Mittelständische Pharmaindustrie - Neue Wege zum Erfolg mit

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Mittelständische Pharmaindustrie - Neue Wege zum Erfolg mit
Vo r w o r t
Vorwort
Deutsche Pharmaunternehmen haben sich über lange
Jahre hinweg gut am Weltmarkt behauptet. Eine Reihe
von Faktoren, unter anderem die Globalisierung der Wirtschaft, führen jedoch zu einem zunehmenden Wettbewerbsdruck für die Pharmaindustrie. Dies bekommen vor
allem die mittelständischen Unternehmen zu spüren. Gerade sie stehen vor der Notwendigkeit, eine zukunftsfähige
Strategie zur Verteidigung der eigenen Marktposition zu
entwickeln. Dabei müssen verstärkt auch neue, zukunftsfähige Technologien ins Visier genommen werden. Dies
gilt insbesondere für die Biowissenschaften und die Biotechnologie, mit denen die Zukunft der Pharmaindustrie
mittlerweile aufs Engste verbunden ist. Biotechnologie
spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Entwicklung und Herstellung pharmazeutischer Produkte
sowohl im Bereich der Diagnostika als auch der Therapeutika. Und so sind auch Kooperationen, strategische
Allianzen und Fusionen von Pharma- und Biotech-Unternehmen mittlerweile an der Tagesordnung. Führende Pharmaunternehmen in den USA und in Großbritannien aber auch die Großen der Branche in Deutschland sind auf diesem
Weg bereits vorangegangen und der Erfolg gibt ihnen Recht. Die neuen Impulse aus der Biotechnologie bieten –
wie die vorliegende Studie zeigt – auch dem pharmazeutischen Mittelstand ausgezeichnete Chancen. Offenheit für
neue Technologien und Bereitschaft, über das eigene Tätigkeitsfeld hinauszuschauen, sind der erste Schritt zu einer
erfolgreichen Zusammenarbeit. Die deutsche Biotechnologie-Branche ist mittlerweile auf dem Weg von der
„Gründungs-“ in die „Konsolidierungsphase“. Das zwingt die Unternehmen, nicht nur Plattformtechnologien
anzubieten, sondern sich stärker mit eigenen Produkten am Markt zu etablieren – nicht zuletzt, um ihre finanzielle Basis
nachhaltig zu sichern. Auch Kooperationen gewinnen an Bedeutung. Die Studie zeigt eine Reihe von Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen Biotech-Firmen und mittelständischen Pharmaunternehmen auf,
deren Aktivitäten sich in vielen Fällen sehr gut ergänzen. So verfügen die mittelständischen Pharmaunternehmen beispielsweise über langjährige Erfahrungen in
den Bereichen Produktion, Produktzulassung, Vertrieb
und Marketing, während Biotech-Firmen vor allem neue
innovative Produktideen und -verfahren, die die Produktpalette der etablierten Pharmaunternehmen ergänzen, einbringen können. Diese Stärken zusammenzuführen ist für
beide Partner ein Gewinn. Die Zusammenarbeit von
mittelständischen Pharmaunternehmen und Biotechnologie-Firmen ist deshalb eine Alternative, die alle
Betroffenen bei der Ausarbeitung ihrer künftigen Unternehmensstrategie prüfen sollten. Der Bundesverband der
Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) und Cap Gemini
Ernst & Young stellen mit der vorliegenden Studie dafür
wichtige Informationen zur Verfügung. Ich begrüße das
sehr und wünsche der Studie viele Leser.
Dr. Werner Müller
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
03
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
03
Vorwort
06
Executive Summary
08
Mittelständische Pharmaindustrie und
Biotechnologie – eine Bestandsaufnahme
09
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Die deutsche Pharmaindustrie
im internationalen Wettbewerb
10
Die Haltung der deutschen Pharmaindustrie
zur Biotechnologie
Definition der deutschen mittelständischen
Pharmaindustrie
12
Unternehmenskultur und Rechtsformen
mittelständischer Unternehmen
Die Tätigkeitsfelder
18
Allgemeiner Stand
13
Das Vertriebspotenzial
14
Die Haltung familiengeführter Unternehmen
der deutschen Biotechnologie
zu Investoren
Der Gründungsboom
15
deutscher Biotech-Unternehmen
Konsequenzen aus der Politik
für Pharmaunternehmen
19
Die Eigenständigkeit
Aut Idem
16
Zulassung
20
Die Tätigkeitsfelder
Die Produkte
Der Link zwischen mittelständischer
Pharmaindustrie und Biotech-Unternehmen
Die Unternehmensgröße
21
Die Zulassungsaktivitäten
22
Die Vertriebsaktivitäten
Die Finanzierung
23
Die Produktvielfalt von Biotech-Unternehmen
24
Die Akzeptanz der Biotechnologie in
der deutschen Öffentlichkeit
04
Inhaltsverzeichnis
24
Kooperationsmöglichkeiten von
Biotechnologie-Unternehmen und
mittelständischer Pharmaindustrie
25
Kooperationen von Pharmaund Biotech-Unternehmen
26
Gründe für Kooperationen
27
Kooperationen als Finanzierungsinstrument
28
Die Haltung der mittelständischen
Pharmaindustrie zu Kooperationen
Tätigkeitsfelder für Kooperationen
30
35
Kooperationsstrategien
Die Haltung von Biotech-Unternehmen
zu Kooperationen
mittelständischer Pharmaunternehmen
Geplante Tätigkeitsfelder
32
Chancen durch Kooperationen
37
Die Produktplanung
33
Kooperationshürden
38
Zukünftige Zulassungs- und
34
Kooperationsvertragsformen
Vertriebsstrategien
Zukünftige Finanzierung
39
Chancen durch Kooperationen
mit mittelständischen Unternehmen
Kooperationshürden aus Sicht
der Biotech-Unternehmen
40
Hilfestellungen für das Finden geeigneter Partner
41
Bevorzugte Vertragsformen
42
Ausblick auf zukünftige Kooperationsaktivitäten
43
Nutzung von Synergie-Effekten
Finanzierung
44
Zulassung
Vermarktung und Vertrieb
Risikoverhalten
Verhandlungsklima
45
Unsere Vision
48
Nachwort
49
Quellenverzeichnis
50
Danksagung, Impressum
05
Executive Summary
Executive Summary
Die pharmazeutische Industrie steht vor großen,
ganz neuen Herausforderungen. Die Fusionswelle der
letzten Jahre hat die gewünschten Ergebnisse nicht
gebracht: Die Anzahl der New Chemical Entities (NCEs)
insgesamt nimmt ab, Patentschutzzeiten laufen aus und
Entwicklungskosten werden immer höher. Hinzu kommen
die Auswirkungen der Globalisierung sowie ein steigender Preisdruck aufgrund der ständig neuen Änderungen
im Gesundheitswesen, welche die Planbarkeit deutlich
erschweren. Dies alles, mehr aber noch der Paradigmenwechsel, der sich aus der Flut neuer Erkenntnisse aus
den Biowissenschaften und den daraus entwickelten Verfahren und Methoden der jungen Biotechnologiebranche
ergibt, fordert von der gesamten pharmazeutischen Industrie eine strategische Neuausrichtung. Hierdurch gerät
besonders die deutsche mittelständische Pharmaindustrie in eine schwierige Situation. Auswege bieten eine Fokussierung auf Nischensegmente oder einzelne Segmente
der Wertschöpfungskette. Dabei werden sich Kooperationen mit anderen Unternehmen, besonders auch
mit Biotechnologie-Unternehmen, als notwendig und erfolgreich erweisen. In einer gemeinsamen Studie
haben sich Cap Gemini Ernst & Young und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) dieser
Thematik angenommen und stellen die Ergebnisse aus einer schriftlichen Umfrage und anschließenden Interviews
bei zahlreichen Unternehmen der mittelständischen Pharmaindustrie und der Biotechnologie vor. Hierbei zeigt sich,
dass die mittelständische Pharmaindustrie der Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Biotechnologie-Unternehmen
bisher eher reserviert gegenüber steht. Während rund ein
Drittel der mittelständischen Unternehmen diese Chance
sieht, sich ihr offen stellt und bereit zeigt, Investitionen zu
tätigen, herrscht bei der Mehrzahl der Unternehmen noch
deutliche Zurückhaltung bis hin zur Ablehnung. Für die
letztgenannten Unternehmen gilt, dass ihre Planung zukünftiger Geschäftstätigkeit auf eingeführten Produkten
und gegebenenfalls auf Verbesserungen dieser Produkte
beruht und sie keine Notwendigkeit oder ein zu hohes
Risiko darin sehen, sich zu verändern. Diese Haltung
kann dazu führen, dass ein Teil dieser Unternehmen zukünftig in Schwierigkeiten gerät und die Eigenständigkeit
des Unternehmens gefährdet wird. Um dieser für den
pharmazeutischen Mittelstand insgesamt schädlichen
Entwicklung vorzubeugen, sehen wir es als wichtig an,
den Umdenkprozess zu unterstützen, der von einer Reihe
mittelständischer Unternehmen in unterschiedlicher Ausprägung bereits eingeleitet wurde. Gerade in der Nutzung biotechnologischer Entwicklungen erkennen
wir eine große Chance für den Mittelstand, sich für
die Zukunft optimal zu positionieren und dem nationalen
und internationalen Druck standzuhalten.
06
Executive Summary
Von Seiten der Biotechnologie-Unternehmen besteht
vielfach Interesse, Kooperationen mit dem PharmaMittelstand einzugehen. Vor allem junge Unternehmen
hoffen, von der langjährigen Erfahrung mittelständischer
Pharmaunternehmen zu profitieren und mit deren Unterstützung ihre Ideen umzusetzen. Dennoch wird bei einigen
Biotech-Unternehmen auch zukünftig ein größeres Interesse an Partnerschaften mit den führenden, weltweit tätigen
Unternehmen der Pharmabranche zu erkennen sein.
Gründe hierfür sind die weiter reichenden internationalen
Netzwerke dieser Unternehmen und die größere Erfahrung bei Fragen der Zulassung und Vermarktung in den
USA. Für die mittelständischen Unternehmen gilt es
jetzt, die neuen Herausforderungen anzunehmen und
die Chance zu nutzen, sich mit veränderten Strukturen und Tätigkeitsschwerpunkten zu positionieren.
Hierzu wird es in einem ersten Schritt notwendig sein,
sich den neuen Entwicklungen gegenüber offen zu zeigen,
Interesse an den neuartigen Technologien zu entwickeln
und dann über Kooperationen oder Know-how-Aufbau aktiv
zu werden. Es gibt bereits mittelständische Pharmaunternehmen, die es vor einiger Zeit wagten, in diesem neuen
Segment tätig zu werden und mittlerweile Erfolgsgeschichten schreiben. Es ist zu hoffen, dass diesem Beispiel viele
Unternehmen im Sinne der Förderung sowohl des etablierten Mittelstands als auch der jungen deutschen Biotechnologie folgen. Der Erfolg wird mehr und mehr davon bestimmt sein, wie sehr ein Unternehmen fähig ist, Partner einzubinden und so ein Netzwerk von Unternehmen zu koordinieren, welches in seiner Gesamtheit das Ziel verfolgt,
innovative und spezifische Produkte zum Wohl der Patienten zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren und
schließlich zu vermarkten. Die Rolle des Koordinators kann dabei aufgrund der komplexen Erfahrungen mit der
Entwicklung, Zulassung und Vermarktung von Arzneimitteln insbesondere von etablierten mittelständischen Unternehmen übernommen werden.
07
Bestandsaufnahme
Mittelständische
Pharmaindustrie
und Biotechnologie –
eine
Bestandsaufnahme
Die Herausforderungen für die deutsche Pharmaindustrie
und vor allem für den pharmazeutischen Mittelstand werden immer größer. Um dem Druck von Markt, Wissenschaft und Wettbewerb auch zukünftig standzuhalten, benötigt die mittelständische Pharmaindustrie,
genauso wie die Großen der Branche, neue innovative Produkte oder zumindest Teilhabe daran. Dies
kann im wesentlichen durch Kooperationen gelingen, zum
Beispiel mit Unternehmen aus der Biotechnologie.
Mit dieser Studie stellen wir die Ergebnisse aus der zu
Beginn des Jahres 2002 durchgeführten Befragung von
mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen und
Biotechnologie-Unternehmen vor. Im Zentrum der Betrachtung standen die Chancen und Risiken, die mittelständische Pharmaunternehmen und Biotech-Unternehmen bei
Kooperationen miteinander und den vorausgehenden Verhandlungen sehen. Um die grundsätzliche Einstellung zu
Kooperationen zwischen pharmazeutischem Mittelstand
und Biotechnologie-Unternehmen zu untersuchen, haben
wir eine Befragung sowohl bei den Mitgliedsunternehmen
des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie als
auch bei ausgewählten deutschen Biotech-Unternehmen
durchgeführt. Insgesamt wurden an 298 mittelständische
Pharmaunternehmen und 120 Biotech-Unternehmen Fragebögen verschickt. Auf Seiten der Biotechs wurde ein
deutlicher Schwerpunkt auf Produktentwickler im Bereich
der Biomedizin gelegt. Daneben wurden Plattformtechnologieanbieter, Dienstleister und Tissue-Engineering-Unternehmen einbezogen. In Ergänzung der schriftlichen Befragung wurden Interviews bei neun Unternehmen der
mittelständischen Pharmaindustrie und bei zwölf Biotechnologie-Unternehmen durchgeführt, wodurch die ausgewerteten Daten aus den Fragebögen durch persönliche
Aussagen untermauert und ergänzt wurden. Die Rücklaufquote der Fragebogenaktion von knapp 33 Prozent bei
den Pharmaunternehmen sowie 47 Prozent bei Biotechs
kann als Zeichen gewertet werden, dass beide Seiten
grundsätzlich an Kooperationen interessiert sind.
08
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Allgemeiner Stand
der Pharmaindustrie
Die Pharmaindustrie ist eine der stabilsten Branchen. Nach Schätzungen von IMS Health/CSFB betrug der weltweite
Pharmaumsatz 2001 349 Milliarden US-Dollar, von denen rund 85 Prozent in den dreizehn Schlüsselmärkten (USA,
Kanada, Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, Japan, Brasilien, Mexiko, Australien/Neuseeland,
Argentinien) erzielt wurden. Dominiert wird dieser Markt von den zehn größten Pharmaunternehmen, die rund 46 Prozent des weltweiten Umsatzes verbuchen. Der übrige Umsatz ist stark fragmentiert. Experten gehen jedoch davon
aus, dass sich die Konsolidierung in der Branche fortsetzen und die Fragmentierung damit zukünftig geringer sein
wird. Obwohl sich die deutsche Pharmaindustrie in sehr langer Tradition als weltweit hervorragend etabliert
hat, mehren sich die Anzeichen dafür, dass ihre Wettbewerbsposition im internationalen Vergleich sich verschlechtert und Deutschland als Standort für die Arzneimittelforschung und -entwicklung an Bedeutung
verliert. Dies wird in einer Branche, die sich bislang durch stetiges und moderates Wachstum gegenüber anderen
Industrien auszeichnen konnte, zu einem Rückgang der
Anzahl der Unternehmen führen und die Innovationskraft
der deutschen Wirtschaft schwächen. Im Extremfall kann
dies sogar bei einzelnen Nischenindikationen eine verschlechterte Versorgung von Patienten zur Folge haben.
Ein Grund für die US-amerikanische Dominanz liegt in
Die deutsche
Pharmaindustrie
im internationalen
Wettbewerb
den außerordentlich komplizierten Rahmenbedingungen in
Deutschland und der EU. Während in den USA stärker
marktwirtschaftliche Elemente vorherrschen, schränken in
Deutschland und Europa zahlreiche Regeln und Vorschriften die Wahlfreiheit der Verbraucher ein. Damit werden in
Europa Forschung, Innovation und technologische Entwicklungen eher verhindert denn gefördert. Dies wird im
deutschen Gesundheitssystem durch ständig neue Maßnahmen zur Kosteneindämmung bei den Ausgaben für
Pharmaprodukte noch forciert, obwohl diese lediglich rund
15 Prozent der gesamten Kosten des Gesundheitssystems
ausmachen. Der Kostendruck auf das einzelne Unternehmen wird durch die exponentiell steigende Anzahl neuer
Erkenntnisse aus der Wissenschaft und den weltweiten
Trend zu stetig steigenden Ausgaben für Forschung und
Entwicklung ( F & E ) zusätzlich vergrößert. Es zeigt sich,
dass die Schere zwischen F & E-Ausgaben und dem durch
das Produkt nach seiner Ersteinführung während der
Patentschutzzeit generierten Erlöse immer weiter auseinander läuft, so dass Investitionen nicht mehr kalkulierbar
zurück erwirtschaftet werden können. Dies hat einen Rückgang der Wirkstoffforschung zur Folge. Deutsche Unternehmen investieren signifikant weniger in Forschung
und Entwicklung als Unternehmen in den USA. Nach
jüngsten Erhebungen des Fraunhofer- Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung ( ISI ) in Karlsruhe verliert
Deutschland darüber hinaus auch im europäischen Vergleich zunehmend an Boden.
09
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Die Haltung
der deutschen
Pharmaindustrie
zur Biotechnologie
Die vielfältigen neuen Erkenntnisse aus den Biowissenschaften und die daraus in Start-up-Unternehmen
entwickelten modernen biotechnologischen Ansätze finden
zunehmend Eingang bei der etablierten pharmazeutischen Industrie in Deutschland. Der Austausch von Wissen und Know-how zwischen Pharmaindustrie und Biotechs wird inzwischen von beiden Seiten als nutzbringend
angesehen, und immer mehr Pharmaunternehmen
wenden sich der Biotechnologie zu. Dies geschieht
einerseits in Form von Kooperationen und Beteiligungen,
aber auch durch den Aufbau eigener Kompetenz mit erheblichem finanziellen Aufwand oder durch Ausgründungen. Vor allem größere Pharmaunternehmen sind bereits
Kooperationen mit Biotechs eingegangen oder haben sich
an Biotechnologie-Unternehmen durch den Kauf von Aktienpaketen beteiligt. Im internationalen Vergleich ist
der Durchdringungsgrad von Biotechnologie und Pharma-
sektor in Deutschland jedoch noch gering und zudem fast ausschließlich bei den großen pharmazeutischen Unternehmen vorzufinden. Das Zustandekommen von solchen Kooperationen wird von der Pharma- als auch von der BiotechSeite gerne als Erfolgsgeschichte unserer Zeit dargestellt. Es hat sich aber in jüngster Vergangenheit auch gezeigt,
dass derartige Allianzen trotz guter Prognosen nicht generell zum wirtschaftlichen Erfolg aller Beteiligten führen. Vermehrt mussten in letzter Zeit auch Misserfolge wie der Abbruch klinischer Studien bei Biopharmaka registriert werden.
Vermutlich werden solche Fehlschläge, verbunden mit den finanziellen Konsequenzen, zukünftige Verhandlungen deutlich verlängern. Darüber hinaus üben sie negativen Einfluss auf die Geschäftsentwicklung der Biotechs aus und
schwächen deren Verhandlungsposition gegenüber dem Pharmasektor. Pharmaunternehmen werden solche Studienabbrüche intensiv beobachten und in zukünftigen Vertragsverhandlungen für sich nutzen, um den zeitweise in ungeahnte Höhen gekletterten Vorstellungen der Biotechs Einhalt zu gebieten. Es ist zu erwarten, dass sich Kooperationen
zukünftig mehr in Richtung Risikobeteiligungen hin verändern werden und Verträge mit hohen Upfront- und MilestoneZahlungen seltener zustande kommen werden. Nach EUDefinition erfüllen Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern
und einem Jahresumsatz von maximal 40 Millionen Euro
die Kriterien eines Klein- und Mittelständischen Unterneh-
Definition der
deutschen
mittelständischen
Pharmaindustrie
mens (KMU). Diese Kriterien werden hinsichtlich der Beschäftigtenzahl von 80 Prozent und in Bezug auf den
Umsatz von 57 Prozent der BPI-Mitglieder erfüllt. In der
Regel stehen solche Unternehmen in Familienführung. Im
Rahmen dieser Studie haben wir sowohl kleine als auch
größere mittelständische Familienunternehmen in unsere
Untersuchung einbezogen. Der auf der mittelständischen Pharmaindustrie lastende Druck wird mit jedem
Jahr größer. Dieser Druck kommt erstens von direkten Mitbewerbern am Markt aus der mittelständischen und großen
Pharmaindustrie selbst, zweitens von den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Technologien in den
Start-up-Unternehmen und drittens in hohem Maße aus
dem stark regulierten Markt mit immer neuen „Reformen“
des Gesundheitswesens sowie hohen Entwicklungs- und
Marketingkosten.
10
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Wettbewerber
Produkte
Konsolidierung
Patentsituation
Wissenschaft
Biowissenschaften
Neue Technologien
Innovationskraft
Patente
Mittelständische
Pharmaindustrie
Markt
Marketing- und
Vertriebskosten
Gesundheitswesen
Preise
Der Druck auf Unternehmen
der mittelständischen pharmazeutischen Industrie
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
Nicht zuletzt führte dies zu einem anhaltenden Konsolidierungsdruck, unter dem bereits einige Namen vom Markt
verschwanden oder nur noch aus Traditions- und Marketinggründen erhalten werden. Der deutsche und der weltweite Pharmamarkt werden heutzutage von den großen Konzernen dominiert. Kleine Biotech-Unternehmen erwarten,
Teile der Wertschöpfung durch die Abdeckung einzelner Segmente der Wertschöpfungskette für sich zu gewinnen.
Größere Biotechnologie-Unternehmen, insbesondere in den bereits weiter entwickelten Ländern wie den USA und
Großbritannien, haben sich selbst zu mittelständischen oder sogar schon großen Unternehmen entwickelt. Diese
beginnen heute bereits andere mittelständische Pharmaunternehmen zu akquirieren. Somit stellt sich die Frage:
Wo liegt die Zukunft für mittelständische pharmazeutische Unternehmen in Deutschland? Zunächst einmal
existieren Nischen, die von Unternehmen des Mittelstands erfolgreich besetzt sind und gerade dem Mittelstand
große Chancen bieten, da die Großen der Branche an einer Indikation mit geringem Marktpotenzial kaum Interesse
haben. Für die in Deutschland existierenden etwa 1.100 Arzneimittelhersteller, von denen über 90 Prozent der mittelständischen pharmazeutischen Industrie zugeordnet werden können, gilt es, solche Nischen zu nutzen und weiter
auszubauen. Der Mittelstand hat sich mit der Zeit immer
weiter aus der kostenintensiven Forschung und Entwicklung von NCEs zurückgezogen. Diese betreiben heute nur
noch wenige Unternehmen im eigenen Haus. Die meisten
mittelständischen Unternehmen engagieren sich jedoch
bei der Entwicklung von so genannten Schrittinnovationen.
Dabei handelt es sich beispielsweise um Änderungen an
der galenischen Form des Wirkstoffs, um eine Erweiterung
der Indikation oder eine Verbesserung der Applikation.
Das Ziel solcher Innovationen ist die Verbesserung der
Wirksamkeit und eine Reduzierung der Nebenwirkungen.
Andere Möglichkeiten für mittelständische Unternehmen,
sich zu positionieren, bilden zum Beispiel die Fokussierung auf Generika oder die Konzentration auf bestimmte
Wertschöpfungsstufen. Auch die Knüpfung von Kooperationen mit Innovationsträgern, zum Beispiel aus der Biotechnologie, hilft der mittelständischen Pharmaindustrie,
an allen Teilen der Wertschöpfungskette zu partizipieren,
ohne alle Funktionen selbst einrichten zu müssen.
11
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Unternehmenskultur
und Rechtsformen
mittelständischer
Unternehmen
Die jüngsten Erhebungen des BPI zeigen, dass knapp
70 Prozent seiner Mitgliedsunternehmen ein eigenständiges Geschäft betreiben. Von diesen besitzen wiederum 15
Prozent eigene Tochterunternehmen im Ausland. Diese
befinden sich zum Großteil in Ländern der EU (39 Prozent),
den USA (23 Prozent) und Osteuropa (18 Prozent). Die
Orientierung des Mittelstands in Richtung USA ist somit
nicht stark ausgeprägt. Der größte Teil der mittelständischen Unternehmen hat als Rechtsform die GmbH gewählt. Diese kennzeichnet eine überwiegend personenbezogene Ausgestaltung, bei der die Gesellschafter häufig
auch die Unternehmensleitung innehaben und in dieser
Position ihr persönliches Engagement einbringen. Nur
acht Prozent der mittelständischen Pharmaunternehmen
des BPI sind als Aktiengesellschaft gemeldet, was diese
Die Tätigkeitsfelder
erheblich von den Biotechs unterscheidet. Mittelständische Unternehmen haben sich vor allem auf Nischenmärkte spezialisiert, die von den großen Unternehmen als zu klein und dadurch uninteressant bewertet
werden. Manche der Unternehmen bearbeiten nur ein
bestimmtes Indikationsgebiet und bedienen dadurch nur
eine kleine Klientel, wodurch sich vergleichsweise gerin-
gere Umsätze ergeben. Hingegen benötigen die großen Unternehmen so genannte Blockbuster, also Wirkstoffe, die
ein weltweites Umsatzpotenzial von mindestens 500 Millionen US-Dollar haben, um die notwendigen Wachstumsraten zu erreichen. Forschung wird von ihnen zumeist in mehreren Indikationsgebieten zugleich betrieben. Die bevorzugten Indikationsgebiete mittelständischer Unternehmen sind nach Untersuchung des BPI mit abnehmender Häufigkeit: 1 Herz-Kreislauf-Erkrankungen 1 Gastroenterologie/Hepatische Erkrankungen 1 Infektionskrankheiten
und systemische Entzündungen 1 Schmerz 1 Rheumatologische Erkrankungen 1 Dermatologische Erkrankungen 1 Allergien/Asthma 1 Neurologische Erkrankungen/ZNS 1 Urologische Erkrankungen. Mittelständische
Pharmaunternehmen sind somit auf Hauptindikationsgebieten des Weltpharmamarktes aktiv, aber auch auf
solchen, die lediglich einen kleinen Anteil am Pharmamarkt ausmachen. Bei den Produktkategorien, die von den mittelständischen Unternehmen entwickelt und vertrieben werden, liegen Arzneimittel mit chemisch definierten Inhaltsstoffen an erster Stelle. Mit ihnen befassen sich 64 Prozent der Unternehmen, gefolgt von Phytopharmaka- und
Naturheilmittelherstellern (30 Prozent der Unternehmen) und an dritter Stelle, mit 18 Prozent, Biotech-Hersteller.
Prozentualer Anteil unterschiedlicher Indikationen am Weltpharmamarkt
10 %
12 %
7%
13 %
Osteoporose
Onkologie
Diabetes
Sonstige
Arthritis
ZNS
Lunge
Infektionskrankheiten
Magen/Darm
Herz-Kreislauf
7%
Quelle: Hypovereinsbank und MediGene
4%
19 %
4%
3%
21 %
12
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Marktsegmente von BPI-Mitgliedsunternehmen:
Marktsegmente von BPI-Mitgliedsunternehmen:
Abgabebereiche der Produkte
Verordnungs- und OTC-Bereich
35,7 %
OTC
89,5 %
Verordnungsbereich
0
20
40
78 %
Niedergelassener
Bereich /Apotheken
60
80
75 %
Krankenhaus
100
0
20
40
60
80
Aufteilung in Prozent (von insgesamt 277 Unternehmen).
Aufteilung in Prozent (von insgesamt 277 Unternehmen).
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
100
Fast 90 Prozent der mittelständischen Unternehmen stellen Produkte für den Verordnungsbereich her und
stehen damit in direkter Abhängigkeit von den Erstattungen durch die Krankenkassen. Gerade sie werden zukünftig
von der Aut-Idem-Regelung (siehe S. 15) getroffen und müssen befürchten, dass dieser bereits jetzt hart umkämpfte
Markt noch enger wird. Knapp 40 Prozent der Unternehmen sind im Over-the-counter-Bereich (OTC) tätig oder
haben sich sogar komplett auf diesen Markt spezialisiert. Interessant ist, dass 80 Prozent der Unternehmen ihre Produkte im niedergelassenen Bereich und über Apotheken
vertreiben und fast genauso viele, nämlich 78 Prozent,
in Krankenhäusern präsent sind. Der Krankenhausbereich
stellt somit eine zentrale Plattform für die Produkte mittelständischer Unternehmen dar.
Das Vertriebspotenzial
Nach eigenen Angaben haben pharmazeutische
Unternehmen des Mittelstands eine starke innerdeutsche Vertriebsaktivität. Hierzu wurde in Deutschland von den meisten Unternehmen ein dichtes Netz von
Außendienstmitarbeitern aufgebaut, mit dem vor Ort aktiv
Produkte beworben werden. Im Zuge der Aut-Idem-Regelung wird sich die Außendienstaktivität zukünftig als noch
Weltweite Vertriebskanäle
mittelständischer pharmazeutischer Unternehmen
bedeutender erweisen, um Produkte am Markt zu platzieren, wobei diese sich jedoch mehr zum Apothekenbereich
110
EU
hin verschieben wird. Über ihre Vertriebskanäle distribuieren über 90 Prozent der Unternehmen die eigenen Pro-
67
übriges Europa
dukte, zum Teil unter Hinzunahme von Fremdprodukten.
Knapp zehn Prozent aller mittelständischen pharmazeu-
Asiatischpazifischer
Raum
47
tischen Unternehmen sind Vertriebsgesellschaften für
Fremdprodukte. Über Deutschland hinaus liegen die Vertriebsaktivitäten des pharmazeutischen Mittelstands haupt-
27
Südamerika
sächlich in Europa, wobei die deutschsprachigen Länder
und Osteuropa bevorzugt bearbeitet werden. Im Ver-
23
Nordamerika
gleich zu den großen Pharmaunternehmen zeigt der
deutsche Pharmamittelstand jedoch eine deutliche
22
Australien/
Neuseeland
Zurückhaltung gegenüber ferner gelegenen Märkten.
Das eigene Netz von Außendienstmitarbeitern im Ausland –
19
Afrika
nur knapp 20 Prozent des Mittelstands bedienen die USA –
0
20
40
60
80
100
120
ist im Vergleich zu den Vertriebsstrukturen in Deutschland
bedeutend kleiner.
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 114 Unternehmen),
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
13
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Die Haltung
familiengeführter
Unternehmen
zu Investoren
Das klassische Kennzeichen familiengeführter Unternehmen ist die Weitergabe der Gesellschafterfunktion an
die nächstfolgende Generation. Viele mittelständische
Unternehmen sind sehr zurückhaltend, bevor sie größere
Finanzrisiken eingehen, da sich Verluste jeglicher Art bei
ihnen direkt beim finanziellen Gewinn niederschlagen.
Auch aufgrund von Ressourcenknappheit ist die Bereitschaft zu großen Investitionen eher selten und wenn überhaupt, dann nur eingeschränkt vorzufinden. Obwohl
grundsätzlich auch für mittelständische Unternehmen
externe Geldgeber zur Verfügung stehen, werden
diese nur selten herangezogen. Förderprogramme werden oftmals nicht genutzt, weil sie nicht passen, die Beantragung zu aufwendig ist oder keine Kenntnisse darüber
vorliegen. Generell ist die Zufuhr von Eigenkapital durch
Dritte nicht üblich und häufig auch nicht erwünscht. Da
sich die meisten Unternehmen ihre Entscheidungsfreiheit
erhalten wollen, werden Börsengänge nicht angestrebt
und haben Geber von Wagniskapital (Venture Capital)
nach unserer Erfahrung Schwierigkeiten, finanziell an mittelständischen Unternehmen zu partizipieren. Sind hinge-
gen die notwendigen finanziellen Ressourcen vorhanden und erste Erkenntnisse über Entwicklungen in der Biotechnologie gewonnen, so spielen mittelständische Unternehmen durchaus mit dem Gedanken, im Rahmen ihrer
Strategie größere Veränderungen wie die Etablierung einer eigenen Biotechnologieabteilung durchzusetzen oder
Kooperationen mit Biotech-Unternehmen einzugehen. Diese Unternehmen verfügen dann über den Vorteil kurzer
Entscheidungswege und Flexibilität. Zeigen sich bei der
Erwägung einer Kooperation Probleme mit der Finanzierung, führt dies nur selten zur Kontaktaufnahme mit Finanziers, um an die notwendigen Ressourcen zu gelangen.
Allgemein steht die mittelständische pharmazeutische
Industrie der Aufnahme von Kapital eher zurückhaltend
gegenüber. Insbesondere auf die strengeren AnforderunGründe für die Ablehnung von Förderprogrammen durch
gen aus Basel II hinsichtlich des bankeninternen Ratings
mittelständische pharmazeutische Unternehmen
und die notwendige Einführung von Risikomanagementsystemen ist man noch nicht hinreichend vorbereitet. Zu
Es gibt keine
passenden
Förderprogramme
42
der Sorge, durch die Aufnahme von Fremdkapital die Unabhängigkeit zu verlieren, kommt hinzu, dass sich das
Eigenkapital bei Familienunternehmen, welches von der
27
Die Beantragung
ist zu aufwendig
Familie gehaltene Gesellschaftsanteile darstellt, grundsätzlich von dem eines Start-ups unterscheidet. Bei Start-
17
Keine
Notwendigkeit
ups liegt das Eigenkapital bei Dritten (Venture-Capitalbzw. Beteiligungsgesellschaften) und nicht bei den Grün-
30
Sonstiges
dern selbst. Fehlen beim etablierten Pharmaunternehmen
0
10
20
30
40
50
daneben die Kenntnis und eine positive Einstellung zum
Thema Biotechnologie, so sind die Chancen zur Integration
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 88 Unternehmen),
biotechnologischer Entwicklungen gering.
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
14
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Konsequenzen
aus der Politik für
Pharmaunternehmen
Die Zahl der in Deutschland entwickelten NCEs ist
seit dem Jahr 1997 rückläufig und ein Indiz dafür,
dass der Standort Deutschland bei der Entwicklung neuer
und innovativer Arzneimittel an Attraktivität verloren hat.
Dies lässt sich vor allem auf die seit Jahren anhaltende
Kostendämpfungspolitik der Bundesregierung und die
damit einhergehende Gesetzgebung zurückführen. Pharmaverbände fordern hier einen durchgreifenden Umdenkprozess und verlässliche Rahmenbedingungen. Es blieb
bislang unberücksichtigt, dass Arzneimittel seit Jahren zu
den Gütern mit der geringsten Teuerungsrate gehören und
ihr Preisniveau langfristig gesehen von Stabilität gekennzeichnet ist. Aus der Sicht von Verbänden und der Industrie
haben die in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen das deutsche Gesundheitssystem nur vordergründig
entlastet. Die Veränderungen haben zu einer Verschlechterung der Lage von pharmazeutischen Unternehmen und
insbesondere zu einer Verstärkung des Drucks auf den Mittelstand geführt. Im Folgenden soll dies beispielhaft erläutert
werden. Das Ende Februar diesen Jahres eingeführte
Aut Idem
Arzneimittel-Ausgabenbegrenzungsgesetz (AABG) mit
der darin neu gefassten Aut-Idem-Regelung wird nach
Einschätzung verschiedener Verbände, Ärzte, Verbraucherschützer, Pharmakologen und der Pharmaindustrie zu
einer weiteren Schwächung des Standorts Deutschland
führen. Hingegen erhofft sich der Staat von dieser Maßnahme, bei der Apotheker zur Abgabe von Arzneimitteln
aus dem unteren Drittel der Preisspanne auf dem Markt
befindlicher Arzneimittel gezwungen werden, sofern der
Arzt Aut Idem nicht ausschließt, Einsparungen von knapp
230 Millionen Euro, die das Gesundheitswesen finanziell
nachhaltig entlasten sollen. Anders dagegen ist hier die Sichtweise der pharmazeutischen Industrie. Hinsichtlich ihrer
Wettbewerbsposition befürchten vor allem mittelständische Pharmaunternehmen und Generikahersteller hohe Einbußen. Vor allem bei Generikaherstellern wird sich der Preiskampf mit dieser Maßnahme drastisch erhöhen und sie
befürchten, dass zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen. Das vom Bundesgesundheitsministerium initiierte Gesetz
wird von der Industrie als „Patienten gefährdend und mittelstandsfeindlich“ eingestuft. Der Druck, den der Gesetzgeber mit solchen Maßnahmen auf Hersteller von Medikamenten auswirkt, steigt stetig.
15
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Zulassung
Die Zulassungsbedingungen und -verfahren für Arzneimittel
sind für die pharmazeutische Industrie von zentraler Bedeutung. Die erst 1995 eingeführten europäischen Zulassungsverfahren haben zwar eine erfolgreiche Startphase
aufzuweisen, sind jedoch in wichtigen Punkten weiterhin
verbesserungsbedürftig, insbesondere für den Mittelstand
und die jungen Biotech-Unternehmen. Als notwendig erachtet wird zum Beispiel eine erhöhte Flexibilität bei der
Auswahl der Zulassungsverfahren und nicht, wie von der
EU-Kommission vorgeschlagen, eine weitere Ausdehnung
der verbindlichen Nutzung des zentralen Verfahrens über
die European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA). Es sollte für biotechnologische und gentechnologische Produkte zudem die Möglichkeit bestehen, in das gegenseitige Anerkennungsverfahren, Mutual
Recognition Procedure (MRP), zu gehen, das weiter vereinfacht werden sollte. Das gegenseitige Anerkennungsverfahren ist gerade für mittelständische Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen attraktiv, die häufig vor dem
administrativen Aufwand des zentralen Verfahrens zurückschrecken (Übersetzung in alle Sprachen der EU-Mitgliedsstaaten, Namensfindung, Gebühren etc.), der mit
Der Link zwischen
mittelständischer
Pharmaindustrie und
Biotech-Unternehmen
der EU-Osterweiterung noch größer wird.
Die mittelständische Pharmaindustrie in Deutschland ist erst in geringem Umfang Partnerschaften mit
Biotechnologie-Unternehmen eingegangen. Während
die großen Pharmaunternehmen, auch und gerade wenn
sie eigene Forschung betreiben, vielfach auf das Knowhow der Biotechnologie-Unternehmen zurückgreifen und
intensive Kontakte zu diesen unterhalten, finden Biotechs
und Mittelstand bisher wenig gemeinsame Anknüpfungspunkte. Die Gründe hierfür sind sehr vielfältig. Einer der
Gründe kann darin liegen, dass zwischen dem Tätigkeitsfeld eines Biotechnologie- und dem eines mittelständischen Pharmaunternehmens in aller Regel eine Lücke in
der Wertschöpfungskette besteht. Diese Lücke, die vor
allem im Bereich der klinischen Phasen zu finden ist, kann
jedoch mit geringem koordinativen Aufwand von Clinical
Research Organisations (CROs), Contract Manufacturing
Organisations (CMOs) oder anderen Dienstleistern ge-
schlossen werden. Als schwieriger anzusehen ist der häufig vorhandene unternehmenskulturelle Unterschied zwischen Biotech-Start-ups und dem pharmazeutischen Mittelstand und deren unterschiedliche Erwartungshaltungen.
Auch haben Firmengründer und Gesellschafter im Mittelstand häufig Vorbehalte gegenüber biotechnologischen Entwicklungen, die jedoch bei den forschenden Pharmaunternehmen, auch des Mittelstandes, in aller Regel weniger
anzutreffen sind. Diese haben zumeist eine eigene Abteilung oder einen Ansprechpartner, der sich um die strategische Unternehmensentwicklung und damit auch um Biotechnologie kümmert.
16
Allgemeiner Stand der Pharmaindustrie
Die Lücke in der Wertschöpfungskette zwischen Biotechnologie- und mittelständischen Pharmaunternehmen
Drug
Discovery
Präklinik
Biotechnologie-Unternehmen
Klinische
Phase I
Klinische
Phase II + III
CROs
Zulassung
CMOs
Produktion
Vermarktung
Mittelständische Pharmaunternehmen
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Die mittelständische Pharmaindustrie in Deutschland hat es zur Zeit nicht leicht, und ihre zukünftige
Entwicklung wird kontrovers diskutiert. Zweifellos kann sich der Mittelstand auch in Zukunft auf Produkte in
Nischenmärkten fokussieren und Innovationen entwickeln, die für den Patienten wichtige Produktverbesserungen
darstellen, indem ein seit langem bewährter Wirkstoff in seiner Darreichungsform oder Galenik verändert wird, für
neue Indikationen zugelassen oder eine Kombinationsbehandlung eingeführt wird. Innovation kann darüber hinaus
auch vom Mittelstand durch Kooperationen mit anderen
Unternehmen erworben werden. Um auch zukünftig
seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, wird sich
der Mittelstand gerade auch Innovationen aus der
Biotechnologie zunehmend öffnen müssen. Hiermit
verschafft er sich Chancen nicht nur gegenüber Großunternehmen, sondern auch gegenüber seinen mittelständischen Mitbewerbern und gegenüber den wachsenden jungen Biotech-Unternehmen. Viele mittelständische
Pharmaunternehmen zeigen bereits Interesse an der Biotechnologie. Mehr als 100 Mitglieder des BPI gaben an,
grundsätzlich an Biotechnologie interessiert zu sein: Über
30 Prozent von ihnen produzieren bzw. entwickeln bereits
selbst Biotech-Produkte, ein weiteres Drittel ist schon
Biotechologie-Kooperationen eingegangen, und mehr als
zwei Drittel suchen nach weiteren Kooperationen.
17
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Allgemeiner Stand
der deutschen
Biotechnologie
Die Biotechnologie gilt als der Innovationsmotor dieses Jahrhunderts. Als Schlüsseltechnologie hält sie Einzug
in Unternehmen verschiedener Branchen und so auch ganz besonders im gesamten Life-Science-Bereich. Moderne
Biotechnologie umfasst alle innovativen Methoden, Verfahren und Produkte, die eine wesentliche Nutzung
von lebenden Organismen, Organen, Zellen oder ihrer subzellulären Bestandteile beinhalten. Hierbei werden Erkenntnisse aus der Forschung auf Gebieten wie Biologie, Biochemie, Molekularbiologie, Immunologie, Virologie und Mikrobiologie verwendet, um neue Technologien, Produkte und Anwendungen zu entwickeln und diese
anschließend zu kommerzialisieren. Da im Rahmen dieser Studie das Kooperationsinteresse von BiotechnologieUnternehmen zu Pharmaunternehmen im Fokus liegt,
haben wir uns auf die Befragung von Unternehmen beschränkt, die in der Biomedizin tätig sind. Mit Ausnahme
der Gründungszahlen in der Biotechnologie, die in der
untenstehenden Abbildung wiedergegeben sind, beziehen
sich daher alle folgenden Auswertungen auf die befragten
Der Gründungsboom
deutscher
Biotech-Unternehmen
Biotechs aus diesem Bereich. Die enorme Aufbruchstimmung, die in Deutschland insbesondere seit Mitte
der neunziger Jahre zu beobachten ist, wurde durch
den Einbruch der Aktienmärkte Ende des Jahres 2000
nur leicht gedämpft. Obwohl der Markt stets gewissen
Schwankungen unterlag, führte dieser Einbruch doch zu
deutlichen Einschnitten bei der Finanzierung der jungen
Biotechnologie-Unternehmen. Dennoch war die Tendenz
zu Neugründungen auch im letzten Jahr mit 33 neuen Biotech-Unternehmen ungebrochen. Der Anstieg bei der Zahl
von Biotechs hält somit nach diesen Erhebungen an. Es
mehrt sich aber auch die Zahl der Biotech-Unternehmen,
die sich nach kurzem Bestehen aus unterschiedlichen
Gründen wieder aus dem Markt zurückziehen. Eine aktuell
zunehmende Zahl von Insolvenzen, vor allem bedingt
durch mangelnde finanzielle Ressourcen, ist in der Branche anzutreffen. Allein von Januar bis April 2002 sind
Anzahl deutscher Biotech-Unternehmen 1997– 2001
nach unserer Recherche zwölf Unternehmen, darunter
365
400
auch durchaus namhafte, in Insolvenz gegangen. Obwohl
332
dies noch lange nicht bedeutet, dass die deutsche Bio-
279
300
technologie an einem Scheidepunkt steht, deuten diese
222
Zeichen darauf hin, dass die Euphorie auch in dieser
173
Branche vorerst vorbei ist. Nach einer teilweise sehr ho-
200
hen Bewertung findet mittlerweile eine heftige Gegenreaktion der Kapitalmärkte statt.
100
0
1997
Quelle: Ernst & Young, 2002
18
1998
1999
2000
2001
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Tätigkeiten der Mitarbeiter in Biotech-Unternehmen
Die
Unternehmensgröße
67,7 %
16,6 %
8,2 %
Verwaltung
Produktion
7,5 %
Deutsche Biotech-Unternehmen sind durch eine
durchschnittlich geringe Mitarbeiterzahl gekennzeichnet.
Unseren Erhebungen zufolge beschäftigen mehr als 75
Prozent aller in der Studie befragten Unternehmen weniger als fünfzig Mitarbeiter, viele davon liegen sogar bei
unter zehn Mitarbeitern. Nur wenige deutsche Biotechs
F&E
haben eine Reife erlangt, die ihnen mehr als hundert
und Overhead
Marketing
und Vertrieb
Beschäftigte erlaubt. Die Mehrzahl der Beschäftigten
Prozentualer Anteil der Mitarbeiter
ist in Forschung und Entwicklung vorzufinden, bei
(von 56 befragten Unternehmen).
Produktion sowie Marketing und Vertrieb verbleiben jeweils
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
weniger als zehn Prozent der Mitarbeiter. Der Großteil der
Unternehmen entwickelt Technologien, ein Teil Produkte,
und insbesondere diese sind noch recht marktfern. Bei
den größeren Biotech-Unternehmen, die zum jetzigen
Zeitpunkt bereits näher an einem fertigen Produkt sind, ist
eine erste Tendenz hin zu Vertriebs- und Marketingaktivitäten zu erkennen. Die Biotechnologie in Deutschland
befindet sich, wie überall auf der Welt, noch im Aufbaustadium. Dies wird auch in unserer Erhebung deutlich,
bei der die meisten der teilnehmenden Unternehmen 2001 einen Umsatz von weniger als einer Million Euro aufweisen. Unter den befragten Unternehmen befindet sich auch eine erhebliche Anzahl, die noch kein Produkt am Markt
etabliert hat, wobei unter Produkten auch Dienstleistungen und Technologien verstanden werden. Unsere Studie
zeigt, dass die deutsche Biotechnologielandschaft von eigenständigen Unternehmen geprägt ist. Lediglich 15 Prozent der Teilnehmer unserer Umfrage gaben an, Tochterunternehmen ausländischer Unternehmen zu sein, von denen
die Mehrzahl ihren Hauptsitz in den USA hat. Wir werten dies als Zeichen, dass sich in Deutschland eine eigene und unabhängige Biotech-Szene entwickelt hat,
die sich nun auf dem Weg zur Reife befindet. Obwohl
klein und eigenständig, erkennt die deutsche Biotechnologie-Branche, dass nur eine weltweite Entwicklung und
Vermarktung den zukünftigen Erfolg sichern kann. Die
Tendenz geht dabei stark zu Kooperationen mit ausländischen Biotechs und hier vor allem mit US-Firmen. Zudem
zeichnet sich der Trend von Ausgründungen deutscher
Die Eigenständigkeit
Unternehmen ins Ausland ab. Viele Unternehmen versuchen, gerade auch in den USA präsent zu sein, und sei
es nur über eine kleine Niederlassung oder ein Büro. Präferierte Standorte sind nach Nordamerika mit deutlichem
Abstand auch europäische Staaten (EU und Nicht-EU)
sowie Asien und Australien. Deutsche Biotech-Unternehmen haben erkannt, dass ihr Geschäft zukünftig in Form
eines weltweiten Netzwerks funktionieren wird. Sicher
wird es noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis ein solches aufgebaut sein wird, das Ziel wird jedoch bereits
intensiv verfolgt.
19
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Tätigkeitsfelder der Biotech-Unternehmen
37
35
20
19
6
10
17
3
Drug
Discovery
Präklinik
Klinische
Phase I
Klinische
Phase II
Klinische
Phase III
Zulassung
Produktion
Vermarktung
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 56 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Der Konsolidierungsprozess ist auch in der Biotechnologie-Branche voll im Gange. Zahlreiche Allianzen
Die Tätigkeitsfelder
und Kooperationen mit unterschiedlichen Vertragsformen
werden von zumeist kleinen Unternehmen geschlossen
und bieten die finanzielle Basis, um auf Dauer in diesem
weltweit hart umkämpften Markt bestehen und die eigene
Zukunft sichern zu können. Auch die Kapitalgeber verfolgen die Konsolidierung und drängen vor allem kleine Startups, sich mit anderen Biotechnologie-Unternehmen zu einem starken Verbund zusammenzuschließen – ein Vorgang,
der sich in den USA bereits abgespielt und die dort ansässigen Unternehmen letztendlich gestärkt hat. Die Erfahrung
lehrt, dass die Konsolidierungswelle zum Verschwinden einiger Unternehmen führt, andere jedoch so wachsen lässt,
dass sie die kritische Masse zur Existenzsicherung erreichen. In Deutschland beherrschen die frühen Schritte der
Wertschöpfung die Tätigkeit der Biotechnologie-Unternehmen. Wie die Grafik zeigt, sind die Unternehmen vor allem
im vielschichtigen Prozess der Wirkstoffsuche (Drug Discovery) sowie in der präklinischen Phase aktiv. Die folgenden
Phasen werden fast immer mit einem oder mehreren Partnern und meist im Auftrag (zum Beispiel durch CROs) bearbeitet. Lediglich reifere Unternehmen sind in den klinischen Phasen, der Zulassung, der Produktion und Vermarktung
zu finden. In einigen Segmenten der Wertschöpfungskette
sind Biotechnologie-Unternehmen als Dienstleister für
Die Produkte
Pharmaunternehmen tätig. Erkennbar ist, sowohl aus
den Fragebögen als auch den Interviews, dass sich
Biotech-Unternehmen verstärkt der Entwicklung ei-
Anzahl derzeit marktreifer Produkte
gener Produkte zuwenden und somit ihre Geschäfts-
deutscher Biotech-Unternehmen
tätigkeit über Plattformtechnologien hinaus erweitern
wollen. Deutschland wird in dieser Hinsicht zeitverzögert
> 10
1
6 – 10
1
den US-Tendenzen folgen. Wie im Abschnitt Finanzierung
noch beschrieben wird, ist dies auch durchaus im Interesse der Investoren. Bei der Erhebung des Status quo gaben
23 Unternehmen an, sie hätten derzeit kein marktreifes
14
1– 5
Produkt. Häufig hängt dies vom Tätigkeitsbereich der Biotechs ab. So sind bei reinen Dienstleistern oder auch Platt23
0
formtechnologieunternehmen „Produkte“ als solche nicht
gegeben. Diesen gegenüber stehen vierzehn Unternehmen
16
k. A.
mit einem bis fünf und zwei Unternehmen mit mehr als
sechs bzw. zehn Produkten. Deutlich wird, dass momen-
0
tan nur sehr wenige Unternehmen bereits am Markt sind
5
10
15
und zahlreiche Produkte in Entwicklung noch sehr weit von
Anzahl der Nennungen (von 55 Nennungen).
der Marktreife entfernt sind.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
20
20
25
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Die Zulassungsaktivitäten
Neben dem deutschen und europäischen Markt wird
vor allem der US-amerikanische Markt von deutschen Biotechs für wichtig erachtet. In der EU müssen derzeit alle
Biopharmazeutika zentral über die EMEA zugelassen werden. Wie auch zuvor für mittelständische Unternehmen
dargestellt, überfordert dieses Verfahren in besonderem
Maße die kleinen Unternehmen, die nicht die Ressourcen
haben, um den gesamten EU-Markt gleichermaßen zu
bedienen. Hier wird auch von Seiten des BPI eine Flexibilität der Zulassungsverfahren gefordert, so dass jedes
Unternehmen entscheiden kann, ob es zentral oder dezentral in der EU zulassen will. In unseren Interviews zeigte
sich deutlich, dass der Standort USA um so wichtiger
wird, je reifer das Unternehmen ist. Auch auf den Druck
von Investoren hin werden von den meisten Befragten
internationale Zulassungen angestrebt. Mit dieser Thematik
müssen sich die jungen Unternehmen jedoch frühzeitig
auseinandersetzen. Oftmals mangelt es hier noch an regulatorischem Know-how und entsprechenden Kapazitäten.
Häufig bleibt unberücksichtigt, dass bereits Daten aus den frühen Entwicklungsstufen des späteren Produktes für die
Zulassung zu dokumentieren sind. Gerade in den Bereichen Zulassung, Vermarktung und vor allem auch Kostenerstattung fehlt bei vielen Biotechs das notwendige Fachwissen. Einigen Unternehmen ist dies bewusst und sie sind
bestrebt, dieses Manko in kürzester Zeit durch Zuhilfenahme externer Unterstützung oder durch Einstellung von
Fachpersonal zu beseitigen, sofern sie dafür ein Budget zur Verfügung stellen können. Ein umfassendes Wissen
auf diesen Gebieten wird zentraler Aspekt für die Zukunft sein, auch wenn die Mehrzahl der deutschen Biotechs aufgrund des Entwicklungsstadiums ihrer Produkte derzeit noch nicht unmittelbar an die Zulassung denkt.
Besonders große Schwierigkeiten herrschen, unseren Erhebungen zufolge, im Bereich Tissue Engineering. Hier sind
bereits eine Reihe innovativer Produkte auf dem Markt, zu
denen sich die Krankenkassen jedoch eher zögerlich verhalten und bislang nur wenig Bereitschaft zeigen, die „eigenen“ Trans- und Implantate des späteren Empfängers zu
vergüten. Von Seiten der Biotechs wird diesem Trend damit
begegnet, dass man sich zum einen verstärkt auf die privat
versicherte Klientel konzentriert, zum anderen an ausgewählten Kliniken nach Aushandlung einer gewissen Finanzsumme Patienten mit den neuen Produkten versorgt.
Zudem werden seit einiger Zeit mit hohem finanziellen Aufwand klinische Studien durchgeführt, die eine Verbesserung der herkömmlichen Methoden unter Beweis stellen
und die Wirksamkeit dieser neuen Anwendungen untermauern sollen. Viel Wert wird derzeit auf Veröffentlichungen
solcher Studienergebnisse gelegt. Der BPI hat sich dieser
Thematik angenommen, um gemeinsam mit den Unternehmen geeignete Anforderungen für Zulassung und Erstattung zu definieren. Ähnlich unzufrieden sind beispielsweise Hersteller von Biogenerika mit den derzeit geltenden
Zulassungsverfahren. Sie reklamieren, dass Biogenerika einen für „klassische“ Generika nicht geforderten kompletten
Zulassungsprozess durchlaufen müssen. Während herkömmliche Generika von der Einsparung von Geldern für klinische Studien profitieren und einen deutlichen Preisvorteil gegenüber den ursprünglichen Wirkstoffen herausarbeiten
können, ist dieses unter den geltenden Voraussetzungen für Biogenerika nicht gegeben. Andererseits sichern diese
Bestimmungen jedoch die Qualität und regulieren die Zahl der in diesem Bereich tätigen Wettbewerber.
21
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Der Vertrieb von Biotech-Produkten
12
Deutschland
Die Vertriebsaktivitäten
6
übrige EU
Nordamerika
4
Asiatischpazifischer
Raum
4
Osteuropa
1
Australien/
Neuseeland
1
der Biotechnologie-Unternehmen, da die Produkte
noch fehlen. Findet er statt, so wird er von den Unter-
Südamerika
0
Afrika
0
Der Vertrieb ist zur Zeit ein untergeordnetes Thema
nehmen selbst organisiert und durchgeführt. Auch Vertriebspartner finden hier, aufgrund der wenigen Produkte,
noch keine große Herausforderung.
Für junge Unternehmer ist die Zeit der kräftigen In-
0
vestitionsschübe, die durch äußerst aktive Venture-
2
4
6
8
10
12
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 56 Unternehmen),
Capital-Gesellschaften gekennzeichnet war, vorbei.
Mehrfachnennungen waren möglich.
Im Vergleich zu den letzten Jahren des Gründungsbooms
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
ist es jetzt und sicher auch noch in nächster Zukunft
schwer, an Kapital zu kommen. Obwohl auch regionale,
Bundes- und europäische Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, fehlt der Biotech-Szene, hier vor allem
Die Finanzierung
den jungen Start-ups, häufig die finanzielle Unterstützung. Zwar sind viele Investorentöpfe noch voll, die
Finanzgeber haben jedoch aufgrund der Erfahrung der
jüngsten Vergangenheit ihre Strategie dahingehend ge-
ändert, dass sie heute seltener in Erstrundenfinanzierungen einsteigen. Da ihnen bei den laufenden Beteiligungen ein
Exit durch Börsengänge nicht mehr so leicht möglich ist, engagieren sie sich in der Folgefinanzierung, um ihr investiertes Kapital zu sichern. Steigen Investoren in Unternehmen neu ein, so wählen sie ebenfalls fast ausschließlich Folgefinanzierungen, da hier das Risiko von Fehlschlägen
geringer scheint. Unternehmen müssen heute mit einer
genaueren Prüfung ihrer Business-Pläne rechnen, um als
Derzeitige Förderung von Biotechnologie-Unternehmen
finanzierungswürdig eingestuft zu werden. Wichtiger als
38
Öffentliche
Fördermittel
die Darstellung von Zukunftsvisionen werden dabei klar
definierte Produkte und deren Umsatz- und Gewinnpro-
35
Business
Angels/VC
gnosen. Zudem wird die realistische zeitliche Angabe für
die Markteinführung von Produkten oder Technologieentwicklungen entscheidend. Finanzielle Engagements
18
Kooperationen
bewegen sich tendenziell weg von Plattformtechnologieanbietern zu Produktentwicklern, da mit diesen
8
Börse/Aktien
Entwicklungen mehr Gewinn erreicht werden kann. Die im
Rahmen dieser Studie befragten Biotechs bekommen zum
8
Sonstiges
jetzigen Zeitpunkt Fördermittel aus der öffentlichen Hand
0
10
20
30
40
sowie Risikokapital von Venture-Capital-Unternehmen oder
Business Angels. Kooperationen und Börsengänge spielen
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 54 Unternehmen),
dagegen noch eine untergeordnete Rolle. Bei nur knapp
Mehrfachnennungen waren möglich.
fünf Prozent der in der Studie befragten Unternehmen
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
erfolgt die Finanzierung über die eigene Geschäftstätigkeit.
22
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Die Produktvielfalt von
Biotech-Unternehmen
Mit wenigen Ausnahmen ist die Mehrzahl der deutschen
Biotech-Unternehmen noch weit entfernt von vermarktungsfähigen Produkten. Die USA liegen hier vorn. Im Jahr
2000 wurde in einer Studie der Pharmaceutical Research
and Manufacturers of America (PhRMA) dargestellt, wie
viele Entwicklungen US-amerikanischer Biotech-Unternehmen sich bereits in der klinischen Prüfung befinden. Die
Tabelle zeigt, dass die Biopharmaka-Pipelines der US-Unternehmen mit 459 Produkten, unter anderem zur Krebstherapie, gut gefüllt sind. In Europa sind im Vergleich dazu 278 Produkte börsennotierter Unternehmen in der Arzneimittelentwicklung und nur sechs davon in Deutschland.
Vergleich der Wirkstoffe
in den verschiedenen Stufen
der klinischen Prüfung
Quelle: PhRMA 2000 und Ernst & Young, 2001
Phase der
Arzneimittelentwicklung
Anzahl der
Wirkstoffe (USA)
Anzahl der
Wirkstoffe (Europa)
Präklinik
k. A.
96
Phase I
125
71
Phase I / II
55
k. A.
Phase II
154
71
Phase II / III
10
k. A.
Phase III
95
27
Ein Vergleich der Anzahl von Arzneimitteln in den unterschiedlichen klinischen Phasen zeigt deutlich, wie
groß der Abstand zwischen den USA und Europa ist. Während die Anzahl von Wirkstoffentwicklungen der klinischen
Phasen I und II in den USA etwa doppelt so groß ist wie in Europa, steigt sie in Phase III auf das Vierfache an. Hier
zeigt sich die Reife des amerikanischen Biotech-Marktes:
Nach Angaben der EMEA wurden in der EU bis November
2001 56 gentechnisch hergestellte Produkte als Bestandteile von 86 Medikamenten zugelassen. In den USA wurden im Vergleich dazu 117 biotechnologisch hergestellte
Arzneimittel und Impfstoffe durch die Food and Drug
Administration (FDA) zugelassen. Die große Mehrheit der
an unserer Studie beteiligten Unternehmen ging für das
Jahr 2001 davon aus, dass die F & E-Ausgaben den jährlichen Umsatz übersteigen werden. Auch bei Unternehmen,
Vergleich des jährlichen Umsatzes
mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung
die bereits Umsätze generieren, liegen die Aufwendungen
für Forschung und Entwicklung zumeist deutlich über den
7
4
24
17
positiv
ausgeglichen
negativ
keine Angabe
Umsatzzahlen. Solche Unternehmen forcieren die Forschungsaktivitäten, um ihr zukünftiges Wachstum und die
Weiterentwicklung des eigenen Portfolios zu sichern. Die
meisten sind jedoch noch zu weit von einem vermarktungsfähigen Produkt entfernt. Im weltweiten Vergleich
stehen deutsche Biotechnologie-Unternehmen jedoch
nicht allein. 2000 waren weltweit lediglich die zehn
größten und weitere 14 börsennotierte Biotech-Unternehmen profitabel. Schätzungen für das Jahr 2005
Anzahl der Nennungen (von 54 Unternehmen),
gehen von ungefähr 50 Unternehmen mit einem positiven
Mehrfachnennungen waren möglich.
Ergebnis aus.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
23
Allgemeiner Stand der deutschen Biotechnologie
Die Akzeptanz
der Biotechnologie
in der deutschen
Öffentlichkeit
Die Haltung zur Biotechnologie und zur Gentechno-
Die Haltung der deutschen Öffentlichkeit
zu biotechnischen Produkten
logie im besonderen hat sich in der Öffentlichkeit im
Laufe der letzten Jahre grundlegend geändert. Während
74 %
bei Lebensmitteln immer noch erhebliche Vorbehalte gegenüber gentechnisch modifizierten Nahrungsmitteln oder
26 %
Ergänzungsstoffen herrschen, gelten biotechnologisch hergestellte Arzneimittel heutzutage als anerkannt. Vollstän-
24 %
dig anerkannt sind inzwischen therapeutische Antikörper und Proteine. Sie werden dabei sowohl als
Ersatztherapie bei Mangelzuständen (wie etwa Insulin bei
76 %
Diabetes) als auch akut bei Krankheitszuständen wie dem
Herzinfarkt und in der Onkologie in Form von Antikörpern
-80
-60
-40
-20
Ablehnung
oder Rezeptormolekülen eingesetzt. In der öffentlichen
Diskussion findet zur Zeit vor allem die Stammzelltherapie
0
20
40
60
80
Befürwortung
Pharma und Medizin
einen Platz und weckt dort große Hoffnungen. Sie ist aller-
Lebensmittel
dings wirtschaftlich noch nicht relevant und bildet nur
Quelle: Kothes Klewes: „Herausforderung Gentechnologie –
einen sehr kleinen Teil der Biotechnologie.
Kooperationsmöglichkeiten von
BiotechnologieUnternehmen und
mittelständischer
Pharmaindustrie
Chancen durch Kommunikation“, 2000
Kooperationen mit der Pharmaindustrie sind für Biotech-Unternehmen eine interessante Finanzierungsmöglichkeit und bringen vor allem Synergien in der Entwicklungs-, der Einführungs- und Vermarktungsphase. Es
verwundert somit nicht, dass die Anzahl strategischer
Allianzen in den letzten Jahren stetig im Wachstum begriffen ist. Gründe für eine Entscheidung zur Kooperation
zwischen Biotechnologie und Pharma sind sehr vielfältig.
Die vier am häufigsten genannten Ziele aus unserer Befragung bei Pharma und Biotech-Unternehmen sind: 1 die
Finanzierung der Entwicklungen von BiotechnologieUnternehmen 1 die Erweiterung des Portfolios bei Pharmaunternehmen 1 der Einkauf von spezifischem Knowhow auf beiden Seiten 1 die Maximierung der Umsätze
und Gewinne auf beiden Seiten.
24
Kooperationen von Pharma- und Biotech-Unternehmen
Kooperationen
von Pharmaund BiotechUnternehmen
Dem klassischen Modell der Kooperation liegt auf
Seiten der Biotechnologie-Unternehmen das Interesse an
Finanzierung und auf Seiten von Pharma das Interesse an
den Rechten an neuen Entwicklungen zugrunde. Somit
kommen Kooperationen letztendlich auch dem Patienten
zugute, dem neue Entwicklungen schneller zur Verfügung
gestellt werden können. Wir gehen davon aus, dass sich
in der nahen Zukunft die Bereinigung der Biotech-Branche
fortsetzen wird und im schlimmsten Fall bis zu ein Drittel
der heute existierenden Unternehmen die nächsten Jahre
nicht übersteht. Allein aufgrund dieser Prognosen werden
Biotech-Unternehmen Kooperationen mit unterschiedlichen Partnern vermehrt anstreben müssen,
wobei wir in dieser Studie besonders auf Kooperationen
mit mittelständischen Pharmaunternehmen abheben. Es
gibt eine Reihe von Gründen, die für und gegen Koopera-
tionen zwischen Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen sprechen. Diese sollen im Folgenden erläutert werden.
Argumente, die für eine Kooperation mit anderen Unternehmen sprechen, sind auf Seiten der pharmazeutischen
Industrie die Gewinnung von Rechten zur Produktinnovation, die Senkung von Kosten für Forschung und Entwicklung, das Füllen der Produktpipeline und der Wettbewerbsdruck. Hingegen werden die anfallenden Kosten sowie die
Übernahme des Risikos als Argumente genannt, die einer Verbindung im Weg stehen. Auf der Seite von Biotechnologie-Unternehmen steht oftmals der Druck zur Finanzmittelgewinnung an erster Stelle bei der Entscheidung zur
Kooperation. Verstärkt wird dies durch den Druck von Investoren, die darin eine Absicherung der Geschäftstätigkeit
junger Start-ups sehen. Auf der anderen Seite wurde in einigen Interviews deutlich, dass Biotechs befürchten, dass
ihre Ideen, vor allem von großen Unternehmen, die vielfältige Partnerschaften eingehen, nicht ausreichend verfolgt
werden oder dass eine Partizipation an der Vermarktung des späteren Produktes nicht akzeptiert wird.
Anzahl strategischer Allianzen in der Pharmaindustrie 1986 – 1998
800
700
712
1997
1998
700
577
600
500
460
428
425
1992
1993
439
400
300
235
248
319
324
1990
1991
269
200
121
100
0
1986
1987
1988
1989
Quelle: PhRMA, 1999
25
1994
1995
1996
Kooperationen von Pharma- und Biotech-Unternehmen
Pro und contra Kooperationen mittelständischer Pharma- und Biotech-Unternehmen
pro
contra
contra
Kooperationen
Kooperationen
Kooperationen
Produktinnovation
Risiko, dass
Übernahme
Füllen der Pipeline
des Risikos
die Umsetzung
des Produktes
Biotech
nicht hinreichend
verfolgt wird
Abgabe von
Erweiterung der Kompetenzen
Pharma
Sicherung des Technologievorsprungs
Finanzierung
Verstärkung der Wettbewerbssituation
Verschiebung von Tätigkeiten
Produktrechten
Verkürzung „time to market“
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
Unbestritten scheint, dass die Kooperation von allen Seiten als notwendiges Werkzeug zur Zukunftssicherung angesehen wird, da viele Synergien genutzt werden können. Unternehmen gehen jedoch in unterschiedlicher
Art und Weise an solche Überlegungen und die anschließenden Verhandlungen heran. Die Entscheidung, welche
Art der Partnerschaft eingegangen werden soll, hängt
von den Ressourcen und der Strategie der Partner ab.
Entscheidende Beweggründe sind: 1 In welchem Umfang wollen und können beide Parteien Kapital einbringen?
1 Mit welchen und wie vielen Risiken ist die Kooperation
Gründe für
Kooperationen
verbunden? 1 Wie tief möchte das Pharmaunternehmen
als Einlizensierer in eine Technologie einsteigen? 1 Wie
viel Know-how möchten Biotech-Unternehmen als Auslizensierer preisgeben? 1 Wie sieht es mit dem geistigen
Eigentum, den Patenten, aus? 1 Soll es sich eher um eine
kurz- oder langlebige Partnerschaft handeln? Vor allem die
Frage des Risikos ist in den letzten Monaten wieder verstärkt in den Vordergrund getreten. Nach einer Reihe von
Fehlschlägen erfolgt die Wahl des Kooperationspartners
heute nach sehr sorgfältiger Überprüfung, und es wird
mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Während langfristige
Allianzen und die Aufnahme von Entwicklungen in den
späteren Phasen der Wertschöpfung einerseits das Risiko
senken, bedingen sie auf der anderen Seite jedoch auch
höhere Investitionssummen.
26
Kooperationen von Pharma- und Biotech-Unternehmen
Kooperationen
als Finanzierungsinstrument
Da die finanziellen Ressourcen sowohl von Unternehmen der mittelständischen Pharmaindustrie als auch von
Biotech-Unternehmen in der Regel knapp sind, bilden
diese einen zentralen Aspekt bei den Kooperationsverhandlungen. Wie in der Abbildung unten dargestellt, durchlaufen Biotechnologie-Unternehmen verschiedene Entwicklungsstufen und sind in diesen auf unterschiedliche
Finanzierungen und Geldgeber angewiesen. In der Frühphase kommen hierfür neben Pre-Seed- oder Seed-Kapital vor allem öffentliche Fördermittel in Frage. Anschließend steigt die Nachfrage nach Venture Capital, Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Business Angels sowie Banken stetig. Während es in den vergangenen Jahren vergleichsweise einfach war, dieses Kapital zu erhalten, führte
der Einbruch an der Börse und der damit in Zusammenhang stehende Verlust großer Geldmengen zu einem Umdenkprozess bei den Investoren. Diese ziehen sich vermehrt aus der High-Tech-Branche und teilweise auch der BiotechBranche zurück und hinterlassen auch heute noch zahlreiche Start-ups mit Schwierigkeiten bei der Finanzierung ihrer
Geschäftstätigkeit. Für viele, auch bereits weiter entwickelte Biotech-Unternehmen, liegt ein Börsengang aufgrund der
schlechten weltwirtschaftlichen Lage und deren Auswirkungen auf die internationalen Börsen momentan fern. Dafür
aber wird vermehrt der Wunsch nach Kooperationen geäußert. Bei Kooperationsverträgen werden verschiedene
Zahlungsmodalitäten unterschieden: 1 einmalige Up-Front-Zahlungen zu Beginn der Partnerschaft 1 Beteiligung an den F & E-Kosten 1 Meilenstein-Zahlungen nach Erfüllung vereinbarter Ziele 1 Bezahlung von Dienst- und
Serviceleistungen („Fee for Service“) 1 Beteiligung an Marketing- und Vertriebskosten (bis hin zur kompletten Übernahme) bzw. Co-Marketing und -Vertrieb 1 Zahlung von Royalties und damit Beteiligung an Umsatz oder Gewinn.
Kapital
Finanzierungsmodelle für Biotechnologie-Unternehmen
Zahlungen an den Auslizensierer
Kosten für den Auslizensierer
Kosten für den Einlizensierer
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
Kosten F & E
Kosten Marketing & Sales
Umsätze
Royalties
Zeit
Meilenstein-Zahlungen
Upfront-Zahlungen
Fee for Service
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
27
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Die Art der Finanzierung hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Rechte am Produkt verteilt sind. So
bestehen beispielsweise gegenüber Auslizensierungsstrategien, bei denen schnell Umsatz generiert werden kann,
Bedenken, dass die Kontrolle über den Entwicklungsprozess für das Biotech-Unternehmen verloren geht. Nach
einer im Jahr 2000 durchgeführten Erhebung von Datamonitor bilden Co-Promotion-Verträge die vielversprechendste
Vertragsart auf Seiten sowohl der Aus- als auch der Einlizensierer. Beide stehen bei diesem Prozess in der Verantwortung, das Produkt zum Erfolg zu führen und werden
erfahrungsgemäß wegen der persönlichen Bindung zur
eigenen Entwicklung einen höheren Einsatz zur Zielerreichung beitragen. Da Co-Promotion-Verträge jedoch für
Biotechnologie-Unternehmen in frühen Entwicklungsphasen
Die Haltung der
mittelständischen
Pharmaindustrie zu
Kooperationen
unrentabel sind, fokussieren sich solche Unternehmen auf
Upfront- und Meilenstein-Zahlungen.
Die derzeit bestehenden Kooperationen können an den
Elementen der Wertschöpfungskette definiert werden.
Pharma- und Biotech-Unternehmen können sich mit
ihrem Wissen hervorragend ergänzen. Während bei
den späten klinischen Phasen sowie in den Bereichen
Produktion, Zulassung und Marketing und Vertrieb die
Stärke von Pharmaunternehmen liegt, sind Biotechs auf
die Wirkstoffentwicklung sowie Auftragsforschung und
-entwicklung spezialisiert. Einen Überblick über die Anzahl
der bestehenden Kooperationen der mittelständischen
Pharmaunternehmen mit Biotechs in den verschiedenen
Entwicklungsstufen gibt die untenstehende Grafik. Bei
Tätigkeitsfelder für
Kooperationen
einer Differenzierung bestehender Kooperationen nach
verschiedenen biotechnologischen Schwerpunkten zeigt
sich, dass heute neben Plattformtechnologien vor allem
rekombinante Proteine, Small Molecular Drugs und Impfstoffe bei der Entwicklung von Therapeutika und Diagnostika in der Pharmaindustrie zum Einsatz kommen.
26 %
(20)
15 %
(12)
22 %
(17)
6%
(5)
31%
(24)
Bestehende Kooperationen
zwischen Biotechnologie- und
mittelständischen Pharmaunternehmen
AuftragsF&E
Präklinik
Klin. Phase I
Klinische
Phase II + III
Produktion
für Biotechs
Marketing
und Vertrieb
Antworten von insgesamt 70 Unternehmen,
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
28
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Die befragten pharmazeutischen Unternehmen bieten Kooperationen vor allem am Ende der Wertschöpfungskette in den Bereichen Produktion sowie
Marketing und Vertrieb an. Des Weiteren werden Auftrags-F & E und klinische Prüfungen von der Präklinik bis
hin zu Studien der Phase III geboten. Auf der anderen Seite
sucht auch ein Großteil der mittelständischen Pharmaunternehmen Marketing- und Vertriebspartner. Es zeigt
sich, dass auch Unternehmen mit Marketing- und Vertriebskompetenz Bedarf an der Erweiterung in neue Marktsegmenten oder Regionen haben. Bei anderen Dienstleistungen wie Auftrags-F & E und den späten klinischen
Phasen werden ebenfalls Kooperationspartner von den
mittelständischen Pharmaunternehmen gesucht. Da Spezialisierungen auf unterschiedliche biotechnologische Disziplinen in pharmazeutischen Unternehmen noch nicht allgegenwärtig zu finden sind, werden Ausrichtungen auf einzelne biotechnologische Forschungsgebiete im Moment
noch selten angeboten. Im Vergleich hierzu ist die Anzahl von Kooperationsgesuchen auf biotechnologischen
Spezialgebieten sehr hoch und zeigt das Interesse an Verbindungen zur Biotechnologie.
Kooperationsgesuche und -angebote der mittelständischen Pharmaindustrie
16
9
Auftrags-F&E
Gesuch
5
4
Präklinik
6
4
10
Klinische
Phase I
5
Klinische
Phase II, III
3
12
Produktion für
Biotech-Firmen
33
11
Marketing
und Vertrieb
Anzahl der Nennungen (von 70 befragten Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Angebot
29
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Kooperationsstrategien
mittelständischer
Pharmaunternehmen
Nach unseren Erhebungen haben fast alle mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen Kooperationen entweder mit Partnern aus den Bereichen
Pharma sowie wissenschaftlichen Instituten bzw. Kliniken
oder auch schon aus der Biotechnologie. Es wird betont,
dass Verträge in der Regel auf Langfristigkeit ausgelegt
sind, da man sich dadurch einen nachhaltigen Erfolg
erhofft. In fast allen unseren Gesprächen war das „Stimmen der Chemie“ neben dem Bestreben nach Langlebig-
keit der Beziehung ein Anliegen unserer Gesprächspartner. Ungefähr die Hälfte der Unternehmen in unserer Studie
verweist auf den Kontakte zu wissenschaftlichen Instituten und Kliniken. Diese sind in den meisten Fällen mit Forschungsaufträgen oder der Abwicklung klinischer Studien beauftragt. Die Erstellung von Prüfplänen für klinische Studien und die notwendigen Zulassungsdokumentationen bis hin zum Produkt werden von den Unternehmen, je nach
Tiefe des Know-hows, unterschiedlich gehandhabt. Während manche Unternehmen diese Aktivitäten komplett an
CROs und Kliniken sowie externe Berater ausgelagert
haben, werden diese bei anderen über eigene Mitarbeiter
abgewickelt. Während sich 14 Prozent der befragten mittelständischen Pharmaunternehmen an der BiotechnoloDerzeitige Kooperationspartner
gie desinteressiert zeigten, gaben 35 Prozent der Unter-
mittelständischer Pharmaunternehmen
nehmen an, sie seien stark daran interessiert. Von den
knapp 300 befragten Unternehmen wurde von der Hälfte
22
Biotechs
der Unternehmen zu dieser Frage keine Antwort gegeben.
41
Pharma
33
Wissenschaftl.
Institute/Kliniken
0
10
20
30
40
50
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 58 Unternehmen),
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
30
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Das Interesse mittelständischer Pharmaunternehmen
an der Biotechnologie
35 %
Interesse an
Biotech
14 %
Kein Interesse
an Biotech
Insgesamt haben sich im Rahmen unserer Befragung 145
Unternehmen zu ihrem Interesse an der Biotechnologie
51%
Keine Antwort
geäußert. 50 Unternehmen davon gaben an, dass sie an
biotechnologischen Themenstellungen sehr interessiert
0
sind, jedoch noch keine Aktivitäten auf dem Gebiet ha-
10
20
30
40
50
60
ben. Hingegen suchen 41 der Unternehmen aktiv KoopeAntworten von 294 Unternehmen,
rationspartner. 29 unterhalten bereits Kooperationen mit
Mehrfachnennungen waren möglich.
Biotechnologie-Unternehmen. Eigene biotechnologische
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Tätigkeiten haben eine Reihe von Unternehmen schon
aufgenommen, davon sind 27 in der Entwicklung und 25
in der Herstellung von Biotech-Produkten tätig. In den
Interviews mit der mittelständischen Pharmaindustrie
wurde prognostiziert, dass der Kontakt zu Biotechs
zukünftig intensiviert und das Netzwerk zwischen
dem Mittelstand und der Biotechnologie weiter ausgebaut werden soll, so dass der Einsatz biotechnologischer Methoden und Verfahren und die Entwicklung von
Biopharmazeutika auch im Mittelstand zunehmen wird. Das zentrale Tätigkeitsfeld der Mittelständler wird unserer Einschätzung nach jedoch weiterhin bei den herkömmlichen Wirkstoffen sein. Biotech-Produkte werden aber zukünftig
einen zunehmend großen Anteil am Portfolio haben. Im Rahmen unserer Studie zeigte sich, dass sich viele der Verantwortlichen in den Pharmaunternehmen noch wenig Gedanken zur Biotechnologie gemacht haben. Einige beobachten die Szene schon intensiver und warten noch auf Erfolgsmeldungen, bevor sie sich entscheiden. Der
Annäherungsprozess hin zur Biotechnologie hat erst begonnen, und man gibt sich vorerst noch zurückhaltend.
Die Kooperationstendenzen mittelständischer Pharmaunternehmen zur Biotechnologie
17
Wir stellen bereits Biotech-Produkte her
19
Wir entwickeln eigene Biotech-Produkte
20
Wir haben bereits Kooperationen
mit Biotech-Unternehmen
28
Wir suchen Kooperationen mit
Biotech-Unternehmen
35
Wir sind am Thema interessiert, haben aber
noch keine Aktivitäten auf diesem Gebiet
0
5
10
15
Prozent der Unternehmen (bei 145 befragten Unternehmen).
20
25
30
35
40
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
31
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Chancen durch Kooperationen für mittelständische Pharmaunternehmen
47
Vertriebspartnerschaft/
Umsatzerhöhung
46
Erschließung neuer Märkte
44
Erweiterung des Portfolios
41
Innovative Präparate/
Lizenznutzung
27
Kompetenzaufbau
24
Zugang/Nutzung
neuer Technologien
21
Erweiterung des
Produktionsvolumens
15
Neue Geschäftsmodelle
und Dienstleistungen
0
5
10
15
20
25
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 70 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
30
35
40
45
50
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Mittelständische Pharmaunternehmen haben häufig Bedarf an der Erweiterung ihrer Vertriebsaktivitäten. Für Unternehmen dieser Größe ist es zumeist schwer, in allen für sie interessanten Märkten eine eigene Vertriebsgruppe zu
unterhalten. Somit ist der Mittelstand vorrangig auf den Ausbau von Vertriebspartnerschaften aus, um hierdurch im Idealfall auch neue, bisher noch nicht bearbeitete Märkte zu erschließen. Mittelständische Unternehmen
sind zudem stark daran interessiert, ihr Portfolio zu erweitern. Dies kann zum einen über eigene innovative Produkte,
zum anderen jedoch auch über die Nutzung von Lizenzen erfolgen. Weniger Unternehmen sind dagegen daran interessiert, sich über Kooperationen neue Kompetenzen aufzubauen oder sich darüber einen Zugang zu neuen Technologien zu verschaffen. Zahlreiche Unternehmen sehen darin auch grundsätzlich keine Notwendigkeit. Sie wollen
diese beiden Aspekte lediglich als Dienstleistung nutzen und nicht im eigenen Haus aufbauen. Dies gilt im besonderen für die Biotechnologie. Während sich ein Teil der Unternehmer noch unentschlossen hinsichtlich der Nutzung
und Anwendung der Biotechnologie zeigt, schmiedet ein
anderer Teil bereits Pläne, mit welchen Partnern und unter
welchen Konditionen Kooperationen möglich sind. Bei
den Gesellschaftern, die sich in der Biotechnologie
Chancen durch
Kooperationen
aktiv zeigen, ist nach eigener Aussage in der Regel
Eigenkapital in ausreichender Menge vorhanden. Die
Auftragsfertigung stellt als klassisches Expertisefeld der
mittelständischen Pharmaunternehmen bisher wie zukünftig ein zentrales Kooperationsfeld dar. Es zeigt sich, dass
mittelständische Unternehmen grundsätzlich für neue
Dienstleistungen oder Partnerschaften offen sind. Mit solchen Verbindungen werden über die Sicherung des Status
quo hinaus eine Verbesserung der derzeitigen Marktpräsenz, die Erschließung neuer Märkte sowie die Erweiterung des Portfolios, gern auch mit Biopharmazeutika,
angestrebt. Der Mittelstand wird sich jedoch nur höchst
selten an Hochrisikogeschäften beteiligen.
32
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Kooperationshürden
Das größte Problem mittelständischer Unternehmen
für Kooperationen stellt die fehlende Übersicht über
potenzielle Partner dar, was zum Fehlschluss führt, es
gäbe auf diesem Gebiet keine geeigneten Partner. Wie wir
in unseren Gesprächen ermitteln konnten, wird die Informationsbeschaffung von den wenigsten Unternehmen
Haltung der mittelständischen Pharmaunternehmen
über Datenbanken verfolgt, da diese Mängel zeigen. Oft-
gegenüber der Vermittlung von Kooperationen
mals sind hierin überbewertete Kompetenzen angegeben,
nur um in Kontakt zu kommen. Weiterhin werden die Daten
Interesse an
Kooperationsvermittlung
70 %
nicht oft genug erneuert, so dass technologische Fortschritte oder die Erreichung eines Meilensteins nicht auftauchen. Aus dieser Erfahrung heraus haben manche
Kein Interesse
an Kooperationsvermittlung
12 %
Unternehmen die Nutzung solcher Datenbanken aufgegeben. Eine Verbesserung dieser Situation wird auch von
den Verbänden angestrebt. Wenig gute Erfahrung haben
18 %
Keine Angaben
mittelständische Unternehmer auch bei der Teilnahme an
Partnering-Veranstaltungen gemacht. Bei diesen fühlten
0
20
40
60
80
sie sich nach eigener Aussage unter anderem gegenüber
den Vertretern pharmazeutischer Großunternehmen (Big
Antworten von 110 Unternehmen.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Pharma) unwohl und wurden von potenziellen Kooperationspartnern nicht ausreichend wahrgenommen. Mit
großem Abstand wird als zweitwichtigster Aspekt, der
Kooperationen im Weg steht, die Finanzsituation genannt. Nur sehr wenige Mittelständler besitzen ausreichend eigene finanzielle Mittel, um Kooperationen einzugehen und nur sehr wenige sind bereit, Risikokapital zu nutzen, da sie
dadurch ihre Eigenständigkeit in Teilen einbüßen müssten. Andere Parameter wie die Patentlage, der Vorsprung des
Wettbewerbs und ein zu hohes Risiko spielen eine untergeordnete Rolle. Zusammengenommen sehen mittelständische Pharmaunternehmen deutlich größere Chancen für Kooperationen als Hürden. Ein Großteil dieser Unternehmen erhofft sich externe Hilfe bei der Identifikation und Vermittlung geeigneter Kooperationspartner und
will dabei gerne auf Vermittlungsangebote zurückgreifen.
Wir werten dies als richtiges Zeichen für die Zukunftssicherung und gehen davon aus, dass durch eine SteigeHürden für mittelständische Pharmaunternehmen
rung der Aktivitäten auch geeignete Partner gefunden
bei Kooperationen mit Biotechs
werden können. Priorität haben muss dabei die Unterstütnach geeigneten Kooperationspartnern bis hin zur Unter-
Potenzielle Partner fehlen/sind
nicht bekannt
zeichnung von Verträgen. Zahlreiche Mittelständler warten
Finanzen
zung beim kompletten Partneringprozess – von der Suche
auf Erfolgsgeschichten von bestehenden Partnerschaften,
34
16
Personal/
Kapazität/
Kompetenzen
bevor sie vor dem Hintergrund eingeschränkter Kapitalfreiheit selbst den Mut zu einem solchen Schritt aufbringen.
12
10
Patentlage
6
Vorsprung der
Konkurrenz
3
Zu hohes Risiko
0
10
20
30
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 56 Unternehmen),
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
33
40
Haltung der Pharmaunternehmen zu Kooperationen
Bevorzugte Kooperationsvertragsformen der mittelständischen Pharmaunternehmen
44
Ein- und Auslizenzierung
33
Beauftragung
(Forschungsaufträge)
32
Operative Kooperation
(Meilensteine)
Patenterwerb
21
Beteiligung
21
20
Joint Venture
3
Fusion
0
5
10
15
20
25
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 72 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
Kooperationsvertragsformen
30
35
40
45
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Ein- und Auslizensierung werden von mittelständischen
Pharmaunternehmen als bevorzugte Art des Kooperationsvertrags angegeben. Sie finden, zusammen mit Meilensteinzahlungen bei Erreichung bestimmter Ziele, auch in
den allermeisten Fällen bei Kooperationsverträgen mit Biotech-Unternehmen Anwendung. Gefolgt werden diese von
Beauftragungen, unter die neben Forschungsaufträgen
auch Vertragswerke mit Lohnherstellern einzuordnen sind.
Patenterwerb, Beteiligungen, Joint Ventures sowie
Fusionen spielen derzeit eine untergeordnete Rolle. Dies
liegt zum einen an begrenzten finanziellen Mitteln, zum
anderen an mit diesen Formen verbundenen organisatorischen und juristischen Komplikationen.
34
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Die Haltung
von BiotechUnternehmen
zu Kooperationen
Die Strategie der Biotechnologie-Unternehmen lässt
sich aus einem Vergleich der derzeitigen Tätigkeit mit dem
geplanten Aufbau eigener Kompetenzen in den einzelnen
Segmenten der Wertschöpfungskette ableiten. Es zeigt
sich, dass Biotechnologie-Unternehmen den Bereich der
Drug Discovery nicht weiter ausbauen, da er bereits hervorragend besetzt ist. Ein eigener Kompetenzaufbau
zeichnet sich hingegen in den Phasen nach dem Stadium der Präklinik ab, was jedoch nicht zu einer Verschiebung
des Schwerpunkts dessen führt, was Biotechnologie-Unternehmen derzeit anbieten.
Vergleich der derzeitigen Tätigkeit mit dem geplanten Aufbau eigener Kompetenz
2
37
Drug
Discovery
12
35
Präklinik
15
20
Klinische
Phase I
12
19
12
Klinische
Phase II
6
Klinische
Phase III
11
10
Zulassung
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 56 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
13
17
Produktion
11
3
Vermarktung
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Geplante
Tätigkeitsfelder
Viele Unternehmen haben die Möglichkeit der Kosteneinsparung durch die Zuhilfenahme externen Wissens und
von Dienstleistungen erkannt und lassen einige Elemente
der Wertschöpfungskette von Kooperationspartnern durchführen. Interesse besteht hier vor allem an Partnern
für die späteren Entwicklungsstufen. Klinische Studien, steigend bis Phase III, stehen besonders im Fokus.
Ebenfalls großen Bedarf zeigen die Unternehmen bei der Zulassung und der Produktion. Vor allem wird die
Suche nach Vertriebspartnern in naher Zukunft eine zentrale Rolle einnehmen.
Vergleich des Tätigkeitsfelds der Biotechs mit dem potenzieller Kooperationspartner
9
37
Drug
Discovery
15
35
Präklinik
22
20
Klinische
Phase I
27
19
37
Klinische
Phase II
6
Klinische
Phase III
30
10
Zulassung
27
17
Produktion
39
3
Vermarktung
Kooperationspartner
Tätigkeitsfeld des eigenen Unternehmens
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 56 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
35
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Auf unsere Frage, zu welchen spezifischen Unternehmen
und Instituten Kooperationen bestehen bzw. zu welchen
solche gebildet werden sollen, erhielten wir ein stark differenziertes Bild: 1 Mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen stehen über 70 Prozent
der von uns befragten Biotechnologie-Unternehmen in
Verbindung und verfolgen dort einen regen Wissensaustausch. 1 Bei Biotech-Biotech-Kooperationen sind als
Partner vor allem solche Unternehmen gefragt, welche
die eigenen Kompetenzen ideal ergänzen. Hier ist zukünftig mit einer gesteigerten Aktivität zu rechnen.
1 Es
besteht ein großer Bedarf bei Dienstleistern sowohl in der
Auftragsforschung als auch bei CROs und Auftragsproduzenten. Gerade klinische Studien werden aus finanziellen
und Know-how-Gründen sehr häufig über oder zusammen mit Pharmafirmen an externe CROs abgegeben. 1 Das
Interesse von Biotech-Unternehmen an Pharmaunternehmen, die eigene Forschung betreiben, ist größer als an solchen, die keine eigene Forschung betreiben. Bei den bestehenden Kooperationen ist die Anzahl der Verbindungen zu Unternehmen aus dem Mittelstand und Big Pharma nahezu gleich groß.
16
4
11
10
10
25
12
11
2
1
Vergleich bestehender und wahrscheinlicher
Kooperationen von Biotech-Unternehmen
mit mittelständischen Pharmaunternehmen
und Big Pharma
derzeitig
zukünftig
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 53
keine
Angabe
besteht
sehr wahrscheinlich
wahrscheinlich
unwahrscheinlich
36
Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Im Vergleich dazu halten erstaunlich viele Biotechnologie-Unternehmen einen zukünftigen Kooperationsvertragsabschluss mit Big Pharma für sehr viel wahrscheinlicher als mit dem Pharmamittelstand. Begründung hierfür ist vor
allem der Wunsch nach großen und finanziell einträglichen Geschäften und weltweit agierenden Vertriebsnetzwerken,
die nach Meinung der Biotechnologie-Unternehmen grundsätzlich eher bei Big Pharma zu finden sind. In fast allen
unseren Interviews wurde jedoch hervorgehoben, dass
auch Vertragsverhandlungen mit dem Mittelstand als vielversprechend bewertet werden. Ein nur marginales Interesse zeigen Biotechs hingegen an Generika-Herstellern.
Die befragten Biotech-Unternehmen rechnen in den
kommenden Jahren verstärkt mit marktreifen Pro-
Die Produktplanung
dukten. Die Unternehmen gehen davon aus, dass sich
die Anzahl derer, die kein Produkt in ihrem Portfolio haben, in den kommenden Jahren drastisch reduzieren wird.
Hingegen steigt die Zahl der Biotechs mit einem oder
mehreren marktreifen Produkten in einem Zeitraum von
drei Jahren deutlich an. Unter diesen werden jedoch nur
wenige, reifere Unternehmen mittelfristig mehr als sechs
marktreife Produkte in ihrem Portfolio zu verzeichnen
haben. Es muss jedoch erwähnt werden, dass zahlreiche
Unternehmen zu dieser Frage keine Zukunftsprognose
abgeben konnten oder wollten. Bei diesen wird es sich
zumeist um reine Dienstleister oder auch Plattformtechnologieanbieter handeln.
Die geplante Anzahl
Marktreife Produkte
heute
in 1– 2 Jahren
in < 3 Jahren
kein Produkt
23
10
3
1 – 5 Produkte
14
21
18
6 – 10 Produkte
1
1
6
> 10 Produkte
1
3
4
keine Angaben
16
20
24
marktreifer Produkte der
teilnehmenden Biotech-Unternehmen
Antworten von 55 Unternehmen,
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
37
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Zukünftige
Zulassungs- und
Vertriebsstrategien
Angestrebte Vertriebsländer
der Biotech-Produkte durch Partner
13
Deutschland
15
übrige EU
17
Nordamerika
Neben dem europäischen ist der US-amerikanische
schen Biotech-Unternehmen. Je reifer das Unternehmen,
Asiatischpazifischer
Raum
desto größer ist der Drang, Arzneimittel am Standort USA
Osteuropa
Markt von entscheidender Bedeutung für die deut-
13
11
zuzulassen. Viele Biotechs versuchen darüber hinaus
auch in der USA persönlich präsent zu sein, und sei es
nur über eine kleine Niederlassung oder ein Büro. Auch
Australien /
Neuseeland
die Vertriebsstrategie der Biotechnologie-Unterneh-
Südamerika
6
9
men wird sich in Zukunft ändern. Während Produkte
heute von vielen Unternehmen in Eigenregie und haupt-
6
Afrika
sächlich in Deutschland vertrieben werden, verlagert sich
die Aktivität zukünftig zu Vertriebspartnern im In- und Aus-
0
5
10
15
20
land. In den Bereichen Zulassung, Vermarktung und VerAnzahl der Nennungen (von insgesamt 53 Unternehmen),
trieb besteht bei Biotech-Unternehmen noch ein großer
Mehrfachnennungen waren möglich.
Mangel an Know-how, der jedoch durch die Zuhilfenahme
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
externer Unterstützung oder durch die Einstellung von
erfahrenem Fachpersonal ausgeglichen werden wird.
Derzeit werden die meisten Biotech-Unternehmen durch
öffentliche Fördermittel, Venture Capital und Business An-
Zukünftige
Finanzierung
gels finanziert. Börsennotiert ist erst eine geringe Anzahl.
Nur bei knapp fünf Prozent der in der Studie befragten
Unternehmen erfolgt die derzeitige Finanzierung über die
eigene Geschäftstätigkeit. Die Biotechs erwarten, dass
der Anteil öffentlicher Fördermittel zukünftig rückläufig sein
wird, der Anteil an Venture Capital oder Kapital von Business Angels hingegen unverändert, und sich das derzeit
zögerliche Verhalten von Kapitalgebern in absehbarer Zeit wieder bessert. Ein starkes Interesse ist für eine
Finanzierung über Börsengänge und vor allem über Kooperationen zu erkennen, wobei Kooperationen mit
Pharmaunternehmen bevorzugt werden. Langfristig besteht häufig der Wunsch, finanzielle Mittel durch einen
Börsengang zu gewinnen, sofern dies der Trend an den internationalen Börsen und Märkten wieder zulässt.
38
27
35
34
18
35
8
28
8
9
Derzeitige und geplante Finanzierung
von Biotech-Unternehmen
derzeitig
zukünftig
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 53
Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
Öffentliche
Förderung
Business
Angels / VC
Kooperationen
Börse /
Aktien
Sonstiges
38
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Chancen durch
Kooperationen mit
mittelständischen
Pharmaunternehmen
Da Biotechnologie-Unternehmen unterschiedlich
weit entwickelt sind, sehen sie die Chancen von Kooperationen differenziert. Ohne Berücksichtigung des jeweiligen Reifegrads haben wir Biotech-Unternehmen befragt,
welche Chancen sie bei einer Kooperation speziell mit mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen sehen.
Die Mehrzahl der befragten Unternehmen (63 Prozent)
sieht es als große Chance an, bei einer Kooperation mit
der mittelständischen Pharmaindustrie von deren Entwick-
Chancen durch Kooperationen
lungskompetenzen zu profitieren, somit Fehler zu vermei33
Entwicklungskompetenz
den und Kosten und Zeit zu sparen. Von vielen BiotechUnternehmen werden auch die Nutzung bestehender
24
Vertriebskanäle
Vertriebskanäle, der Marketing- und Branding-Zugang so-
Marktzugang/
Branding
23
GMP/ GLP
23
wie besonders die Erfahrung in Good Manufacturing Practice (GMP) als Chance bei Kooperationen mit mittelständischen Pharmaunternehmen gewertet. Die Interviews
ergaben jedoch, dass die Öffentlichkeitswirkung von Ver-
Finanzierungsstrategie
18
Netzwerke
18
trägen zwischen Biotech-Unternehmen und der mittelständischen pharmazeutischen Industrie meist geringer bewertet wird als dies bei Vertragsabschlüssen mit Big
Pharma der Fall ist. Hieraus resultiert, dass insbesondere
an der Börse notierte Biotech-Unternehmen eher Kontakte
15
Produktionskapazität
zu Big Pharma suchen, wenn es nicht speziell um das
Bedienen einer vom Mittelstand besetzten Nische geht.
3
Sonstige
Relativ häufig werden auch Finanzmittel, Netzwerke und
Produktionskapazitäten als Chancen bei Kooperatio-
2
Keine
nen mit dem Mittelstand gesehen. Jedoch gaben auch
0
10
20
30
40
zwei der von uns kontaktierten Biotech-Unternehmen an,
sie könnten überhaupt keine Chance bei einer Kooperation
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 52 Unternehmen),
mit mittelständischen Pharmaunternehmen erkennen.
Mehrfachnennungen waren möglich.
Als Hauptgrund von Biotechs, nicht auf Unternehmen der
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
mittelständischen pharmazeutischen Industrie zuzugehen,
wurde zumeist die Handhabung finanzieller Mittel gesehen.
Fehlende Finanzen des Mittelstands werden aus der
Sicht von 40 Prozent der an der Studie beteiligten Biotech-Unternehmen als größter Hinderungsgrund für
eine Kooperation angegeben. Vergleicht man diese Aussagen mit den in der Grafik dargestellten knapp 35 Prozent
der Biotechs, die gerade in Kooperationen mit der mittelständischen Pharmaindustrie eine Chance für die Finanzierung sehen, so muss man davon ausgehen, dass diese
Aussagen häufig die unterschiedlichen Erfahrungen wider-
Kooperationshürden
aus Sicht der
Biotech-Unternehmen
spiegeln, die von den Biotechnologie-Unternehmen mit der
Pharmaindustrie gemacht wurden. Wenn keine eigenen
positiven oder negativen Erfahrungen vorliegen, kann diese
Differenz darin begründet sein, dass der Begriff „Mittelständische Pharmandustrie“ unterschiedlich besetzt ist
oder dass unterschiedliche Vorstellungen über die dem
Mittelstand zur Verfügung stehenden Finanzmittel bestehen.
39
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Hürden bei der Kooperation mit dem Mittelstand
21
Fehlende
Finanzmittel
Desinteresse
von Pharma
14
Innovationsdefizit
14
Biotech / Biotech
interessanter
13
Portfolio
passt nicht
13
5
Sonstiges
3
Technologieverlust
1
Fehlender
Nutzen
Auch bei unseren Interviews mit dem Mittelstand konn0
5
10
15
20
25
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 46 Unternehmen),
ten wir diese Diskrepanz feststellen. Ein Teil der mittelständischen Pharmaunternehmen sieht grundsätzlich
Mehrfachnennungen waren möglich.
keine Möglichkeit zur finanziellen Beteiligung an Biotech-
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Unternehmen, für andere hingegen sind Finanzen „kein
Problem“. Insgesamt gab jedoch knapp ein Drittel aller Biotechnologie-Unternehmen an, dass seitens des Pharmamittelstands eher Desinteresse an Kooperationen bestehe.
In unseren Interviews beim Pharmamittelstand wurde die-
ser Aspekt weiter vertieft, und es stellte sich heraus, dass oftmals der „Generationsunterschied“ und die unterschiedliche Unternehmenskultur beider Seiten ein schwer zu überwindendes Problem darstellen. Häufig wird einfach
keine gemeinsame Gesprächsbasis gefunden, und vielfach liegt auch nicht gleich ein passendes Tätigkeitsfeld beim
Pharmamittelstand vor. So wird es leicht verständlich, dass Biotech-Biotech-Kooperationen oftmals interessanter
scheinen und im Zweifelsfall bevorzugt werden. Wir konnten feststellen, dass bei zahlreichen Biotechs Informationsbedarf über den Pharmamittelstand besteht, der nicht nur
in einer verständlicheren Definition des Mittelstandsbe-
Hilfestellungen
für das Finden
geeigneter Partner
griffs mündet, sondern auch das Potenzial dieser Branche
besser und klarer aufzeigt. Den Biotech-Unternehmen
fehlt häufig der Überblick über kooperationsbereite
Unternehmen, die für sie relevant sind. Ebenso fehlt
Transparenz über die Marktteilnehmer im mittelständischen
Pharmasektor. Hinzu kommen Erfahrungsdefizite: Ein Fünftel aller Befragten gaben im Rahmen der Studie an, sie
hätten keine ausreichende Kenntnis der aktuellen Kooperationsmodelle bzw. brauchen Hilfestellung bei der Vertragsgestaltung. Unsere Befragungen haben ergeben, dass sich
zahlreiche Biotechs eher auf eine zufällige Zusammenkunft mit potenziellen Partnern verlassen als mit einer zielgerichteten Strategie auf diese zuzugehen. Sie sind an
konkreter Unterstützung bei der Partneridentifizierung und
dem Aufbau von Netzwerken weniger interessiert. Auch
Partnering-Veranstaltungen werden weniger genutzt.
40
Haltung der Biotech-Unternehmen zu Kooperationen
Bedürfnisse der Biotech-Unternehmen zur Findung von Kooperationspartnern
29
Informationen über kooperationsbereite Unternehmen
22
Transparenz über Marktteilnehmer
im mittelständischen Pharmasektor
12
Kenntnis aktueller
Kooperationsmodelle
10
Hilfen zur Vertragsgestaltung
8
Konkrete Unterstützung bei der
Partneridentifizierung
7
Aufbau von Netzwerken
6
Partnering-Veranstaltungen
1
Sonstige
0
5
10
15
20
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 41 Unternehmen), Mehrfachnennungen waren möglich.
25
30
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
Neben den Kooperationsverträgen im weitesten Sinne, die 87 Prozent der befragten Biotech-Unternehmen als von
ihnen bevorzugte Kooperationsform angeben, tendieren 54 Prozent zu einem Dienstleistungsvertrag und 35 Prozent
zu einem Joint-Venture-Abkommen. Beteiligungen am eigenen Unternehmen wollen 21 Prozent der BiotechnologieUnternehmen gewähren, an Beteiligungen an einem anderen Unternehmen sind 14 Prozent interessiert. Bei diesen
handelt es sich in aller Regel um reifere BiotechnologieUnternehmen, die sich bereits ein sicheres finanzielles
Polster erarbeiten konnten oder über externes Kapital
abgesichert sind. Unternehmensaufkäufe oder Fusionen
Präferierte Kooperationsformen der Biotech-Unternehmen
sind hingegen selten.
45
Kooperationsvertrag
28
Dienstleistungsvertrag
18
Joint Venture
Bevorzugte
Vertragsformen
11
Beteiligung am eigenen Unternehmen
7
Beteiligung am anderen Unternehmen
5
Unternehmenskauf
4
Fusion
2
Sonstige
0
10
20
30
40
Anzahl der Nennungen (von insgesamt 44 Unternehmen),
Mehrfachnennungen waren möglich.
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
41
50
Ausblick
Ausblick
auf zukünftige
Kooperationsaktivitäten
Die Biotechnologie gilt als Schlüsseltechnologie für die
Zukunft der Pharmaindustrie. Gerade der hohe Spezialisierungsgrad und die Innovationskraft machen die jungen
Biotechnologie-Unternehmen zu attraktiven Partnern für die
Pharmaindustrie, zum einen für neue Ansätze in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung und Entwicklung, zum anderen bei der Herstellung von Biopharmazeutika. Der Marktanteil der Biopharmazeutika von derzeit
sechs bis zehn Prozent wird in den kommenden Jah ren
weiter zunehmen und durch neue Therapien aus der biomedizinischen Forschung ergänzt werden. Deutschland
bildet dabei weltweit nicht nur einen interessanten Markt,
sondern stellt international auch den zweitwichtigsten Produktionsstandort für Biopharmaka nach den USA dar. Biopharmazeutika werden spezifische und erfolgreiche Therapieformen bei der Behandlung bestimmter Krankheiten
liefern. Im Zuge des Disease-Management-Ansatzes werden Diagnostik und Therapie eine Einheit bilden und ein
individualisierter Therapieansatz möglich. Hier liegen gerade auch für die mittelständische Pharmaindustrie
Chancen, sich stärker zu beteiligen und von der
Bündelung unterschiedlicher Kompetenzen im Rahmen einer Kooperation zu profitieren. Mittelständische
Unternehmen können in Kooperation mit jungen Biotechnologie-Unternehmen neue Produkte in einer für Big Pharma
uninteressanten Nische entwickeln oder auf solche Wirkstoffe zurückgreifen, die bei Big Pharma nicht das Potenzial
zum Blockbuster zeigen konnten. Für Patientengruppen mit spezifischer genetischer Prädisposition können so
genannte maßgeschneiderte Therapien ein zukünftiges Standbein für kleinere und mittlere Pharmaunternehmen bilden. Vielleicht lässt sich zur Stärkung des Mittelstands in dieser Frage eine Regelung ähnlich der europäischen
Orphan-Drug-Regelung durchsetzen, die bestimmte Hilfestellungen bei Beratung und Finanzierung für KMUs sowie
Regelungen zum Unterlagenschutz bzw. Alleinvermarktungsmöglichkeiten vorsieht.
Know-how-Austausch im Rahmen von Kooperationen
Klinische Studien
Innovative Ideen
Finanzen
Lizenzen
Zulassung
Pharma
Biotechs
Produktion
Patente
Marketing
Technologie
Vertrieb
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
42
Ausblick
Nutzung von
Synergie-Effekten
Werden alle mit einer Kooperation zwischen Biotech und
Pharma in Verbindung zu bringenden Chancen und Risiken gegenüber gestellt, so überwiegen auf beiden Seiten
die Chancen einer solchen Verbindung. Eine klare Strategie
und eine eindeutige Aufgabenverteilung zwischen den
Partnern sind grundlegende Züge, um einen wirtschaftlichen Erfolg für beide Seiten zu erreichen. Wir fassen
daher noch einmal alle Punkte zusammen, die wir bei der
Auswahl eines Kooperationspartners als wichtig erachten.
Erfolgreichen Kooperationen zwischen Pharma- und
Biotech-Unternehmen liegt ein umfangreiches, gegenseitiges Vertrauensverhältnis zugrunde, im Rahmen dessen unterschiedliche Kompetenzen vereint werden, um ein Produkt schnellstmöglich und in höchster
Qualität auf den Markt zu bringen. Während sich große
pharmazeutische Unternehmen eine breitere Partnerauswahl erlauben, bedingen die oftmals zu Recht beim Mittelstand vorzufindenden Investitions- und Risikobedenken
eine äußerst sensible Auswahl des Kooperationspartners.
Trotz aller Biotech-Euphorie auch in Deutschland ist
bei mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen noch immer Zurückhaltung gegenüber den
neuen biotechnologischen Entwicklungen zu erkennen. Meist profitiert der Mittelstand ausreichend von seinen bewährten erfolgreichen Produkten, die er zum Nutzen der Patienten weiter verbessert und erweitert. Da-
neben gilt es jedoch, die neuen Entwicklungen, insbesondere der Biotechnologie, aufmerksam zu verfolgen. Eher
selten wird in Erwägung gezogen, selbst auf dem Feld Biotechnologie aktiv zu werden. „Biotechnologie ist die
Zukunft der Pharmabranche!“ lautet jedoch das Urteil einiger mittelständischer Unternehmer, die erkannt haben, dass
es sich lohnt, zumindest einen Teil des Budgets in neuartige Biotech-Entwicklungen zu investieren. Aussagen mittelständischer Unternehmer wie „Es ist notwendig,
innovative Produkte aus der Biotechnologie zu
besitzen, um zukünftig erfolgreich am Markt zu sein“
Finanzierung
zeigen, dass ein Umdenkprozess begonnen hat. Zwar
stehen den mittelständischen Unternehmen insgesamt weniger Ressourcen zur Verfügung als dies bei Big Pharma
der Fall ist, grundsätzlich ist der Mittelstand jedoch nicht
durch Finanzknappheit gekennzeichnet. Es gibt eine Reihe
von Unternehmen, deren Finanzen Investitionen in Innovationen erlauben. Im Allgemeinen werden von mittelständischen Unternehmen durch Venture-Capital-Gesellschaften
angetragene Ressourcen selten in Anspruch genommen,
da deren strategische Vorstellungen grundlegend von
denen familiengeführter Unternehmen abweichen. Da die
Aufnahme von Eigenkapital jedoch grundsätzlich auch bei
Kooperationen eine interessante Option auf einem Weg
hin zur Innovation sein kann, sollte dieser Ansatz ernsthaft
geprüft werden.
43
Ausblick
Zulassungen
In der pharmazeutischen Industrie und gerade auch
bei mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen sind viel Know-how und Erfahrung im Bereich
der Arzneimittelzulassung vorhanden. Da mittelständische Unternehmen bisher überwiegend nationale Zulassungen anstreben und weniger Erfahrung mit dem zentralen
Verfahren in der EU und vor allem auch mit Zulassungen in
den USA haben, sehen viele Biotech-Unternehmen in
ihnen nicht die idealen Partner. Nach unserer Einschätzung in Folge der Unternehmensinterviews können aber
Vermarktung
und Vertrieb
forschende mittelständische Pharmaunternehmen für die
gemeinsame Produktentwicklung mit BiotechnologieUnternehmen durchaus geeignete Partner sein. Die mittelständische Pharmaindustrie weist zumeist gute
Vertriebsnetze über eigene Außendienste und Distributoren in ausgewählten Regionen auf. Für den welt-
weiten Vertrieb ist das einzelne mittelständische Unternehmen gegenüber Big Pharma als Vertriebspartner für Biotechs
unterlegen. Jedoch ist häufig ein schrittweises Vorgehen bei der Eroberung der Märkte angebracht, wobei Partnerschaften selbst mit mehreren mittelständischen Unternehmen aufgrund der kürzeren Entscheidungswege sogar
schneller zum Ziel führen können. Natürlich muss auch der Mittelstand vermehrt bislang als Marktgrenzen verstandene
Landesgrenzen überschreiten und seinen Stand im internationalen Wettbewerb verbessern. Mittelständische Unternehmer haben die durchaus begründete Sorge, die Eigen-
Risikoverhalten
ständigkeit durch Kooperationen oder externe Finanzierung
einzubüßen oder gar zu verlieren. Auch vermeiden sie
möglichst Beteiligungen an biotechnologischen Entwicklungen in frühen Entwicklungsstadien, um kein hohes Risiko in Kauf zu nehmen. Eine solche Vorgehensweise ist
immer gut abzuwägen, da das Aufgreifen ausgereifter
Entwicklungen in späteren Entwicklungsphasen wesentlich kostenintensiver ist. Biotechnologische Unternehmen
bewerten das Verhandlungsklima und den Willen zur Ko-
Verhandlungsklima
operation bei mittelständischen pharmazeutischen Unternehmen zumeist als sehr gut. Es wurde immer wieder
positiv angemerkt, dass eine große Flexibilität gegeben
sei. Gerade für Biotechs mit innovativen Produktideen für Nischenmärkte kann es außerordentlich
erfolgreich sein, das Gespräch mit mittelständischen Unternehmen zu suchen, da hier die Entscheidungsfreudigkeit und die Flexibilität in den Verhandlungsrunden besser bewertet werden als bei den großen,
global agierenden Pharmaunternehmen.
44
Vision
Unsere Vision
Sowohl bei Unternehmen des pharmazeutischen Mittelstands als auch bei Biotechnologie-Unternehmen
ist die Bereitschaft zu Kooperationen vorhanden. Ziel
solcher Kooperationen muss es sein, die medizinische
Versorgung von Patienten mit Hilfe der Biotechnologie zu
verbessern, das heißt Krankheiten sowie deren Ursachen
zu erkennen, diese wirksam und sicher zu therapieren
oder gar durch eine bessere Prävention zu vermeiden.
Gerade auch für Unternehmen des pharmazeutischen Mittelstands bieten sich durch die neuen Impulse aus der
Biotechnologie hervorragende Chancen. Sie können ihre
Geschäftstätigkeit beispielsweise in ausgewählten Indikationsgebieten und bei zukünftigen maßgeschneiderten
Therapien wie auch im Zuge der Desintegration der Wertschöpfungskette ausbauen. Obwohl diese Gedanken sowohl bei der Mehrzahl der Biotechnologie-Unternehmen
als auch bei einem beachtlichen Teil der mittelständischen
Pharmaunternehmen vorhanden sind, ist das Streben
nach Kooperationen bei beiden Gruppen bisher noch in
unterschiedlichem Maße ausgeprägt: Biotechnologie-
Unternehmen haben ein ausgeprägtes Interesse an der Bindung mit anderen Unternehmen, um aus den
eigenen Ideen Produkte zu entwickeln und damit die Unternehmensentwicklung zu sichern. Unternehmen des pharmazeutischen Mittelstands hingegen können aufgrund ihrer strategischen Orientierung und ihrer finanziellen Ausgangssituation in mindestens zwei Gruppen untergeteilt werden: 1 Die kleinere Gruppe der mittelständischen Unternehmen ist bereits hochmotiviert, biotechnologische Entwicklungen bei sich aufzunehmen. 1 Der anderen, etwas
größeren Gruppe von Unternehmen sind solche Überlegungen noch eher fern. Insgesamt heißt das aber, dass Möglichkeiten bestehen, die Kooperationsaktivitäten zwischen der mittelständischen Pharmaindustrie und Biotech-Unternehmen zu forcieren und zum Erfolg zu bringen.
Das virtuelle Netzwerk zur Wirkstoffentwicklung und -vermarktung
Drug
Discovery
Präklinik
Klinische
Phase I
Klinische
Phase II + III
Zulassung
Produktion
Biotechs
Mittelständische Pharmaunternehmen
CMOs/Produktionspartner
CROs
andere Dienstleister
Pharmazeutische Großunternehmen
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young und BPI, 2002
45
Vermarktung
Vision
Dafür müssen zukünftig die Unternehmen der mittelständischen pharmazeutischen Industrie ihre umfangreiche
Kompetenz den Biotechnologie-Unternehmen aktiver
anbieten und gezielt nach Kooperationen suchen. Als
Zukunftsfelder für die mittelständische Pharmaindustrie in
Zusammenarbeit mit der Biotech-Industrie können die folgenden Bereiche angesehen werden: 1 Mittelständische
Pharmaunternehmen können die Erkenntnisse aus der
Genomforschung nutzen, um individuell auf Patientengruppen mit bestimmter genetischer Prädisposition zuzugehen und diesen maßgeschneiderte Arzneimittel zur Verfügung zu stellen. Hierbei können sie gegebenenfalls auch
auf Wirkstoffentwicklungen von Big Pharma zurückgreifen,
die nicht das Potenzial zum Blockbuster haben. 1 Mittelständische pharmazeutische Unternehmen können sowohl ihre Produktionskompetenz besser nutzen als auch
andere Unternehmen im GMP- und Good-Laboratory-Practice-Bereich (GLP) unterstützen. Hierbei stehen neben der
eigenen Lohnherstellung unter GMP-Bedingungen als Dienstleistungsangebot auch die Auswahl anderer qualifizierter
Lohnhersteller im Vordergrund. Weiterhin könnten die Unternehmen auf ihre Erfahrung bei der Durchführung von
Audits und Inspektionen, bei der Erstellung von Handbüchern sowie bei der Auswahl von Labors zur Durchführung
analytischer Prüfungen und Stabilitätstests zurückgreifen und diese bei anderen Unternehmen vermarkten. 1 Sie
könnten weiterhin ihr Angebot an Dienstleistungen vergrößern. Hierunter fallen neben der Lohnauftragsfertigung
und der Durchführung spezifischer Analysetätigkeiten
auch das Management von Outsourcing-Aktivitäten, die
Unterstützung bei der Planung von Projekten, die Erstellung von Dokumenten für die Zulassung sowie Trainings in
unterschiedlichen Bereichen. 1 Die Unternehmen des
pharmazeutischen Mittelstands müssten Strategien zur
verstärkten Erschließung internationaler Märkte entwickeln. Sie könnten dies beispielsweise tun, indem sie
eine überwachende und leitende Funktion einnehmen und
bestehende Vertriebskanäle verschiedener Unternehmen
in unterschiedlichen Ländern nutzen und diesen Distributionsweg in Folge auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. 1 Des Weiteren könnten mittelständische
Pharmaunternehmen die Etablierung von Kompetenzzentren für die internationale Zulassung und insbesondere
für den US-Markt fördern, um einerseits das eigene Knowhow in diesem Bereich zu fördern und dieses Wissen
andererseits weiter zu vermarkten. Im Zuge der neuen
Tätigkeitsfelder werden aus unserer Sicht mittelfristig neue Modelle der Zusammenarbeit entwickelt
werden müssen, die verschiedene Unternehmen in
Form eines virtuellen Unternehmens in Partnerstruktur zusammenfügen und eine Entwicklung des daraus
generierten Produkts von der Idee bis zum Markteintritt begleiten.
46
Vision
Die potenziell mögliche Koordinationsfunktion
mittelständischer Pharmaunternehmen
in einem virtuellen Unternehmens-Netzwerk
In diesem Modell siedeln wir Biotechnologie-Unternehmen in den ersten Segmente der Wertschöpfungskette an, wo sie, wie bislang, Zielmoleküle und
Wirkstoffe identifizieren, validieren und optimieren. Die
ersten Phasen der klinischen Prüfung werden im Folgenden hauptsächlich über CROs, CMOs und andere Dienstleister abgewickelt, die in Abhängigkeit vom internen
Know-how auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene auch Teile der Zulassung, der Produktion und
Unternehmen der
mittelständischen
Pharmaindustrie
des Vertriebs abwickeln können. Mit Beginn der klinischen
Phasen ist das Know-how der pharmazeutischen Unternehmen notwendig. Hierbei unterscheiden wir vor allem in
Hinsicht auf die globale Orientierung zwischen mittelständischen Unternehmen und Big Pharma. Während die mittelständische pharmazeutische Industrie bei nationalen
oder europäischen Zulassungen ein geeigneter Partner
sein wird, laufen globale Zulassungsverfahren hauptsächlich über große Pharmaunternehmen. Diese haben im Ver-
Biotechnologie-Unternehmen
gleich zu mittelständischen Unternehmen mehr Know-how
CROs
bei internationalen klinischen Studien sowie bei der welt-
CMOs/Produktionspartner
weiten Produktvermarktung. Im Zuge der Produktentwick-
Nationale und internationale Partner für die Zulassung
lung in solchen virtuellen Unternehmen gilt es, die interna-
Nationale und internationale Vertriebspartner
tional etablierten Netzwerke aller Partner zu nutzen, die in
Quelle: Cap Gemini Ernst & Young, 2002
unterschiedlichen Phasen des Entwicklungsprozesses
integriert werden können. Mit seinen vielen Partnern,
die sich in den verschiedenen Regionen der Welt
befinden können, benötigt dieses Modell eine zentrale Koordinationsstelle. Hierin sehen wir eine Chance
für Unternehmen der mittelständischen pharmazeuti-
schen Industrie. Sie haben das Know-how bzw. können es so weit entwickeln, dass sie eine Managementaufgabe
dieser Art übernehmen können und weltweit Kontakte, auch zu ausländischen mittelständischen Unternehmen, knüpfen und so an allen Segmenten der Wertschöpfungskette partizipieren. Pharmazeutische Unternehmen des Mittelstands haben also die Chance, in diesem virtuellen Unternehmen bestimmte Wertschöpfungsstufen selbst
abzudecken und, ausschließlich oder zusätzlich, die koordinierende Managementfunktion zu übernehmen.
Mit ihrem großen Know-how und den vielfältigen Erfahrungen im komplexen, streng regulierten Prozess der Arzneimittelentwicklung sind sie optimal befähigt, den zentralen Anlaufpunkt für Unternehmen der Biotechnologie, Dienstleister
sowie andere Pharmaunternehmen und Vertriebspartner im In- und Ausland zu bilden. Damit sind sie Knotenpunkt
des entstandenen virtuellen Gesamtunternehmens,
bei dem das Risiko breit gestreut sein wird und sorgen für
einen reibungslosen Ablauf. Für alle beteiligten Unternehmen, jedoch vor allem für die zentral koordinierende Stelle,
wird dies einen erheblichen Managementaufwand bedeuten. Zudem bedingt eine solche grundlegende Veränderung
der Geschäftsstrategie einen entscheidenden Umdenkprozess bei allen beteiligten Partnern, ganz besonders aber
bei den mittelständischen Unternehmen. Aufgrund der
Erfahrung des Mittelstands kann dieser Aufwand gerade
von diesem erbracht werden und so dazu führen, dass die
wirtschaftliche Stellung des gesamten deutschen Pharmamittelstands langfristig wieder gestärkt wird.
47
Nachwort
Nachwort
Für die Zukunft setzt die pharmazeutische Industrie große
Hoffnungen auf die neuen Erkenntnisse aus den Biowissenschaften, die dazu beitragen, F & E-Produktivität zu
steigern, Entwicklungszeiten zu reduzieren und vor allem
Patienten bessere Therapien zur Verfügung zu stellen. In
Anbetracht des steigenden Drucks von Wettbewerb, Markt
und Wissenschaft wird in der gesamten pharmazeutischen
Industrie zunehmend eine Fokussierung auf ausgewählte
therapeutische Nischen und/oder Wertschöpfungssegmente erfolgen, verbunden mit einem verstärkten Aufbau
von Kooperationen und Netzwerken. Die Ergebnisse der
vorliegenden Studie zeigen, dass dieser Prozess der Netzwerkbildung im Zuge der Desintegration der Wertschöpfungskette besonders auch dem pharmazeutischen Mittelstand und den jungen Biotechnologie-Unternehmen neue
Herausforderungen, aber auch neue Chancen bietet. Der
BPI hat sich zum Ziel gesetzt, die Unternehmen
dabei zu unterstützen, diese Herausforderungen anzunehmen und Wege für eine erfolgreiche Zukunft zu
finden. Wir bieten sowohl jungen Biotechnologie-Unternehmen, die im Bereich der Biomedizin tätig sind, als auch
den etablierten pharmazeutischen Unternehmen eine ideale Kommunikationsplattform, um bedarfsgerechtes Knowhow bei der Entwicklung von Arzneimitteln und Therapien
einerseits und der Entwicklung zukunftsfähiger Unternehmensstrategien andererseits aufzubauen. Der BPI setzt
sich zusammen mit seinen Mitgliedsunternehmen für entsprechende Rahmenbedingungen ein, damit sich die junge
Biotechbranche und der etablierte pharmazeutische Mittelstand erfolgreich entwickeln können. Cap Gemini Ernst &
Young ist eine der weltweit größten Gesellschaften für Management- und IT-Beratung sowie die größte Unternehmensberatung europäischen Ursprungs. Als eines der zentralen Geschäftsfelder berät Cap Gemini Ernst & Young
seit Jahren erfolgreich sowohl mittelständische als auch große Pharmaunternehmen in allen Elementen der
Wertschöpfungskette – von der Forschung bis zur Vermarktung. Das Biotech-Team von Cap Gemini Ernst & Young
steht der deutschen Biotechnologie seit 1994 mit einem spezialisierten Team als Partner zur Seite – bei allen Fragen
von der Gründung bis zur Marktführerschaft. Dieses Wissen stellt Cap Gemini Ernst & Young in den Dienst aller
Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen, um diese dabei zu unterstützen, ihre Strategie und Organisation auf die
Bewältigung der Herausforderungen hin auszurichten und dadurch ihre Marktposition weiter zu stärken.
Dr. Gudrun Tiedemann
Dr. Bernd Wegener
Ingo Köhler
Geschäftsführerin Biotechnologie
Vorstandsvorsitzender
Vice President
Bundesverband der
Bundesverband der
Cap Gemini Ernst & Young
Pharmazeutischen Industrie e.V.
Pharmazeutischen Industrie e.V.
Deutschland GmbH
48
Quellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
Biotech 2001, Burrill & Company, 2001
Creating win-win biotechnology and pharma deals,
Datamonitor, 2000
Einfluss der Biotechnologie auf
das Innovationssystem der pharmazeutischen Industrie,
Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und
Innovationsforschung ( ISI ), Karlsruhe, 2001
Gründerzeit, Ernst & Young, 2000
Innovationen im pharmazeutischen Mittelstand,
Prof. Dr. Frank E. Münnich, BPI und IMS Health, 2001
Integration, Ernst & Young, 2001
Neue Chancen, Ernst & Young, 2001
New Medicines in Development Biotechnology,
PhRMA 2000
Pharma Daten 2001, BPI, 2001
Trends in der Biotechnologie, Bain & Company, 2001
49
Danksagung, Impressum
Danksagung
Ein besonderer Dank geht an die zahlreichen Vertreter aus
Unternehmen des pharmazeutischen Mittelstands und der
Biotechnologie. Sie unterstützten diesen Report durch die
Beantwortung unserer Fragebögen und indem Sie uns in
vertiefenden Interviews ihre Haltung zu Kooperationen zwischen der mittelständischen Pharmaindustrie und der Biotechnologie ausführlich darstellten.
Herausgeber:
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.
und Cap Gemini Ernst & Young Deutschland GmbH
BPI e.V.
Cap Gemini Ernst & Young
Autoren:
Konzeption, Gestaltung:
Geschäftsbereich
Deutschland GmbH
Marlies Helmdach, BPI
amani.berlin
Biotechnologie
Life Sciences/Biotech
Ingo Köhler, CGE&Y
Grafiken:
Robert-Koch-Platz 4
Ingersheimer Straße 18
Dr. Simone Sebastian, CGE&Y
amani.berlin, metze/f:50
10115 Berlin
70499 Stuttgart
Dr. Gudrun Tiedemann, BPI
Lektorat:
Tel.: 030/2 79 09-160
Tel.: 0711/50 50 52 62
Stefan Gerhard
Fax: 030/2 79 09-360
Fax: 0711/50 50 59 60
Lithographie:
www.bpi.de
www.cgey.com
purpur.berlin
Druck:
Industriedruck Dresden
Mai 2002
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