Datei
Transcrição
Datei
Forschungsnachricht aus der Abteilung 6 Ionisierende Strahlung Ermittlung eines Strahlungsqualitäts-Korrektionsfaktors für Schacht-Ionisationskammern zur Bestimmung der Dosisleistung von Cobalt-60-Brachytherapie-Strahlungsquellen Es wurden die Ansprechvermögen von Schacht-Ionisationskammern für Iridium-192- und Cobalt-60-HDR-Brachytherapie-Strahlungsquellen bestimmt. Aus deren Quotienten konnte ein kammertypspezifischer Strahlungsqualitäts-Korrektionsfaktor ermittelt werden, der es erlaubt, die Dosisleistung von Cobalt-60-Quellen mit einer für Iridium-192 kalibrierten Schacht-Ionisationskammern zu bestimmen. Die Brachytherapie ist eine Methode der Strahlentherapie in der Onkologie. Dabei werden kleine umschlossene radioaktive Strahlungsquellen im oder am Tumor platziert, um eine ausreichend hohe Dosis zur Abtötung der Krebszellen zu applizieren und gleichzeitig das umgebende gesunde Gewebe weitestgehend zu schonen. Bei der HDR-Brachytherapie (HDR = High Dose Rate) werden Strahlungsquellen mit hoher Dosisleistung (einige 10 mGy/h in 1 m Abstand) eingesetzt, die nur für wenige Minuten im Körper des Patienten verbleiben. Eine HDR-Brachytherapie-Quelle (Durchmesser ca. 1 mm, Länge ca. 5 mm) ist mit einem flexiblen Stahldraht verbunden (Abbildung 1), mit dem sie, geführt durch einen Katheder, in eine im oder am Tumor platzierte Hohlnadel eingebracht wird. Abb. 1: HDR-Brachytherapie-Strahlungsquelle (Dummy). Derzeit wird vorwiegend das Radionuklid Iridium-192 als Quellenmaterial verwendet. Immer öfter kommen aber auch Cobalt-60-HDR-Quellen zum Einsatz [1, 2]. Großer Vorteil der Co-60-Quellen ist die lange Halbwertzeit von 5,3 Jahren. Denn während bei Verwendung von Iridium-192 mit ca. 74 Tagen Halbwertszeit die Klinik ihre HDR-Quelle nach nur wenigen Monaten erneuern muss, ist bei Cobalt-60 ein Austausch erst nach einigen Jahren notwendig. Cobalt-60 wird daher beispielsweise in immer mehr Entwicklungs- und Schwellenländern eingesetzt, in denen aufgrund der im Vergleich zur Halbwertszeit langen Zeitspanne für den Transport und die Abwicklung der Zollformalitäten ein Einsatz von Iridium-192-Quellen nicht möglich oder unwirtschaftlich ist. Voraussetzung für einen Heilerfolg mit der HDR-Brachytherapie ist eine Bestrahlungsplanung unter genauer Kenntnis der Dosisleistung der verwendeten HDR-Quellen in der Messgröße „Reference Air Kerma Rate“ (RAKR). Zur Messung der RAKR werden in der Klinik überwiegend Schacht-Ionisationskammern als Sekundärnormale verwendet. Deren Rückführbarkeit wird für Iridium-192 durch zahlreiche nationale Metrologie-Institute sichergestellt, während im Fall von Cobalt-60 nur die PTB Kalibrierungen von SchachtIonisationskammern in der Messgröße RAKR anbietet [3]. Um zu untersuchen, ob Schacht-Ionisationskammern, die für Iridium-192 in der Messgröße RAKR kalibriert sind, auch zur Dosisleistungs-Bestimmung von Cobalt-60-Quellen verPTB (http://www.ptb.de) Seite 1 von 3 Forschungsnachricht aus der Abteilung 6 Ionisierende Strahlung wendet werden können, wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens Untersuchungen mit dem Industriepartner Nucletron (Nucletron B.V., Veenendaal, Niederlande) durchgeführt. Dafür wurde das Ansprechvermögen von Schacht-Ionisationskammern sowohl für Iridium-192- als auch für Cobalt-60-HDR Brachytherapie-Quellen bestimmt. Ziel der Untersuchungen war es, einen kammertypspezifischen Strahlungsqualitäts-Korrektionsfaktor kQ zu ermitteln, der es erlaubt, die RAKR von Cobalt-60-Brachytherapie-Quellen mit für Iridium-192 kalibrierten Schacht-Ionisationskammern zu bestimmen. Hierzu wurden zunächst sieben baugleiche Schacht-Ionisationskammern des Typs TM33004 der Firma PTW untersucht (Abbildung 2). Abb. 2: Schacht-Ionisationskammern Typ PTW TM33004. Die Bestimmung der Ansprechvermögen der Schacht-Ionisationskammern erfolgte mit Hilfe einer Iridium-192- und einer Cobalt-60-Brachytherapie-Quelle, die zuvor charakterisiert [4] und deren RAKR mit der Normalmesseinrichtung der PTB [5] bestimmt wurde. Um die kalibrierten Strahlungsquellen in die jeweils zu untersuchende Schacht-Ionisationskammer einzubringen, wurde ein für die PTB entwickeltes ferngesteuertes NachladeSystem, ein sogenannter Afterloader, verwendet (Abbildung 3). Abb. 3: Schacht-Ionisationskammer mit Afterloader zur ferngesteuerten Einbringung einer HDR-Brachytherapie-Strahlungsquelle über einen Katheter. PTB (http://www.ptb.de) Seite 2 von 3 Forschungsnachricht aus der Abteilung 6 Ionisierende Strahlung Das Verhältnis des Ansprechvermögens für Iridium-192 zu dem für Cobalt-60 war für alle sieben untersuchten Schacht-Ionisationskammern - im Rahmen der Messunsicherheit von 0,3% - gleich. Dies zeigt, dass für die Dosimetrie in der Brachytherapie Schacht-Ionisationskammern mit kammertypspezifischen Strahlungsqualitäts-Korrektionsfaktoren verwendet werden können. Zukünftig ist es daher möglich, die RAKR von Cobalt-60-Brachytherapie-Quellen mit einer mit Iridium-192 kalibrierten Schacht-Ionisationskammern des Typs TM33004 zu bestimmen. Eine Publikation mit einer detaillierten Beschreibung der Experimente und der Analysen zur Exemplarstreuung von insgesamt 33 Schachtkammer-Prüflingen für diesen und einen weiteren Schachtkammer-Typ, zum Einfluss der Exemplarstreuung der Iridium-192- und Cobalt-60-Quellen sowie zur Abhängigkeit von der Quellenaktivität wurde zur Veröffentlichung eingereicht. Literatur: [1] Andrássy, M., Niatsetsky, Y., Pérez-Calatayud, J: Co-60 versus Ir-192 in HDR brachytherapy: Scientific and technological comparison Rev. Fis. Med. 13 (2012) 125-130 [2] Strohmaier, S., Zwierzchowski, G.: Comparison of 60Co and 192Ir sources in HDR brachytherapy J. Contemp. Brachyther. 3 (2011) 199-208 http://dx.doi.org/10.5114%2Fjcb.2011.26471 [3] Forschungsnachrichten der Abteilung 6 (2005) Kalibrierung von Schacht-Ionisationskammern für 192Ir- und 60Co-Brachytherapiequellen in Einheiten der Kenndosisleistung [4] Forschungsnachrichten der Abteilung 6 (2008) Bestimmung der radialen Anisotropie des Strahlenfeldes von 192Ir- und 60Co-Brachytherapiequellen [5] Forschungsnachrichten der Abteilung 6 (2006) Neue Kalibrieranlage für 192Ir- und 60Co-Brachytherapie-Strahlungsquellen Ansprechpartner: A. Schüller, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.21, E-Mail: [email protected] PTB (http://www.ptb.de) Seite 3 von 3