Naturfotografie

Transcrição

Naturfotografie
Ingo Seehafer
Naturfotografie
Der große Fotokurs
Inhalt
Inhalt
Vorwort 9
Willkommen in der Naturfotografie
Entspannen Sie sich 12
Gemeinsam macht es noch mehr Spaß! 15
Lassen Sie Ihre Kamera zu Hause 16
Ist Naturfotografie teuer? 18
Das Technik-Einmaleins für bessere Naturfotos
Schärfe und Schärfentiefe 22
Die Blende verstehen 25
Die Belichtungszeit richtig wählen 29
Blende und Belichtungszeit hängen zusammen 33
Die stille Reserve: der ISO-Wert 37
Autofokus oder manuell fokussieren? 41
Wählen Sie den Weißabgleich 44
Ihr Objektiv bestimmt die Bildwirkung 47
Richtig belichten 53
Schnee: die hohe Schule der Belichtung 58
Der Blitzeinsatz in der Naturfotografie 64
Müssen Sie ein Stativ verwenden? 68
Filter gekonnt einsetzen 71
So beherrschen Sie Ihre Kamera 74
4
Inhalt
Naturbilder gestalten
Lichtstimmungen im Tagesverlauf 78
Farben als Gestaltungsmittel 80
Eine Frage des Formats 86
Der Punkt 88
Die Diagonale 90
Der Goldene Schnitt 92
Formen und Strukturen 94
Chaosbilder: die geordnete Unordnung 96
Der Wischer und das gezoomte Bild 98
Naturfotografie zu Hause
Machen Sie Ihre Kamera startklar 104
Auf Motivsuche in der eigenen Wohnung 107
An die frische Luft: Blumen auf dem Balkon 114
Tierische Mitbewohner porträtieren 119
»Unterwasser­fotografie« im heimischen Aquarium 122
Vögel vor dem Fenster 126
Im Garten fotografieren
Blumen im eigenen Garten fotografieren 132
Der Garten als »Studio« für Ihr Haustier 138
Wilde Gartenbewohner vor der Linse 144
5
Inhalt
Im Feld und auf der Wiese
Wenn die Farbe zum Motiv wird 154
Schöne Wiesenlandschaften fotografieren 158
Ist Kuhfotografie Naturfotografie? 160
Die richtige Technik für die Makrofotografie 162
So erhalten Sie scharfe Makrobilder 167
Mehr Licht im Makrobereich 170
Natur entdecken in der Stadt
Ein Fotospaziergang in der Stadt 174
Tauben im Porträt 180
Vögel lieben Häuserschluchten 184
Motive am Wasser finden
Tümpel, Teich und Weiher 190
Fangen Sie groß an! 193
Makrofotos am Ufer 198
Amphibienfotografie: Regen, Matsch und Kälte 200
Stille Tage am See 204
Unterwegs an Bächen und Flüssen 207
Vom Boot aus einen Fluss entdecken 210
Wasser eiskalt 214
6
Inhalt
Im Wald fotografieren
Sonne im Wald 220
Herbstliche Naturschönheiten: Pilze 224
Auf der Fährte von Fuchs, Marder und Hirsch 228
Tiere fotografieren im Zoo und Gehege
Große Tiere neu entdecken 238
Heimische Raubkatzen im Tierpark 242
Situationskomik einfangen 244
Lassen Sie Zäune verschwinden 246
Erdmännchen: neugierig und fotogen 248
Makroparadies Schmetterlingshaus 251
Natur einfangen auf Reisen
Richtig vorbereiten auf die Reise 256
Unendliche Weiten: das Meer 261
Panoramen aufnehmen 264
Tiere an der Küste und im Meer 267
Lebendige Natur im warmen Süden 272
Auf Fototour im Gebirge 276
Auf Murmeltierjagd 280
Die Pyramiden von Euseigne 282
7
Inhalt
Nach der Aufnahme
Schneller ans Ziel mit dem richtigen Workflow 286
Bilder bearbeiten in Photoshop Elements 290
Experimentierfeld Schwarzweiß 297
Bilder mit hohem Dynamikumfang 300
Archivieren Sie Ihre Fotoschätze 303
Zeigen Sie Ihre Bilder 304
Anhang
Die richtige Kamera 308
Die richtigen Objektive für Naturmotive 310
Objektive für ehrgeizige Naturfotografen 312
Nützliches Zubehör für mehr Fotospaß 314
Fachchinesisch einfach erklärt 317
Links und Literatur 320
Über den Autor 323
Index 324
8
Kapitel 2 • 2
20
Das Technik-Einmaleins
für bessere Naturfotos
Die Digitalfotografie hat die Fotografie nicht grundsätzlich geändert.
Was sich allerdings geändert hat, ist die Aufnahmetechnik. Sie müssen
nur wenige Grundeinstellungen an Ihrer Kamera vornehmen, und schon
geht es los.
Trinkender Mufflon (Tierpark Goldau)
Bei Motiven, die an sich schon sehr viele Informationen beinhalten, ist es wichtig, durch eine passende Schärfentiefe und die exakt gesetzte Schärfe
(auf das Auge) keine zusätzliche Ablenkung in das
Bild zu bringen. Wären die Bäume im Hintergrund
also deutlicher erkennbar, dann wäre das Bild viel
zu unruhig und es ginge zudem die Tiefenwirkung
verloren.
[ 1/100 s | f8 | 78 mm | ISO 100 ]
21
Kapitel 2 • Das Technik-Einmaleins für bessere Naturfotos
Schärfe und Schärfentiefe
Schärfe und Schärfentiefe ist nicht das gleiche. Aber beides ist in der Naturfotografie von großer Bedeutung für die Bildaussage und die Bildqualität.
Es ist vielleicht das Kriterium für ein gelungenes Na­
turfoto, dass das Motiv an der vom Fotografen gewoll­
ten Stelle scharf erscheint – und zwar wirklich scharf.
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es zwei Meilen­
steine gibt, die ein aufstrebender Naturfotograf hinter
sich lassen muss. Der erste Meilenstein ist (erstaun­
licherweise) der, dass er erst einmal das Motiv selbst
finden muss. Der zweite Meilenstein ist der, dass ein
Bild an der Stelle scharf ist, an der es das Motiv ver­
langt (zum Beispiel in den Augen).
Bevor Sie selbst nicht wissen, wie und an welchem
Punkt das Motiv Schärfe benötigt, nehmen Sie sich
bitte nicht die Bilder zum Vorbild, die »wie von Kinder­
hand« fotografiert aussehen. Denn die immer wieder
in Naturfoto-Wettbewerben auftauchenden, völlig
unscharfen und verwackelten Bilder, sind (in der Regel)
gewollte Darstellungen von Bewegungen oder dienen
dem Fotografen dazu, einen besonderen künstleri­
schen Touch in seine Bildaussage zu integrieren. Diese
Bilder müssen vorab lange geplant werden und sind
Ü bu ng
◼◼
◼◼
22
Gehen Sie auf Ihren Balkon, Ihre Terrasse oder stellen
Sie sich ans offene Fenster und strecken Sie einen
Arm waagerecht aus. Halten Sie den Zeigefinger in
den Himmel gerichtet aufwärts. Schauen Sie jetzt
einmal auf ihre Fingerspitze und dann auf das da­
hinter befindliche Nachbarhaus oder ein anderes Ob­
jekt in einiger Entfernung. Was stellen Sie fest? Sie
können nicht sowohl Ihren Finger als auch das weiter
entfernte Objekt zur gleichen Zeit scharf sehen.
Wiederholen Sie die erste Übung, halten Sie sich aber
jetzt ein Blatt Papier vor Ihre Augen, in dessen Rand
Sie ein sehr kleines Loch gestanzt haben. Was stellen
Sie nun fest? Ist das Loch im Papier nur klein genug,
werden Sie Finger und Haus, trotz der Entfernung
beider Objekte voneinander, gleichzeitig scharf sehen
können.
Exakt das Gleiche geschieht in der Fotografie: Das Loch
im Papier fungiert als Blende, und je kleiner die Blende
ist, desto größer ist die Schärfe in der Tiefe, also die
Schärfentiefe.
Schärfe und Schärfentiefe
[ 1/125 s | f5,6 | 500 mm | ISO 200 ]
keine klassischen Naturfotos. Vor Jahren sah ich auf
einem Naturfotofestival einen Vortrag, der von den
Veranstaltern als der innovativste Vortrag seit Jahren
angekündigt wurde. Darin zeigte ein nordeuropäischer
Naturfotograf unscharfe, verwackelte und unterbe­
lichtete Bilder. Ich habe weder davor noch danach bei
einem Vortrag jemals wieder so laute und so viele
Unmutsäußerungen erlebt wie an diesem Abend. Für
mich persönlich gilt, dass ich dem Betrachter meiner
Bilder nicht zumuten möchte, darüber nachdenken
zu müssen, ob er an einen Augenproblem leidet. Mit
scharfen Bildern liegen Sie dagegen immer richtig.
Schärfentiefe
Im Gegensatz zur Schärfe ist die Schärfentiefe ein
Bereich, in dem Teile des Motivs nicht zwangsläufig
y Scharfes Rotkehlchen
Die Schärfe liegt hier genau auf der Brust und dem
Kopf des Vogels. Die Schärfentiefe dehnt sich noch
ein wenig vor und hinter dem Vogel aus. Der Ast links
im Bild ist unscharf (wegen der Schärfentiefe aber
gerade eben noch sichtbar) und trägt zur räumlichen
Wirkung bei. Der Hintergrund ist völlig unkenntlich,
bis dorthin reichte die Schärfentiefe also nicht.
scharf abgebildet sein müssen, sondern vielmehr un­
scharf, aber erkennbar bleiben.
Die Schärfentiefe ist also anders als die Schärfe zu
beurteilen, da sie mit der Ausdehnung der noch sicht­
baren Bereiche in einem Bild einhergeht. Bei einem
Motiv kann immer nur eine Ebene optimal scharf ab­
gebildet werden. Alles, was sich vor oder hinter dieser
Ebene befindet, wird je nach Abstand mehr oder weni­
ger unscharf abgebildet.
23
< Große Schärfentiefe
Die gesamte Stockrose rechts im
Vordergrund ist knackig scharf. Der
Hintergrund ist zwar nicht knackig
scharf, aber alle Einzelheiten sind
deutlich zu erkennen. Hier wurde die
Schärfentiefe also eingesetzt, um
den Hintergrund in die Bildaussage
mit einzubeziehen.
[ 1/40 s | f11 | 35 mm | ISO 200 ]
< Geringe Schärfentiefe
Hier zum Vergleich dieselbe Blume
mit einer sehr geringen Schärfentiefe. Nun ist auch nicht mehr die ganze Stockrose im Vordergrund scharf,
sondern nur noch die bildwichtigen
Teile. Im Hintergrund ist alles in eine
diffuse Unschärfe getaucht.
[ 1/640 s | f2,8 | 35 mm | ISO 200 ]
Die Ausdehnung der Schärfe, also die Schärfentiefe,
wird mit einem mechanischen Bauteil im Objektiv
geregelt, der Blende. Den Zusammenhang zwischen
Blende und Schärfentiefe erläutere ich Ihnen ausführ­
lich im nachfolgenden Abschnitt »Die Blende ver­
stehen«. Nach ein paar Testfotos werden Sie schnell
erkennen, worin der Unterschied zwischen einer
Blende f4 und einer Blende f16 liegt, und – das ist für
die Naturfotografie besonders wichtig – wie sich diese
Fototechnik auf Ihr Motiv und damit auf den Bildbe­
trachter auswirkt.
24
Achtung
Die Schärfentiefe wird oft auch als »Tiefenschärfe«
bezeichnet. Dies ist insofern nicht richtig, da es
sich um die Schärfeausdehnung bei einer eingestellten Entfernung zum Motiv handelt und nicht
darum, ob die »Tiefe« scharf ist. Die Schärfentiefe
gibt an, welcher Bereich bei einem Motiv mit akzeptabler Unschärfe abgebildet wird. Dieser Wert
(also der Bereich, der noch scharf abgebildet wird)
lässt sich berechnen, steht aber auch für einige
ausgewählte Bereiche in der Bedienungsanleitung
eines jeden Objektivs.
Die Blende verstehen
Die Blende verstehen
Die Funktion der Blende zu verstehen, um sie dann richtig einzusetzen, ist ein wichtiger
Schritt hin zu einem wirklich gelungenen Foto. Nehmen Sie sich die Zeit und probieren Sie
die Wirkung einer offenen oder geschlossenen Blende aus.
Jedes Objektiv, egal welcher Bauart, verfügt über eine
Blende. Mit der Blende können Sie ein Loch in verschie­
denen Größen erzeugen und so bestimmen, ob eine
geringe Menge Licht (bei einer kleinen Blendenöff­
nung) oder eine große Menge Licht (bei einer großen
Blendenöffnung) durch das Objektiv auf den Sensor
trifft. Unsere Augen sind nach genau diesem Prinzip
aufgebaut.
yyBlende 2,8
Der gesamte Objektivdurchmesser
wird offen gehalten. So kann viel
Licht auf den Sensor treffen, aber
die Schärfentiefe ist sehr gering.
Schon seit vielen Jahrhunderten ist bekannt, dass ein
kleines Loch in einem schwarzen Kasten auf der gegen­
überliegenden Seite desselben ein Abbild der Szene
zeigt, die sich vor dem Loch befindet. Dieser Lochkas­
ten wird Camera obscura oder einfach Lochkamera ge­
nannt. Je kleiner das Loch ist, desto schärfer wird das
Motiv abgebildet, je größer das Loch ist, desto undeut­
licher, aber auch heller ist das Motiv zu erkennen.
yyBlende 8
Eine deutlich geringere Lichtmenge
als bei Blende 2,8 kann auf den
Sensor treffen. Sie brauchen zum
Fotografieren dann eine längere
Belichtungszeit als bei Blende 2,8,
wenn das Bild gleich hell bleiben
soll. Dafür erhalten Sie eine größere
Schärfentiefe.
yyBlende 22
Nun ist nur noch ein ganz kleines
Loch offen und sehr wenig Licht
trifft auf den Sensor. Sie müssen
nun noch länger belichten, dafür
erhalten Sie aber eine sehr große
Schärfentiefe, die vor allem bei
Makro- und bei Landschaftsaufnahmen von Vorteil ist.
25
Kapitel 2 • Das Technik-Einmaleins für bessere Naturfotos
Blende, Blendenzahl, Blendenwert
Es mag etwas verwirrend sein, wenn einmal von einer
Blende, ein anderes Mal von einer Blendenzahl und
wieder ein anders Mal von Blendenwert gesprochen
wird. Lassen Sie mich daher kurz auf die scheinbare
Begriffsverwirrung eingehen.
Die Blendenzahl (auch Blendenwert, f-Blende,
f-Zahl oder einfach nur f genannt) ist die Zahl, die Sie
über die Kamera an Ihrem Objektiv einstellen können.
Also zum Beispiel 5,6 oder 16. Sie ist ein Maß für die
Größe der Öffnung, die die Blende freilässt.
Ü bu ng
Sie können sich sehr schnell eine Lochkamera
selbst basteln. Nehmen Sie schwarzen Karton, und rollen Sie ihn zu einem Rohr von einer
Länge von 10–15 cm zusammen. Auf die eine
Seite kleben Sie eine runde schwarze Scheibe,
in die Sie mit einer Stecknadel ein kleines Loch
stechen. Auf die andere Seite kommt eine
transparente Folie. Nun halten Sie die Seite mit
dem Loch an eine helle Lichtquelle, wie zum
Beispiel eine Energiesparlampe. Sie werden
dann je nach Abstand eine größere oder kleinere Abbildung der Lampe (seitenverkehrt) auf
der transparenten Folie sehen. Stechen Sie anschließend mit einem Nagel ein größeres Loch
in das schon vorhandene. Schauen Sie sich nun
noch einmal die Lampe an. Sie werden feststellen, dass die Lampe nun unschärfer, dafür
aber heller abgebildet wird. Genau das gleiche
geschieht, wenn Sie am Objektiv die Blendenzahl von 2,8 (kleines Loch) zu 22 (großes Loch)
ändern.
26
Mit dem Begriff Blende wiederum wird die aus vielen
Lamellen bestehende Mechanik bezeichnet, mit der Sie
die Blendenöffnung einstellen können. Im Bild auf der
vorigen Seite können Sie diese Lamellen (bei Blende
22) im Objektiv erkennen. Umgangssprachlich hat es
sich aber durchgesetzt, den Begriff »Blende« auch als
Abkürzung für »Blendenzahl« bzw. »Blendenwert« ein­
zusetzen. Also können Sie auch (je nach Zusammen­
hang) von Blende 5,6 sprechen und meinen damit die
Blendenzahl 5,6.
Die Blende und die Schärfentiefe
Wie Sie eingangs des Kapitels vielleicht schon bemerkt
haben, hat die Blendenzahl keine Einheit. Es gibt fol­
gende Stufen, die (unter anderem) eingestellt werden
können: 2 • 2,8 • 4 • 5,6 • 8 • 11 • 16 • 22 • 32
Die Zahlen sind so gewählt, dass jede größere
Blendenzahl halb so viel Licht durchlässt wie die vor­
hergehende und jede kleinere doppelt so viel wie die
folgende. Je größer nun der Durchmesser der Öffnung,
desto größer ist die Blende, aber umso kleiner ist die
Blendenzahl. Das gilt natürlich auch umgekehrt: Eine
kleine Blendenöffnung entspricht einer kleinen Blende,
aber einer großen Blendenzahl.
Bei Blende 4 zum Beispiel (eine recht große Blen­
denöffnung) wird nur ein sehr geringer Bereich scharf
abgebildet, das Motiv wird vor einem verschwomme­
nen Hintergrund freigestellt, da es bei dieser Blen­
denzahl nur eine sehr geringe Schärfentiefe gibt. Bei
Blende 16 (eine kleine Blendenöffnung) ist dagegen
ein großer Bereich scharf abgebildet, da die Blende 16
einen großen Schärfentiefenbereich besitzt.
Die Blende verstehen
Blende 4
Blende 16
Blende 5,6
Blende 22
Blende 8
Blende 32
Blende 11
yyDie Wirkung der Blende auf das Motiv
Alle hier gezeigten Bildvarianten sind – rein
technisch betrachtet – völlig in Ordnung, aber
die Aufnahme mit Blende 4 gilt in der Regel
als die bessere Aufnahme, da das Motiv schön
freigestellt ist. Im genauen Gegenteil dazu steht
die Aufnahme mit Blende 32: Hier ist der Hintergrund zu unruhig und regelrecht störend, so dass
er vom eigentlichen Motiv viel zu sehr ablenkt.
27
Kapitel 2 • Das Technik-Einmaleins für bessere Naturfotos
Die Blende heute
Objektive jüngerer Bauart bieten dem Fotografen keine
Möglichkeit mehr, die Blenden manuell am Objektiv
einzustellen. Hier kann nur noch an der Kamera die
gewünschte Blende eingestellt werden. Dies hat den
Nachteil, dass Sie nicht direkt am Objektiv ausprobie­
ren können, wie so eine Blende eigentlich funktio­
niert. Der Vorteil für den Fotografen liegt darin, dass
– anders als beim mechanischen Blendenring der nur
ganze Blendenschritte erlaubt – die feinere elektro­
nische Steuerung in der Kamera das Einstellen von
Drittel­ oder halben Blendenstufen erlaubt. Für den
Fotografen bedeutet das, dass eine viel genauere
Belichtungssteuerung möglich ist. Zusätzlich wird
auch durch das Weglassen des Blendenringes Gewicht
gespart.
WISSE N: b LE N DE NzaH L
◼
kleine Blendenzahl (zum Beispiel Blende 4) =
großes Loch/große Blendenöffnung = geringe
Schärfentiefe
◼
große Blendenzahl (zum Beispiel Blende 16) =
kleines Loch/kleine Blendenöffnung = große
Schärfentiefe
Oder anders formuliert: Wenn die Blendenöffnung
groß ist, wird nur ein sehr geringer Bereich vor
und hinter der scharfgestellten Ebene scharf abgebildet. Je kleiner die Blendenöffnung wird, desto
größer wird auch der scharfgestellte Bereich – also
die Schärfentiefe –, und der Betrachter sieht viele
Details im Bild scharf.
1
y Objektiv mit Blendenring
Hier eines der letzten Objektive mit manuell verstellbarem Blendenring, an dem
die einzelnen Stufen der einzustellenden
Blendenwerte noch sichtbar sind (also: 1,4
bis 16) (Foto: Nikon).
28
y Objektiv ohne Blendenring
Moderne Objektive besitzen keine Möglichkeit
mehr, die Blende manuell einzustellen. Die
Zahlen 35, 50, 70 1, die Sie auf dem Bild sehen
können, beziehen sich nicht auf die Blende,
sondern geben den Zoombereich des Objektivs
an (Foto: Nikon).
Die Belichtungszeit richtig wählen
Die Belichtungszeit richtig wählen
Zufriedenstellende Naturfotos hängen auch von der Wahl der richtigen Belichtungszeit ab. Oft können Sie sich getrost auf die Automatik der Kamera verlassen. Doch was
bedeutet eigentlich die Belichtungszeit?
Mit der Belichtungszeit haben Sie Einfluss darauf, wie
lange das – im Moment der Aufnahme – vorhandene
Licht auf den Sensor einwirkt. Wählt zum Beispiel die
Automatik Ihrer Kamera eine Belichtungszeit von 1 s, so
wird eine Sekunde lang durch die Blende des Objek­
tivs hindurch Licht auf den Sensor gelassen. Genauso
verhält es sich bei allen Belichtungszeiten, die die
Kamera oder Sie als Fotograf wählen. Somit lässt sich
der Schluss ziehen, dass an einem düsteren Novem­
bernachmittag in Deutschland eine lange Belichtungs­
zeit notwendig ist, um ein auf einer Wiese grasendes
Reh noch einigermaßen sichtbar abzubilden. Dagegen
>>Anzeige für die korrekte Belichtungszeit
Oben: Auf dem Balken für die Belichtungszeit ist zu sehen, dass die Belichtungszeit
(bei Blende 8 3) genau richtig ist 4 bei der
­Belichtungszeit 2 von 1/5 s, die die Kamera
nur als »5« anzeigt. Unten: Die Balken 6
zeigen eine Unterbelichtung von einer Belichtungszeitstufe (bei Blende 8) an. Demnach
beträgt die Belichtungszeit auch 1/10 s 5,
also die Hälfte der eigentlich richtigen Belichtungszeit von 1/5 s. Dies entspricht genau
einer Belichtungsstufe.
müssen Sie eine bei Mittagssonne über den Strand
der spanischen Costa Brava fliegende Möwe nur mit
einer sehr kurzen Belichtungszeit ablichten, damit
diese nicht überbelichtet und zu hell abgebildet wird.
2
3
4
5
6
29
Kapitel 2 • Das Technik-Einmaleins für bessere Naturfotos
An diesem Beispiel sehen Sie zudem, dass Sie bei sich
schnell bewegenden Motiven eine möglichst kurze Be­
lichtungszeit (dies sind 1/500 s oder kürzer) einstellen
sollten.
[ 1/60 s | f5,6 | 340 mm | ISO 400 ]
[ 1/2500 s | f5,6 | 200 mm | ISO 200 ]
y Eingefrorene Bewegung
Eine Bewegung kann natürlich auch im Kopf des
Betrachters stattfinden. Diese Möwe »steht« in
der Luft, weil sie mit einer sehr kurzen Belichtungszeit aufgenommen wurde. Nun sagt uns
aber die Erfahrung, dass sich der Vogel sehr
wahrscheinlich in der Luft befindet und also
fliegt. Durch das Einfrieren des Flugmanövers
hat der Betrachter des Bildes (im Gegensatz zum
Bild oben rechts) dafür die Chance, Details wie
Gesicht oder Federn zu erkennen.
y Bewegungen darstellen
Diese Möwe wurde mit 1/60 s fotografiert, also
mit einer langen Belichtungszeit und ist im Prinzip
überbelichtet, das Bild ist also zu hell. Im Gegensatz
zu einem Video können Sie in einem Foto nur sehr
schwer Bewegung darstellen. Durch eine längere Belichtungszeit haben Sie diese Möglichkeit, womöglich aber auf Kosten einer leichten Überbelichtung.
In diesem speziellen Fall kann der Kopf oder das
Auge des Vogels nicht scharf abgebildet sein.
WISSE N:
b E LIcHtu NGSzE ItE N
Ganz genauso wie bei der Blendenzahl sind die
verschiedenen Stufen der Belichtungszeit so
gewählt, dass jede längere Belichtungszeit ungefähr doppelt so viel Licht auf den Sensor lässt,
wie die vorhergehende und jede kürzere nur
halb so viel Licht wie die folgende.
Hier die dazugehörende Belichtungszeitenreihe:
1 s • 1/2 s • 1/4 s • 1/8 s • 1/15 s • 1/30 s • 1/60 s •
1/125 s • 1/250 s • 1/500 s • 1/1000 s • 1/2000 s •
1/4000 s
30
[ 4 h | f16 | 24 mm | ISO 100 ]
< Sternenbahnen
am Winterhimmel
Auch mit bloßem
Auge kaum sichtbare Bewegungen
können Sie mit einer entsprechenden
Belichtungszeit einfangen: Hier betrug
die Belichtungszeit
vier Stunden. Die
farbigen Linien sind
Sternenbahnen, die
durch die Erddrehung entstehen.
Wäre das Motiv nur
eine Sekunde lang
belichtet worden,
wäre nur eine
schwarze Fläche zu
sehen.
Kapitel 7 • 7
172
Natur entdecken
in der Stadt
Fast zwei Drittel aller Deutschen leben in einer Stadt. Doch naturfotografisch wird sie oft vernachlässigt, obwohl dort sehr viele Tierarten leben.
Gehen Sie also in der Stadt auf die Fotopirsch, getreu dem Motto »Warum
in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah?«
Kaninchen (Düsseldorf)
In unseren Städten finden sich eigentlich überall
naturfotografische Motive. In den letzten Jahren
sogar vermehrt Tiere, die noch vor 30 Jahren selbst
in freier Wildbahn extrem scheu waren. Diese
Stadttiere haben sich so sehr an uns gewöhnt, dass
gute Aufnahmen auch schon mit kürzeren Brennweiten gelingen können.
[ 1/45 s | f8 | 200 mm | ISO 100 ]
173
Kapitel 7 • Natur entdecken in der Stadt
Ein Fotospaziergang in der Stadt
In einem Stadtpark herrscht immer Bewegung. Kinder, Hunde und Jogger laufen
kreuz und quer, Skateboarder, Radfahrer und Rollerskater rasen vorbei und mittendrin: eine Stockentenfamilie. Da fehlt nur noch der Naturfotograf!
In sehr vielen großen Städten siedeln sich immer mehr
wild lebende Tiere an. Bekannteste Beispiele sind
Berlin, Wien in Österreich und Zürich in der Schweiz,
wobei Zürich sogar die Stadt mit der höchsten Dichte
an Füchsen in ganz Europa ist.
Weil der Mensch erkannt hat, dass Parks mit ihren
Bäumen und Wiesen zur Reinigung verschmutzter
Stadtluft perfekt geeignet sind, profitieren auch tie­
rische Zuzügler vom neu geschaffenen Lebensraum.
Und sobald sich ein Pflanzenfresser niedergelassen
hat, zieht dieser seinen Fressfeind nach. Wenn Sie auf­
merksam durch Ihre Stadt gehen, werden Sie beinahe
so viel Leben darin finden, wie in einem nichtstädti­
schen Biotop.
[ 1/1250 s | f7,1 | 40 mm | ISO 1 600 ]
174
< Kulturell interessierte Nebelkrähen? Wien
Sie können die Szenerien einer Stadt nicht
vollkommen ausblenden – integrieren Sie
diese stattdessen in Ihre Bilder. Ein Vorteil liegt
darin, dass Ihnen auch mit einer spartanischen Fotoausrüstung interessante Tierfotos
gelingen.
Ein Fotospaziergang in der Stadt
< Nebelkrähe, Wien
Ein Problem in der Stadt sind die unruhigen Hintergründe. Zudem ist ein Stativeinsatz meist nicht möglich, denn
die Tiere sind oft schneller weg, als Sie das Stativ aufbauen können. Das abwechslungsreiche Nahrungsangebot
in der Stadt lässt sie sehr oft den Platz wechseln.
[ 1/640 s | f6,3 | 120 mm | ISO 200 ]
Ü bu NG
[ 1/6 s | f22 | 125 mm | ISO 50 ]
[ 1/2000 s | f4 | 125 mm | ISO 200 ]
Wo es einen Park gibt, da gibt es oft auch einen Springbrunnen oder Wasserfontänen. Diese sind ein prächtige Übungssujets, um dann in freier Natur bei Wasserfällen bestens gerüstet zu sein. Falls Sie die Übung zur
Darstellung von fließendem Wasser aus Kapitel 2 auf
Seite 32 gemacht haben, dann können Sie diese Übung
jetzt im Stadtpark mit einer kleinen Abwandlung vervollkommnen.
Montieren Sie Ihre Kamera auf ein Stativ. Stellen Sie
nun die Belichtungssteuerung Ihrer Kamera auf die
Zeitvorwahl S/T/Tv. Sie können jetzt die Belichtungszeit frei einstellen. Stellen Sie die Bildqualität auf RAW
(eventuell zusätzlich JPEG) ein. Die Wahl des Objektivs
spielt keine Rolle.
1. Stellen Sie zuerst eine Belichtungszeit von 1/1000
s ein. Nachdem Sie auf das Wasser scharfgestellt
haben, drücken Sie den Auslöser und machen eine
Aufnahme. Auf dem Bild werden die einzelnen Wassertropfen teilweise sehr gut erkennbar sein.
2. Stellen Sie jetzt eine Belichtungszeit von 1/6 s ein,
und machen Sie ein weiteres Foto. Das Wasser wird
nun verschwommen und milchig erscheinen, einzelne Tropfen sind nicht mehr erkennbar.
3. Versuchen Sie nun auch, verschiedene Zwischenstufen in der Belichtungszeit einzustellen, machen Sie
also eine Belichtungsreihe (siehe auch Kapitel 2 auf
Seite 63). Weil Wasser nicht immer gleich schnell
fließt, müssen sie für die optimale Belichtungszeit bei
Ihrem Motiv ein wenig experimentieren. Dabei wird
Ihnen die Belichtungsreihe eine große Hilfe sein.
< Fontäne
Links: Bei einer Belichtungszeit um die 1/1000 s
und kürzer wird das Springbrunnenwasser annähernd in seinen einzelnen Tropfen dargestellt.
Rechts: Wählen Sie dagegen eine Belichtungszeit
von 1/6 s und länger aus, dann wird Wasser wie
eine fluffige Wolke dargestellt. Meist kommt diese
Art der Darstellung beim Betrachter besser an als
die der eingefrorenen Variante.
175
Kapitel 7 • Natur entdecken in der Stadt
Naturfotografie in der Stadt
> Feldhase, Basel
Auf einem Rangierbahnhofsgelände in Basel ließ sich der
Hase leicht aus nächster Nähe
fotografieren. Jahrzehntelang
lebten Eisenbahner und Hasen
friedlich nebeneinander. So
verloren die Tiere jede Scheu
vor dem Menschen.
176
[ 1/100 s | f8 | 200 mm | ISO 100 ]
y Blauflügelige Sandschrecke, Basel
Ein häufiger Gast auf einem Bahngelände ist
auch die Sandschrecke, denn sie benötigt ein
warmes und vegetationsarmes Biotop.
[ 1/90 s | f8 | 200 mm | ISO 100 ]
Ich fotografiere unglaublich gerne im städtischen
Bereich. Warum? Nun, in Mitteleuropa sind Wildtiere
extrem schwer zu fotografieren, vor allem wegen der
Jagd. Sie hat viele Tiere von der Tag­ zu Nachtaktivität
wechseln lassen. Wildtiere sind dem Menschen gegen­
über außerdem sehr scheu und ich als Naturfotograf
muss mich perfekt tarnen, um nah genug an sie heran­
zukommen. Alle diese naturfotografischen Probleme
habe ich in der Stadt, und dort vor allem in den Parks,
praktisch nicht. Durch die permanente Anwesenheit
von (vielen) Menschen verhalten sich viele Tiere so, als
ob die Menschen gar nicht da wären. Selbst scheue
Rehe sind in den Parks anzutreffen. Deshalb ist die
Natur in der Stadt für mich immer ein fotografisches
Highlight.
Versuchen Sie zum Beispiel einmal, einen Hasen
auf einem Feld zu fotografieren, und das auch noch
formatfüllend! Das ist nahezu unmöglich. In der Stadt
sind für ein solches Unterfangen Parks oder ehemalige
Bahnareale ein lohnenswertes Ziel. Bei Bahnanlagen
müssen Sie sich allerdings eine Erlaubnis zum Betre­
ten des Geländes besorgen. Dann bekommen Sie auch
eine Sicherheitseinweisung, die unabdingbar ist. Fra­
gen Sie dazu einfach bei der Bahn nach.
Ein Fotospaziergang in der Stadt
Zu Makroaufnahmen von Tieren werden Sie in der
Stadt übrigens eher seltener kommen, denn Vögel und
mittelgroße Säugetiere beherrschen das Stadtbild.
Das Equipment
> Ratte am Ufer
(Weil am Rhein)
Wo es Menschen gibt, gibt
es auch Ratten. Versprechen
kann ich Ihnen, dass Sie regen
Kontakt mit Ihren Mitmenschen bekommen werden,
wenn diese entdecken, dass
Sie Ratten fotografieren.
Tipp
In der Stadt ist ein Einbeinstativ eine sinnvolle
Alternative zum Dreibeinstativ. Es ist flexibler, unauffälliger und wesentlich leichter zu transportieren. Ein kostengünstiger, nur in einer Ebene
beweglicher Stativkopf reicht völlig aus.
[ 1/60 s | f8 | 200 mm | ISO 100 ]
Was brauchen Sie für Ihren Fotoausflug in der Stadt?
Ohne ein (sperriges) Dreibeinstativ werden Sie wesent­
lich einfacher zu Fotos gelangen. Rechnen Sie dann
aber in jedem Fall mit deutlich mehr Ausschuss. Der
Vorteil ist aber, dass Sie meistens alle Motive mehr­
mals an verschiedenen Tagen zu verschiedenen Lichtsi­
tuationen aufnehmen können.
Eine Überlegung wert ist ein Einbeinstativ mit ei­
nem günstigen Stativkopf (siehe Seite 69). Meist reicht
eine Kamera mit einem Zoomobjektiv zwischen 70 und
300 mm völlig aus. Hier spielt dann ein Bildstabilisator
am Objektiv oder in der Kamera eine wichtige Rolle.
Gerade in der Abenddämmerung werden Sie in der
Stadt auch hin und wieder den Blitz benötigen. Gerade
hier ist das Umfeld aber sowieso eher unruhig und von
schnell wechselnden (Kunst­)Lichtern geprägt, so dass
die tierischen Stadtbewohner etwas weniger vom Blitz
gestört sind. Und einige wenige Tiere sind zudem nur
nachts unterwegs, so wie die Ratten, die ein lohnens­
wertes fotografisches Ziel bieten. Wenn Sie sich zu­
trauen, eine Ratte abzulichten, dann sollten Sie darauf
achten, dass die Stelle gut beleuchtet ist, damit die
Ratte beim Blitzen keine roten Augen bekommt. Der
interne Blitz reicht für diese Aufnahmen völlig aus.
Sie müssen grundsätzlich keine Angst vor Ratten
haben, wenngleich ein wenig Vorsicht natürlich gebo­
ten ist. Einen Rattenbiss sollten Sie vermeiden, obwohl
seine Folgen gerne ein wenig überdramatisiert wer­
den. Das Füttern der Tiere ist ein Tabu, aber Sie werden
Ratten auf jeden Fall dort antreffen, wo Menschen Nah­
rungsreste wegwerfen, und das ist an Teichen, Wei­
hern und an Flüssen häufig der Fall.
177
[ 1/640 s | f6,3 | 200 mm | ISO 200 ]
Kapitel 7 • Natur entdecken in der Stadt
Traumhafte Stadtweiher
Das Fotogebiet schlechthin in der Stadt ist der Teich
oder Weiher. Hier versammeln sich immer Tiere zum
Trinken, zum Brüten oder sie suchen nach etwas Ess­
baren. Versuchen Sie beim Fotografieren, immer auf
Augenhöhe mit dem Tier zu sein. Fotografieren Sie
im Zweifel lieber nicht formatfüllend, wenn Sie nicht
nahe genug herankommen, denn Sie können Ihre Bil­
der immer noch später am Rechner zuschneiden. Eine
moderne Digitalkamera bietet heutzutage mindestens
10 Megapixel Auflösung, so dass Sie hier genug Reser­
ven haben. Aber wenn Sie nicht Auge in Auge mit dem
Tier sind, ist das Foto auch am Computer meist nicht
mehr zu retten.
> Graureiher, Wien
In den 1970er Jahren war der Bestand an
Graureihern stark gefährdet. Noch vor zehn
Jahren gab es kaum Reiher und schon gar
nicht in einer Stadt. Mittlerweile sind sie so
häufig, dass sie aus unserer Landschaft nicht
mehr wegzudenken sind.
178
[ 1/160 s | f4,5 | 120 mm | ISO 200 ]
< Schwanenporträt
Ein Tierporträt muss
nicht zwangsläufig
den ganzen Kopf
zeigen. Solche fantastischen Aufnahmen
gelingen fast nur in der
Stadt oder an Stellen,
an denen Schwäne
gefüttert werden.
Ein Fotospaziergang in der Stadt
[ 1/80 s | f4,5 | 120 mm | ISO 200 ]
< Unscharfe Nebelkrähe, Wien
Ein Bild muss nicht absolut perfekt
sein. Manchmal reicht auch die Komik,
die aus ihm spricht. Diese Krähe erinnerte mich an Hans Huckebein von
Wilhelm Busch (wobei Hans Huckebein
ein Rabe und keine Krähe ist).
Ü bu NG
In der Stadt können Sie sehr gut die dynamische, selektive Unschärfe ausprobieren. Hier kommt es nicht darauf an auf Anhieb das perfekte Bild hin zu bekommen.
Hier gibt es vor allem immer Tiere (meist Vögel), die
sich nicht zu schnell bewegen. Stellen Sie Ihre Kamera
wie folgt ein:
◼ Stellen Sie die Belichtungssteuerung Ihrer Kamera
auf die Zeitvorwahl S/T/Tv.
◼
Wählen Sie eine Belichtungszeit zwischen 1/10 s und
1/80 s.
◼
Stellen Sie die Belichtungsmessung auf Spotmessung, damit nur das Tier für die Belichtungsmessung
herangezogen wird (siehe auch Seite 54).
◼
Aktivieren Sie den Autofokus und die Aufnahmebetriebsart Schnelle Serienaufnahme, damit Sie so viele
Bilder wie möglich hintereinander machen können.
◼
Das ideale Objektiv hängt natürlich von der Entfernung zum Tier ab, aber eine Festbrennweite um die
200 mm oder ein Zoomobjektiv von 100–300 mm ist
eine gute Wahl.
◼
Deaktivieren Sie gegebenenfalls den Bildstabilisator,
da Ihr Ziel ein »verwackeltes« Bild ist.
Nun suchen Sie sich an einem belebten Weiher oder
Teich einen bequemen Sitzplatz. Versuchen Sie zu
Beginn erst einmal, einem Tier durch den Sucher zu folgen, ohne den Auslöser zu drücken. Haben Sie dies ein
wenig geübt, dann stellen Sie auf das Tier scharf und
halten Sie den Auslöser gedrückt, lösen Sie aber noch
nicht aus! Verfolgen Sie nun das scharfgestellte Tier
mit der Kamera, und versuchen Sie, es in der Schärfe zu
halten. Machen Sie nun ruhig auch schon einige Bilder.
Läuft alles nach Wunsch, dann sollten Sie Ihr Motiv
immer schon einige Meter vor der eigentlichen Aufnahme im Fokus haben, damit der Autofokus genug
Zeit hat, scharfzustellen. Dann ziehen Sie die Kamera
mit der Bewegung des Tieres mit und drücken den
Auslöser so lange durch, bis das Tier sich nicht mehr im
Fokus befindet.
Seien Sie nicht enttäuscht, wenn es ein wenig
dauert, bis Sie eine halbwegs gelungene Aufnahme
hinbekommen. Bleiben Sie dran, und genießen Sie Ihr
Fotoshooting in der Natur.
179
Kapitel 7 • Natur entdecken in der Stadt
tauben im porträt
Tauben sind mit weltweit etwa 500 Millionen Tieren wohl die Vogelart
Nummer eins in der Stadt – oft geliebt, manchmal verhasst und als
»Ratten der Lüfte« verunglimpft. Doch die Taube ist viel besser als ihr Ruf.
Tauben sind extrem lernfähig.
Sie suchen etwa in Parks gezielt
die Menschen auf, die gerade
essen. Um deren Aufmerksam­
keit auf sich zu lenken schaut
die Taube den Menschen direkt
in die Augen. Reagiert der
Mensch darauf, so nähert sich
die Taube, streckt den Kopf vor
und wendet diesen permanent
hin und her. Kaum ein Mensch
kann dieser Bettelgeste wider­
stehen, und schon hat das Tier
eine Brotkrume ergattert.
Ein Grund für das negative
Image der Haustauben, wie sie
auch genannt werden, ist de­
ren Kot. Eine Haustaube hinter­
[ 1/6 s | f22 | 125 mm | ISO 50 ]
lässt pro Jahr 12 kg Nasskot (ein
Durchschnittshund allerdings
y Düsseldorfer Stadttaube
gut 180 kg), wobei der Kot an sich nicht gefährlich ist,
Wer Naturfotografie der Natur wegen ausübt, der muss
er schädigt aber durch seine ätzende Zusammenset­
immer wieder staunen, wie schön selbst »ordinäre« Tauzung Autos und Gebäude.
ben sein können. Diese Schönheit können Sie in der Stadt
wunderbar in einem Porträt einfangen.
Tauben gehören für mich zu den interessantesten
Tieren überhaupt. So leben sie etwa in New York an
Stellen, wo sonst kein anderes Tier mehr leben kann.
180
Tauben im Porträt
Nehmen Tauben überhand, so lassen sie sich relativ
leicht mit Hilfe von Taubenschlägen unter Kontrolle
bringen. Dort besteht nämlich die Möglichkeit, die ge­
legten Eier durch Gipsattrappen zu ersetzen und so
den Bestand auf einem kontrollierten Niveau zu hal­
ten. Wobei die Sterblichkeit der Jungtiere im ersten
Lebensjahr sowieso bei weit über 90 % liegt. Diese
Taubenschläge sind hervorragend geeignet, um die
wunderschönen Vögel zu porträtieren, aber auch um
sie bei ihren Flugmanövern im Bild festzuhalten.
> Taubenschlag, Lörrach
Taubenschläge stehen mittlerweile in
fast jeder Stadt. Sie bekommen dort Tauben auf dem Silbertablett serviert. Es ist
immer ein Vorteil, wenn Sie wissen, wo
sich ein Vogel ungefähr aufhält und wo
er hinfliegen wird. Dann haben Sie gute
Chancen auf schöne Flugaufnahmen.
< Tauben in Wien
In jeder Stadt gibt es
Tauben, die immer wieder
neue Motive liefern und ein
prächtiges Testfeld für das
fotografische Können eines
Naturfotografen darstellen.
[ 1/80 s | f11 | 24 mm | ISO 200 ]
181
Kapitel 7 • Natur entdecken in der Stadt
Ü bu NG
In dieser Übung geht es darum, das Fotografieren fliegender Vögel zu üben. Recherchieren Sie dafür, wo in
Ihrer Nähe es einen Taubenschlag gibt, denn dieser soll
Ihr Übungsterrain sein.
Wenn möglich benutzen Sie ein Einbeinstativ. Dies
entlastet Ihre Hände und Arme, da Sie nicht permanent das ganze Equipment halten müssen. Sie werden
sonst sehr schnell ermüden.
Ein Zoomobjektiv von 100 bis 300 mm ist genau
richtig. Den Bildstabilisator benötigen Sie hier nicht, da
sehr kurze Belichtungszeiten zum Einsatz kommen, die
Verwacklungen verhindern.
◼ Stellen Sie die Belichtungssteuerung Ihrer Kamera
auf die Zeitvorwahl S/T/Tv und wählen Sie eine Belichtungszeit zwischen 1/1000 s und 1/2000 s.
◼
Stellen Sie die Belichtungsmessung auf Spotmessung, damit wirklich nur das Tier angemessen wird.
◼
Aktivieren Sie den Autofokus und die Aufnahmebetriebsart Schnelle Serienaufnahme.
◼
Und jetzt versuchen Sie Ihr Glück bei den fliegenden
Motiven!
Blick von oben
Sträucher
und Bäume
wirft Schat
Schatten
Taubenschlag
Baum
Taube
fliegend
Sonne
y Setting am Taubenschlag
182
8 Meter
Naturfotograf
[ 1/1600 s | f5,6 | 200 mm | ISO 400 ]
y Taube fliegt den Schlag an
Erfolg und Misserfolg liegen in der Naturfotografie
ganz nah beieinander, seien Sie also gewappnet, dass
Sie reichlich Fehlschüsse produzieren werden.
Die hier gezeigten Bilder wurden im Lörracher Taubenschlag aufgenommen (siehe Skizze links). Der entscheidende Faktor war hier die Stellung der Sonne. Sie
musste schräg links hinter mir stehen, und sie musste
gerade noch so tief stehen, dass sie den großen Baum
links sowie die Sträucher und Bäume hinter dem Taubenschlag beschattete. Denn nur so traten die Tauben
plastisch vor den Hintergrund und zudem leuchteten
sie prächtig im Schein der Sonne. Die Sonne stand am
Vormittag nur für etwa eine Stunde in der von mir gewünschten Stellung.
Tauben im Porträt
[ 1/1600 s | f5,6 | 200 mm | ISO 400 ]
y Stadttaube im Flug
Die Tauben ließen sich immer wieder auf demselben
Ast im Baum gegenüber vom Taubenschlag nieder, um
sich zu putzen und miteinander zu turteln, um dann
von dort in einer geraden Linie zum Schlag zu fliegen.
Dies machte ich mir zunutze, indem ich auf den Ast
scharfstellte. Sobald jetzt eine Taube losflog, drückte
ich den Auslöser. So kamen jedes Mal drei oder vier
Aufnahmen zustande.
Ich wollte aber unbedingt noch eine Taube beim
Anflug ohne den Taubenschlag fotografieren. Kurz vor
dem Landen müssen die Vögel abbremsen und haben
dann die Flügel – Engelsflügeln gleich – aufgestellt.
Auch hier gab es natürlich sehr viele misslungene Versuche meinerseits, bis ein gutes Bild zustande kam.
Besonderen Wert legte ich darauf, dass das Auge schön
aufleuchtet.
[ 1/1600 s | f5,6 | 200 mm | ISO 400 ]
> Fehlschüsse
[ 1/2000 s | f4,5 | 200 mm | ISO 400 ]
183
Kapitel 9 • 9
218
Im Wald fotografieren
Gut 40 % der Fläche Europas ist mit Wald bedeckt. Dennoch ist der Wald
naturfotografisch erstaunlich unerschlossen. Das liegt wohl einerseits an
den vielen Fichtenmonokulturen, sicherlich aber auch an den schwer in
den Griff zu bekommenden Lichtverhältnissen.
Ahornblätter im Herbst
Erst das Gegenlicht lässt die Blätter so aufleuchten, dass sie richtiggehend zu glühen scheinen.
[1/60 s | f11 | 135 mm | ISO 200 ]
219
Kapitel 9 • Im Wald fotografieren
Sonne im Wald
In einem (naturnahen) Wald ist Sonnenlicht ein Problem und eine echte
Herausforderung für den Naturfotografen. Kontraste und Lichtflecken
lenken viel zu sehr vom eigentlichen Motiv ab.
Ansprechende Waldfotos fordern Ihnen einiges an
Geduld und Wissen um die Kameratechnik ab. Denn
einfach nur drauflosfotografieren funktioniert in der
Regel nicht. Einer der Gründe: zu viel Licht auf der ei­
nen Seite und zu wenig auf der anderen.
> Herbstwald
mit Kastanie
(Schwarzwald)
Der bewölkte
Himmel sorgt
für klare Farben
und harmonische Kontraste.
220
[ 1/25 s | f8 | 14 mm | ISO 400 ]
[ 1/15 s | f8 | 14 mm | ISO 400 ]
Sonne im Wald
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, die Lichtstrah­
len für ein gutes Foto zu nutzen. Hier ist eine der Tu­
genden der Naturfotografie gefragt: Geduld. Sie müs­
sen zur richtigen Tageszeit am richtigen Ort und natür­
lich beim richtigen Motiv sein. Alles zusammen trifft
allerdings nicht wirklich oft zufällig aufeinander. Daher
müssen Sie eventuell schon Monate vorher zu planen
beginnen. Im Urlaub oder in schwer zu erreichenden
Gebieten dagegen, müssen Sie mit den vor Ort herr­
schenden Lichtverhältnissen leben. Dann müssen Sie
versuchen, das Bestmögliche für sich zu erreichen.
Bei den Bildern des herbstlichen Waldes auf der
linken Seite lässt sich erahnen, dass zu viel Sonnen­
licht die Aufnahmesituation vermutlich zerstört hätte.
Doch eigentlich ging es mir gar nicht so sehr um das
Gesamtbild des Waldes (links), sondern um die Kasta­
nienblätter im Vordergrund. Zur Umsetzung der Bil­
didee waren die Lichtverhältnisse (der bewölkte Him­
mel) optimal, um satte, kräftige Farben zu erzielen. Ein
Weitwinkelzoomobjektiv und ein Kamerastandpunkt
leicht oberhalb der Blätter sorgten schließlich für die
richtige Betonung des Hauptmotivs (rechts).
Sonnenflecken auf dem Waldboden
Achten Sie einmal darauf, wie Ihr Blick wandert, wenn
Sie sich das linke Bild »Buchenzweig« einmal aufmerk­
sam anschauen. Wahrscheinlich beginnen Sie beim
Zweig, wandern dann weiter zum hellen Sonnenfleck
auf dem Boden, um schließlich beim Lichtfleck links
zu landen. Ihr Blick irrt umher, und genau das macht
ein schlechtes Bild aus. Die Lichtverteilung bringt
eine enorme Unruhe in das Bild. Bei dem rechten Bild
steht das Motiv alleine im Mittelpunkt. Die zarten
Lichtsäume am Rand der Bäume geben der Aufnahme
etwas Geheimnisvolles. Das Entscheidende ist hier
aber der Stand der Sonne und der fast ganz schwarze
Hintergrund. Denn nur so kommt der Zweig richtig zur
Geltung. Lichtsituationen wie diese sind morgens und
abends am wahrscheinlichsten.
[ 1/200 s | f8 | 24 mm | ISO 400 ]
y Buchenzweig
Direktes Sonnenlicht im Wald kann für eine enorme
Unruhe im Bild sorgen (links). Versuchen Sie daher das
Morgen- oder Abendlicht fein dosiert in Ihre Bilder zu
bringen (rechts).
[ 1/160 s | f8 | 400 mm | ISO 800 ]
221
Kapitel 9 • Im Wald fotografieren
Ü bu NG
Ein Wasserfall im Wald
Natürlich ist die Kamerabelichtungsautomatik
mit der Lichtsituation, wie man sie in Wäldern oft
vorfindet, völlig überfordert. Hier müssen Sie aktiv
eingreifen:
◼ Stellen Sie die Kamera auf ein Stativ und probieren Sie aus, welche Brennweite den gewünschten
Ausschnitt bringt. Erfahrungsgemäß müssen Sie
eine lange Brennweite wählen, damit der Hintergrund verschwommen dargestellt wird, also die
Schärfentiefe möglichst gering ist.
Als ich den Miniwasserfall im Schwarzwald entdeckte,
wusste ich, dass da eine Herausforderung auf mich
wartete. Die Sonne warf beinahe den ganzen Tag über
viel zu viel Licht auf das auf den Boden treffende Was­
ser. Der dadurch entstandene weiße Fleck im Bild lenkt
den Blick viel zu stark ab. Abends wiederum lag das
Motiv völlig im Dunkeln. Ich musste mehrmals wie­
derkommen, um einen Tag zu erwischen, an dem die
Sonne nur ab und zu durch die Wolken trat. Wegen des
bedeckten Himmels konnte ich mittels einer kleinen
Blende eine sehr lange Belichtungszeit vorgeben, da­
mit das Wasser so dargestellt wurde, wie es mir beim
Betrachten auch erschien, nämlich als Vorhang.
◼
Stellen Sie die Belichtungssteuerung auf den manuellen Modus M, stellen den Autofokus ab und
wählen Sie die Spotmessung als Belichtungsmessmethode.
◼
Stellen Sie eine Blende zw. 5,6 und 8 ein. Bei einer
Blende von 11 oder 16 wäre die Schärfentiefe zu
groß.
Da bei der Spotmessung nur ein sehr kleiner Teil
des Motivs angemessen wird, der sich meist in der
Mitte des Suchers befindet, müssen Sie zuerst ein
Blatt oder einige Blätter anmessen, die angeleuchtet werden. Nun können Sie im Sucher diesen Wert
ablesen. Die abgelesene Belichtungszeit stellen Sie
nun manuell an Ihrer Kamera ein. Mit diesem Wert
und der dazu gehörenden Blende machen Sie dann
Ihre Aufnahmen.
Um die für Sie ideale Belichtung des Motivs zu
bekommen, sollten Sie auf jeden Fall eine Belichtungsreihe machen (siehe Seite 63). Dabei verändern Sie beispielsweise die Belichtungszeit um bis
zu drei Stufen zur Überbelichtung hin und umgekehrt bis zu drei Stufen Unterbelichtung. In der
Regel wird eine leichte Unterbelichtung das beste
Ergebnis bringen.
[ 1/30 s | f8 | 200 mm | ISO 400 ]
222
[ 25 s | f22 | 200 mm | ISO 100 ]
< Ein Vorhang aus Wasser
(Schwarzwald)
Starker Sonneneinfall macht
das Fotografieren von Wasser
schwer (links). Sobald die
Sonne zeitweise verschwindet, kann das Wasser dank
kleiner Blendenöffnung und
langer Belichtungszeit weich
fließend abgebildet werden
(rechts).
Kapitel 9 • Im Wald fotografieren
Herbstliche Naturschönheiten: pilze
Fragen Sie sich, weshalb Pilze ein eigenes Thema wert sind? Die Antwort ist ganz einfach:
Pilze sehen einfach fantastisch aus, und das Beste ist, sie bewegen sich nicht.
»Anisklumpfuß«, »Bärtiger Ritterling«, »Erdigriechen­
der Schleimkopf« … Keinem anderen Lebewesen, sei es
Pflanze oder Tier, wurden so viele fantasievolle Namen
gegeben, wie den Pilzen. Lange Zeit hielten die Men­
schen Pilze gar für »Ausdünstungen« der feuchten
Erde, da sie plötzlich auftraten, ohne dass man wusste,
woraus sie hervorgegangen waren. Die Pilzsporen wur­
[ 1/2 s | f11 | 200 mm | ISO 100 ]
224
den erst Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckt, und da­
mit war das Rätsel der Fortpflanzung der Pilze gelöst.
Pilze besitzen im Gegensatz zu Blütenpflanzen
kein Blattgrün (Chlorophyll) und sie müssen, um an
Nährstoffe zu gelangen, tote Organismen zersetzen.
Sie räumen damit gewissermaßen in der Natur auf
und sind deshalb unentbehrlich. Nur Pilze (und einige
< Schleimkopf
Wenn Sie Pilze fotografieren, dann sollte das Bild
auch annähernd perfekt
sein. Denn das Motiv selbst
bereitet Ihnen ja wegen seiner
Bewegungslosigkeit keine
Schwierigkeiten. Selbst die
Lichtverhältnisse spielen keine
Rolle, da lange Belichtungszeiten überhaupt kein Problem
darstellen.
Herbstliche Naturschönheiten: Pilze
[ 3 s | f22 | 200 mm | ISO 100 ]
[ 0,8 s | f11 | 18 mm | ISO 100 ]
y > Fliegenpilz
Beziehen Sie auch einmal den Lebensraum des Pilzes
ins Bild mit ein. Normalerweise kommen Fliegenpilze
in Gruppen vor, einer alleine ist selten anzutreffen. Dies
nutzte ich aus, um ihn als Eyecatcher in Szene zu setzen
(rechts).
wenige Bakterien) sind in der Lage, sogar Holz zu zer­
setzen und es somit wieder dem Kreislauf der Natur
zuzuführen.
An fast allen feuchten und warmen Frühlings­,
Sommer­ und Herbsttagen tauchen Pilze unvermittelt
in unseren Wäldern auf – besser gesagt ihre Frucht­
körper, denn der eigentliche Pilz lebt als Geflecht unter
der Erde. Und wie eingangs erwähnt, bieten sie Ihnen
ein sehr entspanntes Fotografieren und das auch noch
bei einer hohen Ausbeute an guten Fotos. Sie kön­
nen bei diesem Motiv sehr viele fotografische Grund­
lagenthemen in aller Ruhe angehen. Etwa die Bildge­
staltung, den Zusammenhang von Blende und Belich­
tungszeit, eine vernünftige Hintergrundgestaltung
und einiges mehr. Außerdem können Sie vom Weitwin­
kel­ über ein leichtes Tele­ bis hin zum Makroobjektiv
viele verschiedene Brennweitenbereiche erkunden.
Doch ohne Selbstkritik geht es nicht. So hätte ich bei
dem auf der linken Seite abgebildeten Bild der Gruppe
von Pilzen einiges besser machen müssen:
◼ Den Pilz rechts im Bild hätte ich nicht anschneiden
sollen.
◼
Links in der Mitte ist der Hintergrund viel zu unruhig.
◼
Am links stehenden Pilz stören zwei kleine braune
Ästchen.
◼
Das unscharf abgebildete Moos im rechten Vorder­
grund stört den gesamten Bildeindruck.
◼
Der einzige scharf abgebildete Pilz (rechts vorne)
verschwimmt mit denen, die im Hintergrund stehen,
so dass die Bildidee insgesamt nicht erkennbar ist.
Der Fliegenpilz – ein Klassiker
Wissen Sie, woher der Fliegenpilz seinen Namen hat?
Früher wurden Stücke des Fliegenpilzes zusammen
mit Zucker in einer Schale warmer Milch eingelegt und
in die Stube gestellt. Die Fliegen naschten von der ver­
lockenden Suppe und starben an einer Pilzvergiftung.
Daher stammt die Bezeichnung Fliegenpilz.
225
Kapitel 9 • Im Wald fotografieren
Einzeln stehende Pilze werden sicher am häufigsten
abgelichtet. Achten Sie bei den Aufnahmen darauf,
dass alles »Pilzwichtige« zu sehen ist: der Stiel, die
Lamellen unter dem Pilzhut und natürlich die gefleckte
Oberseite. Die Schwierigkeit liegt bei Pilzaufnahmen
grundsätzlich in der ausgewogenen Beleuchtung,
denn der Stiel befindet sich zumeist im Schatten. Hier
hilft eine Gold­ oder Silberfolie zum Aufhellen. Haben
Sie einmal keine Aufhellfolie dabei, dann hilft auch ein
helles T­Shirt, ein Blatt Papier oder je nach Größe des
Motivs sogar eine Handfläche zum Aufhellen.
[ 1 s | f22 | 200 mm | ISO 100 ]
226
Fotoprojekt »Düngerling«
Der Düngerling ist ein unscheinbarer Pilz, der aus­
schließlich Kuhfladen besiedelt. Allein dieser skurrile
Wuchsort war für mich ein Foto wert 1. Doch ich
merkte schnell, dass der Pilz an sich etwas mehr Auf­
merksamkeit verdient hätte. Auf dem Bauch liegend
und mit der Nase schon fast im Dung, probierte ich
verschiedene Perspektiven aus, um diesen Sonderling
unter den Pilzen richtig in Szene zu setzen.
Mit einem 105­mm­Makroobjektiv versuchte ich es
auf die klassische Tour und zwar sollten die Pilze allein
bildwichtig sein. Doch das Resultat war ungenügend,
weil langweilig 2. Mit dem Weitwinkelzoomobjektiv
hatte ich die Möglichkeit, das Drumherum mit aufs
Bild zu bekommen und ein wenig von den farblosen
Pilzen abzulenken, und das Ergebnis gefiel mir schon
besser 3. Es ist gut zu erkennen, dass die Pilze auf ei­
nem braunen Haufen mitten auf einer Wiese wuchsen.
Durch die (unscharfen) Bäume im Hintergrund wird
Tiefe erzeugt, wodurch der vordere Pilz schön plastisch
hervorgehoben wird. Grundsätzlich war ich mit diesem
Bild schon zufrieden.
< Baumpilze
Beim Fotografieren von Baumpilzen
werden Sie immer das Problem haben,
dass deren Unterseiten absaufen, also
zu wenig Licht abbekommen und daher
zu dunkel erscheinen. Abhilfe bringt da
der Einsatz eines (Aufhell-)Blitzes. Schon
der interne Kamerablitz hellt die Szene
soweit auf, dass das Bild nicht nur einfach geknipst aussieht. Ein entfesselter
Blitz (hier wurde er in der linken Hand
etwa auf Hüfthöhe gehalten) ermöglicht Ihnen noch mehr Einfluss auf die
optimale Beleuchtung des Motivs.
Herbstliche Naturschönheiten: Pilze
1
[ 1/160 s | f11 | 14 mm | ISO 100 ]
2
[ 1/500 s | f5,6 | 105 mm | ISO 200 ]
y Düngerling: die Aufnahmesituation
y Düngerling: uninspiriert
3
[ 1/200 s | f11 | 14 mm | ISO 200 ]
4
[ 1/200 s | f11 | 14 mm | ISO 200 ]
y Düngerling in der Landschaft
y Düngerling: erhaben
Da ich aber nun schon eine Zeitlang auf der Weide
lag und mein Ehrgeiz durch den ungewöhnlichen
Wuchsort so richtig entfacht war, wollte ich unbedingt
noch ein mehr oder weniger innovatives Foto schießen
4. Dazu musste ich die Kamera noch niedriger auf den
Boden bringen. Hier kam mir der Reissack zupass und
mit der Live­View­Funktion konnte ich das Bild auch
noch halbwegs bequem am Display gestalten und
scharfstellen.
Zwei entscheidende Punkte machen das Bild dann
doch interessanter als die Aufnahme 3. Zum einen ist
da der sehr niedrige Aufnahmewinkel. Kein normaler
Mensch betrachtet einen auf einem Kuhfladen wach­
senden Pilz von solch einer Position aus. Zum anderen
war es wichtig, dass der Pilzhut unbedingt über dem
Horizont steht. So wird der Blick automatisch zu den
Bäumen im Hintergrund gelenkt und die Tiefenwir­
kung ist perfekt. Das »schlechte« Wetter macht das
Bild auch noch dramatischer.
227
Kapitel 10 • 10
236
Tiere fotografieren im
Zoo und Gehege
Immer mehr Zoos und Wildgehege versuchen, ihren Tieren eine Umgebung zu schaffen, die der freien Natur nachempfunden ist. Dem Naturfotografen wird damit ein realitätsnahes Testgelände zur Verbesserung
seiner fotografischen Techniken geboten.
Nah dran (Zoo Basel)
In freier Natur sind Aufnahmen wie diese nicht
sehr oft möglich. Im Zoo fallen mehr und mehr die
hohen Zäune weg, um dem Besucher den Eindruck
von in Freiheit lebenden Tieren zu vermitteln. So
wie hier beim Pelikan konnte ich daher bis auf wenige Zentimeter an das Tier herangehen und diese
Nahaufnahme machen.
[ 1/2000 s | f5,6 | 200 mm | ISO 200 ]
237
Kapitel 10 • Tiere fotografieren im Zoo und Gehege
Große Tiere neu entdecken
Bei weitem nicht jeder Naturfotograf hat die Möglichkeit, nach Afrika oder Alaska
zu reisen, um große Tiere zu fotografieren. Zoos und Wildgehege bieten eine kostengünstige und dennoch anspruchsvolle fotografische Alternative.
Die Herausforderung in einem Gehege zu fotografie­
ren, besteht vornehmlich darin, dass Sie sich bei einer
misslungenen Aufnahme nicht herausreden können,
dass das Wetter schlecht war, die Ausrüstung nichts
taugt oder die Tiere nicht mitgespielt hätten. Hier
müssen Sie sich selbst gegenüber ehrlich sein, eine
misslungene Aufnahme in Ruhe analysieren und her­
ausfinden, warum die Aufnahme nicht Ihren Vorstel­
lungen entspricht. Nur im Zoo oder in einem Wild­
gehege fällt die oft mühsame Suche nach den Tieren
weg und selbst die Lichtverhältnisse lassen sich ohne
großen Aufwand schon im Voraus bestimmen. Unbe­
friedigende Bildergebnisse haben somit in aller Regel
ihre Ursache in den falschen Kameraeinstellungen, der
Wahl des falschen Objektivs oder aber in der Bildge­
staltung. Und genau das ist der unschlagbare Vorteil
der Zoofotografie, Sie können sich dort ganz auf sich
selbst und die Technik konzentrieren. So machen Sie
sich fit für die Fotografie in freier Natur, damit dann
dort so wenig wie möglich danebengeht.
Mit einer Jahreskarte kommen Sie sehr kosten­
günstig und jederzeit in einen Zoo oder in ein Wild­
gehege. Nutzen Sie dieses Angebot, es wird sich in
vielerlei Hinsicht lohnen. Meistens bekommen Jahres­
kartenbesitzer zusätzliche Boni, wie kostenlose Nacht­
238
besuche oder Führungen mit Spezialisten zu bestimm­
ten Tierarten.
Ein weiterer für den Naturfotografen interessanter
Aspekt ist der, dass Sie im Laufe der Zeit einige Tierpfle­
ger kennenlernen werden. So erfahren Sie Interna, zum
Beispiel wo es gerade neugeborene Junge zu sehen
gibt oder inoffizielle Fütterungszeiten, ganz exklusiv.
Damit haben Sie den »normalen« Besuchern gegen­
über einen Wissensvorsprung. So kommen Sie an Mo­
tive, die nicht jeder zu sehen bekommt.
Der König der Tiere und seine Untergebenen
Zwischen den beiden Optionen »mal eben schnell
ein Foto vom Löwen zu knipsen« oder aber ein Bild zu
schaffen, das dem Tier (auch wenn es gefangen ist)
fotografisch gerecht wird, liegen Welten. Und als Na­
turfotograf werden Sie sicherlich den Ehrgeiz haben,
lieber eine Stunde am Löwengehege zu verweilen, um
den König der Tiere auch möglichst königlich abzubil­
den, als in einer Stunde den ganzen Zoo durchlaufen
zu haben. Nur wenn Sie länger am Hauptmotiv dran
bleiben, können Sie dem Charakter des Tieres gerecht
werden. Und im Zoo haben Sie alle Zeit der Welt!
Große Tiere neu entdecken
Eine Bildserie zu den Raubkatzen soll Ihnen zeigen,
wie Sie es schaffen können, Bilder im Zoo zu machen,
die nicht nach Aufnahmen aus dem Zoo aussehen. Für
diese Aufnahmen hier benötigte ich kein teures Tele­
objektiv. Im Zoo reichen oft Brennweiten bis 300 mm
plus eventuell einem Konverter völlig aus.
Tipp
Wenn Sie ein Bild von einem Tier machen möchten, achten Sie unbedingt darauf, dass die Augen
scharf sind. Automatisch schaut jeder Betrachter
zuerst in die Augen des Motivs, und wenn dort
eine Unschärfe liegt, verliert das Bild sofort an
Qualität.
> Ein gelungenes Foto? (Zoo Basel)
Das sollten Sie vermeiden: Auf den ersten Blick
mag dieses Bild gut aussehen, aber es hat gravierende Schwächen. Die Löwin ist spannungslos genau in der Bildmitte positioniert, die
Hinterbeine sind merkwürdig angewinkelt, und
– das ist am schlimmsten – dem Tier wächst ein
Pfahlbau teilweise aus dem Kopf!
[ 1/640 s | f6,3 | 175 mm | ISO 400 ]
[ 1/250 s | f6,3 | 200 mm | ISO 400 ]
y Schon besser!
Links: Nur eine kleine Positionsänderung um fünf Schritte nach links (natürlich mit Stativ)
zeigt nun eine lässige, um ihre Überlegenheit wissende Großkatze. So stelle ich mir ein gelungenes Foto eines (Zoo-)Tieres vor. Rechts: Dem Bild könnte sogar ein noch engerer Beschnitt gut
tun, den Sie problemlos in der Bildbearbeitung erledigen können.
239
Kapitel 10 • Tiere fotografieren im Zoo und Gehege
y Der zukünftige Chef, Zoo Basel
Ein dem jungen Löwenmännchen vermeintlich gerecht werdendes Bild: Die Ohren
sind schön gerade aufgerichtet, der Blick erscheint von grenzenloser Überheblichkeit geprägt und die Komposition ist auch gelungen. Links und rechts vom Löwen
aber sind verräterische, weiße Flecken zu sehen, die im eigentlichen Lebensraum des
Tieres nicht zu sehen wären – es sind Schneereste.
> Ein schöner Rücken kann auch entzücken, Zoo Basel
Wollen die Tiere einfach nicht ins Auge der Kamera schauen, dann machen Sie aus der Not eine Tugend. Fotografieren Sie einfach das Fell. Sie können sich auf diese Weise
zum Beispiel eine individuelle »Landkarte« der Großtiere
erschaffen, indem Sie alle fotografierten Fellausschnitte
zusammen auf einem Poster ausdrucken lassen.
240
[ 1/320 s | f8 | 500 mm | ISO 200 ]
[ 1/320 s | f8 | 200 mm | ISO 100 ]
Große Tiere neu entdecken
[ 1/125 s | f8 | 500 mm | ISO 200 ]
[ 1/80 s | f8 | 500 mm | ISO 200 ]
< y Gepardenporträts,
Zoo Basel
Links: Angeschnittene Porträtaufnahmen sind grundsätzlich nicht verboten und
müssen nicht zwangsläufig
unprofessionell aussehen.
In diesem Fall bin ich aber
zu halbherzig an die Sache
herangegangen. Die Ohren
scheinen wie zufällig angeschnitten. Oben: Das ist
die viel bessere Lösung. Vor
allem kommt der Charakter
des Geparden sehr eindringlich hervor.
241
Kapitel 10 • Tiere fotografieren im Zoo und Gehege
Heimische raubkatzen im tierpark
Tierparks und Wildgehege halten vor allem einheimische Tiere. Hier können Sie
(zumindest bei artgerechten Gehegen) viel über das Verhalten der Tiere lernen,
was Ihnen beim Fotografieren in der freien Natur helfen wird.
In der Regel sind die Öffnungszeiten von Tier­ und
Wildparks etwas naturfotografenfreundlicher als die
der Zoos. Denn als Naturfotograf sollten Sie am frühen
Morgen und späten Abend am Gehege sein. Nutzen
Sie die Mittagszeit lieber zum Essen, denn dann ist
das Licht sowieso am ungünstigsten. An trüben Tagen
spielt die Fotografierzeit allerdings keine Rolle, weil das
Licht dann immer die gleiche Intensität hat.
Für die hier gezeigten Luchsbilder hatte ich im
Schweizer Tierpark Goldau etwa eine Stunde beim Luchs­
gehege gewartet, weil die Fütterung täglich zwischen
[ 1/320 s | f7,1 | 185 mm | ISO 640 ]
y Luchs in Aktion (Tierpark Goldau)
Links: Das Gestrüpp und der Hintergrund machen
dieses Bild sehr unruhig und lenken vom Tier ab. Der
Blick des Luchses ist auf den Boden gerichtet, was
wenig raubtierhaft wirkt.
242
9 und 10 Uhr stattfindet. Mein Ziel war es, den Luchs
in Bewegung aufzunehmen. Daher begann ich, sofort
zu fotografieren, als er sich aufmachte, von seinem
Ruhebaum hinunter auf den Boden zum Futter zu
gelangen. Von zehn Aufnahmen waren neun nicht zu
gebrauchen und wanderten in den Papierkorb. Auch
beim Fotografieren von Tieren in Gefangenschaft soll­
ten Sie also mit einigem Ausschuss rechnen.
[ 1/250 s | f7,1 | 122 mm | ISO 640 ]
Rechts: Nur wenige Augenblicke später war mein gewünschtes Bild im Kasten. Der Luchs ist in einer geschmeidigen, raubkatzentypischen Bewegung, die Ohren sind
gespitzt und er schaut in meine Richtung. Die ganze Szene
könnte sich so in freier Natur abgespielt haben.
[ 1/50 s | f4,5 | 200 mm | ISO 500 ]
y Wildkatze, Tierpark Goldau
Die Wildkatze ist ein extrem scheues Tier, selbst in einem Tierpark! Anstatt also ein »einfaches«
Porträt zu gestalten, wollte ich die Scheu des Tieres darstellen. Als Rahmen wählte ich einen
kleinen Strauch, durch den ich auf die Katzenaugen fokussierte. Es ist gerade noch so viel vom
Tier zu sehen, dass es als Wildkatze erkennbar bleibt.
Ü bu NG
Wenn Sie die Möglichkeit haben, öfter in einen Zoo
oder in ein Wildgehege zu gehen , dann nehmen Sie
sich vor, einmal pro Monat einen ganzen Tag lang nur
mit einer offenen Blende zu fotografieren, je nachdem
welche Lichtstärke Ihr Objektiv besitzt. Wegen der extrem geringen Schärfentiefe sollten Sie darauf achten,
dass Sie immer auf die Augen der Tiere scharfstellen.
Damit Sie etwas flexibler agieren können, lassen Sie
bei dieser Übung das Stativ dieses eine Mal beiseite.
Der Sinn dieser Übung ist der, dass Sie sich dadurch
mehr auf das Tier und weniger auf die Kameratech-
nik konzentrieren können. Denn sonst sind Sie zu sehr
damit beschäftigt, Blende oder Belichtungszeit zu
verstellen, und dabei bleibt die Beobachtung des Tieres
auf der Strecke.
Nachfolgende Einstellungen können Sie vornehmen:
◼ Blendenvorwahl A und Blende 4 bis 5,6
◼
aktivierter Bildstabilisator
◼
kontinuierlicher Autofokus
◼
ISO und Weißabgleich automatisch
243
Kapitel 10 • Tiere fotografieren im Zoo und Gehege
Situationskomik einfangen
Bei Serienaufnahmen kommt es ab und zu vor, dass ein technisch nicht brillantes,
aber doch amüsantes Bild herauskommt. Dieses Thema allein kann das Leben eines
Naturfotografen schon völlig ausfüllen.
Zoo­ und Haustiere zeigen ab und zu Verhaltenswei­
sen, die uns sehr menschlich vorkommen und Heiter­
keit auslösen. Solche Bilder fallen bei mir zwar nur ne­
benbei an, dennoch freue ich mich zu Hause am Com­
puter, wenn ich einen dieser Zufallstreffer entdecke.
Vielleicht ist diese Art der Fotografie etwas für Sie? Die
Trefferquote ist natürlich deutlich höher, wenn Sie von
jedem Motiv überdurchschnittlich viele Bilder machen.
[ 1/30 s | f8 | 500 mm | ISO 100 ]
244
Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass
Sie einen lustigen Moment erwischen.
Einige Tierparks lassen ihren Tieren freien Lauf, so
dass Sie nah herankommen. Nutzen Sie dies aus, und
setzen Sie ein leichtes Telezoomobjektiv ein. Damit
sind Sie sehr flexibel und schnell. Technisch müssen
diese Bilder gar nicht perfekt sein. Hier zählt allein die
Situationskomik.
< Keine Überlebenschance, Zoo Basel
Fressen und gefressen
werden, so lautet eines
der Grundgesetze der
Natur. Als Naturfotograf
werden Sie ständig mit
dieser Tatsache konfrontiert. Meist können Sie
die (oft blutigen) Fotos
niemandem zeigen. Ist
aber eine Prise Humor
dabei, sieht das Ganze
schon anders aus.
Situationskomik einfangen
< »Die Gang«, Tierpark Goldau
Diese Bande Mufflons schlendert den ganzen Tag durch den Park, immer auf der Suche nach Fressbarem. Das Trio wirkte auf
mich wie eine Gruppe von Jugendlichen,
die nicht wissen, wohin mit ihrer Kraft. Die
Blessuren des mittleren Tieres trugen dazu
bei, den Eindruck noch zu verstärken.
[ 1/160 s | f5,6 | 200 mm | ISO 400 ]
[ 1/250 s | f8 | 185 mm | ISO 400 ]
[ 1/100 s | f11 | 92 mm | ISO 640 ]
y Seien Sie aufmerksam! Tierpark Goldau
Eine Gruppe von Schulkindern musste im Tierpark verschiedene Aufgaben erfüllen, deren Lösung auf einem
Blatt Papier notiert wurde. Wohl in der Hoffnung auf ein
Leckerli kam ein Sikahirschweibchen ganz nah an den
Jungen heran. Dem Betrachter stellt sich die Situation so
dar, als ob das Tier die Hausaufgaben kontrolliert.
< Frech, Zoo Basel
Affen sind prädestiniert für amüsante
Bilder. Ihre Ähnlichkeit mit uns Menschen
veranlasst uns, ihre Gesten sofort in unsere
»Sprache« zu übersetzen. Egal ob Menschenaffen, Paviane oder Meerkatzen, das
fotografische Tummelfeld ist bei diesen
Tieren schier grenzenlos.
245
Index
Index
A
Abbildungsmaßstab 162
Abblendtaste 309
Aberration, chromatische 318
Adapterringe 314
AdobeRGB 85
AF-Messfeld 317
Amphibienfotografie 200
Amphibienfotografie bei Nacht 201
APS-C-Format 48
Aquarienfotografie 122
Aufhellblitz 226
Aufhellfolie 116
Augen 239
Augenhöhe 249
Auslöseverzögerung 317
Außengehege, Zoo 249
Autofokus (AF) 41, 317
Autofokusbetriebsarten 106
Autofokus-Hilfslicht 317
Autofokus, kontinuierlicher 106
B
Bäche → Fließgewässer
Balkonpflanzen 114
Basstölpel 268
Baumpilze 226
Belichten 53
Belichtung korrigieren, RAW 292
Belichtungsautomatik 53
Belichtungskorrektur 55, 58, 317
Belichtungsmessmethoden 54
Belichtungsreihe 63, 317
Belichtungssteuerung 35
324
Belichtungsstufen 32
Belichtungszeit 29, 33, 317
Bergmolch 202
Bestimmungsbücher 163, 259, 320
Bewegung darstellen 30
Bewegung einfrieren 30
Bienenfresser 255
Bildauflösung 317
Bildbearbeitungssoftware 286
Bildbearbeitungsworkflow 286
Bilder archivieren 303
Bilder präsentieren 304
Bildflecken entfernen 295
Bild nachschärfen 296
Bildrauschen 39, 50
Bildstabilisator 317
Bildwinkel 47, 317
Blau 81
Blaue Stunde 81, 82
Blende 24, 25, 33, 166, 317
Blendenautomatik 35, 317
Blendenring 28
Blendenvorwahl 35
Blendenwert 26
Blendenzahl 26, 28
Blitzen 250
Blitz, entfesselt 65
Blitz, interner 64
Blitzleitzahl 317
Blitzlicht 122
Blitzreflektorfolie 315
Blitzschiene 202
Blitz und lange Belichtungszeit 66
Blumen im Garten 132
Boot 210
Bracketing → Belichtungsreihe
Brennweite 317
Brennweitenfaktor 48
Budget 18
Bulb 317
C
CF (CompactFlash) 318
Chaosbilder 96, 214
Chromatische Aberration 318
Cloud 303
CMYK 85, 318
Cropfaktor 48
D
Diagonale 90
Dioptrien 318
Doppelbelichtung 155
Dreibeinstativ 68
Dreieck 95
DSLR 19, 318
DX-Format 48
Dynamikumfang, hoher 300
E
Eichelhäher 231
Einbeinstativ 68
Einzelautofokus 106
Eisvogel 213
Eisweiher 190
Eiszapfen 214
Erdkröten 203
Erdmännchen 248
Index
EXIF 318
Extender → Telekonverter
F
Farben 80, 155
Farben, nichtfassbare 80
Farbmodell 85
Farbraum 85
Farbreferenzkarte 156
Farbtemperatur 46
Feldhase 176
Fell 240
Fernauslöser 168
Festplatte, externe 303
Festplatte, mobile 303
Feuchtgebiete 273
Filter 71
Firmware 318
Fisheye-Objektiv 313
Fliegenpilz 225
Fließgewässer 207
Flüsse → Fließgewässer
Format 318
Formen 94
Förster 229
Fotoformate 86, 87
Fotografenhandschuhe 315
Fotospaziergang 174
Fotoworkshops 259, 323
Frauenschuh 164
Futterhäuschen 127
Gewässer 190
Gezoomte Bilder 100, 155
Gittereinblendung 93
Goldener Schnitt 92
Golfplätze 191
Graukarte 53
Graukartenersatz 57
Graureiher 77, 178, 211
Greifvögel 229
Grün 83
Katzenporträt 120
Kegelrobben 271
Kleinbildformat 48
Komplementärfarben 85
Komprimierung 318
Kontinuierlicher Autofokus 106
Konverter 149, 318
Körperfarben 80
Küsten 261
Küsten, Tiere 267
H
L
Haustiere 119, 138
Helgoland 12, 37, 77, 256, 265, 268
Helligkeit 33
Herausforderung 12
Hermelin 233
Hirschkuh 235
Histogramm 56, 318
Hochformat 87
Höckerschwan 204, 205
Libellen 198
Lichtfarben 80
Licht im Tagesverlauf 78
Licht, polarisiertes 73
Lichtstärke 34, 318
Live View 318
L-Schiene 70
Luchs 242
I
Innengehege, Zoo 250
ISO-Wert 37, 318
ISO-Wert und Belichtungszeit 38
J
JPEG/JPG 318
G
Gebirge 276
Gegenlicht 117, 137, 219, 280
Gegenlichtblende 318
Gelb 82
Gemeinschaft 15
Gestaltungsvarianten 118
K
Kamera, Anforderungen 308
Kamera auswählen 308
Kamera einstellen 74
Kartenleser 287, 318
Kastanie 220
M
Makrofotografie 162
Makrofotografie am Wasser 198
Makrofotografie, Ausrüstung 163
Makrofotografie, Licht 170
Makrofotografie, Schärfe 167
Makrofotografie, Schärfentiefe 199
Makrofotografie, Schmetterlinge 251
Makroobjektiv 166, 310
Manueller Modus 35
Matrixmessung 54, 318
Meer 261
Mehlschwalbe 186
Mehrfachbelichtung 155
Mehrfeldmessung → Matrixmessung
Mehrpunkt-AF 319
Metadaten bearbeiten 294
Mimikry 163
325
Index
Mittenbetonte Messung 54, 319
Mitziehen 142
Moorweiher 192
Morgenlicht 149
Motivsuche 107
Murmeltiere 280
N
Nachschärfen 296
Naheinstellgrenze 106
Nahlinse 112, 163
Natur in der Stadt 176
Naturschutzorganisationen 322
Naturschutzvereine 15
Nebel 273
Nebelkrähen 174
Nutria 193
Nutztiere 160
O
Objektive 310, 312
Objektivüberzieher 314
Objektiv und Bildwirkung 47
Orange 84
P
Panoramen 264
Perspektive 50
Photomerge-Belichtung 301
Photoshop Elements 289
Pilze 224
Pirsch 234
Pixel 319
Polarisationsfilter 71
Polarisiertes Licht 73
Polfilter 71
Primärfarben 85
Programmautomatik 35
326
Programmverschiebung 36
Punkt 88
Pyramiden von Euseigne 282
Q
Qualität 14
Querformat 86
R
Rahmen 191
Ratte 177
Raubkatzen 239
Raubkatzen, heimische 242
Rauchschwalben 187
Rauschen 39
RAW 319
RAW-Konverter 290
Regen 155
Regenschutz 262
Reiherente 196
Reinigungszubehör 316
Reise, Ausrüstung 257, 259
Reise, Fotoworkshop 259
Reise, Vorbereitung 256
Reissack 168
RGB 85, 319
Ringelnatter 206
Rosette 95
Rot 80
Rote Augen bei Tieren 121
S
Schärfen 296
Schärfentiefe 23, 26, 166, 319
Schärfentiefekontrolltaste → Abblend­
taste
Schilf 204
Schmetterlingshaus 251
Schneefotografie 60
Schnellwechselplatte 69
Schwalbenschwanz 167
Schwarzwald 158, 191, 228
Schwarzweiß 297
SD Card 319
See 204
Sekundärfarben 85
Selbstkritik 225
Selektive Mehrfeldmessung 319
Sensorformate 49
Serienaufnahme 182
Shiften 36
Situationskomik 244
Skylightfilter 71
Sonnenaufgang 78
Sonnenblende → Gegenlichtblende
Sonnenlicht 157
Specht 150
Sperber 229
Sperlingskauz 228
Spiegelreflexkamera 19
Spiegelreflexklassen 308
Spiegelungen 191
Spiegelvorauslösung 169
Spotmessung 54, 319
sRGB 85
Stadttauben 180
Stadtweiher 178
Starterkit 19
Stativ 68
Stativfuß 70
Stativkopf 69
Sternenbahnen 31
Stockente 196, 210
Streulichtblende → Gegenlichtblende
Strukturen 94
Sumpfbiber → Nutria
Supertelezoomobjektiv 312
Systemkamera 19
Index
T
Tarnzelt 230
Taubenschläge 181
Telekonverter 311
Teleobjektiv 311
Telezoomobjektiv 311
Tierfotografie, Ausrüstung 257
Tierspuren 16
TIFF 319
Tilt/Shift-Objektiv 312
Trottellumen 37, 269
U
Überbelichtung 55
Übung Amphibienfotografie 203
Übung Autofokusbetriebsarten 106
Übung Autofokusmessfelder 43
Übung Belichtung korrigieren 222
Übung Belichtungsmethode 57
Übung Belichtungsreihe 63
Übung Belichtungszeit 32
Übung Blendenreihe 112
Übung Brennweiten 52
Übung Dynamische Unschärfe 179
Übung Fliegende Vögel 182
Übung Haustiere 120
Übung Landschaft im Jahresverlauf 159
Übung Lange Belichtungszeit 175
Übung Lochkamera 26
Übung Programmverschiebung 36
Übung Schärfentiefe 22
Übung Stativgebrauch 125
Übung Tiere beobachten mit der
Kamera 243
Übung Tiere in Aktion 142
Übung Vogelfotografie 127
Übung Vogelfotografie zu Hause 127
Übung Weißabgleich 44
Unscharf Maskieren (USM) 319
Unterbelichtung 55
Unterwassergehäuse 316
USB-Stick 303
UV-Filter 72, 276, 277
V
Verdichtung 120
Verlängerungsfaktor 48
Vignettierung 319
Violett 84
Vögel am Wasser 196
Vogelfotografie am Fenster 126
Vögel im Winter 148
Vögel in der Stadt 184
Vogelstimmenwanderung 229
Vollformat 48, 49
W
Wald, Licht 220
Wanderungen 15
Wasserbad 128
Wasserfall 214, 223
Wasserfrosch 200
Wasserläufer 199
Weißabgleich 44, 157, 319
Weißabgleich einstellen, RAW 290
Weißstorch 275
Weitwinkelzoomobjektiv 310
Wellen 262
Wespenspinne 145
Wiesenlandschaften 158
Wildbienenwiese 133
Wilde Gartenbewohner 144
Wildgehege 238
Wildkatze 243
Wildtierfotografie 228
Wildtierfotografie, Kleidung 230
Wildtierfotografie, Weitwinkel 195
Wildwechsel 194
Wischerbilder 98
Workflow 319
Z
Zaun unsichtbar machen 246
Zeitautomatik 35
Zeitvorwahl 35
Zoo, Außengehege 249
Zoo, Innengehege 250
Zubehör 314
Zwischenringe 164
327

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