Otologische Befunde bei erwachsenen Patienten mit Lippen
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Otologische Befunde bei erwachsenen Patienten mit Lippen
83 Otologische Befunde bei erwachsenen Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten J. Abrarns, Th. Deitmer Kiinik und Polikiinik fur Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Westfälischcn Wilh!ews-Universitàr Münsrer (Direktor: Prof. Dr. ned. H. Feldrnann) 33 % bci bchandcltcn Kindcrn nach dcm 4. Lebensjahr In cincr klinischcn Studic wurden 27 Erwachsene mit Lippen-Kiefer-Gaumenspaltcn (mittlcrcs Alter 21,9 jahrc) untcrsucht, um Spãtbefunde am Trommelfell und Gehör zu erheben. 69,2 % der Ohrcn zcigtcn Normalhorigkeit, die Schwellc des mittleren Hörvcrlustcs in keinem Fall die 20 dB-Grcnzc. Lcichtc Trommclfcllvcrandcrungcn crkanntc man bci 48,2 0/u, schwere Trommelfellverãnderungcn konntcn bci 16,70/u fcstgcstcllt werdcn. Otological Findings in Adults with Cleft Lip and Palate ______________________ In a clinical study 27 adults with cleft lip and palate (mean age 21.9 years) were examined to look for long-term results of hearing and pathology of the tympanic membrane. 69.2 % of the cars showed normal hearing; the threshold of mean hearing loss never exceeded the 20 dB-levcl. Slight changes of the tympanic membrane could be seen in 48.2 %, severe changes in sinkt. 69,4 % der Kinder mit Gaumenspalten wciscn Trom- melfelipathologien auf (Koch, 1970). Uber 50 % der erwachsenen Spalttrager haben ihr Leben lang Ohrprobleme, die sich nicht ,,auswachscn" (Bennett, 1972). Tm Laufe derJahre sind viele Gründc für gehäufte Ohrpathologien bei Spaltkindern beschrieben worden. Alt (1878) meinte, daf der VerschluI der Gaumenspalte dazu diene, das Kind vor Rezidiven zu bewahren, denen es bcstiindig durch Linatmung schädlichcr Substanzen und dcrcn Eintritt in die Nascnrachcnhöhlc ausgesetzt war. Ais wesentliche Ursachen für die Schadigung des kindlichen Ohres wcrden die Unfähigkeit der palatinalen Muskeln die Tube zu öffnen und mögliche kongenitale Abnormalitäten der Tube erwähnt (Chauduri, 1978). Als weitere Faktoren kommen die leichte Vcrlctzbarkeit der Tube durch Nahrung, eine perioperative Schadigung der Tube, die unphysiologische Rekonstruktion der Velummuskulatur, Narbenbildung (Fara und Mitarb., 1973) und eine veränderte Anatomic der Schädelbasis (Gordon und Mitarb., 1988) in Betracht. Obwohl auf die Notwendigkeit der Gaumcnrekonstruktion in den ersten Lebensmonaten zur Ab- 16.7 0/u wendung von Hörvcrlusten hingewiesen wird (Desai, 1983), maclit die oben dargelegte Liste moglicher Ursachen Einleitung ______________________ imJahre 1878 beschrieb Alt einen ,,Fall von gespaltenem Gaumcn mit acquirierter Taubstummheit". Er herichtete cinen siehenjàhrigcn Jungen mit einer Spalte des weichen Gaumens, bei dem nach ciner Scharlach-Infektion cm eitriges Ohrenlaufen aufgetretcn war. Eine Besserung konnte erst durch cine Gaumennaht erreicht werden. Diese Veroffentlichung gilt in der Literatur gemeinhin als erste Arbeit, in der der Zusammenhang zwischen Gaumenspalte und Ohrerkrankung festgehaiten wurde. Seit diescm Zeitpunkt haben sich viele Autoren mit diesem Thema befaIt und den Zusammenhang zwischen Spaitbildung des spaltbedingter Ohrpathologien deutlich, da der Spaltverschlu1 nur in einem gewissen Teil der Fällc cinc Besserung der Ohrbefundc bringen kann. Der Prozcntsatz klinisch gebesserter Ohren 3 Monate nach Spaltoperation wird von Garabedian (1988) mit 40% beziffert. Aufgabc dieser Untersuchung ist cs, die otologischen Verdnderungen zu untersuchen, die erwachsenc Paticntcn mit Lippcn-, Kicfcr-, Gaumenspalten aufwci- sen. Da em Gro&eil dcr bci uns untersuchten Patienten vorhcr nicht otologisch vcrsorgt wurde, dürften die hier dokumenticrtcn Ergcbnissc cincn Hinwcis darauf bicten, we1chc Bcfunde erwachsenc Patienten zeigen, die im Kindesal- Gaumens und Ohrerkrankung untersucht. Paradise und ter lediglich an dcr Spalte operiert wurden, im weitcrcn Mitarb. (1969) heschrciben, da1 97% der Kinder mit Gau- aber nicht otologisch behandelt wurden. menspalten unter einer Otitis media oder unter einer Schalleitungsschwerhörigkeit leiden. Nach Freeland (1981) haben 74% der Kinder mit Gaumenspalten zu irgendeincm Zcitpunkt während der ersten vier Lebcnsjahre eine Otitis media, wobci der Anteil auf 46 % bei unbehandelten bzw. Laryngo-Rliino-Otol. 70 (1991) 83—86 Georg Thicnie Verlag Stuttgart• New York Patienten und Methode Untersucht wurden 27 Patientcn, die sich zur operativcn Korrcktur eincr spaltbedingtcn Nasendeformität vorstellten. Das mittlere Alter hctrug 21,9 Jahre (±5,9). Der jiingste Patient war Herrn Prof. Dr. Feidrnann zum 65. Geburtstag gcwidmct. Heruntergeladen von: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Urheberrechtlich geschützt. Zusammenfassung I. Abrams, Th.Deitmer 84 Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) irn 15., der älteste Patient im 40. Lebensjahr. 19 Spaltträger waxen rnãnnlichen, 8 weiblichen Geschlechts. In alien Fallen handeite es sich urn durchgchendc Lippen-, Kiefer-, Gaurnenspaiten. Von den 27 Patienten wiesen 20 (74°/o) eine cinscitige Spalte auf, die im weitaus iiberwiegenden Teil links lokalisiert war, während 7 Patienten (26 %) eine beidseitige Spalte aufwiesen (Tab. 1). Tab. 1 Lokalisation der Spalte bei Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte (N=27). einseitige Spalte 20 74 0/0 doppelseitige Spalte 7 26°/o Alle Patienten wurden nach gleichern Vorgehen untersucht. Nach Erhebung einer standardisierten Anamnese mit Tab.2 Anteil der Ohren mitTrommelfellveranderungen (N=54). mit Trommelfellver8nderungen mit schweren TrommeIfeIIvernderungen 26 Ohren 48,2°/c 9 Ohren 16,7% (2 Ohren mit Cholesteatomverdacht, 2 Ohren mit Zeichen einer chronischen mesotympanalen Otitis media, 5 Chren mit einem Adh8sivprozeB) Befunde Von den 54 im Rahmen dieser Studie unter- suchten Ohren wiesen 26 (48,2 %) einen pathologischen Trommelfelibefund auf. Es handelte sich irn wesentlichen urn geringgradige Vcranderungen wie atrophe Narben, Kalknarben, leichte Retraktionen und àhnlichcs. Bei 9 Ohten (16,7%) fanden sich jedoch Vcranderungen schwerwiegender Art. 2rnai wurde wcgen ciner unübersichtlichen Re- traktionstasche irn hinteren oberen Quadranten der Verdacht auf em Cholesteatorn gcauIert und die Cholesteatom-Ausschlu1-Operation vorgeschlagcn. In zwei weiteren Fallen handcltc es sich urn eine chronisch-mesotympanale Otitis rnedia, 5 Trommelfelle wiesen einen Adhãsivproze6 auf (bei 3 Trommelfellen land sich em sog. Spontantyp III) (Tab. 2). Em manifestes Cholesteatom mit rezidivierender fötider Otorrhoe sowic Cholesteatomschuppen im Gehörgang erkannten wir jedoch in keinem Fall. Anamnestisch waren nur bei 7 Patienten (26%) Voroperationen im HNO-Bereich zu eruieren. Es handelte sich irn wesentlichen urn Adenotornien und Tonsillektomien. Uber die Anwendung von Paukenröhrchen wurde nur in drei Fallen berichtct, bei cinem Patienten Wa- ten wiederholt Röhrchcn cingeiegt worden. Bei den drei zuletzt erwähnten lagen die Schalleitungsstorungen deutlich uber den unten erwähnten Werten. Em Patient hatte sich cincr unklaren Ohroperation unterziehen müssen. 6maI war ci ne Velopharynxplastik zur Anwendung gekommen. Von den in dieser Studie untersuchten Patienten wurden 26 Patienten (52 Ohren) audiometriert. Als nicht norrnalhorig wurde cm Ohr dann angesehen, wenn em Hörverlust von >20 dB irn Bereich von 500 bis 3000 Hz nachgewiesen wurde. Diese Definition zugrundelegend wurden 36 Ohren (69,2 %) als normalhorig eingestuft. Für 16 Ohren (30,8 %) wurde em gro6erer Hörverlust ais 20 dB im beschriebenen Frequenzbereich angegeben, wobei der GroRteil den 20-dB-Wert gerade hatte (Tab. 3). Schalleitungskomponenten von rnindestens 10 dB steliten sich in 19 Audiogrammen (36,5 %) dar, ohne Schalleitungskomponente waren 33 (63,5 %) (Tab. 4). Bei eincm Vergleich der Prozcntsätze von Ohren mit Schalleitungsstörung mit denen der Nichtnormalhorigen, erkennt man, daL ersterer deutlich höher Iicgt. Dies ist darauf zurückzuführen, daf nicht jede Schalleitungsstorung so gravierend war, daf sic cinen Hörverlust von >20 dB bewirkte. Weiterhin zeigt cine Betrachtung der Prozentsätze von Tab. 2 und 4, daI nicht jede nachgewiesene Schwerhhrigkeit mit schwcrcn mikroskopisch erkcnnbaren Trommeifellverandcrungen cinhergehen muf. Tab. 3 Anteil der Ohren von Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte, die normaihorig oder niGht normalhdrig waren (normaihorig: Horverlust fur Luftleitung <20 dB in den Frequenzen 500—3000 Hz) (N52) normalhorig nicht normaihorig 36 16 69,2°/o 30,8 °/o Tab.4 Anteil der Ohren von Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte, die eine oder keine Schalleitungsstorung aufwiesen (Schalleitungsstorung=Schalleitungskornponente >10 dB) (N—52) ohne Schalleitungsstorung mit Schaieitungsstorung 33 63,5% 36,5% 19 In Abb. 1 und Tab. 5 sind die gcmittelten Knochcnleitungs- und Schalieitungswertc für die 26 audio- metrisch untersuchten Patienten zusammengestelit. In Klammcrn gesetzt ist der jeweils höchste bzw. niedrigste gefundene audiometrische Wert. Die gemittelten Knochenleitungswcrtc bewegen sich in cincm Bercich von 3—8 dB, wahrend die Luftleitungswcrte zwischen 10 und 18 dB schwanken. Die hicraus resultierende mittlere Schalleitungskomponente liegt zwischen 4 und 12 dB. Zu erkennen ist aber auch, da in cinzelnen Fallen Hörverluste gefunden wurden, die deutlich dem gemittelten Wert liegen. In Tab. 6 ist der Anteil normaler und patho- logisch konfigurierter Tympanogramme dargcstellt. Bei 29% der untersuchten Ohren waren die Tympanogrammkurven cntwedcr pathoiogisch verandert oder cm Tympanogramm wurdc wegen der eindeutigen pathologischen Trommelfeilveranderungen nicht erstelit. Deutlich wird bei vergicichender Betrachtung mit Tab. 4, da cm gewisser Prozentsatz audiometrisch nachgewiesencr Schaileitungsstörungcn kein Pendant in den Veranderungen der Tympanogramme findet. Heruntergeladen von: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Urheberrechtlich geschützt. 1-lilfe eines Fragebogens wurde die HNO-ärztlichc Spiegeluntersuchung vorgenommen sowie der Trommelfeilbefund unter dem Mikroskop erhoben. Zurn Abschiu6 erfoigte die Reintonaudiornetrie in den Frequenzen 125 bis 8000 Hz sowie die Tympanometrie. Otologische Befunde bei erwachsenen Patienten Laryngo-Rhino-Otol. 70 (1991) 85 AU DIOG A AM M rechts links Vertubun 125 250 500 1000 2000 4000 8000 C— Abb. 1 Mittelwert der Knochenleitungs- und Luftleitungshorverluste, eingetragen in einen Audiogramm-Vordruck (N26) gepuiste TOne re 125 250 500 1000 2000 4000 8000 — — — — .— — — — — 0 10 20 If ————— 40 5C — — — 50 60 70 80 90 ——— ——— — —— 100 110 3000 6000 10000 1500 3000 6000 10000 12000 12000 Tab. 5 Mittelwert des Knochenleitungs- (KL) und Luftleitungshdrverlustes (LL) bei Patienten mit Lippen-, Kieter-, Gaumenspalte; in Kiammern die niedrigsten und hOchsten nachgewiesenen Werte (N=26) Frequenz Hz rechtes Ohr KnochenLuttleitung leitung 125 250 500 1000 2000 4000 8000 unkes Ohr Knochenleitung Luttleitung 4(0—20) 16(0—50) 3(0—20) 5 (0—25) 3(0—20) 14 (0—55) 12 (0—50) 5 (0—20) 6 (0—30) 7 (0—30) 11(0—50) 16(0—35) 19(0—60) 5 (0—25) 3 (0—20) 7 (0—30) 8 (0—30) 8 (0—45) 16(5—45) 13(0—35) 11(0—24) 10(0—25) 11(0—25) 16(0—55) 18(0—65) Tab. 6 Anteil normaler oder pathologischer Tympanogramme von Ohren der Patienten mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte. pathologisch (Unterdruck, abgeflacht) 37 71, 1°/a trãgern vermischt. Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, da6 bei rnehr als 50% der Spa]ttrãger cm Hörverlust von mindestens 15 dB besteht. Die Literaturangaben schwankten zwischen 0 und 90 % und wiesen hauptsächlich einen Hörverlust im Tiefton- und Hochtonbereich auf, der sich nach dem 6. Lebensjahr stabilisierte. Bei den Hörstö- rungen handelte es sich in den meisten Fallen urn reine 18 (0—50) normal 100 - 110 nicht erstelit 8 7 15,4% 13,5°/o Schalleitungsstorungen. Ihr Anteil in unserer Patientengruppe lag bei 36,5 O,/, Götzinger (1960) erkannte sic bei 500,1n der untersuchten Ohren. Aber auch Innenohrbeteiligungen sind beschrieben. Einen ähnlichen Anteil norrna!horiger Patienten wie in dieser Studie beschrcib Möller (1975) in cincr Untersuchung von 113 Patienten im 6. und 15. Lebensjahr. In der Gruppe der lsjãhrigen gab es 69 % Normalhörige, irn Gegensatz zu den 6jàhrigen, bei denen nur 51 % der untersuchten Kinder normal hörten. Bessere Hörergeb- nisse fanden Gordon und Mitarb. (1988), die in einer Gruppe von 9—l7jahrigen in 81 % cm normales Gehör fanden. Wichtig 1st es darauf hinzuweisen, da6 von viclen Autoren cine Verbesserung des Hörbefundes mit dem Alter beschrieben wird (Godbersen, 1984; Webster, Diskussion Spatuntersuchungen von Spalttràgern sind wiederholt in den letzten Jahren veröffentlicht worden. Tm Gegensatz zu dem hier dokumentierten Anteil von 69,2% normaihoriger erwachsener Spaltträger weisen andere Untersuchungen einen deutlich geringeren Prozentsatz normalhoriger Erwachsener auf. Bennett (1972) konnte in cincr Gruppe 14—77jährigcr nur 42% audiologisch normale Patienten finden, Miller (1956) wics bei 35 Patienten zwischen dem 3. und 23. Lebensjahr in 54,7% keinen Hörverlust nach. Webster (1978) erkannte bei einer Untersuchung von 98 Spalttragern, da6 die Inzidenz des Hörverlustcs von 94 % mit 4 Jahrcn auf 42 % mit 20 Jahren zuruckging. Yules (1970, 1975) nahm eine Literaturauswertung von 14 bis zum Jahre 1969 veröffentlichten Arbeiten vor. Leider sind hier die Ergebnisse von kindlichen und erwachsenen Spalt- 1978; Heller und Mitarb., 1970; Graham, 1964). Das mittlere Lebensalter der in dieser Studie untcrsuchten ist höher als das in den meisten anderen crwãhntcn Arbeiten. Man kann davon ausgehen, daL die Zeit der aktiven spaltbedingten Ohrcrkrankungen bei unseren Patienten deutlich schritten war. Weiterhin dokumentieren die hier beschriebenen Ergebnissc mit Ausnahme von zwci Fallen Befunde, wic sic dann zutage treten, wenn auger cines operativen Verschlusses der Spalte kcinc weiteren bcsondcren otologischcn MaInahmcn durchgcfuhrt wurden. Vergleichbar sind unserc Daten mit den Untcrsuchungcn von Swigart (1979), der bei eincr Gruppe im wescntlichen otologisch unversorgtcr 15—Ssjahrigcr auf den besscrcn Ohrcn im Mittcl cm Gehör fand, das besser war als das, was als normale Grenze angcsctzt wurdc (<25 dB), wobel die schlechteren Ohrcn haufig diese Grenzc Das im Rahmcn unscrcr Untcrsuchung crstcllte Audiogramm mittlerer Hörvcrlustc wics keinen Wert auf, dcr 20 dB hmnausging. Heruntergeladen von: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Urheberrechtlich geschützt. —— — 86 Laryngo-Rk'ino-Otol. 70(1991) J. Abrams, Th. Deitmer: Otologische Befunde Bemerkenswert scheinen die Untersuchungsergebnisse von Ortiz-Monasterio und Mitarb. (1974), nach denen bei 175 Patienten mit unbehandelten Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten in 74,3 % eine Normalhorigkeit bestand und nur in 4 % eine schwere Hypakusis. Der im Rahmen unserer Studie ermittelte Wert für Normaihorigkeit entsprache somit ungefähr dem der Erwachsenen mit unversorgter Spalte. Mitarb. (1982) beobachteten Häufigkeit von 9,2% Cholesteatomen bei 191 Patienten mit Gaumenspalten. Dies wäre in der Tat eine deutliche Erhöhung des Cholesteatomrisikos, das von Tos (1988) für Erwachsene mit 12,6 auf 100 000 Einwohner beziffert wurde. Zur Diskussion der audiologischen Befunde muL unbedingt erwähnt werden, daI der padaudiologische Wert der Paukenröhrcheneinlage selbst bei insgesamt gunstig erscheinenden Schwellenwerten im Erwachsenenalter nicht in Frage gesteilt wird. Aufgabe der Paukenröhrchencinlage ist es, primär em ungestörtcs Hören in einer sensiblen Entwicklungsphase zu crmoglichen. Em gutes Gehör im Erwachsenenalter kann em schlechtes Gehör im Kindesalter niemals kompensieren. Alt, A.. Em Fall von gespaltenem Gaumen mit acquirierter Taubstummheit. Arch. f. Augen- und Ohrenhcilk. 7(1978)211—215 2 Bellis, M. E., V. Passy: Long-term hearing effects in cleft palate patients. Ear Nose ThroatJ. 66 (1987) 409—414 Bennett, M.: The older cleft palate patient. Laryngoscope 82 (1972) Literatur 1217—1225 Desat, SN.. Early cleft repair completed before the age of 16 weeks: observations on a personal series of 100 children. Brit. J. 6 Mit Hilfe der Ohrmikroskopie erkannten wir bei 48,2 % unserer Patienten Trommelfellverãnderungen zumeist leichterer Art. Nur bei 16,7 % wurden schwere Trommelfellveranderungen nachgewiesen. Es ist deutlich, daI. es mehr Patienten mit Tromme!fellverdnderungen gab als nicht Normalhorige, em Umstand, auf den schon cinige Untersucher vorher hingewiesen haben (Graham, 1964; Miller, 1956). In vielen Arbeiten wird auch auf den hohen Prozentsatz von Tympanosiderosen hingewiesen, der auf den hdufigen Gebrauch von Paukenröhrchen zurückgefuhrt wird (Free/and, 1981). Gordon und Mitarb. (1988) schrieben, da1 94 % der mit Paukenröhrchen versorgten Trommelfelle von Spalttragern eine Tympanoskierose aufweisen. I-laufig verhd!t sich diese jedoch symptomlos und ist audiometrisch nicht auffãllig, was em Grund für die oben beschriebene Diskrepanz zwischen Trommelfellveränderung und Hörbefund scm mag. Eine ähnliche Haufigkeit von Trommelfellveranderungen beschreibt Bennett (1972) mit 49% normaler Ohrbefunde, Gordon und Mitarb. (1988) mit 45 % pathologischen Ohrbefunden, Graham (1964) mit 49,7% pathologischen Befunden und Möller (1975), der bei semen l5jhhrigen Patienten in 22 % ernste Folgen ciner Otitis media erkannte. Hingegen fanden sich bei den 98 Patienten von Webster (1978) nur bei 5 % der Ohren bleibende Strukturschäden, hierbei fanden sich 5 Cholesteatome und 5 mesotympanale Perforationen. Insgesamt wird die Möglichlceit des Auftretens von Cholesteatomen in der von uns Literatur eher gering eingeschhtzt. So wies Godbersen (1984) bei 37 Patienten nur em Cholesteatom nach, Mbller (1975) bei 113 Patienten in 1 % em Cholesteatom, Webster (1978) bei 196 Ohren 5 Cholesteatome und Gordon und Mitarb. (1988) konnten bei SO Erwachsenen kein Cholesteatom erkennen. Bel uns konnte bei 2 Patienten aufgrund einer unObersichtlichen Retraktion der Verdacht auf em Cholesteatom geauert werden. Em aktives Cholesteatom fand sich jedoch nicht. Bei einer zusammenfassenden Betrachtung der Untersuchungsergebnisse kommen Gordon und Mitarb. (1988) zu der Auffassung, daf Spalttrager eine relativ geringe Inzidenz langfristig ernster Ohrerkrankungen aufweisen und Mbller (1975) meint, Spalttrdgern eine bessere Prognose hinsichtlich eines Hörverlustes und der Tendenz zu einer chronischen Otitis media bescheinigen zu können als andere Patienten mit einer serösen Otitis media. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu der von Harker und 8 Plast. Surg. 36(1983)300—304 Fara, M., J. Hrivnakava, J. 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Laryngol. Otol. 92(1978)29—40