Rock n` Read Lesung

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Rock n` Read Lesung
„Janis Joplin“ und Psychedelisches von den Beatles bis hin zu Jefferson Airplan live
Rock`n`Read Lesung von Stefan Pürner (Autor von „Geklont“) und „Acoustic Blue
Mama“ am 18. August 2006 in Unterkrumbach
Mit Büchern und Musik verhält es sich so, daß man beim Musikhören sehr gut Bücher lesen,
aber umgekehrt beim Lesen wohl nur schwerlich Musik machen kann. Dennoch gehen Buch
und Rockmusik gut zusammen und lassen sich auch in gemeinsamen Veranstaltungen
kombinieren. Das bewies die Rock`n`Read Lesung von Stefan Pürner und dem Acoustic
Blues Duo „Blue Mama“ am 18. August 2006 im fränkischen Unterkrumbach.
Wie aber kommt man auf die Idee, im Rahmen einer Rock`n`Read Lesung Buch und
Rockmusik zu kombinieren?
Das Rezept ist einfach. Man nehme Stefan Pürner, Blue Mama und die Möbelmacher und
schon ist angerichtet.
Aber vielleicht doch der Reihe nach:
Stefan Pürner ist den Besuchern der Germanbeat-Seite bekannt. Hier wurde nicht nur sein
im Celero-Verlag erschienenes Buch Geklont – 12 verblüffende Kurzgeschichten, die Sie
früher oder später erleben werden vorgestellt, sondern er veröffentlichte auf Germanbeat
auch einen Essay zur Beatmusik in Jugoslawien zur Zeit Titos, der wohl den
umfangreichsten Beitrag zu diesem Thema in deutscher Sprache darstellt.
Pürner versteckt in seinen Kurzgeschichten nicht nur gerne Zitate aus Rocksongs, sondern
läßt auch gerne verstorbene Rockstars wieder auferstehen. Das hat er in seinem Buch mit
George Harrison in digitaler Form und mit Janis Joplin als menschlichem Klon gemacht.
Blue Mama sind eine Band, die primär zwischen traditionellem Blues und 60ies Bluesrock
angesiedelt sind. Eine besondere Rolle nimmt in ihrem Repertoire Janis Joplin ein. Die
Sängerin Renate Braun verfügt nämlich nicht nur über drei Oktaven Stimmenumfang,
sondern ist auch sonst stark vom Gesangsstil der 60ies Ikonen Janis Joplin und Jefferson
Airplanes Grace Slick beeinflusst. Weshalb Pürner und Blue Mama gemeinsame Themen
haben.
Womit die Zutaten bereit stehen,- es braucht aber noch einen Koch, der das alles
schmackhaft zusammenbringt.
Diese Rolle übernahmen die Möbelmacher, die im Hauptberuf im fränkischen
Unterkrumbach Möbel von Hand und nach Maß fertigen. Einmal im Jahr jedoch laden sie im
Rahmen der „Werkstattage“ zu Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen. Und
weil sie sowohl das Buch von Pürner wie die Musik von Blue Mama kannten, dachten sie, es
wäre eine gute Idee, beides zusammenzubringen. Deshalb luden sie zum Auftakt der
diesjährigen Veranstaltungsreihe beide zu einem mit einer Autorenlesung kombinierten
Konzert ein.
Geboten wurde den zahlreich erschienenen Besuchern eine Konzertlesung, bei der sich
Texte und Rocksongs nicht nur abwechselten, sondern auch miteinander vermischten. Im
Mittelpunkt stand natürlich Joplin, aber auch für Freunde anderer psychedelischer Musik gab
es interessantes in Musik und Text. Die Janis Joplin Songs waren in der zeitlichen
Reihenfolge ihrer Veröffentlichung zu hören. Den Anfang machte der ansonsten wenig
gespielte „Hesitation Blues“, „Piece of my heart“, „Summertime“ und „Me and Bobby McGee“
folgten. Alle diese Songs waren speziell für diesen Abend für die „kleine Besetzung“ von
„Acoustic Blue Mama“ arrangiert worden. „Reduce to the max“ könnte hier das Motto
gewesen sein, Im routinierten Zusammenspiel zwischen der Sängerin und dem Gitarristen
Jochen Braun gewannen die Stücke durch die Konzentration auf das Wesentliche nämlich
noch an Intensität. Vor allem die akustisch begleitete Version von „Summertime“ entfaltete
einen eigenen Zauber. Weitere Songs waren eine intensive Version des Jefferson Airplane
Klassikers “White Rabbit“, Dylan´s „All along the watchtower“ und der Hendrix-Song „Little
Wing“. Letztere die ideale Nummer um sowohl den gesanglichen Qualitäten von Renate
Braun wie auch dem gitarristische Können von Jochen Braun ausgewogenen Raum zur
Entfaltung zu geben.
Zwischen den Songs las Pürner Texte aus seinem Buch, allen voran die mit allerlei
Anspielungen und Querverweisen angereicherte Kurzgeschichte „Pearl Babe“, in der die
durch Klonen wieder auferstandene Janis Joplin die Hauptrolle spielt.
Der Kontrast hätte nicht größer sein können, als Pürner danach die nächste Story aus seinem Buch las. Die behandelte nämlich ein juristisches Thema. Noch dazu ein ziemlich abgefahrenes und schwieriges: die erbrechtliche Stellung der Klone. Zur Krönung des Ganzen
verteilte Pürner, der Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule in Nürnberg ist, „zum besseren Verständnis“ auch noch Auszüge aus dem BGB
an die Zuhörer. Was eine trockene juristische Sache werden hätte können, erwies sich jedoch dank der Absurdität des Themas, dem „bierseligen setting“ in dem die Geschichte
spielt und dem lebhaften Vortrag Pürners als durchaus kurzweilige Angelegenheit.
Für Beatles-Fans besonders interessant dürfte der dritte Teil der Lesung gewesen sein.
Nach “White Rabbit“ las Pürner nämlich aus seinem neuen Buchprojekt. Dessen
Geschichten spielen vor dem Hintergrund einer imaginären Wiedervereinigung der Beatles
und wurden von den einzelnen Songs des „Sergant Peppers“ Album inspiriert. In dem Text
„Take 03 oder: In Psychedelia nix Neues“ ersteht aus Versatzstücken aus „Alice in
Wonderland“, „Lucy in the Sky with Diamonds“ , weiteren Beatlessongs und einer Vielzahl
anderer Zitate vornehmlich aus der Flower-Power-Zeit eine eigene neue Geschichte. Diese
könnte man, so Blue Mama Gitarrist Jochen Braun (der selbst ein wandelndes Rocklexikon
zu sein scheint) spontan vor dem nächsten Song, durchaus auch als Grundlage für ein
Preisrätsel mit dem Motto „Wer findet die meisten Zitate“ hernehmen.
In der letzten Textrunde brachte Pürner kurze Texte aus verschiedensten Jahren. Dabei gab
es, außer wahren „Oldies“ aus den späten 70-er Jahren (darunter auch ein „Goethe-Klon“ in
frankischer Mundart), vor allem neuere hochdeutsche Lyrik zu hören. Diese reichten von
gerade einmal drei Zeilen langen Epigrammen bis hin zu einem längeren, lebhaft vorgetragen Nonsensgedicht, daß Pürner einem gewissen „Horschtl“ gewidmet hat, „weil der mich
eines Tages so kirre gemacht hatte, daß ich abends keine vernünftige Zeile mehr schreiben
konnte.“
Statt der vom begeisterten Publikum erbetenen Zugaben gab es dann erst einmal vom
Hausherrn herwig Danzer persönlich frisch gezapftes Öko-Bier, das nicht nur schadstofffrei,
sondern auch kostenlos ausgeschenkt wurde.
So gestärkt lösten „Blue Mama“ ihr Versprechen ein und gaben noch ein Spontankonzert,
bei dem sie mit zahlreichen Rock- und Bluesstandards in teilweise sehr eigenständigen
Versionen (manche davon von der aktuellen, bei bizarre records erschienenen CD „Yin Yang
Blues“, die Blue Mama in Bandbesetzung aufgenommen hat), das Publikum begeisterten
und Lust auf die neue CD, die Blue Mama derzeit aufnimmt, machten.
August 2006
www.germanbeat.info

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