Allgemeine Grundlagen der Kodokan-Kata
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Allgemeine Grundlagen der Kodokan-Kata
Judo-Lehrerfortbildung 05./06. Dezember 2009 in Köln, Sporthochschule Kata Ratschläge großer Meister Ichiro Abé, 10. Dan, früherer Beauftragter des Kodokan in Europa, über Randori und Kata ….um zu arbeiten, voranzukommen und Judo zu verstehen, verfügen wir über zwei Praktiken: KATA (zeremonielle Vorführung) und Randori (Vorstufe des Kampfes = freies Üben oder Judo-Sparring). Weder das eine noch das andere darf man vernachlässigen, zwischen beiden besteht eine enge Beziehung. So wie zwischen Grammatik und Aufsatz. Die Grammatik lehrt die Regeln, die Grundsätze des richtigen Schreibens und Sprechens, das ist das Kata. Um gut Randori auszuüben, muss man daher gut die Kata kennen. Im Allgemeinen sind die Kata oder die Grundregeln das Stiefkind des europäischen Judo. Ihr Geist und ihre Ausführung sind schlecht verstanden und abgeändert worden. Der Bewegungsablauf von Tsukuri bis Kake muss beim Randori wie bei der Kata vollständig ausgeführt werden, sonst verliert die Kata ihre „grammatikalische“ Bedeutung, sie wird „europäisch“. Anwendungsformen des Judo ( Hauptübungsformen ) Shiai Im Vordergrund steht das Verlangen, zu siegen. Randori Im Vordergrund steht das Bestreben, die/der Aktivere zu sein. Kata Im Vordergrund steht das Bestreben nach vollendeter Bewegung. Der Judo - Baum (nach Otaki und Draeger) Stamm, Äste, Laubwerk ( Techniken) Hilfswurzeln ( Randori ) Übungsgeist ( Motivation ) Pfahlwurzel ( Kata ) Übungsgeist ( Motivation ) Kata Verhältnis zu Randori und Shiai Streben nicht nur nach zweckbestimmter, sondern auch nach vollendeter Bewegung (fehlerfrei, überlegen, ohne Hemmungen), und zwar durch Disziplin, die in Shiai und Randori fehlt deshalb Kampf mit sich selbst (Übung zur Eigenkontrolle). Grammatik, die Theorie (z.B. Ju no Kata, Itsutsu no Kata) und Praxis (z.B.: Randori no Kata) verbindet. Sinnbild des technischen und geistigen Weges Wächter der Judo-Substanz (Kawaishi) Klare Trennung von Uke und Tori Hauptziele der Kata Seit Gründertagen verfolgt Kodokan-Judo drei wesentliche Ziele, die sich auch in den Kata widerspiegeln: Shin den Geist zu üben (Shushindo) Waza die kämpferische Wirksamkeit zu fördern Tai den Körper physisch zu entwickeln (Renshindo) Shin Waza (Techniken) Tai Hauptziele der Kata Schulung und Entwicklung von Fähigkeiten - Orientierungs- und Reaktionsfähigkeit - Rhythmusfähigkeit ( z.B.: Atemrhythmus ) - Gleichgewichtsfähigkeit - Spiel mit dem Gleichgewicht Gleichgewichtsverlust und –gewinn - Differenzierungsfähigkeit (relative Muskelentspannung) - Zielorientierte Gesamtkörperbewegung Shin Waza Tai Hauptziele der Kata Darstellung ( Demonstration ) - einer Trainigsmethode in Ergänzung zu Randori und Shiai - von Prinzipien - grundlegender, repräsentativer Judotechniken (Vermittlung eines Techniksystems) - stilisierten Zweikampfes - von Angriff und Verteidigung - von Sieg und Niederlage Shin Waza Tai Hauptziele der Kata Darstellung ( Demonstration ) - des Judo als ein System der körperlichen und geistigen Erziehung (wirksamer Gebrauch von Geist und Körper) - Abendland Asien Körperkultur Judo auch als Mittel, um geistige Ziele zu erreichen - der Einheit von Geist und Körper in der Handlung - des geistigen Kreislaufs und bedingter Reflexe (nicht nur mechanische Ausführung) - individueller Fähigkeiten, ohne dass – auf Grund ihrer Breite – der Wert der Kata leidet. Shin Waza Tai Traditionspflege Kata - bewahrt vom Vergessen bedrohte Techniken z.B. Haltung, die durch das Tragen von Rüstungen bedingt ist; Abknien in Katame no Kata, Shikko ashi; Kime no Kata; Koshiki no Kata, Kurai dori - Bewahrt gemeinsame Budo-Wurzeln des Judo, die in den historischen Selbstverteidigungskünsten (Kiai, Schläge, Tritte, Dolchstöße, Messerschnitte, Schwerthiebe) ihren Ursprung haben. - von Kano aus Achtung vor seinen Lehrern und deren Stile des Jujutsu und aus Achtung für die Überlieferung entweder übernommen, weiterentwickelt oder neu geschaffen. - soll als ein Zeichen für die Ganzheit und Vollkommenheit des Judo bewahrt werden. Tradition 1882 Juni, Gründung des Kodokan (Halle zum Studium des Weges) 1884 Nage no Kata in Urform 1887 Go no Kata, Nage no Kata, Katame no Kata, Ju no Kata 1907 Vereinheitlichung der Kata (Nage no Kata, Katame no Kata, Kime no Kata) 1924 Standard-Kata-Buch von Yamashita und Nagaoka Seiryoku zenyo kokumin taiiku no Kata 1946 Joshi goshin ho (Jiro Nango) 1956 Vorstellung der Kodokan goshin jutsu 1960 10.4. Kata-Standardisierungstreffen Anforderungen an Kata Ausstrahlung und Ausstrahlung und Gesamteindruck Gesamteindruck Prinzipien und technischer Inhalt Erscheinungsbild Körperhaltung Prinzipien des Sei ryoku zen‘yo und Ji ta kyo ei Raumaufteilung Bewegung Konzentration Harmonie Repräsentativer Technikquerschnitt (Modellcharakter der Kata) Erscheinungsbild - Vorbereitung der richtigen inneren Einstellung Etikette - Höflichkeit und Gelassenheit erlauben Harmonie und Feinheit in den technischen Details. - Vorführung feierlich, aber nicht überzogen (Gefahr der Lächerlichkeit) - Keine lästige Formalie Ausdruck der eigenen Würde, des inneren Friedens, der Ausgeglichenheit, Wachsamkeit, Gelassenheit und Ruhe Grüßen - Ausdruck der Achtung vor dem Ort, dem Meister, Partner - gleichzeitig; Gleichklang und Einklang - Übereinstimmung der Bewegung führt zu Harmonie. - Uke darf Toris Bewegung nicht vorwegnehmen. Erscheinungsbild Zeremoniell - Darstellung dessen, was Kata ist und erst dann der individuellen Fähigkeiten - Sparsamkeit der Ausdrucksmittel - Sauberkeit Kleidung - Kleiderordnen, ist jederzeit erlaubt, sofern der Judogi geringfügig in Unordnung geraten ist. - besonderer Stil, den Gürtel zu binden (nicht Randori-Stil); Gürtellänge - Gürtelknoten notfalls anfeuchten. Körperhaltung -alle Bewegungen stehen in Wechselwirkung zur Atmung. Die Atmung bestimmt den Ausführungsrhythmus. Atmung - hastige, unkontrollierte Atmung führt zu hastigen, unkontrollierten Bewegungen. - rhythmisch, tief, langsam und ruhig; tiefes Ausatmen beim Höhepunkt der Technik Augen Kopf Greifen, Zufassen - möglichst lange Blickkontakt halten. - immer ins Gesicht sehen. - Kinn leicht anziehen für gute Haltung. - nicht festkrallen, damit Kleidung nicht in Unordnung gerät (Uke muss beim Fallen Revers loslassen). - nie in den Gürtel (außer, die Technik erfordert dies) Körperhaltung - Drohgebärde nicht zu schnell, doch fließend Schlagen - nie schlaffes Handgelenk - Faust nicht zu früh öffnen (Verlust der Körperspannung). Gleichgewicht Schritte Kamae - stets völliges Gleichgewicht beim Stehen, Gehen, Kuzushi, Tsukuri, Kake, Tai sabaki demonstrieren. - Dynamisches, nicht statisches Gleichgewicht halten. - Suri ashi - Ayumi ashi - Tsugi ashi (vorwärts, rückwärts, seitwärts, im Kreis) - Tai sabaki -Shikko ashi - Kurai dori, Kyoshi Kampfstellung - Jigohontai - Migi jigotai - Hidari jigotai Raumaufteilung - Abstand : grundsätzlich 4 Tatami ~ 3,60 m bis 4 m Eröffnung -Tori eröffnet leicht vor Uke. - Eröffnungsschritt zeigt gutes Gleichgewicht, Vertrauen, Kraft und Entschlossenheit (Erwarten des Gegners für den richtigen Kampf). - Entscheidung über den richtigen Handlungsabstand Mai ai -nur geschickte, richtige Entfernung erlaubt geschmeidige, flüssige Bewegungen. -„ Ausführungsmittelpunkt „ --> kein Punkt, sondern Bezugsbereich („Center-Zone)“ Symmetrie - Übergang von Tsukuri zu Kake findet in der Mitte der Center-Zone statt(s. Nage no Kata). - Ukes Platz nach Ukemi ist nicht unbedingt innerhalb dieses Bereichs. Bewegungen - dynamisch - natürliche, fließende Ausführung - tatkräftig ausgeführte Techniken - kein anschwellendes Rennen zwischen Uke und Tori, wer die Technik zuerst beendet. - Tori und Uke müssen jede Technik als Paar beenden. - Tori und Uke sind wie mit einem unsichtbaren Seil auf Spannung verbunden, auch beim Abschluss. - synchrone Bewegungsabläufe; Abbild des Gleichklangs zwischen Uke und Tori ( Beschränkung der Bewegung auf das Wesentliche ) Bewegungen - der Bewegungsablauf muss sich dem Atemrhythmus anpassen. Rhythmus - harmonische Verbindung der Handlungen - förmlich einleitende Bewegungen (Stellung und Haltung) sind Übungen, um die Handlungsabstände (Ma ai) zu überwachen. Stehen Gehen Drehen Beherrschung von Shintai, Suri ashi , Ayumi ashi, Tsugi ashi, Shikko ashi, Tai sabaki, Kurai dori, Kyoshi korrekte Anwendung von Kraft in Ri ai, Kuzushi, Tsukuri, Kake sowie Tai sabaki mit möglichst wenigen Bewegungen; soweit möglich ohne Hilfe der Hände Aufstehen Uke soll mit einer wellenförmigen Bewegung aufstehen Ri ai Zusammenarbeit von Uke und Tori (synergetische Art und Weise, in der Tori und Uke Energie anwenden) Konzentration dem unvermeidlichen Angriff ungerührt entgegensehen. unempfindlich gegen äußere Störungen sein. Gelassenheit und ruhige Wachsamkeit kein Hauch von Denken zwischen Erkenntnis und Handeln (Intuitives Handeln) Muga mushin kein Ich, kein Gedanke Zustand der Neutralität (befreit von allen Gedanken) Ausdruck meisterhafter Beherrschung Fudo shin selbständige Fähigkeit des Verstandes, unbedingt wachsam zu sein, zu empfinden, zu handeln, zu reagieren Konzentration in die eigene Technik entwickeln. Selbstver -trauen Umsicht im Handeln Intuition (der Augenblick, in dem sich Technik und Geist verbinden) kontrollierter Abschluss einer jeden Aktion besondere Art von Wachsamkeit, durch die der Gegner beherrscht wird. Zan shin wachsam und frei, ohne an etwas zu haften. kampfbereiter Eifer ( nach jeder Technik spürbare Flinkheit Körperhaltung, die es erlauben würde, mit schnellen Handlungen ausdauernd Angriffe zu bekämpfen. . Entwicklung des eigenen Geistes Kiai je stärker der Geist, umso stärkerdie Kata ( Deshimaru) Harmonie Ruhige Ausstrahlung auf Grund ausgeglichener Verbindung von Shin, Tai und Waza Nur ihre vollkommene Einheit schafft die rechte Handlung Ma ai Entscheidung über den richtigen Handlungsabstand Zusammenarbeit (nicht Vorwegnahme der Zusammenarbeit) von Uke und Tori technische Gleichwertigkeit von Uke und Tori Harmonie, z.B.: durch paarweises Greifen und gleichzeitige Bewegung in die Technik gleichmäßiges (Ziehen/Drücken); gleichzeitiger Zusammenstoß beim Schlagangriff Ri ai Tori und Uke wenden ihre Energie gleichzeitig an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Stellung an (Synergie). nicht nur technisch und mechanisch korrekt; vor allem die geistige Einstellung muss die körperliche Handlung leiten bei zu viel Wille und Energie entstehen eckige, hastige Bewegungen, die zur Disharmonie führen. Uke und Tori beenden die Technik als Paar. Prinzipien und technischer Inhalt Darstellung der Prinzipien Sei ryoku zen’yo und Ji ta kyo ei Repräsentativer Technikquerschnitt (Modellcharakter der Kata) Darstellung der Prinzipien Sei ryoku zen‘yo (technisches Prinzip) Bestmöglicher (wirtschaftlicher) Einsatz von Geist und Körper größte Wirksamkeit bei geringstem eigenen Aufwand Siegen durch Nachgeben, ausweichen kein unmittelbarer Widerstand neutralisieren, Umlenken der gegnerischen Kraft Gleichgewicht, Bewegung, Haltung, Konzentration der Kräfte ( unverletzliche Naturgesetze) Angriff gegen die schwächste Stelle der gegnerischen Verteidigung kontrollierter Abschluss jeder Aktion (Zan shin) Darstellung der Prinzipien Ji ta kyo ei (moralisches Prinzip) Durch gegenseitige Hilfe zu beiderseitigem Wohlergehen (soziale Ebene) Gegenseitiges Verstehen Sorgfältige gemeinsame Arbeit (Hochleistung des Einzelnen) Höflichkeit, Anstand, Verantwortung und Pflichtgefühl gegenüber dem Übungspartner Harmonie und Zusammenarbeit mit dem Gegner, der zum Partner wird. Geistige, seelische und körperliche Übereinstimmung mit dem Partner Repräsentativer Technikquerschnitt Ausführung Beherrschung (Meisterschaft) und erkennbare Phasen der einzelnen Technik Verdeutlichung der Prinzipien der einzelnen Technik Technische Perfektion als Voraussetzung für intuitives, absichtsloses, spontanes Handeln im Einklang mit der jeweiligen Situation Ruhiger, flüssiger, dynamischer Bewegungsablauf (ohne unnötigen Krafteinsatz) Fehlerfrei, ohne Hemmungen bei sicherer Kontrolle des Partners Repräsentativer Technikquerschnitt Ausführung Störung des gegnerischen Gleichgewichts Angriff, ausweichen, neutralisieren, Gegenangriff Anpassen an den Atemrhythmus Vorführung der Bewegungskräfte(Technik des Stoßens und Ziehens) Korrekte Anwendung von Kraft in Ri ai, Kuzushi, Tsukuri, Kake und Tai sabaki Fühlen, begreifen, nachgeben, widerstehen (Tai sabaki und Kuzushi zu einer harmonischen Bewegung verbinden) Reaktionsschnelligkeit (Synergie von Nerven und Muskeln) Entwicklung besonderer (bedingter) Reflexe durch geistige Vorgänge Kiai Entfaltung des eigenen Geistes Ma ai Entscheidung über den richtigen Handlungsanstand Ri ai Ausführung der angemessenen Handlung Zan shin Gebündelte Wachsamkeit, durch die der Gegner beherrscht wird (angespannte Konzentration, unbewegtes Bewusstsein) Tori Muss den richtigen Gebrauch von Ukes Kraft zur eigenen, ernsthaften Abwehr demonstrieren. Übernimmt Ukes Angriffsinitiative und wird selbst aktiv ( Ri ai, Go no sen ). Arbeitet nicht mit “Kraft” (dem Angriff folgt das Nachgeben, Aufnehmen und Weiterführen der Angriffsbewegung). Keine unnötige Kraft in den Armen (zu viel Spannung im Oberkörper) oder Beinen (steifer, ungelenker Gang ). Bewegungen werden aus den Muskeln des Hara gelenkt. Hält und zeigt gutes Gleichgewicht bei Kake. Steht nach Kake auf beiden Füßen; die Hände baumeln nicht herum. Endstellung ist natürlich, ohne Steifheit, Rücken leicht gebeugt (konkav), leicht gebeugte Knie. Kraftkurve (Rückenlinie) spiegelt Wirksamkeit der Ausführung wider. Hält Blickkontakt zu Uke; - Uke mit den Augen auf die Matte pressen (Mikomi). Uke Lernt, wie er mit seinem Körper umzugehen hat; verbessert Ukemi, vermeidet Verletzungsgefahr. Zeigt beim Fallen sehr gute Körperbeherrschung und vertraut auf seine Fertigkeit beim Fallen. Darf die Körperspannung nicht verlieren. Vervollkommnet seine Körperkontrolle und Haltung. Hat Vertrauen in Toris Technik- und Wurffähigkeiten. Greift ernsthaft an. Vermeidet kraftlose Aktionen. Darf sich nicht zur Attrappe oder zum Springer degradieren. Ist von Kraft, Leben, Energie erfüllt; ohne übertriebene aufgesetzte Handlung (Wille zur konzentrierten Übung). Zeigt keinerlei Mangel an Wachsamkeit. Hat die Aufgabe, Kata nicht einseitig werden zu lassen. Kata heißt, durch eine im Voraus festgelegte Art und Weise Methoden des Kampfes zu studieren. Kano Jigoro