Ausgabe 3VIERTEL Juni 2013
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Ausgabe 3VIERTEL Juni 2013
D JUNI 2013 · AUSGABE XXXIII HOTSPOT DER VERÄNDERUNG Mitpreisentwicklung im Leipziger Westen. ie Mieten im Leipziger Westen steigen und damit der Druck auf jene, die Schleußig, Plagwitz und Co. einst in die Riege der ‚hippen‘ Viertel aufsteigen ließen. Wenn Janek Baumer* (*Name von der Redaktion geändert) an seine Wohnung in Schleußig denkt, entstehen in ihm zwei gegensätzliche Empfindungen: Da ist einmal das wohlige Gefühl von Heimat und auf der anderen Seite die Wahrnehmung akuter Bedrohung. Ginge es nach seinem Vermieter, hätte Baumer seine Wohnung schon längst verlassen oder seine Mietzahlungen verdreifachen müssen. Aber der Kulturschaffende bleibt, zum kleinen Preis. Denn Baumer hält die Forderungen für nicht gerechtfertigt. Modernisierungen wurden in der Wohnung nicht vorgenommen, so Baumer. Es sind reine Instandsetzungsarbeiten, für die der Vermieter nun 200 Prozent mehr Miete verlangt – rechtmäßig wäre gerade einmal ein Zehntel im Verlauf von drei Jahren. „Für mich ist das Mietwucher“, sagt Janek Baumer. Aus seiner vertrauten Umgebung will er sich auf diese Weise keinesfalls vertreiben lassen und geht juristisch gegen den Vermieter vor. Seinen richtigen Namen möchte Baumer deshalb lieber nicht in der Zeitung lesen. VON ANNE DIETRICH Mietwucher in Leipzig – kann das sein? Immerhin gehört die sächsische Metropole laut aktuellem Mietpreis-Ranking des Beratungsunternehmens Empirica zu den günstigsten Städten Deutschlands. Wie die neueste Bürgerumfrage ermittelte, zahlten die Leipziger im vergangenen Jahr im Schnitt 5,15 Euro Grundmiete pro Quadratmeter. Damit kletterten die Preise seit 2002 lediglich um 30 Cent nach oben. Außerdem stehen nach Schätzungen der Stadt noch mehr als 20.000 Wohnungen leer – Zahlen die eher nach Mietparadies als Alptraum klingen. Doch auf dem Markt ist einiges in Bewegung. In den vergangenen Jahren stiegen die Bevölkerungszahlen stark an und die Neu-Leipziger bevorzugen offensichtlich ganz bestimmte Lagen. Schon jetzt gibt es eine erhebliche Spanne zwischen den Quadratmeterpreisen in Ost und West der Stadt: Während in den östlichen Vierteln durchweg weniger als 4,40 Euro Kaltmiete gezahlt wird, gibt es in Schleußig oder Plagwitz stellenweise Wohnungsangebote für acht Euro pro Quadratmeter. Und die Tendenz steigt. Die Feri EuroRating Services AG, eine auf Anlagemärkte spezialisierte Ratingagentur, prognostiziert für die kommenden Jahre weiter anziehende Mieten „in guten und sehr guten Lagen der Stadt“, das heißt: im Leipziger Westen. Zusätzlich zur Nachfrage sind besonders die sich aktuell rasant füllenden Baulücken und Hausverschönerungen die Preistreiber in diesen Gebieten. Denn bei einer hohen Neubau- und Sanierungsquote steigen die Mieten. „Bei neuen Vertragsabschlüssen kann die Miete frei vereinbart werden“, erklärt Anke Matejka, die dem Mieterverein Leipzig vorsitzt, die Hintergründe. Sie beobachtet insbesondere in den letzten eineinhalb Jahren, dass viele Hauseigentümer sich diese Freiheiten zunutze machen und bei Neubezügen bis zu zwei Euro pro Quadratmeter draufschlagen. „Wir stehen hier am Anfang einer Welle“, warnt deshalb Roman Grabolle (Bild rechts), Mitglied des Netzwerkes ‚Leipzig – Stadt für Alle‘ und Mitbegründer der Woh nu n g sg e sel l schaft ‚Central LS W33‘. Er meint damit eine Woge der Verdrängung, in der Stadtsoziologie auch Gentrifizierung genannt. >> weiter Seite 6 >> KURZ & BÜNDIG Ausgabe XXXIII|06 2013 Hörspielsommer 2013 Der Hörspielsommer verzichtet dieses Jahr auf das Festival im Richard-Wagner-Hain und verlegt seine Hörspiele und Live-Acts an „versteckte“ Orte. Beginnen wird die Reihe im Juni im Apothekergarten, Linnéstraaße 1. Dort kann man unter dem Motto „freaky fauna, funky flora“ Erzählungen über Insekten und über die Geräusche der Pflanzen hören. Im August wird an einem Feature-Tag dem Trend des Urban Gardening gehuldigt: „wir kamen, sahen und säten“. Weitere Orte sind ein privater Hinterhof in der Zschocherschen Straße und der Schiffsbug hinter der Gießerstraße 16. Noch weit über den Sommer hinaus werden im November Veranstaltungen im Zeltplatz-Mitte des Outdoorausrüsters tapir am Georgiring stattfinden. Ein Gymnasium für den Westen Rückseite der Max Klinger Schule aus dem Jahre 1929. Nachdem die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat bereits darauf aufmerksam gemacht hatte, dass westlich des Zentrums ein Gymnasium geschaffen werden muss, um den Bedarf zu decken, gab es bereits einen Favoriten für den Standort: Die Karl-Heine-Straße 22b, wo zur Zeit noch die Erziehungswissenschaftliche Fakultät der Universität ihren Sitz hat. Die Fakultät zieht aus, der Termin dafür ist der 31. Mai 2015. Für die Umbau- und Sanierungsarbeiten sind bereits Gelder in den Haushalten dieses und nächsten Jahres eingestellt worden. Es handelt sich um 430.000 Euro in diesem und 600.000 Euro im kommenden Jahr. Die Eröffnung des Gymnasiums ist für das Schuljahr 2018/19 geplant. Dann sollen Interimsklassen gebildet werden, die als erste das Gebäude nutzen. Brücken bauen Die beiden Brücken, die im Zuge der Antonienstraße die Eisenbahngleise in Leipzig-Kleinzschocher überspannen, sollen durch Neubauten ersetzt werden. Ebenso ist die Sanierung des rund 530 Meter langen Abschnitts der Antonien- straße zwischen Diezmann- und Klingenstraße einschließlich der Straßenbahngleise vorgesehen. Die Maßnahme ist erforderlich, um die volle Leistungsfähigkeit der Antonienstraße, einer wichtigen Verbindung zwischen Grünau und dem Stadtzentrum, aufrecht zu erhalten. Die Arbeiten sollen – vorbehaltlich der Gewährung der Fördermittel durch den Freistaat – 2014 beginnen, die Inbetriebnahme der Brücken und Straßen ist für Oktober 2016 vorgesehen und der Abschluss der Maßnahme für März 2017. Die Gesamtkosten betragen rund 15,5 Millionen Euro. Dafür wurden knapp acht Millionen Euro Fördermittel beim Freistaat beantragt. Die Deutsche Bahn (DB) AG beteiligt sich mit 3,8 Millionen. Oberbürgermeister Burkhard Jung bringt auf Vorschlag von Baubürgermeister Martin zur Nedden im Juli die Vorlage zum Bau- und Finanzierungsbeschluss in die Ratsversammlung ein. ipzig.de round-le g r e d n u 63 ine-Str. Karl-He 2 - 19 Uhr r1 Mo – F Vom 22.6. bis zum 10.8. werden verschiedene Programmpunkte die Seebühne an der KAOS-Villa am Wasserschloss in Lindenau bespielen: Das KAOS-Sommertheater wird mit einem Stück von Federico García Lorca eröffnen, Premiere: 22.06.2013 20.30 Uhr. Die westliche der beiden Brücken stammt aus dem Jahre 1971. Die von ihr überspannte Bahn-Anlage umfasste ursprünglich 16 Eisenbahngleise, nach einem Umbau dieser Anlage sind es nur noch vier. Die lichte Weite des sie ersetzenden Neubaus kann daher verkürzt werden. Die östliche Brücke, die 1969 errichtet wurde, überquert ein Eisenbahngelände, dessen Gleise weitgehend abgebaut sind, sowie eine Ladestraße, über die zwei Märkte beliefert werden. Auch hier kann die lichte Weite des Neubaus verkürzt werden. Beide Brücken sind nur durch einen Dammabschnitt getrennt. Sie weisen eine eingeschränkte Tragfähigkeit auf, was Abriss und Ersatzneubau unumgänglich macht. Auch die Antonienstraße ist in diesem Abschnitt sanierungsbedürftig. Das Vorhaben steht im Zusammenhang mit den umfangreichen Umbauarbeiten der DB Netz AG am Bahnhof LeipzigPlagwitz und dem geplanten behindertengerechten Ausbau der Straßenbahnhaltestelle Diezmannstraße durch die LVB. Kita-Neubau in Neulindenau Im Stadtteil Neulindenau entsteht eine neue Kindertagesstätte. Auf dem 3.005 Quadratmeter großen Grundstück an der Thietmarstraße 13 errichtet die LIMES Projektentwicklungsgesellschaft eins mbH einen Neubau, der insgesamt 135 Kindern Platz bieten wird, davon 51 im Krippenbereich und 84 im Kindergartenbereich. Das Investitionsvolumen beträgt insgesamt rund 1,85 Millionen Euro, von denen rund 500.000 Euro aus Bundesmitteln gefördert werden. Die Fertigstellung des Neubaus ist für März 2014 geplant. Nach Fertigstellung wird die Einrichtung an die Stadt Leipzig vermietet. „In diesem Neubau entsteht eine Kindertagesstätte, die in kommunaler Trägerschaft betrieben werden soll“, so Bürgermeister Thomas Fabian. „Das Leipziger Kita-Netz wächst. Und wir wollen auch künftig etwa ein Viertel der Plätze in unserer Trägerschaft anbieten.“ Ein Parcours für alle Generationen ng HaLLU c S e b // Live ecHniK // TonT TUng // War raTUr // repa Der KAOS-Kultursommer Auch ältere Jahrgänge haben künftig auf einem speziellen Parcours in der Schleußiger Kleingartenanlage „An der Dammstraße“ die Möglichkeit, an entsprechenden Geräten ihre Kraft, Koordinationsfähigkeit und Beweglichkeit zu trainieren. Die als Pilotprojekt auf einer öffentlich nutzbaren Grünfläche entstandene Strecke ergänzt die bereits bestehenden Angebote im Spielbereich des Vereins. Weitere Höhepunkte des Kultursommers sind das Literatur-Festival, das Seeklang-Festival mit dem Musikalischen Höhepunkt der Leipziger Band Two Wooden Stones und das LoopArt-Festival, bei dem Endlosschleifenkunst vorgestellt wird. Die Cammerspiele werden im August mit dem Stück „Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubisch den Abschluss des Kultursommers feiern. Termine unter: kaos-kultursommer.blogspot.de Merseburger Straße 33 · 04177 Leipzig 0341 - 33 11 774 www.3viertel.info · [email protected] Herausgeber Chefredakteur: Lektorat: Redakteure: Cesare Stercken Moritz Arand Juliane Gall Anne Dietrich, Cesare Stercken, Jan-Henning Koch, Franka Henn, Moritz Arand Website: Bilder: Matthias Basan, Pixeldepartment Ildiko Sebestyen Photographie Auflage: 10.000 Exemplare Erscheinungsw.:monatlich Für unverlangt eingesendete Manuskripte übernehmen wir keine Veranstwortung !!! ANZEIGE Ausgabe XXXIII|06 2013 NEUES AUS DEN FÖRDERGEBIE TEN IM LEIPZIGER WESTEN Sommer in der Georg-Schwarz-Straße Ausblick Bildungsspaziergang 2. Juli 2013 Magistralenmanagerin Daniela Nuß lädt am Vormittag Multiplikatorinnen aus Schulen, Kindergärten, Seniorenclubs und Vereinen ein, soziokulturelle Angebote rund um die Georg-Schwarz-Straße für ihre Arbeit zu erkunden. Eine Anmeldung ist unbedingt erforderlich! Rückblick Forum Weit über 100 Gäste trafen sich am 25. Mai zum alljährlichen Forum GeorgSchwarz-Straße in der Käthe-Kollwitz-Schule. Grußwort von Baubürgermeiser Martin zur Nedden und Anregungen von Karsten Gerkens, Amtsleiter im Amt für Stadterneuerung, gingen über in Workshops zu aktuellen Themen, fruchtbaren Pausengesprächen und der Verabredung „Wir brauchen mehr Zeit für Gespräche miteinander“. Ausblick Termine Der für den 3. Juni geplante Themenabend Georg-Schwarz-Straße muss leider verschoben werden. 08. Juni Leutzsch rockt 02. Juli Soziokultureller Bildungsspaziergang in Kooperation mit „Lernen vor Ort“ Rückblick Rundgang Das Leipziger Stadtforum hatte am 13. Mai zum Architektur-Rundgang in die Georg-Schwarz-Straße eingeladen. Gut 20 Interessierte erkundeten mit Dave Tarassow (Stadtforum) Baustil, historische und aktuelle Entwicklungen des Lindenauer „Broadway“. Daniela Nuß und Roman Grabolle vom Magistralenmanagement unterstützten die Beantwortung der zahlreichen Fragen. Ein Gastgeschenk des Amtsleiters ging im Trubel fast unter: Der Verfügungsfonds wurde erweitert. Zusätzlich zu den baulich-investiven Maßnahmen können 2013 auch soziale und kulturelle Projekte gefördert werden. Detaillierte Informationen dazu bei Magistralenmanagerin Daniela Nuß. Berichte zum Forum finden sich auf den Internetseiten des Magistralenmanagements bzw. für Interessierte zum Durchblättern im Stadtteilladen. Rückblick neue Läden Am 21. Mai 2013 öffnete der Bioladen „Schwarzwurzel“ seine Pforten. Zu finden ist er im Eckhaus Erich-Köhn-Straße 65/Georg-Schwarz-Straße. Ökologisch erzeugte Produkte können auch von Nicht-Mitgliedern erworben werden, diese zahlen etwa ein Viertel mehr. Weitere Informationen gibt es bei einem Gespräch vor Ort oder im Internet unter www.schwarzwurzel.org . Rückblick Festival Der Verein kunZstoffe e.V. organisierte am Samstag, den 4. Mai das traditionelle Bandfestival Georg-Schwarz-Straße. Erstmals standen Musikangebote für Ältere auf dem Plan und die gesperrte Holteistraße reichte nicht mehr aus für die Besucherströme. Auch in der Georg-Schwarz-Straße selbst präsentierten sich zahlreiche Hausprojekte, Galerien, Vereine und hatten Ladengeschäfte wie „Stoff-Kreationen“ bis zur Ecke Calvisiusstraße geöffnet. Bl üt hn T Leu er ag tzs st es ch ra lic , ße h 117 tba RW , 2 d, m . O be it L G, zug og 43 sf gia m erti , W ², g, o 33 ru hn 0 hi kü € ge ch m L e tl. ag , W e, ar m m ie te Ob * S Be am wo ing Au hnu leW qu en ng wa oh e ld m ! nu d ng ie fin ne de ue n. 57 » m , en ße * ön stra iete er ite h d c s ten mm f se r i Au nen en! RW im e Se l. Wa g t i n hn e 2 uh m So wo iert d, r 40 € « W €* 3-R², 475 60 » an tba , 4 h s lich m² c s fri es 59 u, Tag 32, a n n, e de lko traß n i a S l t Al u, B ern a tb st Al l-Kü u Pa Im tio n Wolfgang E. A Stoiber Vorsitzender « * RW 9 € 2-m², 39 Ab lic ra ht Ne h b u P M k a m ad, lin l ei lat ehr str sc de n z a h n e ß e 2 öne au, *M Rä für , 2 r A 3-R ie u t l . W e t O b b in G er kl , 8 au u mit .N ! 1 m Ba eb m e ², geb lkon nk 62 en , o s T 3 te € von age n, m v szz t i g l . l. W el G Ka ar rü u m n m , iet e* Derzeit gibt es eine erste Ausnahmegenehmigung für die RANAboot GmbH aus Markkleeberg, die zweimal täglich den Floßgraben befahren darf. Und nun? Was oder wer kommt als Nächstes? Wieso die einen, die anderen nicht? Die Allgemeinverfügung war ein kluger Kompromiss - ohne die darin enthaltene, weit aufgerissene Hintertür. Der Floßgraben ist Lebensraum unter Schutz stehender Tiere (und Pflanzen), denen Schutz von Gesetzes wegen zusteht. Damit ist er als Durchgangsstraße für den Bootstourismus nicht nutzbar – nimmt man den Naturschutz ernst. Es sind u.E. also grundsätzliche Fragen zu stellen bezogen auf die Nutzung des Floßgrabens innerhalb der Leipziger WassertourismusPläne und die Umsetzung naturschutzgesetzlicher Vorschriften. Sprechzeiten Magistralenmanagerin Daniela Nuß di 13-16 beim kunZstoffe e.V., Georg-Schwarz-Straße 7 mi 10-13 + do 17-20 Uhr im Stadtteiladen Leutzsch, Georg-Schwarz-Str. 122 * e, te ch ie es us mm ng n G! n, it D ar Ju hne r W alko ad m mtl. W B b o W al fü mit slicht 03 € e RW e , 4 id tz, 2- ², Tag 1 m² wi m , 5 ag 7 G Pl it 1 1. O m C, he 2 üc e 1 nk aß oh str W ien n to An erste Ausnahmegenehmigung! mehr oder weniger qualifizierter, erhitzter Kommentare gegen diese Regelung in der Öffentlichkeit war die leider zu erwartende Folge und Nach Sichtung des Eisvogels im spiegelt sicherlich den Druck wider, -Floßgraben wurde dieser per Allge- der auf das Umweltdezernat ausmeinverfügung der Stadt Leipzig im geübt wurde. -Einvernehmen mit dem Landkreis mLeipzig für die ungehinderte Nutzu- Entsprechend zu würdigen wäre ng gesperrt. Dabei gelang der die Allgemeinverfügung gewesen. -Leipziger Verwaltung eine gerade Wäre da nicht der vollständige Text zu salomonische Lösung: An Wo- mit Punkt 6. Der wurde in der Medichenenden und bundesdeutschen eninformation – wohl nicht zufällig Feiertagen dürfen alle, die nicht – weggelassen. Mit dem lapidaren zu Gunsten des Vogelschutzes da- Satz “Von den Verboten dieser Allrauf verzichten wollen, in Zeitfen- gemeinverfügung kann die Untere stern von je 2 mal 2 Stunden den Naturschutzbehörde nach § 67 Floßgraben befahren. Dies ist der BNatSchG auf Antrag Befreiung Kompromiss, der einen wirksamen gewähren” wird die ganze AllgeSchutz des Brutreviers des Eisvo- meinverfügung letztlich wieder gels mit den Interessen der Allge- aufgehoben. Nur zur Erinnerung: Das (mögliche) Vorkommen des meinheit verbinden sollte. Wer als Natur- und Auwaldfreund Eisvogels im Floßgraben ist allen nur die Medieninformation der Beteiligten seit Jahren bekannt und Stadt Leipzig zur Kenntnis nahm, jeder, der sein Unternehmen hier war beeindruckt von dieser re- ansiedelt, um den Floßgraben als spektablen Lösung, wenngleich Wasserweg zu nutzen, sollte wismancher naturschutzambitionierter sen, wie die Rechtslage ist und auf Wasserwanderer dies auch mit ei- welch unsicherem Boden er sein nem weinenden Auge tat. Eine Flut Unterfangen gründet. Kontakt Magistralenmanagement Fon 0341 - 223 04 06 Fax 03222 162 65 79 mobil 0176 - 32 64 93 38 mail [email protected] Tiefblick Georg-Schwarz-Straße Die Leipziger Studentin Helena Mohr hatte 2011 eigentlich nur ein Praktikum absolvieren wollen … und ist hängen geblieben in der Georg-Schwarz-Straße. In ihrem eigenen Blog beschreibt sie in unregelmäßigen Abständen, was sie entdeckt und erlebt: http://georgschwarzstrasse.wordpress.com Sperrung des Floßgrabens: Vor einer Woche wurde geltenden Gesetzen Genüge getan: Das Magistralenmanagement ist außerdem mit einem Stand vertreten bei Stadtteilfesten im Leipziger Westen: Lindenauer Markt – Samstag, der 15. Juni 2013 (17-22 Uhr) Westbesuch – Samstag, der 22. Juni 2013 (10-18 Uhr) o A d der pp hi ie n An le lft eu dr da e L oid be W : i. BAp p - Ap pS to LW un re, B- d l bei 03 W wb G 41 oh .d oo - 9 nun e: gle 9 2 ge Pl ay 0 n - KlassischeKartoffelKonzerte zu Gunsten des Leipziger Auwaldes gehen nach der Sommerpause weiter: das 9. Konzert wird am 26.9.2013 um 19:30 Uhr im Telegraph, Gottschedstraße stattfinden. www.KlassischeKartoffelKonzerte.de Sie können sich 3VIERTEL auch regelmäßig frisch in den Briefkasten wünschen. Abonnieren Sie 3VIERTEL wahlweise für 6 (12,- Euro) oder 12 (24,- Euro) Monate. Schreiben Sie uns ihre Adresse und Rechnungsanschrift unter: [email protected] (Betreff: ABO) KIND & KEGEL Ausgabe XXXIII|06 2013 „WIR WOLLEN, DASS DIE STRASSE DANN NOCH SCHÖNER IST ALS VORHER“ D Am 8. Juni wird das ‚Mersefest‘ gefeiert – und alle sind eingeladen. ie Besonderheiten der Merseburger Straße zu beschreiben, fällt Lena Philipp nicht schwer: „Dass man sich so kennt, ist etwas Besonderes. Es gibt eine sehr vertraute, fast schon dörfliche Atmosphäre. Außerdem treffen hier ganz viele kreative Köpfe aufeinander, das Potential ist richtig spürbar.“ – Es sind diese speziellen Merkmale, die am 8. Juni beim ‚Mersefest‘ gefeiert werden sollen. Lena Philipp gehört zum großen Team, das sich um die Gestaltung der Straßenfete kümmert, darunter Anwohner – wie die Studentin selbst – und Freunde der Merseburger Straße. Insgesamt sind ungefähr 100 Leute an den Vorbereitungen beteiligt. Ihr Ziel: Nicht einfach noch ein Straßenfest zu veranstalten, das nach dem Schema ‚hingehen, angucken, einkaufen‘ funktioniert. „Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie können die Menschen sich kennen lernen?“, sagt Jan Barnick, Besitzer des Lehmolandia-Ladens in der Merseburger Stra- ße. Er gehört zu den Initiatoren des ‚Mersefestes‘. „Die Leute sollen nicht einfach hinter ihren Ständen stehen und die Besucher davor, dann findet keine Interaktion statt.“ So entstand die Idee, den Fokus des Festes auf Aktionen zu legen, die Menschen zusammenbringen, wie beispielsweise Nachbarschafts-Speeddating, ein Wettbewerb im ‚Langsam-Fahrrad-Fahren‘, ein Märchenzelt, eine Geschichtsrallye oder die Möglichkeit, ein Urlaubsbild von der Merseburger Straße mitzunehmen – Palmen und Strohhut inklusive. Auch Musik und unzählige Vorführungen sind geplant. „Es ist eigentlich gar kein Fest mehr, sondern ein Festival“, sagt Lena Philipp. Programme, die an die Besucher verteilt werden, sollen angesichts der Angebotsvielfalt für einen Überblick sorgen. Starr durchgeplant werde der Tag aber nicht, erklärt Jan Barnick, stattdessen wird es dynamisch, mit Mini-Events, die überall aufblühen und wieder verschwinden. Neben dem vielen Neuen wirft das ‚Mersefest‘ außer- DIE KITA-PLATZ-MISERE Und keine Lösung in Sicht. EINE ZUSAMMENARBEIT DER 3VIERTEL REDAKTION UND DER LEIPZIGER INTERNET ZEITUNG D er 1. August naht. Und ziemlich sicher ist schon abzusehen, dass Leipzig den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für die unter Dreijährigen nicht wird erfüllen können. Die Stadtverwaltung gab sich im November 2012 zwar sehr ambitioniert, die Bedarfsdeckung durch Neubauten, Kapazitätserweiterungen und Modul-Kitas doch noch zu erfüllen. Aber die meisten geplanten Einrichtungen stehen 2013 nicht zur Verfügung. Ein Podium im September 2010 in der Erich-ZeignerSchule, von der SPD moderiert und veranstaltet, weiß keinen Rat. Die aktuell rund 24.000 Plätze in 220 Leipziger Kitas sind tatsächlich 400 zu wenig, schätzt Oberbürgermeister Burkhard Jung. Erst im August 2013 solle das Minus abgebaut und die Versorgungsquote von 68 auf 70 Prozent gesteigert sein. Auch der Anteil der Tagespflege solle von 21 auf 25 Prozent zulegen. „Am Geld scheitert es nicht“, versichert Finanzbürgermeister Torsten Bonew, „eher fehlen 2013 die Baufirmen, um alles zu verbauen.“ „Auch wenn es keiner Mutti hilft“, hat Bonew bis zur erhofften Entspannung Mitte 2013 nur einen passenden DDR-Witz parat, „In Rostock gibt´s Trabis ohne Anmeldung – du musst dich aber in Suhl anstellen!“ Mit Beginn August 2013 tritt der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr in Kraft. Aus Sicht der Leipziger Kita-Initiative tut die Stadt aber zu wenig, um Eltern aufzuklären. Insbesondere vom Jugendamt fordert die Initiative einen transparenten Umgang mit dem Rechtsanspruch und die aktive Bereitschaft, Eltern bei dessen Wahrnehmung zu helfen. Aber warum sind 9.800 neue Kita-Plätze seit 2007 nicht genug? Sollten nicht Kapazitäten vorrätig sein, statt immer gleich weggespart zu werden? Bürokratie, Baukostenpauschale, sächsischer Sparzwang sowie Anti-Kita-Stimmung der potenziellen Nachbarschaft sind nur einige der vielen Hemmschuhe. Entscheidend ist: „Wir haben das Zuzugsphänomen nicht erwartet“, gesteht Jung. Die demografischen Weisen im Dienst der Stadt hätten noch 2005 Stagnation statt Wachstum prognostiziert und die vielen neuen Leipziger zwischen 20 und 38 Jahren nicht kommen sehen. VON ANNE DIETRICH dem einen Blick in die Vergangenheit der Straße. „Man spürt hier immer noch den alten Charme, dass hier mal richtig etwas los war“, sagt Lena Philipp. So wie ohne die vielen alten Ladengeschäfte die aktuellen Entwicklungen gar nicht möglich wären, hält sie ein Straßenfest ohne die alte Bewohnerschaft für undenkbar. Deshalb habe man sich auf die Suche gemacht nach den Menschen, die etwas über die Straße erzählen können. Als Ergebnis wird eine Ausstellung mit Porträts, Dokumenten und kleinen Filmen in der Nummer 38 zu sehen sein. „Uns ist ganz wichtig, dass es bunt wird und sich niemand ausgeschlossen fühlt“, betont Lena Philipps und ergänzt lachend, das werde schon beim Essen sichtbar: Vom grünen Smoothie über Pizza bis zum Spanferkel ist alles dabei. Auch Jan Barnick bringt das Ziel des ‚Mersefestes‘ auf eine einfache Formel: „Wir wollen, dass die Straße dann noch schöner ist als vorher.“ „Momentan erleben wir das ganze Gegenteil von Transparenz und Hilfsbereitschaft“, kritisiert Victoria Jankowicz von der Kita-Initiative: „Eltern werden sogar falsche Maßnahmen empfohlen.“ So müsse der Anspruch laut Sächsischem Kitagesetz (SächsKitaG § 4) sechs Monate vor Beginn der gewünschten Betreuung beim Jugendamt angemeldet werden, um auch erfolgreich einklagbar zu sein. Das Amt allerdings beschwichtige die Eltern und teile ihnen mit, dass sie sich erst sechs Wochen zuvor melden bräuchten. „Das kann böse Folgen haben, weil der Rechtsanspruch so vermutlich nicht einklagbar ist“, sagt Jankowicz. „Es fehlt an einer öffentlichkeitswirksamen Informationspolitik der Stadt“, meint auch Christin Melcher. „Eine Willkommenskultur für Kinder sieht anders aus.“ Aufgabe der Stadt müsse es sein, den Eltern zu erklären, welche Formalitäten sie einhalten müssen, um ihren Anspruch zu wahren, statt sie mit Falschaussagen und Beschwichtigungen hinzuhalten. Die Kita-Initiative beobachtet bereits jetzt einige negative Entwicklungen, wenn etwa private Unternehmen für Eltern kostenpflichtig Betreuungsangebote suchen und anbieten. Aus Sicht der Initiative dürfe es aber nicht das Ziel der städtischen Familienpolitik sein, Eltern zur Beschäftigung von Anwälten und Unternehmen zu zwingen, um ihren Rechtsanspruch durchzusetzen und einen passenden Betreuungsplatz für ihre Kinder zu finden. KIND & KEGEL Ausgabe XXXIII|06 2013 2009 trafen sich zum ersten Mal sieben Leipziger Schüler des Anton-Philipp-Reclam-Gymnasiums und elf französische Schüler aus Lyon, um gemeinsam das Recherche-Projekt „Der Brief“ aufzunehmen. Ziel war es die Lebensgeschichte Martin Kobers nachzuzeichnen, der vor den Nazis von Leipzig über die Schweiz durch Belgien und Frankreich geflohen war, jedoch noch in Frankreich interniert und, vorbei an Leipzig, nach Auschwitz deportiert wurde. Juliane Seifert erklärt den Projektansatz: „Wenn es kaum noch Zeitzeugen gibt, ist die Frage, wie in Zukunft Geschichte aufgearbeitet werden kann und wie Verbindungen zum persönlichen Leben, gerade auch für Schüler, gezogen werden können. Also auch: Was bedeutet es für mich in einer Gesellschaft zu leben, in der es immer noch Diskriminierung gibt? Dafür eignet sich die Arbeit an Einzelschicksalen, auch ohne dass diese berühmt sind.“ M KEIN HELDENLEBEN „Der Brief – La Lettre“ – die Geschichte Martin Kobers. artin Kober zog mit Teilen seiner Familie 1921 nach Leipzig. Er hatte erst ein eigenes Geschäft und wurde später Vertreter. Er fuhr Auto, rauchte und lebte ein Junggesellendasein. Eigentlich ein ganz normales Leben, das ohne die 12 Worte, die dessen Ende bezeichnen, wahrscheinlich in Vergessenheit geraten wäre: „Bitte, daß ein gütiger Mensch diesen Brief weiterleitet. Ich habe keine B r i e f m a r k e .“ Diese Worte sind sein letztes Zeugnis, 1942 aus dem Deportationszug in der Nähe von Leipzig geworfen. Vermutlich wurde Martin Kober schon kurz darauf im KZ Auschwitz ermordet. Doch der Brief, von dem nur die Worte auf dem Umschlag überliefert wurden, erreichte tatsächlich seine Nichte Käthe Leibel in Leipzig. Angeregt durch ihren Sohn, Jochen Leibel, und in Zusammenarbeit mit dem Erich-Zeigner-Haus e. V. ent- Auf 150 qm Ladenfläche finden Sie: Regionales, frisches Obst u. Gemüse • Große Käsetheke mit ausgewählten Spezialitäten • Tofu- und Frischwaren Kühltheke • Biofleisch • Kinder- und Babysortiment • Regionales Getreide direkt vom Erzeuger • Weine, Biere und Säfte • Täglich frisches Vollwert Brot und Brötchen von regionalen Bäckern • Honig vom Lindenauer Hafen • Fairtrade gehandelter Tee, Kaffee und Schokoladen • Kosmetika und Drogerieartikel… ) - - n - - Dein Bioladen in Leipzig-Plagwitz Mo - Fr 9 - 19 Uhr, Sa 9 - 16 Uhr Karl-Heine-Straße 77 • 04229 Leipzig Interdisziplinäre Frühförderstelle Therapiezentrum für Erwachsene und Kinder - Ergotherapie - Logopädie - Physiotherapie therapaedica · Schönauer Landstraße 6 · 04178 Leipzig Telefon: 0341 - 55 01 88 17 · Internet: www.therapaedica.de VON FRANKA HENN stand das Projekt „Der Brief“. Nach der Recherche-Arbeit, die über zwei Jahre dauerte und Reisen an Orte beinhaltete, an denen Martin Kober gelebt hatte, ist im November 2012 auch das Buch „Der Brief“ in der Edition Hamouda erschienen, in dem man die Arbeitsweise und -ergebnisse der Jugendlichen nachlesen kann und das während der Leipziger Buchmesse 2013 der Öffentlichkeit präsentiert wurde. „Das Erich-Zeigner-Haus hat in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit selbstständig nachforschenden Jugendlichen öfter begleitet. Das Buch, und hoffentlich auch bald der Film, sollen natürlich auch die Öffentlichkeit erreichen und die Geschichte selbst, aber auch unsere Erfahrung mit dieser Art, sich Geschichte zu nähern, teilen und vielleicht eine Inspiration für neue Projekte zu sein.“, so Juliane Seifert. 6 KAPITAL & GESELLSCHAFT D er Begriff bezeichnet einen Prozess, bei dem Menschen ihr Viertel verlassen müssen, weil die Mieten steigen. Ihren Platz nehmen dann Besserverdienende ein. Um sich selbst muss sich Roman Grabolle nicht sorgen, denn er wohnt in einem Kollektivhaus: Anstelle eines gewinnorientierten Vermieters kümmert sich das organisierte Kollektiv aller Bewohner darum, dass die Kosten für den gemeinsamen Kauf des Hauses, die Sanierung und weitere Instandhaltungen gedeckt werden. Auf diese Weise bleibt günstiger Wohnraum dauerhaft erhalten. Gegen den Austausch weiter Teile der Bevölkerung im Leipziger Westen können solche Einzelprojekte jedoch nichts ausrichten. Die Angst vor den künftigen sozialen Entwicklungen ist deshalb groß. „Verdrängungsprozesse, die bislang kleinräumig waren, betreffen nun ganze Stadtteile wie Schleußig oder Plagwitz“, beschreibt Grabolle die Lage. Noch sei die Entwicklung auf dem Papier vielleicht nicht sichtbar – deutlich spürbar sei sie allemal. „Ich kann nachvollziehen, dass die momentanen Entwicklungen zu Sorgen führen. Meiner Meinung nach ist die Diskussion aber zu hoch gekocht“, sagt Stefan Heinig, Leiter der Abteilung Stadtentwicklungsplanung. Er schätzt den Leipziger Wohnungsmarkt nach wie vor als entspannt ein. In der Vergangenheit seien die Mieten durch den hohen Leerstand gedrückt worden, vielfach so sehr, dass sie nicht einmal die Kosten deckten. Dass nun mit dem Bevölkerungszuwachs die Nachfrage und damit die Mietpreise stiegen, wertet Heinig erst einmal als einen Normalisierungsprozess. „Die Sensibilität hinsichtlich der Mietpreissteigerungen ist besonders hoch, weil man sie hier nicht gewöhnt ist“, glaubt der Stadtentwicklungsplaner. Wer seit Jahren in Frankfurt oder Hamburg lebe, kenne das Problem dagegen bereits. Auch Heinig hat Erfahrung mit Verdrängungsprozessen. Vor acht Jahren suchte er in Schleußig eine neue, größere Wohnung – und fand keine bezahlbare. Also zog er mit seiner Familie ins damals noch weniger hippe Plagwitz um. Eigentlich ein klassischer Fall von Gentrifizierung. Den Begriff vermeidet der Stadtentwicklungsplaner jedoch: „Ich tue mich mit dem Begriff Gentrifizierung schwer, weil er undifferenziert verwendet wird. Durch den Anstieg der Neuvertragsmieten ist es für Menschen, die umziehen wollen oder müssen, schwierig eine adäquate Wohnung im selben Stadtteil zu finden. Daraus entstehen auch Verdrängungsprozesse, die sehen aber anders aus als in Hamburg oder Berlin.“ Außerdem gebe es in Schleußig diese Phänomene bereits seit Jahren, sie wurden nur nicht so öffentlich diskutiert. Dieter Rink, stellvertretender Leiter des Departments Stadtund Umweltsoziologie am Umweltforschungszentrum. Also alles eine Frage der Wahrnehmung? „Nein“, sagt Dieter Rink, stellvertretender Leiter des Departments Stadt- und Umweltsoziologie am Umweltforschungszentrum. „Der Verdrängungsdruck, der von den Menschen hier im Leipziger Westen wahrgenommen wird, hat seine Berechtigung.“ Leerstand und vergleichsweise niedrige Mieten bilden keinen Widerspruch zur Verdrängung, jedenfalls nicht in Leipzig. Denn hier gebe es einen gespaltenen Wohnungsmarkt, so Rink. Es gibt Gebiete, in denen die Mieter den Markt bestimmen und Viertel, die aktuell einen sehr dynamischen Aufwertungsprozess durchlaufen – hohe Mietforderungen inklusive. Rink nennt das Kind deshalb beim Namen: „Neben Connewitz halte ich den Leipziger Westen für einen der Hotspots von Gentrifizierung in Leipzig.“ Hier werde nicht nur im gehobenen Segment gebaut, wie es in der ganzen Stadt beobachtbar ist, sondern ein Luxussegment implantiert. Verdrängungen sind da vorprogrammiert. Zum einen verändern die Einwohner der neugebauten und sanierten Häuser das soziale Milieu, zum anderen schraubt im hiesigen Vergleichsmietensystem jeder neue LuxusBau den allgemeinen Kostendurchschnitt des Quartiers in die Höhe. Gerade in Leipzig, mit dem höchsten Anteil einkommensarmer Haushalte deutschland- und den niedrigsten Löhnen sachsenweit, sind die Spielräume Ausgabe XXXIII|06 2013 für Mietsteigerungen in weiten Teilen der Bevölkerung winzig, erklärt Rink. N eben der alteingesessenen Bevölkerung der westlichen traditionellen Arbeiterviertel trifft die Gentrifizierung vor allem die stadtsoziologisch als ‚Pioniere‘ bezeichneten Gruppen, Studenten, Künstler und Kulturschaffende, die das Potential der Stadtteile ursprünglich entdeckt und für sich entwickelt haben. Es ist auch dieses kreative Image, das nun die Kostensteigerungen bedingt und die Pioniere in Bedrängnis bringt. Der Künstler Wolf Konrad Roscher kennt das Phänomen bereits: „Bevor ich vor fünf Jahren hierhergezogen bin, habe ich zehn Jahre in der Südvorstadt gewohnt. Dort gab es die ganz klassische Verdrängung und nun findet eigentlich dasselbe Spiel hier statt, nur in wesentlich kürzerer Zeit.“ Geht das so weiter, ist es wahrscheinlich, dass Roscher mit seinem Atelier aus Lindenau verschwindet. Doch wohin? Übrig bleibt nur der Osten der Stadt, sagt Roscher. „Dort gibt es noch Stadtviertel, in denen etwas möglich ist.“ Im Stadtplanungsamt werden solche Pläne gern vernommen, hofft man dort doch auf eine Auffüllbewegung im Leipziger Osten, wo die Leerstandsquote aktuell noch erheblich ist. „Stadtentwicklungspolitisch sind solche Bewegungen auf jeden Fall nicht unerwünscht“, sagt Stefan Heinig und fügt hinzu, man müsse akzeptieren, dass in anderen Stadtteilen nicht mehr jeder die gewünschte Wohnung findet, wenn sich der Osten wieder füllen soll. Die Gentrifizierung als Triebfeder für gleichmäßig niedrige Leerstände – das klingt nach einer wenig sozialen Rechnung. Entsprechend warnt Dieter Rink, dass die Konflikte zunehmen werden, wenn die Entwicklungen so weitergehen. Für Janek Baumer gehört die Auseinandersetzung um sein Zuhause bereits zum Alltag. Mit einer schnellen Lösung rechnet er nicht, auch wenn es ihm am liebsten wäre, einen Burgfrieden zu schließen und in seiner Wohnung zu bleiben. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. „Ich will mich nicht freiwillig entwurzeln lassen“, sagt Baumer. Immerhin verkauften die Leute mit ihrer Wuchermiete auch sein Lebensgefühl, das ruft seinen Kampfgeist wach. „Eine Mieterhöhung würde mich 420 Euro kosten, Widerstand erst einmal gar nichts.“ 7 ANZEIGE Ausgabe XXXIII|06 2013 „Vorhang auf!“ an der GeorgSchwarz-Straße Vermietungsstart lässt altes Herz für neue Generationen schlagen Veranstaltungen Galerie artescena im Juni 2013 (Georg-Schwarz-Straße 70, Montag bis Freitag 1419 Uhr und nach Voranmeldung unter Telefon 0151 59103215) seit 25. Mai pure + poetic* Ernst J. Petras (sculptures), Kathi Sarue (tv-stills), *Clara Schink (sound collagen) | ab 28. Juni Roland Beer (Fotografie) Die Innenhöfe mit Parkcharakter verleihen dem Brunnenviertel eine besondere Lebensqualität. Darstellung: Gärtner & Christ, Leipziger Stadtbau AG Das Brunnenviertel ist am 26. Mai in die Vermietung gestartet. Nach intensiven Planungen und vielen Gesprächen mit lokalen Akteuren rund um die Entwicklung eines historischen Herzstücks der Georg-Schwarz-Straße hat Leipzigs Westen nun eine neue Bühne, die Impulse für die weitere Entwicklung gibt. Vis-à-vis des Diakonissenkrankenhauses mausern sich die ehemaligen „Leutzscher Höfe“ zu einem Generationen verbindenden Quartier, das nun mit Leben gefüllt werden möchte. In der Klopstockstraße 9 und Rinckartstraße 12 stehen ab sofort modern ausgestattete Familienwohnungen mit vier bis fünf Zimmern zum Erstbezug nach Sanierung frei. Mit Flächen zwischen 120 und 145 m2 bedienen sie nicht nur eine Marktlücke, wie die für das Konzept und die Vermietung des Brunnenviertels zuständige Projektleiterin Yvonne Manthei weiß. „Sinnvoll geschnittene Wohnungen sind neben Ausstattung, Infrastruktur und Freizeitwert das A und O, das zum Umzug bewegt, egal, in welchem Alter man in kleiner oder großer Familie lebt.“ Großer Wert wird daher auf eine denkmalschutzgerechte und energetisch nachhaltige Sanierung der Häuser gelegt, die EffizienzStandards erfüllt. Eine ökologische Fernwärme-Versorgung auf Basis der Kraft-Wärme-Kopplung trägt dazu bei. Blick in das liebevoll restaurierte Treppenhaus der Rinckartstraße 12. Foto: P. Usbeck/photoness.de, Leipziger Stadtbau AG Hinter den Wohnungstüren erfüllen die 1- bis 5-ZimmerWohnungen im 2. Karree unterschiedliche Ansprüche auf 40 bis 150 m2. Während das Wohnen „Highline“ die ComfortAusstattung in Fragen des Designs übertrifft, spricht das Wohnen 50+ aufgrund der weitgehenden Barrierefreiheit auch Menschen mit Handicap an. Allen gemein sind die schwellenlos verlegten Parkettböden, sorgfältig ausgeführte Arbeiten von Handwerksfirmen aus der Region und das anliegende, hochleistungsfähige Glasfasernetz, das unter anderem auch das Smart-Wohnen möglich macht. Zum verbindenden Element werden sich zweifelsohne die parkähnlich gestalteten Innenhöfe entwickeln, die allen Bewohnern Räume zur Freizeitgestaltung bieten. Rund um das Thema Brunnen entstehen hier Spielplätze, Grillecken und Sitzgelegenheiten zum Erholen, Klönen und Nachbarschaft leben. Handweberei Tino Hentschel (Georg-Schwarz-Straße 70 Telefon 01577 3111724) Jeden Mittwoch ab 18 Uhr Textiler Werkstatttreff Kaffee Schwarz im Juni 2013 (Georg-Schwarz-Straße 56, Telefon 0341 26586086) Jeden Sonntag ab 10 Uhr Sunday Brunch and Junk | jeden Mittwoch ab 21 Uhr Jazz Session | 7. Juni 19 Uhr Jenn Kelly (USA; Anti Folk) | 8. Juni 19 Uhr LLLL (Leipzig; Electronica/Spacy Jazz) | 12. Juni 19 Uhr Jan Kyncl (Czech; Jazz) | 15. Juni Sommer Pause Party: ab 10 Uhr Trödel, ab 21 Uhr Musik | 20. Juni 19 Uhr Finissage von Günther (Charlie) Berger gelungener auftakt. Lichte Zimmer mit Parkettböden und neuen Innentüren gibt es in allen Wohnungen. Foto: P. Usbeck/photoness.de, Leipziger Stadtbau AG Doch auch darüber hinaus wird sich im und um das Brunnenviertel noch einiges tun. „Ein Quartier wie das Brunnenviertel lässt sich nicht losgelöst von seiner Umgebung entwickeln“, ergänzt Yvonne Manthei. So engagiert sich der Vorhabenträger seit längerem für den barrierefreien Ausbau der anliegenden Straßenbahn-Haltestelle und arbeitet an einem Zukunft orientierten Mobilitätskonzept. „Heutigen Mietern stehen bereits großzügige, straßenseitig zugängliche Fahrradkeller und das Angebot zum CarSharing in der William-Zipperer-Straße zur Verfügung.“ Eine Fahrradmietstation sowie eine Stromtankstelle werden sehr wahrscheinlich folgen. Auch für das PKW-Parken liegt eine mögliche Lösung in der Schublade. Ebenso ist an die Ergänzung der kurzen Wege vor Ort gedacht. So sollen weitere Dienstleistungsangebote und Einkaufsmöglichkeiten geschaffen werden. Dabei geht es vordergründig um die Ansiedelung eines kleinen Supermarktes, die Etablierung eines Gesundheitszentrums nebst einem Standort für Betreutes Wohnen. Stets aktuell bleiben die Idee, Eigentum zum Selbstausbau zur Verfügung zu stellen, und die Offerte, Wohnen mit Arbeiten zu verknüpfen. „Auf zu entwickelnden rund 38.000 Quadratmetern findet sich für alles Raum, das zu einem funktionierenden, lebendigen Quartier beiträgt“, so Manthei. Die kommenden Vermietungs-Sonntage bieten zwischen 14 und 18 Uhr neben Informationen die Gelegenheit zum Gespräch vor Ort. Lokale Player gestalten den thematischen Rahmen. Aktuelle Themen: www.brunnenviertel-leipzig.de DAS BRUNNENVIERTEL ist ein Projekt der Leipziger Stadtbau AG. Ihre Ansprechpartnerin ist Yvonne Manthei, Tel. 0341 213930, [email protected], www.brunnenviertel-leipzig.de Viele Interessierte nutzten den 26. Mai zur Information und Besichtigung. Das Vermietungsbüro in der Rinckartstraße 12 ist jeden Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr geöffnet. In dieser Zeit präsentieren sich auch lokale Akteure, denn sie gestalten das Rahmenprogramm! Den Auftakt gab die Initiative für zeitgenössische Stadtentwicklung (IFZS). Mit dem Projekt „Annalinde“ stellte sie einen ebenso besonderen Garten in der Stadt vor, bot Kostproben und Jungpflanzen aus ihrem ökologischen Landbau an. Das Vermietungsteam ist jederzeit telefonisch unter 0173 28 377 48 erreichbar. Fotos: P. Usbeck/photoness.de, Leipziger Stadtbau AG 8 KUNST & KULTUR Ausgabe XXXIII|06 2013 THEATER IN GARTENPARZELLE 183 Romy Kuhn inszeniert ihr Stück „Utopie eigene Sparte“ im Kleingartenverein in Schleußig. L VON JAN-HENNING KOCH eipzig ist und bleibt SchrebergartenHochburg. Nicht nur die Dichte an Kleingärten pro Einwohnerzahl liegt deutschlandweit mit über sechs Kleingärten pro 100 Einwohnern landesweit an der Spitze, auch der Leipziger Arzt Moritz Schreber (obwohl nur vermeintlicher Erfinder der Gartensparte) verleiht dem gemeinläufigen Schrebergarten nach wie vor seinen Namen. Und auch das Deutsche Kleingärtnermuseum ist in Leipzig zu Hause. Junge Paare, Familien und Singles pachten sich wieder vermehrt ihren eigenen Kleingarten, den sie als „etwas Eigenes, das einen festhält“ betrachten, so eine Hypothese von Regisseurin Romy Kuhn. Für ihre neue Inszenierung „Utopie eigene Sparte“, die am 27. Juni Premiere feiert, begibt sie sich direkt an den Ort des Geschehens: Exemplarisch dient ihr die Gartenparzelle 183 im Kleingärtnerverein „An der Dammstraße“ in Schleußig als Spielfläche. „Das Publikum ist Zaungast und blickt in die Parzelle hinein. Wir haben eine Terrasse, Hochbeete und sogar einen kleinen See. Und überall um uns herum wächst etwas und es kommt immer wieder etwas Neues aus dem Boden geschossen“, beschreibt Kuhn ihr ungewöhnlich botanisches Naturbühnengelände. Auf künstliches Licht und aufwändige Kulissen verzichtet sie. „Es gibt Musik und Ton – und uns.“ Kuhn legt in ihrer Inszenierung den inhaltlichen Fokus auf die neue, junge Sparten-Generation und wie sie sich ihren Platz inmitten der Alteingesessenen sucht. Und sie zeigt auf, wie der „Traum von etwas Eigenem“ schnell zu einer Utopie zusammenschrumpfen kann. Denn, wer im eigenen Kleingarten einen arglosen Erholungsort sucht, findet sich, neben diversen Vorschriften und Verpflichtungen, die befolgt werden wollen, schnell mit der „Realität der Natur und allem, was kreucht und fleucht“ konfrontiert. Die Theatermacherin verfolgt aber nicht in erster Linie eine kritische Auseinandersetzung. Viel mehr will sie „exemplarische Geschichten, die über mehrere Generationen gehen“ zeigen. „Es werden die Ergebnisse unserer Forschungen zum ‚Generationenreservoir’, wie es nur hier vorherrscht, zu sehen sein“, verspricht Kuhn. Dabei werde stark „die soziale Komponente der Gartensparte“ gespiegelt. Das Stück – eine Mischung aus Tanz- und Erzähltheater – entwickelt sie gemeinsam mit ihren beiden Darstellern aus dem abgezäunten Spielort im Grünen heraus. Und sie greift auf die reichhaltigen Chronikschätze diverser Kleingartenvereine zurück. „So gut wie jeder Gartenverein hat einen eigenen Chronisten. Es ist eine richtig eigene Welt, die sich hier seit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hat“, erzählt die Theatermacherin. Neben dem Schauspieler Detlef Vitzthum (67) spielt Tänzerin Jana Rath (34) von der Leipziger Tanz- und Performance-Gruppe „compagnie mintrotundschwarz“. Für Vitzthum ist „das, was wir machen perfomativ theatrale Gartenarbeit“. Seit vierzig Jahren steht er im Theater der Jungen Welt auf der Bühne und feiert in diesem Jahr folglich sein 40. Bühnenjubiläum. „Zu meinem Jubiläum bekomme ich nun die Rosen im Stück gleich mit dazu“, sagt er schmunzelnd. Theaterstück „Utopie eigene Sparte“ Premiere: 27.6., 19.30 Uhr; weitere Termine: 29.6., 19.30 Uhr, 30.6., 16.00 Uhr, 13.7., 19.30 Uhr, 17.8., 16.00 Uhr & 19.30 Uhr | im Kleingärtnerverein „An der Dammstraße e. V.“, Dammstraße 1, Gartenparzelle 183 (am Ort ausgeschildert) www.kgv-anderdammstrasse-e-v.de Infotelefon: 0176 - 64 29 84 73 KUNST & KULTUR Ausgabe XXXIII|06 2013 WAS VOM MYTHOS ÜBRIG BLEIBT Die Ausstellung „Mythos Wagner“ im Klinger Forum. W agner, Wagner über alles? Zumindest überall! Briefmarken, Gedenkmünzen, ein neues Denkmal an der Klinger-Treppe und vieles mehr. Die Flut der Ehrungen anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner hätte dem gebürtigen Leipziger sicherlich gefallen. Ob oder inwieweit diese Ehrungen gerechtfertigt sind, ist eine andere, wenngleich auch durchaus berechtigte Frage. Wagner polarisiert. Auf der einen Seite der Musiker der die Oper revolutionierte und die Musikwelt nachhaltig prägte, auf der anderen Seite die Speerspitze des bürgerlichen Antisemitismus, dem er, wenn nicht allein, so doch aufgrund seiner exponierten gesellschaftlichen Stellung dazu verholfen hat, salonfähig zu werden. Daran laboriert das Phänomen Wagner bis heute. Hinter der Fassade des Mythos lauert viel Fragwürdigkeit, viel Ambivalentes. Dieser Mythos „Wagner“ ist Gegenstand der derzeitigen Ausstellung des Klinger Forums, das bis zum 7. Juli Positionen deutscher Gegenwartskünstler präsentiert, die sich mit Wagner und dessen Werk auseinandergesetzt haben. „Die Ausstellung stellt sich der Frage, was die Kunst nach 1945 zum Thema Wagner anbietet.“, so die Kuratorin Dr. Margit im Schlaa. Zu sehen ist ein Querschnitt durch die Wagnerrezeption der deutschen Gegenwartskunst, der die verschiedenen Herangehensweisen an die mythische Rezeption Wagners zum Gegenstand macht. „Auch wenn an diesem Mythos gekratzt wird, verschwindet er nicht, sondern dehnt sich im Gegenteil dadurch immer weiter aus, dass er die Vielfalt und die Widersprüche, die in ihm stecken, offenbart.“, so im Schlaa. Vielfalt und Widersprüche finden sich in der Ausstellung zu Hauf. Neben den Werken von Anselm Kiefer und Markus Lüpertz findet man Arbeiten des enfant terrible der deutschen Gegenwartskunst Jonathan Meese. Hinzu kommen die Rauminstallationen von Henning von Gierke und Thorsten Brinkmann. Kiefers Holzschnitt „Brunhilde Grane“ kann als kritische Position zum zentralen Wagner-Motiv vom Liebestod gelesen werden. Als großes Andachtszeichen in einem abgedunkelten Raum offenbart der sakrale Charakter des Bildes – es erinnert durch seine T-Form an die frühe Form des Kreuzes – die Schattenseite eines nihilistischen Liebestod-Ideals. Analogien zu Dürers „Ritter, Tod und Teufel“ drängen sich auf, wenn der Betrachter dem Skelett Granes – Siegfrieds Pferd, das er als Liebespfand von Brunhilde geschenkt bekam – gegenüber steht. Die Ödniss und Leere gemahnen an die Auswirkungen der Politik der verbrannten Erde. Verdun und Auschwitz sind nicht wegzudenken. Grane ist als untotes Pferd der trauernde Geist eines fatalistischen Ideals, das durch sein Streben nach Totalität keine Vollendung finden kann. Für im Schlaa repräsentiert die Arbeit nur vordergründig den Tod. „Grane steht stolz und aufrecht, wenn auch als Skelett, im Scheiterhaufen und repräsentiert damit ein sehr idealistisches Liebes-Ideal, da es den Tod der beiden Liebenden überwindet und in die Ewigkeit transzendiert. “ 9 VON MORITZ ARAND Faden durch sein Werk ziehen.“, so im Schlaa. Diese Konstanten finden sich auch in der Ausstellung wieder. Gleichwohl werden diese an gegebener Stelle kritisch reflektiert und in den verschiedenen Kontexten unterschiedlich dargestellt und wahrgenommen. Das Nebeneinander der verschiedenen Ansätze zeigt, wieviel Vielfalt möglich und in Bezug auf Wagners ästhetisch-ideologische Fragwürdigkeit nötig ist. Bild oben links: Kuratotrin Dr. Margit im Schlaa. Bild oben rechts: Thorsten Brinkmannsrosafarbenes Zimmer. Bild Mitte: Thorsten Brinkmann Bilder: © Robert Raithel | B&B PR Unter dem Arbeitstitel „Männer ohne Frauen – Parsifal“ setzt sich Markus Lüpertz in seinen Linolschnitten mit dem Ideal der Keuschheit auseinander. Die dargestellten Männerköpfe, die alle frontal ausgerichtet und auf wenige lineare Formelemente reduziert sind, stellen Leidensmänner dar, die, wenn ihre Masken verschwinden, Gefahr laufen sich aufzulösen. Das asketische Ideal, falsch verstanden als weltfeindliche Entsagung und nicht als Einübung in Praktiken der Selbststeigerung, ist hier Ausdruck der Ich-Auflösung. Andererseits kann das Verschwinden männlicher Idealität auch als progressiver Akt begriffen werden, der die archaischen Männlichkeitsideale demontiert und die verdrängten weiblichen Anteile zu integrieren versucht. Ähnliches findet sich auch in der Rauminstallation von Thorsten Brinkmann. Unter dem Titel „La vie en RoseRock“ zeigt Brinkmann ein rosafarbenes Zimmer, in dem er die Figuren der Nibelungen-Saga präsentiert. Das rosa Zimmer referiert auf Wagners Privatgemach, in dem er sich, so die Legende, mit Damenkleidern geschmückt haben und seinen Neigungen, welcher Art auch immer diese gewesen sein mögen, nachgegangen sein soll. Wagner als Transvestit? Warum nicht! Brinkmann zeigt hier neue Wege zu Wagner. Auf den Fotografien, die an den Wänden hängen, verschwinden die dargestellten Körper von Siegfried, Brunhilde und dem Zwerg Alberich hinter den Gegenständen, die sie verkleiden. Es sind keine Gesichter zu sehen, nur Ausdrucksprothese in Form von verbeulten Blecheimern. Verstümmelt, zugemüllt und überfrachtet sind die Objekte mit dem Überschuss unserer Wegwerfgesellschaft. Denn Brinkmann arbeitet mit Materialien, die Abfall im allgemeinsten Sinne sind. Wagners Figuren erscheinen in einem kitschig-trashigen Antlitz und erhalten dadurch eine höchst interessante und amüsante Kontur. Die Ausstellung bietet ein differenziertes Bild, das der Person und dem Werk Wagners durchaus gerecht wird. Vom heroischen Überton Meeses, der beweist, dass Wagner auch für eine nächste Diktatur erneut als Ikone genutzt werden kann, über die Travestieshow Brinkmanns bis hin zu den Arbeiten von Lüpertz und Kiefers, die an das Dunkle und Fragwürdige der Wagnerei gemahnen, ist alles dabei, was dem Diskurs „Wagner“ innewohnt. „Die allgegenwärtige Aktualität und Relevanz Wagners zeigt sich in den Leitmotiven Wagners, die sich in ihrer Eigenschaft als anthropologische Konstanten wie ein roter Zuwendung und Vertrauen – seit über 110 Jahren Ihre Vor- und Nachbehandlung zur stationären Versorgung findet im neuen Ärztehaus statt. Eine telefonische Terminvergabe ist erforderlich: 1.OG 0341 444 - 5015 Gefäßchirurgie 3.OG 0341 444 - 5016 Sprechstunden DIAKONISSENÄRZTEHAUS Georg-Schwarz-Straße 55 04179 Leipzig [email protected] OPTIK WEISS Lindenauer Markt 9, 04177 Leipzig Tel.: 47 84 10 84|www.optik-weiss.de|[email protected] 10 S BEWEGEN & LEBEN Ausgabe XXXIII|06 2013 FAIRPLAY MIT HAUDRAUF 1. Leipziger „Peppermint Bike Polo Cup“ in Böhlitz-Ehrenberg. VON LAURA BIERAU Rad, Schläger, Körpereinsatz sind die Grundelemente beim Bike Polo ie heißen „Rasende Rabauken“, „Melonenmilch“ oder auch „Dialektische Dialyse“ – die Teams des 1. Leipziger „Peppermint Bike Polo Cups“, der am 25. und 26. Mai auf dem Rollhockeyplatz in Böhlitz-Ehrenberg stattfand. 20 Mannschaften zu je drei Mitspielern radelten und rempelten um die Wette, um den kleinen Ball mit einem speziellen Schläger ins Tor zu hauen. Bikepolo, das ist eine Art urbaner Hybridsport, bei dem sich Elemente aus dem Radball, dem Pferdepolo und Hockey mit purer Fahrradbegeisterung verbinden. Ein festes Regelwerk ist erst am Entstehen, weil Bikepolo in dieser Form seit gerade einmal 15 Jahren existiert und bisher kaum institutionalisiert ist. Dem Ursprungsmythos nach begannen unterbeschäftigte Fahrradkuriere in Seattle um die Jahrtausendwende, sich mit diesem Spiel ihre Zeit zu vertreiben. Seit 2006 rollen die PoloRadler auch in Großstädten Deutschlands. Gespielt wird praktisch überall, wo fester Boden auf einer Größe von ca. 22 x 44 m zu finden ist. Das Tor ist so lang und hoch wie ein Fahrrad, die Schläger bestehen aus Skistöcken und einem Stück Rohr, Marke Eigenbau, die Räder sind liebevoll zusammengefrickelt und „polotauglich“ gemacht. Das heißt, sie sind äußerst wendig und robust; einige haben Speichenschutz, damit der Schläger sich nicht verhakt. Mit einer Hand wird das Rad gelenkt, mit der anderen der Schläger dirigiert, der Boden darf nicht mit dem Fuß berührt werden. Passiert das, muss der Spieler zu einem bestimmten Punkt an der Bande fahren und diesen abschlagen, bevor er weiterspielen kann. Das Team, das als erstes fünf Tore erzielt, gewinnt. „Das erfordert eine Menge Körperbeherrschung auf dem Rad bis hin zu akrobatischen Fähigkeiten“, erklärt Bikepolospieler Richard, genannt Richie, die Besonderheit dieses actionreichen Straßensports. „Bikepolo ist aber auch klar ein Teamsport und Fairness auf dem Platz oberstes Gebot.“, so der Leipziger weiter. Doch auch ge- Das Siegerteam „Apollo 3“ aus Warschau ist bereits polnischer Meister im Bike Polo genseitiges Blocken oder an den Rand drängen gehört zum Spiel, Stürze vom Rad kommen immer wieder vor. Vom Parkhaus zum Rollhockeyclub Richie kam vor sechs Jahren über Kontakte in die Münchner Radszene zum Bikepolo und brachte das Spiel mit nach Leipzig. Inzwischen gibt es gut ein Dutzend Spieler in der Stadt, die sich bis zu zweimal wöchentlich zum Polospielen treffen. Zuwachs ist immer willkommen, da man so in mehr Teams spielen kann – auch zwei Leihräder stehen für Neulinge parat. Lange Zeit hatten die Leipziger jedoch keinen festen Spielort, nutzten leere Parkhäuser oder Straßenunterführungen. Vor einem Jahr kam dann der Kontakt zum Rollhockeyclub „Aufbau Böhlitz-Ehrenberg e. V.“ zustande und kurzerhand entschieden sich die Spieler, Mitglieder im Verein zu werden. „Der Platz bietet beste Bedingungen für uns. Das und die sehr gute Kooperation mit dem Verein hat uns schließlich motiviert, einen eigenen Bikepolo-Cup in Leipzig auszurichten“, so Mario, der seit einigen Jahren beim Polo dabei ist. Da die Szene europaweit noch recht überschaubar ist, kennen sich viele Spieler persönlich und sind untereinander gut vernetzt. Somit war es nicht schwer, BikepoloEnthusiasten aus ganz Deutschland, Polen, England, Ungarn, Tschechien und sogar den USA nach Leipzig zu locken. „Die Suche nach Sponsoren verlief überraschend gut. Es gab viel positive Resonanz seitens angefragter Sponsoren, sowohl aus Leipzig, als auch bei großen internationalen Firmen“, freut sich René, der schon bei der Organisation der Bikepolo-Weltmeisterschaft in Berlin im Jahr 2010 mitwirkte. „3 - 2 - 1 ... Polo!“ Trotz des kühlen Regenwetters herrscht entspannte Stimmung auf dem Open-Air-Platz in Böhlitz-Ehren- berg: Eine Mischung aus konzentriertem Wettbewerb und Festivalfeeling. Während auf dem Spielfeld die Mannschaften zunächst im 10-Minuten-Takt gegeneinander antreten, wird hinter der Bande bei Beats, Bratwurst oder Tofuburger zugeschaut, über Regeln diskutiert und angefeuert. Wer Gegner auf dem Feld ist, nimmt sich nach Spielende wieder lachend in die Arme. Bikepolo ist ein Teamsport für Individualisten und gleichzeitig eine eigene Subkultur. Nachdem am ersten Spieltag aus den 20 Startteams die besten 16 herausgefiltert wurden, geht es am zweiten Spieltag um den Pokalsieg. Durchnässt vom Dauerregen wird der neonrote Ball von den hartnäckigsten und versiertesten Teams durch die Pfützen gepeitscht. Wegen der rutschigen Spielfläche häufen sich die Stürze, die Stimmung auf dem Platz wird gegen Turnierende rabiater. „Das ist normal“, sagt Karsten, einer der erfolgreichsten Leipziger Spieler, der bereits selbst auf Turnieren gewann. „Einige Teams sind sehr engagiert dabei, bei denen ist Bikepolo Lebensmittelpunkt und daher nehmen die es sehr ernst.“ Und so machen die Profis am Ende auch den Leipziger „Peppermint Bike Polo Cup“ unter sich aus: Die polnischen Meister von „Apollo 3“ aus Warschau gewinnen vor „Bambule“ aus Berlin und „Endboss“ aus München. Richie, Aline, Mario, René und Karsten sind nach über einem halben Jahr Vorbereitungszeit sichtlich zufrieden mit dem Ablauf und der Atmosphäre beim Cup. Den jubelnden Siegern wird der selbst gebastelte Pokal überreicht, dem Rollhockeyclub und dem großen Kreis an freiwilligen Helfern gedankt. Für sie steht fest: Eine Wiederholung im nächsten Jahr ist garantiert! www.facebook.com/BikePoloLeipzig 11 BEWEGEN & LEBEN Ausgabe XXXIII|06 2013 10 Jahre Senioren-Wohnpark „Stadtpalais“ – Ein Grund zum Feiern Am 15. Mai 2003 lud der Senioren-Wohnpark „Stadtpalais“ das erste Mal zu einem großen Fest in seinen historischen Garten ein – damals zur Eröffnungsfeier des schönen Palais. Seither haben viele Senioren in diesem wunderschönen Gebäude ein neues Zuhause gefunden und genießen das erstklassische Ambiente. Genau 10 Jahre später, am 15. Mai 2013 öffnete der Senioren-Wohnpark erneut seine Türen und lud zur großen Jubiläumsfeier ein. Gemeinsam mit den Gästen, zu denen u. a. auch der ehemalige Regionalleiter Herr Heckmann zählte, welcher das Haus vor 10 Jahren eröffnete, blickte die Einrichtungsleiterin Maria Franze auf die vergangenen 10 Jahre zurück. Eine Präsentation in Bild & Ton über die kulturellen Höhepunkte der vergangenen 10 Jahre begleitete den Vortrag und gab vielen Gästen einen Einblick in das Leben der Senioren im „Stadtpalais“. Am Nachmittag wurde es dann richtig gemütlich. Viele schattige Plätze unter den Zelten und Pavillons luden Bewohner, Angehörige, Gäste und Mitarbeiter an diesem sonnigen Nachmittag zum Verweilen und Mitfeiern ein. Und wie es bei einem runden Geburtstag üblich ist, begann der Nachmittag nicht nur mit Glückwünschen zum Jubiläum, sondern auch mit dem Anschneiden einer großen, extra angefertigten Geburtstagstorte. Der Morgen dieses sonnigen Tages begann mit einem ganz besonderen Frühstück für die Bewohner und einem Sektempfang mit Feierstunde für geladene Gäste. Das bunte unterhaltsame Musikprogramm mit Torsten Gräbert sorgte für gute Laune und lud alle Bewohner und Gäste zum Mitsingen und Mitschunkeln ein. Für große Freude sorgte der Auftritt der kleinsten Gäste an diesem Tag, den Kindern aus dem Patenkindergarten und ihrem unterhaltsamen Programm. Beim abendlichen Grillfest waren sich alle Bewohner, Angehörige, Gäste und Mitarbeiter einig, dass es eine rundum gelungene Geburtstagsfeier war. Und so wurde an diesem Abend noch einmal gemeinsam angestoßen – auf die vergangenen 10 Jahre Senioren-Wohnpark „Stadtpalais“ und auf die Zukunft des Hauses! Mehr Informationen unter: Senioren-Wohnpark Leipzig – Stadtpalais Maria Franze, Einrichtungsleiterin Sebastian-Bach-Straße 51 04109 Leipzig Telefon: 0341 / 14 91 -0 Internet: www.senioren-wohnpark-stadtpalais.de/ DER SCHLAF IST EINE TRENNUNG Fouad Boutahars lyrisches Kurzfilmdebüt „Nachtschwärmer“. „Lahab stammt aus Marokko und lebt mit seinem Kind und seiner deutschen Frau in einem für ihn fremden Land. Arbeit und Familienalltag lassen ihm nur in der Nacht Zeit seinen Musen nachzugehen. Sein Atelier ist Schutzort, Inspiration und Zuflucht nach Exzessen, bis ihn sein zeitintensives Doppelleben zu einer Entscheidung zwingt. Die Liebe zu den schönen Künsten, zur Heimat und zum Alkohol soll er gegen ein konservatives Familienleben eintauschen?“ So lautet der Einführungstext zum Kurzfilm „Nachtschwärmer“ von Fouad Boutahar. D er fünfsprachige Student der Fremdsprachenkorrespondenz lebt seit vier Jahren in Leipzig und hat zusammen mit dem Kameramann Andreas Giesecke das 27-minütige Filmwerk geschaffen, in dem sich der Protagonist mit den Diskrepanzen zwischen dem Familienalltag, dem Künstlerleben und dem Berufsalltag konfrontiert sieht und mit zunehmender Dauer in diesem Kampf seine Kräfte verbraucht. Seine Existenz ist vom Verfall bedroht. Ständig müde eilt er durch seinen Tag, ohne Ruhe zu finden. Überall tickt erbarmungslos der Takt der Zeit und treibt ihn auf einer Kreisbahn, deren Sog ihn haltlos zu machen scheint. Immer wieder erscheint ihm dabei eine Geisterfigur, die durch ihre Aufmachung an den Mephisto von Gustav Gründgens erinnert. „Diese Figur VON MORITZ ARAND reflektiert die Situation, in der der Protagonist sich befindet.“, so Boutahar. Sein bedrohliches Antlitz spiegelt die Gefahr wider, in der sich Lahab selbst befindet. Auf der Grundlage des Migrationshintergrundes von Lahab kann der Film auch als Suche nach Identität in einem fremden Land verstanden werden. Und trotzdem ist Lahab ein normaler Mensch, ein Arabistikdozent, mit normalen Problemen, wie sie jeden Menschen ereilen. Und wie jeder Mensch, findet auch Lahab eine Lösung. Boutahar versteht den Film damit auch als Kritik an der „unkonstruktiven Philosophie der Medien hinsichtlich eines stigmatisierten Araberbildes. Der Araber ist eingedönert. Diese Situation versuche ich dadurch zu bekämpfen, dass ich mit meinem Film eine andere Seite des stereotypen Araberbildes darstelle. Es ist ein Film, der meine Koexistenz verteidigt.“ Auch wenn der Film eigene Geschichten verarbeitet, so ist er doch kein Autorenfilm, sagt Boutahar. Der Ton des Filmes ist Boutahar genau so wichtig wie das Bild und wurde aufwendig produziert. Mehrere Bands und verschiedene Künstler waren am Entstehen des Soundtracks beteiligt. Die einzelnen Tracks formieren sich vor dem Bild zu einer völlig neuen und vielschichtigen Soundcollage. Die öffentliche Teampremiere findet am 12. Juli um 19.30 Uhr im Luru-Kino statt. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, mit dem Team ins Gespräch zu kommen. 12 DAS PORTRAIT Ausgabe XXXIII|06 2013 LEBEN IST BEWEGUNG Maria Schüritz ist 27 Jahre alt und in Leutzsch aufgewachsen. Sie hat in Leutzsch die 57. Grundschule besucht und anschließend in Lindenau das Robert-Schumann-Gymnasium. Sie ist in den Bands Funky Zebra, Damario und mit dem Soloprojekt Looped SoulSongWriting musikalisch aktiv. Bei der Kulturwerkstatt KAOS ist sie groß geworden. Sie war Kurskind, Praktikantin, ehrenamtliche Mitarbeiterin und schließlich ist sie seit 2011 für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Zudem ist sie Initiatorin des KAOS-Kultursommers. 3VIERTEL: Wie war es damals in Lindenau? Maria Schüritz: Lindenau war als Viertel ein bisschen gruselig. Die Schule war eine Insel. Wir waren immer froh in der Straßenbahn zu sitzen. Heute ist es freundlicher und offener geworden. 3VIERTEL: Wie war Ihre Schulzeit? M. Schüritz: Ich bin Linkshänderin und meine Kindergärtnerin hat das meiner Mutter mitgeteilt, darauf zu achten, dass das nicht umgewöhnt wird. Ich habe mich total auf die Schule gefreut als Kind, aber kam dann immer heulend nach Hause, weil mir der Stift immer in die rechte Hand gedrückt wurde. Danach war ich auf dem Robert-Schumann-Gymnasium, das stark musisch orientiert ist. Ich war in einer Schulband und wir haben auch mal auf dem Lindenauer Markt gespielt. Das war gut und hat Spaß gemacht. 3VIERTEL: Heute leben Sie in Schleußig? M. Schüritz: Es wird ja oft behauptet, dass dort die Ökofaschisten leben. Ich fühle mich aber wohl zwischen diesen Menschen, die in der Lage sind, miteinander offen und freundlich zu kommunizieren. Als ich mal in Plagwitz wohnte und regelmäßig in der Elsterpassage einkaufen ging, fand ich das nicht so lustig. 3VIERTEL: Was haben Ihre Eltern gemacht? M. Schüritz: Mein Papa arbeitet schon seit gefühlten hundert Jahren im Museum für Völkerkunde. Meine Mutter hat in Verlagen gearbeitet und gibt heute Computerkurse für Migranten. 3VIERTEL: Sind Sie Einzelkind? Wie war Ihr Elternhaus? M. Schüritz: Ich habe einen kleinen Bruder, der mittlerweile größer ist als ich. Wir wurden kulturell viel gefördert. Ich bin schon 1992 im KAOS gewesen. Ich war zunächst im Zeichenzirkel, dann habe ich ganz lange getöpfert und getanzt. Ich war auch in einer Tanzschule, hatte seit der dritten Klasse Gitarrenunterricht und ich war im Chor. 3VIERTEL: Warum haben Sie nicht später Kunst oder Musik studiert? M. Schüritz: Ich habe auch früher nie gedacht, dass ich Kulturpädagogin werde. Ich wollte aber mal Gesang studieren, habe aber beobachtet, dass dort die Emotionalität verloren geht, wenn die Stimmen so geschliffen werden. Ich komme selbst vom Blues, ich mag diese Rohheit, das ist mir wichtig. Es darf auch mal schief klingen. Alle Musiker, die ich bewundere, haben niemals Gesang studiert. Denen wird nachgesagt, dass sie ihre Stimmen kaputt machen, aber das machen die seit 40 Jahren und zwar ganz fantastisch. Ich habe eine Weile lang kommerzielle Auftritte als Sän- gerin gemacht. Dort hat sich kein Schwein darum geschert, dass ich mir die Seele aus dem Leib schreie, das hat mich sehr verletzt. Deshalb will ich auch nicht abhängig davon sein, die Lieder, die alle kennen und hören wollen, singen zu müssen. Ich will die Lieder singen, die mich bewegen. 3VIERTEL: Wie kam es dann zu der Entscheidung für Kultur- und Medienpädagogik? M. Schüritz: Mein damaliger Freund, der selbst Sozialpädagogik studierte, hat mir dazu geraten. Ich habe mich dort blind eingeschrieben und während des Studiums gemerkt, dass mir das wirklich total liegt. 3VIERTEL: Sie sind in den Bands, Funky Zebra, Damario und ihrem Solo-Projekt Looped SoulSongWriting aktiv, Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im KAOS, Initiatorin des KAOS-Kultursommers und bieten auch selbst Kulturpädagogische Angebote im KAOS an. Wann schlafen Sie? M. Schüritz: Nachts. Ich arbeite sehr effektiv, sehr schnell und mache auch keine Pausen. Ich gebe immer 120 Prozent, deswegen schaffe ich es, genügend zu schlafen. Aber ich merke teilweise schon, dass es gut täte, manchmal einen Gang runter zu schalten. 3VIERTEL: Schaffen Sie Ihren Tagesplan abzuarbeiten? M. Schüritz: Nein, das ist einfach so viel. Wir sind auch zu wenige im KAOS um dieses große Projekt adäquat bespielen zu können. Früher haben hier zwölf Festangestellte gearbeitet, heute sind es vier Vollzeitkräfte. Wir haben trotzdem ein ähnliches Anforderungsdenken an uns selbst. Es ist ganz schwer zu akzeptieren, dass wir in dem kleinen Team weniger schaffen. 3VIERTEL: Sie singen in Ihren Texten von den Utopien einer besseren Welt. Wie sieht Ihre bessere Welt aus? M. Schüritz: Ich, als alter Star Trek Fan, träume von einer Welt ohne Geld, in der die Aufgaben vernunftbasiert verteilt werden und es nicht um Bereicherung geht. 3VIERTEL: Sie haben als Kind im KAOS diverse Bildungsangebote nutzen können, als Schülerin oder Jugendliche haben Sie hier Praktikum gemacht, zeitweise haben Sie auch ehrenamtlich hier gearbeitet. Heute haben Sie eine Vollzeitstelle. Wie schafft es die Generation Praktikum die unbezahlte Tätigkeit in eine vergütete Vollzeitstelle umzuwandeln? M. Schüritz: Ich muss dazu sagen, dass ich eine Bürgerarbeitsstelle habe. Die ist gefördert, ein Nachfolgemodell der ABM-Stellen. Ich arbeite hier also dreißg Stunden für einen äußerst geringen Lohn. Und brauche noch einen Nebenjob, um mir meine 35 Quadratmeter in Schleußig finanzieren zu können. Ich sage mir immer, ich brauche nicht so viel Geld, aber das ist wirklich zu wenig. 3VIERTEL: Das KAOS ist Ihr zweites Zuhause? M. Schüritz: Der Ort verändert sich natürlich schon, wenn man hier arbeitet. Das ist anders als wenn man als Kind die Zeit genießt, spielt, oder als Praktikantin, wenn man keine Verantwortung hat. Aber trotzdem ist es für mich immer noch sehr heimisch hier, und das Team ist auch sehr familiär. 3VIERTEL: Wie kommt Ihr Anspruch an Sie selbst zustande? Waren Ihre Eltern so streng? M. Schüritz: Nein, mein Vater ist ganz sanft. Ich habe als Kind immer wahnsinnig viel gemacht, war immer gewohnt in Bewegung zu sein. Mehr Probleme haben mir die Zeit der Ferien bereitet, die Zeit der Leere, ohne die Aufgaben. Das ist heute immer noch so, ich arbeite aber daran zu lernen, dass freie Zeit auch etwas Gutes sein kann. Dazu kommt, dass ich sehr begeisterungsfähig bin und mich die Veranstaltungen, die ich organisiere, in dem Moment, wo sie stattfinden, faszinieren. Gerade auch die Verschiedenartigkeit der Dinge, die ich tue. Ich mag gerne verschiedene Musik machen, also sind es gleich drei Projekte, in denen ich mich musikalisch auslebe. Und noch eine ganze Reihe anderer Dinge, die mich immer wieder begeistern und nicht zur Ruhe kommen lassen. 3VIERTEL: Die Aktivitäten sind aber nie geldorientiert. Sie machen nichts, mit der Erwartung dort endlich das große Los zu ziehen, oder eine Karriere zu machen. M. Schüritz: Ich habe mit fünfzehn Che Guevara gelesen, seitdem lehne ich Geld ab. 3VIERTEL: Wir sind doch aber alle in der erzwungenen, auferlegten Situation, uns nur mittels Geldes befreien zu können. M. Schüritz: Ich merke natürlich auch dort ein Umdenken. Wenn ich freier werden möchte, heißt das natürlich auch, dass ich in einem gewissen Maße mehr Geld benötige. 3VIERTEL: Wie stehen Sie dann zu dem bedingungslosen Grundeinkommen? M. Schüritz: Das ist schwierig, weil damit das System ja weiter bestehen bleibt und nach wie vor von staatlicher Seite alimentiert wird. Das ist wie ein Pflaster. Das profitorientierte Wirtschaften wird sich dadurch ja nicht ändern. Wobei es sicher vielen Menschen helfen würde. Aber zurück zu Star Trek: die Replikatoren-Idee beispielsweise ist doch fantastisch. Es ist natürlich eine Utopie, aber die Menschen haben immer mit Utopien gelebt, die irgendwann vielleicht umgesetzt werden. Es ist einfach wichtig, die Menschen dafür zu öffnen, dass die Gesellschaft anders sein könnte. www.maria-schueritz.de www.kaos-leipzig.de KOMISCHE STREIFEN Marcel Happich http://www.emeins-x.com/