Melanie Hembera

Transcrição

Melanie Hembera
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge
werden nach Vorermittlungsver
Ermittlungsakten aufgeschlagen: Aufklärung und
Strafverweiteren Ermittlungssachen und Bearbeitun
folgung von NS-Verbrechen an den Häftlingen stiger
desjustizieller,
jüdischen
amtlicher und privater Ang
heiten und Anfragen klassifiziert.
Zwangsarbeitslagers Pustków
Meine im Jahr 2008 geschriebene Magisterarbeit zur nationalsozialistischen Ausbeutungs- und
Vernichtungspolitik im besetzten Polen am Beispiel des jüdischen Zwangsarbeitslagers (ZAL)
Pustków stützte sich in der Hauptsache auf Ermittlungsakten der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Wie kaum ein anderer
Quellenbestand vermögen es die dortigen Unterlagen, ein multiperspektivisches Bild der nationalsozialistischen Einzel- und Massenverbrechen
zu vermitteln. Der vorliegende Beitrag will einen
Einblick in diese Unterlagen aus sogenannten
NSG-Verfahren geben und exemplarisch veranschaulichen, welcher Erkenntnisgewinn aus der
Archivarbeit gezogen werden kann.
Im Mittelpunkt meiner Magisterarbeit stand das
Zwangsarbeitslager Pustków1. Für die Rekonstruktion des Lagerkosmos habe ich die von der
Zentralen Stelle unter dem damaligen Aktenzeichen AR-Z 280/59 angelegten bzw. geführten
Vorermittlungsakten herangezogen. Diese haben
die Tötungen von Häftlingen des ZAL Pustków
im Bereich des SS-Truppenübungsplatzes Heidelager bei Dȩbica im damaligen Distrikt Krakau sowie die Teilnahme des dortigen SS-Bataillons an
„Aussiedlungen“2 in Tarnów, Dȩbica und anderen
Orten zum Gegenstand3.
Die inhaltliche Erschließung erfolgt bei de
rakters bieten gerade ermittlungsverfahren
diese Dokumenten- und
bzw.Ermittlungssache
sachthematischen,
insbesondere
nach orts- u
Quellentypen einen guten
Einstieg in einen
Verheitenbezogenen
Gesichtspunkten. Der Ansat
fahrenskomplex und seine
Aktenüberlieferung.
Unterlagen als Sachakten zu erschließen, erm
Konkretisierung
und Ausdifferenzierun
Vor allem die Anklagedie(134
Seiten umfassend)
Zusammensetzung.
Somit werd
sowie das Urteil (310 heterogenen
Seiten umfassend)
geben
Beispiel
Hauptakten
sehr detailliert Aufschluss
überdiedas
Gesamtge-der Zentralen Ste
Mehrfertigungen
staatsanwaltschaftlich
schehen des Verbrechens.
Gegliedert in der
mehrere
mittlungen,
Abschnitte enthalten sie
nicht nurDokumentenAngaben zurund Anlagenbänd
auch Sammlungen
Vernehmungsniedersc
Beweisführung sowie Schilderungen
desvon
Tatvorund Lichtbildmappen
ganges. Ein Überblick Urteile
zum historischen
Kontext im Einzelnen b
in der Datenbank
gespeichert. Dies erlau
hilft dabei, das konkreteund
Geschehen
einzuordnen.
besondere
bei zahlreichsetzt
überlieferten mehrbä
Das Gros der vorliegenden
Verfahrensbände
Ermittlungsvorgängen
die
sich indes zusammen aus den Aussagen, sowohlDarstellung ihrer
nen
Bestandteile innerhalb
von Zeugen als auch von
Beschuldigten.
Die Aus-einer Serie.
sagen, die etwa 70 Prozent des Aktenumfangs
Um dieihres
Fundstellenangaben
ausmachen, können anhand
Entstehungs- der Karteisystem
in einem anderen
Beitrag dieses Heftes ein
zeitpunkts nach zwei die
Kategorien
unterschieden
werden: erstens Befragungen, die kurze Zeit nach
Kriegsende gemacht wurden und zweitens solche,
die hauptsächlich in den 1960er und frühen 70er
Jahren entstanden sind. Bei ersteren handelt es
sich im wesentlichen um protokollierte Aussagen
überlebender Opfer, die durch das Jüdische Historische Institut in Warschau durchgeführt und im
Zuge der Ermittlungen in die deutsche Sprache
übersetzt wurden.
Das Verfahren
Summa summarum weist dieses Verfahren 14
Bände, eine Anklage- und eine Urteilsschrift sowie zwei Lichtbildmappen auf. Mit einer Blattzahl von circa 3.800 finden sich in diesen Bänden
eine Reihe ganz unterschiedlicher „Quellenarten“,
so beispielsweise ein Ermittlungsbericht der
Zentralen Stelle, eine Übersicht über die mit
dem Verbrechenskomplex zusammenhängenden
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, eine Einstellungsverfügung der nach der Strafprozessordnung StPO zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, sowie die Anklage- und Urteilsschrift aus
der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht bei
dem Landgericht Hannover. Aufgrund ihres die
Ermittlungsergebnisse zusammenfassenden Cha-
Die Vorermittlungen der Zentralen Stelle sollten
die im Zwangsarbeitslager Pustków begangenen
nationalsozialistischen Gewaltverbrechen aufklären und dadurch den Kreis derer feststellen, die
strafrechtlich noch für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden konnten. Außer gegen die
Bewachungsmannschaften des Lagers richteten
sich die Ermittlungen auch gegen Angehörige des
auf dem Truppenübungsplatz der SS stationierten
Bataillons von SS-Soldaten; diese wurden nicht
nur wegen Verbrechen an den Häftlingen des ZAL
verdächtigt, sondern auch wegen ihrer Teilnahme
Vorläufige Klassifikationsgruppen
an systematischen antijüdischen
Vernichtungs- des Bestandes B 162
maßnahmen im Distrikt Krakau.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
82 83
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entstandenen
Vorgänge
werden nach Vorermittlungsverfahren,
Der Truppenübungsplatz
der Waffen-SS und das
weiteren
Ermittlungssachen
und Bearbeitung
sonauf diesem
Gelände errichtete
ZAL Pustków,
stiger
justizieller,
amtlicher
und
privater
Angelegendas von 1940 bis Juli 1944 bestand, befanden
heiten
unddem
Anfragen
klassifiziert.
sich auf
Gebiet
der Kreishauptmannschaft
Dȩbica innerhalb des Distrikts Krakau des GeDie
inhaltliche Erschließung
bei besetzten
den Vorneralgouvernements,
wie dieerfolgt
deutsch
ermittlungsverfahren
und Ermittlungssachen
nach
Gebiete Polens, die nicht
dem Deutschen Reich
sachthematischen,
insbesondere
orts-4. und eineinverleibt wurden,
bezeichnetnach
wurden
heitenbezogenen Gesichtspunkten. Der Ansatz, diese
Unterlagen
als Sachakten
zu erschließen,
ermöglicht
Die im Lager
und auf dem
SS-Truppenübungsdie
und Ausdifferenzierung
platzKonkretisierung
begangenen Verbrechen
waren keine ihrer
isoheterogenen
Zusammensetzung.
Somit werden
lierten Taten;
sie fügten sich vielmehr
ein inzum
die
Beispiel
die
Hauptakten
der
Zentralen
Stelle,
die
menschenverachtende, verbrecherische deutsche
5
Mehrfertigungen
der staatsanwaltschaftlichen
ErBesatzungsherrschaft
zwischen 1939 und 1944
.
mittlungen,
und gewaltvollen
Anlagenbände,Überaber
Die VielzahlDokumentender spontanen,
auch
von Vernehmungsniederschriften,
griffeSammlungen
und die systematisch
durchgeführten DeUrteile
und Lichtbildmappen
im Einzelnenauf
benannt
portationen
und Vernichtungsaktionen
dem
und
in der
gespeichert. Dies
erlaubt
insGebiet
derDatenbank
Kreishauptmannschaft
Dȩbica
wurden
besondere
zahlreich überlieferten
in einem bei
sogenannten
Basis- odermehrbändigen
FlächenverErmittlungsvorgängen
Darstellung ihrer
fahren aufgeklärt. Diedie
Vorermittlungen
dereinzelZennen
Bestandteile
innerhalb
einer
Serie.
tralen
Stelle (AR-Z
162/67,
9/78,
48/82 u.a.), an
welche sich förmliche Ermittlungen der StaatsUm
die Fundstellenangaben
der Karteisysteme,
auf
anwaltschaft
Hannover anschlossen,
richteten
die
einem zahlreiche
anderen Beitrag
dieses Heftes
eingegansichingegen
Angehörige
der deutschen
Besatzungsorgane von Wehrmacht, Waffen-SS,
Sicherheitspolizei, Gendarmerie und der Zivilverwaltung sowie in einzelnen Fällen auch gegen
einheimische Kollaborateure, die zwischen 1939
und 1944 in der Kreishauptmannschaft Dȩbica
eingesetzt waren.
Die Liste der Beschuldigten war dementsprechend umfassend, ebenso die Zahl der gegen polnische Zivilisten, hauptsächlich jüdischen Glaubens, verübten Gewalttaten. Ausgelöst wurden
die Ermittlungen durch Anzeigen der polnischen
„Hauptkommission zur Erforschung der HitlerVerbrechen in Polen“, die über die Ludwigsburger Zentrale Stelle der Staatsanwaltschaft Hannover zugeleitet wurden6.
Die auf die Verbrechen im ZAL Pustków und seine
Umgebung fokussierenden Ermittlungen hatten
schon vor 1967 eingesetzt. Wie auch im Fall des
Basis- bzw. Flächenverfahrens ist die lange Verfahrenschronologie augenfällig. Der Ursprung
der Ermittlungen war eine Anzeige eines ehemaligen Häftlings des ZAL Pustków vom 2. Januar
1959 bei der Kriminalpolizei in Bielefeld: Ignatz
Vorläufige
Klassifikationsgruppen
des Bestandes
B 162die auf
W. bezeugte
eine Reihe von
Tötungen,
dem SS-Truppenübungsplatz, insbesondere je-
gen wird, transparent zu halten, werden neben der
Aufnahme
des Aktenzeichens
insbesondere
auch die
doch
im dort
befindlichen Lager,
an Häftlingen
Band- und worden
Blattangaben
konsequent berücksichtigt1.
begangen
waren.
Zusätzlich werden Verlauf und Ausgang des Verfahrens durch
den Hinweis aufBielefeld
einschlägige
Dokumente
Die
Staatsanwaltschaft
leitete
daraufwie ein
Abschlussberichte,
Einstellungsverfügungen,
hin
förmliches Vorermittlungsverfahren
ein,
Anklageundeingestellt
Urteilsschriften
dokumentiert.
das
jedoch
wurde,
da der Aufenthalt
des Beschuldigten nicht festgestellt werden
7
Vorgänge,
die zum
Zweck der
Bearbeitung
sonstiger
konnte
. Noch
im gleichen
Jahr,
1959, wurde
eine
justizieller, amtlicher
und privaterAkten
Angelegenheiten
Mehrfertigung
der Bielefelder
der Zenund
Anfragen
angelegt
worden sind
und oft nur
wetralen
Stelle in
Ludwigsburg
zu weiteren
Vorernige Blatt beinhalten,
neu geordnet
und zu
mittlungen
übersandt.werden
Dort stellte
man zunächst
sinnvollen
und kompakten
Akteneinheiten
zusameine
Verbindung
zum Strafverfahren
der Staatsmengefasst,
über die Aktenzeichen
recherchieranwaltschaftdieFlensburg
gegen Martin
Fellenz
bar gehalten
und
Anderewerden.
her. Martin Fellenz, Stabsführer
beim SS- und Polizeiführer Krakau, dem regiVorermittlungsund Ermittlungsvorgänge,
die uronalen
Entscheidungsund Koordinationszensprünglich
einem bestimmten eigenen
Betreff
trum
für diezuNS-Vernichtungspolitik
im Distrikt
begonnenwurde
wurdenimund
als solche
den KarteisyKrakau,
Januar
1966 in
wegen
Beihilfe
stemen
erfasst
im Laufe der
Ermittlungen
zum
Mord
zu sind,
eineraber
mehrjährigen
Haftstrafe
ver8
aufgrund
eines
identischen
Sachverhaltes
mit
andeurteilt .
ren Vorgängen verknüpft und ab diesem Zeitpunkt
nichtVerlauf
mehr eigenständig
geführt wurden
Im
der Vorermittlungen
der (sogenannZentralen
te
verbundene
Vorgänge)
werden
in
bestimmten
Stelle ergaben sich aber auch konkrete Hinweise
Archivnummernbereichen
(ohne
Aufbewahrungsauf
den Täterkreis des ZAL
Pustków:
Der ehemalige SS-Oberscharführer Ernst Kops, dem die
Leitung des Lagers von Juni 1941 bis Oktober
1942 oblag, wurde zahlreicher Mordtaten an jüdischen Häftlingen verdächtigt, die er eigenständig sowie gemeinschaftlich mit weiteren SS-Angehörigen der ZAL-Lagermannschaft begangen
haben sollte. Gegen Kops ermittelte die Zentralstelle in Dortmund ab dem Jahre 1963. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem Ernst Kops
im Jahre 1965 Suizid verübt hatte9.
Allerdings gingen aus den Ermittlungen gegen
den ehemaligen ZAL-Lagerkommandanten
zahlreiche Unterverfahren hervor, so etwa auch
gegen Hans P. Frühzeitig war der Angehörige
des damaligen Kommandantur-Stabes des SSTruppenübungsplatzes beschuldigt worden, eine
Vielzahl von Tötungshandlungen begangen zu
haben. Auf den Antrag der Staatsanwaltschaft
Hannover eröffnete der Untersuchungsrichter
beim Landgericht Hannover am 19. Juli 1971
die gerichtliche Voruntersuchung gegen P.10.
Fortan galt Hans P. als Hauptbeschuldigter des
Pustków-Ermittlungsverfahrens. Hans P. wurde
im Jahre 1973 wegen Mordes in zwei Fällen zu
einer zweifachen lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt11.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Mitteilungen aus dem
Bundesarchiv
– Themenheft
2008– Themenheft 2008
Mitteilungen
aus dem
Bundesarchiv
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Quellen in den zum ZAL Pustków angelegten
Ermittlungsakten der Zentralen Stelle erstrecken
sich somit über einen Zeitraum von 1945 bis 1973
und beinhalten alle wichtigen Erkenntnisse und
Ergebnisse der strafrechtlichen Aufklärungs- und
Verfolgungstätigkeit mehrerer bundesdeutscher
Justizbehörden.
Aktenimpressionen I: Opferschicksale
Die Arbeits- und Existenzbedingungen der Häftlinge des ZAL Pustków differierten sehr stark:
Nicht zu jeder Zeit des Bestehens des Arbeitslagers gestaltete sich der Alltag für die Häftlinge
gleich; somit muss in der Betrachtung einerseits
der Faktor Zeit berücksichtigt werden. Ein weiterer maßgeblicher Faktor stellte die Art der Beschäftigung und der jeweilige Einsatzort, an welchem diese verrichtet werden musste, dar. Nicht
nur die Lebensbedingungen der Facharbeiter
waren zumindest zeitweise aufgrund der anfänglichen Gewährung von Privilegien erträglicher,
sondern auch die auszuführende Arbeit wies nicht
überall derart mörderische Züge wie auf den Baustellen auf. Dort wurden den jüdischen Zwangsarbeitern häufig Arbeiten abverlangt, die vor allem
aufgrund der mangelnden Ernährung kaum auszuführen waren.
Nachdem im März 1942 eine „Aussiedlung“ in
der nahe gelegenen Stadt Mielec stattgefunden
hatte, wurde ein Teil der jüdischen Einwohner
auf den SS-Truppenübungsplatz verschleppt, wo
innerhalb des bereits bestehenden ZALs ein abgetrennter Lagerkomplex errichtet wurde. Dieser
bestand jedoch nicht lange. Denn schon im September des Jahres fand eine groß angelegte „Aussiedlung“ der jüdischen Zwangsarbeiter des ZAL
Pustków statt, wobei die überwiegende Zahl der
Häftlinge des so genannten „Z-Lagers“ mit aller Wahrscheinlichkeit in das Vernichtungslager
Belźec deportiert wurde. Zurück blieben hauptsächlich jüdische Häftlinge, die als unersetzbare
Facharbeiter galten12.
Die nachstehenden, exemplarisch ausgewählten
Auszüge aus den Ermittlungsakten vermitteln einen konkreten Eindruck vom Leidensweg der Opfer. Sie dokumentieren den alleinigen Zweck des
ZAL: Ausbeutung bis zur Erschöpfung - Arbeit,
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge werden
nachderVorermittlungsver
Gewalt und Sterben bestimmten
den Alltag
weiteren Ermittlungssachen und Bearbeitun
Häftlinge.
stiger justizieller, amtlicher und privater Ang
heiten und Anfragen klassifiziert.
Der Weg der Opfer in das ZAL Pustków
Die inhaltliche Erschließung erfolgt bei de
Anfangs wohnte ich inermittlungsverfahren
Warschau und im und
JahrErmittlungssache
insbesondere
nach orts- u
1939 siedelte ich nach sachthematischen,
Rzeszow ueber. Dort
blieb
heitenbezogenen
Gesichtspunkten.
Der Ansat
ich bis April 1940. An [sic!]
diesem Monat
wurde
Unterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
erm
ich bei einer Strassenrazzia von SS-Leuten aufgedie Konkretisierung
griffen und ins Lager Pustkow
verschickt. und Ausdifferenzierun
Zusammensetzung.
Somit werd
(Aussage Leopold Arieheterogenen
W. vom 10.8.1961,
in:
Beispiel
die
Hauptakten
der
Zentralen
Ste
BArch, B 162/5283, Bl. 170)
Mehrfertigungen der staatsanwaltschaftlich
mittlungen,
Damals zwangen die Deutschen
denDokumentenJudenrat, einund Anlagenbänd
auch Sammlungen
Kontingent für die Arbeitslager
zu stellen.von
DerVernehmungsniedersc
JuUrteile
und Lichtbildmappen
denrat schickte die ärmste
Bevölkerung
und die im Einzelnen b
und in
der Datenbank
gespeichert. Dies erlau
Flüchtlinge hin, unter ihnen
befand
auch ich mich.
besondere
zahlreich überlieferten mehrbä
Die Reichen konnten sich
mit Geldbeifreikaufen.
Ermittlungsvorgängen
die Darstellung ihrer
(Aussage Samuel S., o. D.,
in: BArch, B 162/5291,
nen Bestandteile innerhalb einer Serie.
Bl. 1967)
UmMielec
die Fundstellenangaben
Nach der Aussiedlung aus
gelangte ich am der Karteisystem
diePustkow.
in einem anderen
Beitrag
9. März 1942 in das Lager
Nachdem
man dieses Heftes ein
die Älteren zu einem Transport zusammengestellt
hatte und die Jüngeren ins Lager zuteilte (ca. 600
Menschen), trieb man uns 24 km mit 25 kg Gepäck pro Person zu Fuß zum Lager Pustkow.
(Aussage Maurycy B. vom 9.9.1946, in: BArch,
B 162/5291, Bl. 1973)
Ich kam in das Ghetto nach Reichshof [Rzeszów,
M.H.], wo ich bis etwa Ende 1942–Anfang 1943
blieb. Zu jener Zeit hörten wir, dass das Ghetto
aufgelöst werden sollte. Da ich wusste was das
bedeuten würde, meldete ich mich als Freiwilliger
zum Arbeitslager Pustków.
(Aussage Jehuda K. vom 29.12.1970, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2162)
Die Arbeits- und Lebensbedingungen
der Häftlinge
Als ich im Frühjahr 1942 nach Debica kam, waren am SS-Truppenübungsplatz einige Arbeitskommandos, die aus Juden bestanden, mit dem
Ausbau des Übungsplatzes (Straßenbau, Barackenbau) beschäftigt.
Vorläufige
(Vernehmung Alois K.
vom Klassifikationsgruppen
16.10.1967, in: des Bestandes B 162
BArch, B 162/5288, Bl. 1185)
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
84 85
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entstandenen
Vorgänge
werden Aufenthalts
nach Vorermittlungsverfahren,
Zu Beginn meines
in Pustkow habe ich
weiteren
und Bearbeitung
gearbeitetErmittlungssachen
in der Unterkunftsverwaltung.
Ich sonwar
stiger
justizieller,
amtlicher
und
privater
Angelegenmit verschiedenen Aufgaben betraut, z.B. habe ich
heiten
und
Anfragen gedolmetscht.
klassifiziert.
fuer die
Deutschen
(Aussage Mosche B. vom 30.5.1972, in: BArch,
Die
inhaltliche
erfolgt bei den VorB 162/5293,
Bl.Erschließung
2380)
ermittlungsverfahren und Ermittlungssachen nach
sachthematischen,
insbesondere nach
und einWir verlegten Telephonleitung
und ortsrichteten
die
heitenbezogenen
Ansatz, diese
Anschlusse [sic!]Gesichtspunkten.
ein. Bei solchenDer
Gelegenheiten
Unterlagen
Sachakten
zu erschließen,
ermöglicht
kamen wir als
auch
in die Wohnungen
der
SS Offidie
Konkretisierung
Ausdifferenzierung
ihrer
ziere,
die aus diesemund
Grund
Wert darauf legten,
heterogenen
Zusammensetzung.
Somit werden
dass wir sauberer
und besser gehalten
wurdenzum
als
Beispiel
die
Hauptakten
der
Zentralen
Stelle,
die
die übrigen jüdischen Häftlinge.
Mehrfertigungen
der vom
staatsanwaltschaftlichen
Er(Aussage Salo S.
7.1.1971, in: BArch,
mittlungen,
B 162/5292,DokumentenBl. 2214f.) und Anlagenbände, aber
auch Sammlungen von Vernehmungsniederschriften,
Urteile
und Lichtbildmappen
im Einzelnen
benannt
Mit Ausbruch
des Krieges zwischen
Deutschland
und in
der Datenbank
gespeichert.
erlaubt
insRussland
im Jahre
1941 undDies
mit der
Ueberbesondere
zahlreich
überlieferten
mehrbändigen
nahme desbei
Lagers
durch
SS-Unterscharführer
K.
Ermittlungsvorgängen
die
Darstellung
ihrer
einzel[...] hat sich die Lage der Juden im Lager Pustkow
nen
einer Serie.
wie Bestandteile
auch auf deninnerhalb
Arbeitsstellen
sehr verschärft.
(Aussage Leopold Arie W. vom 10.8.1961, in:
Um
die B
Fundstellenangaben
BArch,
162/5283, Bl. 170)der Karteisysteme, auf
die in einem anderen Beitrag dieses Heftes eingeganIm Judenlager war ich nur einmal. Es war eine
Seuche ausgebrochen oder es bestand die Gefahr
eines Ausbruchs einer solchen. Ich war damals
entsetzt, weil es Flöhe in Massen gab.
(Vernehmung Berndt v. S. vom 19.6.1962, in:
BArch, B 162/5284, Bl. 329)
Vorläufige Klassifikationsgruppen des Bestandes B 162
gen wird, transparent zu halten, werden neben der
Aufnahme
des Aktenzeichens
insbesondere
auchhaldie
Die
Kost war
miserabel, aber
die Menschen
1
BandBlattangaben
konsequent
berücksichtigt
.
fen
sichund
damals
noch dadurch,
daß sie
Kontakt zur
Zusätzlich
werden
Verlauf
und
Ausgang
des
VerfahAußenwelt und zu den Polen hielten, die noch als
rens durch den
auf einschlägige
Tagelöhner
zurHinweis
Arbeit dorthin
kamen. Dokumente
wie Abschlussberichte,
(Aussage
Oskar F. vomEinstellungsverfügungen,
27.6.1946, in: BArch,
AnklageundBl.
Urteilsschriften
dokumentiert.
B
162/5291,
2003)
Vorgänge,
die zum
derein
Bearbeitung
Zum
Frühstück
gabZweck
es Brot,
Laib von sonstiger
1 ½ Kilo
justizieller,
amtlicher
undStück
privater
Angelegenheiten
für
6 Personen
und ein
Margarine
von 15 g
und
Anfragen
angelegt
worden
sind und oft nur wesowie
schwarzen
bitteren
Kaffee.
nige Blatt beinhalten,
werden
neu geordnet und zu
Mittagessen:
Schwarzer
Kaffee.
sinnvollen und
kompakten
Akteneinheiten
zusamAbendbrot:
1 Ltr.
Suppe, vorwiegend
Wasser,
einimengefasst,
die
über
die
Aktenzeichen
recherchierge Gerstengraupen, Rüben, selten einmal Kartofbar gehalten
werden.
feln
und wenn,
dann schwarz in der Pelle.
Nach einiger Zeit wurde die Brotration erhöht. Es
Vorermittlungsdie urgab
zwei Brote und
für 5Ermittlungsvorgänge,
Personen – das 4 Wochen
sprünglich– zu
eigenen Betreff
hindurch
undeinem
dann 1bestimmten
Brot für 5 Personen.
begonnen wurden
undvom
als solche
in den
(Aussage
Jozef H.
7.7.1945,
in:KarteisyBArch,
stemen
erfasstBl.
sind,
aber im Laufe der Ermittlungen
B
162/5291,
2015)
aufgrund eines identischen Sachverhaltes mit anderen sind
Vorgängen
verknüpft
und und
ab diesem
Zeitpunkt
Es
auch viele
Häftlinge
Zwangsarbeiter
nicht
eigenständig gebracht
geführt wurden
(sogenannzu
mirmehr
zur Behandlung
worden.
Die meite
verbundene
Vorgänge)
werden
in
bestimmten
sten von ihnen waren schwer misshandelt worden,
Archivnummernbereichen
(ohne und
Aufbewahrungsein
Teil litt an Unterernährung
ein anderer
Teil an körperlicher Erschöpfung. Es gab auch
viele Fälle von Flecktyphus. Mir ist nicht bekannt,
auf welchen Arbeitsstellen die Misshandlungen
stattgefunden haben. Geschlagen wurde überall,
von wenigen Ausnahmen abgesehen. So war beispielsweise die Telefonabteilung für die jüdischen
Baustelle der Schießstände
im Anfangsstadium.
BArch B 162/401, Bild 3
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Mitteilungen aus dem
Bundesarchiv
– Themenheft
2008– Themenheft 2008
Mitteilungen
aus dem
Bundesarchiv
Die Außenstelle Ludwigsburg
Wie ich in meinen Aussagen bereits angab, kam
es des oefteren zu Toetungshandlungen an den
Arbeitsstellen. Besondere Anlaesse zur Erschiessung gab es keine. Es herrschte damals voellige
Willkuer und wer einen Juden erschoss, konnte
mit einer Auszeichnung, wie z.B. zusaetzlichen
Urlaub etc. rechnen. Es gab damals nur wenige
Deutsche fuer die wir Juden auch Menschen wie
alle andere waren.
(Aussage Icchak M. vom 30.6.1970, in: BArch, B
162/5291, Bl. 1908)
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge
werden
nach BVorermittlungsver
(Aussage Abraham B. vom
9.4.1946,
in: BArch,
162/5291, Bl. 1958) weiteren Ermittlungssachen und Bearbeitun
stiger justizieller, amtlicher und privater Ang
heiten
und Anfragen
Ich war damals krank und
rückte
an diesemklassifiziert.
Tage
nicht zur Arbeit aus. Ich sah an diesem Tage, wie
DieKüche
inhaltliche
K. im Lager neben der
einen Erschließung
jüdischen erfolgt bei de
ermittlungsverfahren
und Ermittlungssache
Gefangenen, dessen Namen
ich nicht mehr weiß,
sachthematischen,
insbesondere
nach orts- u
zuerst schlug und nachher
mit dem Revolver
erDer Ansat
schoß. Ich habe diesenheitenbezogenen
Vorfall von der Gesichtspunkten.
KrankenUnterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
erm
stube aus gesehen, in der ich mich befand und wo
ich am Fenster stand. die Konkretisierung und Ausdifferenzierun
heterogenen
Somit werd
(Aussage Chaim P., o. D.,
in: BArch,Zusammensetzung.
B 162/5283,
Beispiel
die
Hauptakten
der
Zentralen
Ste
Bl. 144)
Mehrfertigungen der staatsanwaltschaftlich
DokumentenBei der Firma Krause mittlungen,
war ein deutscher
Vorar-und Anlagenbänd
auch
Sammlungen
von Vernehmungsniedersc
beiter, von kleinerer und
kompakter
Statur
– er
Urteile
war vielmehr der Meister
[...] und
– einLichtbildmappen
gefaehrlicher im Einzelnen b
in Haeftling,
der Datenbank
gespeichert. Dies erlau
Mann. Ich sah, wie er und
einen
der beim
besondere
zahlreichwar
überlieferten mehrbä
Zementabladen mit einem
Sackbei
gestuerzt
Ermittlungsvorgängen
die
– der Zementsack war dabei geplatzt – mit einerDarstellung ihrer
Bestandteile
innerhalb
ochsenziemeraehnlichennen
Peitsche
zu Tode
schlug.einer Serie.
Die Peitsche war etwa ein Meter und enthielt inUm die Fundstellenangaben der Karteisystem
nen ein Drahtende.
die19.1.1971,
in einem anderen
Beitrag
(Aussage Naftali S. vom
in: BArch,
B dieses Heftes ein
162/5292, Bl. 2247f.)
Es gab Fälle, in denen der Lagerkommandant, der
Scharführer K., sich mit dem Schlagen nicht selbst
abmühen wollte. Dann suchte er die größten und
fleißigsten Juden dazu aus, und als sie zu schwach
schlugen, bekamen sie selbst Prügel.
Auch Juden wurden auf den Baustellen erschossen. Polnische Kinder spielten „tote Juden“. Sie
trugen sich gegenseitig auf Tragbahren herum.
(Vernehmung Bernd v. S. vom 19.6.1972, in:
BArch, B 162/5284, Bl. 329)
Zwangsarbeiter dort im Lager Pustkow die beste
Stelle.
(Aussage Dr. Yudell T. vom 14.2.1973, in: BArch,
B 162/5294, Bl. 2696)
Gewalttaten
Ja, es kam zu Toetungshandlungen und insbesondere bei den Arbeitsstellen. Der Anlass war die
Tatsache, dass die Haeftlinge Juden waren.
(Aussage Salo S. vom 21.6.1970, in: BArch, B
162/5290, Bl. 1853)
Hans P. auf der Baustelle
des Schießstandes
BArch B 162/401, Bild 4
Vorläufige Klassifikationsgruppen des Bestandes B 162
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
86 87
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entstandenen
Vorgänge
werden nach
Vorermittlungsverfahren,
Häftlingsodysseen
nach
der
13
weiteren
Ermittlungssachen
und Bearbeitung sonLagerräumung
stiger justizieller, amtlicher und privater Angelegenheiten
unduns
Anfragen
Man lud
zu 80 klassifiziert.
Mann in einen Waggon ein,
die Fenster waren mit Brettern und Stacheldraht
Die
inhaltliche
Erschließung
erfolgt bei den
vernagelt,
die Türen
waren verschlossen
undVordie
ermittlungsverfahren
Ermittlungssachen
nach
Bewachung war sehrund
streng.
Während des Transsachthematischen,
nachheiß,
orts- und einportes waren die insbesondere
Tage besonders
wir
heitenbezogenen
Gesichtspunkten.
Der Ansatz,
starben am Luftmangel.
Zum Sitzen
war diese
kein
Unterlagen
als das
Sachakten
erschließen,
ermöglicht
Platz, sogar
Stehenzuwar
eine Unmöglichdie
Ausdifferenzierung
ihrer
keit.Konkretisierung
Wir fuhren dreiund
Tage.
Nachts kamen wir
in
heterogenen
Zusammensetzung.
werden
zum
Auschwitz an.
[…] Erst gegen Somit
Morgen
bekamen
Beispiel
Hauptakten
der Zentralen
Stelle, Wir
die
wir den die
Befehl,
die Waggons
zu verlassen.
Mehrfertigungen
Erlebten alle kaum.der
Wirstaatsanwaltschaftlichen
gingen in das Schwitzbad.
mittlungen,
Dokumentenund Anlagenbände,
Auf dem Wege
zum Schwitzbad
wurden wiraber
geauch
Sammlungen
von Vernehmungsniederschriften,
trieben
und geschlagen.
Im Schwitzbad zog sich
Urteile
und Lichtbildmappen
Einzelnen
benannt
jeder nackt
aus, man durfteimnichts
mitnehmen.
und
der Datenbank
erlaubtdenn
insWir in
bitten
um etwas gespeichert.
Wasser zumDies
Trinken,
besondere
bei zahlreich
mehrbändigen
wir kommen
vor Hitzeüberlieferten
und Müdigkeit
um. FriErmittlungsvorgängen
Darstellung
ihreruns
einzelseure rasieren uns diedie
Köpfe
und führen
ins
nen
Bestandteile
innerhalb
einerAugenblick
Serie.
Schwitzbad
hinein.
In diesem
erklärt
der Rapportführer, das Bad solle abgebrochen
Um
die Fundstellenangaben
der Karteisysteme,
auf
werden
und das Schwitzbadpersonal
geht von
die
in einem
anderen
Beitrag dieses Heftes eingeganunseren
Köpfen
weg.
(Aussage Markus S. vom 9.9.1946, in: BArch
B 162/5291, Bl. 1999)
In Pustkow war ich bis Juli 1944. Im Juli 1944
wurde ich von Pustkow nach Auschwitz verbracht,
von wo aus ich nach 3 Tagen nach Laurahütte
kam und dort der Firma „Borsig-Werke“ zugeteilt wurde. Ich blieb dort bis Januar 1945. Im
Januar 1945 wurde ich in das Lager nach Mauthausen gebracht und nach einer Woche von dort
aus in das Lager in Hannover, wo ich bis April
1945 war. In [sic!] diesem Zeitpunkt überführte
man uns nach Bergen-Belsen und dort wurden
wir am 15. April durch die Engländer befreit.
(Aussage Josef D., o. D., in: BArch, B 162/5283,
Bl. 166)
Aktenimpressionen II: Täterprofile
Die Ermittlungsakten fokussieren den Täter Hans
P. Dieser wurde am 11. September 1972 angeklagt, im Bereich des ehemaligen SS-Truppenübungsplatzes Heidelager bei Dȩbica in den Jahren
1940 bis 1943 aus Mordlust und anderen niederen
Vorläufige
Klassifikationsgruppen
des Bestandes
B 162
Beweggründen,
heimtückisch
oder grausam
in
mehreren Fällen, Menschen getötet zu haben. Die
gen wird, transparent zu halten, werden neben der
Aufnahme des Aktenzeichens
insbesondere
auchdass
die
Staatsanwaltschaft
sah es als
erwiesen an,
1
Bandund Blattangaben
konsequent
berücksichtigt
.
der
damalige
SS-Hauptsturm(Obersturm-)
FühZusätzlich
werden
Verlauf
und
Ausgang
des
Verfahrer wenigstens zwölf jüdische Zwangsarbeiter des
rens durch
den Hinweis
auf einschlägige
Dokumente
ZAL
Pustków
erschießen
ließ oder eigenhändig
14
wie Abschlussberichte,
Einstellungsverfügungen,
erschlug
.
Anklage- und Urteilsschriften dokumentiert.
Geboren im Jahr 1907, bewegte sich Hans P. beVorgänge,
die zum
Zweck
der Bearbeitung sonstiger
reits
in jungen
Jahren
in rechtsextremen
Kreisen.
justizieller,
amtlicher
underprivater
Als
21 Jähriger
wurde
MitgliedAngelegenheiten
im sogenannund
angelegt
worden15sind
oft nur
weten Anfragen
„Bund der
Artamanen“
. P. und
gehörte
dieser
nige Blatt beinhalten,geprägten
werden neu
geordnet und
zu
national-rassistisch
Organisation
vom
sinnvollen
undbiskompakten
Akteneinheiten
1.
Mai 1928
zum 31. Dezember
1931 zusaman. Im
mengefasst,
über die
Alter von 24dieJahren
tratAktenzeichen
Hans P. im recherchierJahre 1931
bar gehalten
der
NSDAP werden.
(Mitgliedsnummer 651 096) und der
SA bei. Nach einer nur kurzen Mitgliedschaft
Vorermittlungsundsich
Ermittlungsvorgänge,
die urin
der SA schloss
Hans P. der Allgemeinen
sprünglich
einem dort
bestimmten
eigenen Betreff
SS
an undzuerhielt
die Mitgliedsnummer
begonnen
19
38016. wurden und als solche in den Karteisystemen erfasst sind, aber im Laufe der Ermittlungen
aufgrund
eines1940
identischen
Sachverhaltes
mit andeIm September
wurde Hans
P., der inzwischen
ren Vorgängen
und ab diesem
Zeitpunkt
den
Dienstgradverknüpft
eines SS-Offiziers
bekleidete,
zur
nicht mehr Ib
eigenständig
geführt wurden (sogenannAbteilung
des Kommandantur-Stabes
des SSte
verbundene Vorgänge)
werden bei
in Dȩbica
bestimmten
Truppenübungsplatzes
Heidelager
verArchivnummernbereichen
Aufbewahrungssetzt.
Die Abteilung Ib war(ohne
für Waffen
und Geräte
sowie für den Aufbau des Truppenübungsplatzes
in militärischer Hinsicht zuständig17. Als Ib-Offizier war P. insbesondere für den Bau von Schießund Übungsanlagen verantwortlich; dazu wurden
unter anderen auch die jüdischen Zwangsarbeiter
aus dem ZAL Pustków eingesetzt.
Ab März 1941 wohnte auch seine Ehefrau Anna
Maria mit den gemeinsamen Kindern in der SSeigenen Siedlung auf dem Gelände des SS-Truppenübungsplatzes18. Aus der Ehe gingen sechs
Kinder, vier Söhne und zwei Töchter, hervor. Ein
weiteres Kind verstarb während des Krieges19.
Dass Familie P. innerhalb der SS-Offizierssiedlung
ein mehr oder weniger „normales“ Leben führte
beziehungsweise dies so wahrnahm, wird an einer Äußerung von Frau P. deutlich: Sie betonte,
dass sie „dort gelebt [habe] wie jede Hausfrau und
[...] mit [ihrem] großen Haushalt genügend zu tun
[hatte]“20. Während sich Frau P. um den Haushalt
kümmerte, ging ein Teil der gemeinsamen Kinder
vermutlich in die Schule, die speziell für die Kinder der SS-Offiziere eingerichtet wurde.
Über das Verhalten aus der Parallelwelt des Hans
P. bieten die Ermittlungsakten zahlreiche und zugleich verschiedene Quellen.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Mitteilungen aus dem
Bundesarchiv
– Themenheft
2008– Themenheft 2008
Mitteilungen
aus dem
Bundesarchiv
Die Außenstelle Ludwigsburg
Opferwahrnehmungen
Schon bevor ich P. persönlich kennenlernte,
berichteten mir länger in dem Lager ansässige
Häftlinge, dass P. ein gefährlicher Mann sei.
(Aussage Benzion D. vom 31.12.1970, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2183)
Von alen [sic!] SS Leuten hatten wir vor P. am
meisten Angst. Es gab viele SS Leute, die brutal
waren, [...] aber ausgesprochenen [sic!] Angst
hatten wir vor P.
(Aussage David E. vom 4.1.1971, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2197)
Es gab einige SS Offiziere, von denen man sagte,
dass sie Juden aus Sadismus ohne einen Befehl
toeteten, auch von P. sagte man das.
(Aussage Benjamin E. vom 30.5.1972, in: BArch,
B 162/5293, Bl. 2382)
Der Mann P. ist fuer mich ein Begriff. Er war
einer der Lager beruechtigten SS Fuehrer. Es
gab gute und schlchte [sic!] SS Fuehrer, an die
ich mich entsinne. P. gehoehrte [sic!] zu den
schlechten.
(Aussage Jakob S. vom 31.5.1972, in: BArch,
B 162/5293, Bl. 2386)
Wir kannten damals P. sehr gut, und wenn er sich
näherte, fürchteten sich alle und begannen, angestrengter zu arbeiten.
(Aussage Abraham N. vom 7.3.1973, in: BArch,
B 162/5294, Bl. 2711)
In der ersten Zeit meines Lageraufenthalts in
Pustkow, als wir uns noch ziemlich frei bewegen
konnten, hatten auch die SS-Leute, die nicht unmittelbar zur Lagerwachmannschaft gehoerten,
die Moeglichkeit ins Lager zu kommen und zu tun
was sie wollten. So z.B. hat P. uns oefters mitten in der Nacht geweckt, aus den Betten geholt
und geschlagen. Wenn es galt saubere Fuesse
vorzuzeigen, so war derjenige nicht zu beneiden,
dessen Fuessen [sic!] nicht ganz sauber waren.
[...] P. kam übrigens nicht allein, er brachte eine
Gruppe SS-Leute mit sich, fuer die eine solche
Schlaegerei ein Zeitvertreib war.
(Aussage Icchak M. vom 30.6.1970, in: BArch,
B 162/5291, Bl. 1911)
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge
werden
nach Vorermittlungsver
P. war so streng, dass er
wegen jeder
Kleinigkeit
Ermittlungssachen
die Häftlinge schlug. weiteren
Wenn beispielsweise
ein und Bearbeitun
stiger
justizieller,
amtlicher
Häftling nicht rechtzeitig seine Mütze vom Kopf und privater Ang
und Anfragen klassifiziert.
zog, so bekam er von P.heiten
Schläge.
(Aussage Mosche B. vom 11.1.1971, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2229) Die inhaltliche Erschließung erfolgt bei de
ermittlungsverfahren und Ermittlungssache
insbesondere
nach orts- u
Schläge waren damalssachthematischen,
etwas gewöhnliches.
Ich
heitenbezogenen
Der Ansat
habe auch ein paar Mal
gesehen, dassGesichtspunkten.
der AnUnterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
erm
geklagte jüdische Häftlinge mit der Reitpeitsche
die Konkretisierung
geschlagen hat. Ich selbst
wurde von ihm und
nichtAusdifferenzierun
heterogenen Zusammensetzung. Somit werd
geschlagen.
die Hauptakten
(Aussage Abraham N. Beispiel
vom 7.3.1973,
in: BArch,der Zentralen Ste
B 162/5294, Bl. 2710) Mehrfertigungen der staatsanwaltschaftlich
mittlungen, Dokumenten- und Anlagenbänd
auchließ
Sammlungen
von Vernehmungsniedersc
Er rief die Juden zu sich,
sie hinknien
und
und Lichtbildmappen
schlug sie erheblich mitUrteile
dem Stock.
Wenn die Ju- im Einzelnen b
undvon
in der
Datenbank
gespeichert. Dies erlau
den umfielen, wurden sie
anderen
zur Seite
beimit
zahlreich
überlieferten mehrbä
getragen [...] P. schlugbesondere
die Juden
GenugtuErmittlungsvorgängen
die
ung mehrfach, die einen während sie knieten, dieDarstellung ihrer
nen Bestandteile innerhalb einer Serie.
anderen stehend.
(Aussage Jan U. vom 4.5.1973, in: BArch,
B 162/5294, Bl. 2638) Um die Fundstellenangaben der Karteisystem
die in einem anderen Beitrag dieses Heftes ein
P. war an den Arbeitsstellen ein berüchtigter Antreiber. Ich habe zwar nicht gesehen wie er selber geschlagen hat, aber ich hörte wie er die SS
Wachmänner dazu aufrief. Er rief: „Weitermachen, weitermachen, nicht stehenbleiben“ und
ähnliche Ausdrücke.
(Aussage Schlomo K. vom 5.1.1971, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2208)
Als ich noch neu im Lager war, hatte ich es einmal gewagt, P., der eine stattliche Erscheinung
war, anzusehen. Bei einer solchen Gelegenheit
passierte es mir, dass er mir mehrmals seine
Reitpeitsche durch das Gesicht zog. [...] Er hatte
zu mir gesagt: „Komm her, Kleiner, ich will meine Peitsche ausprobieren.“ Dabei hat er mir die
Schläge versetzt. Das ist mir noch zweimal passiert. Danach verstand ich es, mich aus seiner
Nähe fernzuhalten.
(Aussage Chaim G. vom 31.12.1970, in: BArch,
B 162/5292, Bl. 2192)
Der Angeschuldigte ging immer mit einer Pistole und hat diese nicht nur getragen, sondern hat
oft mit seiner Hand eine Bewegung gemacht, als
Vorläufige
Klassifikationsgruppen
ob wenn [sic!] er daran
gewesen
waere, diese des Bestandes B 162
Pistole auf [sic!] dem Halfter zu ziehen. Das hat
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
88 89
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entstandenen
Vorgänge
werden nach
Vorermittlungsverfahren,
uns sehr geangstigt
[sic!].
Wenn er jemanden
weiteren
und Bearbeitung
schlagen Ermittlungssachen
wollte, hat er befohlen,
man soll sonihm
stiger
justizieller,
amtlicher
und
privater
Angelegeneinen Stock bringen.
heiten
und Anfragen
(Aussage
David E.klassifiziert.
vom 25.5.1972, in: BArch,
B 162/5293, Bl. 2355)
Die inhaltliche Erschließung erfolgt bei den Vorermittlungsverfahren
und Ermittlungssachen
nach
Was den Anlass zu diesen
Tötungen betrifft,
so
sachthematischen,
nach ortseingenuegte es, wie insbesondere
ich sagte, wenn
man und
hinfiel,
heitenbezogenen
Gesichtspunkten.
DerVorarbeiters
Ansatz, diese
ausrutschte, oder
mit Erlaubnis des
Unterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
ermöglicht
austreten ging.
die
Konkretisierung
ihrer
(Aussage
Ozjasz H.und
vomAusdifferenzierung
3.7.1970, in: BArch,
heterogenen
Somit werden zum
B 162/5292,Zusammensetzung.
Bl. 2094)
Beispiel die Hauptakten der Zentralen Stelle, die
Mehrfertigungen
der staatsanwaltschaftlichen
ErMein Zusammentreffen
mit P. ereignete sich
mittlungen,
DokumentenAnlagenbände,
aber
auf dem Schießstand
undund
verlief
für mich recht
auch
Sammlungen
schmerzhaft.
An von
dasVernehmungsniederschriften,
genaue Datum erinnere
Urteile
undnicht.
Lichtbildmappen
im Einzelnen
benannt
ich mich
Während ich
beim Kommando
und
in der Datenbank
gespeichert.
erlaubt
ins„Schießstand“
arbeitete,
stellte Dies
ich mich
plötzbesondere
bei zahlreich
überlieferten
mehrbändigen
lich hin und
stützte mich
auf meinen
Spaten.
Ermittlungsvorgängen
Darstellung
ihrer einzelDaraufhin kam P. aufdie
mich
zu und schlug
mich
nen
Bestandteile
innerhalb
einer Serie.
mehrfach
ins Gesicht.
Vermutlich
schlug er mich
deswegen, weil ich still stand und mich auf den
Um
die stützte.
Fundstellenangaben der Karteisysteme, auf
Spaten
die
in einemWladyslaw
anderen Beitrag
eingegan(Aussage
G. dieses
vom Heftes
27.6.1973,
in:
BArch, B 162/5294, Bl. 2654)
gen wird, transparent zu halten, werden neben der
Aufnahme
insbesondere auch die
Die
Sicht des
derAktenzeichens
Mittäter
Band- und Blattangaben konsequent berücksichtigt1.
Zusätzlich
werden Verlauf
Ausgang
VerfahDie
mir gestellten
Fragen und
bezüglich
derdes
einzelnen
rens durch den Hinweis
aufnur
einschlägige
Dokumente
Erschießungen
kann ich
negativ beantworten,
wie Abschlussberichte,
Einstellungsverfügungen,
denn
ich habe weder solche
mitgemacht noch jeAnklageund Urteilsschriften
dokumentiert.
mals
darüber
erfahren. Ich will
nicht bestreiten,
dass man mal gesprächsweise einige Brocken daVorgänge,
die zum Zweck
Bearbeitung
rüber
aufgeschnappt
hat.der
Aber
es war sonstiger
doch so,
justizieller,
amtlicher
und privater
Angelegenheiten
dass
man diesen
Dingen
zu damaliger
Zeit keine
und
Anfragen
angelegt worden
Bedeutung
beigemessen
hat. sind und oft nur wenige Blatt beinhalten,
neu geordnet
und zu
(Vernehmung
Josef L.werden
vom 4.6.1969,
in: BArch,
sinnvollen
und
Akteneinheiten zusamB
162/5290,
Bl.kompakten
1809)
mengefasst, die über die Aktenzeichen recherchierbar gehalten
werden.
Ich
bin befragt
worden, ob ich von derartigen Erschießungen, wie sie P. zur Last gelegt werden,
Vorermittlungsund Ermittlungsvorgänge,
urgehört
habe. Hierauf
antworte ich, daß im die
Kamesprünglich zu
einem
eigenendarüber
Betreff
radenkreise
schon
hinbestimmten
und wieder einmal
begonnen wurden
solche
in den Karteisygesprochen
wurde,und
daßals
einer
„umgelegt“
worden
stemen
erfasst sind,sind
abermir
im aber
Laufewenigstens
der Ermittlungen
sei.
Einzelheiten
heute
aufgrund
eines
identischen
Sachverhaltes
mit
andenicht mehr in Erinnerung.
ren VorgängenAlfred
verknüpft
und31.3.1966,
ab diesemin:
Zeitpunkt
(Vernehmung
E. vom
BArch,
nicht
mehr eigenständig
B
162/5287,
Bl. 923) geführt wurden (sogenannte verbundene Vorgänge) werden in bestimmten
Archivnummernbereichen
(ohne AufbewahrungsErschießungen
auf den Baustellen
kann ich mir
nicht vorstellen. Schon gar nicht durch P., denn
Vorläufige Klassifikationsgruppen des Bestandes B 162
Lohnauszahlung an polnische Arbeiter durch einen Unterführer der SS-Standortverwaltung.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Mitteilungen aus dem
Bundesarchiv
– Themenheft
2008– Themenheft 2008
Mitteilungen
aus dem
Bundesarchiv
BArch B 162/401, Bild 5
Die Außenstelle Ludwigsburg
der konnte doch niemandem etwas antun und war
viel zu weich dazu. Meiner Erinnerung nach hatte er sich immer so verhalten, dass er den Juden
noch etwas gab und versuchte hatte ihnen entgegen-zu-kommen [sic!].
(Vernehmung Franz B. vom 4.6.1969, in: BArch,
B 162/5290, Bl. 1805)
Zu seiner Person könnte ich noch anführen, dass
ich ihn so in Erinnerung habe, dass er doch keinem Mensxhen [sic!] etwas zu Leide tun konnte.
Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass er Juden
pp [sic!] erschossen haben soll.
(Vernehmung Michael G. vom 9.10.1968, in:
BArch, B 162/5288, Bl. 1382)
Äußerungen der Ehefrau des Täters
Mir ist von Erschießungen von Zwangsarbeitern
oder Häftlingen nie etwas bekannt geworden.
Auch mein Mann hat mit mir über solche Vorgänge nicht gesprochen. Wie er überhaupt über den
Dienst mit mir nur wenig gesprochen hat.
(Aussage Anna Maria P. vom 23.2.1973, in:
BArch, B 162/5294, Bl. 2705).
Über die Einstellung meines Mannes zu den Juden und Polen damals kann ich eigentlich nichts
sagen, weil wir auch damals über diese Dinge selten gesprochen haben. Es war damals auch eine
andere Zeit und schon der Kinder wegen wurde
bei uns über dienstliche und ähnliche Dinge nicht
gesprochen. Es war meine Einstellung, daß in dem
Augenblick, in dem mein Mann von seiner Arbeit
nach Hause kam, alles war [sic!] mit seiner Arbeit zusammenhing sozusagen draußen zu bleiben
hatte.
(Ebd., Bl. 2707).
Selbstdarstellung des Täters Hans P.
Die Frage nach einer Pistole muß ich bejahen.
Es dürfte allgemein bekannt sein, daß Offiziere
am Koppel eine Pistole trugen. Es war das also
in meinem Falle keine Besonderheit. Gerade zur
Zeit dieser durchgeführten Waldarbeiten brachte
mir einer der Juden laufend Bücher mit, damit ich
was zu lesen hatte. Ich meine, daß dieser Mann
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge
werden
bestimmt nicht so gehandelt
hätte,
wennnach
es soVorermittlungsver
Ermittlungssachen
gewesen wäre, daß ich weiteren
seine Glaubensbrüder
er- und Bearbeitun
stiger
justizieller,
amtlicher
und privater Ang
schossen oder erschießen lassen hätte.
heiten
und Anfragen
klassifiziert.
(Vernehmung Hans P. vom
17.12.1969,
in: BArch,
B 162/5290, Bl. 1760f.)
Die inhaltliche Erschließung erfolgt bei de
So bleibe ich auch trotzermittlungsverfahren
der mir gemachtenund
Vor-Ermittlungssache
sachthematischen,
insbesondere
nach orts- u
halte bei meiner bisherigen
Angaben, daß
es auf
heitenbezogenen
Der Ansat
unseren Baustellen keine
ErschießungenGesichtspunkten.
gegeben
Unterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
erm
hat. Zumindest keine, von denen ich Kenntnis erdie Konkretisierung
und Ausdifferenzierun
halten hätte. Es gab auch
keine Erschießungen
Zusammensetzung.
Somit werd
durch mich. Die gegen heterogenen
mich erhobenen
BeschulBeispiel
die
Hauptakten
der
Zentralen
Ste
digungen entbehren jeglicher Wahrheit. Auch der
der staatsanwaltschaftlich
Vorwurf, ich habe stetsMehrfertigungen
eine Nagaika [Peitsche,
mittlungen,
Dokumenten- und Anlagenbänd
M.H.] bei mir gehabt und
damit Mißhandlungen
auch
Sammlungen
von Vernehmungsniedersc
vorgenommen, entspricht
nicht
der Wahrheit.
Zuund Lichtbildmappen
geben muß ich, daß ich Urteile
eine Reitgerte
trug und es im Einzelnen b
undauch
in der
Datenbank
gespeichert. Dies erlau
möglich ist, daß ich damit
mal
zugeschlagen
besondere
bei zahlreich
überlieferten mehrbä
habe. Wenn, dann aber nur
in den Fällen,
in denen
Ermittlungsvorgängen
die
ich feststellte, daß der Betroffene offensichtlichDarstellung ihrer
Bestandteile
innerhalb einer Serie.
nicht verstehen und sichnen
nicht
einfügen wollte.
(Ebd., Bl. 1759f.)
Um die Fundstellenangaben der Karteisystem
dieeinen
in einem
Ich bestreite nach wie vor,
deranderen
mir zurBeitrag
Verfü- dieses Heftes ein
gung gestellten Unterführer oder auch Wachmann
dazu angestiftet zu haben, einen Menschen zu erschießen. Es ist einfach unverständlich, wie man
solche Dinge von mir behaupten kann. Trotzdem
mir nochmals die Belastungen seitens der Zeugen eindringlich vorgehalten wurden und für den
Außenstehenden der Eindruck entstehen kann,
sie könnten der Wahrheit entsprechen, betone ich
immer wieder, daß diese Beschuldigungen gegen
meine Person einfach aus der Luft gegriffen worden sind.
(Ebd., Bl. 1761)
Die Arbeit war für die Juden nicht schwer. Sie
konnten aber nicht regulär arbeiten. Man war
bei ihnen schon froh, wenn sie etwas Sand auf
der Schaufel hatten. Da sie noch nie wie etwa die
Deutschen gearbeitet hatten, konnten sie nicht arbeiten. Ich hatte den Eindruck, daß sie schwach
oder entkräftet waren.
(Urteil LG Hannover 11/2 Ks 1/72 vom 14.11.1973,
in: BArch, B 162/14516, Bl. 143f.)
Bei all diesen heute gemachten Angaben bitte ich,
die inzwischen verstrichene Zeit zu berücksichtiVorläufige
Klassifikationsgruppen
gen und mir zuzubilligen,
daß ich,
auch infolge der des Bestandes B 162
Tatsache, daß ich verschiedene Vernehmungen
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
90 91
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Die Außenstelle Ludwigsburg
Die Außenstelle Ludwigsburg
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entstandenen
Vorgänge
nach Vorermittlungsverfahren,
habe über werden
mich ergehen
lassen müssen [Herv.
weiterennicht
Ermittlungssachen
und Bearbeitung
M.H.],
mehr genau unterscheiden
kann, sonwas
stiger
justizieller,
amtlicher
und
privater
Angelegenich evtl. inzwischen gehört oder aus damaliger
heiten
und Anfragen
Zeit
tatsächlich
nochklassifiziert.
in Erinnerung habe.
(Vernehmung Hans P. vom 17.12.1969, in: BArch,
Die162/5290,
inhaltliche
erfolgt bei den VorB
Bl.Erschließung
1762)
ermittlungsverfahren und Ermittlungssachen nach
sachthematischen, insbesondere nach orts- und einheitenbezogenen Gesichtspunkten. Der Ansatz, diese
Fazit
Unterlagen als Sachakten zu erschließen, ermöglicht
die Konkretisierung
Ausdifferenzierung
Ermittlungsakten
ausund
NSG-Verfahren
bieten,ihrer
wie
heterogenen
werden
zum
am
Beispiel Zusammensetzung.
des jüdischen ZALSomit
Pustków
verdeutBeispiel
die Hauptakten
der Quellenmaterial,
Zentralen Stelle, das
die
licht wurde,
umfangreiches
Mehrfertigungen
der staatsanwaltschaftlichen
Eroffen
ist für unterschiedliche
historische Fragestelmittlungen,
DokumentenundAnschaulichkeit
Anlagenbände, aber
lungen.
Allerdings
sollte die
der
auch Sammlungen
vonvorhandenen
Vernehmungsniederschriften,
Unterlagen
und die
Schilderungen
Urteile und Lichtbildmappen
Einzelnen
benannt
historischer
Ereignisse nichtimdazu
verleiten,
auf
und inquellenkritische
der Datenbank gespeichert.
erlaubt insdie
Reflexion Dies
zu verzichten.
besondere
bei zahlreich
überlieferten
mehrbändigen
Denn
tatsächlich
begegnet
dem Archivbenutzer
Ermittlungsvorgängen
die
Darstellung
einzelvon NSG-Verfahrensakten eine ganzeihrer
Reihe
menen Bestandteile
innerhalb
Serie.
thodischer
Probleme.
Zu einer
nennen
ist hierbei zu
allererst der Entstehungszusammenhang dieses
Um
die Fundstellenangaben der Karteisysteme, auf
Materials.
die in einem anderen Beitrag dieses Heftes eingeganErmittlungsakten dokumentieren die juristische
Ermittlungsarbeit von Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richtern. Deren erkenntnisleitendes
Interesse liegt weder in einer Analyse der historischen Zusammenhänge und Prozesse, noch an
der Untersuchung beispielsweise der Alltagsoder Mentalitätsgeschichte. Die Ermittler konzentrierten sich vielmehr auf das strafwürdige
Tatgeschehen und auf den strafrechtlichen Beitrag
eines oder mehrerer Beschuldigter.
Ein weiteres methodisches Problem wirft der Zeitpunkt einer Aussage auf: Die meisten Protokolle
wurden erst Jahrzehnte nach den Ereignissen aufgenommen, so dass das Erinnerungsvermögen der
Beteiligten - sowohl der Täter als auch der Opfer - zwischenzeitlich vielfältigen Einflüssen und
Veränderungen ausgesetzt war.
Stets muss bei der Heranziehung der Vernehmungsprotokolle differenziert werden, in welcher
Situation bzw. Rolle die befragte Person stand:
Gehörte sie zum Opfer- oder Täterkreis? Die Täter
waren zumeist bestrebt, Fakten zu beschönigen,
zu verschweigen oder gar andere Personen für die
Vorläufige
Klassifikationsgruppen
B 162
ihnen vorgeworfenen
TatendeszuBestandes
beschuldigen,
sofern sie sich überhaupt an etwas erinnern konnten.
gen wird, transparent zu halten, werden neben der
Aufnahme
Aktenzeichens
insbesondere auch der
die
Und
nicht des
selten
lässt das Aussageverhalten
1
Band- und
konsequent berücksichtigt
.
Täter
auf Blattangaben
regelrechte Absprachen
untereinander
Zusätzlich
werden
Verlauf
und
Ausgang
des
Verfahschließen, etwa auf einem Kameradschaftstreffen
21
rensAngehörigen
durch den Hinweis
auf einschlägige Dokumente
der
des SS-Truppenübungsplatzes
.
wie Abschlussberichte,
Auch
fällt auf, dass einigeEinstellungsverfügungen,
Beschuldigte - allen ErAnklage- und Urteilsschriften
dokumentiert.
innerungslücken
über die Verbrechen
zum Trotz
- genaue Angaben zu den Wohnorten und zur BeVorgänge, dieanderer
zum Zweck
der Bearbeitung
sonstiger
rufstätigkeit
ehemaliger
SS-Angehöriger
justizieller,
amtlicher
undlässt
privater
Angelegenheiten
machen
konnten.
Dies
den Schluss
zu, dass
und
Anfragen
angelegt
worden
sind
und
oft
nurzwiweauch nach Kriegsende weiterhin zumindest
nige Blatt
beinhalten,
werden neunoch
geordnet
zu
schen
einigen
SS-Angehörigen
regerund
Konsinnvollen
und
kompakten
zusamtakt
bestand,
was
wiederumAkteneinheiten
auch die Wahrscheinmengefasst,
die über
Aktenzeichen
recherchierlichkeit erhöht,
dass die
Abmachungen
getroffen
und
bar gehalten
werden. abgestimmt wurden.
Aussagen
aufeinander
VorermittlungsErmittlungsvorgänge,
die urDass
Vorbehalteund
gegenüber
den Vernehmungen
sprünglich
zu einem berechtigt
bestimmten
eigenen Betreff
der
SS-Angehörigen
erschienen,
wurde
begonnen
wurden die
undvon
als einem
solche SS-Angehörigen
in den Karteisyin
einer Aussage,
stemen erfasst
sind, aber im Laufe
der Ermittlungen
während
der Verhandlung
getroffen
wurde, nur
aufgrund
eines
identischen
Sachverhaltes
andeallzu deutlich: Nach der Feststellung desmit
Gerichts
ren Vorgängen
verknüpft
und abRundschreiben
diesem Zeitpunkt
hatte
sich dieser
mit einem
an
nicht mehr
geführt wurden stationierte
(sogenannfrühere
aufeigenständig
dem Truppenübungsplatz
te
verbundene Vorgänge)
werden
in bestimmten
SS-Angehörige
gewandt, um
zu einer
Entlastung
22
Archivnummernbereichen
(ohne
des
Angeklagten beizutragen
. AufbewahrungsBei der Auswertung von Zeugenaussagen des Opferkreises wird man zwangsläufig mit einem weiteren Problem konfrontiert: Viele der ehemaligen
Zwangsarbeiter versuchten, die traumatischen Erlebnisse, die sie unter dem nationalsozialistischen
Regime erleiden mussten, zu verdrängen. Dieser
Verdrängungsmechanismus kann sich mit fortschreitendem zeitlichem Abstand verstärkt haben.
Zugleich pflegten aber ehemalige Häftlinge untereinander Kontakt. So existierte beispielsweise
eine Vereinigung von Überlebenden des ZAL Pustków in Israel23. Dort dürfte man sich bei zahlreichen Gelegenheiten über das Unmenschliche,
das die Opfer individuell wie auch im Kollektiv
erlebten, ausgetauscht haben. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob traumatisierte Menschen, die
häufig über Geschehnisse sprechen, nicht früher
oder später auch das Durchlebte ihres Gegenübers
als Selbsterfahrenes begreifen, sozusagen in ihre
eigene Vergangenheit mit einbeziehen, persönlich
Erlebtes nicht mehr von dem anderer trennen können. Vielen Personen ist es – so scheint es – nach
einer gewissen Zeitspanne nicht mehr möglich,
das individuell Erfahrene von dem Erlebten anderer Personen, die demselben „Erlebniskreis“
angehörten, zu trennen. Dies geschieht nicht wil-
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008
Mitteilungen aus dem
Bundesarchiv
– Themenheft
2008– Themenheft 2008
Mitteilungen
aus dem
Bundesarchiv
Die Außenstelle Ludwigsburg
lentlich, sondern stellt vielmehr einen unterbewussten Prozess dar.
Eine wichtige Voraussetzung für den angemessenen quellenkritischen Umgang mit den Unterlagen ist sicherlich das Bemühen, möglichst
viele Aussagen zum gleichen Sachverhalt heranzuziehen und zu vergleichen. Rückschlüsse auf
den intentionalen Charakter oder die Fähigkeit,
sich überhaupt an bestimmte Ereignisse oder Zusammenhänge erinnern zu können, gestattet vor
allem die Analyse der Situation, in welcher sich
die aussagende Person sowohl im Zeitpunkt des
Jahrgängen geordnet. Sämtliche dabei entsta
Vorgänge
werden
nachderVorermittlungsver
historischen Geschehens
als auch
während
weiteren
Ermittlungssachen und Bearbeitun
Ermittlungen befand. Nicht
alle quellenkritischen
justizieller, amtlicher
Imponderabilien lassenstiger
sich gleichermaßen
lösen. und privater Ang
heiten
und Anfragen
klassifiziert.
Am Ende geht es um die
Plausibilität
historischer
Feststellungen. Dazu entfalten die Unterlagen der
Die das
inhaltliche
Zentralen Stelle, wie auch
BeispielErschließung
des ZAL erfolgt bei de
ermittlungsverfahren
und Ermittlungssache
Pustków belegt, ein breites
„Panorama“ authensachthematischen,
insbesondere
nach orts- u
tischer Quellen, die einzigartige
Einblicke
in die
heitenbezogenen
Gesichtspunkten.
Der Ansat
damalige soziale Wirklichkeit
der Verbrechen
verUnterlagen
als
Sachakten
zu
erschließen,
erm
mitteln können.
die Konkretisierung und Ausdifferenzierun
Melanie
Hembera
heterogenen
Zusammensetzung.
Somit werd
Beispiel die Hauptakten der Zentralen Ste
Mehrfertigungen der staatsanwaltschaftlich
mittlungen, Dokumenten- und Anlagenbänd
auch Sammlungen von Vernehmungsniedersc
Urteile und Lichtbildmappen im Einzelnen b
und in der Datenbank gespeichert. Dies erlau
besondere bei zahlreich überlieferten mehrbä
Ermittlungsvorgängen die Darstellung ihrer
nen Bestandteile innerhalb einer Serie.
Um die Fundstellenangaben der Karteisystem
die in einem anderen Beitrag dieses Heftes ein
Anmerkungen
1)
Zur Geschichte der ZAL vgl. insbesondere Dieter Pohl,
Die großen Zwangsarbeitslager der SS- und Polizeiführer für Juden im Generalgouvernement 1942-1945,
in: Ulrich Herbert/Karin Orth/Christoph Dieckmann
(Hrsg.), Die nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 1, Frankfurt a. M. 2002, S. 415-438.
2) Der verschleiernde, zeitgenössische Begriff „Aussiedlung“ meint vor allem die Deportation der jüdischen
Bevölkerung in die Vernichtungslager. Diese „Aussiedlungsaktionen“ – häufig von ganzen jüdischen Gemeinden – liefen meist nach einem ähnlichen Schema ab.
3) Der Ermittlungsvorgang trägt die Archivsignaturen
BArch, B 162/401, 4631, 5283-5297, 14516.
4) Gegliedert wurde das Generalgouvernement zunächst in
die vier Distrikte Krakau, Warschau, Lublin und Radom.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion kam
am 1. August 1941 als fünfter Distrikt Galizien hinzu.
5) Zur NS-Vernichtungspolitik im besetzten Polen vgl.
zuletzt Jacek Andrzej Młynarczyk, Judenmord in Zentralpolen. Der Distrikt Radom im Generalgouvernement
1939-1945, Darmstadt 2007.
6) Der Schlussvermerk der Zentralen Stelle vom 7.5.1976
befindet sich in Band 18 (BArch, B 162/7478).
7) StA Bielefeld 5 Js 4/59 gg. R. und Andere.
8) Urteil LG Kiel 2 Ks 6/63 vom 27.1.1966, in: BArch,
B 162/1358, Bl. 150ff.
9) Vermerk der Zentralen Stelle vom 30.7.1965, in: BArch,
B 162/5286, Bl. 866.
10) Beschluss LG Hannover vom 19.7.1971, in: BArch,
B 162/5293, Bl. 2325ff.
11) Urteil LG Hannover 11/2 Ks 1/72 vom 14.11.1973, in:
BArch, B 162/14516, Bl. 308.
12) Aussage Israel R., o. D., in: BArch, B 162/5283, Bl. 185;
Aussage Leopold Arie W. vom 10.8.1961, in: BArch,
B 162/5283, Bl. 170.
13) Zahlreiche der von Pustków nach Auschwitz deportierten Häftlinge wurden von dort aus in andere Zwangsarbeitslager und Konzentrationslager, auch innerhalb
des Reichsgebiets, verbracht, wo schließlich ein Teil von
ihnen 1944/45 von den Alliierten befreit wurde.
14) Anklage StA Hannover 2 Js 178/65 vom 11.9.1972, in:
BArch, B 162/4631, Bl. 2431f.
15) Ausführlich zu diesem Bund: Michael H. Kater, Die Artamanen – Völkische Jugend in der Weimarer Republik,
in: Historische Zeitschrift 213 (1971), S. 577-638.
16) Anklage StA Hannover 2 Js 178/65 vom 11.9.1972, in:
BArch, B 162/4631, Bl. 2451f.
17) Aussage Franz B. vom 4.6.1969, in: BArch, B 162/5290,
Bl. 1804.
18) Aussage Anna Maria P. vom 23.2.1973, in: BArch,
B 162/5294, Bl. 2704.
19) Urteil LG Hannover 11/2 Ks 1/72 vom 14.11.1973, in:
BArch, B 162/14516, Bl. 120.
20) Aussage Anna Maria P. vom 23.2.1973, in: BArch,
B 162/ 5294, Bl. 2704.
21) Abschrift eines Schreibens vom 4.6.1954 an die „Heidelagerianer“, in: BArch, B 162/5284, Bl. 294ff.
22) Urteil LG Hannover 11/2 Ks 1/72 vom 14.11.1973, in:
Vorläufige
Klassifikationsgruppen des Bestandes B 162
BArch, B 162/14516, Bl.
149.
23) Ebd., Bl. 147.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv –
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