archithese Alles Design

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archithese Alles Design
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Hotel Silken Puerta
América
Avenida de América 41
28002 Madrid, Spanien
© Hubertus Adam
Alles Design
SAMMLUNG
Das nunmehr seit zwei Jahrzehnten erfolgreiche Konzept des Design-Hotels hat mit
dem Hotel Puerta Américaeine neue Dimension erhalten. Unter Leitung von Jean
Nouvel arbeiteten 18 weitere Architekten und Designer an der Ausstattung. Der
Aufwand hat sich gelohnt: Faszinierend ist die Vielfalt von möglichen Lösungen für
die Ausstattung eines Zimmers oder Flurs.
ARCHITEKTIN
archithese
Jean Nouvel
John Pawson
Marc Newson
Christian Liagre
Zaha M. Hadid
von Ahmed Sarbutu
Lord Norman Foster
"Grand Hotel Salone – Il design alberghiero" hiess eine Sonderausstellung auf der Fiera
David Chipperfield
Milano im Rahmen des Salone Internazionale del Mobile 2002. Unter der Oberleitung des
plasmastudio
New Yorker Designers Adam D. Tihany, der in den letzten Jahren vor allem durch
Ron Arad
Restaurantgestaltungen international bekannt geworden ist, entwarfen zehn prominente
Kathryn Findlay
Architekten und Designer jeweils ein Hotelzimmer – Tihany selbst war für die
Jason Bruges
verschiedenen öffentlichen Bereiche verantwortlich, also Restaurant, Lounge, Lobby, Wine
Richard Gluckman
Bar. Als Vorgabe erhielten die Gestalter jeweils den Namen einer Weltmetropole
Arata Isozaki
zugewiesen, auf deren Atmosphäre sie mit ihrem Interior Design reagieren sollten. So
Javier Mariscal
setzten sich Ricardo und Victor Legoretta mit Berlin, Matteo Thun mit Hongkong, Vico
Magistretti mit London, Ron Arad mit Mexico City, Gaetano Pesce mit Moskau, Toyo Ito mit BAUHERRIN
Central Hoteles Silken
New York, Richard Meier mit Paris, Arata Isozaki mit Rom, Jean Nouvel mit Tokio und
FUNKTION
Zaha Hadid mit Sydney auseinander.
Hotel und Gastronomie
BAUENDE
Die Veranstalter der Mailänder Möbelmesse hatten damit einen Trend gleichsam
2005
potenziert, der 1984 mit dem von Andrée Putman für Ian Schrager eingerichteten Hotel
Morgans in New York begonnen hatte: den Trend des Boutique- oder Design-Hotels.
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Schragers weitere Hotels, für die seit dem Royalton (1988) in New York Philippe Starck
verantwortlich war, bewiesen, dass ein opulentes, intelligent und ironisch entworfenes
Interieur durchaus nicht nur ein Nischenpublikum der Kunst- und Designszene ansprach.
Begünstigt wurde der Trend des Design-Hotels zweifelsohne durch ein zunehmendes
Interesse an Architektur und Design, das seit der Postmoderne weltweit zu verzeichnen
und mit dem Starphänomen gekoppelt ist: Bekannt sind einem breiten Publikum vor allem
die big namesder Gestaltungswelt. Firmen wie Alessi, die verschiedentlich die
internationale Designprominenz zu gemeinsamen Projekten zusammengeführt haben, aber
auch die Architekturkollektion von Vitra- CEO Rolf Fehlbaum oder das Museum in
Groningen, an dem Michele de Lucchi, Alessandro Mendini, Philippe Starck und Coop
Himmelb(l)au gemeinsam arbeiteten, mögen das Vorbild für das Grand Hotel
Salonegewesen sein.
Die spanische Unternehmensgruppe Silken, die 1995 mit drei Hotels begann und zehn
Jahre später 26 Häuser vorweisen kann, hat nun die Idee des Design-Hotels mit dem
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Hotel Silken Puerta América
Puerta Américain Madrid in eine neue Dimension überführt. 75 Millionen wurden in das
Gebäude investiert, das sich im Osten der Innenstadt an der viel befahrenen Avenida de
América befindet. Das Gebäude mit seinen 14 Stockwerken besteht aus zwei in einem
stumpfen Winkel von 150 Grad aufeinander stossenden Flügeln – mit den vier Lifts, welche
in der Mitte der Fassade auf- und abfahren, gelangt man auf die einzelnen Stockwerke.
Dort zweigen von dem kreisrunden Empfangsbereich jeweils zwei Korridore mit insgesamt
28 Zimmern ab; dazu kommen pro Geschoss zwei Juniorsuiten an den Gebäudestirnen.
Die Struktur des Hotels stammt ursprünglich von SGA Estudio, wurde dann aber von Jean
Nouvel überarbeitet. Der Fassade verpasste er ein Schuppenkleid aus gelben, orangen
und roten Sonnenstoren, auf welche die Verse von Paul Eluards Gedicht Libertéin
verschiedenen Sprachen aufgedruckt sind. Überdies war Nouvel für das Dachgeschoss mit
Spa-Bereich, Bar-Restaurant und Sonnenterrassen verantwortlich – sowie für die zwölf
Suiten in der Ebene darunter. Mit der Einbeziehung von Fotografien knüpft der Franzose
an The Hotel in Luzern an; der eigentliche Reiz der Räume besteht aber in
Schiebepaneelen, welche es erlauben, die Suite in verschiedene Kompartimente zu
unterteilen. Der Badbereich lässt sich somit wahlweise schliessen oder in das
Raumkontinuum integrieren.
Die bizarr gewundene Lampe Vortexx, die ihre Farben wechselt, empfängt zusammen mit
aus den Wänden herausschiessenden Wänden die Besucher im Entrée des Geschosses
von Zaha Hadid. Die skulpturale Konzeption setzt sich überzeugend in den zum Teil
weissen, zum Teil schwarzen Zimmern fort, wo Boden, Wände, Decken und Möbel nahtlos
ineinander übergehen. Ebenso bilden Waschbecken und Badewanne eine grottenartige
Einheit. Möglich war die konsequente Gestaltung dank dem neuen Material LG Hi-Macs,
einem acrylgebundenen Mineralwerkstoff, der fugenfreie Verarbeitung in jeglicher Form
erlaubt. Verwendet wurde es auch von einigen anderen Beteiligten: so von Kathryn
Findlay, die ein organisch-futuristisches Interieur realisierte, oder von Ron Arad, der seine
Zimmer durch eine Kombination kreisförmiger und elliptischer Räume gliederte. Ein
irritierendes Ambiente aus spiegelnden Splittern hat Studio Plasma inszeniert,
distinguierter und zurückhaltender zeigen sich die Zimmer von David Chipperfield, deren
Geometrie auf den Raster der Terrakottafliesen des Bodens abgestimmt ist, oder von
Norman Foster, der auf Ledermobiliar setzte und die Duschkabine als linsenförmiges
gläsernes Volumen ausbildete.
Man kann das Konzept des Puerta América vorschnell als zeitgenössischen Manierismus
abtun. Gewiss gibt es manche Zimmer – die von Victorio & Lucchino oder von Javier
Mariscal und Fernando Salas –, die zum Kitsch tendieren, doch insgesamt überzeugt das
Hotel. Hier wurden keineswegs Standardzimmer modisch aufgepeppt, hier durften
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Hotel Silken Puerta América
Architekten und Designer tatsächlich experimentieren und sonst als unumstösslich
geltende Gewohnheiten in Frage stellen. So ist das Puerta Américaein Befreiungsschlag
gegen die Macht der Konvention und ein Plädoyer für mehr Mut im Bereich der Hotellerie.
Wählen sollte man die Räume nicht zuletzt nach der Betätigung, der man sich in den
nächsten Stunden hinzugeben gewillt ist. Wer beispielsweise am Laptop arbeiten will, ist
mit dem Raum von Kathryn Findlay, der nach Aussagen der Architektin als gebauter
Orgasmus zu verstehen ist, eher schlecht bedient, fände aber mit dem überlangen Tisch
bei David Chipperfield beste Bedingungen.
Dass verschiedene Handschriften durchaus harmonisch zusammenfinden können, beweist
das Erdgeschoss: Die stabartige Holzstruktur der Rezeption stammt von John Pawson,
das Restaurant Lágrimas Negras von Christian Liaigre, die durch einen Screen aus
Aluminiumstäben und eine Bar aus einem Block Carrara-Marmor akzentuierte Bar von
Marc Newson. Der Wille zur Gestaltung bricht sich selbst in der Tiefgarage (Teresa Sapey)
Bahn – oder im Garten (Bourne and Bell), in dem überdies eine sichelförmige Plastik von
Oscar Niemeyer steht.
archithese, 21.04.2006
WEITERE TEXTE
Schichtweise Design, Michael Hausenblas, Andreas Tölke, Der Standard, 09.09.2005
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