Ausstellung Johann Ulrich Loth

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Ausstellung Johann Ulrich Loth
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MUM 03 | 2008
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AUSSTELLUNG IN DER ALTEN PINAKOTHEK
WIE MAN ULRICH LOTH LIEBEN LERNT
In der Alten Pinakothek herrscht geschäftiges
Treiben, großformatige Altarbilder lehnen an der
Wand, Leitern stehen mitten im Raum, einige
Wände sind noch kahl. „Wir befinden uns noch
beim Aufbauen“, sagt Professor Frank Büttner
vom Institut für Kunstgeschichte, „sind aber jetzt
schon in der letzten Phase unseres Ausstellungsprojekts zu Ulrich Loth.“ Zusammen mit seinen
zehn Doktorandinnen und einem Doktoranden,
die den Promotionsstudiengang „Museums- und
Ausstellungswesen“ absolvieren, bespricht er
die letzten organisatorischen Schritte.
Dass der größte Teil der Arbeit schon hinter ihnen liegt, ist für die meisten Teilnehmer zwar
beruhigend, die Aufregung lässt sich kurz vor
der Eröffnung trotzdem nicht verbergen. „Es ist
beeindruckend, zu sehen, wie eine Ausstellung
zusammenwächst“, erzählt Sabine Garau, Doktorandin der Kunstgeschichte, „vor allem, wenn man
an den Anfang zurückdenkt.“ Die Teilnehmer des
Programms standen vor der Herausforderung, in
vier Semestern eine Ausstellung mit Katalog und
Rahmenprogramm in der Praxis zu verwirklichen.
„Neben der Arbeit an ihren Dissertationen lernen
unsere Doktoranden so auch die praktische Arbeit
im Museum kennen“, sagt Professor Frank Büttner.
„Was es bedeutet, eine komplette Ausstellung auf
die Beine zu stellen, kann man weder im Studium
noch in einem Praktikum lernen – dafür bleibt zu
wenig Zeit.“
Die einzigartige Möglichkeit, sich auch mit der
praktischen Seite des Faches zu beschäftigen,
schätzen die Teilnehmer des Programms. „Das
funktioniert natürlich nur, wenn man ein Museum
im Hintergrund hat, das bereit ist mitzumachen.
Gerade diese Chance wird uns hier in München
von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen
geboten“, freut sich Büttner. Zusammen mit Professor Reinhold Baumstark, Generaldirektor der
Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, entstand
auch die Idee, eine Ausstellung zum Gesamtwerk
von Ulrich Loth zu realisieren. Loth gilt als ein
vernachlässigter Künstler, den man in der Kunstgeschichte oft nur als Vater von Johann Karl Loth
(1632-1698), der in Venedig große Erfolge feierte,
erwähnt. „Was ich nicht wusste, war, dass es im
Depot der Alten Pinakothek 19 Bilder von Loth gibt,
die seit langen Jahren nicht mehr öffentlich gezeigt
wurden“, sagt Büttner. „Das war dann der erste
Anstoß, München mit einem Maler vertraut zu
machen, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgesprochen wichtig war und den heute hier kaum
jemand kennt. Deswegen passt unsere Ausstellung
auch gut zum diesjährigen Stadtgeburtstag.“
Auch die Doktoranden mussten sich anfangs erst
einmal aufklären lassen, wer Ulrich Loth war: „In
der ersten Sitzung haben wir uns dann SchwarzWeiß-Fotos seiner Werke angeschaut“, erzählt Luca
Pes, Doktorand der Kunstgeschichte. Der kunsthistorische Hintergrund wurde erarbeitet, ein komplettes Werkverzeichnis erstellt, die Forschungsliteratur zusammen getragen. Quellen zu Loth wurden erforscht und die Katalogtexte verfasst. Auch
die Planung der Ausstellung nahm man in Angriff,
hierfür mussten zahlreiche Bilder als Leihgabe
angefragt und die gegebenen Ausstellungsräume
genau bemessen werden. „Nichts ist schwieriger,
als Räume so zu gestalten, dass Bilder, die sonst
nicht dort hängen, gut präsentiert werden. Das war
ein langer Prozess, ein langer Kampf“, berichtet
Frank Büttner. Um das beste Ergebnis zu erzielen,
arbeiteten die Teilnehmer mit einem Architekten
und den Experten der Alten Pinakothek zusammen.
Ausstellung: „Ulrich Loth – Zwischen Caravaggio und Rubens“
Termin: 8. Mai bis 7. September 2008
Ort: Alte Pinakothek, Barer Straße 27, Eingang Theresienstraße
Öffnungszeiten: täglich außer Montag 10 bis 18 Uhr;
Dienstag 10 bis 20 Uhr
Weitere Informationen: www.kunstgeschichte.lmu.de
sowie www.pinakothek.de
1 Einige der an dem Ausstellungsprojekt Beteiligten.
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Gemeinsam mit Professor Büttner leiteten Marcus Dekiert, Kurator
der Alten Pinakothek, und Professorin Andrea Gottdang, die früher selbst am Institut für Kunstgeschichte gearbeitet hat, das Ausstellungsprojekt. „Wir sind von unseren Dozenten immer sehr gut
betreut worden“, erzählt Sabine Garau. Auch innerhalb des Teams
spezialisierten sich die Doktoranden auf bestimmte Bereiche: „Die
Zuständigkeiten wurden von Anfang an aufgeteilt und so genannte
Patenschaften für einzelne Bilder übernommen.“ Lange wurde in der
Gruppe überlegt und diskutiert, wie sich die Bilder gut gruppieren
lassen, welche unbedingt in die Ausstellung müssen, welche schwierig zu bekommen sind. Gerade die Altarbilder waren nicht leicht zu
organisieren: „Oft ist der Transport schwierig – so ein Altarbild wiegt
200 Kilo, außerdem muss die Kirche der Ausleihe zustimmen“, sagt
Pes. „Manche Kirchen können ihren Loth-Altar nicht ausleihen – wie
die Heilig-Geist-Kirche, dort schmückt ein Loth-Bild den Hauptaltar.
Wir sind deshalb sehr stolz, dass wir einen großen Altarraum in der
Ausstellung haben, wo verschiedene Altäre – darunter sogar sehr
großformatige und berühmte – zu sehen sein werden.“
Dass nicht jedes Bild, das die Pinakothek in ihrem Depot hat,
präsentiert werden kann, lernten die Doktoranden von Restauratoren: Jan Schmidt und Veronika Poll-Frommel luden sie ein, bei der
Begutachtung aller Bilder dabei zu sein. „Das hatten die meisten von
uns damals noch nie gesehen“, sagt Garau. Die Bilder wurden für die
technischen Befunde aus dem Rahmen geholt und die Gruppe konnte
sehen, wie direkt an der Substanz eines Bildes gearbeitet wird. Somit
war die Ausstellung auch Anlass, die Loth‘schen Bestände der Pinakothek zu sichern. „Bei manchen Bildern waren aber zu viele kleine
Fragmente abgesplittert. So ein Bild zu restaurieren ist einfach zu
aufwendig. Aber es war eine tolle Erfahrung“, freut sich Garau.
Die Erfahrungen, die die Teilnehmer gesammelt haben, möchte keiner mehr missen. „Vieles hatten wir so nicht erwartet“, sagt Pes.
„Aber jetzt fühlen wir uns gewappnet und freuen uns auf das Rahmenprogramm.“ Insgesamt sind in der Ausstellung 40 Bilder zu sehen; Führungen erklären sie. Und obwohl anfangs keiner von ihnen
Loth kannte, sind sie nun doch Fans von ihm geworden. „Am Anfang
hatten wir das Gefühl, dass er so wahnsinnig unterschiedlich ist. Das
kam durch die beiden Größen Caravaggio und Rubens, die ihm als
Vorbilder dienten. Sieht man die Bilder aber nebeneinander, erkennt
man, dass ihm ein bestimmter Gestus eigen ist: wie er die Figuren
kombiniert, die Stoffe darstellt oder die Haare der Figuren malt“, so
Garau. „Ich denke, dass wir jetzt gut einschätzen können, ob ein Bild
von Loth ist oder nicht. Und wir haben ihn schätzen gelernt.“ ■ kat
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der bedeutendste Münchener
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underrts. Er zählt zu den Schülern Candids und
Maler des 17. Jahrhunderts.
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war Hofmaler des Kurfürsten Maximilian
I. von Bayern. Vier Jahre
seiner Ausbildung verbrachte er in Italien und kehrte von dort 1623
als erster deutscher Caravaggio-Nachfolger zurück. 1629 schied
er aus dem Hofdienst aus und arbeitete seitdem sowohl für den
Hof als auch für den freien Markt. Loths Hauptwerk ist das Altarbild
„Die Anbetung der Könige“ aus der Münchener Frauenkirche. Das
Altarbild wurde ebenso wie das an Caravaggio orientierte Altarbild
„Tod Mariens“ aus dem Freisinger Mariendom eigens für die Ausstellung in die Alte Pinakothek transportiert. Daneben sind auch
großformatige Historienszenen, Halbfigurenbilder sowie private
Andachtsbilder zu sehen.