Dokumentation des Architekturpreises 2015

Transcrição

Dokumentation des Architekturpreises 2015
Dokumentation
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
werden in der Evangelischen Kirche im Rheinland tatsächlich noch neue Kirchen und Gemeindehäuser gebaut? Ist noch Geld vorhanden, um Kirchenfenster künstlerisch zu gestalten, eine neue
Orgel oder Prinzipalstücke anzuschaffen?
Die Antwort – anzuschauen in diesem Heft – mag zunächst verblüffen, denn überall ist angesichts knapper Kassen und Mitgliederschwund von Rückbau und Reduktion die Rede. Dennoch:
Gerade aus den notwendigen Strukturveränderungen heraus entsteht erstaunlich viel Neues –
und das in hoher Qualität!
Dies zeigte sich in beeindruckender Weise auch bei der zweiten Verleihung des Architekturpreises
der Evangelischen Kirche im Rheinland im November 2015. 34 Projekte, fertiggestellt in den
­letzten drei Jahren, wurden von kirchlichen Bauherren eingereicht. Die Fachjury hatte es schwer,
in den drei Kategorien „Kirchenraum“, „Gemeindehaus“ und „Künstlerische Ausstattung“ eine
Auswahl zu treffen. Denn alle Projekte sind es wert, gewürdigt und veröffentlicht zu werden.
Außergewöhnlich in jeder Hinsicht ist der Neubau der Immanuelkirche in Köln-­Stammheim
(Architekten Sauerbruch Hutton), der bereits mit zahlreichen Architekturpreisen ausge­zeichnet
wurde. Diesen einzigartigen Kirchenbau wollte das Preisgericht nicht in Konkurrenz mit den
­anderen Projekten treten lassen, da alle Vergleiche gescheitert wären. Aus diesem Grund
wird dieses besondere Gebäude außerhalb der Wertung gewürdigt. Auch die Orgel in der
Konstantin-Basilika Trier musste außerhalb der Wertung belassen werden, da hier das Land
Rheinland-Pfalz Bauherrin war.
Bei allen eingereichten Projekten ist anzumerken, mit wie viel Engagement und ­Kreativität
­Gemeinden und ihre Architektinnen und Architekten, Künstlerinnen und Künstler sich der
­Aufgabe stellen, zeitgemäße und einladende evangelische Gebäude zu schaffen. Beide –
Bauherren und Entwurfsverfassende – können zu Recht stolz auf die Ergebnisse sein!
Unser Dank geht an dieser Stelle an alle, die sich mit ihrem Beitrag an der zweiten Auslobung
beteiligt haben, an die Mitglieder des Preisgerichts und nicht zuletzt auch an das Kuratorium
der Wilhelm-Schrader-Stiftung, die auch diesmal einen Sonderpreis gestiftet hat.
Lassen Sie sich inspirieren von den sehenswerten Kirchen und Gemeindehäusern des evan­
gelischen Rheinlandes! Wir hoffen, dass diese Dokumentation dazu beiträgt, auch anderen
­Kirchengemeinden Anregungen zu geben und Mut zu machen, sich den anstehenden Gebäude­
fragen zu stellen und rechtzeitig richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Vielleicht
sind Sie mit Ihrer Kirchengemeinde und Ihrem Projekt dabei, wenn wir 2018 den nächsten
Architekturpreis ausloben?
Gudrun Gotthardt
Leiterin des Dezernats Bauen und Liegenschaften
Düsseldorf, im März 2016
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Vorwort
1
Inhalt
Auslobung und Kriterien für den Architekturpreis
4
Außer Konkurrenz: Immanuelkirche und Gemeindezentrum Köln-Stammheim Beeindruckender Kirchenbau mit klirrender Farbwand 6
Preisträgerinnen und Preisträger
1. Preis Kirchenraum: Umgestaltung Lutherkirche, Elsdorf Leichtigkeit, Beständigkeit und neue Sakralität
1. Preis Gemeindehaus: Neubau Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Hermeskeil Kleines Haus mit lenkbaren Ein- und Ausblicken
10
1. Preis künstlerische Ausstattung: Prinzipalstücke für den Willibrordi-Dom, Wesel Zeitgemäße Interpretation und überzeugendes Gesamtkonzept
12
Sonderpreis der Wilhelm-Schrader-Stiftung: Umgestaltung der Kreuzeskirche, Essen-Altstadt Zu Gast bei Kirche – Vielfachnutzung in Partnerschaft
14
Besondere Auszeichnung: Stadtkirche Solingen mit Café Gloria, Solingen Kirche mittendrin – (nicht nur) mit Hochzeitstreppe
16
Engere Wahl
Kirchenraum: Umgestaltung Epiphaniaskirche, Köln-Bickendorf Kirche weiterdenken! 18
Kirchenraum: Neugestaltung der Christuskirche, Essen-Altendorf Außen Backsteingotik – innen verschiedene Raumszenarien 19
Gemeindehaus: Neubau Gemeindezentrum, Winningen Historischer Altbau + offener Neubau = gelungene Zentralisierung
20
Gemeindehaus: Neubau Gemeindezentrum, Mettmann Treppenanlage als (Tri-)Bühne – ein städtebaulicher Clou
21
Gemeindehaus: Neubau Gemeindehaus, Heiligenhaus
Neuer Baustein – neues Zentrum im bestehenden Kontext
22
Künstlerische Ausstattung: Neugestaltung Altarraum, evangelische Kirche Frechen Barocke Ellipsen und das Kreuz ist ganz Licht
23
Künstlerische Ausstattung: Gustav-Adolf-Kirche Düsseldorf-Gerresheim Eleganter Baukasten – Einheit mit Orgelprospekt im Kirchenraum 24
Außer Konkurrenz: Orgelprospekt Konstantin-Basilika, Trier Maxime der Klarheit – Orgeltürme mit stählerner Tragstruktur 25
Weitere Bewerbungen
Kirchenraum: Umbau Kirche/Gemeindezentrum, Zell Öffnung der Fassade – kleine Ergänzung, große Wirkung Kirchenraum: Umgestaltung Friedenskirche, Merzig Friedenskirche bewahrt das Leid der Kriege – mit Glaskunst 2
8
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Inhalt
26
26
Kirchenraum: Umgestaltung Altarraum Christuskirche, Holten-Sterkrade Leuchtende Tiefenwirkung und schwebendes Kreuz 27
Kirchenraum: Kolumbarium Johanniskirche, Hückeswagen Historisch und doch neu genutzt – mitten in der Altstadt
27
Kirchenraum: Modernisierung Friedenskirche, Leverkusen-Schlebusch Ensemble mit neuem Gesicht – und neuem Glockenturm
28
Kirchenraum: Umgestaltung Kreuzkirche/Kolumbarium, Kleineichen Abschied nehmen und gedenken – in der Mitte des Kreuzes
28
Kirchenraum: Modernisierung Lutherkirche Krefeld Denkmalgerecht – und doch variabel erweitert 29
Kirchenraum: Radwanderkapelle Wichernhaus e.V. Wuppertal, Wuppertal Offener Raum der Stille – zu jeder Zeit nutzbar 29
Gemeindehaus: Umgestaltung Stadtkirche/Neubau von Gemeinderäumen, Ohligs
Stadtkirche und Gemeindezentrum – mit „grünem Zimmer“ 30
Gemeindehaus: Neubau Kirchenpavillon, Kirchenkreis Bonn Pavillon und Freitreppe – in der ersten Reihe 30
Gemeindehaus: Gemeindezentrum, Schaffhausen Ungewöhnlich – Postgebäude wird zum Kirchenzentrum 31
Gemeindehaus: Erweiterung Gemeindehaus Versöhnungskirche Bornheim Neues Rückgrat für die „Hochzeitskirche“
31
Gemeindehaus: Neubau Gemeindehaus, Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Neuss
Gemeinschaftlicher Gebäudekomplex – mit Wohnungen
32
Gemeindehaus: Erweiterung Kirche Johanneskirchengemeinde, Bonn-Duisdorf Identität bewahren – und neues Ganzes errichten 32
Gemeindehaus: Neubau Gemeindezentrum, Scheidt Klein, aber effizient – Gemeindehaus als Passivhaus 33
Künstlerische Ausstattung: Kirchenfenster evangelische Pfarrkirche Stipshausen Impressionen in Achat – in der Edelsteinregion 33
Künstlerische Ausstattung: Prinzipalstücke Epiphaniaskirche, Köln-Bickendorf Stahl behütet Erde – einem Schatz gleich 34
Künstlerische Ausstattung: Prinzipalstücke Dorfkirche, Seelscheid Geschaffen aus einem Buchenstamm – mit der Kettensäge 34
Künstlerische Ausstattung: Kirchenfenster evangelische Kirche, Drevenack Pfingsten und Reformation – Geisttaube und Sprach(en)wunder 35
Außer Konkurrenz: Gemeindezentrum Erlöserkirche Sinnesgarten, Dinslaken
Bunter und duftender Rundweg – offen für alle
35
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Inhalt
3
Auslobung und Kriterien für den Architekturpreis
Der Architekturpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland wird alle drei Jahre verliehen. Er zeichnet
kirchliche Bauvorhaben und mit dem Gebäude verbundene Kunstprojekte der Kirchengemeinden und
Kirchenkreise in den Kategorien
▪ Kirchenraum
▪ Gemeindehaus
▪ gebäudebezogene künstlerische Ausstattung (z. B. Kirchenfenster, Prinzipalstücke)
aus. Dabei kann es um Neubauten, insbesondere aber auch um Umgestaltungen des Bestands gehen.
Im Mittelpunkt stehen Orte der Versammlung in den Gemeinden. Ausgezeichnet werden die künstlerischen Leistungen der jeweiligen Entwurfsverfassenden, aber auch der verantwortungsvolle Beitrag
zum Gelingen durch die Bauherrinnen. Im Jahr 2015 wurde in einer der drei Kategorien der Sonderpreis der Wilhelm-Schrader-Stiftung ausgelobt, dotiert mit 3.000 Euro. Wilhelm Schrader (1914 – 2006),
der in Bonn lebte und dort im Auswärtigen Amt tätig war, fühlte sich dem Protestantismus zeit
seines Lebens eng verbunden. Zweck der Stiftung ist die Förderung der Verbreitung reformatorischen
oder ­allgemein protestantischen Gedankenguts und dessen Darstellung in der Öffentlichkeit, um das
­Ansehen der Evangelischen Kirche zu erhalten und zu verbessern. Zum Auslobungsverfahren sind
Projekte zugelassen, die nach dem 1. Januar 2012 fertiggestellt und im Auftrag einer Gemeinde oder
eines Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland erstellt wurden. Die Beurteilung der
ein­gereichten Projekte erfolgt nach den Kriterien:
▪ Einbindung in die städtebauliche und landschaftliche Umgebung
▪ Architektur und Gestaltung
▪ religiöser Ausdruck
▪ liturgische Qualität des Raums/Raumwirkung
▪ Angemessenheit der Lösung bezogen auf die Aufgabe
▪ Leistung im Zusammenhang mit der Entwicklung des Bauens/innovative Ansätze
▪ Umweltverträglichkeit
In die Jury wurden berufen:
▪ Dörte Moll, Bonn und Stefan Krüger, Saarbrücken,
als freie Architektinnen oder Architekten
▪ Dorothee Bielfeld, Bochum,
als Künstlerin
▪ Dr. Ute Canaris,
als ehrenamtliche Kirchmeisterin der Kirchengemeinde Büderich
▪ Dr. Barbara Schwahn, Düsseldorf,
als theologisches Mitglied der Kirchenleitung der EKiR
▪ Gudrun Gotthardt, Oliver Conzelmann und Gernot Bräker
für die Bauberatung des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche im Rheinland
▪ Dr. Dorothee Heinzelmann,
beratend für den Bereich Denkmalpflege
▪ Volker König, Düsseldorf,
für das Kuratorium der Wilhelm-Schrader-Stiftung
Die Preise wurden im Rahmen einer öffentlichen und feierlichen Veranstaltung überreicht.
Fotos von der Preisverleihung 2015 finden Sie auf den Seiten 9 – 17.
Weitere Informationen erhalten Sie gerne beim Herausgeber dieser Dokumentation (s. Impressum).
4
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Auslobung und Kriterien
Grafik: Oliver Conzelmann
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Auslobung und Kriterien
5
AuSSer
AuSSer Konkurrenz
Konkurrenz
Immanuelkirche und Gemeindezentrum Köln-Stammheim
Beeindruckender Kirchenbau MIT KLIRRENDER FARBWAND
Aufgabe
Besonderheiten
Nach der Fusion zweier Gemeinden und dem Abriss zweier
Die zarten Farbtöne der Lamellen werden nach oben heller und
Bestandsbauten wollte die evangelische Brückenschlag-
scheinen dem Oberlicht über dem Altar entgegenzuschwirren.
Gemeinde Köln-Flittard/Stammheim ein gemeinsames
Wenn das Orgelspiel einsetzt, hat man das Gefühl, vor einer
Gotteshaus mit integriertem Gemeindezentrum errichten.
klirrenden Farbwand zu sitzen – an einem Ort, wo die Sinnes-
Der ehemalige Gemeindegarten in Köln-Stammheim stand
eindrücke aus Raum, Farbe und Klang in eins fallen und die
im Focus – er bildet heute das Herzstück eines neuen Gebäude­
Besucherinnen und Besucher weit über den Alltag hinausheben.
ensembles aus Kirche, Gebetskapelle und Glockenturm.
Umgeben von alten Bäumen sollte dieser Grünraum einen
Gemeinde
geschützten und zugleich offenen Ort für Veranstaltungen
„Wer baut denn heute noch eine neue Kirche?“ – so der Titel
der Gemeinde bieten.
eines Kirchenpfades am Rheinufer im Jahr 2012. Unser damaliger Vikar Sebastian Baer-Henney gestaltete mit verschie-
Konzeption
denen Gemeindegruppen Tafeln zu diesem Thema, die ein
Die einfache rechteckige Form der Immanuelkirche reinter-
Jahr lang den Fuß-und Radweg entlang des Rheins in dem
pretiert die klassische Basilika im Sinne einer modernen Kir-
Abschnitt säumten, der zu den beiden Ortsteilen Stammheim
chengemeinde. Seitlich des Altars bilden niedrigere Bereiche
und Flittard gehört. Deren evangelische Gemeinden waren 2004
eine Art Querschiff und können nach Bedarf zum Haupt-
zur „Evangelischen Brückenschlag-Gemeinde“ fusioniert.
schiff hinzugeschaltet werden. In den Seitenflügeln sind
Sakristei, Gemeinschaftsräume und Küche untergebracht.
Aus der Fusion musste ein Zusammenwachsen werden, und das
Eine Empore über dem Eingangsfoyer bietet zusätzliche
konnten wir uns ohne ein gemeinsames Gemeindezentrum
Sitzgelegenheiten für den Gottesdienst. Gegenüber deu-
nicht vorstellen. Wir hatten eine Kirche in Flittard und ein
tet die raumhohe Altarwand aus farbigen Holzlamellen auf
Gemeindehaus in Stammheim aus den 50er/60er Jahren „ge-
die dahinterliegende Orgel hin, die aus der Vorgängerkirche
erbt“, beide sehr renovierungsbedürftig, in den Grundrissen ver-
übernommen wurde. Kirche, Glockenturm und Kapelle sind
altet und jedes für sich genommen zu klein für die Bedürfnisse
außen mit diagonaler Lärchenholzschalung verkleidet. Im
einer größeren Gemeinde mit vielfältigem Gemeindeleben.
Innenraum bleiben die Holztafelbauelemente und Stützen
6
unverkleidet. Die gewachsten Oberflächen lassen die Mase-
Mit Hilfe des Kölner Architekturbüros Langenbach haben wir
rung des Holzers sichtbar werden.
eine Gebäudestrukturanalyse erstellt und unterschiedlichste
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Außer Konkurrenz
5
4
3
6
2
7
9
1 glockenturm
2 grünes ‚vestibül‘
3 foyer mit treppe zur empore
4 hauptschiff
5 orgel
6 mehrzweckraum, als seitenschiff zuschaltbar
7 mehrzweckraum der gemeinde
8 sakristei
9 küche
10 kapelle
11 kolumbarium
1
Erdgeschoss
0
Ideen geprüft. Die Gemeinde wurde in den Prozess früh und fortlaufend
5
10 m
Flexible Nutzungsmöglichkeiten
eingebunden – durch Informationen, Gespräche und Gemeindeversammlungen. Dann fiel die Entscheidung, eine Kirche samt Grundstück zu verkaufen und auf dem anderen Gelände das Gemeindehaus durch einen
Kirchneubau mit Gemeinderäumen zu ersetzen.
gottesdienst
festgottesdienst
freiluftgottesdienst
trauung
konzert
veranstaltungen
gemeinde/sport/vortrag
senioren
kapelle
beerdigung
allerheiligen
Zusammen mit Herrn Langenbach wurde 2009 ein Architektenwettbewerb ausgelobt. Er hat uns Mut gemacht, auch bekannte und große Architekturbüros für den Wettbewerb anzufragen, und ihm verdanken wir es,
dass sich das Berliner Architekturbüro Sauerbruch Hutton einladen ließ.
Ein Glücksgriff für uns! Das Büro gewann den Wettbewerb, und mit
Sauerbruch Hutten haben wir uns auf den Weg gemacht, eine neue­
Kirche zu bauen: zukunftsweisend, multifunktional und doch erkennbar
als Kirche. Das finale Budget lag bei 3,7 Millionen Euro.
Ein langer und intensiver Prozess zwischen Presbyterium und Architekten
hat zum Bau der Immanuelkirche geführt, mit vielen Gesprächen,
Zuhören, Ideen, Kompromissen, Achten auf Finanzen und nicht zuletzt
mit großer Offenheit und Vertrauen auf beiden Seiten. Nach nur einem
Jahr Bauzeit konnten wir 2013 einziehen.
Empore über Foyer
Inzwischen hat unsere neue Kirche verschiedenste Preise gewonnen – bis
flexible Nutzungsmöglichkeiten
hin zum deutschen Architekturpreis 2015. Es hat manch einen erstaunt,
dass gerade eine Kirche den Architekturpreis gewinnt, zumal Kirche in der
heutigen Gesellschaft kaum noch eine Rolle zu spielen scheint.
Bauherrin: Evangelische BrückenschlagGemeinde Köln-Flittard/Stammheim
So ist es ein besonderes Geschenk, als Gemeinde diese Kirche täglich
Objekt: Immanuelkirche,
mit Leben zu füllen und dort Gottesdienste zu feiern, ebenso wie mit
Bonhoeffer Straße 8, 51061 Köln
den Menschen, die durch den Architekturpreis neugierig unsere Kirche
Entwurf: Sauerbruch Hutton, Berlin
besuchen, über Architektur, Kirche und Glauben ins Gespräch zu kommen.
Baukosten: 3,7 Millionen Euro
Es hat sich gelohnt, auch heute noch eine neue Kirche zu bauen!
Fotos: Margot Gottschling (Seite 6),
Annette Kisling (Seite 7)
Christiane Friedrich, Presbyteriumsvorsitzende
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Außer Konkurrenz
7
1. Preis Kirchenraum
Umgestaltung Lutherkirche, Elsdorf
Leichtigkeit, Beständigkeit und neue Sakralität
Aufgabe
Die Lutherkirche war nach Notbehelfen in Gaststätten
Licht in den Raum. Im innenarchitektonischen Gesamtkon-
gegründet worden und nach einer langen segensreichen
zept wurden jedoch auch mehrere Umbauten und Erweite-
Wirkungs­geschichte „in die Jahre“ gekommen. Die Gemeinde
rungen umgesetzt. Die ursprüngliche Altarnische mit ihrer
wünschte sich für die Neugestaltung nicht nur Funktiona­
massigen Betonung passte nicht zu den sanft geschwun-
lität. Im Kirchenraum sollten sowohl theologische Einsichten
genen Kurven der Architektur aus den 50er Jahren. Deshalb
als auch kulturhistorische Aspekte mit praktischen Erforder-
wurde der bogenförmige Verlauf der Fenster auf die Nische
nissen verbunden werden. Eine besondere Herausforderung
übertragen und diese somit harmonisch in den Raum einge-
lag darin, die schlichte Schönheit der 50er Jahre zu erhalten.
passt. Der vergrößerte „Altarberg“ ermöglicht die liturgische
Annäherung von allen Seiten des quadratischen Altars. Die
Konzeption
wichtigsten Prinzipalstücke, gestaltet in unterschiedlichen
Der Innenraum der Kirche wurde zunächst sehr behutsam
Zeiten aus diversen Materialien, wirkten disharmonisch, außer-
umgestaltet. Weiß getünchte Wände und die ebenfalls ­weiße
dem waren sie überdimensioniert. Der Basalt des Taufbeckens
Decke verleihen dem Gotteshaus ein freundliches, behag-
wurde auf Altar und Ambo übertragen und mit Holz ergänzt.
liches Ambiente. Die ursprünglichen Fenster tauchten den
Raum in ein fahles gelbes Licht. Heute moduliert die neue
Besonderheiten
neutrale Verglasung das Licht- und Schattenspiel der Bäume,
Die Bestandsstrukturen der Kirche wurden als Chance verstan-
die die Kirche umgeben. Schmale Fensterbänder mit Quer-
den – und so „umgebaut“, dass Bodenständigkeit, Wachstum
streben aus Metall lassen an den beiden Seitenwänden viel
und Harmonie, Einfachheit und das natürliche Umfeld präsent
blieben und in der ländlichen Umgebung neu erlebt werden
können. Das Kreuz nimmt diese Themen auf, indem sich eine
„Krone“ vom „T“ des Kreuzes absetzt und dieses so zum Auferstehungszeichen werden lässt.
Jurybewertung
Mit vergleichsweise geringen Gestaltungsmitteln wurde ein
qualitativ hochwertiger „kleiner Kirchenraum“ geschaffen. Besonders hervorzuheben ist die ausgewogene und eindeutige
Gestaltung des Kirchenraums, entstanden durch die Neugestal-
8
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
hellgrau: Caparol Tibet 16 bzw Tibet 15 nach
Bemusterung vor Ort
dunkelgrau: Graphit 12 nach Bemusterung
vor Ort
Farben
(Musterf läche über ausführende Firma):
hellgrau: Caparol Tibet 16 bzw Tibet 15 nach
Bemusterung vor Ort
TGA
Brandschutz
Statik, Bauphysik
GU
Index
TGA
Brandschutz
Statik, Bauphysik
GU
Bauleiter
Index
Bauherr
Datum
Projektsteuerung
Datum
Bauleiter
Planausgabe
Bauherr
dunkelgrau: Graphit 12 nach Bemusterung
vor Ort
Projektsteuerung
Planausgabe
Planfortschreibung
Datum/Name: Vermerk:
Index:
Wand gestrichen
Farbe: signalweiß RAL 9003
Planfortschreibung
Datum/Name: Vermerk:
Index:
Bestehende Holzwandbekleidung
wird abgebrochen
bestehende Konstruktion
wird neu bekleidet mit GK
ca. +4.70m
über
OKFF
25.06.12
Radius muss noch Radius
Bestand Fensterbogen
angepasst werden
0
Farbe: hellgrau
Wand gestrichen
Farbe: weiss
RAL 9003
Alle Maße beziehen sich soweit nicht anders angeben auf den
Rohbau ohne Putz oder Verkleidung. Höhenangaben für
Fenster und Türen beziehen sich grundsätzlich auf OKFF.
Plangrundlage:
Wand gestrichen
Farbe: hellgrau
Projekt:
4,38
Freigabe vom Bauherrn
Alle Maße sind vom Auftragnehmer verantwortlich am Bau zu
nehmen und zu prüfen. Unstimmigkeiten sind der Bauleitung
vor Arbeitsbeginn zu melden.
Umbau Lutherkirche Elsdorf
3,98
Alle Maße beziehen sich soweit nicht anders angeben auf den
Rohbau ohne Putz oder Verkleidung. Höhenangaben für
Fenster und Türen beziehen sich grundsätzlich auf OKFF.
Plangrundlage:
Köln-Aachenerstr.174. 50189 Elsdorf
Bestehende Liedanzeige
weiss lackieren
Konsole Heiligenf igur
Höhenfestlegung
vor Ort
Projekt:
0
Alle Maße sind vom Auftragnehmer verantwortlich am Bau zu
nehmen und zu prüfen. Unstimmigkeiten sind der Bauleitung
vor Arbeitsbeginn zu melden.
R 2,95 3
25.06.12
Dieser Plan gilt nur in Verbindung mit sämtlichen Konstruktions
und Detailplänen des Architekten Wand
und gestrichen
der Fachingenieure.
Freigabe vom Bauherrn
Dieser Plan gilt nur in Verbindung mit sämtlichen Konstruktions
und Detailplänen des Architekten und der Fachingenieure.
Bauherr:
Evangelische Kirchengemeinde
Bergheim - Zieverich - Elsdorf
Umbau Lutherkirche Elsdorf
Köln-Aachenerstr.174. 50189 Elsdorf
Innenarchitekt:
Bauherr:
16 16
Evangelische Kirchengemeinde
Bergheim - Zieverich - Elsdorf
+0.32m
über
OKFF
+0.16m
über
OKFF
LEPEL & LEPEL
Architektur, Innenarchitektur
Eupener Straße 74, 50933 Köln
Fon: 0221/240 55 05 Fax: 0221/240 55 06
+0.00m
über
OKFF
Ausführungsplanung
Innenarchitekt:
LEPEL & LEPEL
Architektur, Innenarchitektur
Eupener Straße 74, 50933 Köln
Fon: 0221/240 55 05 Fax: 0221/240 55 06
Schnitt A-A
Ausführungsplanung
BV NR.:
1124
Gez.:
KG
Datum:
Plangröße:
DIN A3
Maßstab:
Zeichnungs-Nr. /Index:
BV NR.:
1124
Gez.:
KG
Datum:
Plangröße:
DIN A3
Maßstab:
Zeichnungs-Nr. /Index:
30.06.12
1:50
A-SC01-50-00
Schnitt A
24.01.12
1:50
A-SC02-50-00
tung des Altarraums und die feine Abstimmung der in Nuancen
Sakramente recht verwaltet werden.“ (CAVII). Wie ein Rad
differenzierten Glasscheiben der Fenster. Die Vergrößerung des
sich um die Nabe als seinen Mittelpunkt dreht, steht die
Altarbereichs mit neuen Prinzipalstücken überzeugt in seiner
christliche Gemeinde um Wort und Sakrament, die auf
Schnitt B
Schlichtheit und verleiht dem Kirchenraum eine neue Sakralität,
Jesus Christus als ihren Mittelpunkt verweisen.
die durch die Lichtbrechung der Fenstergestaltung unterstützt
5. Der zweistufige Altarberg wird nicht im Sinne einer falsch
wird. Das Kreuz ist eingebunden in eine neue Raumqualität des
verstandenen Demokratisierung eingeebnet, sondern
rückwärtigen Nischenbereichs, die überzeugend den Fenster-
bleibt als Symbol für den Berg als Ort der Gottesbegnung
stich aufnimmt. Die seitlichen Hocker fassen den Altarraum als
bestehen. Der Altarberg dient gerade nicht dazu, wie ein
Ganzes gekonnt ein. Die neue, jedoch gebrauchte Orgel wurde
populäres Missverständnis gerne behauptet, die Geist-
auf eine bisher ungenutzte Empore gebracht, ­indem diese teil-
lichen durch einen erhöhten Standort von der übrigen Ge-
weise geöffnet wurde. So wird der Altarraum groß­zügiger und
meinde abzuheben. Vielmehr verweist die Erhöhung auf
nimmt die Abendmahlgemeinde auf. Der ­hintere Mehrzweck-
jene Berge, die in der biblischen Überlieferung besondere
raum wird als Erweiterungsraum für den Kirchenraum gestalte-
Orte der Gottesbegegnung waren (vergleiche den Beginn
risch mit einbezogen.
der Bergpredigt in Matthäus 5,1 oder die Verkündigung
gheim - Zieverich - Elsdorf
der Gebote auf dem Berg Sinai in 2. Mose 19-20) bestehen.
Gemeinde
In Wort und Sakrament geschieht für Christen die Begeg-
Sowohl theologische Einsichten als auch kulturhistorische As-
nung mit dem Gott, der in Jesus Christus sein innerstes
pekte und praktische Erfordernisse mussten bei einem Kon-
Wesen als unendliche Liebe zu erkennen gegeben hat.
zept zur Neugestaltung der Lutherkirche Berücksichtigung
6.Die Orgel bleibt, um ihren Beitrag im Verkündigungs­
finden. Die in den 50er Jahren von den Erbauern gewollte
geschehen zu leisten.
Pfarrer Martin Trautner
schlichte Wirkung sollte als Raumeindruck erhalten bleiben.
1. Die Lutherkirche ist ein spiritueller Ort, der allein schon
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde
durch seine äußere Gestaltung auf eine andere Wirklich-
Bergheim-Zieverich-Eldsorf
keit verweist und alltägliche Raumerfahrung transzen-
Objekt: Lutherkirche, Köln-Aachener-Straße 172–174,
diert. Die Lutherkirche soll also mehr als nur ein Zweckbau
50189 Elsdorf
sein, der den evangelischen Christen in Elsdorf als Ver-
Entwurf: Lepel & Lepel, Köln
sammlungsraum dient.
Baukosten: 420.000 Euro
2. Die schlichte und einfache Raumwirkung bleibt erhalten.
Fotos: Jens Kirchner, Düsseldorf
Nichts soll die Gemeinde vom Wesentlichen des gottesdienstlichen Geschehens ablenken. Alle Konzentration richtet sich auf das Kreuz, das für den Herrn der Kirche steht, von
dem Wort und Sakrament auf ihre je eigene Weise künden.
3. Die Neugestaltung fügt sich harmonisch in die bestehende
Bausubstanz ein, ohne dabei aber historisierend die Formensprache der 50er Jahre einfach nur zu wiederholen.
4. Die Gemeinde versammelt sich im Kreis stehend um den
­Altar, auf dem Bibel und Abendmahlsgerät sie ganz im Sinne
des Augsburger Bekenntnisses an ihre ureigenste Bestimmung erinnern: „Die Kirche ist nämlich die Gemeinschaft
der Heiligen, in welcher das Evangelium rein gelehrt und die
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
9
1. Preis Gemeindehaus
Neubau Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Hermeskeil
Kleines Haus mit lenkbaren Ein- und Ausblicken
Aufgabe
Besonderheiten
Die Herausforderung dieses Neubaus bestand darin, ein sehr
Das Gemeindezentrum ist weitgehend aus Holz als regionaler
(ver-)wandelbares und von allen Seiten zugängliches Ge-
und nachwachsender Rohstoff errichtet und greift damit
meindezentrum zu schaffen – energieeffizient und kosten-
in die Materialkiste des Hochwaldes. So findet sich Holz im
günstig. Erwünscht war ein barrierefreies Gebäude, das sich
Innen- und Außenraum als durchgängiges Gestaltungsprinzip.
auf das Wesentliche konzentriert und das Raumprogramm
Daneben leistet ein raumhoher, die Glasfassade begleitender
in einem kompakten Volumen bündelt. Neben dem Konzept
Vorgang einen wichtigen Beitrag zur Raumatmosphäre – ein
als „kleines Haus“ sollte das Energiekonzept, im Sinne einer
Kokon kann geschaffen werden. Ein- und Ausblicke sind lenk-
Reduktion der Unterhaltskosten, auf der Nutzung von
bar, die Raumakustik kann gedämpft werden. Schlichte hand-
Nahwärme aus der benachbarten Biogasanlage basieren.
werkliche Details und eine zurückhaltende bis ins Detail aufeinander abgestimmte Farb- und Materialwahl verleihen dem
Konzeption
Innenraum eine harmonische Atmosphäre.
Geschaffen wurde ein behindertengerechter holzvertäfelter
10
Flachbau, pavillonartig gelegen im Garten des Pfarrhauses.
Jurybewertung
Eine alte Natursteinmauer leitet zum Eingang. Innen weitet
Die Entwurfsidee für das neue Gemeindezentrum als
sich der Gemeindesaal über raumhohe Verglasungen zum
„kleines Haus“ im Garten des Pfarrhauses ist sehr gut nach-
Garten und eröffnet Blickbeziehungen zur evangelischen Kirche
zuvollziehen. Da die Gemeinde bereit war, die Nutzung auf
im Nordwesten. Der Gemeindesaal lässt sich durch mobile
ein geringes Flächenmaß zu reduzieren, konnte die Grund-
Trennwände in bis zu drei Räume unterteilen. Der Saal ist
rissdisposition mit großer Einfachheit überaus flexibel, gut
mit ca. 80 Quadratmetern Fläche geringfügig kleiner als das
nutzbar und vielfach aufteilbar realisiert werden. Das ein-
frühere Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Die dienenden Räume
ladende Gebäude schafft es, auch aufgrund der dörflichen
rahmen den Saal, d.h. die sich anschließende Küche ist durch
Strukturen, die Entfernung zur Kirche zu überbrücken und
diese Räume jeweils separat zu erreichen. Auch das Pfarrbüro
die Gemeinde einzuladen. Dies gelingt auch, da ein direkter
ist hier zu finden.
Blickbezug zu Kirche und Pfarrhaus besteht. Die Auswahl
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
ARCHITEKTEN
ARCHITEKTEN
STEIN HEMMES
STEIN HEMMES
WIRTZ WIRTZ
EKHZ - Ev. Gemeindezentrum
EKHZ - Ev. Gemeindezentrum
Hermeskeil-Züsch
Hermeskeil-Züsch
- Grundriss - M- 1:200
Grundriss - M 1:200
G R U N D R I SGSR U
1 :N2 D
0 0R I S S 1 : 2 0 0
EKHZ - Ev. Gemeindezentrum
EKHZ - Ev. Gemeindezentrum
Hermeskeil-Züsch
Hermeskeil-Züsch
- Grundriss - M- 1:200
Grundriss - M 1:200
G R U N D R I SGSR U
1 :N2 D
0 0R I S S 1 : 2 0 0
weniger einfacher Materialien mit Ortsbezug, kombiniert mit
sorgfältiger Detaillierung, ergibt einen überaus gelungenen
Raumeindruck. Dabei wurde das Objekt mit einem sehr geringen Budget realisiert.
Legende
Das Gebäude wirkt in seiner Schlichtheit unaufgeregt und
Gebe
Legende
in die Zukunft orientiert, und es zeigt, dass Gemeindehäuser
Chorp
Gebe
auch als kleine, gut geplante Objekte dem Gemeindeleben
Senio
Chorp
eine „Heimat“ geben können.
N U T- Piktogramme
ZHermeskeil-Züsch
U N GN
S
M
U TÖ
ZGULNI C
GH
SK
MEÖI TGELNI C H K E I T E N
Ev. Gemeindezentrum Ev.
Hermeskeil-Züsch
Gemeindezentrum
- M 1:250
- Piktogramme - M 1:250
Das Interesse der Öffentlichkeit an den Räumen ist groß.
Gemeinde
Konzerte finden statt. Junge LeuteNfühlen
sich
wohl,
ältere
UTZUNG
N
SM
U TÖ
ZGULNI C
GH
S
K
MEÖI TGELauch.
NI C H K E I T E N
Das neue, im Vergleich zum alten ja wesentlich kleinere
Das Haus bietet so viele Möglichkeiten und macht das Ge-
Gemeindehaus tut der Gemeinde rundherum gut. Die Dia-
meindeleben erlebnisreicher. Es war vor allem finanziell nicht
sporagemeinde verliert sich fast in der großen Fläche. Das
leicht, den Neubau mit der Außengestaltung „auf die Beine
neue Haus zwingt zur Konzentration. Alle Gruppen und
zu stellen“, aber es hat sich gelohnt.
Ev. Gemeindezentrum Ev.
Hermeskeil-Züsch
Gemeindezentrum
- Piktogramme
Hermeskeil-Züsch
- M 1:250
- Piktogramme - M 1:250
Pfarrerin Heike Diederich
Kreise, alle Sitzungen und Veranstaltungen finden in demselben unterteilbaren Raum statt. Das schafft Gemeinschaft,
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Hermeskeil-Züsch
zwingt dazu, aufeinander zu achten, füreinander zu sorgen,
Objekt: Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Pater-Engelbert-Straße 2,
sich abzusprechen und abzustimmen.
54411 Hermeskeil
Entwurf: Stein, Hemmes, Wirtz, Kasel/Frankfurt am Main
Alle Versuche, kontinuierliche Jugendarbeit aufzubauen
scheiterten in den vergangenen Jahren – bis das neue Haus
02
fertig war. Aus dem Stand wuchs eine Jugendgruppe von Null
02
auf sechzehn. Die Lage im Garten vervielfacht die Möglich-
Baukosten: 760.000 Euro
Fotos: Eibe Sönnecken
02
03
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02
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keiten: Ballspiele im Sommer, Schneeballschlacht im Winter.
Flüchtlingscafé für Frauen in hellen, einladenden Räumen.
Offen, grenzenlos, transparent nach außen und dennoch
geschützt. Heilsam für traumatisierte Seelen und Körper.
Ein neuer Gesprächskreis mit gemeinsamem Abendessen.
Anregende Tischgespräche über Gott und die Welt, und
immer wieder der Gedanke, oft auch ausgesprochen: „Hier ist
es schön!“ Sitzungen verlaufen entspannter, atmosphärisch
fröhlicher, leichter, ergebnisreicher.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
11
Senio
1. PREIS Künstlerische Ausstattung
PrinzIpalstücke FÜR DEN Willibrordi-Dom, Wesel
ZeitgemäSSe Interpretation und überzeugendes Gesamtkonzept
Aufgabe
sich das Lesepult auf den Altar. Es steht ebenfalls auf der
Ausgangspunkt für die Gestaltung der Prinzpalstücke Kan-
Stufenanlage. Diese wird zu einer raumbildenden Verbindung
zel, Altar und Lesepult war der Innenraum der fünfschiffigen
der beiden wichtigen Komponenten des Gottesdienstes. Die
Basilika mit beeindruckender Helligkeit. Trotz der komplexen
Kanzel – nicht von oben herab, nicht überhöht, dennoch leicht
Baugeschichte zeigt der Dom einen Kirchenraum mit er-
und scheinbar schwebend – ist weiterhin zum Altar zurück-
kennbar stimmiger Klarheit und Großzügigkeit. Zu berück-
versetzt und bleibt in der Vierung. Das kubisch strenge Volu-
sichtigen war auch die sanfte Farbabstimmung, geprägt
men setzt sich bewusst von der Stütze ab und gibt sie so für
durch den Udelfanger Sandstein der mächtigen Stützen und
die Frontansicht frei. Die Kanzel hat ausreichend Bewegungs-
Gewölbe sowie die geputzten (Wand-)Flächen, die schlicht
raum und eine gute Beleuchtung. Ein Schalldeckel wird durch
weiß gestrichen sind. Dazu kontrastieren die dunklen Holz-
eine gut gesteuerte Mikrofonanlage nicht mehr benötigt.
decken und der dunkle Schieferboden und komplettieren so
den Gesamteindruck zu einem lebendigen hellen Innenraum,
Besonderheiten
der nicht erdrückt, sondern „erhebend“ wirkt. Die Klarheit
Die Anordnungsbezüge im Gesamtbild ergänzen harmonisch
des Raums verlangt nach Klarheit in der Gestaltung, und
die Optik des klaren und hellen Innenraums. Die Materialien
diese unterstreicht die Klarheit der Sache: der Altar als Zen-
Muschelkalk, mattierte und patinierte Bronze und brünierter
trum des Gottesdienstes für das Abendmahl, das Gebet und
Schwarzstahl kommen bei allen drei Prinzipalstücken zur Gel-
für die Bibel, das Lesepult als Ort des Wortes und die Kanzel
tung, zum Teil ergänzt durch gekälkte helle Eiche – mit sub-
als Ort der Verkündigung. Kanzel, Altar und Lesepult in einer
tilem Farbspiel z.B. in Kombination mit dem Schieferboden,
gemeinsamen Gestaltung zu sehen, die Leichtigkeit zeigt,
der Raumausstattung oder auch als optischer Bezug zur Orgel.
ohne an Präsenz zu verlieren und die sich in den bestehenden Farbkanon einordnet – das war die Herausforderung.
Jurybewertung
Die Selbstverständlichkeit, mit der sich die neuen Prinzi-
12
Konzeption
palstücke in die Architektur des Doms einfügen, ist be-
Der neue Altar unterstreicht in seiner quadratischen Form
eindruckend. Die zeitgemäße Interpretation der Prinzipal­
die zentrale Stellung im Raum und in der gottesdienstlichen
stücke trägt aber auch zur Auseinandersetzung mit
Handlung. Er ist von allen Seiten begeh- und bespielbar. Je nach
moderner Kunst im historischen Kontext bei. Presbyterium
Anordnung rückt er etwas näher zur Gemeinde und eröffnet
und Förderverein haben eindrucksvoll den Mut bewie-
auch eine Aktionsfläche dahinter. Oder es wird die Fläche vor
sen, sich das strikte und konsequente Entwurfskonzept zu
dem Altar für die gottesdienstlichen Handlungen genutzt. In
eigen zu machen und mit Gemeinde und Öffentlichkeit zu
beiden Fällen wird der Altartisch an die Vorderkante der Rund-
diskutieren – eine sehr angemessene Haltung im Hinblick
stufenanlage versetzt. Das Lesepult lässt sich maßlich aus
auf die Bedeutung des Weseler Doms. Die Klarheit des
der Stellung des Altars ableiten, mit seinem Standort ­bezieht
gotischen Raums verlangt nach einer ebensolchen Klarheit
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
für Kanzel, Ambo und Abendmahltisch. Die gewählte Ma-
Vor allem die Kanzel steht in ihrer schlichten und kantigen
terialität und Farbigkeit nimmt in subtiler Weise Bezug auf
Gestalt in völligem Kontrast zu dem Holzmodell, das noch
die vorhandene Raumausstattung einschließlich der Orgel
den Geist der frühen Nachkriegszeit atmete. Altar und Ambo
und fügt sich so zu einem überzeugenden Gesamtkonzept.
bilden zusammen mit der Kanzel eine überzeugende Einheit
Gemeinde
bolisieren für die Gemeinde inzwischen auch einen Aufbruch in
Am Reformationstag 2013 waren sie endlich da – die lang
die Zukunft und zeigen durch ihre Gestalt allein schon, dass die
­erwarteten und viel diskutierten „Prinzipalstücke“ im Willi­
Kirche keineswegs dem immer Gestrigen verhaftet ist. Sie geben
brordi-Dom: Kanzel, Altar und Ambo, die neuen sakralen
dem Raum die passende Würde und lassen sowohl den Besu-
„Möbel“ für die Stadtkirche Wesels und gleichzeitig den
chern und den Liturgen spüren, dass der Geist auch in diesen
­größten evangelischen Kirchenbau im Rheinland.
Zeiten wach ist und das Wort von diesen Prinzipalstücken her in
und Klarheit in ihrer Aussage. Die neuen sakralen Möbel sym-
unsere Zeit hinein spricht.
Die „provisorischen“ Möbel der 50er Jahre sollten im wieder­
aufgebauten Dom nun endlich neuen und dem Raum und dem
Zwei Jahre nach der Indienstnahme hört man in der Gemeinde
Geist der Zeit besser angepassten Modellen weichen. Waren
und vor allem von den Besuchern immer wieder, wie positiv die
nicht ­wenige Gemeindeglieder anfangs skeptisch und vor allem
„Prinzipalstücke“ inzwischen auf ihre Betrachter wirken. Man
von der Gestalt und der Dimension der neuen Kanzel wenig er-
kann wirklich behaupten, dass sie für die Verkündigung und die
baut, so hat sich doch im Laufe der Zeit immer deutlicher gezeigt,
Feier des Abendmahls die optimalen Voraussetzungen bieten,
dass die Entscheidung der Kirchengemeinde konsequent und
die sich eine Gemeinde nur wünschen kann.
richtig war. Nämlich im Umfeld vor dem modernen Orgelpro-
Pfarrer Albrecht Holthuis
spekt im Chorraum nun auch ebenso moderne Prinzipalstücke
entwerfen zu lassen, wie sie schließlich von der Architektin ­Jutta
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Wesel
Heinze und den beteiligten Handwerkern realisiert wurden.
Objekt: Willibrordi-Dom, Großer Markt, 46483 Wesel
Entwurf: Jutta Heinze, Duisburg
Baukosten: 113.000 Euro
Fotos: Tomas Riehle
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
13
Sonderpreis der Wilhelm-Schrader-Stiftung
Umgestaltung der Kreuzeskirche, Essen-Altstadt
Zu Gast bei Kirche – Vielfachnutzung in Partnerschaft
Aufgabe
Vorräumen, sowie beeindruckende Sichtbeziehungen. Zwei
Die Kreuzeskirche ist ein Bau mit besonderer Geschichte:
Glasfenster in den Seitenschiffen wurden von dem amerika-
Der Grundstein der Kreuzeskirche wurde am Reformations-
nischen Pop-Künstler James Rizzi entworfen. Sie verleihen mit
tag, dem 31. Oktober 1894 gelegt – in einer Zeit florierender
ihrer Farbigkeit dem Innenraum eine besondere Lichtstimmung.
Stahl-und Kohlewirtschaft. Wegen seiner Innenausstattung
Die durch die Nutzungserweiterung notwendigen Nebenräume
wurde sie oft als „evangelischer Arbeiterdom“ bezeichnet. Sie
wie WC’s, Lager, Technik, Catering und Garderoben wurden
gilt als Höhepunkt des Rundbogenstils und steht seit 1987
in den beiden Conchen und ehemaligen Emporenzugangs­
unter Denkmalschutz. Um die sanierungsbedürfte Kirche zu
treppenräumen, teilweise zweigeschossig, untergebracht.
erhalten, wurde ein bundesweit einmaliges Modellprojekt mit
Im Kirchenraum dominiert ein monochromer Weißanstrich.
religiöser, kultureller und kommerzieller Nutzung entwickelt.
Im Kontrast zu den dunkelbraunen großformatigen Boden-
Die Konstellation unter dem Motto: „Zu Gast bei Kirche“.
fliesen entsteht ein spannendes Spiel von Licht und Schatten.
Eigentümer ist heute eine Privatperson, die das Bauwerk
Die Kirchenbänke wurden durch eine freie Bestuhlung ersetzt.
mit großem Engagement betreut. Die Kreuzeskirche bleibt
Mobil sind auch die neu geschaffenen, sehr kompakten Prinzi-
Gottesdienststätte der Altstadt-Gemeinde mit Feiern von
palstücke: Altar, Kanzel und Taufstein vereinigen die Elemente
Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen, Amtshandlungen,
Erde und Stahl. Ihr Bezugspunkt im Kirchenraum bleibt jedoch
Andachten, Schulgottesdiensten etc. Das Forum Kreuzeskir-
das fest montierte Kreuz in der Apsis. Der Altarraum wurde,
che e.V. veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Gemeinde
in Analogie zum Kirchenraum, mit ähnlichen Fliesen belegt
Konzerte, Ausstellungen, Vorträge etc. Die Veranstaltungen
und mit einer maximal flexiblen Licht- und Tontechnik aus­
sind gemeinnützig, nicht gewinnorientiert. Die Kirche wird
gestattet. Installiert ist eine elliptische, in der Höhe und in
aber auch für Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Konferenzen
alle Richtungen drehbare Lichttraverse.
und Betriebsfeiern vermietet.
Besonderheiten
14
Konzeption
Die Umgestaltung ermöglicht eine Vielfachnutzung der Kirche,
Die Fassade, die Fenster und das Dach der Kirche wurden nach
von der alle Beteiligten profitieren. Sie bleibt „Kirche“ und feiert
denkmalschutzrechtlichen Vorgaben ertüchtigt und ergänzt.
„Gemeinde“. Im Unterschied zu Kulturkirchen kann die Kreuzes-
Durch Glas entstanden transparente Abtrennungen, z.B. mit
kirche z.B. auch für Geburtstags-, Jubiläums- oder Hochzeits-
zusätzlich nutzbarer Fläche zwischen Kirchenraum und den
feiern gemietet werden, inklusive Buffets im Kirchenraum.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
Jurybewertung
echter Glücksfall für uns. Durch die Neugestaltung der Kreu-
Anliegen der Wilhelm-Schrader-Stiftung ist die Förderung der
zeskirche zu einem hellen, freundlichen und einladenden
öffentlichen Wahrnehmung des Protestantismus. Sie folgt
Gotteshaus wurde unser inhaltliches Konzept „Zu Gast bei
damit einem reformatorischen Grundanliegen, dass Kirche in
Kirche sein“ hervorragend umgesetzt. Damit ist die Kreuzes-
der „Welt“ verankert ist, ihren Ort und ihren Auftrag in der
kirche mitten in Essen zu einem starken Symbol der Begeg-
Gesellschaft hat. Aus Sicht der Stiftung verkörpert das Projekt
nung, des Dialogs, der Hoffnung und des Glaubens geworden.
Kreuzeskirche Essen in eindrücklicher Weise dieses Anliegen.
Pfarrer Steffen Hunder
Die Kreuzeskirche in Essen wurde einem privaten Investor
mit außergewöhnlichen Ideen überlassen. Durch diese glück-
Bauherrin: Rainer Alt (Bauherr) in Kooperation mit
liche Partnerschaft der Kirchengemeinde mit dem „Kreativ­
der evangelischen Kirchenge­meinde Essen-Altstadt
unternehmer“ sind der Erhalt der Kirche und ihre Präsenz in
Objekt: Kreuzeskirche, Kreuzeskirchstraße 20,
der Essener Innenstadt gesichert. Die Herausforderung in der
45127 Essen-City
Umgestaltung der Kirche lag darin, den Kirchenraum für Kon-
Entwurf: Hannemann Architekten, Essen
gresse, Feste, Ausstellungen und andere Festveranstaltungen
Prinzipalstücke: Madeleine Dietz, Kandau/Godramstein
zu öffnen und ihn zugleich für Gottesdienste zu erhalten.
Baukosten: 3,133 Millionen Euro
Beide Aspekte waren in der neu geschaffenen Versamm-
Fotos: M. Stöckemann und Madeleine Dietz
lungsstätte zu berücksichtigen. Der Charakter des Gotteshauses und die sakrale Atmosphäre des Kirchenraums durften dabei nicht relativiert werden oder gar verloren gehen.
Die Begegnung mit „Kirche im öffentlichen Raum“ wird mit
diesem besonderen Projekt gelebt und immer wieder neu
zum Ausdruck gebracht. Es zeigt zeigt modellhaft auf, dass
eine Gemeinde auch ohne eigene Kirchengebäude geistliche
Angebote und Gottesdienste vor Ort anbieten kann.
Gemeinde
Ich selber als langjähriger Pfarrer an der Kreuzeskirche kann
nur sagen, die Zusammenarbeit mit unserem Bauherrn ­Rainer
Alt und seinem Architekten Thomas Hannemann war ein
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
15
Besondere Auszeichnung
Stadtkirche Solingen mit Café Gloria, Solingen
Kirche mittendrin – (nicht nur) mit Hochzeitstreppe
Aufgabe
Besonderheiten
Mit dem Motto „Kirche mittendrin“ läutete die Gemeinde
Für das Umbauvorhaben konnten Im Rahmen des Pro-
einen umfangreichen Konzentrations- und Reformprozess
jekts „Solingen City 2013“ Fördermittel von der EU und
ein. Ein Gemeindestandort wurde aufgegeben und verkauft.
der Stadt Solingen akquiriert werden. Die Jugendlichen
Nach umfangreichen Diskussionen fiel die Entscheidung, die
der Stadtkirchengemeinde brachten eine besondere Idee
Stadtkirche Solingen, erbaut 1954, als neues Zentrum des
in das geschmiedete Kreuz im Altarraum ein: eine steuer-
Gemeindelebens vollständig umzubauen. Das Konzept ver-
bare Lichtaureole und ein Labyrinth. Die Aureole passt sich
einte Sanierungsmaßnahmen der Kirche, die übergangslose
stimmungsvoll dem Liturgieverlauf an. Das Labyrinth wurde
Integration eines Cafés sowie die Neugestaltung des Ge-
in der Achse von Altar und neuem Eingang im Boden ver-
meindebereichs in einem multifunktionalen Bürgersaal im
legt. Konzipiert für neue spirituelle Angebote befindet
Obergeschoss. Die Gemeinderäume im Untergeschoss wurden
sich in der Mitte als Schlussstein eine denkmalgeschützte
nur technisch verbessert (Licht und Akustik), hinzu kamen
Rosette. Auch das Café bleibt der Tradition verpflichtet:
­einige neue Beratungsräume.
Der ehemaligen Kirchenzugang zum Café trägt die in Stein
gemeißelte Inschrift „Soli Deo Gloria“.
16
Konzeption
Jurybewertung
Mit dem Neubau einer Außentreppe, Hochzeitstreppe genannt,
Die Stadtkirche Solingen erhält eine besondere Auszeichnung
öffnet sich die Kirche nun zum Stadtplatz Fronhof. Zeichen
für das außergewöhnliche Konzept der Vernetzung von Kir-
dieser Offenheit ist auch das „Café Gloria“, das als Eigenbe-
chengemeinde und Bürgergemeinde. Ausdruck findet dies be-
trieb der Stadtkirche professionell betrieben wird. Das Café ist
sonders durch einen neu geschaffenen Eingang zum nördlich
Bindeglied zwischen Gemeindeleben und öffentlichem Raum,
gelegenen Fronhof, einem zentralen Platz im Innenstadtraum.
auch optisch. Es übernimmt das zurückgenommene Material-
Im ehemaligen Eingangsbereich wurde ein Café eingerichtet,
und Farbkonzept des Kirchenraums, öffnet sich aber „farbig“
das sich durch einen markanten Erker in den öffentlichen Raum
zum Stadtraum mit dem großem Erker sowie dem neugeschaf-
schiebt. Das Café ist offen für alle Bürger der Stadt und zugleich
fenen Außenbalkon, im Sommer geöffnet mit Außengastrono-
Treffpunkt der Kirchengemeinde. Der zuvor sehr nüchterne Kir-
mie. Ein großes Fenster zum Kirchenraum macht den Blick frei
chenraum wurde durch eine neue Gestaltung des liturgischen
für die Verbundenheit zum Kirchenraum. Der Bürgersaal über
Bereiches qualitätvoll aufgewertet. Das geschmiedete Kreuz
dem Kirchenraum besteht aus einem großen Saal mit vorge-
überzeugt durch seine einfache Gestaltung und kann durch un-
lagerter Lounge und Kaminecke. Der Saal ist mit modernster
terschiedliche Beleuchtung besonders hervorgehoben werden.
Medientechnik und unterschiedlichen Bestuhlungsvarianten
Der ehemalige Gemeindesaal im Obergeschoss wurde zu einem
ausgestattet. Ob Bürgerversammlung, Hochzeitsgesellschaft
Bürgersaal umgestaltet und kann mit der einladenden Lounge
oder – im Loungebereich – kleinere Gemeindeveranstaltungen,
für verschiedene Veranstaltungen dienen. Das alles wurde durch
Seminare, Beerdigungsfeiern oder Familienfeste – alles ist hier
EU-Förderung und städtische Förderung finanziell unterstützt.
möglich. Die Veranstaltungen werden vom Café Gloria gastro-
Die Gemeinde wirkt mit diesem Projekt aktiv an der Stadtent-
nomisch versorgt.
wicklung der Stadt Solingen mit.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
Die umgebaute Stadtkirche will ein Begegnungsort für die
Gemeinde, aber darüber hinaus auch für alle Menschen und
Besucher Solingens sein. Dazu trägt u.a. auch das Café Gloria
bei, ein professionell geführtes Café, das im ehemaligen
Eingangsbereich eingerichtet wurde. Betreiber des Cafés ist
eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, getragen von Mitgliedern der evangelischen und der katholischen
Innenstadtgemeinde. Die Öffnung der Kirche soll sich nicht
nur baulich vollziehen. So soll regelmäßig die Kirche für Besucher geöffnet werden und auch die Kircheneintrittsstelle
des Kirchenkreises Solingen hat in der Sakristei ein neues
Zuhause gefunden. Für Ausstellungen und Aktionstage wird
Gemeinde
die neu gestaltete Kirche gerne genutzt. Über der Kirche
Mittendrin und doch verschlossen – so wirkte die Stadtkirche
befindet sich außerdem noch ein großer Saal, der ebenfalls
am Solinger Fronhof, dem alten Stadtkern der Klingenstadt,
technisch auf den neusten Stand gebracht wurde und der an-
auf manchen Passanten. Denn die Eingänge der Kirche lagen
gemietet werden kann. Dieses Angebot wird gerne genutzt,
versteckt an der Seite der Kirche. Der Kirchbau im Stil der 50er
da es in der Innenstadt wenige große Veranstaltungsräume
Jahre war in die Jahre gekommen. Das war besonders nach dem
gibt. Die Gemeinde freut sich über den Sonderpreis der Jury
Sturm Kyrill, als das Kreuz vom Dach der Kirche geweht wor-
des Architekturpreises der EKiR und sieht es als Ansporn
den war, deutlich geworden. Bange Fragen um die Zukunft der
weiter an der Verbindung von Kirche und Stadt zu arbeiten.
Stadtkirche trieben seitdem das Presbyterium um, aber auch
Pfarrerin Friederike Höroldt
eine Vision: das Gebäude zum Fronhof hin mit einem neuen
Eingang und einer großen Treppe zu öffnen, als deutliche Ver-
Bauherrin: Evangelische Stadtkirchengemeinde Solingen
bindung zwischen Stadt und Kirche und deutlichere Einladung
Objekt: Stadtkirche Solingen, Kirchplatz 14, 42651 Solingen
an die Passanten in der umliegenden Fußgängerzone. So trat
Entwurf: Großkemm und Richard, Solingen
das Presbyterium unter der Leitung von Pfarrerin Jutta Degen
Baukosten: 4.020.000 Euro
an das Architekturbüro „Großkemm und Richard“ mit dem Auf-
Fotos: Sigurd Steinprinz, Düsseldorf
trag heran, ein Konzept für die Umgestaltung der Kirche zu erarbeiten. Diese Pläne wurden der Stadt Solingen vorgelegt. Durch
die Einbettung in ein integriertes Entwicklungsprojekt der Innenstadtplanung „City 2013“ konnte das Gesamtprojekt Ende
2008 als ”Impulsprojekt in die Projektliste für die zukünftige
europäische Ziel 2-Fördersäule Nachhaltige Stadt und Regionalentwicklung” aufgenommen und als förderwürdig ausgewiesen werden. Der Umbau wurde darum auch mit EU- Fördermitteln für die Stadtentwicklung realisiert. Die Gemeinde steuerte
­einen nicht unbeträchtlichen Eigenanteil bei, der u.a. durch die
Aufgabe der dezentralen Gemeindezentren finanziert wurde.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Preisträgerinnen und Preisträger
17
Engere Wahl Kirchenraum
Umgestaltung und Erweiterung der Epiphaniaskirche, Köln-Bickendorf
Kirche weiterdenken!
Aufgabe
Vier Gemeindebezirke sollten zu einem Zentrum zusammen­
Gebäude und wird zur deutlich wahrnehmbaren „Adresse“.
führt werden. Dazu musste die Epiphaniaskirche grund­
Eine sechs Meter hohe Glaswand gewährt neue Ein- und
legend umgebaut werden. Aufbauend auf den vorhandenen
Ausblicke. Der Kirchplatz scheint räumlich schwellenlos mit
Qualitäten und Strukturen des Bestandgebäudes entstand
dem Foyer zu verschmelzen. Die Blätter der Platanen auf
der Entwurf „Kirche weiterdenken“ mit dem Ziel, die alte
dem Vorplatz sind im Foyer zu Greifen nah. Durch das Café
Fassade zu erhalten und zugleich der Kirchengemeinde eine
wird der Vorplatz gleichsam nach innen erweitert. Das Innere
stärkere Präsenz im Stadtraum zu sichern. Gewünscht war,
des Kirchenraums wurde um 90 Grad gedreht und somit die
mit der Erweiterung auch ein unübersehbares und unüber-
gesamte Fensteranlage zur Altarwand. Die Ausrichtung des
hörbares Zeichen zu setzen und einen Kirchturm zu bauen.
Altars in die Mitte der Gemeinde, das Versetzen der Orgel
Die Fundamente hierfür waren vorhanden, der Bau war
und die Einbindung der Empore in den Kirchenraum eröffnen
jedoch aus finanziellen Gründen nicht erfolgt.
der Gemeinde neue Möglichkeiten des Zusammenkommens.
Die Anordnung von Altar und Bestuhlung auf einer Ebene
Konzeption
schafft ein intensiveres Miteinander. Auch die Gemeinde­
Die alte Fassade bildet in dem Neubau die Innenwand mit
räume im Gartengeschoss schaffen mehr Begegnungen: Es
Durchblick zum Kirchenraum. Im schichtweisen Aufbau von
gibt hier eine direkte Verbindung an die Kirchenebene und
Kirchenraum, Servicezone, Café und Vorplatz öffnet sich das
einen Zugang zum Garten. Die Verwaltung erhält einen separaten Zugang von außen. Der neu geschaffene Kirchturm
wirkt auf dem kleinen Vorplatz wie ein Ausrufungszeichen,
er ist ein besonderes liturgisches ­Element in der Verbindung
von ­Gottesdienst und Stadt.
Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Köln-Bickendorf
Objekt: Epiphaniaskirche, Erlenweg 39, 50827 Köln
Entwurf: Lepel & Lepel, Köln
Baukosten: 1,7 Millionen Euro
Fotos: Jens Kirchner, Düsseldorf
18
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
Engere Wahl Kirchenraum
NEUgestaltung DER Christuskirche, Essen-Altendorf
AuSSen Backsteingotik – innen verschiedene Raumszenarien
Aufgabe
Ziel der Neugestaltung und Sanierung war es, einen Ort der
Zonen schaltbaren Beleuchtung lassen sich verschiedene
Ruhe und Besinnlichkeit mit eindeutigem sakralen Charak-
Raumszenarien definieren – entsprechend der gewünschten
ter zu schaffen. Zugleich waren unterschiedliche Nutzungs-
Nutzung.
möglichkeiten über den Gottesdienst hinaus angestrebt.
Beides mit einem knapp kalkulierten Investitionsbudget.
Die raumbildenden aufgehenden Elemente sind in Weiß ge-
Das ruhige, durch einheitliche Materialität und Farbgebung
halten, um dem Kirchenraum eine homogene Entsprechung
gekennzeichnete äußere Erscheinungsbild der Christus­kirche
zum äußeren Erscheinungsbild zu verleihen. Die bestehenden
im Stil der norddeutschen Backsteingotik sollte im Innen-
Glasfenster wirken nun anders: Sie tauchen den Innenraum
raum ein entsprechendes Gegenstück erhalten.
je nach Witterungslage in unterschiedliche Farbnuancen. Der
blaugraue Steinboden aus Anröchter Dolomit strahlt die Ver-
Konzeption
bundenheit mit der Erde aus und lässt den Außenraum ins
Bei der Innensanierung wurden die eingesetzten Materialien
Innere gleiten. Gemeinsam mit der Bestuhlung, den Türöff-
und Farben auf wenige Elemente reduziert, um die Propor­
nungen und der Orgel stellen die Prinzipalstücke aus Eichen-
tion und Klarheit des Raums mit seinen Einbauten zu stärken
holz den einzigen Kontrast in dem klaren und ruhigen Innen-
und den Gottesdienst in den Mittelpunkt zu rücken. Ergänzt
raum dar. Die Prinzipalstücke sind beweglich und können je
durch den Einsatz der dimmbaren und in verschiedenen
nach Nutzung des Altarbereichs verschoben werden. Der
Altarbereich wurde vergrößert, um dort Familiengottesdienste
und Andachten zu feiern. Die Aufgabe der Kanzel übernimmt
der Ambo, sodass auf eine Kanzel verzichtet werden konnte.
Bauherrin: Evangelische Lutherkirchengemeinde
Essen-Altendorf
Objekt: Christuskirche, Röntgenstraße 14, 45143 Essen (Ruhr)
Entwurf: Lorber Paul, Köln
Baukosten: 640.000 Euro
Fotos: Paul Ott, Gert Lorber
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
19
Engere Wahl Gemeindehaus
Neubau Gemeindezentrum, Winningen
Historischer Altbau + offener Neubau = gelungene Zentralisierung
Aufgabe
Durch den Umzug des öffentlichen Kindergartens in einen
Neubau und den Verkauf des alten Gemeindezentrums ergab
sich in der Gemeinde Winningen eine einmalige Chance: Sie
konnte planen, das auf drei Standorte verteilte Raumangebot
am zentralen Ort der historischen Kirche zusammenzuführen. Die notwendig gewordene Kernsanierung des zweiten
Pfarramts sollte voll in das Bauprojekt aufgenommen werden. Auch galt es, alle Flächen des Bestandsbaus im Einklang
mit dem Denkmalschutz in das komplexe Raumprogramm zu
integrieren und dem Altbau einen möglichst kleinen Neubau
zur Seite zu stellen.
Konzeption
Der Altbau steht nun als solider, fast monolithischer Baukörper neben dem Neubau. Er symbolisiert Sicherheit und
Standfestigkeit, wird jedoch vom angrenzenden trans­
parenten Gebäude eingeschnitten. Kirche, Pfarrhaus und
neues Gemeindehaus bilden ein stimmiges Ensemble mit
vielschichtigen Wege- und Blickbeziehungen. Die Vielfältigkeit des Gemeindelebens beheimatet sich in den abtrennbaren und multifunktional nutzbaren Räumlichkeiten. Anstelle ­einer ehemaligen Versiegelung wächst der weiträumige
­Gemeindegarten, er wird ebenfalls aktiv genutzt. Als Kulisse
der Gemeinderäume strahlt er Ruhe und Geborgenheit aus
setzt sich auf dem Neubau fort: Auch dessen flach geneigten
Dächer sind begrünt.
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Winningen
Objekt: Evangelisches Gemeindezentrum Winningen,
­Kirchstraße 7, 56333 Winningen
Entwurf: Brost und Kujanek, Winningen
Baukosten: 1.485.000 Euro
Fotos: Jan Kujanek, Christian Brost
20
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
Engere Wahl Gemeindehaus
Neubau Gemeindezentrum, Mettmann
Treppenanlage als (Tri-)Bühne – ein städtebaulicher Clou
Aufgabe
In Verbindung mit der bestehenden Kirche sollte ein neues
auf mehreren Ebenen die oberen Geschosse und bietet
Gemeindezentrum entstehen. Die Herausforderung bestand
durch die „gläserne Hülle“ durchdringende Treppenanlage
darin, mit dem der freistehenden Kirche gegenübergestellte
vielfältige Nutzungsmöglichkeiten – bis hin zum Auditorium
Gebäude einen Stadtraum zu schaffen, analog zum beste-
oder einfach als überdachte Erweiterung des Außenraums.
henden Stadtgrundriss. Die Kirche selbst musste in ihrem
Denkmalcharakter unangetastet bleiben. Bei der Konstruk-
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Mettmann
tion des Gebäudes sollte besonderer Wert auf nachhaltig
Objekt: Evangelisches Gemeindezentrum,
wirtschaftliche Ausführung gelegt werden. Weitere Vorga-
Freiheitstraße 19 a, 40822 Mettmann
ben waren Massivbauweise sowie ein höchsten Ansprüchen
Entwurf: Stein Hemmes Wirtz, Kasel/Frankfurt/Main
genügender Wärmedämmungsstandard.
Baukosten: 2.380.000 Euro
Fotos: Eibe Sönnecken
Konzeption
Der Entwurf wagt einen städtebaulichen Clou und rückt sowohl die historische Kirche als auch das neue Gemeindehaus
mitten in die Fußgängerzone der Stadt. Durch eine Treppenanlage, die sich vom Außenraum in den Innenraum erstreckt,
positioniert sich der Neubau sehr geschickt zur tiefer liegenden Kirche und mündet in einen atriumartigen Innenhof, der
zu Veranstaltungen einlädt. Die Treppenanlage ist als „Bühne
und Tribüne“ gestaltet, die damit einer einladenden Geste
die Menschen ins Zentrum lockt. Der gestalterisch zurückhaltend konzipierte Innenhof ist Treffpunkt und Mittelpunkt,
zugleich kann er als Ort der Ruhe und des Rückzugs dienen,
unterstützt von erhaltenem wertvollem Baumbestand. Das
Kirchencafé stellt die gebaute Verbindung der Kirchengemeinde zum öffentlichen Stadtraum dar. Durch den freien
Blick auf die Kirche aus allen wichtigen Räumen des Gemeindezentrums verschmelzen der Innen- und der Außenraum.
Das Gebäude ist von drei Ebenen her zugänglich: Im Obergeschoss gibt es von der Fußgängerzone her den direkten
Zugang zum Gemeindebüro. Über den Kirchplatz erschließen
sich die Versammlungsräume. Die Anlieferung erfolgt im
Kellergeschoss über den Parkplatz. Das Kirchencafé ­verbindet
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
21
Engere Wahl Gemeindehaus
Neubau Gemeindehaus, Heiligenhaus
Neuer Baustein – neues Zentrum im bestehenden Kontext
Aufgabe
Die denkmalgeschützte Alte Kirche bildet als Ensemble mit
zungsprofil. Der gläsern geöffnete Saal im Erdgeschoss wird
der benachbarten Schule und der am Eingang stehenden
zum multifunktionalen Zentrum im Kontext Kirchenraum –
Luthereiche einen architektonischen Höhepunkt in Heili-
Gemeindehaus – historische Alte Kirche. Die Gruppenräume
genhaus. Als „neuer Baustein“ sollte in den Kanon dieses En-
im Erdgeschoss verfügen über mobile Trennwände, die Fas-
semble ein Gemeindehaus eingefügt werden. Der neue Bau-
saden können ebenfalls geöffnet werden. So können Innen-
körper soll über eine angemessene Distanz zur Alten Kirche
und Außenräume, Saal, Kirchgarten und Kirchplatz in einen
verfügen, damit die Eigenständigkeiten im städtebaulichen
großen bespielbaren „Garten“ umgewandelt und für Feste
Kontext, aber auch gegenüber der Gemeinde zum Ausdruck
und Veranstaltungen genutzt werden. Im Obergeschoss be-
kommt. Um das Gemeindehaus herum wird eine neue „Zone
finden sich Gruppenräume, ein „stiller Raum“ sowie Büros
der Freiräume“ angestrebt, die kommunikative Begegnungen
und Nebenräume, inklusive Lüftungsanlage und Aktenlager.
fördert. Um dies zu erreichen, wird das Bauvorhaben durch
eine entsprechende Gestaltung von Kirchvorplatz, Kirchplatz
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Heiligenhaus
und Kirchgarten ergänzt: Naturstein und üppiges Grün
Objekt: Gemeindehaus an der Alten Kirche,
­sorgen für Wege- und Blickkontakte.
Hauptstraße 206, 42579 Heiligenhaus
Entwurf: Kastner Pichler, Köln
Konzeption
Baukosten: 2,5 Millionen Euro
Der Baukörper des neuen Gemeindehauses wird im Süden
Fotos: Jochen Kastner, Konstantin Pichler
der Kirche platziert. Durch diese Position gelingt eine eindeutige Zuordnung zu den Nachbargebäuden. Es wird damit ermöglicht, alte Wegebeziehungen im Westen zu belassen und
im Osten neue Wege zu öffnen. In der Form greift das neue
Gemeindehaus den Gebäudetypus der Alten Kirche auf, es
wird allerdings ergänzt mit großzügig einladender und allseitig gläserner Offenheit im Erdgeschoss. Auch werden Materialität und Haptik aus den angrenzenden historischen Bauten
abgeleitet und mit reduktiven Mitteln modern interpretiert.
In seiner Funktionalität bietet der Neubau ein breites Nut-
22
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
Engere Wahl Künstlerische Ausstattung
Neugestaltung Altarraum, Evangelische Kirche Frechen
Barocke Ellipsen und das Kreuz ist ganz Licht
Aufgabe
Die Kirchengemeinde Frechen verfügt nach einem längeren
Kreuz steht im Mittelpunkt von Längs- und Querachse der
Konzentrationsprozess nur noch über eine Gottesdienststätte.
oberen Bodenellipse und verweist als aufrechte Stele „in die
Die Entscheidung zur Neugestaltung des Altarraums beinhal-
Höhe“. Im oberen Bereich lösen sich scheinbar Teile vom Kreuz
tete mehrere Vorgaben zur Bewahrung der vielfältig gewach-
ab und verteilen sich als goldschimmende Glaselemente
senen Gottesdienstformen in der nun verbleibenden Kirche.
schwebend und rhythmisch an der Wand entlang. Auch die
Der Altarraum sollte vergrößert werden und flexibel nutzbar
raumgreifende Altarrückwand greift die Lichtthematik auf
sein. Die Prinzipalstücke und das Kreuz sollten erneuert wer-
und verbindet die Elemente Fenster, Kronleuchter, Kreuz.
den und beweglich sein. Die denkmalgeschützte Kanzel sollte
vorverlegt werden. Die Ausgestaltung der Kirche im Stil des
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Frechen
Neobarock, die auf die 70er Jahre zurückgeht, sollte, zusam-
Objekt: Hauptstraße 209, 50226 Frechen
men mit der hellen Festlichkeit der Kirche, beibehalten werden.
Entwurf: Künstlerin: Gabriele Wilpers, Essen
Baukosten: 290.000 Euro
Konzeption
Fotos: Gabriele Wilpers
Der Grundgedanke der Neugestaltung basiert auf der Basis
dreier sich überlagernder Ellipsen, aus denen sich die Komposition des spirituellen Raums aufbaut. Die Ellipse ist ein
charakteristisches Element des Barock. Die obere Ellipse ist
als Bronzelinie in den hellen Boden der Empore eingelassen.
Die anderen Linien sind dazu leicht verschoben – aus ihnen
entstand der Verlauf der neuen Stufen der Altarempore. Mit
einladender Geste empfangen die nun in den Raum vorgezogenen und geschwungenen Stufen die Besucherinnen und
Besucher: Sie können nach dem Betreten der Kirche die Stufen
hinaus zum Altar gehen als auch – an ihnen entlang – in den
Kirchenraum. Der bewegliche Altar und der Ambo sind marmoriert gestaltet (im Barock ein prägendes Stilmittel). Das
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
23
Engere Wahl Künstlerische Ausstattung
Gustav-Adolf-Kirche Düsseldorf-Gerresheim
Eleganter Baukasten – Einheit mit Orgelprospekt im Kirchenraum
Aufgabe
Presbyterium und Gemeinde wünschten sich Prinzipalien,
variabel zusammensetzen. Elemente aus Robinienholz ruhen
die traditionelle, aber auch moderne Gottesdienstformen
massiv auf filigranen Messingrahmen. Die eleganten und leich-
ermöglichen. Erwartet wurde ebenfalls, dass Geschichte und
ten ­Trägerstrukturen der Prinzipalstücke sind unaufwändig im
Kultur der drei zusammengezogenen Gemeinden einfließen.
Raum versetzbar. Ineinander geschoben bilden die drei Rah-
Außerdem soll das neugestaltete Ensemble aus Altar, Kreuz,
men eine komplexe, aber geordnete Einheit im Gottesdienst,
Taufbecken, Orgel, Predigt- und Lesetisch im Kontrast zur
einzeln definieren sie sich als liturgische Orte im Raum.
Kühle des sanierten denkmalgeschützten Kirchenraums bei
den Besucherinnen und Besuchern eine besondere Aufmerk-
Das Wandkreuz aus Messingprofilen verbindet sich orga-
samkeit bewirken.
nisch mit der Farbigkeit der Fenster und der Maßstäblichkeit
der ­Architektur. Es wurde programmatisch vor dem mittleren
Konzeption
­Fenster der Apsis angeordnet. Die leichten Rahmenstrukturen
Der Kirchenraum wird durch die neue Anordnung der denk-
der Prinzipalstücke finden sich auch im Prospekt der Orgel
malgeschützten Bänke umgestaltet. Im nun freien Mittelgang
wieder. Die Pfeifen sind optisch in Messingrahmen gefasst –
ermöglichen Stühle verschiedene Varianten der Möblierung.
angeordnet wie ein Rhythmus, nicht symmetrisch, sondern
Hochzeiten und reguläre Sonntagsgottesdienste können in
frei wie eine Tonfolge oder pulsierende Herzschläge. Sie setzen
der klassischen Form des Gegenübers gehalten werden. Für
einen Kontrapunkt zur Ausstrahlung des Kirchenraums.
ein intensiveres Miteinander werden die Stühle halbkreisförmig um den zentral im Raum aufgestellten Altar angeord-
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde
net. Bei Kindergottesdiensten können die ersten Stuhlrei-
Düsseldorf-Gerresheim
hen Sitzkissen weichen. Der Altar wird niedriger aufgestellt.
Objekt: Gustav-Adolf-Kirche, Heyestraße 93,
Altar, Taufbecken, Ambo sowie zusätzliche Auflagen für Kerzen­-
40625 Düsseldorf
ständer oder die Bibel lassen sich wie ein „Baukasten“ sehr
Entwurf: Lepel & Lepel, Köln
Seifert Orgelbau, Kevelaer
Baukosten: 44.000 Euro (ohne Orgel)
Fotos: Jens Kirchner, Düsseldorf
24
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Engere Wahl
AuSSer Konkurrenz
Orgelprospekt Konstantin-Basilika, Trier
Maxime der Klarheit – Orgeltürme mit stählerner Tragstruktur
Aufgabe
Die Idee, in der Konstantin-Basilika in Trier die Hauptorgel
­konstruiert und ruhen auf Podesten mit stählerner Tragstruk-
neu zu entwerfen, war eine Mammutaufgabe. Sie war nur zu
tur, die einseitig auf der massiven Außenwand aufliegt und
bewältigen durch die professionelle Zusammenarbeit von
mittels Zugstreben an einem stählernen Fachwerkträger im
Architekten, Orgelbauern, Statikern und Stahlbauexperten, die
Dachraum aufgehängt ist. Zur Erschließung der Spielebene
sich der Einmaligkeit des Auftrags verpflichtet wussten – und
dient eine in Material und Gestaltung minimierte stählerne
dem Ziel, die Umsetzung direkt aus dem beeindruckenden
Wendeltreppe. Die Verkleidung der Orgelfronten wurde, den
Kirchenraum zu entwickeln. Seine schlichte Klarheit, die
seitlichen Verblendungselementen entsprechend, in Holz
Gliederung der Fensterfassade und die – erst seit dem Wie-
ausgeführt, das, in anthrazitfarbene Lamellen aufgelöst, die
deraufbau – vollständige Reduktion der gestalterischen
kubische Gesamterscheinung der Elemente noch unterstreicht.
Mittel definierten das architektonische Konzept. Die neue
Alle weiteren Entwurfselemente folgen ebenfalls der Maxime
Orgel sollte mit dem Raum harmonisieren und ihn in seiner
der Zurückhaltung und der Klarheit. Die Reduktion der ­Formen
Großzügigkeit und Kraft möglichst wenig beeinträchtigen.
und der Materialien gelang durch genaues Abwägen der
­Proportionen, der Farben und ihrer Wirkung.
Konzeption
Die Orgel ist in drei klare Prismen mit gleichmäßig und ruhig
Bauherrin: Land Rheinland-Pfalz
wirkenden Oberflächen unterteilt. Diese Unterteilung rea-
Objekt: Konstantin-Basilika, Konstantinplatz 11, 54290 Trier
giert auf die drei Fensterfelder der Südwand. Die horizontalen
Entwurf: Architekten: Auer Weber, Prof. Carlo Weber†,
Verbindungselemente – Galerie und Trakturkanäle – ­wurden
Stuttgart. Orgelbau: Hermann Eule, Bautzen
so minimiert wie möglich ausgebildet. Die Orgeltürme
Baukosten: Keine Angabe
sind, entsprechend der Vorgaben des Orgelbauers, aus Holz
Fotos: Roland Halbe, Stuttgart
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Außer Konkurrenz
25
Weitere Bewerbungen Kirchenraum
Umbau Kirche/Gemeindezentrum, Zell
Öffnung der Fassade – kleine Ergänzung, groSSe Wirkung
grundlegenden Umbau des Gemeinschaftsraums. Erneuert
wurden die Boden-, Wand- und Dachflächen und die Haustechnik des Kirchengebäudes. Wesentlicher Bestandteil der Umbauarbeiten im Außenbereich war die barrierefreie Erschließung
der Kirche über die ausgebaute Haupttreppe, ausgestattet mit
einem Treppenlift. Von der Haupttreppe aus stellt eine Rampe
die direkte Verbindung zum Fußgängerbereich her.
Die Öffnung der Fassade wurde mit einer raumhohen Verglasung sichergestellt, die zugleich die Tageslichtsituation
Aufgabe
im Inneren des Gebäudes verbesserte. In der Formsprache
Die Kirche – Baujahr 1957 – befindet sich im Zentrum der
ordnet sich der Erweiterungsbau der zurückhaltenden An-
Stadt Zell in der Fuge einer geschlossenen Bebauung. Bis auf
mutung der Bestandsarchitektur unter. So wird das Erschei-
den Kirchturm und die Böschungsnummer mit Treppenauf-
nungsbild durch die im Bauvolumen relativ kleine Ergän-
gang war der bestehende Kirchenkörper zur Schlossstraße
zung gewahrt.
aus der Fußgängerperspektive kaum wahrzunehmen. Durch
die hohen Mauern, den schmalen Treppenaufgang und den
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinden Zell-Bad
dunklen Bruchstein wies die Kirche einen zurückgezogenen,
Bertrich-Blankenrath und Würrich
fast festungsähnlichen Charakter auf.
Objekt: Evangelische Kirche Zell
Schlossstraße 20, 56856 Zell
Konzeption
Entwurf: Jürgen Schuh, Wallhausen
Der Erweiterungsbau umfasst das Gemeindebüro und einen
Baukosten: 490.000 Euro
Nebenfunktionstrakt mit Teeküche und WC sowie den
Foto: Jürgen Schuh
Umgestaltung Friedenskirche, Merzig
Friedenskirche bewahrt das Leid der Kriege – mit Glaskunst
Aufgabe
dem an die Menschen erinnert wird, die in den Kriegen seit
Die am 9. November 1865 eingeweihte Kirche wurde in der
der Einweihung der Kirche getöteten wurden. Das Violett der
Vergangenheit von außen gründlich renoviert, der Vorplatz
Gedenkstele mündet auf der Seitenwand in das Orange der
zum „Garten der Einkehr“ umgestaltet. Nun sollte die Kirche
Osterhoffnung und den Spruch „Der Gerechtigkeit Frucht
von innen eine völlige Neugestaltung erhalten, künstlerisch
wird Friede sein“ (Jes.32,17).
orientiert an der Umbenenung zur „Friedenskirche“.
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Merzig
Konzeption
Objekt: Evangelische Friedenskirche,
Die Renovierungsmaßnahmen umfassten die Neubemalung
Hochwaldstraße 36, 66663 Merzig
der Wände, die Installation von Glaskunst und neuer Lampen
Entwurf/ästhetische Gesamtleitung: Eberhard Münch
mit mehr Licht und Energiespareffekt, die farbliche Anpas-
und Maria Acconi-Münch, Wiesbaden-Biebrich
sung von Orgel und Emporenbrüstung sowie die Anschaf-
Baukosten: 88.900 Euro
fung eines neuen Ambo. Mit besonderer Sorgfalt wurden
Fotos: Eberhard Münch
die Heldengedenktafeln/Mosaike „thematisch“ übermalt,
in den ungenutzten Nischen zwei Glasstelen errichtet. Eine
Glasstele ist Gottes Offenbarung gewidmet. Sie nimmt die
10 Gebote (Hebräisch), die Seligpreisung der Friedfertigen
und das Gebot der Nächstenliebe auf. Die andere Stele bringt
das Leid der Kriege in dem Schriftzug „In Memoriam“ zum
Ausdruck und bildet den Hintergrund für ein Gedenkbuch, in
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ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
Weitere Bewerbungen Kirchenraum
Umgestaltung Altarraum Christuskirche, Holten-Sterkrade
Leuchtende Tiefenwirkung und schwebendes Kreuz
Aufgabe
Der Altarbereich der Kirche sollte mit Prinzipalstücken neugestaltet werden. Für den vorher sehr düsteren Raum war
ein freundlicherer, einladender Charakter erwünscht.
Konzeption
Die bestehende Altarrückwand erhielt zur optischen Aufwertung eine Beschichtung aus hellem Lehmputz. Eine umlaufende Schattenfuge mit LED-Technik verleiht dem Bereich
eine leuchtende Tiefenwirkung. Das vor dem zweiten Weltkrieg installierte runde Innenfenster wurde zu einem „Spot“
mit Tageslicht erneuert, der gleichzeitig den Mittelpunkt für
das filigrane und „schwebende“ Kreuz bildet. Der Altar mit
viel Masse, aber wenig Körper erzeugt in der Vorderansicht
optische Wellen in Verbindung zum biblischen Element
„Wasser“. Die kastenförmige Kanzel aus Kortenstahlplatten
ist stufenlos fixier- und nutzbar und durch Umrüstung auf
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Holten-Sterkrade
eine Funkmikrofonanlage kabelfrei. Für das Taufbecken
Objekt: Christuskirche Holten,
wurde – wie beim Altar – „Räuchereiche“ verwendet, dieses
Weseler Straße 99, 46149 Oberhausen
Mal als massiver Block. Kortenstahlblenden mit Schatten­
Entwurf: Philipp von der Linde, Geldern
fugen zum Holz erhöhen das Volumen des Taufbeckens und
Baukosten: 70.500 Euro
bringen die Verbindung zu den anderen Prinzipalstücken.
Foto: Philipp von der Linde
Kolumbarium Johanniskirche, Hückeswagen
Historisch und doch neu genutzt – mitten in der Altstadt
Konzeption
Einige Kirchenbänke und der Altar blieben im Kirchenraum,
da dort weiterhin Trauergottesdienste stattfinden. An die
Stelle der entfernten Kirchenbänke treten die Urnenwände
und Stehlen. Das Quadrat als charakteristisches Element im
lichtdurchfluteten Kirchenraum bestimmt auch die Gestaltung der Urnenwände, ebenso die helle Farbgebung. Massive
Stege wahren den Abstand zwischen den einzelnen Urnenfächern. Die Verschlussplatten der Urnenfächer sind 10 cm
nach innen versetzt und können mit Blumen, Kerzen o.ä.
geschmückt werden. So kann sich innerhalb der Einfachheit
und Strenge der Urnenkammern auch Individualität entfalten.
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Hückeswagen
Aufgabe
Objekt: Kolumbarium Hückeswagen,
Die denkmalgeschützte Kirche, erbaut 1836, wurde als Gottes-
Kölner Straße 36, 42499 Hückeswagen
dienststätte nicht mehr benötigt und sollte zum Kolumbarium
Entwurf: RATHKE Architekten, Wuppertal
umgenutzt werden. Die Erträge aus dem Verkauf der Urnen-
Baukosten: 333.500 Euro
kammern ermöglichen heute den Erhalt des Kirchenbaus –
Foto: Sigurd Steinprinz und RATHKE Architekten
mitten in Hückeswagens historischem Altstadtkern.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
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Weitere Bewerbungen Kirchenraum
Modernisierung Friedenskirche, Leverkusen-Schlebusch
Ensemble mit neuem Gesicht – und neuem Glockenturm
Konzeption
Aus der früher nachteiligen Tieflage des Gartens ist ein
­attraktives Forum geworden. Es lädt mit Treppen und Sitz­
gelegenheiten zur Begegnung und zum Verweilen ein. Der
neue Glockenturm setzt ein weithin sichtbares und hörbares
Zeichen. Er greift die Formsprache des Kirchengebäudes aus
den 60er Jahren auf und lässt eine „Torsituation“ entstehen:
Vorbei am Glockenturm erreichen die Besucherinngen und
Besucher die Kirchengebäude. Die geneigten Wände des
Turms bringen Leichtigkeit und Bewegung in die vorhandene
Architektur. Mit starker Geste öffnet er sich zum Himmel und
Aufgabe
beginnt bei entsprechender Beleuchtung sogar zu schweben.
Die Kirche und die Gemeinderäume mussten für die vielen
Akti­vitäten der Gemeindegruppen, Chor- und Musikveranstal-
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde
tungen, Theateraufführungen und Kunstausstellungen umfang-
Leverkusen-Schlebusch
reich modernisiert werden. Im Mittelpunkt standen Multifunk-
Objekt: Friedenskirche, Merziger Straße 4, 51375 Leverkusen
tionalität der Räume, eine verbesserte Akustik und Beleuchtung.
Entwurf: MAIER ARCHITEKTEN, Köln
Mit der Neugestaltung der Außenanlagen und dem Neubau
Baukosten: 1,871 Millionen Euro
eines skulptural gestalteten Glockenturms wollte die Kirche
Fotos: MAIER ARCHITEKTEN
dem gesamten Gebäudeensemble ein neues Gesicht geben.
Umgestaltung Kreuzkirche/Kolumbarium, Kleineichen
Abschied nehmen und gedenken – in der Mitte des Kreuzes
Aufgabe
Die Kreuzkirche, geplant 1962 in der einfachen Form eines griechischen Kreuzes, sollte zum Kolumbarium umgenutzt werden.
Konzeption
Der neu eingefügte kreisförmiger Sitzbereich mit ca. 20 festen
Sitzplätzen liegt genau in der Mitte der Kirche und des griechischen Kreuzes. Hier nimmt die Gemeinde Abschied von
den Verstorbenen. In drei der vier Kreuzesarme befinden sich
Stelen bzw. Wände, in die die Urnenkammern eingelassen
sind. Die Stelen und Wände sind unterschiedlich hoch und
passen sich im Verlauf dem schrägen Kirchendach an. Zwischen den Urnenwänden gibt es einzelne Sitzmöglichkeiten,
Die verglasten Ecken der Kirche werden nicht von den Stelen
um in ruhiger Atmosphäre Platz zu nehmen und zu gedenken.
verstellt, so dass die schönen farbigen Glasflächen weiterhin
Die Urnenkammern werden mit Platten aus hochwertigen
den Raumeindruck bestimmen.
Eichenhölzern – in Anlehnung an den Namen der Kirche – ver-
28
schlossen. Die verschiedenfarbigen Hölzer der Grabplatten,
Bauherrin: Evangelische Gemeinde Volberg-Forsbach-Rösrath
die erkennbar belegten und nicht belegten Grabstellen, der
Objekt: Kolumbarium Kleineichen,
Abstand zwischen den Grabnischen und die lichte Anordnung
Eiserweg 44, 51503 Rösrath/Kleineichen
der Stelen lassen den einzelnen Gräbern ihre Besonderheit.
Entwurf: Felicitas Casser, Bonn
Bewusst sollte der Eindruck von „Urnenschließfächern“, dicht
Baukosten: 660.000 Euro
an dicht mit maximaler Raumausnutzung, vermieden werden.
Foto: J. Schmidt, Köln
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
Weitere Bewerbungen Kirchenraum
Modernisierung Lutherkirche Krefeld
Denkmalgerecht – und doch variabel erweitert
Aufgabe
Die Gemeinde hat kein Gemeindehaus mehr und möchte die
Räumlichkeiten der Kirche für ihre Aktivitäten nutzen, ohne
die historische Architektur zu verfälschen.
Konzeption
Erneuert wurden die technischen Infrastrukturen für Heizung, Strom und Wasser, der Sanitärbereich, Möbel und
Böden, Wände und Decken im gesamten Bereich. Das Zentrum
der Kirche – der konzentrierte Raum des Gottesdienstes – ist
erweiterbar für konzertante Aufführungen. Die Bestuhlung
ist variabel. In Kreuzform angelagert sind Räume der Stille,
des Gesprächs und der Gemeindearbeit, ein Konfirmanden-
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Krefeld-Süd
saal und eine Teeküche. Die Barrierefreundlichkeit wurde
Objekt: Lutherkirche Krefeld, Lutherplatz 27, 47805 Krefeld
dabei ebenso berücksichtigt wie die besondere Symbolik im
Entwurf: hanenberg & huhs, Aachen
Raumschmuck, die sich zum Beispiel als Lutherrose in den
Baukosten: 162.200 Euro
Fenstermöbeln zeigt).
Foto: Sabine Edel und Carl Brunn
Radwanderkapelle, Wichernhaus e.V. Wuppertal
Offener Raum der Stille – zu jeder Zeit nutzbar
Konzeption
Die Architektur ist ein großer Raum mit einer Wolkenplane
als Dach. Sie erinnert an skandinavische Stabkirchen und
weist viel Glas nach Süd/Süd-Ost aus. Es gibt weder Türen
noch Heizung. Der Raum ist luftdurchlässig und zu jeder Zeit
nutzbar. Durch die Kapelle führt ein Weg der NordbahnTrasse als Nachbargleis hindurch. Sieben Blutpflaumen, gespendet von Wuppertaler Moscheegemeinden, säumen den
Weg. Eine Feuersäule illuminiert das Dach in der Nacht. Der
Energiebedarf wird vollständig durch einen Solar-Port gedeckt. Innen wird auch das riesige Kreuz, geformt aus Stahlträgern der Wuppertaler Schwebebahn, bestrahlt. Als Sitzgelegenheiten dienen einfache Beton-U-Steine mit Holzauflage.
Aufgabe
Bauherrin: Wichernhaus e.V., Wuppertal
Die erste Radwegekapelle der rheinischen Kirche entstand
Objekt: Bergisches Plateau am Anfang der
an der Nordbahntrasse in Wuppertal-Oberbarmen. Der
Nordbahntrasse in Wuppertal-Oberbarmen
­Wichernhaus e.V. erwarb ein entsprechendes Grundstück
Entwurf: Ulrich Severit, Wuppertal
und beteiligte sich an der Planung und Umsetzung des
Baukosten: 240.400 Euro
Raums der Stille. Radler und Wanderer sollten hier in Ruhe
Foto: Ulrich Severit
rasten können und innere Einkehr finden.
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
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Weitere Bewerbungen Gemeindehaus
Umgestaltung Stadtkirche/Neubau von Gemeinderäumen, Ohligs
Stadtkirche und Gemeindezentrum – mit „grünem Zimmer“
Konzeption
Die eingeschossigen Erweiterungsbauten sind als Flachdachkuben ausgebildet. Durch die Anordnung der Neubauten ist
ein übersichtlicher, multifunktional zu nutzender Innenhof
entstanden – sozusagen das „grüne Zimmer“ des Gemeindezentrums. Gemeindefeste, Gottesdienste, Konfirmandenunterricht und vieles mehr sind nun auch unter freiem Himmel
möglich. Ein überdeckter Durchgang und ein weiterer Zugang
mit Schiebetor schirmen den Hof zum öffentlichen Raum ab.
Mit dem Neubau wurde die Stadtkirche umgestaltet. Helle
Schiebetüren im Altarbereich ermöglichen den Zugang zum
Podestbereich. Die neuen, ebenfalls hellen Prinzipalstücke
sind mobil. Der Altarbereich ist auch als Bühnenfläche nutzbar.
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Ohligs
Objekt: Stadtkirche/Gemeindezentrum,
Aufgabe
Wittenbergstraße 4–6, 42697 Solingen
Die Stadtkirche sollte neben den Gottesdiensten auch als mul-
Entwurf: Kleid und Koehler, Wuppertal
tifunktionaler Veranstaltungsort nutzbar sein. Darüber hinaus
Baukosten: 1,986 Millionen Euro
wurde die Kirche mit Gemeinderäumen als Anbau ergänzt.
Foto: Sigurd Steinprinz
Neubau Kirchenpavillon, Kirchenkreis Bonn
Pavillon und Freitreppe – in der ersten Reihe
Aufgabe
Die Kreuzkirche am Kaiserplatz ist eine kraftvolle Erscheinung.
Sie ist präsent, dominiert aber den Kaiserplatz nicht, da sie sich
hinter einem großen Vorplatz erhebt – sozusagen „in zweiter
Reihe“. Auf diesem Vorplatz bot sich die Möglichkeit, ein zusätzliches Gebäude für die kirchliche Stadtteilarbeit zu errichten.
Der Neubau sollte mit der Kirche ein ganzheitliches Ensemble
bilden und zugleich die Kirchengemeinde zur Stadt hin öffnen.
Der Kirchenpavillon verknüpft und verwirklicht beide Ziele.
Konzeption
Dem Öffnungsgedanken entspricht die sehr breit angelegte
flache Freitreppe, die dem Kirchenpavillon vorgeordnet ist. Ihre
Sitzstufen laden zum Verweilen ein. Die vorhandenen schönen
30
Kastanienbäume blieben erhalten und flankieren das neue
Bauherrin: Evangelischer Kirchenkreis Bonn
Gebäude. Der Vorplatz bietet auch Raum für Außengastrono-
Objekt: Kirchenpavillon an der Kreuzkirche,
mie und Kommunikation: Zum Pavillon gehört ein Kirchen­
Kaiserplatz 2a, 53113 Bonn
café – offen für alle – mit Mitarbeitenden, die ­Gelegenheit
Entwurf: Kastner Pichler, Köln
zum Gespräch anbieten. Außerdem gehört zum Angebot ein
Baukosten: 1,3 Millionen Euro
Büro für Lebens- und Sozialberatung.
Foto: Jochen Kastner, Konstantin Pichler
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
Weitere Bewerbungen Gemeindehaus
Gemeindezentrum, Schaffhausen
Ungewöhnlich – Postgebäude wird zum Kirchenzentrum
Aufgabe
Das Briefzentrum am Überherrner Marktplatz sollte zum neuen
evangelischen Gemeindezentrum umgebaut werden. Neben
dem Kirchenraum waren Funktionsbereiche für Gruppenaktivitäten, barrierefreie Sanitärräume, eine Küche und eine
weitere Teeküche mit WC vorgesehen. Die tragende Bausubstanz sowie das Dach sollten weitgehend erhalten bleiben.
Konzeption
Das Gebäude wurde grundlegend neu gegliedert, es folgten
energetische Maßnahmen wie Austausch von Heizkesseln
und Verglasungen, Einbau einer Fußbodenheizung und neuer
Fensterelemente sowie Nachbesserung der Dachdämmung.
Die Pultdachsegmente des Gebäudes gliedern im Inneren die
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Schaffhausen
Funktionsbereiche mit abwechslungsreichen Raumhöhen
Objekt: Evangelische Kirchengemeinde Schaffhausen,
und hellen Lichtführungen. Eine purpurrote Portaltür lädt
Beethovenstraße 2, 66802 Überherrn
die Besucherinnen und Besucher über den Marktplatz durchs
Entwurf: Architekt: Achim Pollmann, Völklingen
Foyer in den Kirchenraum ein. Die künstlerische Gestaltung
Künstlerische Gestaltung des Kirchenraums: Eberhard
der Wände, der zurückhaltende Einsatz wertiger und heller
Münch und Maria Acconi-Münch, Wiesbaden-Biebrich
Materialien und die natürliche Belichtung des Raums sorgen
Baukosten: 491.000 Euro
für eine spirituelle und freundliche Atmosphäre.
Fotos: Achim Pollmann
Erweiterung Gemeindehaus Versöhnungskirche BORNHEIM
Neues Rückgrat für die „Hochzeitskirche“
Konzeption
Das Rückgrat des neuorganisierten Hauses bildet ein Foyer,
welches sich über seine gesamte Länge zum Gemeindeplatz
hin öffnet. Vom Foyer aus erschließen sich alle Räume. Das
Foyer selbst dient als Aufenthaltsort bei Gemeindefesten,
bei der Kleiderausgabe oder, mit einigen Tischen möbliert,
für den Austausch nach dem Gottesdienst bei einer Tasse
Kaffee. Während sich das Foyer zur Öffentlichkeit hin­wendet,
öffnen sich alle anderen Räume zum Kirchgarten hin, einem
Ort der Ruhe und Zurückgezogenheit. Wie auch zur Straßen­
seite werden hier durch neue transparente Fassaden die
­Bezüge zum Freiraum gestärkt.
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Vorgebirge
Aufgabe
Objekt: Gemeindehaus an der Versöhnungskirche,
Das Gemeindehaus neben der Versöhnungskirche sollte
Königstraße 21, 53332 Bornheim
wandelbarer und flexibler genutzt werden. Im vorhandenen
Entwurf: Kastner Pichler, Köln
Flächenangebot konnten keine weiteren Funktionen unter-
Baukosten: 1,5 Millionen Euro
gebracht werden, eine Erweiterung war erforderlich.
Foto: Jochen Kastner, Konstantin Pichler
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
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Weitere Bewerbungen Gemeindehaus
Neubau Gemeindehaus, Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Neuss
Gemeinschaftlicher Gebäudekomplex – mit Wohnungen
Aufgabe
miteinander kombinierbar. Auch diese Nutzungsmischung
Ausgangspunkt für diese Veränderungen war der Wunsch der
entspricht dem neuen Gedanken des kirchlichen Lebens. Die
Gemeinde, den Standort trotz des Wandels in der Gemeinde-
neuen Baukörper sind, wie zuvor, zu einem gemeinschaft-
struktur zu erhalten. So war auch die Wirtschaftlichkeit ein
lichen Platz gruppiert, der durch alte Platanen geprägt ist.
wichtiger Aspekt des Konzepts. Die gefundene Lösung umfasst
Hier findet wie früher ein Großteil des gemeinschaftlichen
eine bauliche Verdichtung des Grundstücks und die Erneuerung
Lebens statt. Dazu tragen nun auch die Wohnungen bei.
aller Gebäude außer dem eigentlichen Kirchenraum.
Bauherrin: Evangelische Christuskirchengemeinde Neuss
Konzeption
Objekt: Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Einsteinstraße 192,
Anstelle des ehemaligen Pfarrhauses mit Pfarrer- und Küster-
41464 Neuss
räumen entstanden 17 barrierefreie und seniorengerechte
Entwurf: Dirk Tillmann, RKW Architektur
Wohnungen. Der bisher freistehende Kindergarten mit drei
und Städtebau, Düsseldorf
Gruppen wurde durch einen an die Gemeinderäume ange-
Baukosten: keine Angabe
schlossenen fünfzügigen Kindergarten ersetzt. Die Gemeinde­
Foto: Michael Reisch
räume sind nun in ihrer Anzahl reduziert, aber leichter
Erweiterung Kirche Johanniskirchen­gemeinde, Bonn-Duisdorf
Identität bewahren – und neues Ganzes errichten
Aufgabe
Das neue Gemeindezentrum der Evangelischen Johannis­
kirchengemeinde soll den kirchlichen und gesellschaftlichen
Mittelpunkt des Gemeindelebens bilden und durch seinen
Standort und die Gestaltung zum offenen, kommunikativen
Miteinander ermuntern.
Konzeption
Es galt, das bestehende architektonische Ensemble in seiner
religiösen und gestalterischen Identität zu wahren. Alt und
Neu sind klar voneinander ablesbar. Zugleich entstand ein
funktional und ästhetisch überzeugendes Ganzes: Die
Bauherrin: Evangelische Johanniskirchen­gemeinde
Matthäikirche und der Bestandsbau bleiben in ihrer kompak­-
Bonn-Duisdorf
ten Form und Farblichkeit prägend. Die Fenster und Glasfas-
Objekt: Matthäikirche/Gemeindezentrum,
saden der Erweiterungselemente unterstreichen und ergän-
Gutenbergstraße 10, 53123 Bonn-Duisdorf
zen diese Einheit und ermöglichen zugleich neue Angebote
Entwurf: Stein, Hemmes und Wirtz, Kasel und Frankfurt/Main
und Aktivitäten.
Baukosten: 2.000.000 Euro
Foto: Eibe Sönnecken
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ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
Weitere Bewerbungen Gemeindehaus
Neubau Gemeindezentrum, Scheidt
Klein, aber effizient – Gemeindehaus als Passivhaus
Aufgabe
Das neue Gemeindezentrum steht auf dem Kirchberg direkt
neben der historischen Kirche. Das Haus sollte nachhaltig
sein – als Gebäude, aber auch im Sinne des Drei-Säulen-­
Modells der Nachhaltigkeit: ökonomische, ökologische und
soziale Gesichtspunkte waren zu erfüllen. Außerdem hatte
sich die Gemeinde dafür entschieden, ein kleines Gemeinde­
haus zu bauen, um Investitionskosten, aber auch Energie und
Nutzungskosten zu sparen.
Konzeption
Die neuen Gemeinderäume sind zur Kirche orientiert. In
großen Fensterfronten spiegelt sich die Kirche. Ein Dialog der
beiden Gebäude entsteht. Die einzelnen Räume sind so konzipiert, dass sie zu einem großen Raum zusammengeschaltet
werden können. Ein Ort für Gruppen, Gemeindefeste und
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Scheidt
Veranstaltungen ist entstanden. Das Haus ist als Passivhaus
Objekt: Evangelische Kirchengemeinde Scheidt/
konzipiert.
Gemeindezentrum, Scheidterbergstraße 9, 66133 Saarbrücken
Entwurf: Stein, Hemmes und Wirtz, Kasel und Frankfurt/Main
Baukosten: 800.000 Euro
Fotos: Linda Blatzeck
Weitere Bewerbungen Künstlerische Ausstattung
Kirchenfenster Evangelische Pfarrkirche Stipshausen
Impressionen in Achat – in der Edelsteinregion
Aufgabe
zu Fensterbildern mit besonderer symbolischer Bedeu-
Die Saalkirche wurde 1778/79
tung. Im Zentrum des ersten Fensters steht ein in der drit-
errichtet, ihre Ausmalung im
ten und vierten Segmentreihe angeordneter Kreis, der die
Stil des Hunsrücker Bauern­
vollkommene Harmonie des Kosmos, des Weltalls oder
barocks gilt als letztes Zeug­-
auch des Erdkreises zum Ausdruck bringt. Auch den Jah-
nis dieser Epoche. Die künst-
reszeitenkreislauf oder den Kreislauf des Lebens mag man
lerische Gestaltung der Kir-
darin erkennen bzw. ein Symbol von Gemeinschaft und
chenfenster war vor diesem
Geborgenheit. Das zweite Fenster rückt das Kreuz in den
Hintergrund eine besondere
Mittelpunkt, das sich mit eher zurückhaltender Farbführung
Herausforderung.
in die Komposition des Fensters einfügt.
Konzeption
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde
Die Künstler wählten Achat, den Traditions- und Grundstein
Hottenbach-Stipshausen
in der Geschichte der Edelsteinregion Idar-Oberstein und
Objekt: Evangelische Pfarrkirche Stipshausen,
schliffen ihn auf eine Dicke von 1,5 mm. Mit dieser Erfindung
Hauptstraße, 55758 Stipshausen
erschlossen sie für den Achat völlig neue Perspektiven in der
Entwurf: Bernd und Thomas Munsteiner
Kunst. In der Pfarrkirche fügen sich eine unüberschaubare
Baukosten: Ca. 100.000 Euro
Vielheit kleiner quadratischer und dreieckiger Achatscheiben
Foto: Reiner Drumm
ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
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Weitere Bewerbungen Künstlerische Ausstattung
Prinzipalstücke Epiphaniaskirche, Köln-Bickendorf
Stahl behütet Erde – einem Schatz gleich
Aufgabe
Neu zu gestalten waren die Prinzipalstücke Altar, Taufbecken
und Kanzel.
Konzeption
Die Künstlerin verwendete drei bis vier mm dicken Walzstahl
mit verschliffenen Kanten und getrocknete Erdstücke. Das
Thema ihrer Arbeit ist das Bewahren und Behüten der Erde, das
Umschließen und Umfassen der sorgfältig eingeschichteten
Erdstücke – einem Schatz gleich. Sichtbare Öffnungen im Altar
wurden in Form des Kreuzes aus dem Stahl geschnitten. In der
Passionszeit kann der Altar gedreht werden, dann ist lediglich
ein kleines rechteckiges Fenster mit Erde sichtbar. Schwerlastrollen ermöglichen eine leichte Handhabung und Drehung des
Altars. Die Prinzipalstücke entstanden im Zusammenhang mit
der Umgestaltung der Epiphaniaskirche (s. Seite 18).
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Bickendorf
Objekt: Epiphaniaskirche, Erlenweg 39, 50827 Köln
Entwurf: Madeleine Dietz, Landau/Godramstein
Baukosten: keine Angabe
Fotos: Madeleine Dietz (oben), Jens Kirchner (unten)
Prinzipalstücke Dorfkirche, Seelscheid
Geschaffen aus einem Buchenstamm – mit der Kettensäge
Aufgabe
Die Gemeinde hat 2012 ihre neu gestalteten Kirchenchor­
fenster eingeweiht, die Chor und Altarraum lichtdurch­fluten.
Die Prinzipalstücke der Dorfkirche stammten aus unterschiedlichen Epochen und von verschiedenen Stiftern und
passten nicht mehr in das neue Ambiente. Auch wollte die
Gemeinde für die Predigt „auf Augenhöhe“ auf die 60 Jahre
alte Kanzel mit sieben Stufen verzichten.
Konzeption
Die neuen Prinzipalstücke wurden aus einem 250 Jahre alten
Buchenstamm von ca. 110 cm Durchmesser geschnitten – aus
freier Hand, mit einer Kettensäge. Aus dem Kern des Altars entstanden Ambo und Taufbecken, aus den Kernen dieser beiden
entstanden Kreuz und Osterkerzenständer. Zum Beginn des
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Seelscheid
Einweihungsgottesdienstes waren alle Prinzipalien ineinander-
Objekt: Pfarrer-Julius-Smed-Platz, 53819 Seelscheid
gesteckt. Sie wurden performativ vor der Gemeinde auseinan-
Entwurf: Paul Jonas Petry, Köln
dergezogen und in ihre Positionen gebracht.
Baukosten: 22.000 Euro
Foto: P. J. Petry
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ARCHITEKTURPREIS 2015 > Weitere Bewerbungen
Weitere Bewerbungen Künstlerische Ausstattung
Kirchenfenster Evangelische Kirche, Drevenack
Pfingsten und Reformation – Geisttaube und Sprach(en)wunder
Aufgabe
Die Gemeinde wünschte sich zwei neu gestaltete Fenster
zu den Themen „Pfingsten“ und „Reformation 1517 – 2017“.
Die strenge Sprossenteilung mit ihren Rauten ist durch den
Bestand der Kirche als Denkmal festgelegt.
Konzeption
Die zu „Pfingsten“ gestaltete Glasfläche liegt in der Wirkung hinter der strengen Liniatur der Sprossen. Die Geisttaube schwebt im Feuer der Pfingstbegeisterung herab und
lässt sich zugleich auf die versammelten Apostel nieder. Das
Sprachwunder wird sichtbar durch die Wiedergabe verschiedener Sprachen der heutigen Welt: Auch die russische Sprache, chinesische Schriftzeichen und Zeichen aus dem hebräischen und dem arabischen Raum wurden aufgenommen. Im
zweiten Fenster weist eine der Sprossenteilung vorgesetzte
Bauherrin: Evangelische Gemeinde Drevenack
Fläche mit Zitaten auf die Bedeutung des Reformators und
Objekt: Evangelische Gemeinde Drevenack,
der Reformation hin. Die Geisttaube, die Titelseite der Deut-
Kirchstraße, 46569 Hünxe-Drevenack
schen Bibel und das bekannte Lied „Ein feste Burg ist unser
Entwurf: Egon Stratmann, Hattingen
Gott“ kommen ebenfalls auf der farbig angelegten Gesamt-
Ausführung: Glasmalerei Peters, Paderborn
fläche des Fensters zur Geltung.
Baukosten: 25.000 Euro
Fotos: Egon Stratmann
AuSSer
AuSSer Konkurrenz
Konkurrenz
Erlöserkirche Sinnesgarten, Dinslaken
Bunter und duftender Rundweg – offen für alle
Konzeption
Es gibt im Garten bunte Blütensträucher, essbare Früchte,
duftende Kräuter, plätscherndes Wasser und viele Möglichkeiten, den Tastsinn anzuregen. Stufenlose Rundwege führen
von der großen Terrasse über mehrere Stationen zum Ausgangspunkt zurück. Ein Grundwasserbrunnen und Sitzplätze
unter der schattigen Pergola oder auf kleinen Sitzmauern sind
schöne Aufenthaltsbereiche. Im unteren Bereich ist eine kleine
Gehschule angelegt. Dinslakener Künstler haben Skulpturen
gespendet, Gemeindemitglieder Klangelemente. Der Garten
steht nicht nur dem Café zur Verfügung, sondern auch dem
integrativen Kindergarten, dem angrenzenden Jugendbereich
Aufgabe
des Gemeindezentrums und allen Nachbarn und Besuchern
Der Sinnesgarten wurde auf Initiative der Ehrenamtlichen
des „Blumenviertels“. Er ist an fünf Wochentagen geöffnet.
des „Café Vergissmeinnicht“ (Treffpunkt für Menschen mit
Demenz) ins Leben gerufen. Ein lange ungenutztes Garten-
Bauherrin: Evangelische Kirchengemeinde Dinslaken
grundstück zwischen Gemeindezentrum und Pfarrhaus
Objekt: Gemeindezentrum Erlöserkirche Dinslaken,
sollte barrierefrei so gestaltet werden, dass alle Sinne an-
Weißenburgstraße 5, 46537 Dinslaken
geregt, Erinnerungen geweckt und Entwicklungen sowie
Entwurf: Landschaftsarchitektur Schwarz, Hünxe-Bruckhausen
körperliche Aktivitäten gefördert werden. Finanziert wurde
Baukosten: 144.000 Euro
der Garten ausschließlich aus Förder- und Spendengeldern.
Foto: Friedhelm Schwarz
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Hier finden Sie weiterführende Videos, Fotos, Audios
zu den Projekten, aber auch darüber hinaus:
gotteshaeuser.ekir.de
Es lohnt sich, einen Blick auf die Homepage
zu werfen und dort Entdeckungen zu machen!
Dem Glauben
Raum Geben
neue und renovierte Kirchen
und Gemeindehäuser –
eine multimediastory
gotteshaeuser.ekir.de
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Evangelische Kirche im Rheinland
Landeskirchenamt, Dezernat Bauen und Liegenschaften
Hans-Böckler-Straße 7
40476 Düsseldorf
Telefon 0211 4562-660/-659
Fax 0211 4562-563
E-Mail [email protected]
www.ekir.de/bauberatung
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IMPRESSUM

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