert und die Aussagekraft somit
eingeschränkt.
„„Therapieoptionen
Bronchodilatatoren
β-Sympathomimetika, Anticholinergika
Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2010 schloss
22 Studien mit insgesamt 1428 Kindern ein (3).
Dabei verbesserte sich der klinische Score unter
Anwendung von Beta-2-Mimetika oder Anticholinergika insgesamt moderat, bei gleichzeitig unveränderter O2-Sättigung. Es konnte jedoch keine
Verbesserung in Bezug auf Krankenhauseinweisungen bzw. die Länge der stationären Verweildauer verzeichnet werden. Eine generelle Empfehlung konnte somit nicht abgeleitet werden.
Fazit: Ein Therapieversuch mit einem inhalativen Beta-2-Sympathomimetikum ist gerecht-
570
fertigt, bei ausbleibender objektivierbarer Verbesserung sollte diese aber nicht fortgeführt
werden. Die Kombination mit Anticholinergika
ergibt keine zusätzliche Verbesserung.
α-Sympathomimetika
Hartling et al. schlossen in ihrer Metaanalyse
aus dem Jahr 2011 (4) 19 Studien mit insgesamt 2256 Kindern ein. In Bezug auf die Krankenhauseinweisungen ergab sich hierbei zwar
eine Reduktion an Tag 1, an Tag 7 ließ sich
aber bereits keine Verbesserung verzeichnen.
Die stationäre Aufenthaltsdauer verkürzte sich
nicht. Insgesamt erschien die Therapie mit alpha-Sympathomimetika geringfügig effektiver
zu sein als die Inhalation von Salbutamol.
Fazit: Ein Therapieversuch mit einem inhalativen alpha-Sympatomimetika ist bei schwer
beeinträchtigten Kindern ohne Ansprechen auf
beta-Sympatomimetika gerechtfertigt, bei ausbleibender objektivierbarer Verbesserung sollte
diese aber nicht fortgeführt werden. Es ist aber
zu betonen, dass alpha-Sympatomimetika nicht
für diese Indikation zugelassen sind.
Hypertone Kochsalzlösung (3 %)
In einer im Jahr 2013 publizierten Coch­raneAnalyse wurden 11 Studien mit insgesamt 1090
Kindern eingeschlossen. Davon wurden 500
stationär, 65 ambulant und 525 in der Notaufnahme behandelt (5). Die Studien zeigten
weitestgehend konsistent eine signifikante Verkürzung der stationären Verweildauer (um 1,2
Tage) im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung
(0,9 %) und eine signifikante Reduktion des
Symptomscores an Tag 1 und 3. Es zeigte sich
jedoch keine signifikante Reduktion der stationären Aufnahmen aus der pädiatrischen Notaufnahme, allerdings mit der Einschränkung
der Autoren, dass dies unter Umständen auf die
geringe Fallzahl zurückzuführen sein könnte.
Eine ganz aktuelle Studie mit gutem Design und
großer Patientenzahl (n = 247), bei der stationär aufgenommene Kinder, die nicht auf Salbutamol ansprachen, verblindet entweder mit
isotoner-, 3 %iger oder 6 %iger Kochsalzlösung
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behandelt wurden, unterstrich zwar die Sicherheit der Inhalation hypertoner Kochsalzlösung,
konnte aber keinen Unterschied hinsichtlich der
stationären Verweildauer und der Zeit mit Sauerstoffbedarf in den unterschiedlichen Behandlungsarmen feststellen (6).
ner ersten obstruktiven Bronchitis während der
RSV-Saison erkrankten. Die Patienten hatten
dabei weder β-Mimetika noch Kortikosteroide in
den letzten 2 Wochen erhalten. Asthma, kardiopulmonale Erkrankungen und Frühgeborene 6
Wochen waren ausgeschlossen worden.
Fazit: Für die Wirksamkeit der Inhalation von
hypertoner Kochsalzlösungen bei Kindern mit
obstruktiver Bronchitis besteht derzeit die beste Evidenz, auch wenn in einer aktuellen Studie
vielversprechende Ergebnisse vorheriger Untersuchungen nicht reproduziert werden konnten.
Problematisch ist jedoch die praktische Umsetzung im Alltag, da 3 %ige Kochsalzlösung bisher
nicht erstattungsfähig ist und die notwendigen
Vernebler häufig nicht zeitnah den Patienten
zur Verfügung gestellt werden. Ein Therapieversuch mit dreiprozentiger Kochsalzlösung (3 x 4
ml via Feuchtverneblung) ist sowohl bei ambulant als auch stationär behandelten Kindern gerechtfertigt, bei ausbleibender objektivierbarer
Verbesserung sollte diese aber nicht fortgeführt
werden.
Die Patienten wurden dabei in vier nahezu
gleichgroße Gruppen randomisiert. Die erste
erhielt in den pädiatrischen Notaufnahmen inhalatives Epinephrin und orales Dexamethason
(1 mg/kg KG in der Notaufnahme, gefolgt von
5 täglichen Einmalgaben von 0,6 mg/kg KG,
jeweils maximal 10 mg), die zweite inhalatives
Epinephrin plus orales Placebo, die dritte inhalatives Placebo plus orales Dexamethason und die
vierte Gruppe sowohl vernebeltes, als auch orales
Placebo. An Tag 7 wurde dann durch eine Studienschwester ein telefonischer Kontakt zu den
Eltern hergestellt, die Anzahl der stationären
Aufnahmen zu diesem Zeitpunkt wurde notiert.
Glukokortikosteroide
Fernandes et al. analysierten im Jahr 2013 17
Studien mit insgesamt 2596 Kindern (7). Die
Studien waren dabei sehr heterogen, hinsichtlich outcome, Untersuchungsverfahren etc.,
sodass die Vergleichbarkeit erschwert ist. Die
Ergebnisse der einzelnen Studien waren zum
Teil widersprüchlich. In der Gesamtauswertung
der Studien konnte zwar gezeigt werden, dass
durch die Gabe von systemischen Glukokortikosteroiden die Zahl der Tage mit Symptomen
signifikant reduziert wurde, auf die Frequenz der
Krankenhauseinweisung an Tag 1 und 7 und auf
die Krankenhausverweildauer ließ sich jedoch
kein signifikanter Effekt verzeichnen.
Fazit: Keine generelle Empfehlung.
Kombinationen
Plint et al. veröffentlichten im Jahr 2009 (8)
eine Untersuchung mit 800 Kinder im Alter
von 6 Wochen bis 12 Monaten, welche an ei-
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Diese methodisch anspruchsvolle und gut geplante Studie zeigte nach unbereinigter Analyse, dass nur eine Kombination aus oralem
Dexamethason und inhalativem Epinephrin signifikant die stationären Aufnahmen an Tag 7 reduzieren konnte. Nach Bereinigung der Analyse
war dieser Effekt jedoch nicht mehr signifikant
(p = 0,07).
Fazit: Ob möglicherweise eine Kombination verschiedener Medikamente effektiv ist, kann nicht
ausgeschlossen werden, ist aber bisher durch
Studien nicht hinreichend belegt.
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA)
Die Rationale zum Therapieversuch mittels LTRA
ergibt sich aus der vermehrten Freisetzung von
Leukotrienen bei RSV-Infektionen, Bronchokonstriktion und Schleimhautödem, der eosinophilen
Inflammation und bronchialen Hyperreagibilität.
Weder Amirav et al. (9) noch Bisgaard et al.
(10) konnten jedoch einen signifikanten Unterschied in Bezug auf stationäre Verweildauer und
Symptomscore (9) oder symptomfreie Tage (10)
im Vergleich zu Placebo feststellen.
571
Fazit: In den bisher durchgeführten Studien zur
Therapie der obstruktiven Bronchitis/Bronchiolitis mit LTRAs konnte kein akuter Effekt gezeigt
werden, weshalb die Anwendung nicht empfohlen werden kann.
Mukolytika
Bei Mukolytika handelt es sich um häufig verordnete bzw. frei verkäufliche Medikamente, obwohl zu deren Wirksamkeit bei dieser Indikation
keine randomisierten Studien vorliegen. Wenigen Nebenwirkungen steht folglich gegenüber,
dass die Wirksamkeit nie bewiesen wurde. Eine
Therapie wird deswegen nicht empfohlen. Auch
DNAse zeigte sich bei Kindern mit RSV-Infektion
im Vergleich zu Placebo nicht überlegen (11).
Fazit: Keine Empfehlung.
Antibiotika
Aufgrund der klinischen Präsentation werden
im Alltag bei obstruktiven Bronchitiden nicht
selten Antibiotika verschrieben, unter anderem
unter dem Ziel, die Kinder »antibiotisch abzuschirmen«, also um eine sekundäre bakterielle
Infektion zu vermeiden. Bereits die Empfehlungen aus dem Jahr 2006 (2) führten jedoch an,
dass eine antibiotische Therapie nur bei spezifischen Hinweisen für eine akute bakterielle
Infektion anzuwenden sei. Auch Spurling et al.
(12) stellten anhand von 5 Studien mit insgesamt 543 Kindern fest, dass aufgrund der großen Heterogenität keine generelle Empfehlung
gegeben werden kann. In einer Studie verringerte sich zwar die Zahl der Krankenhauseinweisungen, die stationäre Verweildauer blieb aber
in den untersuchten Gruppen gleich (13).
sich ausschließlich um Kinder 6 Monate. Die
Studien wiesen auch hier eine große Heterogenität auf. Insgesamt zeigte sich eine tendenzielle, aber nicht signifikant niedrigere Mortalität
(5,8 % versus 9,7 %) und eine Verringerung der
Beatmungsdauer. Die aktuelle Version des Artikels wurde zurückgezogen, da die Autoren kein
update liefern konnten.
Fazit: Eine klare Aussage ist folglich nicht möglich. Dennoch sollte Ribavirin bei schwerstkranken Kindern mit RSV-Infektion als ultima ratio
in Erwägung gezogen werden.
Flüssigkeitssubstitution
Eine parenterale Substitution von Flüssigkeit ist
nur bei unzureichender Trinkmenge sinnvoll (2).
Aufgrund einer möglichen inadäquaten ADH-Sekretion, wie sie z. B. bei RSV-Infektion auftreten
kann, sollten im Falle einer notwendigen parenteralen Flüssigkeitssubstitution die Elektrolyte
im Blut regelmäßig kontrolliert werden.
Fazit: Eine parenterale Flüssigkeitssubstitution
ist lediglich bei unzureichender Trinkmenge und
drohender Exsikkose indiziert.
Sauerstoff
Ribavirin
Betrachtet man die O2-Bindungskurve, so erscheint eine Sauerstoffsubstitution bei sonst
gesunden Kinder unter Standardbedingungen erst ab einer peripheren O2-Sättigung von
90 % sinnvoll, da hier ein steiler Abfall der
O2-Bindungskurve erfolgt, und bereits geringe
Mengen zugeführten Sauerstoffs einen Anstieg
herbeiführen (2). Bei einer Sättigung über 90 %
sind große Steigerungen des pO2 notwendig,
um eine weitere Zunahme der peripheren Sauerstoffsättigung zu erreichen. Hinsichtlich der
Sicherheit ist dieses Vorgehen einem Grenzwert
94 % äquivalent (Abb. 1) (16). Langzeitstudien zum neurologischen Outcome sind hierbei
allerdings nicht verfügbar.
Zur Frage der Evidenz von Ribavirin wurden in
einer Metaanalyse aus dem Jahr 2009 12 Studien eingeschlossen (14). Dabei handelte es
Fazit: Kinder mit einer pulsoxymetrisch gemessenen Sauerstoffsättigung 90 % sollten Sauerstoff erhalten.
Fazit: Die antibiotische Therapie von Kindern
ohne konkreten Hinweis auf eine bakterielle Superinfektion kann nicht empfohlen werden.
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„„Fazit für die Praxis
Wir kommen zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit der am häufigsten im klinischen Alltag
verordneten Medikamente zur Therapie der obstruktiven Bronchitis im Kindesalter nicht hinreichend belegt ist. Die aktuelle Leitlinie der
American Academy of Pediatrics (17) sieht deswegen für fast alle etablierten Wirkstoffe keine
Indikation. Dieser therapeutische Nihilismus
mag für einige Patienten gerechtfertigt sein,
stößt aber beispielsweise unter pädiatrischen
Intensivmedizinern auf Unverständnis (18), da
für diese nicht nur längerfristige Vorteile im
Blickfeld stehen, sondern beispielsweise auch
die Verbesserung einer akuten Atemnot.
Sauerstoffsättigung
Linksverschiebung
90%
Hypometabolismus
Alkalose
Hypothermie
Rechtsverschiebung
Hypermetabolismus
Azidose
Hyperthermie
pO2 (mm Hg)
Abb. 1 | Sauerstoffbindungskurve
Als Kompromiss schlagen wir folgende Vorgehensweise vor (Abb. 2):
Auch wenn die Datenlage zum Teil widersprüchlich ist, wurde in den meisten bisher publizierten
Studien eine mögliche Wirksamkeit von hypertoner Kochsalzlösung beschrieben. Die Verträglichkeit ist hierbei gut. Ein Therapieversuch bei
beeinträchtigten Kindern mit akuter obstruktiver
Bronchitis/Bronchiolitis ist daher gerechtfertigt.
Problematisch sind die fehlende Erstattungsfähigkeit seitens der Krankenkassen und die Notwendigkeit eines Verneblersystems, welches häufig nicht zeitnah zur Verfügung steht.
Die Gabe von Beta-2-Sympatomimetika kann
versucht werden. Der klinische Effekt (Anstieg
der O2-Sättigung, Abnahme der Atemfrequenz)
ist jedoch zu kontrollieren. Bei Nicht-Ansprechen sollte diese Therapie nicht fortgeführt und
erst recht nicht eskaliert werden.
Die Gabe von vernebeltem Epinephrin stellt
ebenfalls eine Option dar. Das Ansprechen muss
aber wie bei den inhalativen Beta-2-Mimetika
klinisch kontrolliert werden.
Für die generelle Anwendung von systemischen
oder inhalativen Glukokortikosteroiden besteht
keine Evidenz. Gleiches gilt für Mukolytika und
Anticholinergika.
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Eine Sauerstoff-Substitution ist vermutlich erst
unter 90 % peripherer Sättigung notwendig und
genauso sicher wie ein Grenzwert von 94 %.
Eine Flüssigkeitssubstitution ist nur erforderlich, wenn das Kind nicht ausreichend trinkt.
Die generelle i. v. Gabe kann sogar aufgrund
der möglicherweise auftretenden inadäquaten
ADH-Sekretion gefährlich sein.
Für die Anwendung von nasalen α-Sympathomimetika bei Kindern liegen experimentelle Daten
vor, welche zeigen, dass die nasalen Widerstände gesenkt und die Flussraten signifikant gesteigert werden (15). Ihre Anwendung ist daher
trotz fehlender systematischer Untersuchungen
zur Therapie der akuten obstruktiven Bronchitis bei Kindern mit einer Rhinitis und Nasenatmungsbehinderung empfehlenswert.
„„Zusammenfassung
Die obstruktive Bronchitis zählt zu den häufigsten Erkrankungen im Kleinkindalter und ist verantwortlich für zahlreiche Vorstellungen beim
Kinderarzt, in den Notfallambulanzen und für stationäre Aufnahmen. Sie stellt somit nicht nur ein
relevantes gesundheitliches Problem für Kleinkin-
573
Kind mit klinischer Diagnose einer akuten
obstruktiven Bronchitis
Kind beeinträchtigt
O2-Supplementierung,
wenn SpO2 + 90%
keine pulmonalen
Vorerkrankungen
frühkindliches Asthma/
bronchiale
Hyperreagibilität
Therapieversuch mit
Beta-2-Mimetika mit
Therapiekontrolle.
Bei Ansprechen
Fortführung
Therapie laut Nationaler
Versorgungsleitlinie
Asthma (Beta-2Mimetika und
gegebenenfalls
systemische
Kortikosteroide)
Kein Ansprechen auf
Beta-2-Mimetika:
Therapieversuch mit
NaCl 3% 3x4ml,
Therapiekontrolle
nach etwa 2 Tagen
der dar, sondern hat auch erhebliche gesundheitsökonomische Konsequenzen. Entgegen den Therapieempfehlungen und evidenzbasierten Leitlinien
aus dem angloamerikanischen Raum, werden im
deutschsprachigen Raum bei der überwiegenden
Zahl der Kinder routinemäßig Bronchodilatatoren
und Glukokortikosteroide eingesetzt.
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, den Evidenzgrad zur Effektivität unterschiedlicher Medikamente, die häufig bei der obstruktiven Bronchitis eingesetzt werden, anhand verfügbarer
Metaanalysen zu überprüfen und in Anlehnung
an bestehende internationale Leitlinien eine
Therapieempfehlung auszusprechen.
Die Empfehlungen dieser Arbeit beziehen sich
ausschließlich auf Säuglinge und Kleinkinder
bis zum zweiten Lebensjahr ohne pulmonale
Vorerkrankung bzw. ohne atopische Prädisposition, insbesondere ohne Hinweise für eine
infektgetriggerte bronchiale Hyperreagibilität
bzw. ein frühkindliches Asthma bronchiale.
574
Kind nicht
beeinträchtigt
Keine inhalative Therapie
»Wait and watch«
Sicherstellung freier
Nasenatmung und
ausreichender
Flüssigkeitszufuhr
Abb. 2 | Vorgehen bei obstruktiver
Bronchitis
Dopfer, C., M. Price und N. Schwerk:
Evidence ­based treatment for acute
bronchiolitis – does it exist?
Summary: Bronchiolitis is among the most
common acute diseases in early childhood and
is responsible for numerous consultations at
Pediatricians, visits to emergency departments
and hospital admissions. Therefore this illness
represents not only a significant medical condition in toddlers, but also has a substantial
socio-economic cost. Despite Anglo-American
therapy recommendations and evidence based
guidelines, German speaking countries continue
to treat most children with beta-agonists and
glucocorticosteroids.
The goal of this article is to investigate the
evidence and effectiveness of different drugs in
treating bronchiolitis. Following available me-
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ta-analysis, we would like to propose general
treatment recommendations, congruent to international guidelines.
11. Boogaard R, et al. Recombinant human deoxyribonuclease
in infants with respiratory syncytial virus bronchiolitis. Chest.
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These recommendations apply only to children
without pre-existing pulmonary conditions,
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wheeze or asthma.
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Key words: Bronchiolitis – evidence based
treatment – hypertonic saline solution –
­glucocorticoids
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Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass
bei der Erstellung des Beitrags keine Interessenkonflikte im Sinne der Empfehlungen des
International Committee of Medical Journal
Editors bestanden.
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10. Bisgaard H, et al. Study of Montelukast for the Treatment
of Respiratory Symptoms of Post–Respiratory Syncytial Virus
Dr. Christian Dopfer
Klinik für Pädiatrische Pneumologie,
­Allergologie und Neonatologie
Medizinische Hochschule
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Bronchiolitis in Children. Am J Respir Crit Care Med 2008 Vol
178. pp 854–860.
pädiatrische praxis 2016 Band 85 / 4
[email protected]
575
CME
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Gibt es eine
evidenzbasierte Therapie
der obstruktiven
Bronchitis/Bronchiolitis?
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