Programm- und Besetzungsänderung

Transcrição

Programm- und Besetzungsänderung
Mittwoch, 31.12.2014, 17:00 Uhr
Silvesterkonzert
Freitag, 02.01.2015, 20:00 Uhr
3. Abonnement c
Samstag, 03.01.2015, 19:00 Uhr
2. Abonnement h5
Programm- und Besetzungsänderung
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebes Publikum,
Diana Damrau musste die Konzerte am 31.12., 2.1. und 3.1.
krankheitsbedingt leider absagen. Wir sind sehr glücklich, in Simona
Šaturová kurzfristig hochwertigen Ersatz für die Konzerte zum
Jahreswechsel gefunden zu haben.
Die geänderte Programmfolge sowie eine Biografie zu Simona
Šaturová finden Sie auf den folgenden Seiten.
Vielen Dank für Ihr Verständnis
Die Münchner Philharmoniker wünschen Ihrem Publikum einen guten
und erfolgreichen Start ins Jahr 2015!
Programm
Georges Bizet
--------
Suite aus „Carmen“
1. „Le Toréador“ - Introduction | 2. „Prélude“
3. „Intermezzo“ | 4. „Les Dragons d'Alcala“
5. „Danse Bohémienne“
Charles Gounod
--------
„Je veux vivre“, Arie der Juliette aus „Roméo et Juliette“
Jacques Offenbach
--------
Suite aus „Gaîté parisienne“
1. Ouvertüre (aus „Pariser Leben“, 1866)
2. Marsch (aus „Tromb-al-ca-zar“, 1856)
3. Walzer (aus „La Périchole“, 1868)
4. Cancan (aus „Orpheus in der Unterwelt“, 1858)
Gioacchino Rossini
--------
„Una voce poco fa“, Cavatine der Rosina aus „Il barbiere di Siviglia“
Leonard Bernstein
--------
Ouvertüre zu „Candide“
- Pause -
Johann Strauß (Sohn)
--------
Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“
Josef Strauß
--------
„Die Libelle“, Polka Mazur op. 204
Johann Strauß (Sohn)
--------
„Auf der Jagd“, Polka schnell op. 373
Franz Lehár
--------
„Vilja-Lied“ der Hanna Glawari aus „Die lustige Witwe“
Johann Strauß (Sohn)
--------
„Frühlingsstimmen“, Walzer für Orchester op. 410
„Im Krapfenwald'l“, Polka française op. 336
„Spiel' ich die Unschuld vom Lande“,
Couplet der Adele aus „Die Fledermaus“
„Unter Donner und Blitz“, Polka schnell op. 324
Manfred Honeck, Dirigent
Simona Šaturová, Sopran
Simona Šaturová wurde in Bratislava (Slowakei) geboren. Bereits im Alter von
fünf Jahren erhielt sie ihren ersten Violinunterricht. Nach dem Abitur studierte
Simona Šaturová am Konservatorium von Bratislava Gesang und besuchte
verschiedene Meisterklassen, u. a. bei der rumänischen Sopranistin Ileana
Cotrubas.
Seit ihrem kurzfristigen Einspringen als Ilia (Idomeneo) am Théatre de la
Monnaie in Brüssel 2010 kehrt sie regelmäßig an das Haus zurück; Violetta
Valéry (La traviata), Sandrina (La finta giardiniera), Servilia (Titus) und zuletzt
2014 als Gilda. Seit ihrem großen Erfolg als Konstanze (Die Entführung aus
dem Serail) ist sie auch dem Aalto-Theater in Essen sehr verbunden und in
dieser Spielzeit als Elettra (Idomeneo), und Konstanze (Die Entführung aus
dem Serail) zu erleben. Neben zahlreichen Auftritten am Nationaltheater Prag
konnte man die Sopranistin bisher auch auf den Bühnen des Teatro Colón
Buenos Aires, Théâtre du Châtelet Paris, Opéra de Monte Carlo, Oper
Frankfurt, Theater an der Wien und im Megaron in Athen erleben. Zu ihrem
Repertoire gehören u. a. die Partien der Lucia (Lucia di Lammermoor), Adina
(L’elisir d’amore), Gilda (Rigoletto), Giulietta (I Capuleti e i Montecchi), Donna
Anna (Don Giovanni) oder Adele (Die Fledermaus).
Als Konzert- und Oratoriensängerin konnte sich Simona Šaturová ebenfalls
international profilieren. Sie gastierte beispielsweise in New York, Dallas, Oslo,
Toronto, Istanbul, bei den Salzburger Festspielen, beim Oregon Bach Festival
in Eugene, in Japan, Israel und Venezuela, beim Festival Internazionale di
Musica e Arte Sacra Roma, dem Wiener Frühlingsfestival oder dem SchleswigHolstein Musik Festival. Musikalische Partner sind u. a. Christoph Eschenbach,
Philippe Herreweghe, Krzysztof Penderecki, Sir Neville Marriner, Sylvain
Cambreling, Helmuth Rilling, Jiří Bělohlávek, Manfred Honeck, Tomáš Netopil,
Kent Nagano, Rafael Frühbeck de Burgos, Adam Fischer, Ivan Fischer und
Christopher Hogwood.
Simona Šaturová fühlt sich in besonderem Maße zur Musik Mozarts
hingezogen: „Seine Musik hat mich immer begleitet. Vor allem die c-moll Messe
ist für mich ein sehr wichtiges Werk. Ich habe sie mittlerweile weltweit mehr als
50 Mal gesungen.“ Anfang 2009 war sie mit ihrem Lieblingswerk in der
Sixtinischen Kapelle bei Papst Benedikt zu Gast. In der aktuellen Spielzeit singt
sie die c-moll Messe in Baltimore unter der Leitung von Masaaki Suzuki und in
Berlin unter Jörg-Peter Weigle. Außerdem ist sie u. a. als Elettra (Idomeneo) in
Essen, Violetta Valery, Gilda und Donna Anna in Prag zu hören. Konzerte
führen sie u. a. mit Manfred Honeck nach Pittsburgh (Beethoven: 9. Sinfonie)
und Prag (Braunfels: Requiem). In Prag singt sie auch Mahlers 2. Sinfonie mit
Jiří Bělohlávek und Bernarda Fink.
CD-Aufnahmen erfolgten für die Labels Supraphon, hänssler classic, Classico
sowie für den Carus Verlag und Sony/BMG. Unter dem Titel Haydn Arias
erschien im Juni 2009 ihre erste Solo-Aufnahme mit der NDR
Radiophilharmonie unter der Leitung von Alessandro De Marchi bei ORFEO.
Diese erhielt im November 2009 vom Gramophone Magazine die Auszeichnung
Editor’s Choice. Im November 2014 erscheint ihre neue Solo-Aufnahme Decade
mit Arien von W. A. Mozart und J. Mysliveček. 2007 wurde die Künstlerin im
Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals mit dem Förderpreis der
Walter und Charlotte Hamel-Stiftung ausgezeichnet.
Manfred Honeck
Diana Damrau
Mittwoch, 31. Dezember 2014, 17 Uhr
Freitag, 2. Januar 2015, 20 Uhr
Samstag, 3. Januar 2015, 19 Uhr
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Georges Bizet
Suite aus „Carmen“
1. „Le Toréador“ – Introduction | 2. „Prélude“ | 3. „Intermezzo“
4. „Les Dragons d‘Alcala“ | 5. „Danse Bohémienne“
Ambroise Thomas
„Je suis Titania“, Rezitativ und Arie der Philine aus „Mignon“
Jacques Offenbach
Suite aus „Gaîté parisienne“
1. Ouvertüre (aus „Pariser Leben“, 1866) | 2. Marsch (aus „Tromb-al-ca-zar“, 1856)
3. Walzer (aus „La Périchole“, 1868) | 4. Cancan (aus „Orpheus in der Unterwelt“, 1858)
Leonard Bernstein
Ouver türe zu „Candide“
„Glitter and be Gay“, Arie der Cunégonde aus „Candide“
– Pause –
Johann Strauß (Sohn)
Ouver türe zu „Der Zigeunerbaron“
Josef Strauß
„Die Libelle“, Polka Mazur op. 204
Johann Strauß (Sohn)
„Auf der Jagd“, Polka schnell op. 373
Franz Lehár
„Vilja-Lied“ der Hanna Glawari aus „Die lustige Witwe“
Johann Strauß (Sohn)
„Frühlingsstimmen“, Walzer für Orchester op. 410
„Im Krapfenwald’l“, Polka française op. 336
„Klänge der Heimat“, Csardas der Rosalinde aus „Die Fledermaus“
„Unter Donner und Blitz“, Polka schnell op. 324
Manfred Honeck, Dirigent
Diana Damrau, Sopran
Bild- und Tonaufnahmen sind während des Konzer ts nicht gestat tet.
Wir bit ten um Ihr Verständnis!
Mit t woch, 31. Dezember 2014, 17 Uhr
Silvesterkonzer t
Freitag, 2. Januar 2015, 20 Uhr
3. Abonnementkonzer t c
Samstag, 3. Januar 2015, 19 Uhr
2. Abonnementkonzer t h5
Spielzeit 2014/2015
117. Spielzeit seit der Gründung 1893
Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016)
Paul Müller, Intendant
Georges Bizet
3
Beschwingt, spritzig, farbenfroh...
Marcus Imbsweiler
Die Silvesternacht markiert eine Grenze: Scheide­
linie zwischen altem und neuem Jahr, zwischen
Vergangenheit und Zukunft, Rückschau und Vor­
freude. Schlag zwölf bricht sich die Zuversicht
Bahn: Es wird schon werden, die Welt steht uns
offen. Aber sind nicht auch Bedenken angebracht ? Wer weiß, was uns das Jahr bringt ?
In 365 Tagen kann so viel passieren… Gegen
derartige Verzagtheit gibt es bekanntlich ein
Rezept, das aus drei Komponenten besteht:
kulinarisch (ein Glas Sekt) – optisch (Feuerwerk)
– akustisch (Musik). Prosit Neujahr !
Auch die Musikauswahl für den letzten Tag des
Jahres folgt seit langem bewährter Tradition.
Beschwingt soll sie sein, spritzig wie das obligatorische Getränk und farbenfroh wie das
finale Himmelsschauspiel. Um es auf den Begriff
zu bringen: U-Musik. Geht es aber um konkrete
Werke, zeigt sich schnell, wie unzulänglich solche Schlagworte sind. Gehört eine „Carmen“ in
die U-Schublade ? Haben Offenbachs Stücke
nicht einen ernsten Hintergrund ? Wieso wurde
Strauß von Liszt und Brahms bewundert ? Und
wenn schon ein Mann wie Bernstein nicht zwischen E und U trennen wollte, was ist dann mit
Komponisten aus dem 19. Jahrhundert – aus
einer Zeit, als genau diese Scheidung noch gar
nicht vollzogen war ? Wie auch immer man diese
Fragen beantworten mag: Ein genauerer Blick
auf die Musik lohnt allemal.
Paris
Unsere erste Station ist die französische Metro­
pole. Hier feierte seit den 1850er Jahren ein Kölner mit subversiven Einaktern Erfolge: Jacques
Offenbach. Seine satirisch zugespitzten, oft auf
gesellschaftliche Missstände abzielenden BuffoOpern (den Terminus „Operette“ gebrauchte er
fast nie) setzten Maßstäbe – nicht nur in Paris,
sondern auch andernorts, etwa in Wien oder
London. 1856 leistete sich Offenbach den Luxus, einen Wettbewerb für Nachwuchskomponisten auszuschreiben, bei dem es galt, ein
Operettenlibretto zu vertonen – möglichst komisch natürlich. Einer der beiden Preisträger
wurde bereits als Shootingstar der Szene gehandelt: der gerade erst 18 Jahre alte Georges
Bizet (1838–1875).
Bizet in den Fußstapfen Offenbachs ? Aus heutiger Sicht ein befremdlicher Gedanke. Dabei
bewährte sich der junge Mann aus Paris zunächst
im Unterhaltungsfach, bevor er sich ernsteren
Stoffen zuwandte. Auch seine musikalische
Sprache wurde vielschichtiger, was Teile des
Publikums nicht goutierten: Das Verdikt „zu
anspruchsvoll“ traf mehrere seiner Opern, vor
allem aber „Carmen“, sein letztes Bühnenwerk.
Tatsächlich mutete das Stück den Hörern einiges zu: die Darstellung von Arbeiterinnen und
Räubern, ungeschminkte Leidenschaften und
nicht zuletzt den Mord an der Hauptfigur auf
4
Georges Bizet | Ambroise Thomas | Jacques Offenbach
offener Bühne. Außerdem warf man Bizet vor,
seine Musik sei unmelodisch, nicht eingängig
genug, zu sehr an Wagner orientiert. Dass „Carmen“ einmal zu den meistgespielten Opern
weltweit zählen würde, war nach den ersten
Aufführungen nicht zu erwarten. Als sich ihr
Erfolg abzeichnete, wurde die Musik flugs zweitverwertet: in zwei Orchestersuiten, die Ernest
Guiraud (1837–1892) aus den beliebtesten Nummern des Werks zusammenstellte. Kurz zuvor
war Guiraud schon einmal posthum für einen
Komponisten tätig gewesen: Er orchestrierte
„Hoffmanns Erzählungen“, Offenbachs unvollendet gebliebene Oper…
Ernst und /oder komisch ?
Auch der eine Generation ältere Ambroise
Thomas (1811–1896) machte sich zunächst mit
komischen Opern einen Namen, um dann aber
immer stärker ernste und tragische Elemente
zu berücksichtigen. So existieren „Mignon“ und
„Hamlet“, seine beiden Erfolgsstücke der 1860er
Jahre, in jeweils zwei unterschiedlichen Fassungen; mal überlebt die Titelfigur, mal stirbt
sie. Dieses Ringen um die richtige Balance zwischen E und U setzt sich in den Figurenkonstellationen fort: Der vom Schicksal schwer geprüften Mignon wird in der leichtlebigen Philine
eine typische Buffo-Rolle gegenübergestellt.
Während die eine nach ihrer Identität sucht,
bedient sich die andere virtuos verschiedenster Masken – Philine ist Schauspielerin.
Die Bravourarie „Je suis Titania“ stammt aus
dem 2. Akt der Oper: Philine, die soeben in
Shakespeares „Sommernachtstraum“ brilliert
hat, gibt dem Publikum eine weitere Kostprobe
ihres Talents. „Schneller als der Vogel, schneller als der Blitz“: Dieses Bild wird zum Ausgangspunkt einer sängerischen Tour de force
mit atemberaubenden Sprüngen, Tonleitern,
Verzierungen, Trillerketten. Der instrumentale
Charakter ihrer waghalsigen Koloraturen mündet zusehends in einen musikalischen Wettstreit mit den Holzbläsern des Orchesters. Dass
am Ende die Sängerin die Oberhand behält,
versteht sich von selbst.
Galopp in die Hölle
Am längsten und entschiedensten der U-Musik­
Sphäre verpflichtet blieb Jacques Offenbach
(1819–1880) – wenn man einmal außer Acht
lässt, dass seine Bühnenwerke bei aller Eingängigkeit stets einen widerständigen Kern enthalten, nämlich die Thematisierung von gesellschaftlichen Missständen. Aber auch Offenbach
wandte sich mit der Zeit ernsthafteren Dramen
zu, 1864 der romantischen Oper „Die Rhein­
nixen“ und schließlich „Hoffmanns Erzählungen“. Dass ausgerechnet dieses der E-Musik
zugeschlagene Projekt dem Unterhaltungskünstler Offenbach bleibenden Ruhm sichern sollte,
gehört wohl zu den ironischsten Volten der Musik­
geschichte. Umgekehrt hielten sich seine buffonesken Stücke nicht auf den Spielplänen, weil
ihre satirische Tiefenwirkung ohne Kenntnis
der Zeitumstände verblassen musste. Wer weiß
oder ahnt heute noch, welche französischen
Politiker Offenbach und seine Librettisten als
amtsmüde Götter, antike Muskelprotze oder
chinesische Würdenträger verspotteten ?
5
Georges Bizet zur Entstehungszeit der „Carmen“ (1875)
6
Jacques Offenbach | Leonard Bernstein
Auch aus diesem Grund arrangierte 1938 der
Komponist Manuel Rosenthal (1904–2003) eine
Reihe von Tanznummern Offenbachs zu einer
Ballettsuite mit dem Titel „Gaîté parisienne“.
Der Name nimmt zum einen auf das Théâtre de
la Gaîté Bezug, das Offenbach von 1873 bis
1875 leitete, zum anderen auf sein Erfolgsstück
„La Vie parisienne“. Aus diesem und weiteren
Bühnenwerken stammen all die Walzer, Polkas
und anderen Modetänze, die Offenbach ähnlich
leicht von der Hand gingen wie seinen Wiener
Kollegen Strauß, Lanner und Suppé. Natürlich
gipfelt die Suite im weltberühmten Cancan aus
„Orpheus in der Unterwelt“, der dort als „Galop
infernal“, so sein Originaltitel, gutgelaunt die
Höllenfahrt der olympischen Götterwelt (sprich:
des Zweiten Kaiserreichs) untermalt.
Zeitlose Satire
Wir bleiben in Paris, machen aber einen Zeitsprung zurück in das Jahr 1759. Ein anonymer
Roman erscheint: „Candide“, eine bissige Abrechnung mit den Mächtigen dieser Welt und
ihren Philosophen, die alles im besten Licht
erscheinen lassen. Voltaire heißt der schnell
entlarvte Urheber dieser Satire, die in Frankreich verboten, andernorts sogar öffentlich verbrannt wird. Im 19. Jahrhundert war „Candide“
längst in den Kanon der Weltliteratur aufge­
stiegen, doch es dauerte fast 200 Jahre, bis
sich auch ein Komponist des Stoffs annahm:
Leonard Bernstein (1918–1990).
Und die Manier, in der er dies tat, erinnert
durchaus an Offenbach. Wie dessen Opéras
bouffes entzieht sich Bernsteins Werk jedem
Gattungszugriff, ist ein Mix aus Oper, Operette
und Musical, voll bitterer, lustiger, sarkastischer Tonfälle. Auch „Candide“ zielt unverhohlen auf aktuelle Missstände ab: die Pogromstimmung der McCarthy-Ära, in der Liberale
wie Bernstein und seine Librettistin Lillian
Hellman unter dem Vorwand des Staatswohls
bespitzelt und eingeschüchtert wurden.
Bernstein gestaltet dies allerdings im bewährten Stil des Unterhaltungsgenres. Schon die
Ouvertüre bietet ein unbekümmertes Potpourri
der eingängigsten Gesangsnummern – wer
jedoch genau hinhört, stellt fest, dass sie dies
im ehrwürdigen Gewand der klassischen Sonatensatzform tut. „Glitter and be Gay“, die große
Bravourarie der Cunégonde, kippt von der anfänglichen Valse triste um in einen Koloraturen­
rausch, den sich „gelangweilte Hausfrauen zum
Vorbild nehmen“ sollten. So zumindest sah es
Loriot, der eine eigene Textfassung zu „Candide“
erstellte. Das Orchester dagegen zeigt Cunégonde die kalte Schulter und hat für ihre halsbrecherischen Tonorgien nur ein spöttisches
Echo im Fagott übrig.
Ortswechsel: An die schöne blaue
Donau
Der Weg von Paris nach Wien ist kürzer, als man
denkt – zumindest in der Musik. Eine Brücke
schlagen die Werke Jacques Offenbachs, die in
der Donaumetropole mit nur geringer zeitlicher
Verzögerung auf die Bühne gebracht und dabei
an die örtlichen Verhältnisse mehr oder weniger
glücklich angepasst wurden. Johann Nestroy
etwa arbeitete Offenbachs „Vent-du-soir“ zu
einem „eigenen“ Stück um: „Häuptling Abendwind“. Als belebend erwies sich hierbei die Kon-
7
Jacques Offenbach schlägt die Werbetrommel für seine Werke (Karikatur von André Gill, 1874)
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Johann Strauß | Josef Strauß
kurrenz zwischen dem Theater an der Wien und
dem Carltheater, die sich beide um den Import
aus Paris bemühten. 1863 kam Offenbach selbst
nach Wien und ermunterte Johann Strauß
(1825–1899), dessen Ruhm sich bis dahin allein
auf Tanzproduktionen gründete, es ebenfalls mit
Bühnenwerken zu versuchen.
Strauß jedoch zögerte. Als Dramatiker musste
er sich wohl oder übel an Offenbach messen lassen, auch in Wien. Was derartige Konkurrenz –
um das Stichwort von vorhin aufzugreifen – bedeutete, wusste er aus eigener Erfahrung. Sein
Vater hatte einst in ständigem Wettstreit mit
Josef Lanner gestanden, und als Lanner starb,
befehdeten sich Vater und Sohn Strauß. Beide
unterhielten eine gut geölte Musikmaschinerie
aus mehreren Ensembles, die allabendlich, über
die ganze Stadt verteilt, Tanzsäle und Wirtschaften bespielten. 1848 ging der Konkurrenzkampf
auf politischer Bühne weiter: Während der
Junior einen „Revolutions-Marsch“ komponierte,
huldigte der Senior dem konservativen General
Radetzky. Ohne den frühen Tod von Johann Strauß
Vater, der im Alter von 45 Jahren starb, hätte
sich Wien wohl noch lange am innerfamiliären
Musikerzwist erfreuen können.
Arbeitsteilung unter Brüdern
Keinesfalls spannungsfrei, aber doch einträchtiger ging es unter den Brüdern Strauß zu: Der
unter Arbeitsüberlastung leidende Johann übertrug zunehmend Aufgaben auf den zwei Jahre
jüngeren Josef (1827–1870), später auch auf den
1835 geborenen Eduard. „Er ist der Begabtere,
ich bin bloß populärer“, soll Johann einmal über
Josef gesagt haben. Sogar kompositorisch ver-
bündete man sich hin und wieder: Die beliebte
„Pizzicato-Polka“ ist eine Gemeinschaftsproduktion der beiden Brüder.
Vom Charakter her waren sie allerdings unterschiedlich: Während der Ältere als robuste,
durchsetzungsfähige Natur galt, sagte man dem
Jüngeren ein eher melancholisches Gemüt nach.
In ihren Kompositionen schlägt sich das zum Teil
nieder. Für „Die Libelle“ etwa wählte Josef die
Sonderform der Polka Mazur, die den Dreiertakt
der Mazurka mit Polkarhythmen verbindet. Auf
einem hauchfein gewebten Klanggespinst von
Streichern und Harfe, das sich im Pianissimo
verflüchtigt, lässt er das filigrane Insekt vorbeischweben.
Ganz anders Johanns „Frühlingsstimmen-Walzer“,
dessen virtuos-zupackende Thematik mit eingestreuten Vogelrufen eine gewisse Äußerlichkeit nicht verleugnet: Im Original war das Stück
ein Konzertwalzer für Koloratursopran. Ihr tonmalerisches Potenzial spielen auch die Schnellpolkas „Auf der Jagd“ und „Unter Donner und
Blitz“ aus, letztere eher dezent (sie hieß ursprünglich „Sternschnuppe“), während bei der
„Jagd“-Polka, deren Musik aus der Operette
„Cagliostro in Wien“ stammt, Gewehrschüsse
zum Einsatz kommen. Kuckucksrufe sind in der
Polka française „Im Krapfenwald’l“ zu hören;
dass das Stück einst für Russland und den Wald
von Pawlowsk komponiert wurde, spielt keine
Rolle – der Kuckuck ist der gleiche.
Schwierige Anfänge
Erst 1871 kam Johanns erstes Bühnenwerk heraus, „Indigo und die vierzig Räuber“. Alles
9
Musikalische Hommage an den frühverstorbenen Josef Strauß (1827–1870)
10
Johann Strauß | Franz Lehár
andere als eine leichte Geburt: In den gut sieben Jahren, die seit der Begegnung mit Offenbach in Wien vergangen waren, hatte Strauß
gleich mehrere vergebliche Kompositionsanläufe unternommen. Wie vorauszusehen, wurde sein Operettendebüt von der Kritik am Pariser „Original“ gemessen – mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis. Noch lange, so erinnerte
sich ein enger Freund viele Jahre später, herrschte in Wien die Meinung vor, dass Strauß „nicht
das Zeug habe, neben einem Offenbach zu bestehen“.
Sogar die „Fledermaus“, Strauß’ vierte Operette,
hatte es anfangs schwer. Dass sie sich schließlich
doch durchsetzte und bald einen weltweiten Siegeszug ohnegleichen antrat, hat sicher mehrere
Gründe. Einer ist das brillante Textbuch mit all seinen Intrigen und Verwechslungen, das übrigens
auf eine Komödie der Offenbach-Librettisten
Henri Meilhac und Ludovic Halévy zurückgeht.
Es stülpt der Handlung die obligatorischen Tänze nicht einfach über, sondern entwickelt sie
konsequent aus dem Geschehen oder den Charakteren. Rosalindes Csardas-Lied „Klänge der
Heimat“ etwa dient in der konkreten Situation
dazu, ihre Identität trotz Maske zu wahren: Allein durch die Musik gibt sie sich als „echte“
Magyarin zu erkennen. Virtuos hantiert Strauß mit
ungarischen Versatzstücken, vom improvisatorisch
wirkenden Beginn, der den Cymbal­k lang imitiert,
über allmähliche Temposteigerung bis hin zum
zündenden Schluss. Bereits vor der Premiere des
gesamten Stücks wurde der Csardas öffentlich
präsentiert, um das Interesse an der „Fledermaus“ zu wecken.
Ungarn zum zweiten:
„Der Zigeunerbaron“
In Ungarn selbst spielt der „Zigeunerbaron“,
elf Jahre nach der „Fledermaus“ uraufgeführt
und neben der „Nacht in Venedig“ Welterfolg
Nummer drei für Strauß. Hier sind es die Wiener mit ihren großstädtischen Herzensangelegenheiten und ihrer Walzersehnsucht, die unter
Zigeunern und Südosteuropäern wie Exoten
wirken. Bereits die Ouvertüre spielt die beiden
Sphären gekonnt gegeneinander aus, wechselt
beständig zwischen Zigeunermoll und fröhlicher
Polka, zwischen Tanzbodenderbheit und wienerischem Schmelz hin und her. Bei der Uraufführung, die Strauß am Vorabend seines 60. Geburtstags (24. Oktober 1885) selbst leitete, soll
jedes (!) Thema dieser potpourriartigen Ouvertüre stürmisch beklatscht worden sein.
Ganz Europa an der Seine
Mit der „Lustigen Witwe“ schließt sich ein
Kreis: Die Handlung von Franz Lehárs (1870–
1948) erfolgreichster Operette spielt in Paris.
Auch das Libretto geht auf eine französische
Textvorlage zurück, nämlich auf ein Lustspiel
des bereits erwähnten Offenbach-Mitstreiters
Henri Meilhac. Und wieder erlaubt die Handlung
eine musikalische Reise nach Osteuropa: Die
Mehrzahl der Akteure stammt aus dem fiktiven
Kleinstaat Pontevedro, der aus politischer Rücksicht an die Stelle des ursprünglich vorgesehenen Montenegro trat. Zu Beginn von Akt 2
stimmt sich die pontevedrinische Gästeschar
mit heimatlichen Klängen auf den Abend ein:
11
Illustriertes Titelblatt zu Johann Strauß’ „Der Zigeunerbaron“
12
Franz Lehár
Hanna, die reiche, aber unglücklich verliebte
Witwe, singt die rührende Märchenballade vom
Waldmädchen Vilja. Inhaltlich ein Spiegel ihrer
aktuellen amourösen Not, denn noch muss sie
Danilo, ihrem Erwählten, entsagen. Musikalisch
hingegen der perfekte Anlass für Klangzauber
à la Smetana und Dvořák: exotisch angehaucht
und dabei doch immer volksliedhaft schlicht.
E oder U ? Manchmal stellt sich diese Frage
erst gar nicht.
Die Gesangstexte
„Je suis Titania“
Ambroise Thomas
Rezitativ und Arie der Philine aus „Mignon“
Oui, pour ce soir,
je suis reine des fées !
Voici mon sceptre d‘or !
Et voici mes trophées !
Ja, für diesen Abend
bin ich Königin der Feen !
Seht hier den Zauberstab !
Und hier meine Kampftrophäen !
Je suis Titania la blonde,
je suis Titania, fille de l‘air !
En riant je parcours le monde,
plus vive que l‘oiseau,
plus prompte que l‘éclair !
Titania ist herabgestiegen,
die Fee der Luft, vom blauen Wolkensitz !
Will die Welt lachend nun durchfliegen,
noch schneller als der Vogel,
schneller als der Blitz.
La troupe folle des lutins
suit
mon char qui vole et dans la nuit
fuit !
Autour de moi toute ma cour
court,
chantant le plaisir et l‘amour !
Mein Wagen durch die blaue Luft
zieht,
die Elfenschar mit leichtem Tritt
flieht !
Weit um mich her erschallt der Klang,
lang,
der Liebe und der Lust Gesang.
La troupe folle des lutins
suit
mon char qui vole et dans la nuit
fuit,
au rayon de Phoebé qui luit !
Mein Wagen durch die blaue Luft
zieht,
die Elfenschar mit leichtem Tritt
flieht,
wenn Phoebes Strahl erglüht !
Parmi les fleurs que l‘aurore
fait éclore,
par les bois et par les prés
diaprés,
sur les flots couverts d‘écume,
dans la brume,
on me voit d‘un pied léger
voltiger !
Wo im Morgenrot Blumen sprießen,
uns zu grüßen,
über Wiesen durch den Wald
schweb ich bald,
und auf schaumbedeckten schnellen
Silberwellen
flücht’gen Fußes mit leichtem Sinn
zieh ich hin !
13
14
Die Gesangstexte
„Glitter and be Gay“
Leonard Bernstein
Arie der Cunégonde aus „Candide“
Glitter and be gay,
That’s the part I play;
Here I am in Paris, France,
Forced to bend my soul
To a sordid role,
Victimized by bitter, bitter circumstance.
Alas for me ! Had I remained
Beside my lady mother,
My virtue had remained unstained
Until my maiden hand was gained
By some Grand Duke or other.
Glänzen und lustig sein,
das ist die Rolle, die ich spiele.
Hier bin ich, in Paris, Frankreich,
gezwungen, meine Seele
einer schäbigen Rolle zu unterwerfen,
ein Opfer bitterer, bitterer Umstände.
Ach, hätte ich doch nur
an der Seite meiner Frau Mutter ausgeharrt,
meine Tugend wäre unbefleckt geblieben,
bis irgend so ein Großherzog
meine jungfräuliche Hand errungen hätte.
Ah, ’twas not to be;
Harsh necessity
Brought me to this gilded cage.
Born to higher things,
Here I droop my wings,
Ah ! Singing of a sorrow
nothing can assuage.
Ach, es sollte nicht sein;
herbe Notwendigkeit
brachte mich in diesen goldenen Käfig.
Zu Höherem geboren,
lasse ich hier meine Flügel hängen
und singe, ach, von einem Leid,
das nicht zu ändern ist.
And yet of course I rather like to revel,
Ha ha !
I have no strong objection to champagne,
Ha ha !
My wardrobe is expensive as the devil,
Ha ha !
Perhaps it is ignoble to complain...
Enough, enough
Of being basely tearful !
I‘ll show my noble stuff
By being bright and cheerful !
Und doch, natürlich liebe ich die Ausgelassenheit,
ha ha !
Ich habe nicht ernsthaft etwas gegen Champagner,
ha ha !
Meine Garderobe ist sündhaft teuer,
ha ha !
Vielleicht ist es unfein, sich zu beklagen…
Genug, genug
der unwürdigen Tränenseligkeit !
Ich will mein edles Blut beweisen
und Witz und gute Laune zeigen !
15
Leonard Bernstein zur Entstehungszeit von „Candide“ (um 1956)
16
Die Gesangstexte
Ha ha ha ha ha ! Ha !
Ha ha ha ha ha ! Ha !
Pearls and ruby rings...
Ah, how can worldly things
Take the place of honor lost ?
Can they compensate
For my fallen state,
Purchased as they were at such an awful cost ?
Perlen und Rubinringe...
Ach, wie können solch irdische Dinge
für den Verlust der Ehre entschädigen ?
Können sie wettmachen,
dass ich so tief gefallen bin,
da sie um so schrecklichen Preis erworben wurden ?
Bracelets... lavalieres...
Can they dry my tears ?
Can they blind my eyes to shame ?
Can the brightest brooch
Shield me from reproach ?
Can the purest diamond purify my name ?
Armbänder... Schleifen...
Können sie meine Tränen trocknen ?
Können sie meine Augen blind machen für die Scham ?
Kann die funkelndste Spange
mich vor Tadel schirmen ?
Kann der reinste Diamant meinen Namen reinigen ?
And yet of course these trinkets are
endearing,
Ha ha !
I’m oh, so glad my sapphire is a star,
Ha ha !
I rather like a twenty-carat earring,
Ha ha !
If I’m not pure,
at least my jewels are !
Und doch, natürlich hat dieser Glitzerkram
seinen Reiz,
ha ha !
Ich bin ja so froh, dass mein Saphir ein Stern ist,
ha ha !
Ich weiß einen Zwanzig-Karat-Ohrring zu schätzen,
ha ha !
Wenn ich schon nicht lupenrein bin,
meine Juwelen sind es !
Enough ! Enough !
I’ll take their diamond necklace
And show my noble stuff
By being gay and reckless !
Ha ha ha ha ha ! Ha !
Genug ! Genug !
Ich werde ihr Diamantencollier annehmen
und mein edles Blut beweisen,
indem ich lustig und bedenkenlos bin !
Ha ha ha ha ha ! Ha !
Observe how bravely I conceal
The dreadful, dreadful shame I feel.
Ha ha ha ha !
Beachten Sie, wie tapfer ich
meine furchtbare Scham verberge.
Ha ha ha ha !
17
Jean-Antoine Houdon: Portraitbüste Voltaires (um 1778)
18
Die Gesangstexte
„Vilja-Lied“
Franz Lehár
Lied der Hanna Glawari aus „Die lustige Witwe“
Es lebt’ eine Vilja, ein Waldmägdelein.
Ein Jäger erschaut’ sie im Felsengestein.
Dem Burschen, dem wurde so eigen zu Sinn,
er schaute und schaut’ auf das Waldmägdlein hin.
Und ein nie gekannter Schauder
fasst’ den jungen Jägersmann.
Sehnsuchtsvoll
fing er still zu seufzen an:
Vilja, oh Vilja, du Waldmägdelein,
fass mich und lass mich dein Herzliebster sein !
Vilja, oh Vilja, was tust du mir an !
Bang fleht ein liebkranker Mann.
Das Waldmägdlein streckte die Hand nach ihm aus
und zog ihn hinein in ihr felsiges Haus.
Dem Burschen die Sinne vergangen fast sind:
So liebt und so küsst gar kein irdisches Kind !
Als sie sich dann sattgeküsst,
verschwand sie zu derselben Frist.
Einmal noch
hat der Arme sie gegrüßt.
Vilja, oh Vilja, du Waldmägdelein,
fass mich und lass mich dein Herzliebster sein !
Vilja, oh Vilja, was tust du mir an !
Bang fleht ein liebkranker Mann.
19
Franz Lehár am Dirigentenpult (um 1930)
20
Die Gesangstexte
„Klänge der Heimat“
Johann Strauß (Sohn)
Csardas der Rosalinde aus „Die Fledermaus“
Klänge der Heimat, ihr weckt mir das Sehnen,
rufet die Tränen ins Auge mir !
Wenn ich euch höre, ihr heimischen Lieder,
zieht mich’s wieder, mein Ungarland, zu dir !
O Heimat so wunderbar,
wie strahlt dort die Sonne so klar,
wie grün deine Wälder,
wie lachend die Felder,
o Land, wo so glücklich ich war !
Ja, dein geliebtes Bild
meine Seele so ganz erfüllt !
Und bin ich auch von dir weit,
dir bleibt in Ewigkeit
doch mein Sinn immerdar
ganz allein geweiht !
Feuer, Lebenslust,
schwellt echte Ungarbrust,
hei, zum Tanze schnell !
Csardas tönt so hell !
Braunes Mägdelein,
musst’ meine Tänz’rin sein;
reich den Arm geschwind,
dunkeläugig Kind !
Zum Fiedelklingen, hoha,
tönt jauchzend Singen: hoha !
Mit dem Sporn geklirrt,
wenn dann die Maid verwirrt
senkt zur Erd’ den Blick,
das verkündet Glück !
Durstge Zecher,
greift zum Becher,
lasst ihn kreisen schnell von Hand zu Hand !
Schlürft das Feuer
im Tokayer,
bringt ein Hoch aus dem Vaterland !
21
Johann Strauß mit seiner dritten Ehefrau Adele
22
Die Künstler
Manfred Honeck
Dirigent
Wien. Nach Stationen am Opernhaus Zürich
(wo er 1993 den Europäischen Dirigentenpreis
erhielt), beim MDR Sinfonieorchester Leipzig
und dem Nationalorchester Oslo wirkte er mehrere Jahre als Erster Gastdirigent des Philharmonischen Orchesters Oslo. Von 2000 bis 2006
war er Chefdirigent des Schwedischen RadioSymphonieorchesters Stockholm, von 2007 bis
2011 Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart. Operngastspiele führten ihn unter anderem
zur Semperoper Dresden, der Komischen Oper
Berlin, der Königlichen Oper in Kopenhagen,
zum White Nights Festival nach St. Petersburg
und zu den Salzburger Festspielen.
Der österreichische Dirigent Manfred Honeck,
der heute als Gast bei den weltweit führenden
Orchestern von Berlin bis Los Angeles gefragt
ist, absolvierte seine musikalische Ausbildung
in Wien. Seine Arbeit als Dirigent wird durch
Erfahrungen geprägt, die er über lange Jahre
als Bratschist der Wiener Philharmoniker und
des Wiener Staatsopernorchesters sammelte.
Seine Dirigentenlaufbahn begann Manfred
Honeck als Assistent von Claudio Abbado und
Leiter des „Jeunesses Musicales“ Orchesters
Seit der Saison 2008/09 ist Manfred Honeck
Music Director beim Pittsburgh Symphony Orchestra, wo sein Vertrag nach zwei Verlängerungen bis 2020 läuft. Seine erfolgreiche Konzert­
tätigkeit in Pittsburgh wird durch Aufnahmen
für die Labels Exton und Reference Recordings
dokumentiert. Regelmäßig tritt er mit seinem
Orchester auch in bedeutenden Konzerthäusern
und bei renommierten Festivals in Europa auf.
Er ist darüber hinaus Erster Gastdirigent der
Tschechischen Philharmonie in Prag.
Die Künstler
23
Diana Damrau
Sopran
Metropolitan Opera New York und Adina in Donizettis „L’elisir d’amore“ am Opernhaus Zürich,
bevor sie für ihr Debüt als Contessa Almaviva an
das Festspielhaus Baden-Baden zurückkehrt.
Die weltweit gefeierte Sopranistin wurde in
Günzburg an der Donau geboren und erhielt ihre
Gesangsausbildung an der Musikhochschule
Würzburg bei Carmen Hanganu sowie am Salzburger Mozarteum bei Hanna Ludwig.
In der Spielzeit 2014/15 präsentiert Diana Damrau ein breites Repertoire auf der Opernbühne
und dem Konzertpodium. Die Saison begann mit
einer Neuproduktion von Bizets „Les Pecheurs
des perles“ am Theater an der Wien. Im Januar
folgt die Neuproduktion von Donizettis „Lucia di
Lammermoor“ an der Bayerischen Staatsoper.
Außerdem singt sie Massenets „Manon“ an der
Wichtige Opernengagements der letzten Spielzeiten umfassen u. a. die Titelpartie in der Uraufführung von Iain Bells Oper „A Harlot’s Progress“ am Theater an der Wien, eine Neuproduktion von Verdis „La traviata“ an der Mailänder
Scala, die drei Frauenfiguren in „Les Contes
d’Hoffmann“ an der Bayerischen Staatsoper,
Philine („Mignon“) und Elvira („I puritani“) am
Grand Théâtre de Genève sowie ihr bejubeltes
Rollendebüt als Verdis Violetta an der Metropolitan Opera. Besondere Anerkennung fand auch
ihre Interpretation der Titelrolle in Salieris
„L’Europa riconosciuta“ anlässlich der Wiedereröffnung der Mailänder Scala 2004 und als Gym
Instructress/Drunken Woman in der Weltpremiere von Lorin Maazels „1984“.
Seit ihrem Hausdebüt 2005 ist Diana Damrau
gern gesehener Gast an der New Yorker Metropolitan Opera. 2007 sorgte sie dort für eine Sensation, als sie in ein und derselben Aufführungsserie von Mozarts „Zauberflöte“ als Pamina debütierte und letztmalig die Königin der Nacht
gab. Bei den Salzburger Festspielen hörte man
sie nach ihrem ersten Auftritt 2001 u. a. als Königin der Nacht, Konstanze und Fauno sowie
2014 bei einem Liederabend. Diana Damrau ist
Exklusivkünstlerin bei EMI/Virgin Classics.
www.diana-damrau.com
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Auftakt
Komponisten
Die Kolumne von Elke Heidenreich
Warum ergreift uns manche Musik im
Konzertsaal und andere lässt uns kalt?
Warum versinken einige selig beim Zuhören und andere kramen in der Tasche
und sind unkonzentriert, was sich dann
meist auch in störendem Husten zeigt?
Warum klatschen sich einige am Ende
die Hände heiß, während andere nach
dem letzten Ton sofort zur Garderobe hetzen? Es
mag mit dem Stück zu tun haben, mit der persönlichen Stimmung an diesem Tag, aber ich habe bei
vielen Auftritten, bei denen ich als Erzählerin mit
Musikern auf der Bühne saß, gemerkt, wie man
auch unkonzentrierte Zuhörer fesseln kann: indem
man mehr über die Komponisten erzählt. Man hört
anders, wenn man weiß, dass zum Beispiel Schubert einer der Sargträger von Beethoven war und
dass er nach der Beerdigung im Gasthaus sein Glas
hob auf den, der als nächster Beethoven folgen
würde – und dass er selbst es war, nicht einmal
zwei Jahre später, 1828; oder wenn man weiß, dass
der Großvater von Felix Mendelssohn-Bartholdy
jener berühmte jüdische Philosoph Moses Mendel
war, der Freund Lessings, das Vorbild für Nathan
den Weisen; oder wenn man darüber staunt, dass
Beethoven Kellnern das Essen, das ihm nicht
schmeckte, ins Gesicht warf – warum war er so
schlecht gelaunt? Weil er Musiker war und taub,
das Schlimmste, was passieren konnte. Oder dass
Mozart nicht so arm war wie man immer sagt – er
hat es halt mit vollen Händen rausgeworfen, und
er war auch nicht so prächtig, wie er da in Salzburg
vor der Residenz in Bronze steht – gerade mal einen
Meter fünfzig war er groß, pockennarbig, glubsch-
äugig, ein Doppelkinn. Oder wussten
Sie, dass Anton Bruckner einen Zählzwang hatte? Nicht nur bei den Takten seiner unglaublich langen Sinfonien – er zählte auch die Pflastersteine auf der Straße und die Perlen
der Frauen, und überhaupt, Bruckner
und die Frauen! Ein Leben lang hat er
versucht, eine für sich zu gewinnen, mit Briefen,
Blumensträußen, Anträgen – immer jünger wurden
die Angeschwärmten, immer geringer seine Chancen, bei einer landen zu können, denn er war ein
wenig unbeholfen, vielleicht naiv. Gustav Mahler
soll gesagt haben: „Halb ein Gott, halb ein Trottel“, und die Erotik strahlte wohl eher seine kraftvolle Musik aus als seine Gestalt …ach, wenn
man das alles weiß, hört es sich manchmal anders, was da ertönt, denn nicht Götter haben diese Musik geschrieben, sondern Menschen. Menschen mit Lieben, Leiden, Ticks und Schwächen
– denken Sie an Mahler, der seiner Alma das
Komponieren glatt verbot, an Puccini, der seine
Elvira betrog, indem er einen Studenten anmietete, der im Gartenhäuschen Klavier spielte, während er zur Jagd oder zur Geliebten ging, und abends
sagte Elvira: „Heute hast du aber schön gespielt,
Giacomo!“
Im Konzertsaal hören wir Musik von Menschen, die
sind, die waren wie wir – mit einem Unterschied:
ihnen war ein wunderbares, göttliches Talent gegeben. Lassen wir uns davon beglücken, ohne das
Menschliche zu vergessen.
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Unser derzeitiger Kontrabass-Akademist Thomas
Hille, der vor kurzem den Kulturförderpreis der
Stadt Deggendorf erhalten hat, wird nach erfolgreichem Probespiel Mitglied unserer KontrabassGruppe. Sein Akademisten-Stipendium läuft Ende
Februar aus, ab März wird er die Stelle als TuttiKontrabassist antreten. Wir gratulieren herzlich!
Abschied
Wir verabschieden uns von Manfred Hufnagel. Er
war seit 1975 Mitglied unserer 1. Geigen-Gruppe
und geht nun wohlverdient in Ruhestand.
Orchesterakademie
Folgende Orchesterakademie-Stipendien sind ausgeschrieben: Kontrabass, Flöte, Oboe, Klarinette,
Trompete und Posaune. Probespiel-Termine werden
noch bekannt gegeben, Bewerbungen bitte an
[email protected].
25
Willkommen zurück
Willkommen zurück heißen wir unseren TubaAkademisten Michael Schwarzfischer. Er musste
nach einem Fahrrad-Unfall für mehrere Monate
pausieren und ist zum Glück wieder vollständig genesen. Herzlicher Dank nochmals an die Freunde
und Förderer der Münchner Philharmoniker, die
Fahrenkamp-Schäffler-Stiftung und die Musikerinnen und Musiker unseres Orchesters, die ihn alle
bei seiner kostenintensiven Zahnbehandlung finanziell unterstützt haben.
Seine volle Einsatz-Bereitschaft konnte er bereits
auf der Asientournee diesen Oktober unter Beweis
stellen.
Echo
Die Verleihung des diesjährigen ECHO Klassik fand
am 26.10. wieder einmal in der Philharmonie statt.
Unter anderem spielten die Münchner Philharmoniker unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin
mit Anne-Sophie Mutter, Anna Netrebko und David
Garrett. Einen kleinen Vorgeschmack auf die Konzerte zu Silvester und Neujahr lieferten sie zusammen mit Diana Damrau, die ebenfalls mit einem
ECHO ausgezeichnet wurde.
Herzlichen Glückwunsch hier auch an Malte Arkona, der Moderator unserer Jugendkonzerte, der in
der Kategorie „Klassik für Kinder“ ausgezeichnet
wurde.
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Herzlich Willkommen
Sebastian Stevensson hat das Solo-FagottProbespiel gewonnen. Er tritt sein Probejahr im
Januar bei uns an. Quirin Willert hat das Wechselposaune-Probespiel für sich entschieden und
wird seine Stelle voraussichtlich im März antreten.
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Philharmonische Notizen
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Wir gratulieren...
… Florentine Lenz und Iason Keramidis,
die nach erfolgreichem Probejahr nun feste Mitglieder
der 1. Geigen der Münchner Philharmoniker sind.
Florentine Lenz erhielt ihren ersten Geigen unterricht
im Alter von vier Jahren an der Westfälischen
Schule für Musik Münster bei Tor Song Tan. Elfjährig wurde sie Schülerin von Martin Dehning, der
sie ein Jahr später als Jungstudentin in seine Klasse an der Münsteraner Musikhochschule aufnahm.
Nach dem Abitur 2006 begann sie ihr Studium an
der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin bei
Sophia Jaffé. Weitere Impulse erhielt sie bei Meisterkursen von Ana Chumachenco, Stephan Picard
und Elisabeth Weber. Florentine Lenz ist Preisträgerin zahlreicher nationaler und internationaler
Wettbewerbe als Solistin und Kammermusikerin.
Außerdem ist sie Stipendiatin des Vereins Yehudi
Menuhin Live Music Now.
Nach ihrem Diplom im Jahr 2011 spielte sie zunächst als Akademistin im Konzerthausorchester
Berlin, sowie regelmäßig als Gastmusikerin bei
der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und
dem Münchener Kammerorchester. Im Dezember
2012 wurde sie Akademistin der Münchner Philharmoniker und anschließend festes Mitglied des
Orchesters.
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Iason Keramidis wurde 1985 in Kavala (Griechenland) geboren. Schon sehr früh begann er seine
musikalische Ausbildung, die er mit 13 Jahren bei
Prof. Stelios Kafantaris fortsetzte. Ab 2003 studierte er an der Musikhochschule Stuttgart bei Prof.
Ingolf Turban und anschließend an der Musikhochschule Karlsruhe bei Prof. Ulf Hoelscher, wo er mit
Auszeichnung abschloss. Im gleichen Monat wurde
Iason Keramidis in die Solistenklasse der Musikhochschule Karlsruhe aufgenommen. Im Jahr 2013
schloss er sein Kammermusikstudium bei Prof. Michael Uhde ab.
Durch zahlreiche Konzerte in Europa, Asien und
Süd- und Nordamerika ist er in den letzten Jahren
zu einem international gefragten Künstler avanciert. Als Solist spielte er mit dem Sinfonieorchester Sofia, dem Staatlichen Sinfonieorchester Thessaloniki, der Baden-Badener Philharmonie, dem
Staatlichen Sinfonieorchester Athen, dem Sinfonieorchester Olomuc und der Deutschen Staatsphilharmonie. Seit 1998 wurde er mit zahlreichen
Preisen und Auszeichnungen geehrt: dem 1. Preis
beim Panhellenischen Wettbewerb in Athen, dem
1. Preis beim ART Wettbewerb für Geige in Thessaloniki, dem 1. Preis bei den Internationalen Musiktagen in Neustadt an der Weinstraße und dem
1. Preis beim Wettbewerb des Freundeskreises der
HfM Karlsruhe mit dem Astris Trio.
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Wir gratulieren...
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Über die Schulter geschaut
Im Dienste der Musik – die Notenarchivare
der Münchner Philharmoniker
Christian Beuke
Gefragt nach einem typigerne arbeiten die beiden
schen Arbeitstag, fällt ihre
Archivare für den EhrenAntwort kurz, prägnant und
dirigenten, Zubin Mehta.
mit einem Schmunzeln aus:
Denn pünktlicher als er ist
„Den gibt es nicht.“ Thomas
niemand. „Von ihm kommt
Lang und Georg Haider ardie Quinte mindestens drei
beiten seit zehn bzw. fünf
Monate vor der ersten ProJahren als Notenarchivare
be. Mehr als ausreichend
Zeit, damit wir die fertigen
bei den Münchner Philharmonikern. Vor allem sind sie
Stimmen pünktlich an die
dafür verantwortlich, dass Thomas Lang und Georg Haider (von links auf dem Foto) Orchestermusiker überdie Striche – die Auf- und arbeiten seit zehn bzw. fünf Jahren als Notenarchivare geben und sie die ProAbstriche der Streicher –
gramme vorbereiten könkorrekt in jede Stimme und nach den Wünschen des
nen. Unser Anspruch ist es, immer zwei bis drei
Dirigenten eingetragen sind. „Manche Maestri
Projekte voraus zu sein“, erläutert Georg Haider.
schicken uns eine sogenannte „Quinte“ – die ein„Treten Programmänderungen auf, hat die Aktualigerichteten Striche von je einer 1. und 2. Geige,
tät natürlich immer Vorrang.“
Bratsche, Cello und Bass“, erklärt Georg Haider.
Was sich auf den ersten Blick simpel anhört, ist
Durch ihre Hände wandern mitunter wahre Schätbei genauerem Hinsehen wesentlich komplexer.
ze. Gustavo Dudamel war sofort Feuer und Flamme
Jeder Maestro hat unterschiedliche Erwartungen:
als er hörte, dass es bei den Münchner Philharmoder eine bevorzugt das Notenmaterial eines benikern noch alte Noten gebe, die von Celibidache
stimmten Verlags, weil er mit diesen Noten schon
eingerichtet wurden und aus denen er dirigiert hat.
seit Jahren arbeitet. „Lorin Maazel hat dank seines
„Er fragte, ob er nach einer Probe kurz bei uns vorfotografischen Gedächtnisses sofort erkannt, ob es
bei kommen dürfe, um sich Partituren genauer an„sein“ Material war“, erinnert sich Thomas Lang.
zusehen“, berichtet Thomas Lang. „Fast eine Stun„Diese Stelle war doch bisher immer oben links auf
de war er da“ – eine Ausnahme, wie er gerne offen zugibt. „Mit offenem Mund hat er zugehört als
dieser Seite. Es ist ein wenig ungewohnt, wenn sie
auf einmal woanders auftaucht“, so der Kommentar
ich ihm sagte, dass die Münchner Philharmoniker
des Maestros. Andere Dirigenten sind dagegen
fast alle Orchesterwerke Richard Strauss’ vom
sehr an den neuesten Ausgaben interessiert, die
Komponisten selbst geschenkt bekommen haben.“
erst ganz frisch herausgekommen sind. Besonders
In der Tat eine absolute Besonderheit.
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Auch ein guter Draht zu den Musikern des Orchesters ist für Thomas Lang und Georg Haider selbstverständlich. Wünsche einzelner Kollegen werden
sofort erfüllt, sei es die Vergrößerung von Stimmen, das Übertragen kurzer Passagen in einen
anderen Notenschlüssel oder die Bereitstellung
von Stimmen auch mal früher als normalerweise
üblich. Wolfgang Berg, Bratscher und Erfinder des
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Odeonjugendorchesters, fragt regelmäßig für das
Patenorchester nach einer Quinte, damit die jungen Musiker die Striche in ihr gekauftes Material
übertragen können. Gleiches gilt für das Abonnentenorchester. Und unlesbare Stimmen, im letzten
Falle waren das zwei Soloviolinen, die in einem
Notensystem – „für das menschliche Auge kaum
mehr wahrnehmbar“ – zusammengefasst waren,
werden fein säuberlich getrennt neu notiert. Für
das beste künstlerische Ergebnis.
Georg Haider hat u.a. Komposition studiert. Bevor
er bei den Münchner Philharmonikern anfing, war
er als freischaffender Komponist tätig. Erst kürzlich
hat er mit einem außergewöhnlichen
Projekt von sich Reden gemacht: dem
Klangbuch „Der Dritte Mann“, nach
dem Roman von Orson Welles. Die
Musik für vier Zithern, Posaune und
Schlagzeug hat er ursprünglich für
ein Zitherfestival komponiert. Gemeinsam mit dem Sprecher Norbert
Gastell, mit verstellter Stimme als
Synchronstimme von Homer Simpson bekannt, ist ein Melodram entstanden, das der Mandelbaumverlag
herausgebracht hat. Deutschlandradio Kultur rezensiert: „Dieser „Dritte Mann“ ist kein
Futter für das Autoradio, kein Unterhaltungskrimi,
kein Auffrischen einer bereits bekannten Erzählung.
Georg Haiders „Der Dritte Mann – Orson Welles’
Schatten“ ist uneasy listening, faszinierend-verstörende Hörkunst, die bewusstes Hören erfordert.
Und nachdem man diesen Stoff mit anderen Ohren
gehört hat, wird man vermutlich auch den Film mit
anderen Augen sehen.“
Stets im Dienste der Musik eben.
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In der Regel aber wird das Notenmaterial eingekauft. Bedingung für den Erwerb ist, dass die Rechte der Komponisten an den Werken freigeworden
sind. In Deutschland ist das 70 Jahre nach dem Tod
des Komponisten der Fall. Richard Strauss zum
Beispiel ist also noch bis zum 1.1.2020 geschützt.
In Asien oder auch in Amerika gelten hingegen andere Regeln. So war in den USA bis vor kurzem
jedes Werk 50 Jahre nach dem Erscheinen des
jeweiligen Erstdrucks geschützt. Wann werden
welche Werke frei? Welche neuen Urtexte gibt es?
Fragen, die die beiden Archivare aus dem Stand beantworten können. Ein guter Draht zu den Musikverlagen ist dabei mehr als hilfreich, ja geradezu
Voraussetzung. Thomas Lang hat viele
Jahre in einem großen Notenverlag
gearbeitet, er kennt auch die andere
Seite bestens und hat schon die eine
oder andere kritische Situation still und
einvernehmlich gelöst. Vorher war er
als Dramaturg an verschiedenen Theatern in Deutschland tätig. Kein Wunder, dass seine große Liebe der Oper
gilt, genauer gesagt der unentdeckten
Oper. Mehr als 600 verschiedene Opern
hat er bereits gesehen, dafür reist er
durch ganz Deutschland, wann immer
es die Zeit zulässt. Besonders angetan ist er von
den zahlreichen Raritäten, die das Stadttheater Gießen schon seit Jahren ausgräbt.
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Orchestergeschichte
Ein außergewöhnliches Konzert mit
Gustav Mahlers nachgelassenem Adagiosatz
Gabriele E. Meyer
Am 17. Dezember 1931 stellte der Konzertverein
in Verbindung mit der 1927 von Fritz Büchtger gegründeten „Vereinigung für zeitgenössische Musik“
vier für München ganz neue und „gegensätzliche“
Werke vor. Am Pult der Münchner Philharmoniker
stand Hermann Scherchen, zeit seines Lebens unbeirrbarer Förderer der neuen Musik und Freund
vieler Komponisten. Mit Feuereifer erarbeiteten die
Musiker Gustav Mahlers Adagio aus dessen unvollendet gebliebener zehnten Symphonie sowie Paul
Hindemiths 1930 für das Bostoner Symphonieorchester komponierte „Konzertmusik für Streichorchester und Bläser“ op. 50, Arthur Honeggers
Symphonie Nr. 1 (1930) und Wladimir Vogels „Zwei
Orchester-Etüden“, ebenfalls aus dem Jahre 1930.
Schon in der Ankündigung zu dem Konzert machten die „Münchner Neuesten Nachrichten“ auf die
schwierige musikgeschichtliche Stellung des damals noch kontrovers diskutierten österreichischen
Komponisten aufmerksam. „Mahler ist oft als einer
der Väter der sogenannten neuen Musik bezeichnet
worden, wenn auch diese Beziehung sehr problematisch ist und man eher ihn als den Ausklang der
Romantik bezeichnen kann.“ Das Echo auf diesen
Konzertabend aber war enorm, wobei gerade Mahlers Adagiosatz den größten Eindruck hinterließ.
So wurden die „innere Konzentration“ und die „ergreifende Ausdruckskraft des breit in schmerzlicher Schönheit hinströmenden Gesanges“ ebenso
vermerkt wie die „Spannung weiter Intervalle“.
Ein anderer Rezensent sah den Satz als „erschütternden Ausklang einer um die letzten Dinge wis-
senden Seele“. Interessant, notabene, ist hier
auch der Hinweis auf Brucknersche Gedankengänge. Es scheint, als ob die Logik des Zerfalls,
das musikalische Bild des Todes, das Mahler hier
komponiert hat, geradezu hervorragend getroffen
wurde.
Wie nun Hermann Scherchen die Werke des ganzen Abends „musikalisch und geistig, aber auch
dirigiertechnisch vermittelt hat, war“, nach übereinstimmender Meinung, „wieder im höchsten
Grade bewunderungswürdig. Aber auch die Münchner Philharmoniker zeigten sich an diesem Abend
auf der vollen Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Sie
spielten glänzend.“ Ein besonderes Lob erhielten
die Blechbläser, die wahrlich keinen leichten
Abend hatten. Der schönste Dank aber kam von
Scherchen selbst. In einem offenen Brief an die
Philharmoniker würdigte er deren großartigen
Einsatz. „Nicht nur, daß Sie ein exzeptionell
schwieriges Programm virtuos bewältigten, haben Sie auch vermocht, vier ganz gegensätzliche
Stile scharf profiliert darzustellen und dies auf
Grund von relativ knappster Probenarbeit. Ich
habe bewundert, mit welch persönlichem Interesse Sie sich schnell zu den Ihnen ganz fremden
Werken in Beziehung zu bringen vermocht haben
und ich war glücklich und Ihnen restlos dankbar,
daß Ihr künstlerisches Verantwortungsgefühl es
mir ermöglicht hat, noch am Abend unmittelbar
vorm Konzert zu probieren und so in hohem Maße
der Kunst dienen zu können.“
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Stefan Mayerhofer
Vorsitzender der Freunde und Förderer
der Münchner Philharmoniker e. V.
Mit großer Freude und Begeisterung habe ich die jüngsten Kritiken
über die Asienreise unserer Philharmoniker gelesen. Die Konzerte
waren ein voller Erfolg und haben
zum ausgezeichneten internationalen Ruf einen bedeutenden Beitrag für dieses Weltklasse-Orchester geleistet. Persönlich hatte ich
im letzten Jahr das Vergnügen in
New York bei zwei großartigen Auftritten der
Münchner Philharmoniker in der wunderbaren Carnegie Hall dabei zu sein. Die einzigartige Atmosphäre in diesem grandiosen Saal mit seiner eindrucksvollen Akustik trugen zu einem unvergesslichen Erlebnis bei. Wenn Sie auch den Wunsch
verspüren, Ihre Münchner Philharmoniker auf Auslandsreisen zu begleiten und andere interessante
Konzertsäle zu erleben, brauchen Sie nur Mitglied
bei den „Freunden und Förderern der Münchner
Philharmoniker“ zu werden. Wir haben uns unter
anderem zur Aufgabe gemacht, bei ausreichendem
Interesse die Reisen inklusive Rahmenprogramm
zu organisieren. Der nächste Termin steht schon
an – Paris am 09.03.2015!
Aber nicht nur das steht Ihnen als Mitglied offen.
Auch die wertvolle Arbeit unserer Orchesterakademie mit aktuell 13 Stipendiaten, die durch private Spenden und die Mitgliedsbeiträge finanziert
werden, stellen einen wichtigen Baustein unserer
Arbeit dar. Es ist immer wieder eine große Freude
zu sehen und zu hören, wenn
unsere Akademisten in der Allerheiligen-Hofkirche Kammerkonzerte vor ausverkauftem
Hause geben. Ein besonderer
Erfolg für uns bedeutet die Übernahme bei einem anderen renommierten Orchester oder gar die
Krönung: die Übernahme bei den
Münchner Philharmonikern selbst.
In den letzten Wochen kam endlich wieder Bewegung in die Diskussion um Renovierung bzw. Neugestaltung des Gasteigs. Im Sinne der Liebhaber
der klassischen Musik, allen Musikfreunden, den
Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und unseres
Landes begrüßen wir eine sinnvolle, nachhaltige
und akustisch ausgezeichnete Lösung für die zukünftige Philharmonie, nicht nur für die Münchner
Philharmoniker, sondern insbesondere auch für
das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Ein gemeinsames Ziel von Stadt und Land
unter Berücksichtigung aller Interessen bedeutet
eine Bündelung der Kräfte, nicht nur finanziell.
In der Hoffnung auf ein gutes Gelingen werden
wir als Freunde unser Möglichstes dafür beitragen. An dieser Stelle erlaube ich mir auch meinen
Dank an die Intendanz, das Orchester und den
Orchestervorstand für die gute Zusammenarbeit
auszusprechen. Herzlichen Dank!
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Das letzte Wort hat...
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Fr. 09.01.2015, 10:00 3. ÖGP
Fr. 09.01.2015, 20:00 4. Abo f
Sa. 10.01.2015, 19:00 4. Abo d
So. 11.01.2015, 11:00 3. Abo g5
Hector Berlioz
Ouvertüre zu „Les Francs-Juges“
op. 3
Béla Bartók
Konzert für Violine und Orchester
Nr. 2
Sergej Rachmaninow
„Symphonische Tänze“ op. 45
Stéphane Denève, Dirigent
Leonidas Kavakos, Violine
Vorschau
Do. 15.01.2015, 20:00 3. Abo b
Fr. 16.01.2015, 20:00 3. Abo e5
So. 18.01.2015, 11:00 4. Abo m
So. 25.01.2015, 11:00 3. KaKo
Johann Sebastian Bach
Ouvertüre (Suite) Nr. 3 D-Dur
BWV 1068
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sextett für Violine, zwei Violen,
Violoncello, Kontrabass und
Klavier D-Dur op. 110
Joseph Haydn
Symphonie Nr. 103 Es-Dur
Hob. I:103 „Mit dem
Paukenwirbel“
Johann Sebastian Bach
Kantate „Auf, schmetternde Töne
der muntern Trompeten“
BWV 207a
Ton Koopman, Dirigent
Sibylla Rubens, Sopran
Gerhild Romberger, Mezzosopran
Tilman Lichdi, Tenor
Klaus Mertens, Bass
Philharmonischer Chor München,
Einstudierung: Andreas Herrmann
Impressum
Herausgeber
Direktion der Münchner
Philharmoniker
Paul Müller, Intendant
Kellerstraße 4,
81667 München
Lektorat: Christine Möller
Corporate Design:
Graphik: dm druckmedien
gmbh, München
Druck: Color Offset GmbH,
Geretsrieder Str. 10,
81379 München
Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix
zertifiziertem Papier der Sorte
LuxoArt Samt.
Textnachweise
Marcus Imbsweiler, Elke Heidenreich, Monika Laxgang, Christian
Beuke und Gabriele E. Meyer
schrieben ihre Texte als Originalbeiträge für die Programmhefte
der Münchner Philharmoniker.
Künstlerbiographien: Christine
Möller. Alle Rechte bei den
Autorinnen und Autoren; jeder
Nachdruck ist seitens der Urheber
genehmigungs- und kostenpflichtig.
„Der Kontrabass“
Ralph Vaughan Williams
Quintett für Violine, Viola,
Violoncello, Kontrabass und
Klavier c-Moll
Qi Zhou, Violine
Konstantin Sellheim, Viola
Valentin Eichler, Viola
David Hausdorf, Violoncello
Shengni Guo, Kontrabass
Norbert Groh, Klavier
Bildnachweise
Abbildung zu Bizet: wikipedia.de;
Abbildung zu Offenbach: Dietrich
Erben, Komponistenporträts – Von
der Renaissance bis zur Gegenwart,
Stuttgart 2008; Abbildungen zu
Bernstein: Musikverlag Boosey &
Hawkes, Berlin; Sammlung Stephan
Kohler, München; Abbildungen zu
Johann und Josef Strauß: Wilhelm
Sinkovicz u. Herwig Knaus, Johann
Strauß, Wien 1999; Abbildung zu
Lehár: Franz Endler, Immer nur
lächeln... Franz Lehár, Sein Leben –
Sein Werk, München 1998. Künst­lerphotographien: Felix Broede
(Honeck); Michael Tammaro
(Damrau), Leonie von Kleist
(Heidenreich); privat (Lenz,
Keramidis, Mayerhofer).
Karl-Heinz Steffens
Dirigent
Nemanja Radulovic
Violine
Edward Elgar
Introduktion und Allegro für Streicher
Niccolò Paganini
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 D-Dur
Mi. 04.02.2015, 20 Uhr
Sa. 07.02.2015, 19 Uhr
So. 08.02.2015, 19 Uhr
Philharmonie im Gasteig
Edward Elgar
Symphonie Nr. 1 As-Dur op. 55
Karten € 61 / 51,50 / 45 / 36,90 / 31,20 / 18,10 / 12,30
Informationen und Karten über München Ticket
KlassikLine 089 / 54 81 81 400 und unter mphil.de
117. Spielzeit seit der Gründung 1893
Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016)
Paul Müller, Intendant

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