179/07 Spektr_Intranet_3/07 - Qucosa

Transcrição

179/07 Spektr_Intranet_3/07 - Qucosa
Ausgabe 3/2007
TU-SPEKTRUM
DAS MAGAZIN DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT CHEMNIT Z
Titel
GEMEINSAM STARK DIE INIT IAT IVE PRO
FÖRDERWERKE
Die Hochschulgruppen der
Studienstiftungen an der T U
Chemnitz freuen sich auf
Nachwuchs
TU-Spektrum und aktuelle Informationen online: www.tu-chemnitz.de/tu/presse
INHALT
IMPRESSUM
Herausgeber:
Der Rektor der Technischen Universität Chemnitz
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Matthes
Redaktion dieser Ausgabe:
Dipl.-Ing. Mario Steinebach (MSt), Chefredakteur
Katharina Thehos (KT), Wissenschaftsredakteurin
Christine Häckel-Riffler (HR), Redakteurin
Antje Brabandt (AB), Studentin
Michael Chlebusch (MCH), Student
Nicole Leithold (NL), Studentin
Carina Linne (CL), Studentin
Arne Werner (AW), Student
Satz dieser Ausgabe:
Christine Häckel-Riffler &
PrintDesign GmbH Chemnitz
Sitz der Redaktion:
Straße der Nationen 62, Raum 185
09111 Chemnitz
Postanschrift der Redaktion:
09107 Chemnitz
Telefon: 0371 531-31424, -31536
Telefax: 0371 531-10049
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www.tu-chemnitz.de/spektrum/index.html
Erscheinungsweise: dreimal pro Jahr
Auflage: 5.000 Exemplare, international
ISSN 0946-1817
Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge zu
kürzen und/oder sinnentsprechend wiederzugeben.
Der Inhalt der Beiträge muss nicht mit der Auffassung des Herausgebers übereinstimmen. Für
unverlangt eingehende Manuskripte übernimmt die
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erwünscht. Für den Inhalt der Anzeigen zeichnen
die Inserenten verantwortlich.
Im TU-Spektrum gelten grammatisch maskuline Personenbezeichnungen gleichermaßen für Personen
weiblichen und männlichen Geschlechts.
Anzeigenverwaltung:
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Telefon 0371 815190
E-Mail [email protected]
Es gilt die Anzeigenpreisliste 2007.
Druckvorbereitung:
PrintDesign GmbH Chemnitz
Druck:
Druckerei Willy Gröer GmbH & Co. KG Chemnitz
Redaktionsschluss: 16. November 2007
Redaktions- und Anzeigenschluss der
nächsten Ausgabe: 30. März 2008
Titelfoto:
Gute Leistungen und ehrenamtliches Engagement
sind die Basis für ein Studium mit Stipendium. Die
Stipendiaten an der TU Chemnitz haben sich in der
"Initiative Pro Förderwerke" zusammengeschlossen
und stehen in den Beiträgen ab Seite 17 im Mittelpunkt.
Fotos und Montage: Heiko Kießling
CAMPUS
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Viel besucht und gut verlinkt: www.tu-chemnitz.de
Qualität mit Zertifikat bestätigt
Studentenmagnet TU Chemnitz
Ein Service für kluge Köpfe
STUDIUM
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Mit der Wirtschaft und Osteuropa auf Tuchfühlung
Früh übt sich, wer einen Master-Abschluss will
FORSCHUNG
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Die Menschen hinter den roten Zahlen
Leichter und leiser durch die Lüfte / Mehr Sicherheit für die Feuerwehr,
weniger Staus
Neue Wege in der Signalverarbeitung
Leuchtende Nanoteilchen für schnellere Computer
Die Innenstädte der Zukunft
Second Life: Mit Avataren "schnuppern"
Wie lange klingelt der Postmann noch?
Unternehmen machen sich fit für die Zukunft
TITEL
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Gemeinsam stark - die Initiative Pro Förderwerke / Einen Versuch ist es wert
Wen sie fördern, was sie fordern
Cusanuswerk / Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst
Friedrich-Ebert-Stiftung / Auslandsaufenthalte gern gesehen
Friedrich-Naumann-Stiftung / Auf dem Weg zur kleinen Fußballmannschaft
Hanns-Seidel-Stiftung / Promotion: alleine oder im Kolleg
Hans-Böckler-Stiftung / Einmal im Monat: Treffen der Hochschulgruppe
Heinrich-Böll-Stiftung / Mit Stipendium zum Doktortitel
Konrad-Adenauer-Stiftung / Ein offenes Ohr für die Stipendiaten
Rosa-Luxemburg-Stiftung / Den Werten einer gerechteren Welt verpflichtet
Stiftung der Deutschen Wirtschaft / Die wirtschaftlichen Potenziale der
Region im Fokus
Studienstiftung des deutschen Volkes / Der Blick über den Horizont
INTERNATIONAL
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Glücklich zwischen zwei Welten
Bangkok und Chemnitz rücken noch enger zusammen
Thailänder trafen "ihre" Prinzessin in Chemnitz
Mathematische Premiere in Ecuador
BÜCHER
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Der aktuelle Stand der Wissenschaft / Bücher zu sächsisch-tschechischen
Kooperationen
PERSONALIA
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Neu an der Uni / Professoren im Ruhestand / Wir gratulieren / Wir trauern um
EHRUNGEN
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Förderpreise von VW Sachsen / Universitätspreise 2007
Bei ihm steht der Mensch im Mittelpunkt / Ehrendoktorwürde für
Prof. Reimund Neugebauer
EVENTS
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Wird der Osten verwestlicht?
Klein, kleiner, smarter
"Vordenker der Produktionstechnik" tagten in Sachsen
Chemnitzer Linux-Tage 2008
SPORT
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Sandra Lasch ist ein wahrer "Goldfisch" / Schlaue Köpfe, schnelle Beine:
4.000 Kilometer Staffellauf
HISTORIE
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100. Todestag von Gustav Anton Zeuner
KULTUR
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240 Schnappschüsse in vier Stunden
TU-Spektrum 3/2007
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CAMPUS
Viel besucht und gut verlinkt: www.tu-chemnitz.de
Homepage landet in drei Webseiten-Rankings unter den deutschen Hochschulen auf dem ersten oder zweiten Platz
Gern angeklickt: Die
Webmaster Jochen
Franz (l.) und Frank
Richter sorgen für
jede Menge Service
und eine hohe Übersichtlichkeit auf den
Webseiten der TU
Chemnitz.
Foto:
Mario Steinebach
(KT/MSt) Dreimal weit vorn platzierte
sich die TU Chemnitz mit ihrer Homepage
( www.tu-chemnitz.de) in aktuellen Rankings: Das "4 International Colleges &
Universities"-Ranking, das "Webometrics
Ranking of World Universities" und das
Ranking von www.seitwert.de bescheinigen
den Chemnitzer Uni-Webseiten eine große
Beliebtheit.
7.976 Hochschulen weltweit und 336 in
Deutschland begutachtete das "4 International Colleges & Universities"-Ranking.
Von den deutschen Hochschulen schnitt
die Uni am besten ab, landete also im landesweiten Vergleich auf Platz 1. In Europa
musste die TU lediglich fünf Universitäten
Diese Kriterien geben an, wie häufig eine
Seite von fremden Webseiten aus verlinkt
ist und wie oft sie besucht wird.
Im "Webometrics Ranking of World
Universities" musste die TU Chemnitz nur
einer deutschen Uni den Vortritt lassen:
Im europaweiten Ranking landete die Universität Trier auf Rang 9, Chemnitz folgt
auf Platz 14. In der weltweiten Top4.000Liste belegt die Chemnitzer Universität
Platz 80; insgesamt platzierten sich in dieser Liste mit der Freien Universität Berlin
und der TU Berlin vier deutsche Unis unter
den ersten 100. Aus Sachsen folgen die
Universität Leipzig auf Platz 105 und die
TU Dresden auf Platz 191. Auch bei diesem
aus Großbritannien, einer schwedischen
und einer schweizerischen Uni den Vortritt
lassen und findet sich auf Platz 8.
Insgesamt sind 15 deutsche Universitäten
bei den europaweiten Top100 vertreten,
darunter aus Sachsen auch die TU Dresden
auf Platz 46 und die Universität Leipzig auf
Platz 58. Unter den weltweiten Top100
platzierten sich 57 Unis aus den USA und als einzige deutsche Universität die
TU Chemnitz. Sie ist hier auf Platz 94
geführt, die TU Berlin folgt auf Rang 138
und die Freie Universität Berlin auf Platz
162. Das Ranking basiert auf dem "Google
Page Rank", der Gesamtzahl der "inbound
links" und auf dem "Alexa Traffic Rank".
Ranking sind die Kriterien hauptsächlich
Ergebnisse von Suchmaschinen und die
Verlinkung sowie Zitierung der Seiten auf
fremden Homepages.
Auf Platz 32 aller deutschen Webseiten
findet sich die Chemnitzer Uni-Homepage
im Ranking von www.seitwert.de. Damit ist
sie die bestplatzierte Webseite einer Hochschule, die TU Berlin folgt als nächst beste
Uni auf Rang 75. Die ersten drei Plätze
dieses Rankings entfielen auf Wikipedia,
Spiegel und Heise. Beim "Seitwert"Ranking werden die Gewichtung einer
Seite bei Google und Yahoo bewertet, die
vom "Alexa Traffic Rank" ermittelten Zugriffszahlen, die Social Bookmarks und
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TU-Spektrum 3/2007
weitere Faktoren, wie das Domain-Alter
und Einträge in Wikipedia, sowie technische Details, etwa der Seiten-Quellcode.
"Die Homepage ist häufig der erste
Weg, auf dem sich jemand ein Bild von
unserer Universität macht. Sie ist damit
eine unserer wichtigsten Visitenkarten.
Deshalb freuen wir uns, gleich von drei
Rankings eine gute Nutzung unserer Angebote im Internet bestätigt zu bekommen", sagt TU-Rektor Prof. Dr. KlausJürgen Matthes. Die Web-Präsentation der
Chemnitzer Uni spiegele zudem die exzellenten Bedingungen in Forschung und
Lehre wider. "Unsere Position im Wettbewerb um Studierende - insbesondere aus
den alten Bundesländern - soll auch künftig durch ein serviceorientiertes Informationsangebot im Internet ausgebaut werden", so der Rektor.
Auch Frank Richter vom Universitätsrechenzentrum ist zufrieden mit den Platzierungen der TU Chemnitz: "Dass wir in
allen drei Rankings ähnlich gut abschneiden, ist beeindruckend und eine Bestätigung für unsere Arbeit. Wir werden uns
auch in Zukunft bemühen, durch aktuelle
Inhalte, eine einfache Navigation und eine
gute Vernetzung mit anderen Homepages
die Bedürfnisse der Nutzer bestmöglich zu
erfüllen." Richter verzeichnet pro Tag auf
den zentralen WWW-Servern der Chemnitzer Universität bis zu 1,8 Millionen
Zugriffe. Hinzu kommen Spezial-Server etwa der Server der Uni-Bibliothek mit
40.000 Zugriffe täglich oder das OnlineWörterbuch mit 600.000 Übersetzungsanfragen pro Tag. "Häufig angeklickt werden
auch die Angebote für Studenten und
Absolventen, das Presseportal der Universität sowie Bilddatenbanken", berichtet
der Internetbeauftragte Jochen Franz.
Alle drei Rankings geben vor allem
an, wie häufig die Webseiten besucht
werden und wie gut sie verlinkt sind; sie
geben keine direkte Auskunft über den
Inhalt. "Wer sich von der inhaltlichen
Qualität der TU-Homepage überzeugen
will, sollte selbst einmal durch die Seiten
surfen", lädt Prof. Matthes ein.
www.4icu.org
www.webometrics.info
www.seitwert.de/?url=tu-chemnitz.de
CAMPUS
Qualität mit Zertifikat bestätigt
Erste Phase beim Aufbau eines innovativen Qualitätsmanagementsystems erfolgreich abgeschlossen
An den deutschen Hochschulen wird
zurzeit intensiv der Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen diskutiert. Zwei
Fragestellungen stehen dabei im Mittelpunkt, die sich an den Begriffen "Systemakkreditierung" und "ISO 9001" festmachen lassen. Die Systemakkreditierung ist
ein speziell für die Hochschulen entwickeltes Instrument, bei dem externe Gutachter prüfen, ob die Hochschule ein internes Qualitätssicherungssystem im Bereich Studium und Lehre hat. Die Entwicklung dieses Systems steht kurz vor dem
Abschluss, so dass es zum 1. Januar 2008
in Deutschland eingeführt werden kann.
Im Mittelpunkt der teilweise sehr kontroversen Diskussion um die Systemakkreditierung steht die Berechtigung einer Qualitätsvermutung: Kann aufgrund funktionierender interner Strukturen und Prozesse auf die Qualität aller Studiengänge
einer Hochschule geschlossen werden?
Das herausragende Qualitätsmerkmal
der Leistungen deutscher Universitäten ist
die Einheit von Lehre und Forschung. Die
Hochschulen stehen vor dem Hintergrund
der Dynamik um die Systemakkreditierung
vor der Frage, ob bzw. wie sie ein Qualitätsmanagementsystem aufbauen, das
nicht nur die Lehre, sondern alle ihre Leistungen umfasst. Exemplarisch für diese
ganzheitliche Betrachtung kann die DIN
EN ISO 9001 stehen - das Kernelement
einer Reihe von Normen, die branchenübergreifend die Grundlagen für Qualitätsmanagementsysteme beschreiben. Da
diese Grundlagen im wirtschaftlichen Umfeld entstanden sind, wird zurzeit gefragt,
ob die dahinter stehende ökonomische Logik für die Steuerung der Leistungen einer
Hochschule geeignet ist.
Wegweisend für alle Unis
Die TU Chemnitz hat diese Fragen
frühzeitig aufgegriffen und in der Fakultät
für Maschinenbau ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut, das sowohl den
Anforderungen an eine Systemakkreditierung als auch an eine ISO 9001 Zertifizierung entspricht. Dieses System wurde in
einer bisher einzigartigen Zusammenarbeit gemeinsam von den jeweils renom-
miertesten externen Gutachterorganisationen evaluiert: Das Akkreditierungs-, Certifizierungs- und QualitätssicherungsInstitut (ACQUIN) für die Systemakkreditierung und die Deutsche Gesellschaft zur
Zertifizierung von Managementsystemen
(DQS) für die ISO 9001. "Die Ergebnisse
dieses Projektes werden nicht nur für die
TU Chemnitz sondern für alle Universitäten wegweisend sein, die die Qualität von
Lehre und Forschung in den Mittelpunkt
des Wettbewerbs der Hochschulen stellen", ist sich TU-Kanzler Eberhard Alles
sicher.
Wertvoller Blick von außen
Zu den vielfältigen Ergebnissen dieses
innovativen Projektes gehört, dass die
Fakultät für Maschinenbau nach ISO 9001
zertifiziert und
die TU Chemnitz
für die zukünftige Systemakkreditierung ideal
vorbereitet ist. In
diesem Zusammenhang hat
sich gezeigt, wie
wertvoll der
Blick von außen
sein kann: "In
Zukunft lassen
wir durch externe Experten
unsere Leistungen begutachten. Nur die
Hochschulen, die
ihre Arbeit selbstkritisch hinterfragen können, werden in der Lage sein, Forschung
und Lehre an die rasanten Veränderungen
in der Gesellschaft anzupassen und damit
langfristig erfolgreich zu sein", erläutert
der Rektor der TU, Prof. Dr. Klaus-Jürgen
Matthes, dieses ungewöhnliche Projekt
und ergänzt: "Ich bin der Fakultät für
Maschinenbau sehr dankbar, dass sie hier
Pionierarbeit für die ganze Hochschule
geleistet hat."
Diesen positiven Eindruck der Zusammenarbeit mit DQS und ACQUIN unterstreicht der Dekan der Fakultät für Maschi-
nenbau, Prof. Dr. Bernhard Wielage: "Die
externe Sicht der Gutachter hat dazu geführt, dass wir wichtige Hinweise erhalten
haben, um unsere Leistungen in Zukunft
noch besser zu gestalten. Für uns ist das
ein sehr wichtiges Instrument, um unserer
Verantwortung gegenüber Studierenden
und Forschungspartnern gerecht zu werden." Und auch die internen Ergebnisse
bestätigen der TU Chemnitz den eingeschlagenen Weg. So ist das Kernelement
des Qualitätsmanagementsystems für die
Lehre die so genannte "Interne Begutachtung". Prof. Dr. Albrecht Hummel, der Prorektor für Lehre, Studium und Weiterbildung, ist überzeugt von der Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens: "Wir lassen in
regelmäßigen Abständen jeden einzelnen
Studiengang von den Hochschullehrern,
den Studierenden, der Verwaltung und
Sie arbeiten daran,
wie Systemakkreditierung und ISO 9001
zusammengeführt
werden können:
Prof. Dr. Erhard Leidich (Studiendekan
Fakultät für Maschinenbau), Prof. Dr.
Albrecht Hummel
(Prorektor für Lehre,
Studium und Weiterbildung), Christian
Schmalzl (ACQUIN),
Sven Hardersen
(Bologna-Beauftragter), Frank Graichen
(DQS) (v.l.)
Foto:
Katharina Thehos
externen Fachvertretern auf Herz und
Nieren prüfen. Dabei werden Erfahrungen,
Kennzahlen, Evaluationen und Einschätzungen gemeinsam ausgewertet. Zum Abschluss haben wir einen abgestimmten
Maßnahmenkatalog, um jeden einzelnen
Studiengang an veränderte Bedingungen
anzupassen und damit fit für die Zukunft
zu machen."
Kontakt:
Sven Hardersen,
Telefon 0371 53131702, E-Mail
sven.hardersen@
verwaltung.tuchemnitz.de
Sven Hardersen, Bolognabeauftragter
www.tu-chemnitz.de/
mb/Fakult/qualitaet_mb. php
TU-Spektrum 3/2007
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CAMPUS
Studentenmagnet TU Chemnitz
Einzigartige Studiengänge, der gute Ruf der TU und die niedrigen Lebenshaltungskosten ziehen junge Leute an
Foto: Heiko Kießling
(CL/MCH/KT) 30 Prozent mehr Erstsemester als im Vorjahr verzeichnet die TU
Chemnitz zum Start des Wintersemesters.
Im Oktober wurden die neuen Studierenden feierlich immatrikuliert. Erste Freundschaften konnten sie jedoch bereits während der vorangegangenen Einführungsveranstaltungen schließen. In der Politikwissenschaft haben sich Jan Freitag aus
der Nähe von Dortmund und Lars Bormann aus Magdeburg kennen gelernt. Der
gute Ruf der Chemnitzer Uni hat sie an die
TU gelockt. Lars Bormann: "Zudem hat der
finanzielle Aspekt eine Rolle gespielt.
Auch die gute Infrastruktur und die kurzen
Wege haben mich überzeugt." Jan Freitag
hat sich die Rankings in der "Zeit" angeschaut, da war die TU gut platziert. Aber
auch mit den Studieninhalten hat er sich
beschäftigt: "Die Chemnitzer Politikwissenschaft macht genau, was ich mir vorgestellt habe. Das Profil und die Themen
haben mich überzeugt. Zudem habe ich
mich zu den neuen Bundesländern hingezogen gefühlt, um auch die Möglichkeit zu
haben, die ostdeutsche Geschichte nach
1945 aus erster Hand zu erfahren." In sei-
Foto: Heiko Kießling
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ner Heimat in Nordrhein-Westfalen müsste er außerdem Studiengebühren bezahlen - in
Sachsen entfallen diese Kosten,
noch dazu schätzt er die insgesamt günstige Lebenshaltung
in Chemnitz. Sein neuer Wohnort gefällt ihm bereits: "Ich war
drei Wochen vor Semesterstart
zum ersten Mal hier, die Stadt
war mir sofort sympathisch."
Während viele Studierende aus weiter
entfernten Heimatorten noch mit der ersten Orientierung an der Uni beschäftigt
sind, kann Björn Adam aus Callenberg bei
Hohenstein-Ernsthal schon voll durchstarten. Er hat bereits vor dem Studium gute
Erfahrung mit der TU gemacht. "Ich habe
im Vorfeld mehrere Vorträge der Wiwis
gehört zum Thema Investmentbanking.
Diese Vorträge und das sehr gute Angebot
der Wirtschaftsfakultät haben mich überzeugt, mein Studium hier zu beginnen", so
der 20-Jährige.
Auch die fächerübergreifenden
Studiengänge der TU sind gefragt. Felix
Elsner aus Glauchau: "Mich reizt der neue
Studiengang Automobilproduktion. Er verbindet meine Interessen Auto und Technik.
Zudem kann ich in der Nähe meines
Zuhauses studieren." Einen Juniorenweltmeister im Fahrradtrial bekommt die TU
mit Marco Thomä aus Borna. "Der Bachelorstudiengang Sports-Engineering ermöglicht mir, meine Interessen Sport und
Maschinenbau zu verbinden. Zudem bietet
die Uni viel Sportliches rund herum an, so
dass ich mein Trainingspensum auch hier
Willi Hendel aus Thalheim ist einer
der jüngsten Studenten der TU. Im August feierte er seinen 18. Geburtstag. Er
konnte gleich nach der Schule an die Uni
wechseln: "Mit der zeitlichen Nähe zur
Schule ist man sicherlich noch recht fit
im Kopf", freut sich der frisch immatrikulierte Sports-Engineering-Student. Nach
Chemnitz hat ihn der gute Ruf der Uni
gezogen, "vor allem im Maschinenbau,
der ja zur Zeit sehr gefragt ist."
TU-Spektrum 3/2007
weiter realisieren kann", so der 19-Jährige.
Auch Martin Rohrstock aus Stollberg fühlt
sich im Studiengang Sports-Engineering
gut aufgehoben. "Er hat prinzipiell mit
Sport zu tun und geht gleichzeitig in die
technische Richtung. Da ich ziemlich
sportbegeistert bin, reizt mich dieses Studium. Außerdem hat die Uni einen sehr
guten Ruf. Beispielsweise wurden hier in
der Vergangenheit sehr erfolgreich Laufschuhe für Puma getestet. All das und das
passende sportliche und kulturelle Umfeld
sind die gute Basis für mein Studium
hier." Sein Schulfreund Felix Beyer startet
mit dem Bachelor Wirtschaftswissenschaften ins Wintersemester: "An der TU kann
ich meine Interessen Wirtschaft und
Marketing verbinden. Mich haben das
gute Ansehen in Deutschland und das
Abschneiden im letzten Hochschulranking
für ein Studium an der TU überzeugt. Sie
ist zwar klein, kann aber im Vergleich zu
den großen Unis locker mithalten."
Ebenfalls für den Bachelorstudiengang
Wirtschaftswissenschaften hat sich Maria
Engelhardt aus Chemnitz eingeschrieben.
Die 18-Jährige möchte unbedingt in ihrer
Heimat bleiben. "Der Studiengang ist eine
gute Grundlage für meine Zukunft. Ich
möchte später einmal den Familienbetrieb
meiner Eltern übernehmen." Ihr Freund
Tim Drescher aus Chemnitz beginnt sein
Studium im Wirtschaftsingenieurwesen.
"Mir sind die Familie und meine Freundin
sehr wichtig, deswegen hab ich mich an
der TU umgeguckt. Mit diesem Studiengang rechne ich mir gute Zukunftsperspektiven aus."
Von der Bundeshauptstadt nach Chemnitz hat es die drei 19-jährigen Berlinerinnen Julia
Knack, Friederike Hinzmann und Theresa Mattusch (v.l.) verschlagen. "Theresa und ich studieren ab sofort Germanistik, der Studiengang ist hier zum Glück zulassungsfrei. Wir hoffen,
eine gute Grundlage für unsere Journalistinnenkarriere zu legen", erzählt Friederike
Hinzmann. Freundin Julia Knack folgt dem Ruf Europas: "Ich bin wegen des Studienganges
Europastudien hier. Den gibt es ja nicht so oft in Deutschland, aber ich wollte ihn unbedingt
studieren." Ebenfalls aus Berlin kommt Carolin Schmidt, die sich für die zulassungsfreien
Wirtschaftswissenschaften entschieden hat. In Berlin bleiben wollte sie nicht, die günstigen
Lebenshaltungskosten in Chemnitz haben sie schließlich nach Sachsen gelockt. Mit der Stadt
ist sie sehr zufrieden: "Chemnitz hat vor allem eine schöne Innenstadt. Hier ist alles auf
einem Fleck gelegen und günstig erreichbar." Auch eine weitere Berlinerin, Alexandra
Szczypski, vermisst die Großstadt nicht: "Chemnitz scheint zwar nur so groß wie ein Stadtteil
von Berlin zu sein, aber hier wird wirklich viel gemacht in Sachen Kultur und Veranstaltungen." Nach Chemnitz gekommen ist sie, weil hier der Studiengang Pädagogik nicht zulassungsbeschränkt ist. Und: "Alle strömen nach Berlin und daher sind dort Studienplätze ohnehin knapp", so die Erstsemesterin.
CAMPUS
AN Z E IG E
Ein Service für kluge Köpfe
Chemnitz ist eine Hochburg der Patentanmeldungen auch die 1.000. Schutzrechtsanmeldung im
Patentinformationszentrum bleibt streng geheim
Erfolg.
www.3d-micromac.com
www.ibs-automation.de
Maschinenbau in Chemnitz
verpflichtet. Die Branche mit
ihren großartigen Traditionen
ist auf dem Wege, wieder
zum Wachstumsmotor der
Region zu werden.
Entscheidend dafür sind
Forschung und Entwicklung.
Das TCC bietet den Rahmen
für technologische
Höchstleistungen.
Erfolg hat ein Zuhause.
TECHNOLOGIE
CENTRUM
CHEMNITZ GMBH
Annaberger Str. 240
09125 Chemnitz
Tel.: 0371/ 53 47-104
Fax: 0371/ 53 47-105
www.tcc-chemnitz.de
[email protected]
(MSt) Ein Blick ins Lexikon verrät: Ein Patent ist ein amtlich verliehenes
Recht zur alleinigen Nutzung und gewerblichen Verwertung einer Erfindung.
Nutzer des Patentinformationszentrums (PIZ) an der TU Chemnitz wissen das
natürlich. Ihnen geht es vielmehr darum, nach existierenden gewerblichen Schutzrechten zu recherchieren. So kann
beispielsweise nach Patenten
gesucht werden, überprüft werden, ob ein Markenzeichen eingetragen wurde oder Designschutz für kreative Gestaltungen
möglich ist. Außerdem können
sie Fragen zu Schutzrechten
stellen. Seit April 2001 ist es
auch in Chemnitz möglich, im
Uni-Gebäude an der Bahnhofstraße 8 eine Patent- und
Gebrauchsmusteranmeldung
abzugeben - entweder persönlich oder am Nachtbriefkasten. Seit Oktober 2004 werden so auch die Anmeldungen der Schutzrechte "Marken" und "Geschmacksmuster" entgegengenommen.
"Ende August wurde die 1.000. Schutzrechtsanmeldung im Chemnitzer
Patentinformationszentrum eingereicht, die mittlerweile zur Sicherung des
Prioritätstages an das Deutsche Patent- und Markenamt nach München
weitergeleitet wurde", berichtet die stellvertretende Leiterin des PIZ, Ursula
Radeloff. Über das Thema der Anmeldung und seinen Einreicher hüllt sie sich
in Schweigen. "Bis zur Patenterteilung oder dem Eintrag eines Markenzeichens durch das Deutsche Patent- und Markenamt darf aus datenschutzrechtlichen Gründen niemand über die Anmeldungen und ihre Einreicher
sprechen - unsere Mitarbeiter nicht und auch nicht die Patentanwälte",
ergänzt Radeloff.
Die hohe Zahl der Schutzrechtsanmeldungen zeigt einmal mehr, dass die
Chemnitzer Region über viele kluge Köpfe verfügt. Laut Auskunft von Sylvia
Haase von der Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH erzielte Chemnitz im Jahr 2006 mit 48,7 Patentanmeldungen je
100.000 Einwohner einen beachtlichen Spitzenwert in den neuen Bundesländern. Der Bundesdurchschnitt liege bei 17,6 Patentanmeldungen je 100.000
Einwohner.
Viele der Wissenschaftler, Unternehmer, Studenten und privaten Tüftler
suchen vor der Anmeldung eines Schutzrechtes den Weg ins Chemnitzer PIZ.
Allein im letzten Jahr verzeichnete das PIZ der TU Chemnitz genau 1.049
Nutzer. Hinzu kommen etwa 2.000 telefonische und schriftliche Anfragen, die
von den PIZ-Mitarbeitern beantwortet wurden. Heute sind im Chemnitzer
Patentinformationszentrum mehr als 13 Millionen Patentschriften, Gebrauchsund Geschmacksmuster und Marken archiviert. Diese stehen den Nutzern zur
Eigen- oder Auftragsrecherche zur Verfügung. Das PIZ ist an Werktagen von 9
bis 16 Uhr, dienstags bis 18 Uhr, geöffnet.
www.bibliothek.tu-chemnitz.de/piz
TU-Spektrum 3/2007
5
Schutzrechtsanmeldung leicht gemacht:
Ursula Radeloff,
zeigt vor dem Eingang des PIZ den
elektronisch gesteuerten Briefkasten.
Anmelder von
Schutzrechten können hier rund um
die Uhr ihre Unterlagen einreichen.
Pünktlich um Mitternacht öffnet nur die
Einwurfklappe des
aktuellen Wochenbzw. Prioritätstages.
Foto:
Mario Steinebach
Kontakt:
Ursula Radeloff,
Telefon 0371 53113160, E-Mail
[email protected]
STUDIUM
Mit der Wirtschaft und Osteuropa auf Tuchfühlung
Die Summer School 2007 der Initiative "Campus of Excellence" bot Einblicke in die Wirtschaft Osteuropas
(CL) Für Romy Hillig und Anne
Franziska Tauber waren es neun intensive
und spannende Tage bei der diesjährigen
Summer School der Initiative "Campus of
Excellence". Die Eindrücke sind immer
noch präsent, wenn man mit beiden
spricht: "Es war eine sehr lehrreiche und
spannende Erfahrung, die mich wohl
noch lange prägen wird und deren Ein-
drücke noch einige Zeit brauchen werden,
bis sie verarbeitet sind", beschreibt die
25-jährige Romy Hillig, die in Chemnitz
Politikwissenschaften und Interkulturelle
Kommunikation studiert. Auch die angehende Pädagogin A. Franziska Tauber, die
ihren Studienschwerpunkt auf Erwachsenenbildung und Fremdsprachen gelegt
AN Z E IG E
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TU-Spektrum 3/2007
hat, kann dem nur zustimmen: "Es waren
unvergessliche Tage. Sehr beeindruckend
fand ich, dass man wirklich einen Eindruck
bekommen hat, wie es sein könnte, wenn
man später irgendwo auf diesem Gebiet
arbeitet."
Die Initiative "Campus of Excellence"
hat sich zum Ziel gesetzt, qualifizierte Studierende verschiedener Fachrichtungen
und Nationalitäten mit Experten aus Gesellschaft, Hochschulen, Forschung und
Wirtschaft zu vernetzen. Aus Sicht der beiden Chemnitzer Studentinnen ist dies
ohne Zweifel auch bei der dritten Summer
School gelungen. "Die Zusammenarbeit in
den Teams aus Studenten, Führungskräften und Journalisten hat uns die Möglichkeit geboten, dass die Arbeit immer wieder durch neue Impulse von den Teilnehmern beeinflusst wurde. Darauf zu reagieren und die Lösungsvorschläge und
verschiedenen Sichtweisen in die Abschlusspräsentation zu integrieren, war für
mich das Interessanteste", erläutert Romy
Hillig, die mit ihrer Gruppe "Werte und
Polen" nach Warschau reiste.
Die 25-jährige Tauber berichtet voller
Enthusiasmus, wenn es um die Tage in
Hof, Moskau und Frankfurt geht: "Innerhalb unserer Gruppe gab es Diskussionen
rund um das Thema Wissen. Wir haben
uns theoretisch und praktisch sehr damit
auseinandergesetzt. Das war vielleicht
auch unser kleines Erfolgsgeheimnis. Wir
haben das Thema sehr konträr und vielseitig diskutiert, so dass wir bei der Abschlusspräsentation geschlossen auf der
Bühne stehen konnten und jeder von uns
immer eine Antwort parat hatte."
Bis zu diesen Antworten stand
ein Höhepunkt nach dem anderen auf dem Programm. Vom
Kennenlerngolfen über ein Businessdinner in der Bürgergesellschaft Hof bis zu der Abschlussveranstaltung im 49. Stock der
Commerzbank-Zentrale in Frankfurt/Main war alles dabei.
"Der Zeitplan ließ uns keine
Möglichkeiten zum Durchatmen
und auch von Warschau haben
wir so gut wie nichts gesehen",
so Romy Hillig, "aber dafür habe
ich die wertvolle Erkenntnis gewonnen,
dass ich als Politikstudentin eine ganz
andere Denkweise und Problemlösestrategie erlernt habe, als zum Beispiel
Wirtschaftswissenschaftler. Die Arbeit in
der Summer School hat mich darin
bestärkt, dass ich für mich das richtige
Studienfach gewählt habe." Auch
A. Franziska Tauber fühlte sich in ihrer
Fotos: Campus of Excellence
Gruppe sehr wohl: "Es war für mich ein
bisschen ein 'Heimspiel', weil ich Erwachsenenbildung studiere und mit dem Thema Wissen vorher schon zu tun hatte."
Und die Erkenntnis am Ende? "Was ich
für mich als großes Fazit ziehe, ist dass
Führungskräfte auch nur mit Wasser kochen und nicht abgehoben sein müssen.
Dank der Initiative, konnten wir mit vielen
auf einer Du-Ebene zusammen arbeiten.
Im Studentenalltag bekommt man diese
Chance selten, mit solchen Leuten in
Kontakt treten zu können", so A. Franziska
Tauber. Romy Hillig nimmt am Ende mit
nach Hause, dass sie für die Themen
Wissen, Werte und Arbeit so sensibilisiert
wurde, dass sie sich in Zukunft weiter und
intensiver damit beschäftigen will. "Ich
habe viele tolle und interessante Leute
kennengelernt und hoffe, dieses Netzwerk
auch für die Zukunft nutzen zu können."
www.campus-of-excellence.de
Das besondere Foto
Hochgenaue Messungen im Labor: Maschinenbaustudentin Sissy Nehrkorn arbeitet am 3D- Koordinatenmessgerät, das Abweichungen von Bauteilen
ermitteln kann, die nur wenige Nanometer betragen. Im Rahmen des Projektes "ProNanoMess", das
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
gefördert wurde, konnte die Professur Fertigungsmesstechnik und Qualitätssicherung zwei neue
Messsysteme anschaffen. "Forschungsaufträge für
die Automobil- oder Mikrofertigungstechnik können wir jetzt unter ausgezeichneten Bedingungen
bearbeiten", freut sich Dr. Sophie Gröger, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur. "Auch für
Messaufgaben im Forschungsprofil der Fakultät für
Maschinenbau sind wir bestens vorbereitet.”
Foto: Wolfgang Thieme
Früh übt sich, wer einen Master-Abschluss will
Die Fakultät für Informatik bietet umfangreiche Möglichkeiten für Einblicke in die IT
(MCH) Alte Sprichwörter verlieren
nicht an Wert, das weiß man wohl auch in
der zukunftsorientierten Fakultät für Informatik. Und so starteten die Chemnitzer
Informatiker dort getreu der - zugegeben
modernisierten - Wendung "früh übt sich,
wer einen Master-Abschluss will" gleich
drei Projekte zur Schülerförderung im ITBereich.
So können sich mathematisch und
informatikbegabte Schüler der 9. und 10.
Klassen von Mittelschule oder Gymnasium
jederzeit zu Schülerpraktika innerhalb der
Chemnitzer Informatik bewerben. Ob als
berufsorientierendes Praktikum oder als
Ferienpraktikum, hier bietet sich den
Schülern vor allem die Gelegenheit, Kenntnisse in Sachen Websiteprogrammierung
und Datenbankverbindungen zu erlangen
und zu vertiefen.
Eine weitere Hilfe zur beruflichen Entscheidungsfindung gibt es seit dem Wintersemester 2007/2008 mit der Schülerarbeitsgemeinschaft Informatik. Die für
alle Schüler der zehnten Klasse offen stehende AG bietet die perfekte Gelegenheit,
einmal unverbindlich, doch sehr ausführlich in zukunftsträchtige Informatik-Studiengänge hineinzuschnuppern und sich
dabei jede Menge Fachwissen anzueignen. Der stete Wechsel zwischen Theorie
und Praxis sorgt dabei für hohen Anspruch
und Anschaulichkeit. Nicht zu unterschätzen ist auch die Chance, sich an der Uni
mit Fachleuten auszutauschen und Fragen
an jene Menschen zu richten, die an den
IT-Technologien von morgen forschen. Mit
dem dritten Angebot der Fakultät kommen
Schüler dem Universitätsstudium fast so
nah, wie Studenten selbst. Das Projekt
Schüler-Uni erlaubt leistungsstarken
Schülern der Klassen 11 und 12 an regulären Vorlesungen teilzunehmen und sogar
Leistungen zu erarbeiten, die später in
einem Informatikstudium anerkannt werden können. Vorgesehen ist die Teilnahme
an einer von drei einführenden Vorlesungen, an deren Ende jeweils eine Klausur
zum Erwerb eines Leistungsscheins steht.
Doch auch ohne bestandene Klausur ist
die Schüler-Uni für ihre Teilnehmer eine
hervorragende Chance, um persönliche
Interessen und Talente zu erkennen und
festzustellen, ob für sie ein Informatikstudium an der TU das Richtige ist.
Wer dann bereits einen Blick in die
Berufspraxis wagen will, dem sei schließlich die Ringvorlesung des unlängst geschlossenen "IT-Bündnisses für Fachkräfte"
empfohlen. Die Fakultät für Informatik und
ein Verbund aus Unternehmen der ITBranche wollen mit diesem Bündnis künftig durch engere Kooperation dafür sorgen, dass der Bekanntheitsgrad des
Informatik-Studienstandortes Chemnitz
auch über die Grenzen der Region hinaus
verstärkt wird. Zu beiderseitigem Vorteil
sollen so die IT-Fachkräfte von morgen in
ein attraktives Studien- und Arbeitsumfeld
gelockt werden, in dem Forschung und
Wirtschaft eng zusammenwirken. Die
Partner sind: APRESYS Informations-Sys-
teme GmbH, CWE Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft
mbH, envia TEL, evolver services GmbH,
IT-Services and Solutions GmbH, KOMSA
Kommunikation Sachsen AG, MEGWARE
Computer GmbH und SIGMA Gesellschaft
für Systementwicklung und Datenverarbeitung mbH.
So wird der Weg vom Schüler zur
Fachkraft duch die Informatik der TU und
ihre Partner zwar zu keinem Spaziergang,
aber die richtige Routenplanung sorgt
zumindest dafür, dass jeder Interessent
sein Ziel findet.
www.tu-chemnitz.de/informatik/schueler/
www.tu-chemnitz.de/informatik/it-buendnis/
TU-Spektrum 3/2007
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Selbst Grundschülern gewährt die
Fakultät für Informatik spannende
Einblicke.
Foto:
Heiko Kießling
AN Z E IG E
Ansicht des neuen Gebäudes, in das im ersten Halbjahr 2009 der Chemnitzer Institutsteil des Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM einziehen wird.
Grafik: Nickl & Partner Architekten
Fraunhofer IZM baut in Chemnitz
Am 5. November 2007 wurde der erste Spatenstich für den Institutsteil Chemnitz des
Fraunhofer Instituts für Zuverlässigkeit und
Mikrointegration feierlich vollzogen. Dem
offiziellen Baubeginn wohnten die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, EvaMaria Stange, der Forschungsvorstand der
Fraunhofer Gesellschaft, Prof. Ulrich Buller,
der Leiter des Instituts, Prof. Herbert Reichl,
Ministerialdirektor Dr. Wolf-Dieter Lukas vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie Baubürgermeisterin Petra
Wesseler und der Rektor der Technischen
Universität, Prof. Klaus-Jürgen Matthes, bei.
»Wir fördern mit dem Neubau in Chemnitz
Entwicklungen in der Schlüsseltechnologie
Mikrosystemtechnik. Unser Ziel ist es, die heimischen Unternehmer zu stärken und sie
dabei zu unterstützen, Forschungsergebnisse
rasch in marktreife Produkte umzusetzen«,
erklärte Prof. Buller. »Mit dem Neubau würden gleichermaßen neue Chancen für das
Institut und für die Stadt Chemnitz eröffnet«,
führte Ministerin Eva-Maria Stange aus.
Damit schaffe das IZM Voraussetzungen, um
eine Vielzahl von Produkten zu revolutionieren und sie für globalisierte Märkte tauglich
zu machen. Baubürgermeisterin Petra
Wesseler begrüßte die Entscheidung, dieses
bedeutende Institut in Chemnitz anzusiedeln,
als zukunftsträchtige Investition, denn
bereits jetzt gibt es rund 40 Unternehmen
der Mikrosystemtechnik in der Region.
Darüber hinaus verfüge die Stadt über ein
industrielles Umfeld. Auch Dr. Lukas sprach
sich ausdrücklich für eine Stärkung dieser
Cluster aus.
Das neue Gebäude wird Teil des Smart
Systems Campus zu dem der Neubau des
Instituts für Physik und der neue Reinraum
des Zentrums für Mikrotechnologien der
Technischen Universität sowie ein Start-Up
Gebäude für Existenzgründer gehören.
Professor Thomas Geßner plant in den nächsten vier Jahren den schrittweisen Ausbau
des Institutsteils von jetzt 50 auf 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er ist sowohl
Leiter des Institutsteils vom IZM als auch
Direktor des Zentrums für Mikrotechnologien
und Dekan der Fakultät für Elektrotechnik
und Informationstechnik an der Universität
Chemnitz. In enger Kooperation mit den
Fraunhofer-Kollegen der Institutsteile in
Berlin und München arbeiten die Wissenschaftler an der Integration sowie an Mikround Nanosystemen für viele Einsatzgebiete
wie hochgenaue Beschleunigungssensoren
für die Automobil- oder Flugzeugindustrie.
Dies ist nur ein Beispiel für die Forschungsarbeiten am IZM. Solche komplexen »Smart
Systems« sind die Grundlage für viele innovative Produkte. »Das sind Mikrochips, die wir
mit Augen, Ohren, Nasen und vielleicht
schon bald auch mit Mund, Händen und
Beinen versehen«, erklärte der Institutsleiter
Prof. Reichl. Ob in der Telekommunikation,
dem Maschinenbau oder der Medizintechnik:
Diese Branchen sind auf ein hohes technologisches Niveau angewiesen, um im globalen
Wettbewerb bestehen zu können. Die
Produkte sollen immer kompakter und kleiner werden, möglichst viele Funktionen vereinen und auch für die Massenproduktion
geeignet sein.
mit der Technischen Universität Chemnitz,
insbesondere mit dem Zentrum für Mikrotechnologien, dem Institut für Print- und
Medientechnik aber auch den Fakultäten für
Naturwissenschaften, Elektrotechnik/Informationstechnik und Maschinenbau betonte
insbesondere der Rektor Prof. Matthes.
»Wir unterstützen mit unserer Forschungsarbeit einerseits Material- und Systemhersteller, die Anwender- oder Technologiegeräteindustrie wie AMD, Qimonda und
Infineon sowie andererseits kleine und
mittelständische Unternehmen vor allem in
Sachsen. International arbeiten wir insbesondere mit Universitäten und Firmen in China
und Japan zusammen«, beschreibt Prof. Geßner die Kooperationen des IZM in Chemnitz.
Die Bedeutung der lokalen Kooperationen
Kontakt:
Die wirtschaftliche Bedeutung der Systemintegration belegt auch die Nexus Studie
2004-2009: Das Wachstum der Mikrosystemtechnik MST (engl. Micro Electro-Mechanical
Systems MEMS) beträgt im Jahr durchschnittlich 16 Prozent. »Wir sind dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem
Freistaat Sachsen und der Stadt Chemnitz zu
Dank verpflichtet«, betont Prof. Buller.
»Durch die Bereitstellung erheblicher Sondermittel können wir das Institut zügig ausbauen.« Für den Bau des Gebäudes und die
Erstausstattung werden insgesamt 22,1 Millionen Euro veranschlagt, von denen der Freistaat Sachsen und der Bund jeweils 20 Prozent übernehmen und die EU 60 Prozent.
Die Stadt bietet für den nötigen Neubau ein
Grundstück in direkter Nachbarschaft zur
Technischen Universität. Bis der Neubau fertig ist, nutzt das Institut Räume im Fraunhofer IWU, in der TU Chemnitz und im
Industrie- und Technologiepark Chemnitz.
Telefon: 0371 531 33130
Email: [email protected]
Internet: www.pb.izm.fraunhofer.de/mdae/
FORSCHUNG
Die Menschen hinter den roten Zahlen
Soziologen erforschen die Verbraucherinsolvenz - erste Ergebnisse ihrer Befragung liegen vor
(KT) Seit 2005 arbeitet ein Forschungsteam der Professur Allgemeine Soziologie II
am Projekt "Das Verbraucherinsolvenzverfahren - ein funktionierendes Hilfesystem
gegen Exklusion aus dem Wirtschaftssystem", das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Die Soziologen haben mehr als 18.000 Fragebögen in
die fünf neuen Bundesländer sowie nach
Hessen und Niedersachsen versandt. Angesprochen wurden Personen, die 2005
oder 2006 ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffneten. Mehr als 1.600 der 22seiten Bögen kamen ausgefüllt zurück. "In
Anbetracht des heiklen Themas ist dieser
Rücklauf akzeptabel", so Prof. Dr. Ditmar
Brock, Inhaber der Professur. Die Schulden,
die ins Verfahren eingebracht wurden, liegen zwischen 1.000 und mehr als einer
Million Euro.
Ursachen und Folgen
Als Hauptursache von Überschuldung
diagnostizierte die Studie Arbeitslosigkeit.
42,8 Prozent der Befragten gaben diesen
Grund an, gefolgt von "Überblick verloren"
(37,3 Prozent) und "Trennung und Scheidung" (36,4 Prozent). "Die Kategorie 'Überblick verloren' überrascht auf Platz zwei
etwas. Die anderen Platzierungen waren
vor dem Hintergrund anderer Untersuchungen zu erwarten", kommentiert Projektmitarbeiter Dr. Götz Lechner. Als Folgen der
Überschuldung nennen die Befragten vor
allem Konto-, Lohn- und Gehaltspfändungen sowie den Verlust des Kontos. 22 Prozent der Befragten geben an, durch ihre
finanziellen Schwierigkeiten auch Probleme am Arbeitsplatz bekommen zu haben,
mehr als 20 Prozent nennen Trennung und
Scheidung als Folgen.
Überschuldung und wirtschaftliches
Scheitern werden als Tabuthemen behandelt. Den Schuldnern wird oft eine gesellschaftlich randständige Existenz unterstellt
- was allerdings nicht der Realität entspricht. Die Studie zeigt, dass Insolvenz in
jeder Bevölkerungsgruppe auftritt. “Schulden sind heute ein Daseinsrisiko, nur hat
sich das noch nicht herumgesprochen”,
stellt Prof. Brock fest. “Die Überschuldung
hat ein Imageproblem.”
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung
finden sich in der Stichprobe der Untersuchung überproportional viele Haushalte
von Alleinerziehenden, die häufig erst
durch eine Scheidung oder Trennung in
die Überschuldung gerieten. Auch zeigt
die Untersuchung, dass Haushalte mit Kindern stärker von Insolvenz bedroht sind:
Unter den Alleinerziehenden gaben immerhin zwölf Prozent an, Schwangerschaften hätten in die Überschuldung geführt.
Paare ohne Kinder sind seltener betroffen.
Oft beziehen die Betroffenen Sozialleistungen, vor allem Arbeitslosengeld II.
"Langzeitarbeitslosigkeit und die daraus
folgende Armut ist einer der zentralen
Dreh- und Angelpunkte zum Verständnis
des Problemkreises der Überschuldung",
so Projektmitarbeiter Dr. Wolfram Backert.
In den meisten Fällen (81,9 Prozent)
mussten die Verfahrenskosten gestundet
werden und in 80 Prozent der Fälle wurden keine Zahlungen an die Gläubiger
geleistet: "Nullinsolvenzen und Stundung
der Verfahrenskosten sind nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall und sollten bei eventuellen weiteren Novellierungen der Insolvenzordnung entsprechende
Beachtung finden", sagt Dr. Lechner.
Die Betroffenen selbst sehen das Gesetz als Chance für sich: 94,9 Prozent der
Befragten geben an, Verbraucherinsolvenz
anzumelden, sei das Beste gewesen, was
sie tun konnten. Dennoch sehen sich fast
38 Prozent der Befragten auch nach dem
Verfahren nicht als Teil der Gesellschaft.
Trotz des Gefühls, aus der Gesellschaft
ausgeschlossen zu sein, sind die Betrof-
fenen in ihrem nahen Umfeld gut integriert. "Besondere Bedeutung haben
Freunde und Familie", so Katja Maischatz,
die sich besonders mit den sozialen Netzwerken der Betroffenen beschäftigt. "Die
Befragten kümmern sich stärker als der
Durchschnitt der Bevölkerung um die
Menschen in ihrem Umfeld", sagt sie.
Aufklärung und Finanz-TÜV
Die Insolvenzordnung dient als Werkzeug zur Bekämpfung von Überschuldung.
Bevor dieses letzte Mittel angewandt wird,
sollten präventive Maßnahmen ergriffen
werden, die helfen könnten eine hoffnungslose Überschuldung zu vermeiden.
Die Chemnitzer Soziologen empfehlen
eine vermehrte Aufklärung und Schulung
der Verbraucher. Die vorliegende Studie
zeige mangelndes Wissen und zu wenig
Erfahrung im Umgang mit Geld auf - hier
könnte mit finanzieller Allgemeinbildung,
die beispielsweise in den Schulen vermittelt wird, Abhilfe geschaffen werden.
"Auch die regelmäßige Überprüfung
der finanziellen Situation in Form eines
‘Finanz-TÜV’, der beispielsweise bei den
Verbraucherzentralen angesiedelt sein
könnte, wäre eine Möglichkeit, frühzeitig
Gefährdungen aufzudecken und Probleme
abzuwenden", empfiehlt Prof. Brock.
www.tu-chemnitz.de/phil/soziologie/brock/
ungleichheit/
Kontakt:
Dr. Wolfram Backert,
Telefon 0371 531-35016,
E-Mail [email protected]
Wer sind sie, die
Menschen hinter
den roten Zahlen?
Dieser Frage gehen
Dr. Wolfram Backert,
Prof. Ditmar Brock
und Dr. Götz Lechner
(v.l.) in ihrem Forschungsprojekt nach.
Foto:
Mario Steinebach
FORSCHUNG
Leichter und leiser durch die Lüfte
Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung optimiert Flugzeuge
Sebastian Scholz,
Carolin Siegel und
Prof. Dr. Lothar Kroll
(v.l.) sorgen dafür,
dass die Toiletten an
Bord leiser werden.
Foto:
Christine Kornack
Kontakt:
Prof. Dr. Lothar
Kroll, Telefon 0371
531-38081, E-Mail
[email protected]
(KT) Warum
sind Toiletten in
Fliegern so laut?
Und was muss man
ändern, damit sie
leiser werden? Wie
werden Hydraulikund Steuerungskomponenten leichter? Fragen wie diesen geht die Professur Strukturleichtbau
und Kunststoffverarbeitung (SLK) nach.
Gefördert werden vier Verbundprojekte der
Professur im Rahmen des Luftfahrt-Forschungsprogramms 4 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Zu
den Projektpartnern gehören neben Airbus
auch führende Unternehmen der Flugzeugausrüstungsbranche, wie die Liebherr
GmbH und die AOA Apparatebau Gauting
GmbH, sowie das sächsische Unternehmen
EAST-4D.
Der Schwerpunkt eines der Projekte ist
die Entwicklung von Hydraulikkomponenten in Leichtbauweise. "Die neue Bauteilgeneration soll neben Gewichtsreduktion
gleichzeitig erhöhte Anforderungen hin-
sichtlich der Lebensdauer erfüllen und die
Strömungsverluste der Hydrauliksysteme
reduzieren", so Professurinhaber Prof. Dr.
Lothar Kroll. Auch bei den Steuerungskomponenten steht der Leichtbaugedanke im
Vordergrund. Zur Auslegung derartiger
sicherheitsrelevanter Bauteile werden in
einem weiteren Projekt zuverlässige Berechnungsmethoden entwickelt. Bei dem
dritten Forschungsvorhaben "Konturangepasste Leichtbautanks" geht es demgegenüber um neue, nicht rotationssymmetrische Abwasserbehälter. Dadurch, dass
diese nicht mehr rund konstruiert sind,
sondern ihre Form an den vorhandenen
Raum angepasst werden kann, wird Platz
eingespart, der für Frachtgut genutzt werden kann. Das vierte Forschungsprojekt
befasst sich mit einem ganz anderen
Aspekt: In allen modernen Passagierflugzeugen wird heute das Abwasser von den
Toiletten zum Abwassertank mit Hilfe eines Vakuums transportiert. Der notwendige Unterdruck erzeugt beim Spülen Geräusche, die den gestiegenen Komfortansprüchen nicht mehr gerecht werden. Forschungsschwerpunkte der Professur SLK
sind hierbei unter anderem die Gestaltung
einer schalloptimierten Abdeckung sowie
Entwurf und Auslegung von Werkzeugen,
mit deren Hilfe Bauteile für das Abwassersystem gefertigt werden können, die aus
anderen Materialien als dem bisher üblichen Metall bestehen und deshalb im
Gebrauch weniger Lärm verursachen.
Bei allen Projekten stehen nicht nur
die Konzeption, Berechnung und Dimensionierung von Bauteilen im Vordergrund
der Forschungsarbeiten, sondern auch die
zugehörigen Technologien für eine wirtschaftliche Produktion. Fokussiert werden
dabei vor allem Fertigungsverfahren, die
eine kosteneffiziente Herstellung von textilverstärkten Kunststoffbauteilen zulassen.
Die Bauteile sollen ferner eine hohe
Funktionsintegration besitzen, es wird also
versucht, mit möglichst wenigen Bauteilen
möglichst viele Funktionen abzudecken.
Die Bauteilmuster werden, bevor sie in
den Systemprüfständen bei den Projektpartnern zum Einsatz kommen, an der
Professur SLK umfangreichen betriebsnahen Belastungsversuchen unterzogen.
Mehr Sicherheit für die Feuerwehr, weniger Staus
Mit einer Förderung von knapp einer Million Euro entsteht ein großer Versuchsaufbau
(KT) Polizei und Feuerwehr kommen
häufig in schwer überschaubares Terrain.
Die Einsatzleiter müssen sich in kürzester
Zeit einen Überblick über die Situation
verschaffen, um das weitere Vorgehen zu
bestimmen. Häufig hängt von ihren Entscheidungen die Sicherheit der Rettungskräfte ab. Technische Systeme, die mit Unterstützung von Robotern und Zeppelinen
Daten gewinnen, verarbeiten, filtern und
darstellen, sollen zukünftig helfen, die
verfügbaren Informationen besser wahrzunehmen und einzuschätzen. Nachwuchsforscher der Professur Schaltkreis- und
Systementwurf arbeiten im Projekt "Generalisierte Plattform zur Sensordatenverarbeitung" an einer Einheit zur Speicherung
und Verarbeitung von Sensordaten, mit
deren Hilfe auch ein Infosystem für Rettungskräfte verwirklicht werden könnte.
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TU-Spektrum 3/2007
Für die Errichtung eines großen Versuchsaufbaus erhält das Team eine Förderung von etwa einer Million Euro durch
die Initiative "InnoProfile" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Entstehen wird ein "TU Chemnitz Communication Testbed". Ein Testbed ist ein Versuchsaufbau in großem Maßstab, an dem
bereits erlangte theoretische Erkenntnisse
in der Praxis getestet werden. Grundsätzlich besteht das System aus zahlreichen
Sensoren, die Daten aufnehmen, und aus
Computern, die diese auswerten und grafisch darstellen sowie die teils mobilen
Sensoren steuern. Zwei Szenarien sollen
in Kooperation mit den Professuren Prozessautomatisierung, Nachrichtentechnik
und Technische Informatik am Versuchsaufbau umgesetzt werden: ein Rettungsund ein Verkehrsszenario.
Für das Rettungsszenario wird der
Versuchsaufbau mit mobilen Robotern
und einem Luftschiff ausgestattet. Große
Datenmengen stellen beispielsweise
Druck- und Temperatursensoren, aber
auch Kameras und Laserscanner bereit.
Aufgabe ist es, Rettungskräfte, Einsatzfahrzeuge und den Zeppelin zur Luftüberwachung optimal zu koordinieren. Die
Rettungskräfte - Menschen und Roboter sind in einem wenig bekannten Gebiet
verteilt. Sie nehmen neue Daten auf und
leiten sie über Funk an die Einsatzfahrzeuge, wo sie mit bereits bekannten Daten, wie Karten und Bauplänen, kombiniert werden. Dadurch kann der Einsatzleiter die Lage besser beurteilen. "Wichtig
dabei ist die genaue Position der Rettungseinheiten. Deshalb liegt der Schwerpunkt
unserer Forschungsarbeiten auf der Loka-
FORSCHUNG
lisierung und sicheren Übermittlung der
Daten", erläutert Projektleiter Daniel
Kriesten. Besonders die industriellen
Partner des Forschungsprojekts sehen für
den Informationsaustausch mit Hilfe zentraler Sensorplattformen ein wachsendes
Marktpotenzial. Die volle Leistungsfähigkeit des Systems soll den Endanwendern Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und
Polizei - mit Hilfe des zukünftigen
Versuchsaufbaus unter möglichst realen
Bedingungen demonstriert werden.
Das Verkehrsszenario untersucht die
Kommunikation von Fahrzeugen mit ihrer
Umwelt. Es soll Lösungen finden, wie ein
weiter steigendes Verkehrsaufkommen so
koordiniert werden kann, dass ein Verkehrskollaps verhindert wird. Das ist nur
möglich, wenn die Abläufe im Straßenverkehr effizienter gestaltet werden. Ein Lösungsansatz ist es, Fahrzeuge mit einer
On-Board Unit auszustatten, die Daten
sammelt und drahtlos an Basisstationen
am Straßenrand weitergibt. Diese Basis-
stationen sind in Notrufsäulen untergebracht. Sie werten die Daten aus und senden sie an eine Zentrale weiter. Hier erfolgt die Bewertung der Verkehrslage.
Daraus abgeleitete Informationen, wie die
Richtgeschwindigkeit, und Zusatzinfos, wie
Wetter oder Straßenzustand, werden dann
über die Basisstationen am Straßenrand
zurück an die Fahrzeuge geliefert.
Kontakt:
Daniel Kriesten, Telefon 0371 531-33058,
E-Mail [email protected]
Neue Wege in der Signalverarbeitung
Weltpremiere: der weltweit erste Sticksensor in Leichtbauverbundstrukturen
(KT) Bei "Sticken" denken viele Menschen zuerst an Handarbeit. Wissenschaftler des Kompetenzzentrums Strukturleichtbau e.V. aber setzen diese Technik ein, um
Handarbeit zu vermeiden. Wo aus Bewegungen Signale abgeleitet werden sollen,
kommen zurzeit häufig Dehnungsmessstreifen zum Einsatz. Im Leichtbau müssen
diese von Hand aufgetragen werden, Massenproduktion ist nicht möglich. Deshalb
suchten die Chemnitzer Forscher eine
Lösung, um die Sensorik direkt in ihre
Grundmaterialien einzubringen - und entwickelten in Zusammenarbeit mit der
Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung den weltweit ersten
Sticksensor in Leichtbauverbundstrukturen.
Im Leichtbau werden Textilien, ob
Vliese, Gewebe aus Glasfasern oder andere innovative Faserverbundwerkstoffe, als
Verstärkungsmaterial eingesetzt. Direkt in
dieses Textil sticken die Wissenschaftler
einen Draht ein, der als Sensor dient. Er
besteht aus dem selben Material, aus dem
auch die Dehnungsmessstreifen hergestellt werden - aus Konstantan, das eine
Formänderung in eine elektrische Widerstandsänderung umsetzt, die als Signal
verwertet werden kann. "Die Lösung ist
eigentlich nahe liegend, trotzdem hat sie
bisher noch niemand entwickelt", wundert
sich Holg Elsner vom Kompetenzzentrum
Strukturleichtbau. "Wir haben bereits von
vielen Seiten Rückmeldungen bekommen,
die zeigen, dass unsere Erfindung viel
Potenzial hat. Wir haben Verfahren und
Anwendung zum Patent angemeldet."
Die Sticktechnologie ist ein großserienfähiges Fertigungsverfahren, 100 bis
200 Sensoren pro Minute werden auf großen Maschinen möglich sein. Bei ersten
Versuchen wurde ein Draht mit einer
Stärke von 30 Mikrometern verwendet.
Eingesetzt werden kann der Sticksensor
überall, wo aus Bewegungen Signale
gewonnen werden sollen, beispielsweise
bei einem Joystick. "Viele unserer
Entwicklungen im Leichtbau sind dazu
geeignet, dass Geräte nicht nur leichter
werden, sondern auch preiswerter, da sie
aus deutlich weniger Teilen bestehen.
Durch den Sticksensor könnten diese Produkte jetzt auch als Massenware gefertigt
werden", erklärt Elsner.
Auch preislich steht der Sticksensor
gut da: Die Kosten pro Stück werden im
niedrigen Centbereich liegen, die klassischen Dehnungsmessstreifen kosten mehr.
Allerdings arbeiten diese auch präziser:
"Unsere gestickten Sensoren sind für
genaue Messungen noch nicht geeignet.
Aber das ist auch gar nicht das Ziel, wir
müssen nur zuverlässig feststellen können, wann bestimmte Grenzwerte überschritten sind", erläutert Elsner. An einer
Verfeinerung werde jedoch gearbeitet.
Bisher steht die Entwicklung ohnehin erst
am Anfang, die Feinarbeit folgt in den
kommenden drei Jahren: Das Projekt wird
im Rahmen des Wachstumskerns "Highstick" bis 2010 vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
An dem Wachstumskern sind 17 mittelständische Unternehmen, acht Forschungs- und
drei Bildungseinrichtungen aus Sachsen
beteiligt, die an neun Teilthemen forschen. Ziel ist es, die Technologie des
Stickens in technische Anwendungen zu
übertragen, damit zukünftig nicht nur
Tischdecken, Gardinen und Taschentücher
die Stickfabriken verlassen. Das Projekt
wird vom BMBF mit 3,5 Millionen Euro
unterstützt, weitere 2,5 Millionen bringen
die beteiligten Firmen aus Eigenmitteln
auf. Das Kompetenzzentrum Strukturleichtbau e.V. arbeitet im Rahmen des Wachstumskerns mit drei Projektpartnern zusammen: Das Unternehmen Modespitze Plauen
GmbH wird die Produktion schließlich
übernehmen, die Firma Tisora Sondermaschinenbau GmbH aus Chemnitz kümmert
sich um die Anpassung der Stickmaschinen an die neuen Anforderungen und
dresden elektronik ingenieurtechnik GmbH
entwickelt die Elektronik für die Auswertung der Sensordaten.
Kontakt:
Holg Elsner, Telefon 0371 531-38154,
E-Mail [email protected]
TU-Spektrum 3/2007
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Innovation im Zickzack: Holg Elsner
zeigt den in Vlies
eingestickten Drahtsensor.
Foto:
Christine Kornack
FORSCHUNG
Leuchtende Nanoteilchen für schnellere Computer
DFG fördert ein Projekt der Professur Optische Spektroskopie und Molekülphysik mit 190.000 Euro
Aus dem Nanokosmos ans Tageslicht:
Diplomand Thomas
Baumgärtel und Dr.
Harald Graaf (v.r.)
beobachten ihre
selbst hergestellten
Nanostrukturen mit
einem höchst präzisen Messaufbau.
Foto: Uwe Meinhold
(KT) Wenn es um Millimeter geht, ist
noch alles klar: In dieser Größenordnung
ist weitgehend erforscht, wie sich Materialien verhalten, welche chemischen Bindungen sie eingehen, welche physikalischen Gesetze gelten. Doch dringt man in
kleinere Größenordnungen vor, dann stößt
man auf immer neue Probleme. "Bei Systemen in der Größe von Nanometern gelten viele Gesetzmäßigkeiten einfach nicht
mehr: Die Elemente verhalten sich anders,
als wir es gewöhnt sind. Deshalb ist viel
neue Grundlagenforschung nötig, um zu
verstehen, was im Nanometerbereich vor
sich geht", erklärt Dr. Harald Graaf, Wissenschaftlicher Assistent an der Professur
Optische Spektroskopie und Molekülphysik. Dass in Zukunft kein Weg mehr an der
Nanotechnologie vorbeiführen wird, da
sind sich die Wissenschaftler einig - eine
praktische Anwendung ist die Signalverarbeitung in logischen Strukturen. Bisher
läuft sie mit elektrischen Signalen, doch
hier lässt sich die Geschwindigkeit nicht
mehr steigern. Damit Computerrechner
trotzdem immer schneller arbeiten können, muss ein Ersatz für die elektrischen
Signale her. Eine Möglichkeit: der Einsatz
von Photonen. Photonen sind die Bausteine der elektromagnetischen Strahlung,
die sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften besitzen. Zur elektromagnetischen Strahlung gehört auch das für das
menschliche Auge sichtbare Licht.
Damit diese so genannte optische
Signalverarbeitung funktioniert, müssen
auf den Oberflächen der Bauteile Strukturen aufgebracht werden, die Photonen
aufnehmen und abgeben können. Doch
welche Materialien eigenen sich dafür?
Dieser Frage gehen derzeit Physiker der
TU Chemnitz nach. "Präparation und
Charakterisierung ein- und zweidimensionaler optisch aktiver Nanostrukturen
mittels Rastersondenlithographie" heißt
ihr Projekt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für eine Laufzeit von
drei Jahren mit rund 190.000 Euro fördert.
Mit diesem Geld wird unter anderem ein
Diplomand der Professur als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Projekt übernommen. Außerdem wird ein Rasterkraftmikroskop finanziert, das es ermöglicht, Oberflächen mittels Nanolithographie zu bearbeiten. Bei diesem Verfahren wird auf eine
sehr glatte Oberfläche - die Chemnitzer
Forscher arbeiten mit Silizium - eine
dünne so genannte organische Schicht
aufgebracht. Diese verhindert, dass das
Silizium an der Luft mit dem Sauerstoff
eine Verbindung eingeht und oxidiert.
Anschließend fährt die nanometerfeine
Spitze des Rasterkraftmikroskops über die
Oberfläche. Wird an sie eine Spannung
angelegt, so wird genau an dieser Stelle
Sauerstoff durch die organische Schicht
transportiert. Erreicht der Sauerstoff das
darunterliegende Silizium so wird dieses
zu Siliziumoxid oxidiert. An diese Siliziumoxidstrukturen auf der Oberfläche binden
die Wissenschaftler in einem weiteren
Schritt einen in Wasser gelösten Farbstoff
- ein so genanntes optisch aktives Material. Das lässt sich, wenn es beispielsweise
von Laserlicht angestrahlt wird, anregen
und leuchtet nun. Dieses Leuchten kann
so genau gesteuert werden, dass es als
optisches Signal dienen kann. "Wir suchen
im Rahmen des Projektes zum einen geeignete Farbstoffe. Zum anderen erforschen wir die hergestellten Strukturen,
zum Beispiel hinsichtlich ihrer Haltbarkeit", erklärt Graaf. "Wir planen eine Kooperation mit der Juniorprofessur Nichtklassische Synthesemethoden, weil die
Forschung einige chemische Themen
anschneidet. Da holen wir uns dann
Experten aus dem eigenen Haus mit ins
Boot."
Mit Hilfe der Nanolithographie haben
die Chemnitzer Wissenschaftler im vergangenen Jahr bereits das damals kleinste
Fußballfeld der Welt hergestellt - es ist so
winzig, dass es etwa 1.000 Mal auf die
Querschnittsfläche eines menschlichen
Haares passt. "Die dabei gesammelten
Erfahrungen mit dieser Technik bringen
wir jetzt in das neue Projekt mit ein. Damals haben wir bereits nanometergroße
Strukturen auf Oberflächen aufgebracht,
diesmal binden wir an diese Strukturen
noch Farbstoffe und bringen sie damit
zum Leuchten", zeigt Prof. Dr. Christian von
Borczyskowski, Inhaber der Professur
Optische Spektroskopie und Molekülphysik,
den Fortschritt der Forschung auf. "Weltweit wird an der Nanotechnologie geforscht - aber es wird sehr wenig veröffentlicht, da noch nicht immer sicher ist,
dass die Ergebnisse ausreichend fundiert
sind", so Dr. Harald Graaf. "Es gibt bei diesem Forschungsgebiet noch viel Ungewissheit und damit immer neue Probleme
- aber das ist auch gerade die Herausforderung!" Dieser Herausforderung können
sich auch die Chemnitzer Physikstudenten
stellen. Sie reisen dabei nicht nur in den
spannenden Nanokosmos, sondern auch
in eine zukunftsweisende Arbeitswelt.
Kontakt:
Dr. Harald Graaf, Telefon 0371 531-34807,
E-Mail [email protected]
FORSCHUNG
Die Innenstädte der Zukunft
Wirtschaftswissenschaftler stellen Maßnahmen zusammen, mit denen sich Innenstädte fit für die älter
werdende Bevölkerung machen können
(KT) Mal schnell mit dem Fahrrad in
die Stadt sausen, sich durchs Getümmel
winden und beim ersten und letzten Geschäft der Fußgängerzone Besorgungen
machen - was für junge Menschen Gewohnheit ist, kommt mit zunehmendem
Alter nicht mehr in Frage. Wenn die körperlichen Kräfte nachlassen, will jede Einkaufstour gut geplant sein. Im Jahr 2000
betrug der Altersquotient in Deutschland
rund 24 Prozent. Der Altersquotient gibt
das Verhältnis der über 65-Jährigen zu
den 20- bis 64-Jährigen in einer Gesellschaft an. Für das Jahr 2020 schätzt ihn
das Statistische Bundesamt auf etwa 35
Prozent, für 2040 auf mehr als 50 Prozent.
Die Bevölkerung wird älter - und dieser
Entwicklung müssen sich auch die Innenstädte anpassen. Welche Umgestaltungsmaßnahmen dazu dringend auf die
Agenda der deutschen Städte müssen, war
Thema eines Forschungsprojektes der
Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Demnach sind es zum einen
die physischen Kräfte und zum anderen
die finanziellen Verhältnisse, die das Verhalten älterer Menschen in Innenstädten
maßgeblich beeinflussen.
Durch die geringer werdenden körperlichen Kräfte versuchen ältere Bürger, unnötige Wege zu vermeiden. Shoppingcenter, die ein abgestimmtes Programm
dicht nebeneinander liegender Geschäfte
bieten, kommen älteren Menschen dabei
entgegen. Für die Besitzer einzelner Läden
außerhalb solcher Zentren wird es schwierig. Geschäftsleute einzelner Läden sollten, so die Ergebnisse des Forschungsprojekts, mehr als bisher koordiniert agieren.
Für die Gestaltung von Innenstädten ergibt
sich, dass lang gezogene und breite Einkaufsstraßen oder große Plätze zu vermeiden sind. Wenn sich die Strecken, die ältere Menschen zu Fuß zurücklegen müssen,
nicht ausreichend verringern lassen, müssen die Städte ansprechende Ausruhmöglichkeiten anbieten. Dieser Punkt ist sehr
sensibel, so die Ergebnisse der Studie, da
sich die älteren Innenstadtbesucher in
zwei Gruppen einteilen lassen: die fitteren
und die weniger fitten. Letztere verbringen
einen großen Teil ihres Stadtbesuchs sit-
zend und beobachtend. Dadurch zeigen
sie, dass sie zu den weniger fitten zählen.
Sitzen hat deshalb bei den fitteren ein
negatives Image. Sie wollen sich bewusst
davon abgrenzen und versuchen auf den
Beinen zu bleiben oder wenigstens so zu
wirken, als fiele ihnen dies leicht. Sie setzen sich nur hin, wenn es Anlässe gibt,
die das quasi erzwingen, etwa wenn es
Interessantes zu sehen gibt. Ohne solche
Gelegenheiten brechen sie den Innenstadtbesuch eher vorzeitig ab, wenn die
Kräfte nachlassen. Sitzgelegenheiten müssen also so zentral und attraktiv gestaltet
werden, dass sie auch jüngere Menschen
zum Verweilen einladen würden und dürfen nicht den Anschein von Abstellplätzen
für gebrechliche Senioren erwecken.
eher auf den Innenstadtbesuch verzichtet,
als ein Beinbruch riskiert. Dasselbe gilt,
wenn zu wenige Rückfahrmöglichkeiten
angeboten werden, weil dies die Angst
Preiswert, sauber, sicher
Fast alle älteren Menschen verbindet
eine Angst vor Enge und Gedränge, denn
dadurch entsteht die Gefahr, zu stürzen.
Die Städte müssen hier mit einem größeren Platzangebot reagieren, sowohl in den
Läden als auch in den Straßen. Die Konsequenzen - sinkende Flächenumsätze und
eventuell fallende Mietpreise - sollten die
Vermieter rechtzeitig bedenken. Aufgrund
ihrer oftmals geringen Kaufkraft bevorzugen ältere Menschen häufig Geschäfte mit
niedrigem Preisniveau. Sammeln sich solche Läden an einem Ort, erhöht sich die
Gefahr von städtischen Schmuddelecken,
weil Billigläden ein unterschiedliches
Klientel anlocken. Dieses Problem können
Stadtverwaltungen nicht allein lösen: Die
Geschäftsleute müssen Modelle entwickeln, bei denen geringe Produktpreise
mit Sauberkeit und Sicherheit verbunden
werden.
Noch zwei weitere Faktoren spielen
eine oft unterschätzte Rolle für Innenstadtbesuche älterer Menschen: die Anfahrt und die Toilettensituation. Kräfte, die
bereits bei der Anreise verbraucht werden,
stehen in der Innenstadt selbst nicht mehr
zur Verfügung. Die Angebote des Nahverkehrs müssen deshalb in die Planungen
mit einfließen. Ist etwa der Schnee an den
Einstiegshaltestellen nicht geräumt, wird
auslöst, dass der Aufenthalt in der Innenstadt länger als geplant dauern könnte.
Unmittelbar reiseverhindernd und dadurch
umsatzmindernd wirkt sich auch ein mangelhaftes Angebot an Toiletten aus. Ältere
Menschen haben in der vorliegenden
Untersuchung eine deutliche Scheu vor
unnötigen Wegen gezeigt. Befindet sich
eine Toilette nicht unmittelbar vor Ort,
wird der Innenstadtbesuch abgekürzt und
abgebrochen. Deshalb ist es erforderlich,
die typischen Wege älterer Menschen aufzuzeichnen und die Toiletten entsprechend
anzubringen. Stadtverwaltungen haben
hier nur begrenzte Möglichkeiten, weil an
den ausgemachten Stellen nicht immer
städtische Grundstücke verfügbar sind. Die
Geschäftsleute müssen auch hier koordiniert handeln - in Einkaufszentren ist das
Problem gelöst.
Kontakt:
Prof. Dr. Friedrich Thießen, Telefon 0371 531-26190,
E-Mail [email protected]
TU-Spektrum 3/2007
13
Ältere Menschen
sind nicht mehr so
gut zu Fuß - auch
die Innenstädte
müssen sich den
Bedüfnissen der
älter werdenen
Gesellschaft anpassen, wenn sie in
Zukunft weiterhin
Kunden anziehen
wollen.
Foto:
Katharina Thehos
FORSCHUNG
Second Life: Mit Avataren "schnuppern"
Marketingexperten untersuchten zum ersten Mal die Einführung eines neuen Parfüms, die zeitlich parallel in sechs
Großstädten und in der virtuellen Second-Life-Welt stattfand - Ihr Fazit: Die Kopplung macht's
(MSt) Virtuelle Welten faszinieren
immer mehr Nutzer, allen voran die sich
seit 1999 im Internet immer weiter entwickelnde 3D-Welt Second Life des US-Softwarehauses Linden Lab. Mittlerweile geben sich etwa neun Millionen Nutzer - dar-
Umfragen zwischen
Hamburg und
Second Life: Hübsche Hostessen
unterstützten die
Eventmarketingexpertin Prof. Dr. Cornelia Zanger bei der
Befragung sowohl
in der realen als
auch in der virtuellen Welt.
Foto:
Mario Steinebach
unter circa zehn Prozent Deutsche - eine
virtuelle Identität. Durchschnittlich bis zu
50.000 Nutzer sind rund um die Uhr in der
Second-Life-Welt aktiv unterwegs. Als so
genannter Avatar, einer künstlichen Person
in der 3D-Welt, kauft sich der registrierte
Nutzer beispielsweise Produkte in virtuellen Flaniermeilen oder nimmt an Partys
teil. "Kein Wunder, dass immer mehr
Firmen wie Adidas, BMW, IBM oder Sony
ihre Marketingaktivitäten auf diese virtuelle Parallelwelt ausdehnen", schätzt Prof. Dr.
Cornelia Zanger, Inhaberin der Professur
Marketing und Handelsbetriebslehre der
TU Chemnitz, ein. Die Marketingexpertin
fragte sich jedoch, welche Wirkungen virtuelle Events wie Produktpräsentationen
im Vergleich zum wirklichen Leben erzielen und ob die Marketingaktivitäten in
Second Life die Livekommunikation ersetzen können.
Der neue Duft im "Apfelland"
Kontakt:
Prof. Dr. Cornelia
Zanger, Telefon 0371
531-10030, E-Mail
[email protected]
Eine Marktforschungsstudie brachte
nun erste Ergebnisse ans Licht. Gemeinsam mit der Hamburger Eventagentur
Vitamin-e Events & Emotions GmbH untersuchten Chemnitzer Wissenschaftler am
Beispiel einer Parfümpräsentation der
14
TU-Spektrum 3/2007
Marke "Paco Rabanne", welche Wirkungen
Veranstaltungen in Second Life im Vergleich
zu Events im realen Leben erzielen. Die
Idee, diesen Markenauftritt einmal wissenschaftlich unter die Lupe zu nehmen, hatten der Agenturmitarbeiter Sven Hildebrand,
der an der TU Chemnitz berufsbegleitend
"Eventmarketing" studiert, sowie seine
Studiengangsleiterin Prof. Zanger. Für den
Launch des neuen Herrenduftes "Paco
Rabanne BlackXS", der sich an eine junge,
trendorientierte und aktive Zielgruppe
richtet, startete Mitte des Jahres eine einzigartige Online- und Offline-Crossmediakampagne durch die Hamburger Eventagentur Vitamin-e im Auftrag der Parfum
Distribution Hamburg GmbH. Am 12. Mai
2007 wurden sechs reale Orte - Hamburg,
Berlin, Düsseldorf, München, Frankfurt
und Wien - sowie das "Apfelland", die
größte deutsche Gemeinschaft in Second
Life, mittels Satellitenübertragung und 3DProjektion zu einer Partygemeinschaft verbunden. "Um den neuen Duft auch für die
Partygäste in Second Life erlebbar zu
machen, konnten die virtuellen Gäste in
Berlin, Hamburg und München eine Duftprobe per Expresslieferung ordern. Diese
wurde dann innerhalb von 20 Minuten an
die Heimatadresse in der realen Welt geliefert", berichtet Prof. Zanger.
Mit Fragebogen ins "Big Apple"
Mit diesen simultan stattfindenden
Partys bot sich zum ersten Mal die Gelegenheit, die Wirkung von virtuellen im
Vergleich zu realen Events wissenschaftlich
zu untersuchen. Dazu entwarfen die Chemnitzer Marketingexperten der TU ein aufwendiges Befragungsdesign. "Befragt
wurde an drei zeitlichen Messpunkten - vor,
während und nach dem Event - sowohl in
der realen als auch in der virtuellen Welt",
berichtet Zanger. Die Befragung in Second
Life erfolgte durch virtuelle Hostessen, die
die Probanden auf einen Onlinefragebogen verwiesen. Als Anreiz für die Teilnahme an der Vorbefragung erhielten die
Befragten eine Einladung für die "Paco
Rabanne Night of BlackXS" in der Diskothek "Big Apple" in Second Life. Um die
Probanden für eine Nachbefragung zu erreichen, wurden während der Vor- und
Eventbefragungen in den sechs Großstädten und in Second Life die Kontaktdaten aufgenommen. Insgesamt konnten
1.149 auswertbare Fragebogen gewonnen
werden.
Prof. Zanger stellte bei deren Auswertung eine klare Zielgruppendifferenzierung nach dem Alter bei sonst gleicher
Interessenlage (Musik, Sport, Mode) fest.
Während in Second Life die bis 20-Jährigen und die über 30-Jährigen deutlich
besser erreicht wurden, war die Gruppe
der 21- bis 30-Jährigen beim realen Event
mehr präsent. "Dieses Ergebnis spricht
bereits für einen sich gegenseitig ergänzenden Einsatz des Eventmarketings in der
realen und virtuellen Welt", sagt Prof. Zanger. Die Gründe für die Teilnahme der
Probanden am realen Event seien die
gleichen wie beim virtuellen Event nämlich "nette Leute kennen zu lernen"
und "Freunde zu treffen". Während vor
der Party die Marke "Paco Rabanne" den
Interessenten für den realen Event zu
72,4 Prozent bekannt war, kannten nur
17,4 Prozent der Befragten in Second Life
diese Marke. "Insofern konnte der virtuelle
Event zunächst die Markenbekanntheit für
die Zielgruppe in Second Life erhöhen",
schätzt die Marketingprofessorin ein.
Die Untersuchung zeigte unter anderem auch, dass Second Life Emotionalisierungspotenziale hat - selbst für ein Produkt wie Parfüm, das in besonderem Maße
des Geruchssinnes bedarf. Der Vergleich
zwischen den Eventteilnehmern in Second
Life, die während des Events eine Duftprobe erhielten, und denen, die das neue
Parfüm nicht testen konnten, zeigte jedoch, dass das Konzept des verbundenen
Einsatzes von realem und virtuellem Event
für die Zukunft besonders erfolgversprechend eingeschätzt werden kann. "Die
Kopplung der Events in beiden Welten
gepaart mit einer realen Erlebnismöglichkeit für die Second-Life-Nutzer führt zu
einer deutlich klareren und positiveren
Wahrnehmung der Marke in voneinander
unterscheidbaren Ziel- bzw. Altersgruppen",
resümiert Prof. Zanger.
FORSCHUNG
Wie lange klingelt der Postmann noch?
Deutschland sollte zum 1. Januar 2008 das Briefmonopol aufheben, empfiehlt Prof. Ludwig Gramlich
(KT) 135 Milliarden Briefe, Karten und
Pakete werden pro Jahr nach Angaben der
Kommission der Europäischen Union (EU)
europaweit verschickt. Günstiger, schneller
und effektiver sollen die Postdienste werden - das sind die Ziele der EU bei der
Aufhebung der nationalen Briefmonopole.
"Zum 1. Januar 2009 läuft die bisherige
Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft
aus. Würde es keine Nachfolgeregelung
geben, so würde allgemeines Wettbewerbs- und Kartellrecht gelten", erklärt
Prof. Dr. Ludwig Gramlich, Inhaber der
Professur für Öffentliches Recht und
Öffentliches Wirtschaftsrecht. Für diesen
Zeitpunkt hat die EU-Kommission die Aufhebung des Briefmonopols vorgeschlagen,
Deutschland wollte bereits ein Jahr früher
- zum 1. Januar 2008 - seinen Postmarkt
für den Wettbewerb öffnen. Das Europäische Parlament jedoch hat die Planung
kürzlich abgelehnt und stattdessen für die
europaweite Liberalisierung der Postmärkte das Jahr 2011 vorgesehen. Ein endgültiger Beschluss zum neuen EU-Rechtsakt
muss nun bis Jahresende 2008 von Parlament und Ministerrat der EU getroffen
werden. Deutschland jedoch wird wohl bei
seinem Vorhaben bleiben - ab dem 1.
Januar 2008 wird es keine Sonderstellung
der Deutschen Post AG mehr geben. "Das
ist zumindest die Aussage beider Partner
in der Großen Koalition. Schon 2001 ist
jedoch das Postgesetz so geändert worden, dass das Ende des Briefmonopols von
2002 auf 2007 verschoben wurde - so
etwas könnte auch ein zweites Mal passieren", schätzt Prof. Gramlich ein.
"Ein Festhalten am 1. Januar 2008 ist
verfassungsrechtlich vielleicht nicht zwingend, aber es ist nahe liegend. Denn das
Bundesverfassungsgericht hat die erste
Verlängerung des Monopols ausdrücklich
nur für eine begrenzte Übergangszeit gebilligt", erläutert Prof. Gramlich, der auch
juristisches Mitglied im Wissenschaftlichen
Arbeitskreis für Regulierungsfragen bei
der Bundesnetzagentur ist. Neben den
Argumenten des Bundesverfassungsgerichts sieht Gramlich weitere Gründe für
eine baldige Liberalisierung des Postmarktes: Es gebe keinen prinzipiellen Unterschied zur Liberalisierung im Telekom-
sektor, und das durch das Monopol entstehende Verbot der Briefbeförderung für alle
anderen Anbieter außer der Deutschen
Post AG sei eine nur ausnahmsweise hinnehmbare Einschränkung der Berufsfreiheit dieser anderen privaten Anbieter.
Zudem hätten andere Länder - wie Großbritannien, Finnland und Schweden bereits vorgemacht, dass der Markt der
Briefbeförderung geöffnet werden kann,
ohne dass der Postsektor oder sogar die
Volkswirtschaft Schaden nimmt - "im
Gegenteil!", ist Prof. Gramlich überzeugt.
"Das Ziel des Monopols kann auch auf
andere Arten erreicht werden, die sich
besser eignen und weniger restriktiv sind.
Etwa durch die Gewährleistung eines
Universaldienstes", so Gramlich.
Einen solchen Universaldienst hat die
EU bereits 1997 festgeschrieben. Denn: Die
privaten Postdienste könnten sich auf
Massensendungen konzentrieren und die
normalen und weniger lukrativen Briefe
oder auch abgelegene und gering besiedelte Gegenden vernachlässigen. Deshalb
müssen alle EU-Mitgliedsstaaten durch die
Einführung eines Universaldienstes sicherstellen, dass auch ohne Monopol alle üblichen Postsendungen flächendeckend
sechs Mal pro Woche abgeholt und ausgeliefert werden. Die finanzielle Sicherung
dieses Universaldienstes, wenn das Briefmonopol wegfällt, kann jeder EU-Mitgliedstaat auf eine von drei Arten lösen: entweder durch eine Finanzierung von Defiziten
aus Steuergeldern, durch die
Ausschreibung einzelner schlecht bedienter Leistungen oder über einen Fonds, in
den möglichst alle Postdienstleister einzahlen müssen. In diesem Fall kann ein
Unternehmen, das Universaldienstleistungen erbringt, sich einen Teil seiner Kosten
von anderen, leistungsunwilligen Konkurrenten zurückholen. Gramlich befürwortet
vor allem die Möglichkeit einer Finanzierung durch Steuergelder. Doch er warnt
auch vor einer solchen Lösung: "Dadurch
macht sich der Staat erpressbar: Die Deutsche Post AG wird dann an keiner Ausschreibung teilnehmen, die sich nicht
lohnt, und kein Porto anbieten, das sich
für sie nicht rechnet. Bevor der Staat
Steuergelder einsetzt, um die Grundver-
sorgung mit Postdienstleistungen für
jedermann im gesamten Bundesgebiet zu
sichern, muss die Deutsche Post AG die
Karten auf den Tisch legen und nachweisen, dass ihre Preise sowohl erschwinglich
als auch gerechtfertigt sind." Auf jeden
Fall lasse sich aber auch nach einer
Aufhebung des Briefmonopols sicherstellen, dass der Postmann regelmäßig klingelt - nur für welches Unternehmen er
arbeitet, ist dann nicht mehr so klar.
Die Deutsche Post im
Fokus der Wissenschaft: Prof. Dr.
Ludwig Gramlich ist
überzeugt, dass eine
gut funktionierende
Postzustellung auch
ohne Briefmonopol
möglich ist.
Foto:
Mario Steinebach
Stichwort: Briefmonopol
Das Briefmonopol ist das Vorrecht
des Staates zur Beförderung der Post. Die
Rahmenbedingungen sind in Deutschland
durch das Grundgesetz gegeben: Eine flächendeckende, angemessene und ausreichende Versorgung mit Postdienstleistungen wird hier zugesichert. In einem weiteren Artikel des Grundgesetzes wurden
den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost - und damit der heutigen Deutschen Post AG - die MonopolRechte für die Ausübung der Tätigkeit für
eine Übergangszeit zugesprochen. Diese
Übergangszeit wurde aber nicht genauer
bezeichnet und ist deshalb nicht zeitlich
begrenzt, weshalb juristisch gesehen das
Briefmonopol nicht Ende 2007 enden
muss. Durch eine Richtlinie der EU von
1997 wurde der Postmarkt europaweit bereits schrittweise geöffnet: Produkte, die
mehr als 350 Gramm wiegen und mindestens fünfmal soviel kosten wie ein Standardbrief, fallen seit 1998 nicht mehr unter
das Monopol. 2003 wurde alles freigegeben, was mehr als 100 Gramm wiegt,
2006 sank die Grenze auf 50 Gramm; die
jeweilige Preisgrenze wurde auf das Dreiund dann auf das Zweieinhalbfache des
Standardpreises gesenkt.
TU-Spektrum 3/2007
15
Kontakt:
Prof. Dr. Ludwig
Gramlich, Telefon
0371 531-34165,
E-Mail l.gramlich@
wirtschaft.tu-chemnitz.de
FORSCHUNG
Unternehmen machen sich fit für die Zukunft
Sechs Firmen erhöhen mit Hilfe der Professur Innovationsforschung ihre Produktivität und ihre Veränderungsfähigkeit
(KT) Der Kunde ist heutzutage König und das weiß er auch. Deshalb steigen
seine Ansprüche: Günstige Preise, kurze
Lieferzeiten, Termintreue und Komplettlösungen aus einer Hand sind die dringendsten Anforderungen an Produktionsunternehmen. Doch wie sollen kleine und
mittlere Unternehmen (KMU) dies im Spagat zwischen dem laufenden Tagesgeschäft und stark begrenzten Ressourcen
einerseits und den ständig steigenden
Anforderungen des Marktes andererseits
schaffen? In großen Unternehmen kümmern sich ganze Abteilungen um das
systematische Management von Veränderung, in KMU ist das nicht möglich. Trotzdem kann es funktionieren - das zeigen
sechs ostdeutsche Produktionsunternehmen, die sich im Projekt "Nachhaltige
Modernisierung und reflexive Intervention"
(NaMo) zusammengefunden haben. Begleitet von Beratern und Wissenschaftlern
optimierten sie ihre Produktions- und
Kooperationsprozesse und entwickelten
Strategien für ein betriebliches Veränderungsmanagement.
Koordiniert wurde das Projekt von der
Professur Innovationsforschung und
nachhaltiges Ressourcenmanagement
unter Leitung von Prof. Dr. Manfred
Moldaschl. Die Berater haben die Unternehmen während der dreijährigen Projektlaufzeit bei der Entwicklung und prak-
tischen Zusammenführung betriebsspezifischer Lösungen unterstützt. "Wir haben
die Sicht der Mitarbeiter auf ihr Unternehmen und die Veränderungen aufgenommen, theoretisch aufgearbeitet und den
Unternehmen diese Sicht zurückgegeben.
Das hat den Firmen wichtige, manchmal
sogar überraschende Informationen über
sich selbst verschafft und uns ermöglicht,
gemeinsam allgemeinere Vorgehensweisen für ein betriebliches Veränderungsmanagement unter KMU-Bedingungen zu entwickeln. Somit konnten wir
auch Tipps geben, wie sie ihre einmal erzielten Verbesserungen dauerhaft sichern
können", berichtet Dr. Ralf Wetzel, Mitarbeiter der Professur. Das NaMo-Projekt
ermöglichte den beteiligten Firmen, innerbetriebliche Abläufe zu optimieren und
ihre Kooperations- und Veränderungsfähigkeit zu steigern. Die Ergebnisse können sich sehen lassen:
Die Schleifscheibenfabrik Rottluff
GmbH aus Chemnitz verbesserte ihre Wettbewerbsfähigkeit, indem sie ein Konzept
zur Erhöhung ihrer Anlagenverfügbarkeit
einführte. Sie steigerte dadurch ihre Produktionskapazität und legte so die Grundlage, um ihren erhöhten Auftragseingang
zu bewältigen.
Die Chemnitzer NILES-SIMMONS
Industrieanlagen GmbH sieht sich als
Sondermaschinenbauer mit hochkomple-
xen Fertigungsprozessen und starken Auftragsschwankungen konfrontiert. Im Rahmen des Projektes entwickelte sie eine
Vorgehensweise, um ihre Geschäftsprozesse besser analysieren und auch optimieren
zu können. Dadurch wird die Grundlage
für eine Verbesserung der Kapazitätsplanung sowie eine gleichmäßigere Auslastung der Produktion geschaffen.
Die WAREMA Sonnenschutztechnik
GmbH aus Limbach-Oberfrohna bewältigt
tagtäglich viele verschiedene Aufträge mit
geringer Stückzahl und muss dabei den
Spagat zwischen niedrigen Herstellungskosten und kundenspezifischen Lösungen
schaffen. Um schneller und präziser produzieren zu können, entwarf sie ein neues
Produktionskonzept, optimierte Arbeitsabläufe und Transportsysteme. So verkürzte
sie ihre Durchlaufzeiten um 30 Prozent.
Und die sachsen-anhaltinischen
Projektpartner Babock Lasertechnik e.K.
aus Kleinmühlingen, IGS Development
GmbH aus Harbke und Umformtechnik
Stendal UTS GmbH & Co. KG aus Stendal
entwickelten Bausteine für ein Integrations- und Kooperationsmodell, um den
laufend komplexer werdenden Anforderungen in der Automobilzulieferbranche
zu begegnen.
Kontakt:
Dr. Ralf Wetzel, Telefon 0371 531-35435,
E-Mail [email protected]
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Zschopau
Joh.-G.-Pfaff-Str. 18 Schwarzenberger Str. 28
03773 - 88 32 02
03725 - 44 99 30
*Kurzzulassung mit 0 km, nur solange der Vorrat reicht. FGS für das 3. Jahr bis max. 60.000 km, gültig ab Tag der EZ. **Gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung.
Kraftstoffverbrauch (in l/ 100 km nach 80/1268/EWG): 8,1 (innerorts), 4,9 (außerorts), 6,1 (kombiniert), CO2: 144 g/km (kombiniert).
16
TU-Spektrum 3/2007
Gemeinsam stark - die Initiative Pro Förderwerke
Die Hochschulgruppen der Studienstiftungen an der TU Chemnitz freuen sich auf Nachwuchs
Die "Initiative Pro Förderwerke" ist ein Kreis von Stipendiaten
verschiedener Stiftungen, die an der TU Chemnitz studieren oder
promovieren. Folgende Förderwerke sind beteiligt:
Cusanuswerk,
Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst,
Friedrich-Ebert-Stiftung,
Friedrich-Naumann-Stiftung,
Hanns-Seidel-Stiftung,
Hans-Böckler-Stiftung,
Heinrich-Böll-Stiftung,
Konrad-Adenauer-Stiftung,
Rosa-Luxemburg-Stiftung,
Stiftung der Deutschen Wirtschaft,
Studienstiftung des deutschen Volkes.
Vor rund zwei Jahren haben sich die Hochschulgruppen dieser elf Stiftungen an der TU Chemnitz zur Initiative Pro Förderwerke zusammengeschlossen. Ausschlaggebend hierfür war die
geringe Größe aller einzelnen Gruppen - insgesamt gehören
etwa 80 Stipendiaten zu den Hochschulgruppen an der TU. Die
größte Gruppe bilden die 20 Geförderten der Hans-Böckler-Stiftung. Stipendiaten von Cusanuswerk und Evangelischem Studienwerk gibt es zurzeit an der Chemnitzer Uni nicht. Durch die Vernetzung erhoffen sich die einzelnen Gruppen nun eine größere
öffentliche Wahrnehmung. So waren sie in diesem Jahr bereits
beim Tag der offenen Tür im Juni und bei der Feierlichen Immatrikulation im Oktober mit einem gemeinschaftlichen Informationsstand vertreten.
Über diese elf Förderwerke hinaus gibt es eine ganze Reihe
weiterer Stiftungen, die für besondere Zielgruppen Stipendien
vergeben - die Initiative Pro Förderwerke ist an einer Zusammenarbeit jederzeit interessiert und freut sich über weitere Kontaktaufnahmen.
Auf den folgenden Seiten finden Sie Informationen über die
Stiftungen der Initiative Pro Förderwerke, Berichte von und über
Stipendiaten der TU Chemnitz, Kontakte zu Vertrauensdozenten
und Informationen zu den Bewerbungsmodalitäten.
Einen Versuch ist es wert
Wer überdurchschnittliche Studienleistungen und zusätzliches Engagement vorweist, hat gute
Chancen auf finanzielle und ideelle Förderung
(KT) Ein Stipendium fürs Studium? Sowas bekommen doch eh
nur hochbegabte Überflieger, wird der durchschnittliche Student
denken. Weit gefehlt, erwidern dann die meisten Stipendiaten.
"Viele Studierende fühlen sich von den vermeintlich hohen Anforderungen abgeschreckt - dabei sind die gar nicht so schlimm,
wie viele glauben", so Katja Lieber, Mitbegründerin der Initiative
Pro Förderwerke und selbst Altstipendiatin der Hans-BöcklerStiftung.
"Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert - wer nicht genommen wird, hat nichts verloren. Aber wer aufgenommen wird, hat
eine ganze Menge gewonnen", ergänzt die TU-Mitarbeiterin.
Damit meint sie nicht nur die finanzielle Förderung, die ein Stipendium mit sich bringt. Auch die oft zitierte "ideelle Förderung"
ist keine leere Worthülse, sondern der eigentliche Kern der Stiftungsarbeit. Bei allen Stiftungen werden neben der finanziellen
Unterstützung ein fächerübergreifendes Bildungsprogramm und
Beratungsmöglichkeiten angeboten. Dazu gehören Sommerakademien, Studien- und Berufsberatung, Doktorandenforen genauso wie Sprachkurse, wissenschaftliche Kollegs, Seminare und
Projektwettbewerbe.
Doch diese ideelle Förderung ist es auch, wegen der es einige Bewerber eben doch schwer haben: "Manche möchten ein
Stipendium rein zur Studienfinanzierung nutzen - aber das ist
nicht das Ziel der Stiftungen. Man muss sich schon auch mit den
Zielen der jeweiligen Stiftung identifizieren können." Wer in
einem Bewerbungsgespräch bei der Hans-Böckler-Stiftung etwa
nicht wisse, nach wem sie eigentlich benannt ist, habe eher
schlechte Karten. Auch gute Schul- und Studienleistungen müs-
sen die Bewerber mitbringen. Fast
noch wichtiger ist aber ein gesellschaftliches oder politisches Engagement. Die Chemnitzer Hochschulgruppe der Stiftung der Deutschen
Wirtschaft hat einen unverbindlichen
Schnelltest zusammengestellt, bei
dem es einen ersten Eindruck gibt,
wie gut die Chancen bei einer
Bewerbung stehen - zu finden auf
www.tu-chemnitz.de/sdw
www.tu-chemnitz.de/stud/foerderwerke
www.begabtenfoerderungswerke.de
Kontakt:
Katja Lieber, Telefon 0371 531-35637,
[email protected]
Von ihrem Büro in der Reichenhainer Straße
41, Raum 109, aus zieht Katja Lieber die
Fäden der Initiative Pro Förderwerke. Hier
steht sie auch für Kontaktaufnahmen zur
Verfügung.
Foto: Heiko Kießling
TU-Spektrum 3/2007
17
Foto: Heiko Kießling
Wen sie fördern, was sie fordern
Anforderungen und Leistungen der Studienstiftungen im Überblick
(CL) Die Stiftungen der Initiative Pro
Förderwerke der TU Chemnitz sind die elf
Begabtenförderungswerke in Deutschland,
die durch Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung den
wissenschaftlichen Nachwuchs unterstützen.
Kandidaten sollten die Ziele der jeweiligen Stiftung vertreten. Eine weitere Rolle
spielt der Zeitpunkt der Bewerbung: Bei
manchen Stiftungen kann man sich
bereits bei der Immatrikulation bewerben,
bei anderen erst ab dem vierten Fachsemester.
Zielgruppen
Leistungen
Jede der elf Stiftungen steht für eine
spezielle politische Richtung, für ein bestimmtes gesellschaftliches Engagement
und für unterschiedliche Zukunftsvisionen.
Ihr Förderangebot richtet sich an deutsche
Studierende, aber auch an ausländische
Bewerber, die die Staatsangehörigkeit
eines Mitgliedlandes der Europäischen
Union besitzen oder eine Unterstützung
durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten würden. Lediglich
die Hanns-Seidel-Stiftung berücksichtigt
ausländische Bewerber nur, wenn sie in
einem direkten Bezug zu Projekten der
Stiftung im Ausland stehen und von den
jeweiligen Projektleitern vorgeschlagen
werden.
Die Studien- und Promotionsförderung ist grundsätzlich bei den elf Stiftungen gleich: Sie beträgt analog zum BAföGSatz 525 Euro pro Monat, abhängig vom
Einkommen der Eltern. Außerdem erhalten die Studierenden ein Büchergeld von
80 Euro im Monat. Promotionsstudierende
erhalten 920 Euro im Monat plus 100 Euro
Forschungskostenpauschale. Promovierende mit Familie können zusätzlich eine
Familienpauschale von 155 Euro im Monat
beantragen.
Voraussetzung
Generelle Voraussetzungen für ein
Stiftungsstipendium sind überdurchschnittliche Schul- und Studienleistungen
und gesellschaftliches Engagement. Die
18
TU-Spektrum 3/2007
Bewerbung
Bei acht der elf Stiftungen können
sich Interessenten für eine Studiengrundförderung sowie für Promotionsstipendien
selbst bewerben. Dazu zählen das Cusanuswerk, das Evangelische Studienwerk,
die Friedrich-Ebert-, Friedrich-Naumann-,
Hanns-Seidel-, Heinrich-Böll-, KonradAdenauer- und die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Für die Stipendien der Grundförderung, der Hans-Böckler-Stiftung, der
Stiftung der Deutschen Wirtschaft und der
Studienstiftung des deutschen Volkes werden die Kandidaten von einem Lehrer,
Professor, Vertrauensdozenten, der Stipendiatengruppe oder einem kirchlichen
Oberhaupt vorgeschlagen. Für eine Promotionsförderung können sich Kandidaten
auch hier direkt bei den Stiftungen bewerben. Bei einigen Förderwerken sind
Selbstbewerbung und Vorschlag gleichberechtigt.
Bewerbungsunterlagen
Beim ersten Bewerbungsanschreiben
sollte mitgeschickt werden: eine Begründung der Bewerbung bei der jeweiligen Stiftung, ein tabellarischer Lebenslauf
inklusive politischem oder gesellschaftlichem Engagement, das Schulabschlusszeugnis, benotete Leistungsnachweise
(außer bei Studienanfängern), falls bereits
vorhanden das Zwischenprüfungs- oder
Vordiplomzeugnis, das Studienabschlusszeugnis bei Bewerbungen für Master- und
Aufbaustudiengängen, die Immatrikulationsbescheinigung, aus der die Semesterzahl hervorgeht, oder bei Bewerbungen
für Master- und Aufbaustudiengänge die
Studienplatzzusage.
www.tu-chemnitz.de/stud/foerderwerke
Geschichte
Die Stiftung wurde im November 1955 nach
dem Vorbild des Evangelischen Studienwerkes Villigst gegründet und trägt den Namen
einer der renommiertesten Gelehrtenpersönlichkeiten des Spätmittelalters, Nikolaus
Cusanus (1401 - 1464). Er studierte Mathematik, Physik, Astronomie, Medizin, antike
Philosophie und Theologie. Cusanus wirkte
als Priester, Philosoph und Theologe und
wurde als Namenspatron erkoren, da er sich
nicht aufgrund einer privilegierten gesellschaftlichen Stellung, sondern durch Begabung, Leistung und Engagement zu einer
herausragenden Persönlichkeit entwickelte.
Bisher wurden mehr als 5.000 Stipendiaten
gefördert, aktuell sind es 1.000: 800 in der
Grund- und 200 in der Graduiertenförderung.
Philosophie
Das Cusanuswerk fördert junge Frauen und
Männer, die um ihre Begabung wissen und
diese annehmen, ausbilden und wirksam
machen wollen. Neucusaner stellen Fragen
und geben sich nicht mit schnellen Antworten zufrieden. Außerdem sind sie bereit,
persönlich Stellung zu beziehen und gesellschaftlich Verantwortung zu übernehmen.
Wichtig ist ebenfalls, dass sie ihren Glaubensweg ernst nehmen, mit der Kirche leben, sie gestalten und sich auch an ihr reiben wollen. Die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche ist Voraussetzung.
Geschichte
Aufgrund des Versagens der akademischen
Schichten im Protestantismus während des
Nationalsozialismus wurde 1948 das Evangelische Studienwerk gegründet, um der
kirchlichen Bildungsverantwortung gerecht
zu werden. Den Namen Villigst trägt das
Studienwerk nach seinem Gründungsort,
dem heutigen Schwerte-Villigst in Nordrhein-Westfalen. Jährlich werden rund 700
neue Stipendiaten unterstützt.
Demokratie, Widerspruchstoleranz, soziale
Verantwortung und die Würde des Menschen bezieht. Neben ihrer fachlichen Begabung engagieren sich die Stipendiaten
für etwas, das auch für andere bedeutungsvoll ist. Sie glauben nicht alles, was sie
sehen, sondern haben Mut zum eigenen
Standpunkt und akzeptieren Widersprüche,
ohne ihre Lösung aufzugeben. Eigenverantwortliches Mitgestalten auf allen Ebenen
des Studienwerks ist selbstverständlich.
Philosophie
Das Evangelische Studienwerk versteht sich
als ein Ort der Reflexion und Besinnung der
Kirche. Der akademische Nachwuchs soll
eine geistige Bildung erfahren, die sich auf
Bewerbung
Evangelische Abiturienten und Studierende,
die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedslands der Europäischen Union besitzen,
können sich auf eigene Initiative bewerben.
Bewerbung
Stipendiatskandidaten können von Leitern
von Gymnasien, Hochschullehrern, Mitarbeitern der Hochschulpastorale und ehema-
ligen Stipendiaten vorgeschlagen werden.
Gleichberechtigt ist auch eine Selbstbewerbung möglich. Stichtage für Vorschläge und
Selbstbewerbung sind der 1. März für das
Sommersemester und der 1. September für
das Wintersemester. Bewerber müssen in
der Regel zum Zeitpunkt der Bewerbung
noch mindestens fünf Semester Regelstudienzeit vor sich haben und dürfen nicht
älter als 30 Jahre sein. (AW)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Karl Heinz Hoffmann
Telefon 0371 531-33258
[email protected]
www.cusanuswerk.de
Die Kandidaten dürfen zum Zeitpunkt der
Auswahl das fünfte Fachsemester nicht
überschritten haben. Für die Aufnahme zum
Wintersemester gilt der 1. März, zum Sommersemester der 1. September als Bewerbungsschluss. Die Förderung von Promovierenden ist ebenfalls möglich. (AW)
Hinweis:
Derzeit gibt es an der TU Chemnitz keinen
Stipendiaten des Evangelischen Studienwerkes und auch keinen Vertrauensdozenten.
www.evstudienwerk.de
AN Z E IG E
TU-Spektrum 3/2007
19
Auf dem Weg nach Danzig: Sascha Dietze konnte Dank des Stipendiums sein Zielland Polen
bereisen.
Foto: privat
Auslandsaufenthalte gern gesehen
Mit Stipendium ins Ausland - zwei Beispiele der Friedrich-Ebert-Stiftung
(KT) Kattowitz, Breslau, Warschau Sascha Dietze hat es im Rahmen seines
Politikstudiums für zwei Semester nach
Polen verschlagen. Seit Beginn seines
siebten Semesters wird er von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) durch ein Vollstipendium gefördert. “Ohne das Stipendium wäre ich mit Sicherheit nicht ins Ausland gegangen. Das hätte ich mir auch mit
BAföG nicht leisten können”, so Dietze.
Durch die Förderung aber wurde der Auslandsaufenthalt realistisch und er besuchte einen Sprachkurs an der Uni in Kattowitz, studierte anschließend Politik in
Breslau und absolvierte ein Praktikum
beim Landesbüro der FES in Polens
Hauptstadt.
Auslandsaufenthalte sind bei Stiftungen gern gesehen; für maximal zwei Semester zahlen sie neben dem normalen
Stipendium einen Auslandszuschlag, dessen Höhe vom jeweiligen Zielland abhängt, übernehmen Studiengebühren,
Reisekosten und Zuschüsse zur Versicherung. “Die FES unterstützt Aufenthalte in
Mittelosteuropa überdurchschnittlich gut.
So gibt es beispielsweise einen höheren
Auslandszuschlag für Polen als für Belgien”, freut sich Dietze, der das zusätzliche Geld nutzen konnte, um das Land
auch abseits seiner Aufenthaltsstationen
kennen zu lernen. “Ich war vorher noch
nie in Polen. Für das Land habe ich mich
vor allem aus politischem und gesellschaftlichem Interesse entschieden. Polen
ist der zweitgrößte Nachbar Deutschlands
und wird in Zukunft vor allem wirtschaftlich eine wachsende Bedeutung erhalten”,
erklärt der Politikstudent.
20
TU-Spektrum 3/2007
Außerdem sei Polen ein Land, wo
nicht alle hingehen, ergänzt er. Trotzdem
konnte Dietze in der FES auf einen breiten
Erfahrungsschatz zurückgreifen: Das Netzwerk der Stiftung bietet Kontakte zu aktuellen und ehemaligen Stipendiaten in
ganz Deutschland. Davon profitiert hat
auch Johannes Ebermann. Er ist zurzeit im
schwedischen Kristianstad: “Ich habe das
Netzwerk genutzt, um eine Wohnung zu
suchen und Erfahrungen mit landesspezifischen Eigenheiten abzufragen. Wenn man
ein Praktikum organisiert, hilft vor allem
das Ehemaligennetzwerk ungemein.”
Stipendiaten, die ins Ausland möchten, müssen bei ihrer Stiftung einen Antrag auf Förderung stellen und ihr Vorhaben begründen. “Die FES möchte zwar in
einem Semesterbericht erklärt haben, wie
der Aufenthalt in meinen Studienablauf
passt. Aber die Verantwortung für die Gestaltung des Aufenthaltes vertraut man
ganz dem Stipendiaten an”, so Ebermann.
Auch Vorgaben, wie viele Vorlesungen besucht oder Klausuren geschrieben werden
müssen, gebe es von Seiten der FES nicht.
“Von den zwölf Mitgliedern unserer Hochschulgruppe sind derzeit vier im Ausland.
Diese Möglichkeit nimmt eigentlich jeder
mit”, so Dietze, der Sprecher der Chemnitzer Hochschulgruppe ist. Allerdings: Die
Stiftungen möchten ihre Stipendiaten für
ihre Ziele weitergehend begeistern.
“Wenn man im Ausland ist, ist man dem
Einfluss durch die Stiftung relativ entzogen. Deshalb fördern Stiftungen Auslandsaufenthalte nur im Rahmen eines darüber
hinausgehenden Studienstipendiums”,
erläutert Dietze.
Geschichte
Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde 1925
gegründet. Benannt ist sie nach dem
Sozialdemokraten und ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Friedrich
Ebert (1871 - 1925). Er stieg vom einfachen
Handwerker in das höchste Staatsamt auf
und regte vor dem Hintergrund eigener
Erfahrungen die Gründung einer Stiftung
an. Bisher wurden mehr als 15.000 Stipendiaten von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt, aktuell befinden sich
rund 1.700 Studierende in der Förderung.
Philosophie
Die Friedrich-Ebert-Stiftung steht der SPD
nahe. Sie will die politische und gesellschaftliche Bildung von Menschen aus
allen Lebensbereichen im Geiste von
Demokratie und Pluralismus fördern und
zur internationalen Verständigung und
Zusammenarbeit beitragen. Erklärtes Ziel
ist zudem, begabten jungen Menschen
unabhängig von den materiellen Möglichkeiten der Eltern durch Stipendien den
Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen.
Bewerbung
Es gilt das Selbstbewerbungsprinzip. Es
gibt keine Bewerbungsfristen. Deutsche
Studienanfänger können sich direkt nach
Erhalt der Immatrikulationsbescheinigung
bewerben und zwar an Universitäten bei
Diplom- und Magisterstudiengängen
sowie bei Staatsexamen bis zum Ende des
sechsten Semesters, bei Bachelor-Studiengängen bis zum Ende des vierten
Semesters. Bei Master- und Aufbaustudiengängen die zwei Semester dauern
sind Bewerbungen direkt nach Erhalt der
Studienplatzzusage möglich, bei einer
Dauer von vier Semestern bis zum Ende
des zweiten Semesters. (CL)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Alfons Söllner
Telefon 0371 531-34924
[email protected]
www.fes.de
Geschichte
Die Stiftung wurde 1958 ins Leben gerufen.
Namensgeber Friedrich Naumann (1860 1919) gründete die FDP und war ein sächsischer Sozialreformer. Für ihn stand fest,
dass eine starke Demokratie mündige Bürger brauche. Diese Idee hat die Stiftung und
ihre Arbeit von Anfang an geprägt. Sie will
dazu beitragen, dass es auf der Welt immer
weniger Untertanen gibt und immer mehr
selbstbewusste, politisch aktive Bürger.
Aktuell fördert die Friedrich-Naumann-Stiftung rund 500 deutsche und 100 ausländische Stipendiaten.
Philosophie
Die Friedrich-Naumann-Stiftung orientiert
sich am politischen Grundsatz des Liberalismus und steht der FDP nahe. Ihr Ziel ist
es, dem Prinzip der Freiheit und Menschenwürde in allen Bereichen der Gesellschaft
Geltung zu verschaffen, sowohl in
Deutschland als auch im Ausland. Sie richtet sich an Studierende und Promovierende,
die an einer liberalen Wirtschaftsordnung in
Deutschland interessiert sind, sowie an ausländische Begabte, die an der Entwicklung
und Stabilisierung von Rechtsstaat und
Demokratie mitwirken wollen. Jeder Einzelne soll nach der Philosophie der Stiftung
am politischen Prozess teilnehmen, Verantwortung übernehmen, sich einmischen und
seine Meinung vertreten. Denn nur so
könne eine liberale Gesellschaft wachsen.
Bewerbung
Deutsche Studierende können sich ab dem
zweiten Fachsemester bewerben, ausländische Studierende nach der akademischen
Zwischenprüfung. Bewerbungsschluss ist
jeweils der 31. Mai und der 30. November.
(CL)
Ansprechpartner in der TU
André Pochanke (Stipendiat)
[email protected]
www.fnst.de
Auf dem Weg zur kleinen Fußballmannschaft
André Pochanke verbindet mit der Friedrich-Naumann-Stiftung “Freiheit” als Lebensgefühl
(CL) Im Moment bekommt man mit der
Chemnitzer Hochschulgruppe der Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) noch keine
Kleinfeldfußballmannschaft voll. Das stört
den TU-Studenten André Pochanke wenig,
aber er will für das nächste Semester einiges in Angriff nehmen: “Derzeit sieht es
etwas mau mit der Hochschulgruppenaktivität der Naumann-Stiftung aus. Doch
seit Kurzem sind wir zu viert. Für die Zukunft habe ich mir fest vorgenommen, uns
besser zu vernetzen. Aber ich hoffe auch,
dass neue Stipendiaten dazustoßen.”
Pochanke ist vor zwei Semestern aus
Heidelberg an die TU gewechselt. Zu dem
Zeitpunkt war er der einzige aktive Chemnitzer Naumann-Stipendiat an der Uni.
Für den 28-jährigen Fußballer aus dem
kleinen Dorf Lawalde bei Löbau ist es
wichtig, dass die zukünftigen Stipendiaten
den neuen Slogan der Stiftung “Für die
Freiheit” teilen. “Es ist dieses Lebensgefühl, das mein kleiner Sohn auch schon
mit acht Monaten in sich trägt. Er hat ein
Laufgitter und wenn er dort drin sitzt,
gefällt es ihm gar nicht. Nehme ich ihn
heraus, spielt er mit demselben Spielzeug
weiter. Dieses Gefühl, dass dieser Zaun
nicht mehr da ist, macht ihn glücklich und
zufrieden”, beschreibt der zukünftige
Volkswirtschaftler.
Pochanke hat sich nach seinem Vordiplom für das Stipendium bei der FNS
beworben und war überglücklich, als die
Zusage kam: “Ich bin erst einmal um den
Küchentisch gesprungen”, erinnert er sich
und fährt fort: “Es ist das Beste was mir in
meiner Studienzeit, abgesehen von meinem Sohn, passieren konnte. Das setzt
dem Ganzen die Krönung auf. Man kriegt
einen genauen Überblick über das, was
man eigentlich macht. Der ständige interdisziplinäre und fachliche Austausch mit
den Stipendiaten bereichert das Studium
enorm.” Ermöglicht wird dies auch durch
eine rege Intranetnutzung, in der über EMailverteiler gesellschaftspolitische Themen
kontrovers diskutiert werden.
Sein Interesse für die Ideen des Liberalismus hat der aktive Schiedsrichter des
Sächsischen Fußballverbandes schon im
Alter von 19 Jahren in politische Bahnen
gelenkt. “Ich bin damals in die FDP eingetreten und habe nach kurzer Zeit den Posten des Ortsvorsitzenden übernommen.”
Ferner sammelte Pochanke in Sachen Fußball nicht nur sportliche Erfahrungen. “Ich
habe beim Fußballverein im Vorstand mitgearbeitet und war Lehrwart im Kreis. Derzeit spiele ich noch in Lawalde und pfeife
aktiv.” Im bundesweiten Stiftungsturnier
hat die FNS es allerdings noch nicht auf
den ersten Platz geschafft.
In seiner Zeit als Stipendiat hat
Pochanke viele persönliche wertvolle Verbindungen gewonnen. Nicht nur weil die
Hochschulgruppe Chemnitz noch nicht aus
allen Nähten platzt, will er zukünftige Bewerber für das Stipendiatentum bei der
Stiftung für die Freiheit ermutigen: “Man
Foto: Heiko Kießling
muss keineswegs der FDP nahe stehen,
um Stipendiat zu werden. Das was dahinter steht, ist viel mehr als nur der politische Liberalismus. Es ist einfach eine Art
und Weise, wie man Verantwortung für
sich und andere interpretiert und wie man
das Leben angeht. Es werden Bewerber
begrüßt, die aus technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengängen kommen.”
Stipendiat und Fußballer Pochanke
will spätestens im Sommer 2008 sein
Volkswirtschaftsstudium mit dem Diplom
abschließen. Vielleicht gibt es bis dahin
die erste Kleinfeldmannschaft der FNS an
der TU - dazu wären insgesamt sieben
Stipendiaten nötig.
TU-Spektrum 3/2007
21
TITEL
Promotion: alleine oder im Kolleg
Prof. Dr. Eckhard Jesse führt Stipendiaten der Hanns-Seidel-Stiftung auch im Promotionskolleg zum Doktortitel
Geschichte
Namensgeber ist der frühere bayerische Ministerpräsident und
Mitbegründer der CSU, Dr. Hanns
Seidel (1901 - 1961). Für die
Hanns-Seidel-Stiftung ist sein
Name Orientierung und sein
Leben im christlichen Glauben beeindruckendes Beispiel. Die Stiftung wurde
1967 gegründet. Ende 2006 förderte sie
rund 430 deutsche und 90 ausländische
Stipendiaten. Die unterstützten Ausländer
kommen aus 30 verschiedenen Staaten.
Philosophie
Mit dem Motto "Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung" beschreibt
die Hanns-Seidel-Stiftung ihre Arbeit und
ihren Auftrag. Dieses gilt in Bayern, Deutschland, Europa und auch weltweit gleichermaßen. Ziel der Stiftung, die der CSU
nahe steht, ist die Förderung der demokratischen und staatsbürgerlichen Bildung
des deutschen Volkes auf christlicher
Grundlage. Zum Menschenbild der Stiftung zählt die freie Entfaltung der Persönlichkeit ebenso wie die soziale Verantwortung und die Solidarität.
Prof. Eckhard Jesse
(2.v.r.) betreut das
neue Kolleg der
Hanns-Seidel-Stiftung, in dem auch
Kristin Schreiter,
Sebastian Liebold
und Mikhail Logvinov (v.l.) zur Promotion geführt
werden.
Foto:
Heiko Kießling
Bewerbung
Bewerbungen sind frühestens nach dem
zweiten Semester möglich. Bewerbungstermine sind für Studierende an Universitäten der 15. Januar und 15. Juli, für Promotionsstudenten der 15. Januar, 15. Mai
und 15. Juli. (CL)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Eckhard Jesse
Telefon 0371 531-33924
[email protected]
www.hss.de
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TU-Spektrum 3/2007
(CL) Eine Promotion ist zeitintensiv,
das weiß auch Prof. Dr. Eckhard Jesse. In
dem von ihm betreuten Promotionskolleg
"Politischer Extremismus und Parteien"
wurden 24 Doktoranden vom Frühjahr
2002 bis Herbst 2004 betreut, davon 19
aus Chemnitz. Gefördert wurde das Kolleg
von der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Ein
Teil der Arbeitsergebnisse ist in einem
kürzlich erschienenen Buch nachzulesen
(Eckhard Jesse/Hans-Peter Niedermeier,
Hrsg.: Politischer Extremismus und
Parteien, 2007. Duncker & Humblot Verlag,
534 Seiten, ISBN 978-3-428-12596-8, 148
Euro).
In Zukunft wird Prof. Jesse gemeinsam
mit den Professoren Gerd Strohmeier von
der Uni Passau und Roland Sturm von der
Uni Erlangen ein neues Promotionskolleg
der HSS leiten. Mit dem Thema "Politikund Parteienentwicklung in Europa" ist es
im Oktober gestartet. In der ersten Runde
der Auswahlgespräche wurden zehn Doktoranden ausgewählt, davon fünf Absolventen der TU Chemnitz. "Die Doktoranden
bekommen mit diesem Kolleg die Chance,
ihre Promotion durch eine intensive Betreuung und das Stipendium der HannsSeidel-Stiftung in zwei oder zweieinhalb
Jahren durchzuziehen. Wir treffen uns
zweimal im Jahr an drei Tagen, an denen
der aktuelle Stand der Arbeit besprochen
und diskutiert wird", so Jesse. In dieser
Promotionszeit geht es dem Politikwissenschaftler vor allem darum, dass die Stipendiaten sich gegenseitig austauschen
und mit neuen Erkenntnissen befruchten. "Da wir
alle aus demselben
Themenbereich
kommen - wir drei
Professoren forschen
selber zur Parteienund Politikentwicklung Europas, ist
uns die Materie
nicht fremd. Somit
ist eine hohe Kommunikationsdichte
geschaffen, die auch
außerhalb der Doktorandenkreise
Früchte tragen wird", sagt Jesse. In
Chemnitz unterstützt das Magistranden-,
Doktoranden- und Habilitandenkolloquium die Arbeit der Stipendiaten.
Dort können sie ihre Ergebnisse präsentieren.
Einer der fünf TU-Promovenden,
Mikhail Logvinov, setzt sich beispielsweise
mit dem Thema "Terrorismusbekämpfungsansatz Russlands" auseinander.
Dafür hat er Feldforschungen in Russland
geplant. Promovendin Susann Krause
beschäftigt sich mit dem Thema "Zivilgesellschaftliche Strukturen in den baltischen
Ländern" und baut ihre sehr gute Magisterarbeit aus. "Unser Ziel ist es, die Doktoranden soweit zu unterstützen, dass sie in
der vorgegebenen Zeit fertig werden und
sie nicht das Gefühl haben, dass sie allein
auf weiter Flur mit ihrem Thema sind. Wir
wollen uns gegenseitig helfen", so Jesse.
Auch einzeln gut betreut
Auch außerhalb der Kollegs betreut er
Promovenden. TU-Absolventin Katja Eddel
hat mit Jesses Hilfe ein Promotionsstipendium der HSS erhalten. "Ich wollte promovieren. Aber nur dann, wenn ich ein Stipendium habe. Herr Jesse hat mir vorgeschlagen, dass ich mich bei der HannsSeidel-Stiftung bewerbe, da er auch
Vertrauensdozent dort ist", so Eddel, die
eine von mehreren Einzelpromovenden bei
Prof. Jesse ist. Während ihrer Promotion
bleibt auch Zeit für Tagungen der wissenschaftlichen Weiterbildung. "Ich habe bisher ein Seminar der HSS besucht mit dem
Titel 'Euronet'. Inhaltlich ging es dabei um
die Simulation der Aufnahme der Türkei in
die EU. Meine nächste Teilnahme wird an
der Promotionsfachtagung sein. Das Thema lautet ‘Ideengeschichte und Märchen’.
Mal sehen, wie das wird", erzählt Eddel
lachend, weil für sie Märchen nicht unbedingt in das nähere Forschungsumfeld für
Politikwissenschaftler gehören.
Bis Dezember 2009 will die WahlChemnitzerin Eddel ihre Promotion abschließen: "Ich möchte später im Auswärtigen Amt oder in einem anderen Ministerium arbeiten." Ja auch diese Promotion
braucht ihre Zeit.
Einmal im Monat: Treffen der Hochschulgruppe
Die Stipendiaten der Hans-Böckler-Stiftung können bei der Auswahl des Nachwuchses mitreden
Geschichte
Der Namensgeber der Stiftung, Hans
Böckler (1875 - 1951), hat Anfang des 20.
Jahrhunderts für eine faire Arbeitswelt
gekämpft, in der die Beschäftigten mitbestimmen sollten. Die Stiftung wurde 1977
durch einen Beschluss des Deutschen
Gewerkschaftsbundes gegründet und ist
heute das zweitgrößte Begabtenförderungswerk Deutschlands. In ihr wurden
die Vorläuferorganisationen "Hans-Böckler-Gesellschaft" und "Stiftung Mitbestimmung" zusammengeschlossen. Sie unterstützt jährlich rund 2.000 Stipendiaten.
Philosophie
„Fördern heißt Fordern“, mit dieser Philosophie will die Hans-Böckler-Stiftung Promovierende und Studierende mit Stipendien unterstützen. Sie sieht sich als das
Mitbestimmungs-, Forschungs- und
Studienförderungswerk des Deutschen
Gewerkschaftsbundes und hat es sich
zur Aufgabe gemacht, die Arbeit der
Zukunft mitzugestalten. Die ideelle Förderung ist das eigentliche konstituierende
Merkmal dieser Begabtenförderung. Sie
fordert und regt an, sich über das Fachstudium hinaus an wissenschaftlichen
und gesellschaftspolitischen Diskursen zu
beteiligen, die eigene Entwicklung und
die eigenen Ziele zu reflektieren und sich
auf eine qualifizierte und von sozialer
Verantwortung geprägte künftige Berufstätigkeit vorzubereiten.
(KT) Wer ein Stipendium der HansBöckler-Stiftung (HBS) erhalten möchte,
kommt an der Stipendiatengruppe seiner
Hochschule nicht vorbei. Denn zu einer
vollständigen Bewerbung gehört ein Gutachten dieser Stipendiaten sowie des Vertrauensdozenten. Meistens führen zwei
Mitglieder der Hochschulgruppe ein Gespräch mit dem Kandidaten. "Das läuft
sehr locker ab. Wir wollen auch niemandem Steine in den Weg legen, deshalb fallen die meisten Bewertungen wohlwollend
aus", erzählt Stipendiat Robert Schönherr.
"Es kommen fünf bis sechs Bewerber im
Jahr - wir hätten jedoch gerne mehr Interessenten", ergänzt der Maschinenbaustudent.
Bessere Karten bei einer Bewerbung
hat, wer in einer Gewerkschaft ist - doch
Voraussetzung ist das nicht. "Etwa die
Hälfte der Chemnitzer HBS-Stipendiaten
sind Gewerkschaftsmitglieder", sagt Altstipendiatin Heike Zschille. Die Treffen der
Hochschulgruppe nutzen auch andere Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes, um die Stipendiaten kennen zu lernen, neue Mitglieder zu werben oder die
alten zu Demonstrationen und anderen
Veranstaltungen aufzurufen.
Die Treffen der Hochschulgruppe sind
bei der HBS ein wichtiger Programmpunkt.
"Wir haben in der Regel einmal im Monat
eine Veranstaltung", so Zschille. Bei Vorträgen und Themenabenden werden häufig Erfahrungen ausgetauscht, wie Erlebnisse in Auslandssemestern oder bei Be-
suchen von Veranstaltungen der HBS auf
Bundesebene. Oft gibt es Organisatorisches zu klären, vor allem zu den Gutachten für neue Bewerber und Stipendiaten der Gruppe, deren Förderung verlängert werden soll. "Auch der gesellige
Teil kommt nicht zu kurz - vor den Semesterferien stand ein Grillabend auf dem
Programm", erzählt Schönherr. Und auch
der Weihnachtsmarkt sei immer ein beliebter Treffpunkt für Gespräche in lockerer
Runde.
Zur Chemnitzer Gruppe gehören 20
Stipendiaten, einige davon kommen von
den Hochschulen in Freiberg, Mittweida
und Zwickau. "Das ist etwas problematisch, da diese Studierenden eine aufwändigere Anreise zu unseren Treffen haben,
die in der Regel in Chemnitz stattfinden.
Das kann öfters eine Teilnahme verhindern", erzählt Zschille. Dabei ist der
Besuch der gemeinsamen Veranstaltungen
Pflicht. "Eigentlich zumindest. Bei uns sind
meistens sechs bis sieben Leute bei den
Treffen dabei. Aber wenn man anderweitiges Engagement, zum Beispiel in der
Gewerkschaft, vorweist, wird das nicht so
eng gesehen", erklärt die Pädagogikstudentin.
Die Hochschulgruppenarbeit wird von
der HBS finanziell unterstützt: Pro Person
gibt es einen pauschalen Betrag und für
besondere Vorhaben können weitere Gelder beantragt werden.
Bewerbung
Für ein Stipendium im Erststudium kann
man sich ab dem ersten Semester bewerben. Es gibt verschiedene Verfahren für
Bewerber mit und ohne Gewerkschaftszugehörigkeit. Die Bewerbung nimmt die
Stipendiatengruppe an der Hochschule
entgegen. Diese nimmt die erste Bewertung vor und entscheidet, ob sie die
Bewerbung unterstützt.
Bewerbungsschluss sind der 28. Februar
und 30. September. (CL)
Neue Bewerber sind
willkommen: Heike
Zschille informiert bei
der Immatrikulationsfeier der TU über die
Hans-Böckler-Stiftung.
Foto:
Heiko Kießling
Ansprechpartner in der TU
Katja Lieber (Altstipendiatin)
Telefon 0371 531-35637
[email protected]
www.boeckler.de
TU-Spektrum 3/2007
23
TITEL
Mit Stipendium zum Doktortitel
Promovend Mario Paul bringt Familie und Arbeit unter einen Hut
Foto: Carina Linne
(CL) Die Nacht ist schon manchmal
sehr kurz für Mario Paul, wenn Sohn Max
ihn und seine Freundin mit hungrigen
Schreien weckt. Promovieren und gleichzeitig die gemeinsame Familie aufbauen
ist nicht immer leicht, aber eine schöne
Aufgabe zugleich, beschreibt der 32-Jährige: "Gerade jetzt am Anfang, wo unser
Sohn noch relativ klein ist, ist es schwer.
Aber zum Glück promoviert meine Freundin auch. So sind wir zeitlich flexibel und
können uns gegenseitig entlasten. Es ist
für uns beide ein großes Glück, dass wir
uns die Zeit nehmen können und ich Max
beim Aufwachsen zusehen kann."
Im vergangenen Jahr beendete Paul
sein Studium an der TU Chemnitz mit
einem "sehr gut". Erst über Umwege eines
Physikstudiums entschloss sich der gebürtige Oberfranke 2001 für das Chemnitzer
Magistermodell Politikwissenschaften,
Interkulturelle Kommunikation und Sozialund Wirtschaftsgeographie. Da ihm das
Geschichte
Die Heinrich-Böll-Stiftung
ist 1997 aus dem Stiftungsverband Regenbogen hervorgegangen, der Dachverband der drei Stiftungen Buntstift (Göttingen), Frauen-Anstiftung (Hamburg) und
Heinrich-Böll-Stiftung (Köln) war. Sie trägt
den Namen Heinrich Bölls (1917 - 1985) mit
der Begründung, dass er jene seltene
Einheit von politischer Wachheit, künstlerischer Kreativität und moralischer Integrität
verkörpert habe, die auch für kommende
Generationen vorbildlich bleibe. Heinrich
Böll war Schriftsteller und erhielt 1972 den
Nobelpreis für Literatur. Die Stiftung nimmt
jährlich 200 bis 250 neue Stipendiaten auf;
im Jahr 2006 förderte sie mehr als 600
Studierende und Promovenden.
24
TU-Spektrum 3/2007
wissenschaftliche Arbeiten sehr liegt, hat
er sich gleich nach dem Abschluss für Stiftungsstipendien beworben. Nach einem
Auswahlverfahren mit mehreren Etappen
gab ihm die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS)
die Zusage für eine Promotionsförderung.
Dafür musste Paul zunächst eine Kurzbewerbung einreichen. Als zweiter Schritt
folgte die ausführliche Bewerbung plus
Exposé zu seiner Doktorarbeit und ein
Gespräch mit seiner Vertrauensdozentin.
Die letzte Runde des Verfahrens fand mit
Auswahlworkshops, Einzelgesprächen und
Gruppendiskussionen in Berlin statt.
"Ich war mir sicher, dass ich mich an
die Böll-Stiftung wenden werde und bin
sehr froh, dass sie mich genommen hat,
denn ohne die Unterstützung könnte ich
mir die Promotion finanziell nicht leisten."
Aber nicht nur die finanzielle Förderung
ist für den Politikwissenschaftler wichtig:
"Ebenso zentral ist es für mich, mit anderen Wissenschaftlern in Kontakt treten zu
können. Es gibt jährliche Promovierendenforen, wo man die Möglichkeit erhält, sein
Thema vorzustellen und mit anderen
Promovenden fächerübergreifend zu
diskutieren. Zusätzlich kann ich weitere
Angebote des Förderwerkes kostenlos nutzen, die mich und meine Promotion fachlich begleiten." In seiner Promotion beschäftigt sich Paul mit Angsträumen, die
auch No-Go-Areas genannt werden, nach
einem Begriff den Uwe-Karsten Heye im
Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft
2006 prägte. Paul will grundlegend untersuchen, wie rechtsextreme Gewalt und
Ausgrenzung verschiedene Akteure in
Kommunen und Landkreisen - Bürger,
Politik, Verwaltung und Medien - in ihrer
alltäglichen sozialen Praxis beeinflussen
und ganze Orte und Regionen zu Angsträumen werden.
Dass dieses Thema nicht nur zur HBS
passt, sondern die Ideale des Förderwerkes auch mit der Persönlichkeit Paul konform gehen, begründet er mit seiner Herkunft und den Erlebnissen als der Eiserne
Vorhang fiel: "Ich bin zwar selbst Wessi,
aber schon längst sozusagen Grenzgänger,
da ich unmittelbar an der tschechischen
Grenze aufgewachsen bin. Ich habe großen Respekt vor den Bürgerrechtlern aus
der DDR, die mit friedlichen Mitteln für ein
freies selbstbestimmtes Leben eingestanden sind. Zudem habe ich bereits beim
Bewerbungsverfahren gemerkt, dass mir
das Klima in der Stiftung sehr gut gefällt."
Bis Ende des Jahres will der BöllStipendiat den empirischen Teil seiner
Doktorarbeit abschließen, im Frühjahr
2010 soll die Promotion erfolgreich beendet sein. Sohnemann Max übt derweilen
schon kräftig das Stehen, um den Papa bis
Weihnachten noch mehr auf Trab zu halten.
Philosophie
Auf der Homepage der Heinrich-BöllStiftung heißt es: "Wir verstehen Nachwuchsförderung als Beitrag zur Förderung
der demokratischen Kultur." Ihre vorrangige
Aufgabe sieht die Stiftung darin, die politische Bildung im In- und Ausland durch
eine Förderung der demokratischen Willensbildung, des gesellschaftspolitischen
Engagements und der Völkerverständigung
zu unterstützen. Sie steht der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahe und erwartet von
Bewerbern, dass sie die Stiftungsziele Ökologie und Nachhaltigkeit, Demokratie,
Schutz der Menschenrechte, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit - unterstützen und sich für eine gerechte und
demokratische Welt einsetzen.
Bewerbung
Für ein Stipendium im Erststudium kann
man sich ab dem ersten Semester bis vier
Semester vor Ende der Regelstudienzeit
bewerben. Bewerbungsschluss sind der
1. März und der 1. September. (CL)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Gerd-Günter Voß
Telefon 0371 531-34388
[email protected]
www.boell.de
Ein offenes Ohr für die Stipendiaten
Prof. Dr. Beate Neuss ist Vertrauensdozentin der Konrad-Adenauer-Stiftung
Foto: Heiko Kießling
(CL) Als stellvertretende Vorsitzende
der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) wurde sie in ihrem Amt dieses Jahr erneut
bestätigt. Obwohl es Prof. Dr. Beate Neuss
im Gespräch gar nicht so bewusst schien,
bekleidet sie seit nun mehr zehn Jahren
das Amt der Vertrauensdozentin ihrer
Stiftung an der TU. Innerhalb dieser Zeit
hat sie bei den Stipendiaten eine erfreuliche Veränderung festgestellt: "Es sind
mehr Stipendiaten geworden. Und jede
Studentengeneration ist anders. Die
Studierenden haben sich positiv verändert.
Sie sind weltläufiger geworden, sehr viel
unterwegs und sehr offen. Ich freue mich
Geschichte
Die Stiftung ging aus der 1955 gegründeten
"Gesellschaft für christlich-demokratische
Bildungsarbeit" hervor und trägt seit 1964
den Namen des ersten Bundeskanzlers der
Bundesrepublik Deutschland, Konrad
Adenauer (1876 - 1967). Der CDU-Politiker
war als Präsident des Parlamentarischen
Rates maßgeblich an der Erarbeitung des
Grundgesetzes beteiligt. Während seiner 14jährigen Amtszeit als Bundeskanzler ermöglichte die Politik seiner Regierung das
Wirtschaftswunder. Die Stiftung förderte
2006 insgesamt 1.890 Stipendiaten.
Philosophie
Adenauers Grundsätze sind der Leitfaden
und die Verpflichtung der Stiftung. Sie setzt
sich durch politische Bildung für Frieden,
immer sehr, mit sympathischen und intelligenten jungen Akademikern zusammenarbeiten zu dürfen."
Das ihr die Arbeit als Vertrauensdozentin sehr viel Spaß macht, spürt man an
den Schilderungen über die Chemnitzer
Hochschulgruppe: "Ich habe ein offenes
Ohr für alle Probleme und auch alle schönen Anlässe. Zum Beispiel, wenn manchmal Kinder geboren werden. Wir haben
aktuell einen Stipendiaten, der zwei Kinder hat." Die Gruppe trifft sich mehrmals
im Monat, um entweder gemeinsam eine
Kunstausstellung oder einen Betrieb zu
besuchen. Aber auch lockere Kneipenbesuche oder Grillabende stehen ab und an
auf dem Programm. "Ziel ist, dass die
Stipendiaten sich näher kennen lernen,
untereinander vernetzen und gegenseitig
voneinander profitieren", so Neuss. Dementsprechend gehören auch Studierende
der Fachhochschule Mittweida zur Chemnitzer Hochschulgruppe. Stipendiaten der
TU Freiberg stoßen oft dazu.
Als stellvertretende Vorsitzende der
Konrad-Adenauer-Stiftung kann die Professorin für Internationale Politik das eine
oder andere Mal den Stipendiaten sehr
aktuelle Informationen weiterreichen. "Ich
weiß natürlich besonders gut Bescheid,
was die Abteilung Begabtenförderung vorhat, was es an neuen Programmen und
Extraaktionen gibt. Von daher habe ich
vielleicht ein bisschen eher die Tipps, die
Freiheit und Gerechtigkeit ein. Die Festigung der Demokratie, die Förderung der
europäischen Einigung, die Intensivierung
der transatlantischen Beziehungen und die
entwicklungspolitische Zusammenarbeit
sind weitere Ziele. Stipendiumskandidaten
sollten sich mit den Leitlinien der sozialen
Marktwirtschaft und einem christlich-demokratischen Menschenbild identifizieren können. Es gibt ein zusätzliches Angebot, mit
dem angehende Journalisten gefördert werden.
Bewerbung
Für Stipendien können sich Abiturienten
und Studenten bewerben, wenn sie nicht
älter als 32 Jahre sind und noch mindestens
vier Semester bis zum Ende der Regelstudienzeit vor sich haben. Als Bewerbungs-
grundsätzlich an alle Vertrauensdozenten
gehen." Für sie ist es wichtig, dass die
jungen Akademiker frühzeitig Kenntnisse
darüber bekommen, was der Arbeitsmarkt
einerseits und die Gesellschaft andererseits von ihnen erwartet. Sie ist überzeugt,
dass es wichtig ist, die Begabung zu teilen, um der Gesellschaft in Problemzonen
zu helfen. Das Stipendium ist deswegen
viel mehr als nur eine finanzielle Unterstützung: "Es sind die Freundschaften,
die entstehen und es ist das enorme Wissen, das man nebenbei erwirbt", erläutert
sie und fährt fort: "Diesen Wert rechtzeitig
zu verstehen, darum sollten sich Stipendiaten frühzeitig bemühen. Zu guter Letzt
wünsche ich mir viele neue gute Ideen aus
und für Chemnitz, wie man die Stipendiatenförderung weiter verbessern kann,
um jungen Akademikern zu helfen."
Ob ihre Amtszeit noch weitere zehn
Jahre andauert, lässt Prof. Neuss mit
einem sicheren Schmunzeln offen: "Es gibt
jedes Jahr eine Vertrauensdozententagung. Und es trifft sich, dass ich als stellvertretende Vorsitzende jährlich Vertrauensdozenten verabschieden muss, die in
den Ruhestand gehen. Ich hatte mal
einen, der war über 80 und hatte immer
noch eine Stipendiatengruppe, die ihn
liebte. So lange will ich es wirklich nicht
machen. Aber es ist eine wunderbare
Aufgabe!"
termine gelten der 15. Januar für das Sommersemester und der 1. Juli für das Wintersemester. (AW)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Beate Neuss
Telefon 0371 531-35012
[email protected]
www.kas.de
TU-Spektrum 3/2007
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TITEL
Den Werten einer gerechteren Welt verpflichtet
Thomas Völker über seinen Weg in die Rosa-Luxemburg-Stiftung und die Förderung, die er dort genießt
Foto: Heiko Kießling
Mit dem Namen Rosa Luxemburg verbinden sich Ideen wie der Kampf gegen
den Ersten Weltkrieg, die Befreiung der
Frau aus unterdrückenden Verhältnissen,
wie auch ein Sozialismusbegriff, der sich
demokratisch und freiheitsliebend zu verstehen weiß. In diesem Sinne fühlt sich
die Rosa-Luxemburg-Stiftung verpflichtet:
Sie arbeitet für die Ziele von Frieden und
Völkerverständigung, immer in dem Bewusstsein, dass mit dem Kapitalismus, der
auf Egoismen und Ungleichheit als Voraussetzungen des Wettbewerbs setzt und
in dem das persönliche Streben nach Profit über den Werten der Menschlichkeit
steht, eine soziale und friedliche Welt nicht
erreichbar sein wird. So sind die Stiftung
und die in ihr wirkenden Menschen auf
der Suche nach einer Alternative, die
demokratischer und sozialer zugleich ist,
in der der Mensch nicht mehr "ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes,
ein verächtliches Wesen ist" (Karl Marx).
Die Stiftung bietet Menschen, die sich
diesen Werten einer gerechteren Welt verpflichtet fühlen, ein Podium. Da ich es
persönlich schon immer als wichtig empfunden habe, mich für andere Menschen
zu engagieren, ihnen bei ihren Problemen
wenn möglich zu helfen, schien mir ein
Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung
ein verlockendes Angebot: Immerhin gibt
es bei uns nicht nur finanzielle Unterstützung, viel wichtiger ist die ideelle Förderung, ein breites Angebot an Möglichkeiten von der politischen Bildungsarbeit der
Stiftung zu partizipieren. Verlockend ge-
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TU-Spektrum 3/2007
nug, um zunächst einen Wust an Papier zu
bewältigen, welcher leider unumgänglich
ist: Abiturzeugnis, Bewerbungsunterlagen,
erworbene Scheine, persönliche Beurteilungen über bisheriges soziales, politisches und demokratisches Engagement
und so weiter häufen sich in dreifacher
Ausfertigung ziemlich schnell zu einem
beachtlichen Stapel auf. Doch irgendwann
ist alles zusammen und ab damit in die
Post. Nun warten. Nach Wochen und
Monaten erreicht einen dann die Mitteilung, dass die Stiftung Interesse hat und
nun als letzter Akt eine Beurteilung durch
den Vertrauensdozenten ansteht. Hier
merkt man sofort die angenehme Atmosphäre: In der Stiftung verläuft die Arbeit
entspannt, das persönliche Du ist normal
und so wird auch das befürchtete "Verhör"
eher zu einem lockeren Gespräch über
Dieses und Jenes.
Ist auch das Gespräch erfolgreich
durchgeführt und hat man einen guten
Eindruck erzielt, so steht der Aufnahme als
"Stipi" nichts mehr im Weg. Die obligatorische und offizielle Aufnahme in Berlin gestaltet sich wiederum viel entspannter als
so manche Erfahrung bei der Immatrikulation an der Universität. Freundschaften
werden sogleich geschlossen, erste Kontakte zu den Mitarbeitern geknüpft. Diese
Kontakte werden regelmäßig vertieft.
Reicht es wie in Chemnitz nicht zu einer
eigenen Stipendiatengruppe, so gibt es
halbjährlich Treffen auf Landesebene, die
zur gegenseitigen Bereicherung und Vorstellung von Studieninhalten dienen. Hinzu kommen natürlich zahlreiche Veranstaltungen der Stiftung vor Ort, die immer
wieder den Blick für spannende Themen
öffnen und schon so manchen Anstoß für
Hausarbeiten und Essays gaben. Lohnt
sich ein Stipendium der Rosa-LuxemburgStiftung also nur des Geldes wegen? Nein,
denn Menschen mit einem offenen und
kritischen Kopf können hier viel Zusätzliches lernen, Kontakte knüpfen und immer auf die Hilfe und Unterstützung der
Mitarbeiter und anderen Stipendiaten
der Stiftung vertrauen. Oder anders formuliert: Ganz im Sinne Rosa Luxemburgs für
eine menschlichere und bessere Welt wirken.
Geschichte
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung ging aus
dem 1990 in Berlin gegründeten Verein
“Gesellschaftsanalyse und politische
Bildung e.V.” hervor. Die Namensgeberin
der Stiftung, Rosa Luxemburg (1871 - 1919),
gilt als Vertreterin des demokratischen
Sozialismus. Schon früh engagierte sie
sich politisch und wurde nach ihrem
Studium an der Universität in Zürich zu
einer anerkannten Theoretikerin auf dem
Gebiet des Sozialismus, der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse und
gegen Militarismus. Seit Beginn der
Förderung 1999 wurden fast 900 Stipendiaten aus dem In- und Ausland gefördert. Zurzeit werden knapp 400 Studierende und Doktoranden unterstützt.
Jährlich werden rund 120 Stipendiaten
aufgenommen.
Philosophie
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung kooperiert
eng mit der Partei Die Linke. Sie versteht
sich als ein Teil der geistigen Grundströmung des demokratischen Sozialismus
und unterstützt das Engagement für Frieden und Völkerverständigung, für soziale
Gerechtigkeit und ein solidarisches Miteinander. Bei vergleichbaren Leistungen
und Engagement werden bei der Stipendiumsvergabe Frauen, sozial Bedürftige
und Menschen mit Behinderungen bevorzugt.
Bewerbung
Stipendiumskandidaten müssen im Rahmen der Regelstudienzeit studieren und
sollten zum Zeitpunkt des Förderbeginns
in der Regel das 30. Lebensjahr nicht
überschritten haben, begründete Ausnahmen sind aber möglich. Mit dem
zweiten Semester kann die Förderung beginnen, die Stipendiaten sollten aber
noch mindestens vier Semester Regelstudienzeit vor sich haben. Für inländische
Bewerber gelten der 31. Oktober für das
Sommersemester und der 30. April für das
Wintersemester, bei ausländischen
Kandidaten der 30. November und der 31.
Mai als Bewerbungsschluss. (AW)
Ansprechpartner in der TU
Thomas Völker (Stipendiat)
[email protected]
www.rosalux.de
Die wirtschaftlichen Potenziale der Region im Fokus
André Langer, Stipendiat der Stiftung der Deutschen Wirtschaft, über einen Projektwettbewerb
"Wir fördern den Nachwuchs" - diesen
Spruch hat sich die Stiftung der Deutschen
Wirtschaft auf die Fahne geschrieben. Dahinter stehen keine leeren Versprechungen, denn die Stiftung sucht Studierende
mit Entwicklungspotenzial, die die Führungskräfte von morgen sein könnten und
mit eigenen kreativen Ideen die Gesellschaft voranbringen möchten. Die aufgenommenen Stipendiaten werden dazu
über mehrere Semester mit einem umfangreichen Förderprogramm unterstützt,
das neben einer finanziellen Unterstützung vor allem eine breite ideelle Förderung zur Ausprägung eigener Soft Skills
umfasst. Angefangen bei Workshops zu
Verhandlungs- und Moderationstechniken
über Seminare zu sozialer Verantwortung
bis hin zu Diskussionsrunden mit prominenten Vertretern aus Politik und Wirtschaft ist für jeden Interessenten etwas dabei.
Unternehmer im Wandel
Eine Besonderheit im Förderprogramm
der Stiftung der Deutschen Wirtschaft ist
der Aufruf, dass sich alle Stipendiaten
aktiv in den regionalen Stipendiatengruppen organisieren und ihre Ideen gemeinsam im Rahmen unterschiedlichster Projekte umsetzen sollen. So wird unter anderem seit 2005 ein Projektwettbewerb
Geschichte
Das Studienförderwerk der Stiftung der
Deutschen Wirtschaft ist nach seinem größten Kapitalgeber benannt: Klaus Murmann.
Er ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender der Stiftung und war bis 1996 Arbeitgeberpräsident. Er hat sich um den Erhalt
der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Wirtschaft verdient gemacht und ist ein Förderer der Wissenschaft und des Nachwuchses. 2006 wurden rund 1.000 Stipendiaten
von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft
gefördert.
Philosophie
Das Studienförderwerk ist überparteilich
und konfessionell unabhängig. Kernanliegen ist es, unternehmerisches Denken und
"Herausforderung Unternehmertum" zusammen mit der Heinz-Nixdorf-Stiftung
ausgeschrieben, in dessen Rahmen der
Stipendiatengruppe Chemnitz insgesamt
30.000 Euro für ein Jahr zur freien Verfügung bereitgestellt wurden. Die 14 Stipendiaten realisierten damit 2006 ein zwölfmonatiges Projekt unter dem Titel „Unternehmer im Wandel“ dessen Anliegen es
war, das Image der Region Chemnitz zu
verbessern und ihre vielen wirtschaftlichen
Potenziale den Chemnitzern wieder bewusster zu machen. Zusätzlich sollte dadurch eine Initialzündung für eine breite
Diskussion zwischen Politik, Wirtschaft und
Forschung gegeben werden, die über die
Dauer des Projekts hinaus Bestand haben
sollte. Dazu gelang es den Mitgliedern der
Stipendiatengruppe Chemnitz in mehreren
Projekten bei vielen Schülern und Studierenden aus dem Raum Chemnitz das Interesse am Unternehmertum der Vergangenheit und Gegenwart zu wecken und
gemeinsam Konzepte für die Wirtschaft
des Chemnitz von morgen zu entwickeln.
Den Höhepunkt bildete im Januar 2007
eine große Abschlussveranstaltung unter
dem Titel "ChemNovation - Zukunftsunternehmen Chemnitz" in der Galerie Roter
Turm, in der im Beisein von Prominenten
wie Dr. Peter Seifert, dem ehemaligen
Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz,
alle Ergebnisse präsentiert wurden und
Handeln in gesellschaftlicher Verantwortung
zu stärken. Deshalb wird insbesondere auf
Eigeninitiative und Gestaltungswillen Wert
gelegt. Als Förderungskandidaten gesucht
werden junge Menschen, die sich für das
Gemeinwohl einsetzen und die zugleich ihre
persönliche Entwicklung zielstrebig verfolgen. Zudem wird auf die Fähigkeit zu vernetztem Denken und Kommunikationsfähigkeit geachtet.
Bewerbung
Gefördert werden können Studierende und
Promovierende aller Fachbereiche, die die
Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedlandes besitzen. Sie sollten zum Zeitpunkt ihrer
Bewerbung nicht älter als 30 Jahre sein. Die
Bewerbung kann auf eigene Initiative nach
Foto: Daniel Lucas Hahn
sehr viel Zuspruch bekamen. Auch in
Zukunft möchte die Stipendiatengruppe
Chemnitz eine Plattform sein für alle
Studierenden, die innovative Ideen haben
und diese im Team gemeinsam realisieren
wollen. Die Stipendiatengruppe ist dabei
interdisziplinär aufgestellt - so finden sich
neben Wirtschaftswissenschaftlern auch
viele Naturwissenschafter, Informatiker
und Studierende der Philosophischen
Fakultät.
www.unternehmer-im-wandel.de
dem ersten und bis zum vierten Semester
erfolgen. Den Bewerbungsschluss legen die
Vertrauensdozenten fest, der nächste Termin
an der TU Chemnitz ist im Februar 2008. (AW)
Ansprechpartner in der TU
Prof. Dr. Maria Bannert
Telefon 0371 531-34922
[email protected]
www.sdw.org
TU-Spektrum 3/2007
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Der Blick über den Horizont
Im Gespräch: Stipendiaten der Studienstiftung des deutschen Volkes
Isabell Winkler ist 30 Jahre alt und
promoviert im Fach Psychologie. Der 22jährige Horst Klöden studiert seit dem
Wintersemester 2004 Elektrotechnik. Sprecherin der Hochschulgruppe der Studienstiftung des deutschen Volkes ist die 19jährige Elisabeth Zschorlich. Sie studiert
seit drei Semestern Wirtschaftsmathematik.
Foto: Heiko Kießling
Geschichte
Die Studienstiftung des deutschen Volkes ist
das größte und älteste Förderwerk in
Deutschland. 1925 in Dresden gegründet,
wurde die Studienstiftung 1934 aufgelöst
und 1948 in Köln neu ins Leben gerufen.
Sie wird getragen von Bund, Ländern,
Kommunen, diversen Stiftungen und Unternehmen und hat bisher rund 40.000
Stipendiaten unterstützt. Pro Jahr kommen
rund 2.000 Neustipendiaten hinzu, zurzeit
werden mehr als 7.000 Studierende und
Promovierende gefördert.
Philosophie
Die Studienstiftung sieht sich selbst als
politisch, konfessionell und weltanschaulich unabhängig an. Im Mittelpunkt ihrer
Arbeit steht die Förderung des Nachwuchses für Wissenschaft, Wirtschaft, öffentliche
Verwaltung und Kunst. Gefördert werden
soll wissenschaftliche Vertiefung, fachübergreifender Dialog, Weltoffenheit und
internationale Erfahrung.
Bewerbung
Abiturienten können von ihren Schulleitern und Schüler im Rahmen kooperierender Wettbewerbe vorgeschlagen werden. Studenten werden in der Regel von
Hochschullehrern ihres Fachbereichs vorgeschlagen, Doktoranden von ihrem Betreuer. Selbstbewerbungen sind nur im
Rahmen besonderer Studienvorhaben im
Ausland möglich. Bewerber dürfen nicht
älter als 30 Jahre sein. Für Unistudenten
und Doktoranden gibt es keine Bewerbungsfristen, sie können ganzjährig vorgeschlagen werden. Es finden jährlich
mehr als 100 Auswahlseminare statt. (AW)
Ansprechpartner in der TU
Elisabeth Zschorlich (Stipendiatin)
[email protected]
www.studienstiftung.de
28
TU-Spektrum 3/2007
Seit wann sind Sie Stipendiaten der
Studienstiftung des deutschen Volkes?
Winkler: "Bei mir ist es 2002 losgegangen, nach dem Vordiplom. Unmittelbar
nach meinem Auslandssemester bin ich ab
dem sechsten Semester gefördert worden."
Zschorlich: "Ich werde seit dem letzten
Sommersemester unterstützt. Ich komme
aus der Abiturauswahl der Stiftung. Dementsprechend erhalte ich jetzt schon vor
dem Vordiplom die Grundförderung."
Klöden: "Ich bin seit Februar dieses
Jahres dabei und wurde nach dem Vordiplom in das Förderprogramm aufgenommen. Mit einem Vordiplomsschnitt von 1,1
war ich der Beste im Jahrgang."
Wer hat Sie vorgeschlagen?
Zschorlich: "Mich hat meine ehemalige Direktorin vorgeschlagen. Ausschlaggebend waren meine Abiturnote und mein
schulisches Engagement. Ich war Mitglied
unter anderem im Schulchor und in der
Theatergruppe. Zudem habe ich eine
Schülerfirma für die Auftritte des Chors
und der Band gemanaged."
Winkler: "Prof. Dr. Udo Rudolph hat
mich damals der Studienstiftung empfohlen. Er war Prüfungsausschussvorsitzender
und hat die Studierenden mit der besten
Vordiplomsnote vorgeschlagen."
Wo engagieren Sie sich ehrenamtlich?
Winkler: "Als die Auswahl stattgefunden hat, habe ich mich nicht ehrenamtlich
engagiert. Aber später habe ich im
Kinder- und Jugendnotdienst der Stadt
Chemnitz gearbeitet."
Klöden: "Ich bin im Fakultätsrat einer
von zwei gewählten Studenten für Elektround Informationstechnik, natürlich ist man
dann auch im Konzil. Und ich bin noch in
einer studentischen Forschungsgruppe für
analogen Schaltkreisentwurf."
Welche Bedeutung hat für Sie die
Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes?
Klöden: "Für mich als Elektrotechniker
ist es in gewisser Weise eine Schulung der
sozialen Kompetenz. Innerhalb des Förderprogramms war ich dieses Jahr drei
Wochen in England. Dort trifft man Studierende von anderen Fächern und lernt eine
Menge dazu. Beispielsweise würde ich
sonst keinen Fachartikel über Jura oder
Psychologie lesen, aber in diesem Rahmen
schaut man gerne über seinen Horizont
hinaus."
Winkler: "Ich finde die Betreuung der
Studienstiftung ganz rührend. Man bekommt regelmäßig E-Mails über Events
die stattfinden und sehr sehr viel Unterstützung. Wenn man irgendwo eine Frage
hat, ist sofort jemand da, der sie einem
beantwortet. Es gibt für Studierende und
Promovierende ein Intranet, wo auch Dissertationsthemen drinstehen oder Doktorandenforen angekündigt werden. Es wird
sehr viel für die Vernetzung der Stipendiaten getan. Natürlich ist es auf der einen
Seite die finanzielle Unterstützung, aber
auf der anderen Seite steht für mich der
ideelle Wert im Vordergrund."
Wie sieht die Zusammengehörigkeit
in der Hochschulgruppe aus?
Zschorlich: "Ich glaube die hat sich
erst jetzt mit unserem neuen Vertrauensdozenten Prof. Dr. Michael Schreiber so
wirklich gebildet. Vorher kannten wir uns
überhaupt nicht. Er hat uns letztes Jahr
im Sommer zum Beispiel einfach mal zum
Eis eingeladen. In unserer zwölfköpfigen
Stipendiatengruppe herrscht ein gutes
Klima. Für die Zukunft wünsche ich mir,
dass wir noch mehr zusammenfinden und
wir uns öfter als zweimal im Jahr treffen.
Ich denke, da sind wir auf einem guten
Weg."
Vielen Dank für das Gespräch!
(Das Interview führte Carina Linne.)
INTERNATIONAL
Glücklich zwischen zwei Welten
Der Mexikaner Samuel-Gerardo Ramirez-Mena-Smith folgte dem Ruf der schnellsten Uni nach Chemnitz
(NL) Samuel-Gerardo Ramirez-MenaSmith - solch einen klangvollen Namen
können sicher nur wenige Chemnitzer
Studenten vorweisen. In der Heimat des
Studenten - etwa 10.000 Kilometer und
zwölf Flugstunden von Deutschland entfernt - würde er aber kaum auffallen. An
der Chemnitzer Uni allerdings stellt er eine
Ausnahme dar. Samuel ist einer der derzeit zwei gebürtigen Mexikaner, die an der
TU studieren, forschen oder promovieren.
"Seit fünf Jahren bin ich nun schon in
Deutschland. Den Schritt, hierherzukommen, habe ich nie bereut", so Samuel. Ein
Gedanke, den man angesichts der Tatsache, seine Familie nur einmal im Jahr zu
sehen, nicht nur sagen, sondern auch leben muss. "In der Hochsaison kann ein
Flug schon mal bis zu 1.000 Euro kosten.
Deswegen fliege ich nur einmal pro Jahr
nach Hause", bedauert der ElektrotechnikStudent.
Samuel kommt aus der mexikanischen
Hauptstadt Mexiko City. Warum man von
einer 30-Millionen-Metropole in eine
deutsche Universitätsstadt mit nur 245.000
Einwohnern zieht, umschreibt er mit den
Worten: "Ich hatte die Möglichkeit zum
Studium im Ausland und Chemnitz war die
erste Universität, die sich auf meine Bewerbung hin gemeldet hat." Die Möglichkeit zum Auslandsstudium wurde schon
von seinen Eltern früh für ihn gelegt. Sie
schickten ihn auf eine deutsche Schule,
die auch schon seine Mutter und Großmutter besuchten. Viele seiner ehemaligen
Schulkameraden sind gleich nach ihrem
Abschluss zum Studium nach Deutschland
gegangen: "Daher wusste ich von den
guten Bedingungen." Doch auch bessere
Möglichkeiten und gute Zukunftsperspektiven lockten den 27-Jährigen. Samuel entschied sich erst nach drei Jahren Studium
der Informationstechnik an einer mexikanischen Privatuniversität dafür. "Über den
Deutschen Akademischen Austauschdienst
hatte ich ein Heft erhalten, in dem alle
Universitäten mit technischen Fächern verzeichnet waren. Ich suchte mir sechs oder
sieben raus und schickte meine Bewerbung los. Chemnitz hat sofort geantwortet.
Sie haben wirklich unglaublich schnell
meine Papiere geprüft, mir gesagt, was
noch fehlte und bis wann ich alles nachreichen sollte. Es dauerte nicht mal zwei
Monate, bis ich meine Zulassung in den
Händen hielt", erzählt Samuel. Anrechnen
lassen hat er sich nur zwei Prüfungen aus
Mexiko: "Ich wollte hier noch einmal von
vorn beginnen, mir Zeit nehmen und alles
neu erarbeiten."
Ein Botschafter für die TU
Deutschland - das Land kannte Samuel
vor seinem Studium nur als Tourist. Angst
hierherzukommen hatte er nicht. Vor
einem Kulturschock blieb er auch Dank
seiner soliden Deutschkenntnisse bewahrt.
"Obwohl ich aber zugeben muss, dass
mich das dreijährige spanischsprachige
Studium schon etwas zurückgeworfen hat.
Das meiste habe ich aber mehr oder weniger verstanden und für den Rest hatte ich
immer mein Wörterbuch dabei. Und ich
hatte auch das Glück, am Anfang keiner
hochsächsisch sprechenden Person über
den Weg zu laufen", erklärt er lachend.
Nur der Sonntag war gewöhnungsbedürftig: "Es sind gar keine Menschen auf der
Straße, alle sitzen zu Hause. Bei uns sind
am Sonntag alle Geschäfte geöffnet, die
Leute gehen spazieren und treffen sich mit
Freunden oder der Familie. Da bleibt niemand zu Hause." Auch seien die Leute
nicht so überschwänglich freundlich und
offen wie in Mexiko und die Studiersituation viel anonymer als in seinem Heimatland.
Einen Großteil seines Studiums finanzieren seine Eltern, eine Glückssituation,
die nur die wenigsten ausländischen Studenten haben, wie auch Samuel weiß:
"Ich kenne viele Ausländer, die andauernd
Stipendien suchen oder soviel wie möglich
arbeiten, was natürlich deren Studienleistung beträchtlich einschränkt." Dies ist
wahrscheinlich auch einer der Gründe
dafür, warum er sein Studium fast in der
Regelstudienzeit beenden wird: "Ich bin
derzeit auf der Suche nach einem Diplomthema." Interessiert ist er dabei vor allem
an der Robotik, Mikroprozessoren oder der
Systementwicklung - Bereiche, in denen er
sich auch sein zukünftiges Arbeitsverhältnis vorstellen könnte. Gerne würde er da-
für in Deutschland bleiben, doch auch der
mexikanische Arbeitsmarkt lockt in dieser
dort relativ neuen Branche. "Viele deutsche Unternehmen wie Bosch sind auch in
Mexiko tätig, vielleicht bin ich ja für die
der ideale Vermittlungspartner", erzählt
der Student. Er sieht sich aber auch als
Botschafter für seine Universität, über die
er Freunden in seiner Heimat gern erzählt.
Das freut auch Prof. Dr. Cornelia
Zanger, Prorektorin für Marketing und
internationale Beziehungen, die weiß, wie
wichtig die Mund-zu-Mund-Werbung ist.
"Wir sind eine internationale Universität.
In diesem Semester studieren 686 ausländische Studierende fern von ihrer Heimat
hier bei uns. Sie kommen unter anderem
aus China, Tschechien und Russland, aber
auch Afghanistan, Indien, Spanien oder wie in Samuels Fall - aus Mexiko", sagt
die Prorektorin. Ziel sei es, den interkulturellen Austausch in der Forschung wie
auch in der Lehre noch stärker als bisher
anzuregen, fremde Kulturen erlebbar zu
machen und die Qualität des deutschen
Bildungssystems international bekannt zu
machen. "Denn nach ihrem Studium in
Chemnitz sind es vor allem die ausländischen Studenten, die den guten Ruf unserer Universität in die Welt tragen", so Prof.
Zanger.
Der Mexikaner
Samuel-Gerardo
Ramirez-Mena-Smith
schätzt an der Chemnitzer Universität
nicht nur die gute
Laborausstattung,
sondern auch die
modernen Gebäude wie das Zentrale Hörsaal- und Seminargebäude.
Foto: Nicole Leithold
INTERNATIONAL
Bangkok und Chemnitz rücken noch enger zusammen
Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn besuchte die TU Chemnitz und unterstreicht dadurch die
Priorität der Kooperation zwischen der Chemnitzer Universität und thailändischen Hochschulen
Rektor Prof. Dr.
Klaus-Jürgen
Matthes zeichnete
die thailändische
Prinzessin Sirindhorn mit der Ehrenmedaille der TU
Chemnitz aus.
Foto:
Christine Kornack
Auf dem Gelände
des Kältespeichers
der Stadtwerke
Chemnitz begrüßten
die Kinder des Kindergartens Schloßstraße 29 die thailändische Prinzessin.
Foto:
Mario Steinebach
(KT/AB/MSt) "Ich schätze die TU
Chemnitz als ein anerkanntes internationales Forschungsinstitut für Management,
Technik und Kommunikation", unterstrich
Ihre Königliche Hoheit Prinzessin von
Thailand Maha Chakri Sirindhorn bei ihrer
Ansprache während der ersten Internationalen Semestereröffnung an der TU Chemnitz am 9. Oktober 2007. In Zukunft wird
die TU vor allem mit dem King Mongkut's
Institute of Technology North Bangkok
(KMITNB) enge Beziehungen pflegen beide Universitäten haben deshalb einen
Kooperationsvertrag geschlossen. Prinzessin Sirindhorn freut sich auf einen zukünftig verstärkten Austausch von Studierenden der beiden Universitäten: "Ich
möchte Sie einladen, Thailand während
eines Studienaufenthaltes kennen zu lernen. Aus diesen Begegnungen können
neue Freundschaften entstehen", sprach
Ihre Königliche Hoheit die Chemnitzer
Studierenden im Auditorium maximum der
TU persönlich an. "Thailand ist ein Land
mit einer beeindruckenden wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und hervorragenden Zukunftsperspektiven. Außerdem genießt dort das deutsche Hochschulsystem - insbesondere in den Ingenieurwissenschaften - einen ausgezeichneten Ruf", berichtet Eberhard Alles, Kanzler der TU Chemnitz, der die Kooperation
mit thailändischen Hochschulen auf den
Weg gebracht hat. Die Chemnitzer Universität sieht in Thailand ein wichtiges
Aktionsfeld innerhalb ihrer Internationalisierungsstrategie.
TU-Rektor Prof. Dr. Klaus-Jürgen
Matthes hofft, dass in Zukunft auch Studierende beider Länder von der nun besiegelten Kooperation profitieren und nach
einem Bachelorabschluss in der Heimat
ein Masterstudium an der jeweiligen
Partnerhochschule aufnehmen. Auch
Prinzessin Sirindhorn zeigte sich in ihrer
Ansprache überzeugt, dass sich andere
Kulturen und Werte nur im direkten Kontakt zu fremden Ländern verstehen lassen.
Drei thailändische Nachwuchswissenschaftler promovieren bereits an der TU
Chemnitz (siehe Beitrag, Seite 31).
Für den Rektor der TU Chemnitz, Prof.
Matthes, war es ein besonderes Erlebnis:
"Der Besuch der Prinzessin ist für mich
persönlich ein Höhepunkt. Für die Universität ist es eine hohe Auszeichnung, dass
sich die Prinzessin in den vergangenen
drei Jahren persönlich für die
Vernetzung zwischen dem King
Mongkut’s
Institute of
Technology
North Bangkok
sowie weiteren
Hochschulen
ihres Landes und
der TU Chemnitz
stark gemacht
hat." In Anerkennung dieser
Verdienste zeichnete Prof. Matthes
Prinzessin Sirindhorn während der Internationalen Semestereröffnung mit der
Ehrenmedaille der TU Chemnitz aus. Diese
wurde zum ersten Mal in der Geschichte
der Universität verliehen.
Im Hörsaalgebäude der TU herrschte
am ersten Besuchstag Ihrer Königlichen
Hoheit thailändisches Flair. Kulinarische
Köstlichkeiten, kunstvolle Dekorationen
und landestypische Schmuckstücke wurden von der Rajamangala University of
Technology Phra Nakhon Chotiwet angeboten, mit der die TU Chemnitz eine
Absichtserklärung zur weiteren Kooperation unterzeichnet hat. Diese Hochschule
setzt sich sehr für die Pflege der thailändischen Kultur ein.
Den Abschluss der Internationalen
Semestereröffnung bildete die Verleihung
der Förderpreise von Volkswagen Sachsen
an drei Absolventen der TU, die für ihre
herausragenden Studienabschlussarbeiten
mit Praxisbezug zum Automobilbau geehrt
wurden (siehe Beitrag, Seite 36). Dr. Frank
Löschmann, Sprecher der Geschäftsführung der Volkswagen Sachsen GmbH, ermutigte die Studierenden, internationale
Erfahrungen zu sammeln und diese bei
ihrer beruflichen Zukunft in Sachsen einzubringen.
Die Prinzessin besuchte zudem das
"Virtual Reality Center Production Engineering" an der Chemnitzer Professur für
Werkzeugmaschinenkonstruktion und
Umformtechnik sowie das FraunhoferInstitut für Werkzeugmaschinen und
Umformtechnik IWU. Im Anschluss wurden
die thailändischen Gäste in den Städtischen Kunstsammlungen empfangen. Am
nächsten Tag setzte Prinzessin Sirindhorn
ihren Aufenthalt an der TU und in der
Stadt Chemnitz fort. Sie war zu Gast im
Labor der Professur Strukturleichtbau und
Kunststoffverarbeitung sowie im Labor für
Bewegungswissenschaft und Sporttechnologie an der Chemnitzer Universität.
Danach besuchte sie den Kältespeicher der
Stadtwerke Chemnitz. Abschließend trug
sie sich im Rathaus in das Goldene Buch
der Stadt ein.
INTERNATIONAL
Thailänder trafen "ihre" Prinzessin in Chemnitz
Zwei Promovendinnen und ein Promovend aus Thailand forschen bereits an der TU Chemnitz im
Maschinenbau und in den Wirtschaftswissenschaften
(KT) Auf den Besuch der thailändischen Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn
an der TU Chemnitz freuten sich drei Doktoranden ganz besonders: Die beiden
Thailänderinnen Kunlapaporn Sritragool
und Phat Masniyom sowie Mutchima
Sittiho, der ebenfalls an der TU in den
Startlöchern der Promotion steht.
Auf der Suche nach der richtigen
Mischung
Kunlapaporn Sritragool hat an der Suranaree University of Technology in Thailand ihr Bachelorstudium abgeschlossen.
Seit 2003 ist sie in Deutschland, zunächst
hat sie ein Masterstudium in Halle absolviert. Ihre Masterarbeit hat sie an der TU
Chemnitz geschrieben, da sie hier an der
Fakultät für Maschinenbau optimale Bedingungen für ihre Forschungen zum
Thema Kautschuk fand. Thailand ist der
mit Abstand größte Erzeuger von Naturkautschuk. In Deutschland ist die Chemnitzer Professur Kunststoffe fast die einzige, die sich mit Kautschuk beschäftigt. "Bis
2006 haben wir schon einmal einen Promovenden aus Thailand betreut, der nun
in seiner Heimat auf dem besten Weg ist,
Professor zu werden. Wir freuen uns sehr,
dass wir mit Frau Sritragool nun wieder
eine Thailänderin bei uns haben, denn
ihre Heimat ist gerade beim Thema Kunststoffe ein Vorzeigeland", so ihr Betreuer
Prof. Dr. Michael Gehde, Inhaber der Professur Kunststoffe.
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersucht Sritragool die mechanischen Eigenschaften von Mischungen aus Gummimehl
und Kunststoff sowie Technologien für ihre
Herstellung. Neben ihrer Promotion betreut sie Forschungsprojekte im Gummilabor. Nach ihrem Abschluss möchte die
Kunststofftechnikerin gerne nach Thailand
zurückkehren und in einer Firma arbeiten.
Prof. Gehde ist optimistisch, dass dann
vielleicht zum dritten Mal ein thailändischer Promovend den Weg in seine
Professur findet. "Wir haben sehr gute
Verbindungen nach Thailand und waren
schon auf zwei Industriefachmessen in
Bangkok vertreten."
Auf das richtige Management
kommt es an
Die zweite Thailänderin, die derzeit an
der TU promoviert, ist Phat Masniyom. Sie
arbeitet an der Professur Unternehmensrechnung und Controlling. Ihre Dissertation befasst sich mit dem strategischen
Management von Bildungseinrichtungen.
Seit September 2005 ist die 31-Jährige in
Chemnitz. "Viele Managementtheorien
sind in Deutschland erfunden und entwickelt worden. Deshalb stand für mich fest,
dass ich in diesem Land promovieren
möchte", erzählt Masniyom. "Auf die TU
Chemnitz bin ich vor allem über die
Homepage aufmerksam geworden."
Chemnitz sei eine Stadt, die auf hervorragende Weise Industrie, Wissenschaft und
Kultur verbinde. Besonders der öffentliche
Nahverkehr sei gut ausgebaut und erleichtere das tägliche Leben enorm. Die Studienbedingungen, die sie an der Fakultät
für Wirtschaftswissenschaften angetroffen
hat, bewertet Masniyom als ausgezeichnet, vor allem mit ihrer Betreuung ist sie
sehr zufrieden: "Mein Betreuer, Prof. Dr.
Uwe Götze, ist einer der besten, die ich
jemals hatte. Er unterstützt mich immer."
Und auch Prof. Götze findet nur lobende
Worte für seine Promovendin: "Frau
Masniyom arbeitet engagiert an ihrem
Forschungsthema. Dabei muss sie nicht
nur sprachliche Hürden überwinden, sondern sich völlig andersartigen Gepflogenheiten als in Thailand anpassen - was ihr
auch sehr gut gelingt. Zudem passt sie
sich hervorragend in unser internationales
Team von Doktoranden ein."
Masniyom möchte ebenfalls nach ihrer
Promotion nach Thailand zurückkehren.
Ihre Familie betreibt dort eine private Bildungseinrichtung, bei der sie ihre Kenntnisse aus Studium und Promotion einbringen möchte. "Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, die Bildung in meinem Heimatland zu verbessern", so Masniyom.
Die junge Frau ist stolz, dass sie beim
Besuch der Prinzessin als Dolmetscherin
zu einem perfekten Gelingen beitragen
konnte. Die Thailänder hätten ein tiefes
Vertrauen in ihre Prinzessin Maha Chakri
Sirindhorn. "Sie hat sich bereits für viele
soziale Belange eingesetzt, beispielsweise
für die Schulbildung, für bessere Ernährungsbedingungen für Schulkinder, für die
Kinderbetreuung und für Hilfe für Behinderte. Außerdem leitet sie verschiedene
philanthropische Organisationen und
Stiftungen", so Masniyom.
Die Sonne zum Kühlen nutzen
Ein dritter Thailänder nahm seine
Promotion an der TU Chemnitz auf.
Mutchima Sittiho wird in der Fakultät für
Maschinenbau von Prof. Dr. Bernd Platzer
betreut. Von 1999 bis 2003 hat er an der
Universität der Bundeswehr in Hamburg
Maschinenbau studiert. Nun möchte er an
der TU seine Kenntnisse erweitern. Eins
seiner Vertiefungsfächer war die Thermodynamik, deshalb freut er sich besonders,
dass er nun an der Chemnitzer Professur
Technische Thermodynamik forscht.
Sittihos Doktorarbeit wird sich voraussichtlich mit dem Thema solare Kühlung befassen, für das Thailand auf Grund seiner klimatischen Gegebenheiten ein potenzieller
Interessent ist. In Thailand hat Sittiho bereits in der Lehre gearbeitet. Er war Dozent
im Fachbereich Maschinenbau an der
Offiziersschule des königlich thailändischen Heeres.
TU-Spektrum 3/2007
31
Phat Masniyom,
Mutchima Sittiho
und Kunlapaporn
Sritragool (v.l.) promovieren zurzeit an
der TU Chemnitz.
Foto:
Christine Kornack
INTERNATIONAL
Mathematische Premiere in Ecuador
Hermann Mena hat als erster Mathematiker an einer ecuadorianischen Universität promoviert
(KT) Eine Note hat er für seine Doktorarbeit nicht bekommen, lediglich das
Prädikat "bestanden". Trotzdem kann sich
Hermann Mena sicher sein, dass er die
bisher beste Promotion eines Mathematikers in Ecuador hingelegt hat - schließlich
war er der erste überhaupt, der in diesem
Fach in dem südamerikanischen Land seinen Doktor erhalten hat. In seiner Promotion ging es - sehr vereinfacht gesagt - um
eine Klasse von Differentialgleichungen,
die besonders bei der optimalen Steuerung komplexer dynamischer Prozesse
eine Rolle spielen. Betreut wurde Mena
von Prof. Dr. Peter Benner, Inhaber der
Professur Mathematik in Industrie und
Technik der TU Chemnitz. Möglich wurde
das durch ein Projekt, das 2002 von
Mathematikern der Technischen Universität in Berlin angestoßen wurde. Benner
war zu dieser Zeit Privatdozent an der
Berliner Uni. "Ein Ziel des Projektes war
es, die Fakultät für Mathematik an der
Escuela Politecnica Nacional in Quito zu
stärken, indem talentierte Absolventen die
Möglichkeit bekommen, sich bei einer
Promotion weiter zu qualifizieren und
dann als Mitarbeiter übernommen zu werden", erklärt Benner.
Foto: Christine Kornack
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TU-Spektrum 3/2007
"Die meisten Professoren in Ecuador
haben keinen Doktortitel. Manche haben
im Ausland promoviert, vor allem Frankreich war in der Vergangenheit ein beliebtes Land. In Ecuador haben Wissenschaft
und Forschung keinen so hohen Stellenwert", erzählt Dr. Hermann Mena. Um das
zu ändern und so das wissenschaftliche
Niveau in der ecuadorianischen Mathematik zu erhöhen, haben sich einige deutsche Professoren an der Escuela Politecnica Nacional (EPN) engagiert. Die EPN in
Ecuadors Hauptstadt Quito ist die wichtigste Forschungsuniversität in den technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen des Landes. Während jeweils
zweiwöchiger Intensivkurse wurden die
qualifizierten Mathematik-Absolventen der
Uni in Quito an die Forschungsschwerpunkte herangeführt. Basierend darauf
haben sich die angehenden Doktoranden
dann einen thematisch passenden Betreuer für ihre Doktorarbeit ausgesucht.
Insgesamt sieben junge Mathematiker
sind in das Projekt integriert, allerdings ist
es nicht mehr die Anfangsbesetzung.
Einige Bewerber mussten das Projekt verlassen, dafür kamen andere hinzu, so dass
die Zahl konstant geblieben ist. Gefördert
wurde das Projekt von Dezember 2002 bis
Dezember 2006 vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).
Der DAAD bezahlte vor allem die
mehrmaligen Besuche der Doktoranden
bei ihren Betreuern in Deutschland. Mena
war in jedem Jahr für zwei oder drei
Monate in Chemnitz. Die übrige Zeit hat er
an der Universität in Quito gearbeitet, wo
er jedoch keinen Ansprechpartner hatte,
der ihm in fachlichen Fragen weiterhelfen
konnte. Außerdem war seine Doktorarbeit
hier eher Nebensache: "Es war gut, dass
ich mehrmals eine längere Zeit nach
Chemnitz kommen konnte. Zu Hause in
Quito bin ich kaum zu meiner Promotion
gekommen, weil ich sehr viel unterrichten
musste. Hier in Deutschland konnte ich
dann konzentriert arbeiten und dadurch
einiges wieder aufholen", erzählt Dr.
Mena. Zwei- bis dreimal mehr als ein
deutscher Doktorand müssen die ecuadorianischen Doktoranden unterrichten. Zeit,
die ihnen zum zielstrebigen Vorantreiben
ihrer Promotion fehlt.
Hermann Mena ist der erste Projektteilnehmer, der seine Doktorarbeit beendet
hat. Dabei war von ihm neben dem fachlichen Können auch Durchsetzungskraft,
Geduld und Flexibilität gefragt, um die
bürokratischen Hürden der Promotion zu
nehmen. Das bedeutet aber nicht, dass es
zu viel Bürokratie gibt, sondern eher zu
wenig: In Ecuador gibt es noch keine
Promotionsordnung, keine Regeln, keine
Erfahrungen - Neuland nicht nur für den
Doktoranden, sondern auch für die Prüfer.
Zwei Wochen vor der Verteidigung seiner
Doktorarbeit ist Mena nach Ecuador geflogen; bis zum letzten Moment hat er um
Unterschriften gekämpft. "In der Mathematik war ich der erste Doktorand, aber
auch in anderen Fächern, wie Physik und
Chemie, gab es im ganzen Land bisher nur
ein oder zwei Promotionen", berichtet er.
"Ich würde gerne zurück an die Uni
nach Quito gehen und habe dort auch
eigentlich einen Job in Aussicht. Aber
hundertprozentig sicher ist das noch
nicht", blickt Mena in die Zukunft. Seit
Beginn des Promotionsprojektes hat in
Ecuador die Regierung gewechselt, die
Unileitung ist nicht mehr dieselbe, anfängliche Ideen des Projektes stehen nicht
mehr unter den selben Sternen. Keine
Seltenheit in einem Land wie Ecuador, die
letzten Regierungen haben sich alle nicht
lange gehalten, die Wissenschaft hatte es
deshalb schon immer schwer. Dr. Mena
wirkt gelassen. Bis Januar 2008 wird er
erstmal in Chemnitz bleiben. An der
Professur Mathematik in Industrie und
Technik konnte er unproblematisch eine
Schwangerschaftsvertretung übernehmen
für eine andere Doktorandin, die von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird und zu einem ähnlichen Thema
forscht wie er.
Kontakt:
Dr. Hermann Mena, Telefon 0371 531-36726,
E-Mail [email protected], und
Prof. Dr. Peter Benner, Telefon 0371 531-38367,
E-Mail [email protected]
BÜCHER
Der aktuelle Stand der Wissenschaft
Deutschlandweit erstes umfassendes Handbuch für interkulturelle Kommunikation und Kompetenz
(CL) Warum versteht man sein Gegenüber manchmal nicht? Was für eine Rolle
spielt die Kultur dabei? Fragen wie diese
beantwortet das "Handbuch interkulturelle
Kommunikation und Kompetenz". Herausgegeben wurde es von der Professur Interkulturelle Kommunikation (IKK) an der TU
Chemnitz und der Professur für Interkulturelles Training für den chinesischsprachigen Kulturraum der Westsächsischen
Hochschule Zwickau. Vor ungefähr vier
Jahren hatte Prof. Dr. Jürgen Straub, Inhaber der Professur IKK, die Idee zu diesem
Handbuch. In den vergangenen eineinhalb
Jahren hat er gemeinsam mit seinen Kollegen Arne Weidemann und Prof. Dr. Doris
Weidemann intensiv daran gearbeitet.
"Unser Handbuch ist ein Unikat in der
deutschen, aber auch internationalen Studienlandschaft. Bisher gibt es im amerikanischen Sprachraum zwar einige gute
interkulturelle Handbücher, die sich aber
eher auf interkulturelle Trainings und
somit überwiegend auf die Qualifizierung
von Managern spezialisieren. Oder es gibt
andere Handbücher, die jedoch auf eine
Disziplin zugeschnitten sind", so Prof.
Straub.
Für die Herausgeber war es wichtig,
kein Rezeptbuch für mögliche interkulturelle Überschneidungssituationen herauszugeben, sondern ein Handbuch zu veröffentlichen, das den aktuellen Stand der
Wissenschaft widerspiegelt. "Das Buch ist
in sechs Themenbereiche gegliedert. Von
Grundbegriffen wie Kultur, Kompetenz,
Identität und Anerkennung, geht es über
die disziplinären und theoretischen Zugänge in den Sozial- und Kulturwissenschaften zum dritten Teil, den Forschungsmethoden. In den Teilen vier, fünf und
sechs werden interkulturelle Praxis- und
Anwendungsfelder sowie Verfahren und
Ansätze zur Förderung interkultureller
Kompetenz beschrieben", so Straub. All
das geschieht in mehr als 80 Artikeln von
circa 60 renommierten Wissenschaftlern
aus so gut wie allen Sozial- und Kulturwissenschaften. Inhaltlich richtet sich das
Handbuch in erster Linie an Lehrende und
Studierende von Studienrichtungen, die sich mit Kultur, kulturellem Austausch, interkultureller
Kommunikation und Kompetenz
sowie verwandten Themen auseinandersetzen. Das Handbuch soll
aber auch Lehrpersonal an Volkshochschulen und anderen Einrichtungen der Erwachsenen- und
Jugendbildung und interessierte
Praktiker erreichen. Es ist ein
Überblickswerk, das kulturelle
Phänomene in Verbindung mit den
klassischen Themen beispielsweise
der Psychologie, Pädagogik, Soziologie,
Linguistik, Germanistik und Theologie aus
unterschiedlichen sozial- und kulturwissenschaftlichen Perspektiven beschreibt
und untersucht.
Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Straub und Arne Weidemann, Telefon 0371 531-34550,
E-Mail [email protected]
Jürgen Straub/ Arne
Weidemann/ Doris
Weidemann (Hrsg.):
Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz,
2007. Verlag J.B.
Metzler, 834 Seiten,
ISBN 978-3-47602189-2, Euro 129,95
Bücher zu sächsisch-tschechischen Kooperationen
Elf Publikationen aus den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Elf Publikationen aus zwölf Fachtagungen sind eines der bisher nachhaltigsten Ergebnisse der Aktivitäten des Sächsisch-Tschechischen Hochschulzentrums
(STHZ), das seit April 2003 an der Philosophischen Fakultät der TU besteht. Zielsetzung des STHZ war - und ist weiterhin
mit dem Nachfolgeprojekt SächsischTschechisches Hochschulkolleg (STHK), das
noch bis zum 30. Juni 2008 diese Aufgabe
wahrnehmen wird - der Aufbau einer
langfristig angelegten wissenschaftlichen
Kooperation von Hochschulen im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet.
Aus diesem Grund fanden im Zeitraum
von November 2003 bis Juni 2006 zwölf
Fachtagungen statt, bei denen bestehende
Kooperationen zwischen sächsischen und
tschechischen Wissenschaftlern und Fachleuten aus der Praxis vertieft und neue
Projekte initiiert wurden. Die Konferenzen
wurden vor allem von Angehörigen der
Philosophischen Fakultät und der Fakultät
für Wirtschaftswissenschaften veranstaltet.
Aus der Kooperation zwischen der TU
Chemnitz mit den Universitäten in Prag,
Liberec/Reichenberg, Ústí nad Labem/
Aussig, Plzen/Pilsen, Ceské Budejovice/
Budweis und Brno/Brünn sind dabei elf
Veröffentlichungen hervorgegangen, die
ein breites Spektrum unterschiedlichster
Disziplinen und Themenfelder abdecken,
von den klassischen geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern über Rechtsund Verwaltungswissenschaften bis hin zu
wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen.
Vorgestellt wurden die bisher erschienenen Tagungsbände kürzlich bei der Veranstaltung "Alumni - im Kontext sächsischtschechischer Wissenschaftsaktivitäten",
die in der Industrie- und Handelskammer
Südwestsachsen, einem langjährigen
Kooperationspartner des STHZ und STHK,
stattfand.
Foto: STHK
Die bibliographischen Daten der
Bücher finden Sie im Internet unter:
www.tu-chemnitz.de/phil/geographie/sthz/
Publikationen.html
Katja Rosenbaum, Sächsisch-Tschechisches Hochschulkolleg
TU-Spektrum 3/2007
33
Kontakt:
Prof. Dr. Peter
Jurczek, Telefon
0371 531-34911
E-Mail [email protected]
PERSONALIA
Neu an der Uni
Manfred Albrecht
leitet seit 1. Juni 2007
die Professur Oberflächen- und Grenzflächenphysik an der
Fakultät für Naturwissenschaften. Er
wurde am 29. September 1968 in Wangen
im Allgäu geboren
und studierte von 1989 bis 1995 Physik an
der Universität Konstanz. Er promovierte
1999 ebenfalls an dieser Universität. Dort
war er zunächst zwei Jahre als Wissenschaftlicher Assistent beschäftigt, bevor er
von 2001 bis 2003 als IBM Post-Doctoral
Research Fellow im kalifornischen San
Jose forschte. Albrecht erhielt diverse
Preise, unter anderem den LBS Umweltpreis 2004 und den internationalen
NanoMat Innovation Award 2006. Im Mai
2007 habilitierte sich der Physiker auf dem
Themengebiet "Magnetische Nanostrukturen für die Datenspeicherung" an der
Universität Konstanz und folgte anschließend der Berufung zum Professor der TU
Chemnitz.
Seit 1. Oktober
2007 leitet Thomas
Bauschert die Professur Kommunikationsnetze. Er wurde am
11. April 1965 in München geboren, studierte von 1984 bis 1990
Elektrotechnik an der
TU München. Nach
seinem Studium und der Anstellung als
Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl
für Kommunikationsnetze folgte Ende 1997
seine Promotion zum Doktor-Ingenieur mit
Auszeichnung. Im gleichen Jahr begann er
seine Tätigkeit als Experte für Planung
und Optimierung von Breitbandnetzen bei
der Siemens AG in München. Nach weiteren Stationen unter anderem im strategischen Produktmanagement für Mobilfunksysteme und in der Leitung von Innovationsprojekten hatte er zuletzt - nun bei
Nokia Siemens Networks - eine Position
im Forschungsbereich Netztechnologien
inne. Lehraufträge nahm Thomas Bauschert unter anderem an der privaten
34
TU-Spektrum 3/2007
Technischen Hochschule "ITBA" in Buenos
Aires, an der TU München sowie seit dem
Wintersemester 2005/2006 an der TU
Chemnitz wahr. Er ist Mitglied in diversen
nationalen und internationalen Gremien.
Martin Gaedke hat seit 1. Oktober 2007
die Professur Verteilte und Selbstorganisierende Rechnersysteme an der Fakultät
für Informatik inne. Er wurde am 7. Januar
1971 in Bielefeld geboren, studierte von
1990 bis 1997 an der Universität Karlsruhe
Informatik und wurde dort im Juli 2000
zum Doktor-Ingenieur promoviert. Als
Wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitete er
zunächst von 1997 bis April 2001 am Telecooperation Office (TecO) und wechselte
im Mai 2001 an das Institut für Telematik
der Universität Karlsruhe, wo er ab Oktober 2002 als Wissenschaftlicher Assistent
tätig war. Martin Gaedke war Lehrbeauftragter an den Universitäten Braunschweig
und Karlsruhe und war zu Forschungsaufenthalten in Argentinien und den USA.
Er ist Chairman der International Society
for Web Engineering, Mitglied in mehreren Herausgebergremien und Gutachter
internationaler Fördereinrichtungen.
Olfa Kanoun folgte zum 1. Oktober
2007 dem Ruf auf die Professur Mess- und
Sensortechnik. Sie wurde am 18. Juli 1970
in Sfax/Tunesien geboren. Von 1989 bis
1995 absolvierte sie ihr Studium in der
Fachrichtung Elektro- und Informations-
technik an der TU München. Ab 1996 folgten Tätigkeiten als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU München und der
Universität der Bundeswehr. 2001 wurde
ihre Promotion zum Thema kalibrationsfreie Temperaturmessung an der Universität der Bundeswehr München mit dem
Forschungspreis des Arbeitskreises der
Hochschullehrer für Messtechnik (AHMT)
honoriert. Von 2002 bis 2006 leitete sie
die Arbeitsgruppe Impedanzspektroskopie
am Institut für Mess- und Automatisierungstechnik unter der Leitung von Prof.
Hans-Rolf Tränkler und habilitierte im
Ausland. 2006 und 2007 leitete sie als
Vertretungsprofessorin das Fachgebiet
Messtechnik an der Universität Kassel.
Lehraufträge, Gastvorlesungen und
Forschungsaufenthalte führten sie nach
München, Bremen und Italien und an die
Ingenieurhochschule ENIS in Tunesien.
Für ihre wissenschaftlichen Leistungen
wurde Kanoun mehrfach ausgezeichnet.
Sie ist aktiv in mehreren internationalen
wissenschaftlichen Gremien, zum Beispiel
leitet sie das IEEE Chapters for Instrumentation and Measurement in der deutschen
Sektion des IEEE und engagiert sich in
Technical Committees der International
Measurement Confederation IMEKO.
Seit 1. Mai 2007 hat Jan Mehner die
Professur Mikrosystem- und Gerätetechnik
an der Fakultät für Elektrotechnik und
Informationstechnik inne. Er wurde am 29.
März 1964 in Karl-Marx-Stadt geboren.
Von 1985 bis 1989 absolvierte er das Studium der Elektrotechnik und anschließend
ein Zusatzstudium Vertiefte Informatik an
der TU Karl-Marx-Stadt. Von 1990 bis 1994
war er Forschungsstudent. Er promovierte
1994 mit dem Prädikat summa cum laude
und habilitierte sich 2000 auf dem Gebiet
der Mikrosystemtechnik an der TU Chemnitz. Es folgten Tätigkeiten als Wissenschaftlicher Assistent sowie ein Forschungs-
PERSONALIA
aufenthalt am Massachusetts Institute of
Technology. Seit 1998 war Mehner Projektleiter im Sonderforschungsbereich SFB
379, Teilprojekt Mehrbereichs-Sensorarray,
und ab 2003 als Leiter MEMS-Design am
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und
Mikrointegration Berlin tätig.
Stephan Mühlig folgte zum 1. Oktober
2007 dem Ruf auf die Professur für Klinische Psychologie an der Philosophischen
Fakultät. Er wurde am 22. Januar 1961 in
Barsinghausen bei Hannover geboren. Von
1981 bis 1990 studierte er unter anderem
Psychologie und Sozialwissenschaften an
der Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg und arbeitete dort bis 1992 als
Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Anschließend wechselte er an die Universität
Bremen, wo er zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für
Klinische Psychologie tätig war. Stephan
Mühlig promovierte 1996 an der Universität Bremen und habilierte sich dort
2002. Ab 2003 arbeitete PD Dr. Mühlig als
Wissenschaftlicher Arbeitsgruppenleiter an
der TU Dresden, übernahm die Leitung der
AG Suchtforschung, die Leitung der Raucherambulanz und bot eigenständige
Lehrveranstaltungen an. Vertretungsprofessuren übernahm er an der HU Berlin,
der TU Dresden und an der TU Chemnitz.
Er ist Gutachter und wissenschaftlicher
Berater für psychologische und medizinische Fachzeitschriften und Verbände und
arbeitet in zahlreichen wissenschaftlichen
Gremien (zum Beispiel Leitlinienentwicklung) mit.
Seit 1. Oktober 2007 leitet Klaus
Sachs-Hombach die Professur Philosophie
mit dem Schwerpunkt Kognitionswissenschaften an der Philosophischen Fakultät.
Er wurde am 2. Dezember 1957 in Hattingen geboren. Das Magisterstudium der
Philosophie, Psychologie und Germanistik
absolvierte er von 1979 bis 1987 an der
Universität Münster. Er promovierte 1990
mit summa cum laude an derselben
Universität. Von 1992 bis 1994 erhielt er
ein Stipendium der DFG mit Forschungsaufenthalten in Oxford und am MIT in
Cambridge. Er nahm zusätzliche Lehraufträge an der TU Chemnitz und der Universität Oldenburg wahr. Danach war er
zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ab 1997 als Wissenschaftlicher Assistent und ab 2003 als Oberassistent an der
Universität Magdeburg tätig. 2003 habilitierte er sich an der Universität Magdeburg. Sachs-Hombach organisierte
Tagungen und Kongresse zur Bildwissenschaft und nahm an mehreren internationalen Kongressen teil.
wurde im Anschluss bis 2005 Habilitationsstipendiatin im Rahmen des Habilitationsförderpreises des Landes Bayern. Die
Habilitation erfolgte 2005 an der Universität Würzburg. Von 2005 bis einschließlich 2006 vertrat sie die Professur für
Organisations- und Sozialpsychologie an
der Katholischen Universität EichstättIngolstadt. Für mehrere Fachzeitschriften
und Institutionen ist Werth als Gutachterin
tätig und ist Mitglied in vielen nationalen
und internationalen wissenschaftlichen
Vereinigungen. Für ihre wissenschaftlichen
Leistungen und Anwendungsprojekte
erhielt sie zahlreiche Preise und
Auszeichnungen.
Professoren im Ruhestand
Prof. Dr. Gunter Ebest,
Professor für Elektronische Bauelemente,
Fakultät für Elektrotechnik und
Informationstechnik, seit 31. März 2007
Prof. Dr. Reinald Brumme,
Professor für Schaltungstechnik,
Fakultät für Elektrotechnik und
Informationstechnik, seit 31. August 2007
Wir gratulieren
Altmagnifizenz Prof. Dr. Günther Hecht
zum 70. Geburtstag
Wir trauern um
Lioba Werth hat seit dem 10. Juli 2007
die Professur Wirtschafts-, Organisationsund Sozialpsychologie an der Philosophischen Fakultät inne. Sie wurde am
27. Februar 1972 in Aachen geboren. Von
1991 bis 1996 studierte sie an der Universität Trier Philosophie, absolvierte dort
ein Postgraduierten-Studium im Fach
Sozial-Psychologie und promovierte 1998
mit summa cum laude an dieser Universität. Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin
war sie von 1996 bis 2000 in DFG-Projekten tätig. Von 2000 bis 2003 erhielt Werth
ein Forschungsstipendium der DFG und
Ingeborg Knye, Zentrale Universitätsverwaltung, Juli 2007
Dr. Hans Graupe, Philosophische Fakultät,
Juli 2007
Prof. Dr. Kajo Schommer,
Honorarprofessor, Fakultät für Maschinenbau, Juli 2007
Prof. Dr. Werner Dilger,
Fakultät für Informatik, Juli 2007
Sieglinde Podsiadly, Philosophische
Fakultät, August 2007
Prof. Dr. Folker Weißgerber,
Honorarprofessor, Fakultät für Maschinenbau, August 2007
Andreas Monz, Philosophische Fakultät,
September 2007
Texte: HR/MCH
Fotos: Christine Kornack/Mario Steinebach/privat
TU-Spektrum 3/2007
35
EHRUNGEN
Förderpreise von VW Sachsen
Dr. Frank Löschmann
(l.) und Prof. Dr.
Klaus-Jürgen Matthes gratulierten
Martin Stöcker,
Heiko Enderlein und
Stev Glöckner (v.l.).
Foto:
Mario Steinebach
(MSt) Die Volkswagen Sachsen GmbH verlieh im Rahmen der
Internationalen Semestereröffnung drei Förderpreise für studentische Spitzenleistungen. Den mit 1.000 Euro dotierten 1. Preis
erhielt Martin Stöcker. Er untersuchte in der IAV Chemnitz GmbH
Optimierungsverfahren für rechenzeitaufwändige technische
Anwendungen in der Motorenentwicklung. Der 25-Jährige aus
Neuwürschnitz, der von 2001 bis 2007 an der TU Chemnitz
Mathematik studierte, wurde bei seiner Abschlussarbeit betreut
von Prof. Dr. Bernd Luderer von der Professur Wirtschaftsmathematik. Heiko Enderlein freute sich über den 2. Preis (dotiert mit
600 Euro). Von 2000 bis 2004 studierte er an der Fachhochschule
Zwickau Wirtschaftsingenieurwesen und anschließend an der TU
Chemnitz Maschinenbau. Für seine hervorragende Diplomarbeit
zum Thema "Erarbeitung eines Referenzmodells zur Einführung
und nachhaltigen Gestaltung von Gruppenarbeit im Unternehmen
am Beispiel der Siemens VDO AG in Limbach-Oberfrohna" erhält
er nun den Förderpreis. Betreut wurde er von Prof. Dr. Birgit
Spanner-Ulmer, Inhaberin der Professur Arbeitswissenschaft an
der Fakultät für Maschinenbau, sowie von Prof. Dr. Hartmut
Enderlein, der diese Professur bis 2004 leitete. Auch der Chemnitzer Maschinenbauer Stev Glöckner wird mit einer VW-Auszeichnung geehrt. Er erhält den mit 400 Euro dotierten 3. Preis.
Ebenfalls betreut von Prof. Spanner-Ulmer beschäftigte er sich in
seiner Diplomarbeit mit der "Entwicklung und Bewertung von
Gruppenarbeitsvarianten in indirekten Produktionsbereichen der
Siemens VDO Automotive AG in Limbach-Oberfrohna".
Freuen können sich die drei Preisträger nicht nur über das
Preisgeld. Die drei Nachwuchswissenschaftler wurden von Volkswagen zudem für einen Tag in die Autostadt Wolfsburg eingeladen. Dr. Frank Löschmann, Sprecher der Volkswagen Sachsen
GmbH, überreichte die Förderpreise zusammen mit TU-Rektor,
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Matthes, nach der Festansprache Ihrer
Königlichen Hoheit Prinzessin von Thailand Maha Chakri
Sirindhorn (siehe Beitrag, Seite 30).
Kontakt:
Dr. Rainer D. Kittig, Telefon 0371 531-31706,
E-Mail [email protected]
Universitätspreise 2007
Glückliche Gewinner: Dr. Reiko Thiele,
Dr. Johannes Urban,
Robert Schulz, Ye
Wang, Sascha
Häckel, Nico Düvelmeyer und Thomas
Reichel (v.l.)
Foto:
Christine Kornack
(AW) Die mit 1.000 Euro dotierten Universitätspreise wurden
auch in diesem Jahr für herausragende Leistungen von Absolventen und Doktoranden im Rahmen der Feierlichen Immatrikulation
der neuen Studierenden der TU Chemnitz vergeben. Darüber hinaus wurde ein ebenfalls in dieser Höhe dotierter Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes an eine hervorragende
ausländische Studentin verliehen.
An der Fakultät für Naturwissenschaften erhielt Robert Schulz
die Auszeichnung für seine Masterarbeit "Die par-Q-Methode für
kontinuierliche Systeme" (Sponsor des Universitätspreises: envia
Mitteldeutsche Energie AG). Preisträger an der Fakultät für Mathematik war Dr. Nico Düvelmeyer für seine Dissertation "Selected
36
TU-Spektrum 3/2007
Problems from Minkowski Geometry" (Sponsor: Stadtwerke Chemnitz). Für seine Doktorarbeit "Untersuchung zur Zahnfußbeanspruchung von Schneckenrädern und Entwicklung eines Tragfähigkeitsnachweises auf Basis der Zahnfußschädigungshypothese"
an der Fakultät für Maschinenbau erhielt Dr. Reiko Thiele die
Auszeichnung (Sponsor: MAN Plamag Druckmaschinen AG
Plauen). Auch Gernot Herbst von der Fakultät Elektrotechnik und
Informationstechnik konnte sich über seine preisgekrönte Diplomarbeit "Fuzzy Situationserkennung einer mobilen Plattform"
(Sponsor: Siemens AG) freuen. Die herausragende Leistung an
der Fakultät für Informatik leistete Thomas Reichel im Rahmen
seiner Diplomarbeit "Text Mining mit Grammatiken" (Sponsor:
Niles-Simmons-Hegenscheidt Chemnitz). An der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften wurde die Auszeichnung Sascha Häckel für
seine Diplomarbeit verliehen. Das Thema lautet "Hybride Ansätze
basierend auf Dynamic Programming und Ant Colony Optimization
zur mehrkriteriellen Optimierung Kürzester-Wege-Probleme in
gerichteten Graphen am Beispiel von Angebotsnetzen im Extended Value Chain Management" (Sponsor: Deutsche Bank). Dr. Johannes Urban von der Philosophischen Fakultät erhielt für seine
Dissertation zum Thema "Die Bekämpfung des internationalen
Terrorismus. Der Ansatz der Bundesrepublik Deutschland und
Empfehlungen zu seiner Optimierung" (Sponsor: Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz) ebenfalls den Universitätspreis 2007.
Seine wissenschaftliche Arbeit wurde mittlerweile vom Wiesbadener VS-Verlag publiziert. Den Preis des Deutschen Akademischen
Austauschdienstes für ihre ausgezeichneten universitären Leistungen erhielt in diesem Jahr Ye Wang aus China.
EHRUNGEN
Bei ihm steht der Mensch im Mittelpunkt
Ehrendoktorwürde für den Vorstandsvorsitzenden der KOMSA Unternehmensgruppe Gunnar Grosse
(MSt) "Mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Gunnar Grosse, Gründer
und Vorstandsvorsitzender der KOMSA
Kommunikation Sachsen AG, ehrt die Fakultät für Informatik eine herausragende
Persönlichkeit, die in ihrem reichen Leben
in allen Tätigkeitsbereichen hervorragende
und außergewöhnliche Leistungen hervorgebracht und in den Aufbau unserer Region und der Fakultät für Informatik eingebracht hat", sagte der Dekan Prof. Dr.
Wolfram Hardt, in seiner Laudatio. Grosse
habe den Aufbau der IT-Landschaft in der
Chemnitzer Region und insbesondere der
KOMSA AG in eine Reihe innovativer Projekte gekleidet. "Die Durchführung dieser
Projekte hat strategisch und wirtschaftlich
höchste Bedeutung", so der Dekan. So
wurden diese Projekte ebenfalls mit der
TU, insbesondere mit der Fakultät für Informatik, verzahnt. Beispiele sind die
Konzeption und Entwicklung einer leistungsfähigen IT-Infrastruktur und eines
hochmodernen Data-Warehouse-Systems.
Die Wirtschafts- und Forschungspotenziale
der Mobilkommunikation werden in
Zukunft auch viele Wissenschaftsgebiete
der TU Chemnitz tangieren, sagte Prof. Dr.
Gerhard Fettweis, Inhaber der Professur
Mobile Nachrichtensysteme an der TU
Dresden, in seinem Festvortrag. Ständig
wachsende Speicherkapazitäten und zunehmende
Funktionalität verlange von
den Ingenieuren immer
wieder neue Lösungen. "Um
diese Herausforderungen zu
meistern, bedarf es einer
engen Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft, bei
der der Mensch im Mittelpunkt steht", so Grosse.
Dass diese Verbindung vom
Laureaten hervorragend und
beispielgebend in seinem
Unternehmen praktiziert
wird, unterstrichen beim akademischen
Festakt und beim anschließenden Dinner
auch viele Grußworte und Statements,
unter anderem vom sächsischen Kultusminister Steffen Flath, vom schwedischen
Honorarkonsul in Leipzig, Rudolf von
Sandersleben, vom Rektor der TU Chemnitz, Prof. Dr. Klaus-Jürgen Matthes, vom
Kurator des Industrievereins Sachsen 1828,
Prof. Dr. Reimund Neugebauer sowie von
Prof. Dr. Elke Lütjen-Drecoll, Präsidentin
der Mainzer Akademie der Wissenschaften
und der Literatur.
Gunnar Grosse wurde 1939 in Stockholm geboren. Nach dem Studium arbeitete er als Unternehmensberater. 1992 grün-
dete er in Hartmannsdorf bei Chemnitz die
KOMSA Kommunikation GmbH. Inzwischen
beschäftigt die KOMSA Unternehmensgruppe 850 Mitarbeiter, die einen Umsatz
von mehr als einer halben Milliarde Euro
erwirtschaften. Sie zählt so zu den 35
umsatzstärksten Unternehmen in den
neuen Bundesländern.
Seit 2000 ist Grosse zudem Vizepräsident des Industrievereins Sachsen 1828
e.V. 2002 wurde er zum Entrepreneur des
Jahres gewählt, diese Ehrung wird durch
Ernst & Young, die Deutsche Bank, die FAZ
und das Manager Magazin verliehen. Seit
November 2004 ist Grosse Mitglied des
Kuratoriums der TU Chemnitz.
Zu den ersten Gratulanten des Laureaten
Dr.-Ing. E.h. Gunnar
Grosse (3.v.l.) gehörten dessen Gattin
Kerstin (2.v.l.), der
Dekan der Fakultät
für Informatik, Prof.
Dr. Wolfram Hardt
(l.), der Sächsische
Kultusminister Steffen Flath (4.v.l.), die
Chemnitzer Oberbürgermeisterin, Barbara Ludwig, der Regierungspräsident
des Regierungsbezirks Chemnitz, Karl
Noltze (2.v.r.), sowie
Rektor Prof. Dr.
Klaus-Jürgen Matthes.
Foto:
Christine Kornack
Ehrendoktorwürde für Prof. Reimund Neugebauer
Hohe Auszeichnung der TU Brno für wissenschaftliche Leistung und erfolgreiche Zusammenarbeit
Die TU Brno in Tschechien verlieh Prof.
Dr. Reimund Neugebauer, Institutsleiter
des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und des
Instituts für Werkzeugmaschinen und Produktionsprozesse IWP der TU Chemnitz,
die Ehrendoktorwürde. Prof. Neugebauer
sieht die Ernennung zum "Doctor honoris
causa" nicht nur als Auszeichnung seiner
persönlichen wissenschaftlichen Arbeit,
sondern auch als Würdigung der erfolgreichen Produktionstechnikforschung in
Chemnitz. Deutlich stellte Prof. Neugebauer in seinem Vortrag zum Thema
"Mechatronische Systeme im Werkzeugmaschinenbau" den Stellenwert und das
Entwicklungspotenzial der Produktions-
technik dar. Er hat es sich zur Aufgabe
gemacht, junge Studierende aus Europa
deutlich stärker an die TU Chemnitz zu
ziehen, wobei Tschechien ein naheliegender Partner ist.
Bereits seit 1972 gibt es eine intensive
wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Technischen Universitäten in
Brno und Chemnitz. So halten regelmäßig
Gastdozenten Lehrveranstaltungen, die
fest in die Studienpläne der Partneruniversität eingebunden sind. Beispielhaft
hat sich in den letzten Jahren unter der
Federführung von Prof. Neugebauer der
Austausch von Studenten und Doktoranden entwickelt. Mehr als 30 angehende
Ingenieure aus Brno studierten in den
letzten Jahren mehr als zwei Semester in
Chemnitz, deutsche Studenten absolvieren
im Gegenzug ein Teilstudium in Brno.
Diese positive Entwicklung war die Grundlage eines 2005 unterzeichneten Vertrages
zur Realisierung eines deutsch-tschechischen Masterstudienprogramms "Werkzeugmaschinen und Umformtechnik".
Unter der Leitung von Prof. Neugebauer
initiierte die Chemnitzer Fakultät für
Maschinenbau diesen "binationalen
Studiengang", bei dem die Studenten das
Diplom der TU Chemnitz und das Staatsexamen "Ingenieur" der TU Brno erwerben. Das stellt ein Novum in der universitären Zusammenarbeit beider Länder dar.
Tina During, IWU
TU-Spektrum 3/2007
37
Prof. Reimund Neugebauer pflegt rege
Kontakte zur TU Brno.
Foto: IWU
EVENTS
Wird der Osten verwestlicht?
Beim VIII. Chemnitzer Ostforum erneut im Fokus: Transformationsforschung in Mittel- und Osteuropa
Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften veranstaltete vom 13. bis 15.
September 2007 unter Leitung von Prof. Dr.
Rainhart Lang im Renaissance Chemnitz
Hotel das VIII. Chemnitzer Ostforum. Die
internationale Tagung mit dem Titel
„Cooperation between East and West:
Westernization of the East or Easternization of the West?” beschäftigte sich wiederum mit Themen der Transformationsforschung in Mittel- und Osteuropa. Diese
Veranstaltung ermöglicht einen intensiven
Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaftlern aus diesen Teilen
Europas und hilft, Forschungskooperationen zu entwickeln. Mittlerweile ist das Ostforum ein etablierter Treffpunkt von Wirtschaftswissenschaftlern über Erziehungswissenschaftler bis hin zu Soziologen.
Beim diesjährigen Ostforum trafen
sich führende europäische Forscher auf
dem Gebiet des organisatorischen Wandels
AN Z E IG E
38
TU-Spektrum 3/2007
in den Transformationsgesellschaften. 26
Wissenschaftler aus 13 Ländern diskutierten
laufende und abgeschlossene Forschungsprojekte und initiierten gemeinsame Projekte. Darüber hinaus nahmen Nachwuchswissenschaftler aus Ost- und Westeuropa
teil, die an Themen der Transformationsforschung arbeiten.
Das Spektrum der Tagungsthemen war
breit und reichte von der Ausbreitung von
westlichen und östlichen Managementpraktiken in mittel- und osteuropäischen
Ländern über den Transfer von Personalmanagementpraktiken und organisationalen Strukturen zwischen West und Ost bis
hin zu Internationalisierungsstrategien von
Unternehmen.
Die Vorträge und Diskussionen machten deutlich, dass die Ost-West-Kooperation, vor allem auf Grund von Machtunterschieden, nach wie vor insbesondere
durch den Transfer von West nach Ost gekennzeichnet ist. In Detailstudien
und bei einer Nahsicht zeigt
sich jedoch auch, dass es sich
nicht um eine einfache Übertragung von Lösungen handelt. Vielmehr entwickeln die
Akteure vor Ort zum Teil sehr
unterschiedliche Strategien
der Adaption und Weiterentwicklung transferierter Institutionen, Elemente, Konzepte
und Lösungen. Insbesondere
wurde die Rolle nationaler,
regionaler oder organisationaler Kulturen jenseits von
Wirkungen des "alten" Systems herausgestellt. Auch der
Einfluss von Branchen mit
ihren speziellen Bedingungen
und ihrer zum Teil sehr unterschiedlichen Integration in
lokale oder globale Märkte,
aber auch die gewählten Strategien und Wege der Implementierung von westlichen
Managementkonzepten und
–instrumenten spielten eine
entsprechende Rolle. Die spezifischen Bedingungen führen
letztlich zu einem Bedeutungswandel der transferier-
ten Institutionen im neuen mittel-/osteuropäischen Kontext und spiegeln sich zum
Teil in veränderten Identitäten der Organisationen in den mittel- und osteuropäischen Ländern wider. Während der sehr
differenzierte Prozess der teilweisen "Verwestlichung" des Ostens im Blickpunkt der
Tagung stand, scheint der umgekehrte
Prozess der Rückübertragung erst im
Anfangsstadium zu sein.
Bezüglich der Ausgestaltung von Forschungsansätzen wurde festgestellt, dass
es nach wie vor einen großen Bedarf an
theoretisch fundierten empirischen Analysen gibt. Aufgrund der Komplexität der
Prozesse sind "Multi-Theorie-Ansätze"
sicher geeignet, setzen jedoch einen
meta-theoretischen Rahmen oder zumindest eine ausreichende Konsistenz unter
den verwendeten Theorien voraus. Neben
quantitativen Analysen sind dabei nach
wie vor qualitative Tiefenstudien von Bedeutung. Bezüglich der Rolle der Wissenschaftler in diesem Prozess wurde nochmals auf die Bedeutung eines kritischen
Ansatzes verwiesen, der einseitige Parteinahmen vermeidet und vor allem auch auf
Probleme im Prozess der Kooperation und
der wechselseitigen Transfers rekurriert.
Und schließlich wurde in der Diskussion
als sehr erfreulich herausgestellt, dass die
wissenschaftliche Kooperation zwischen
Kollegen aus verschiedenen mittel- und
osteuropäischen Ländern, wie im Beispiel
von GLOBE-Rumänien, erste Früchte trägt.
In einem Workshop wurden Stand und
Probleme der Abstract-Publikationen zum
Management in Mittel- und Osteuropa im
Vergleich führender Management-Zeitschriften mit den im "Journal for East
European Management Studies" (JEEMS)
erschienenen Artikeln verglichen. Es
wurde eine Dominanz westlicher Forscher
in Publikationen zum Management in
Mittel- und Osteuropa deutlich, wobei der
Anteil von Autoren und Institutionen aus
der Region in JEEMS deutlich höher war.
www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl5/ostforum/cof8/index.php
Dr. Ingo Winkler und Prof. Dr. Rainhart Lang
EVENTS
Klein, kleiner, smarter
Mikrosystemtechnik–Kongress 2007 vereinte mehr als 1.000 Experten aus Forschung und Industrie
Deutschland belegt in der Mikrosystemtechnik weltweit einen Spitzenplatz.
Damit dies auch in Zukunft so bleibt, veranstalteten das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) und der
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik
Informationstechnik e.V. bereits zum zweiten Mal den Mikrosystemtechnik-Kongress,
die zentrale deutschlandweite Mikrosystemtechnik-Veranstaltung. Vom 15. bis 17. Okober 2007 trafen sich im Congresscenter
Dresden Forscher und Industrievertreter,
Produzenten und Anwender, Ausbilder
und Studenten, Politiker und Netzwerker.
Eröffnet wurde der Kongress durch die
Bundesforschungsministerin Dr. Annette
Schavan, den VDE-Präsidenten Prof. Dr.
Josef Nosseck, den Physik-Nobelpreisträger Prof. Dr. Peter Grünberg, den sächsischen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Georg
Milbradt, den VW–Forschungsleiter Prof.
Dr. Jürgen Leohold sowie den Leiter der
Technologieentwicklung der Infineon
Technologies Dresden Christian Esser und
Prof. Dr. Thomas Geßner, Direktor des
Zentrums für Mikrotechnologien (ZfM) der
TU Chemnitz und Leiter des Institutsteils
Chemnitz des Fraunhofer-Instituts für
Zuverlässigkeit und Mikrointegration
(IZM). "Mit mehr als 1.000 Teilnehmern,
einer hochkarätigen Eröffnungsveranstaltung und einem exzellenten wissenschaftlichen Programm war die Veranstaltung
ein voller Erfolg", schätzt der Chairman
der Konferenz Prof. Geßner ein.
Im wissenschaftlichen Kongressteil
präsentierten die führenden Industrieunternehmen und Forschungsinstitute den
aktuellen Stand der Mikrosystemtechnik in
Deutschland, die Vielzahl der aktuellen
Entwicklungen in den verschiedenen
Branchen, das enorme Potenzial der führenden deutschen Firmen und Forschungseinrichtungen und die daraus resultierenden Wachstumschancen. In den 126 Vorträgen und auf 172 Postern wurden zum
einen aktuelle Anwendungsfelder der
Mikrosystemtechnik, zum Beispiel rund
um das Thema Gesundheit und selbstbestimmtes Leben, aber auch für RFID (Radio
Frequency Identification) und Energietechnik diskutiert. Zum anderen standen
Themen wie Biosysteme, Mikro-Nano-
Systeme, Mikrooptik, Mikrofluidik, magnetische Systeme aber auch innovative Materialien, Aufbau- und Verbindungstechnik,
Entwurf, Test und Zuverlässigkeit im Fokus.
Flankierend konnten sich die Kongressbesucher über Netzwerke der Mikrosystemtechnik, Gründungsinitiativen, darunter
auch über den Smart Systems Campus
Chemnitz, sowie Konzepte zur Fachkräftesicherung informieren. In der Fachausstellung präsentierten Industrieunternehmen,
Institute und Netzwerke Mikrosystemtechnik-Produkte und Dienstleistungen
aus ihren Arbeitsgebieten. Übrigens wurde
am Rande des Kongresses der Arbeitskreis
Smart Integrated Systems im Verein Silicon
Saxony unter Leitung von Prof. Geßner
gegründet.
Die speziell auf die Interessen von
Studierenden und Berufseinsteigern zugeKontakt:
schnittene VDE YoungNet Convention
TU Chemnitz, Zentrum für Mikrotechnologien,
informierte über zentrale Fragen zum
Öffentlichkeitsarbeit, Telefon 0371 531-24062
Beruf des Ingenieurs in der Mikrosystemtechnik und in verwandten FachgeAN Z E IG E
bieten. In der begleitenden Jobbörse präsentierten sich Mitarbeiter
suchende Unternehmen.
Rund 680.000 Arbeitsplätze
sind in Deutschland bereits mit der
Mikrosystemtechnik verbunden. Das
Wachstum der Mikrosystemtechnik
beträgt laut Nexus-Studie in den
Jahren 2004 bis 2009 jeweils 16
Prozent. Deutschlandweit haben
sich 20 Mikrosystemtechnikcluster
etabliert. Zwei davon liegen in
Sachsen, Dresden und Chemnitz.
Von den 46 sächsischen Konferenzbeiträgen kamen 19 aus Chemnitz.
Neben den wissenschaftlichen
Entwicklungen des ZfM der TU
Chemnitz und des Chemnitzer
Institutsteils des Fraunhofer IZM
stellten auch mehrere Chemnitzer
Firmen, darunter 3D-Micromac AG,
Gemac mbH, memsfab und die
Chemnitzer Werkstoffmechanik
GmbH, ihre Entwicklungen vor.
"Wir sind Nobelpreisträger!", freute
sich Bundesforschungsministerin
Dr. Annette Schavan
gemeinsam mit VDEPräsident Prof. Josef
Nosseck (r.). Der von
Prof. Peter Grünberg
entdeckte GMREffekt findet heute
seinen Einsatz in
magnetischen
Mikrosystemen.
Foto: VDE
www.mikrosystemtechnik-kongress.de
Martina Vogel
Zentrum für Mikrotechnologien
TU-Spektrum 3/2007
39
EVENTS
"Vordenker der Produktionstechnik" tagten in Sachsen
Teilnehmer der 57th CIRP General Assembly, des Weltkongresses der Produktionstechnik, informierten sich über
Forschungsprojekte
Zur Tagungseröffnung begrüßten
Prof. Neugebauer
und Gattin als
Ehrengäste unter
anderem den
Honorary Chairman der CIRPTagung Prof. Dr.
Günter Spur (TU
Berlin), VW-Vorstand Prof. Dr.
Jochem Heizmann sowie
Sachsens Ministerpräsident Prof.
Dr. Georg Milbradt (v.l.).
Foto:
Mario Steinebach
(MSt) Passender hätte die Eröffnung des
Weltkongresses der Produktionstechnik
(CIRP) in Dresden nicht sein können. Mehr
als 500 Wissenschaftler und Industrievertreter aus 40 Ländern lauschten zur Opening Session im Internationalen Kongresszentrum ICC Dresden der Botschaft des
Schusters und Dichters Hans Sachs in seiner Schlussarie in Richard Wagners Oper
"Die Meistersinger von Nürnberg". Dieser
Hinweis auf die Tradition der deutschen
Meister, auf ihre beruflichen und menschlichen Fähigkeiten und Leistungen, war
ganz gewiss Balsam in den Ohren der
Tagungsteilnehmer aus aller Welt. Denn
auch sie sind "Meister" und "Vordenker"
auf dem Gebiet der Produktionswissenschaft. Ihren Kongress bezeichnete der
Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Matthias Kleiner, deshalb als die Olympiade der Produktionswissenschaft. Insbesondere dieser Wissenschaftsbereich sei der Motor der deutschen Wirtschaft und erhalte von der DFG
erhebliche Forschungsgelder - in diesem
Jahr etwa 140 Millionen Euro.
Bereits während der Eröffnungsveranstaltung wurde klar, welche Themen sich
wie ein roter Faden durch die Tagung ziehen - nämlich digitale Produktion, Mechatronik in der Produktionstechnik und ressourceneffiziente Produktion. Dies sind
zugleich wichtige Forschungsthemen des
gastgebenden Fraunhofer IWU Chemnitz/
Dresden und des Instituts für Werkzeugmaschinen und Produktionsprozesse IWP
der TU Chemnitz. Sowohl der Präsident
der Internationalen Akademie der Produktionstechnik (CIRP), Prof. Dr. George
Chryssolouris, als auch der Chairman der
Tagung und Leiter des IWU und IWP, Prof.
Dr. Reimund Neugebauer, unterstrichen,
wie bedeutend die CIRP heute vor dem
Hintergrund immer knapper werdender
Ressourcen und steigender Bevölkerungszahlen ist. Ministerpräsident Prof. Dr.
Georg Milbradt hob die Bedeutung der
Ingenieurwissenschaften für den Standort
Deutschland, insbesondere für den
Freistaat Sachsen, hervor. Er betonte, wie
dringlich die weitere Optimierung der Produktionsprozesse zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sei. Wettbewerb ist wichtig,
aber auch Kooperationen und Zusammenarbeit.
Anschließend stellte Prof. Dr. Jochem
Heizmann, Vorstand Produktion der Volkswagen AG, die produktionstechnische
Herausforderung aus Sicht eines Automobilbauers dar. Dabei sieht Heizmann
die künftige Herausforderung darin, Produktionsforschung und Verfahrensentwicklung mit dem Aspekt der Verringerung
der Entwicklungszeit und Kostenreduzierung mit Hilfe der Produktionstechnik voranzubringen. Nach den wissenschaftlichen
Auftaktvorträgen, die vor allem den aktuellen Stand der Technik und Chancen
neuer Entwicklungstrends beleuchteten,
wurden in mehreren Arbeitsgruppen mit
unterschiedlicher fachlicher Ausrichtung
aktuelle Forschungsthemen diskutiert.
Vorgestellt wurden etwa Beispiele zur
Bedeutung innovativer Produktionstechnologien für neue Märkte wie die
Medizin- und Nanotechnik, Möglichkeiten
der aktiven Beeinflussung der Systemeigenschaften durch Adaptronik und
Regelungstechnik und die Anwendung von
Informationstechnologien wie der industriellen Bildverarbeitung.
Am 23. August 2007 besuchten die
Tagungsteilnehmer neben dem Fraunhofer
IWU auch die Technische Universität
Chemnitz. Hier informierten sie sich über
Forschungsschwerpunkte des Instituts für
Werkzeugmaschinen und Produktionsprozesse und tauchten im "Virtual Reality
Center Production Engineering" in die virtuelle Welt der Produktionstechnik ein.
www.cirp2007.org
Stichwort: CIRP
Die Internationale Akademie für
Produktionstechnik, kurz CIRP (franz.
College International pour la Recherche
en Productique), mit Stammsitz in Paris
ist die weltweit bedeutendste Vereinigung auf diesem Gebiet. Sie ist ein Zusammenschluss hochkarätiger Produktionswissenschaftler sowie von Vorständen namhafter Konzerne. 1951 gegründet
hat die CIRP stetig an Bedeutung und
fachlicher Ausstrahlung gewonnen und
prägt heute die internationale Forschung
und Zusammenarbeit der Industrienationen entscheidend mit. Ihre Mitglieder
gelten als die herausragenden unter den
Produktionswissenschaftlern und genießen höchstes internationales Ansehen.
Zweimal jährlich - im Januar in Paris
sowie im August an wechselnden Plätzen
weltweit - treffen sich die Experten für
eine Woche, beraten über neue Entwicklungstendenzen, tauschen Forschungsergebnisse aus und initiieren Projekte. Auf
diese Weise fördern sie die internationale
Zusammenarbeit und den ständigen,
weltweiten Erfahrungsaustausch.
www.cirp.net
40
TU-Spektrum 3/2007
EVENTS
Chemnitzer Linux-Tage 2008
Referenten, Open Source Projekte und Unternehmen können sich ab sofort für Vorträge und
Ausstellung bis zum 3. Januar 2008 anmelden
Die Linux-Fangemeinde blickt schon
gespannt nach Chemnitz: Für die am 1. und
2. März 2008 stattfindenden Chemnitzer
Linux-Tage können nun Beiträge eingereicht werden. Der "Call for Lectures" wendet sich an Referenten für Vorträge und
Workshops. Gesucht werden Konzepte,
Produkte und Erfahrungen in und mit
freien Betriebssystemen und Open Source.
Das Spektrum reicht vom multimedialen
Wohnen über Businesslösungen, Schulsoftware, Telefonie, Smart Systems bis hin
zum High-Performance-Computing. Für
das Einsteigerforum sind Vorträge als Anregung und Hilfestellung für Einsteiger auf
leicht verständlichem Niveau gefragt. Der
Schwerpunkt "Freies Wissen, Freie Kultur"
widmet sich dem Spannungsfeld zwischen
geistigem Eigentum und gesellschaftlichem
Interesse. Wikipedia, Open Access Publikationen und das Gutenberg-Projekt sind
nur einige Facetten dieses Themas. Der
Schwerpunkt "WWW++" setzt sich mit
innovativen Werkzeugen im World Wide
Web auseinander, die vom Büro im Web
über Social Networks bis zu Blogs reichen
und das Web produktiv nutzbar machen.
Flash-Speicher erfordern neue Dateisysteme, Virtualisierung vervielfältigt Computer,
Linux-Cluster rechnen mit Höchstgeschwindigkeit - auch hier gibt es Neues zu berichten. Der Schwerpunkt "Linux-Internals"
thematisiert die Stärkung und Renovierung
des Betriebssystems. Bis zum 3. Januar
2008 können Interessenten ihre Beiträge
über www.linux-tage.de einreichen.
Der "Call for Presentation" möchte
Open Source Projekte und Unternehmen
für Linux-Live gewinnen. Freie Betriebssysteme und Open Source werden so in
ihrer ganzen Breite mit innovativen Ideen
für die Besucher erlebbar. Dazu zählen
Hardware, Distributionen, Office und
Desktops. Hinzu kommen Businesslösun-
gen und Schulanwendungen sowie Multimedia und Community-Projekte. Kleine
Community-Projekte und Einzelentwickler
sind eingeladen, mit einem "Standsharing"
bei den Linux-Tagen präsent zu sein. Bis
zu drei Projekte können sich zeitlich abgestimmt einen Stand teilen und werden
vom Veranstalter mit Layout und Druck von
Plakaten unterstützt. Anmeldungen für
Aussteller sind ebenfalls bis zum 3. Januar
unter www.linux-tage.de möglich.
Neu ist das Konzept der "Entwicklertage": Teams von Open Source Projekten
treffen sich und entwickeln ihr Projekt
strategisch weiter. Wer von den Entwicklertagen profitieren möchte, kann sich per
Mail ([email protected]) anmelden.
Anfang Februar wird das komplette
Veranstaltungsprogramm vorgestellt:
www.linux-tage.de
Annett Priemel
AN Z E IG E
TU-Spektrum 3/2007
41
Tux leuchtet hell:
"Innovation dank
Freiheit" ist das
Motto der Chemnitzer Linux-Tage
2008.
Grafik:
Nils Gemeinhardt,
Rene Spandler
Kontakt:
Annett Priemel,
Telefon 0371 53131521, E-Mail
annett.priemel@
informatik.tu-chemnitz.de
SPORT
Sandra Lasch ist ein wahrer "Goldfisch"
Sportstudentin ist eine der erfolgreichsten Schwimmerinnen der Altersklasse 25
Sandra Lasch unterbot beim Sieg über
200 Meter Schmetterling den von ihr
gehaltenen deutschen Rekord.
Foto: privat
(AW) Die 11. Europameisterschaften
der Masters (Senioren) im Schwimmen,
Wasserspringen, Freiwasserschwimmen
und Synchronschwimmen im slowenischen
Kranj war mit mehr
als 3.800 Teilnehmern aus 31 Nationen das größte
Sportereignis des
Europäischen
Schwimmverbandes
2007 und zugleich
das größte jemals in
Slowenien ausgetragene Sportevent. Als
"Goldfisch" erwies
sich in der Zeit vom
28. August bis zum
2. September 2007 die Chemnitzer Sportstudentin Sandra Lasch, die für den SC
Chemnitz startete. Gleich bei ihrer ersten
Teilnahme an diesem Wettbewerb gewann
sie in der Alterklasse der 25- bis 29-Jährigen die Wettkämpfe über 200 Meter
Lagen, 400 Meter Freistil sowie im 5 Kilometer Freiwasserschwimmen im See von
Bled. Bei ihrem Sieg über 200 Meter
Schmetterling unterbot sie den von ihr
gehaltenen deutschen Rekord in der
Altersklasse 25 in 2:26.57 Minuten. Über
800 Meter Freistil erreichte sie silberne
Lorbeeren und in der 4x50 Meter Freistilstaffel den sechsten Platz.
Die Studentin, die an der TU Chemnitz
Sport, Pädagogik und Soziologie studiert,
übertraf mit dem hervorragenden Ergebnis
die eigenen Hoffnungen von einer Medaille und das, obwohl sie gerade an ihrer
Magisterabschlussarbeit schreibt.
Schlaue Köpfe, schnelle Beine: 4.000 Kilometer Staffellauf
Studenten aus Chemnitz, Jena und Dresden umrundeten Deutschland in 16 Tagen per pedes
Angekommen!
Foto:
Mario Steinebach
(MSt) Acht Studierende der TU Chemnitz, drei Studierende aus Jena sowie ein
Läufer aus Dresden umrundeten Deutschland. In 16 Tagen liefen sie ohne Pause im
Uhrzeigersinn ums ganze Land. Von Sachsen aus führte sie die Tour durch den Bayerischen Wald ins Alpenvorland, an den
Bodensee, dann wieder in Richtung Norden nach Mainz, in das Ruhrgebiet bis
hinauf nach Hamburg und an die Ostsee.
Von dort ging es entlang der Oder-NeißeGrenze über Zittau und Dresden zurück
nach Chemnitz. Insgesamt war das Team
4.000 Kilometer unterwegs. Jeder der
Läufer lief täglich zweimal eine Stunde.
Die Staffel war im Schnitt etwa zehn bis elf
Kilometer pro Stunde unterwegs. "Jeder
von uns ist mehr als 340 Kilometer gelaufen", berichtet Dirk Lange, der die Idee zu
diesem Projekt hatte
Während der Tour rollte neben dem
jeweiligen Staffelläufer ein Radfahrer als
Navigationshilfe. Begleitet wurde das
Läuferteam von weiteren sieben Studierenden und einer Physiotherapeutin, die
sich um die Verpflegung und die medizinische Betreuung kümmerten. "Zum Glück
hatten wir unterwegs mit Ausnahme von
kurzen Wadenkrämpfen und jeder Menge
Muskelkater keine gesundheitlichen Probleme", so
Lange. Nur der
oft lang anhaltende Regen
und die kalten
Nächte zehrten
an den Kräften.
"Unterwegs
hatten wir viele
Erlebnisse. Mal
verfolgte uns ein
wütender bayrischer Bauer mit
seinem Traktor,
weil wir über seine Wiese rannten, mal
ein aufgeregter Hund, der uns jedoch zum
Glück nicht in die Wade gebissen hat",
berichtet der Chemnitzer Student. "In vielen Orten wurden wir euphorisch empfangen - etwa von befreundeten Sportvereinen, von Bekannten und Verwandten
oder einfach von Laufbegeisterten, die von
unserem Projekt gelesen und unsere Tour
im Internet verfolgt hatten."
Ihrem Projekt gaben die Studenten den
Namen "Lauf-Kultour". "In einer Zeit, wo
viele selbst kleinste Strecken mit dem Auto
zurücklegen, möchten wir zeigen, dass
man sich wieder auf seinen natürlichen
Antrieb besinnen sollte", sagt Lange. Zudem war die Aktion auch eine Möglichkeit, auf die Städte Chemnitz und Jena
sowie auf ihre Universitäten aufmerksam
zu machen. Ohne die Unterstützung vieler
Partner wäre es nicht durchführbar gewesen. "15 Sponsoren haben uns geholfen",
berichtet Lange. Darunter war auch die
TU Chemnitz, die T-Shirts zur Verfügung
stellte.
HISTORIE
100. Todestag von Gustav Anton Zeuner
Ein Lehrer, Forscher und Organisator auf dem Gebiet der Technischen Wissenschaften
Gustav Anton Zeuner wurde am 30.
November 1828 in Chemnitz geboren, besuchte die damals von Julius Ambrosius
Hülße geleitete Königliche Gewerbschule
Chemnitz und wechselte 1848 an die
Bergakademie Freiberg, wo er drei Jahre
lang studierte und auch an dem praktischbergmännischen Kurs auf den Freiberger
Gruben und Hütten teilnahm. Er nahm
Beziehungen zu dem Professor der Mechanik und Bergmaschinenlehre J. Ludwig
Weisbach auf, der seine Entwicklungsrichtung maßgebend beeinflusste. Nach
kurzer Lehrtätigkeit auf dem Gebiet der
Mechanik und Maschinenlehre an der
Freiberger Baugewerkenschule und der
Chemnitzer Königlichen Gewerbschule
nahm er in reichem Maße besonders an
den hydraulischen Versuchsarbeiten
Weisbachs teil, bis er 1852 eine Studienreise durch Deutschland, Belgien und
Frankreich unternahm. 1853 promovierte er
in Leipzig mit einer physikalischen Abhandlung über die Foucaultschen Pendelversuche und übernahm mit Weisbach und
Bornemann als Mitarbeiter die Schriftleitung der neugegründeten technischen
Zeitschrift "Civilingenieur" bis zum Jahre
1857. In ihr hat er die meisten seiner Arbeiten veröffentlicht.
Als er auf Empfehlung Weisbachs 1854
im Begriff war, die Stelle eines Bergingenieurs in Spanien anzutreten, erhielt er
einen Ruf an das soeben gegründete Eidgenössische Polytechnikum in Zürich, wo
ihm die Professur für Technische Mechanik
und Theoretische Maschinenlehre und die
Leitung der mechanisch-technischen Abteilung übertragen wurde. Er trat diese
Stelle im August 1855 an und hat hier 16
Jahre lang eine überaus fruchtbare Tätigkeit als Lehrer, Forscher und Organisator
entwickelt, letzteres namentlich, als er
1859 zum stellvertretenden und 1865 zum
wirklichen Direktor des Polytechnikums
ernannt worden war. Die Maschinenlehre
wurde in einen theoretischen und konstruktiven Teil, den Franz Reuleaux übernahm, geteilt. Neben der rein technischen
Ausbildung förderte Zeuner auch die allgemeine Bildung und errichtete eine selbstständige mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung zur Ausbildung von Lehrern
für technische Unterrichtsanstalten. Um
seine Pläne durchführen zu können, lehnte er 1863 eine Berufung nach Karlsruhe
als Nachfolger Redtenbachers, 1866 eine
solche nach Wien und 1868 Berufungen
nach München und Aachen ab. Auch
schlug er 1871 ein ehrenvolles Angebot, als
Dezernent für die gesamten technischen
und gewerblichen Schulen Österreichs
nach Wien zu kommen, aus.
Seiner nie erloschenen Sehnsucht
nach der Heimat gehorchend, folgte er
einem Angebot der sächsischen Regierung,
die Direktion und damit die Reorganisation
der Bergakademie in Freiberg zu übernehmen. Er übernahm diese Stelle mit dem
Titel eines Geheimen Bergrates und gleichzeitig den Lehrstuhl seines am 24. Februar
1871 verstorbenen Lehrers Julius Ludwig
Weisbach. Aber schon nach eineinhalbjähriger Tätigkeit wurde er als Professor
für Mechanik und Theoretische Maschinenlehre und als ständiger Direktor an das
Königliche Polytechnikum nach Dresden
berufen und stellte daher im Jahre 1874
seine Vorlesungen an der Bergakademie
Freiberg ein. Aber noch bis zum Jahre 1875
führte er die schwierige Aufgabe durch,
von Dresden aus als ständiger Direktor
zweier verschiedenartiger und verschiedenen Ministerien unterstellter Hochschulen
zu wirken.
In Dresden, wo das Polytechnikum am
24. November 1875 sein neues Gebäude
am Wiener Platz bezog, erweiterte er den
Unterrichtsstoff gewaltig durch Ausbau der
Hochbauabteilung, Errichtung einer allgemeinen wissenschaftlichen Abteilung, Einführung humanistischer Fächer, Aufnahme
eines Teiles der Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften und der allgemeinen
Rechtskunde, verständnisvoll unterstützt
durch den von 1845 bis 1868 im sächsischen Staatsdienst stehenden Max Maria
von Weber. Zeuner schuf unter anderem
Professuren für Geographie, Geschichte,
Botanik, Philosophie und Nationalökonomie und führte ein Staatsexamen ein für
Anwärter des höheren Lehramtes, welches
dem der Universität gleichgestellt wurde.
Im Jahre 1890 legte er das Amt der
nun den Namen Technische Hochschule
führenden Anstalt nieder, um die Einfüh-
rung des Wahlrektorates an ihr zu ermöglichen, und um sich
wieder mehr seinen
eigenen Arbeiten zuwenden zu können.
Von den
Arbeitsgebieten
Zeuners überragt alle
anderen an Bedeutung
die mechanische Wärmetheorie. Von seinen
vielen Veröffentlichungen seien hier
nur seine größeren
Werke genannt, und
zwar: "Die Schiebersteuerungen mit besonderer Berücksichtigung der Lokomotivsteuerung", 1858
(6. Auflage 1904), "Grundzüge der Mechanischen Wärmetheorie", 1860 (2. Auflage
1866). Die 3. bis 5. Auflage 1887/ 1890 bis
1905/06 ist betitelt "Technische Thermodynamik", "Abhandlungen aus der mathematischen Statistik", 1869 und "Vorlesung
über 'Theorie der Turbinen'". Diese Werke
sind zum Teil ins Französische, Englische
und Italienische übersetzt worden.
Zahlreiche und hohe Ehrungen sind
Zeuner zuteil geworden. Der Verein Deutscher Ingenieure hatte ihm 1872 die Ehrenmitgliedschaft verliehen und ehrte ihn
1895 durch Verleihung der Grashof-Denkmünze. Er war Ehrenbürger von Zürich
und Freiberg, Ehrendoktor von Bologna
und Dr.-Ing. E.h. von Dresden. Von 1887
bis 1898 war er Mitglied des Kuratoriums
der physikalisch-technischen Reichsanstalt; zahlreichen in- und ausländischen
Vereinen gehörte er als Mitglied an.
1898 konnte er seinen 70. Geburtstag
und 1903 sein Goldenes Doktorjubiläum in
voller Rüstigkeit begehen. Bald darauf begannen seine geistigen und körperlichen
Kräfte nachzulassen, und trotz aufopfernder Pflege durch seine Gattin und später
seiner Tochter, der Frau Geheimrat Helm,
schritt der Verfall weiter fort, so dass er
am 17. Oktober 1907 sein inhaltsreiches
Leben beschließen musste.
Prof. Dr. Gerd Grabow,
Freiberg
TU-Spektrum 3/2007
43
Gustav Anton Zeuner
(1828 - 1907)
Quelle: Archiv
TU Dresden
KULTUR
240 Schnappschüsse in vier Stunden
Kulturfestival BEGEGNUNGEN: Universität suchte im Oktober die schnellsten und kreativsten Chemnitzer Fotografen
(MSt) 33 Teams setzten sich
während des Kulturfestivals BEGEGNUNGEN bei einer Fotorallye mit
dem Thema "Heimat" auseinander.
Organisiert wurde die Veranstaltung
von der Professur Marketing und
Handelsbetriebslehre gemeinsam
mit der Eventmarketing-Studentin
Claudia Waider. Die 78 Teilnehmer
setzten innerhalb von vier Stunden
acht vorgegebene Themen, wie
"Platte, Jugendstil und Moderne",
"Made in Chemnitz" oder "Von
Chemnitz in die Welt", kreativ um.
"Zwar hatten wir die Rallye hauptsächlich für TU-Angehörige konzipiert, jedoch begeisterten sich auch
einige 'ältere Semester' für unser
Konzept", so Dr. Jan Drengner von
der Marketing-Professur. Die Prämierung der besten Motive erfolgte
im Rahmen eines "Heimatabends"
im Kaufhaus “Schocken”. Neben
den besten acht Einzelmotiven
erhielt auch die beste Fotoserie einen Preis. Dieser ging an Mario
Geißler und Steffen Jahn vom Gründernetzwerk SAXEED der TU. Alle
Fotos: www.heimatabend-chemnitz.de
Platte, Jugendstil und Moderne –
Bauen in Chemnitz
Ein (Bei-)Geschmack von Heimat
Deine Heimat Chemnitz?
Von Chemnitz in die Welt
Made in Chemnitz
Chemnitzer Köpfe
Bildhaft gesprochen: Sprache in Chemnitz
44
TU-Spektrum 3/2007
Kultur in Chemnitz – Mehr als nur
Volksmusik
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