1974 -1975 GL 1000 K0

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1974 -1975 GL 1000 K0
1974 -1975
GL 1000 K0
Der eigentliche Geburtsort der GoldWing ist Asaka-dai. Dort wurde sie unter der
Produktnummer 371 geführt.
Über das, was da 1974 in Köln vorgestellt werden sollte, hat man sich schon vorher die Köpfe
zerbrochen. Die Gerüchteküche schwappte über und es wurde gepokert: 1500 ccm, 120 PS
und 3 bis 12 Zylinder in V-Anordnung sollte die neue Super-HONDA haben. BILD (wer sonst)
wollte schon vorher wissen, daß es sich um einen wassergekühlten Vierzylinder mit zwei
übereinanderliegenden Boxermotoren handeln solle. Aber eben das war das einzige, was
garantiert nicht stimmte. Obwohl die Japaner keinesfalls phantasielos sind, wenn es darum
geht, einige Zylinder um eine Kurbelwelle zu platzieren, so hätten sie wohl doch von der
Laufruhe her mit einer Zahnradkoppelung der beiden übereinanderliegenden Wellen eines
solchen Boxers einige Probleme gehabt. Was hatten japanische Ingenieure und Designer
unter der Leitung des Rahmenentwicklers Toshio Nozue da bloß ausgebrütet?
Spätestens nach genauerem Studium des bisher auf dem Motorradmarkt an Bauarten
Gebotenen und von HONDA Bekannten schälte sich zumindest schon die wahrscheinliche
Grundkonzeption heraus: es musste wieder etwas sein, das in der neuzeitlichen Motorradära
in dieser Form noch nicht dagewesen war, aber eine Maschine, die alle Kennzeichen der
bisherigen HONDAs trug - eben unverwechselbar-HONDA!
Ein kurzer Streifzug durch die seinerzeit angebotenen Motorenbauarten zeigt die Lücke, in die
HONDA mit der GOLD WING wieder einmal treffsicher hinein zielte. Es gab damals in der
Klasse über 500 ccm alles, von 2 bis 6 Zylindern in den unterschiedlichsten Bauformen:
Parallel-Twins (NORTON, TRIUMPH, YAMAHA XT 750 und XS 650, BENELLI TORNADO,
LAVERDA) 2-Zylinder-Boxer (BMW), V-2-Zylinder (DUCATI, HARLEY-DAVIDSON, MORINI,
MOTO GUZZI), 3-Zylinder als 2- und 4-Takter (SUZUKI, KAWASAKI, TRIUMPH TRIDENT,
bzw. BSA, LAVERDA 1000), 4-Zylinder (HONDA, KAWASAKI) und, last bat not least, die
einzige serienmäßige 6-Zylinder ihrer Zeit, die BENELLI "SEI".
Die Kölner IFMA 1974 ließ deutlich den Trend der kommenden Jahre erkennen. Außer
HONDA sahen auch andere Hersteller (nicht jedoch BMW) die Zukunft bei den schweren
Maschinen. Innerhalb weniger Jahre war das schwere Motorrad von seinem Odium, nur das
Paradestück einer Marke zu sein, abgerückt und galt nun allgemein als ungemein
zukunftsträchtig. Das Motorrad war längst nicht mehr das Fortbewegungsmittel des kleinen
Mannes. Das galt insbesondere für vielzylindrige, große Maschinen, die durchaus eine
Alternative zum Sportwagen darstellten, vielfach aber auch nur als Statussymbol und
Potenzersatz missverstanden wurden.
HONDA stand also in Köln keineswegs konkurrenzlos da. Der Holländer van Veen zeigte die
VAN VEEN OCR 1000 mit Wankelmotor, Wasserkühlung, Kardanantrieb und 240 km/h Spitze.
Die MOTO GUZZI-V-2-Zylinder mit 950 ccm hatte eine 2-Gangautomatik, MV AGUSTA stellte
eine 4-Zylinder-Maschine mit 850 ccm aus und SUZUKI ihre neue Wankel-Maschine RE 5; ein
reichhaltiges Angebot exotischer Neuerscheinungen also, das die Aufmerksamkeit auf die
großen Hubräume lenkte.
Vielleicht sah HONDA einen Vorteil für sich, indem sie die GoldWing zu einem erstaunlich
günstigen Preis anboten, der z. B. erheblich unter dem der neuen VAN VEEN Wankel lag. Wo
bekommt man heute noch für DM 8.205,55 zzgl. DM 144,00 Frachtpauschale zzgl. damals
noch 11 % MWSt. (DM 918,45), also für DM 9.268,00 (damaliger empfohlener Richtpreis) eine
nagelneue GOLD WING?
Es bestand kein Zweifel, dass HONDA mit der GoldWing hauptsächlich den amerikanischen
Markt befriedigen wollte. In jeder Beziehung war die GOLDWING eine "schwere" Maschine,
eine Tatsache, die in Amerika mehr als irgendwo sonst von Bedeutung ist.
Was also blieb für HONDA noch offen? Es musste natürlich eine Konstruktion sein, die nicht
schon nach wenigen Jahren überholt ist und - nicht nur von der Fachwelt - sofort als gutes und
zukunftsträchtiges Motorenbauprinzip anerkannt wird. Darüber hinaus musste man die
bestehenden Umweltgesetze für Abgas und Lautstärke berücksichtigen, um weiterhin in
vorbildlicher Manier die Gesetze der einzelnen Länder, insbesondere des
Hauptabnehmerlandes USA (und die Europabestimmungen im Vorab) zu erfüllen. Was lag
also näher, als einen Viertaktmotor mit allen konstruktiven Tricks zu bauen, um den Gesetzen
Genüge zu tun.
Als die Neue dann endlich dem breiten Publikum gezeigt wurde, gingen die Meinungen
auseinander. die einen fühlten sich mehr an ein Auto erinnert, die anderen waren schier
überwältigt.
Die GoldWing wurde als exzellentes Beispiel japanischen Ingenieurkönnens mit
überwiegender Begeisterung angenommen. Das neue Flaggschiff der HONDA-Flotte war die
bislang größte und schwerste Maschine, die HONDA als Serienfahrzeug je gebaut hatte und
wich in ihrer Konzeption vollkommen vom bisherigen Design ab. Sie war stark an den Stil der
neuesten BMW angelehnt, doch die 4-Zylinder-HONDA mit Kardanantrieb und horizontal
gegenüberliegenden Zylindern konnte mit mancher speziellen Besonderheit und intelligenten
Kleinigkeit aufwarten. So konnte der Motor aus Sicherheitsgründen nur im Leerlauf gestartet
werden und ein Blinksummer erinnerte an die Rückstellung des Blinkers.
Spätestens bei der Erwähnung des 4 Zylinder-Boxers in der beschriebenen Form dürften bei
einigen Erinnerungen an die ZÜNDAPP KS 601 bzw. an den von Ludwig Apfelbeck für BMW
entwickelten 4 Zylinder-Boxer-Automotor wach werden. Und in Kenntnis all dessen bleibt
einem nur noch festzustellen, daß die Deutschen, zumindest aber BMW die Entwicklung
seinerzeit mehr als verpennt haben. Die GOLDWING hätte von BMW kommen müssen, und
zwar schon weit vor der GoldWing Präsentation in Köln 1974. Allerdings räumte man bei BMW
damals großvolumigen Maschinen keine großen Marktchancen ein. Zurück zur GoldWing.
Der Motor selber mit 999,45 ccm lag in Linie im Rahmen. Die Kraftübertragung auf das
Hinterrad erfolgte über ein Fünfgang-Getriebe und Kardan. Letzterer soll Gerüchten zufolge
von PORSCHE entwickelt worden sein. Egal - dieser Antrieb fand in der Fachwelt
uneingeschränkte Anerkennung. Einem weiteren Gerücht zufolge soll die Entwicklung des
Hinterradreifens ca. 1,5 Mio DM gekostet haben. Wie gesagt - Gerüchte.
Den ersten sichtbaren Eindruck machten die eindrucksvollen Abmessungen des bulligen
Fahrwerks: 2,30 m lang, 87 cm breit und 1,22 cm hoch. Der Kraftstofftank nahm zwar
scheinbar seine traditionelle Position hinter dem Lenker ein, aber er war eine Novität, den er
enthielt keineswegs den Kraftstoff, obwohl er ursprünglich tatsächlich als echter Tank gedacht
war. Stattdessen öffnete der Zündschlüssel eine federbelastete obere Klappe, die zunächst
den Einfüllstutzen für den eigentlichen Tank und das Handschuhfach - ein herausnehmbarer
Plastikkasten - mit dem Bordwerkzeug freigab. Unter dem Handschuhfach befand sich der
Luftfilterkasten mit dem Luftfilter. Auch die Seitenteile der Tankattrappe konnten durch lösen je
einer Rädelmutter heruntergeklappt werden. Auf der rechten Seite waren der Einfüllstutzen für
das Kühlwasser, der transparente Kühlwasser-Vorratsbehälter und der "Not"- Kickstarter
untergebracht. Auf der linken Seite war die gesamte Elektrik sauber und übersichtlich
untergebracht. Die elektrischen Leitungen für Blinker, Licht und Bremse, die von den Griffen
wegführten, waren im Lenker verlegt, was bei einem Wechsel des Lenkers nicht unerhebliche
Mehrarbeit zur Folge hatte.
Der eigentliche, 18 Liter fassende Tank saß unter der Sitzbank zwischen den Rahmenrohren.
Das brachte echte Sicherheits- und Handling-Vorteile. Alles Gewicht, speziell bei vollem Tank
konzentriert sich tief unten, wodurch ein tiefer Schwerpunkt erreicht wird. Der tiefliegende
Motor tat ein Übriges.
Im mittleren Deckel war - erstmals bei Motorrädern - die elektrische Benzinuhr untergebracht.
Da allerdings viele Tourenfahrer Tankrucksäcke benutzten, stellte sich dieser Einfall als Flop
heraus. Die Tatsache, dass diese Uhr ohnehin recht ungenau arbeitete, mag den
konstruktiven faux pas als nicht so gravierend abschwächen. Das übrige Instrumentarium, war
- wie von HONDA nicht anders gewohnt - praxisgerecht und übersichtlich.
HONDA's Geschäftspolitik, Maschinen zu bauen, die bei der großen Allgemeinheit auf
Zustimmung stoßen, bedeutete darüber hinaus, endlich einen ungewöhnlich leisen Motor zu
entwickeln, und genau das gelang ohne Frage. Die GL 1000 erzeugt ein Geräusch von 77
Dezibel, was dem eines Luxuswagens entspricht. Eine wassergekühlter Motor liefert unter
diesem Aspekt natürlich wesentlich bessere Werte, als ein luftgekühlter. Der wassergekühlte
Motor mit 72 X 61,4 mm Bohrung und Hub hatte einen Kühler mit elektrischem Gebläse,
welches bei ca. 80 Grad Celsius selbsttätig seine Arbeit aufnahm.
Man konnte damals schon erahnen, dass das Zusammenfügen vor allem der motormäßigen
Merkmale ein Motorrad hat entstehen lassen, welches an Touren Tauglichkeit, Zuverlässigkeit
und Unkompliziertheit Seinesgleichen sucht. Dies gilt selbstverständlich auch für die folgenden
GW-Versionen. Hinzu kam eine bislang im Motorradmotorenbau nicht gekannte Laufruhe des
Motors, die zweifelsohne zu begeistern wusste: Man stelle ein randvoll mit Wasser gefülltes
Glas auf die Tankattrappe, drücke auf' das rechte Knöpfchen und registriere verblüfft, dass
nicht ein Tropfen überschwappt. Ebenso blieb bei 3.500 U/min. ein 5-Mark-Stück auf einem
der Zahnriemendeckel stehen. All das waren Merkmale, die man bislang nur vom
Automobilbau her kannte.
Das Fahrwerk bestand - und hier wird wieder klar erkennbar, dass es sich doch tatsächlich um
ein Motorrad handelt - aus einem Doppelschleifen-Rohrrahmen. Mit dem Federungssystem
hatte HONDA voll ins Schwarze getroffen. Es bestand aus einer hydraulisch gedämpften
Teleskopgabel, deren Standrohrdurchmesser 37 mm betrug. Der vordere Federweg reichte für
143 mm. Die Nadel gelagerte Hinterrad-Schwinge mit 5-fach verstellbaren, hydraulisch
gedämpften Federbeinen ließ einen Federweg von 102 mm zu. Dieses System war aber noch
weit von dem entfernt, was in dieser Richtung noch kommen sollte.
Der Radstand lag bei einem Lenkkopfwinkel von 62 Grad bei 1.530 mm und im Laufe der
Jahre mehrfach verändert. 3 Scheibenbremsen (2 vorne - erstmals bei Motorrädern, 1 hinten)
sollten mit Einfachkolbenbremszangen für ausgewogenes Bremsverhalten sorgen und taten
es auch.
Das optische Aufmöbeln mit den damals zur Verfügung stehenden Accessoires ließ erahnen,
in welche Richtung nach Willen der WINGer gebaut werden sollte. Für welches Land vorrangig
gebaut wurde war seit Anbeginn klar - Amerika. Natürlich sollte auch Deutschland Land
werden. Dazu mussten allerdings bestimmte Gesetze erfüllt werden. So verwundert es nicht,
daß sich die amerikanische und die deutsche K0-Version schon alleine äußerlich in mehr als
10 Punkten voneinander unterscheiden. So fällt das hintere Schutzblech der deutschen K0
wesentlich länger aus, als das der US-Version. Der amerikanische Lenker ist hoch und weit
ausladend. Der Lenker der deutschen Version dagegen ist flach und kurz gehalten. Die
Tachometer unterscheiden in der Geschwindigkeitsanzeige - US-Version bis 150 mls / deutsch
bis 220 km/h. Das Mittelpaneel ist bei der US-Version zusätzlich mit einer Kontrollleuchte für
das Rücklicht ausgestattet. Während man in Deutschland noch auf ein seitlich am Lenkschaft
angeflanschtes Lenkerschloß schwört, wird es bei der US-Version im Zündschloss intregiert.
Der Helmtragehinweis ist bei der deutschen / europäischen Version dreisprachig (deutsch,
englisch und französisch). In den Staaten beschränkt man sich konsequenterweise auf
englisch. Die Typenbeschreibung unterhalb der Tankuhr liest sich bei der US-Version wie folgt:
"GL 1000 WATER COOLED" Darunter steht "HONDA". In Deutschland ist man bescheidener.
"Hierzulande heißt es schlicht und einfach "GL 1000" und darunter wie in Amerika "HONDA".
Das Rücklicht erstrahlt in den Staaten rot und eckig - ähnlich dem Rücklicht der späteren K3
und K4. In Deutschland ist es rund und - damals noch zulässig - gelb. Die Rücklichthalterung
ist bei der US-Version verchromt. In Deutschland dagegen schwarz lackiert. Die hinteren
Blinker sind bei der US-Version am Haltebügel befestigt.
Obwohl die GOLDWING für damalige Verhältnisse einen relativ sportlichen Eindruck machte
und sogar Eleganz ausstrahlte, konnte sie ihr Gewicht inkl. Sprit, Öl und Werkzeug) von 285
kg nicht leugnen. Alleine der Motor bringt 106 Kg auf die Waage. Das machte sich vor allem
bei häufigen Lastwechseln in schnellen Kurvenkombinationen bemerkbar. Diesen Nachteil des
besonders hohen Gewichts (das Betriebsgewicht lag um 45 Kg über dem der KAWASAKI Z1)
wollte HONDA durch ein spezielles Konzept zumindest ausgleichen. Die Schaffung niedriger
Schwerpunkte war hier eine der Lösungen.
Der Geradeauslauf der "nackten" ist als vorbildlich zu bezeichnen - der Dampfer lief auch in
diversen Tests der Fachpresse "wie an der Schnur gezogen". Voraussetzung war allerdings,
dass man die mit der unaufdringlichen Eleganz bewegt, mit welcher sie HONDA von Natur aus
versehen hat. Die Leistung dieses Kraftpaketes wurde seitens HONDA mit 80 PS und die
Höchstgeschwindigkeit mit "über 200 km/h" angegeben. Trotz aller Pfunde war die schnell verdammt schnell. Tatsächlich sind mit "nackten" GL 1000 in Einzelfällen Geschwindigkeiten
von 230 km/h erzielt worden, und in einem Beschleunigungsvergleich hat sie ab 60 km/h im 5.
Gang einem BMW 2002 tii, der alle 5 Gänge durchschaltete, auf den 2. Platz verwiesen. Die
Beschleunigungszeiten von 4,1 sec (von 0 auf 100 km/h) und die erzielten Höchstgeschwindigkeiten entsprachen zwar nicht ganz dem Charakter der als Tourenmaschine, erwiesen sich
aber in Situationen, in denen es besser ist zu beschleunigen als zu bremsen und schneller zu
sein als andere als durchaus vorteilhaft, auch wenn das vielleicht ein fragwürdiger
Sicherheitsaspekt sein mag. Mit Sicherheit war sie aber die geschmeidigste, schnellste und
leiseste Straßenmaschine, die HONDA bis dahin je gebaut und angeboten hatte. Schon
damals fragte man sich, ob es nicht d i e Maschine schlechthin sei, an der sich in Zukunft der
Rest der Motorradhersteller zu orientieren hätte.
Nach der ersten Präsentation überschlug sich die Presse fast mit Vergleichen, Synonymen
und Lob. So war es für die FRANKFURTER RUNDSCHAU "ein Motorrad, von dem viele seit
langem träumen" Der STERN stellte folgendes fest: "Die schwere Maschine liegt nicht nur gut,
sie steht auch fast von alleine" "HONDA greift mit der GL 1000 nach den Sternen. Diese
Maschine ist kaum noch mit anderen Motorrädern zu vergleichen" meinte der MÜNCHNER
MERKUR/TZ treffend. Für den WESER KURIER war es schlichtweg "ein Herkules unter den
Motorrädern. HONDA GOLDWING-ROLLS ROYCE auf zwei Rädern". "An diesem Motorrad
kann keiner vorbei, der überlegene - und leise - Leistung auf zwei Rädern sucht" fand die FAZ.
"Der Motor ist kaum zu hören. Er schüttelt auch bei hohen Drehzahlen nicht" stellte die BILD-
Zeitung diesmal goldrichtig fest. Ja selbst das Fußball-Magazin KICKER ließ sich zu der
Stellungnahme hinreißen, daß "die von HONDA eines der modernsten Motorräder der Welt"
sei. HONDA setzt wieder ein Zeichen", so der sparsame aber doch nicht unwichtige
Kommentar der Zeitschrift HOBBY, was wohl nichts anderes heißen sollte wie das, was die
AUTO-ZEITUNG zu Papier brachte: "Erst bei dieser HONDA merkt der Fahrer, was er bei
anderen Motorrädern vermisst" "Weich setzt der Motor mit einer großen Laufruhe ein, dazu ist
er sehr leise" konstatierte PS. Das Konkurrenzblatt MOTORRAD fand "Es ist ganz gewiss eine
neue Dimension, die sich dem Fahrer einer GOLD WING eröffnet". Wie das gemeint war,
sollte man einige Jahre später in eben jenem MOTORRAD-Magazin nachlesen können.
Ungeachtet dessen verglichen auch die Kritiker die GoldWing mit anderen Motorrädern und
wenn das nicht reichte, dann mussten Tiere, Schiffe, Naturereignisse etc. zum Vergleich
herhalten. Auch dies machte sich HONDA für die GoldWing-Reklame in den Fachblättern
zunutze. HONDA in einer GoldWing-Anzeige: Viele Vergleiche haben die Honda GL 1000 Gold
Wing unvergleichlich gemacht. Die Honda GL 1000 Gold Wing kam. die Fachwelt staunte. Die
Kritiker verglichen: ...Stark wie ein Büffel..., ...handlich wie ein Fahrrad..., ...UnterflurBomber..., ...Dampfhammer..., ...wie ein Orkan..., ...Präzision wie ein Uhrwerk..., ...leise wie
eine Nähmaschine. Die Honda GL 1000 Gold Wing ist nicht zu vergleichen. Das weiß nur der,
der darauf fährt. Es gibt viele gute Motorräder in dieser Klasse. Aber nur eine Honda GL 1000
Gold Wing. Souverän. Die einzelnen Tests und Fahrberichte wurden mit hochtrabenden
Überschriften versehen wie "NEUER MEILENSTEIN", "DAS OPTIMUM: DIE GOLDWING",
"Büffel a la Tokio" oder "Der leise Blitz aus dem Fernen Osten". Diese Vergleiche und
Titulierungen gab es übrigens bei allen anderen Versionen und Typen der GOLDWING über
alle Jahre in unterschiedlicher Form. Seit ihrem Erscheinen wurde die GOLD-WING immer
wieder für die Werbung anderer Produkte herangezogen: für Helme, Reifen, Stoßdämpfer, Öl
oder - ihrem Tourercharakter entsprechend - für Reisebüros.
Falsches Marketing war es auch, was der GOLDWING hierzulande das Genick brach, weil
man sie selbst bei HONDA zunächst nicht als reinen Tourer sehen wollte. So trug der Fahrer
auf den ersten Anzeigenseiten eine enganliegende, silberfarbene Kombi. Die GOLDWING, auf
welcher der Fahrer - bereit es mit allen aufzunehmen - saß, stand vor einem Triebwerk eines
Düsenriesen, wodurch die sanfte, turbinenartige Kraft der GOLDWING unterstrichen werden
sollte. Kurze Zeit nach Erscheinen der GOLDWING und der ersten Auslieferung im Mai 1975
kamen die ersten 4-in-1-Auspuffanlgen, Rennverkleidungen und sonstigen sportlichen
Accessoires für die GOLDWING auf den Markt. In Testberichten, in denen man die
GOLDWING mit mehr als 160 km/h durch die Kurven von Schlagloch verzierten
Autobahnabzweigungen jagte, wurde der GOLD WING zwar ein gutes Fahrverhalten
bescheinigt, richtigerweise auch nicht verhehlt, dass es zu Fahrwerksunruhen kommen kann.
Was aber sonst soll passieren, wenn annähernd 300 kg den physikalischen Gesetzen folgen
wollen und in andere Richtungen drängen, insbesondere, wenn, wie im Test der Ausgabe
5/75, Seite 42 der Zeitschrift MOTORRAD beschrieben, der Tester mit sage und schreibe 110
mph (= 176 km/h) in eine Autobahnabzweigung brettert und sich über Fahrwerksunruhen
wundert, die in diesem Fall durch eine Schlaglochserie ausgelöst worden sind. Schließlich
erkennt auch dieser Tester, welchen wahren Charakter die GOLD WING hat. Dennoch wurden
potentielle Käufer im Glauben gelassen, dieses Motorrad sei ein sportliches Motorrad.
Noch nie zuvor, war ein so schweres Motorrad so schnell. Und vor allem Führerscheinneulinge
waren mit der Urgewalt dieses Boliden hoffnungslos überfordert. Die Amerikaner kamen
aufgrund der dort geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen eh kaum in die Verlegenheit,
über 350 kg einschließlich Fahrer jenseits der 160 km/h bändigen zu müssen, wenn sich das
Fahrwerk einmal aus unterschiedlichen Gründen aufschüttelte. Ursachen gab es viele. Saß
allerdings der richtige Mann auf der Maschine, waren an der Maschine keine Veränderungen
vorgenommen worden, stimmten alle Einstellwerte, dann konnte man in Einzelfällen schon mit
einem Feuerlöscher hinterherfahren, dann konnte man erleben, wozu dieses Motorrad in der
Lage war. Vielfach glaubten die Fahrer aber, besser zu sein als die Maschine. So was kann
auf Dauer nicht gutgehen. So erklären sich vielleicht auch drei Unfälle (davon einer mit
tödlichem Ausgang), die zu einem jahrelangen Prozess führten, den HONDA schließlich
verloren hat. Es ging um das anfangs gerade von der Zeitschrift MOTORRAD als vorbildlich
beschriebene Fahrverhalten, auch wenn in einer extremen Situation von Fahrwerksunruhen
geschrieben wurde, die aber angesichts geltender physikalischer Gesetze nur allzu logisch
sind.
Doch zurück zur Entwicklung der GOLDWING. Im Laufe der Jahre hat jedes GoldWing-Modell
Veränderungen und Verbesserungen erfahren, von denen spätere GoldWing-Generationen
profitiert haben. Die ersten Modifikationen wurden bereits in die Produktion des Jahre 1976
aufgenommen.
Technische Daten GL 1000 K0 im Überblick
Motor Wassergekühlter Vierzylinder Viertakt-Boxermotor, quer zur Fahrtrichtung liegend
eingebaut. Je zwei Leichtmetallzylinderblöcke mit eingezogenen Gusslaufbuchsen; je zwei im
Kopf hängende Ventile, über obenliegende Nockenwelle und Kipphebel betätigt. Bohrung 72
mm x Hub 61,4 mm; Gesamthubraum 999,45 ccm; Verdichtung 9,2; Nennleistung 82 DIN-PS
bei 7500/min; Leistungsgewicht naß 3,6 kg/PS; max. Drehmoment 8,2 mkg bei 6500/min.
Mittlere Kolbengeschwindigkeit bei Nenndrehzahl 15,35 m/s, pro 1000/min 2,046 m/s.
Einteilige Stahlkurbelwelle, dreifach gleitgelagert mit zusätzlichen Wälzlagern auf den
Endzapfen, Pleuelfüße und Kolbenbolzen in Gleitlagern. Hub-zapfen um 18 Grad versetzt.
Steuerzeiten: E 5 Grad v. OT; Es 50 n. UT; Aö 50 v. UT; As 5 n. OT. Ventilspiel E/A 0,1 mm,
Druckumlaufschmierung durch ZF-Eaton-Ölpumpe, Ölmenge 3,5 L; empfohlene Ölsorte SAE10 W 40, HONDA-Kühlflüssigkeit 3,2 L (50:50)
Vergaser Vier KEIHIN-Unterdruck-Membranvergaser Ø 32 mm, Hauptdüse primär 65;
Hauptdüse sekundär 125; Leerlaufdüse 35; Luftdüse primär 120; sekundär 60; LeerlaufLuftdüse 125; Schwimmerstand 21 mm vor Oberkante; Klappenbetätigung über Seilzug und
Gestänge. Mechanische Benzinpumpe über Nockenwelle angetrieben. Trockenluftfilter
ausblasbar. Klappenbetätigung über Seilzug und Gestänge.
Zündung/Licht Kontakt gesteuerte Batterie Spulenzündung, Zündfolge 1-2-4-3, Zündkerzen
NGK B-8 ES, Drehstromlichtmaschine 12 V 300 W mit eineinhalbfacher KurbelwellenDrehzahl laufend. Batterie 12 V 20 AH. Scheinwerfer-Durchmesser 170 mm.
Kraftübertragung Mehrscheibenkupplung im Ölbad. Primärantrieb über Zahnkette.
Klauengeschaltetes Fünfganggetriebe mit Kickstarter. Sekundärantrieb über Stirnräder,
Kardanwelle
und
Kegelradantrieb
am
Hinterrad.
Primärübersetzung
1,708.
Sekundärübersetzung 1:0,825.

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