Die Ulmer Patrizier

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Die Ulmer Patrizier
Schule und Archiv – Ulmer Geschichte im Netz
Die Ulmer Patrizier
Das Ulmer Patriziat bildete in der ständisch gegliederten Einwohnerschaft der Reichsstadt die
politisch und gesellschaftlich führende Oberschicht. Die Patrizier lebten überwiegend von
ihren Grundherrschaften und Einkünften aus Besitzrechten. Sie pflegten einen dem Adel
nachempfundenen Lebensstil – wie es etwa die Prunkschlittenfahrt in der Frauenstraße im
Jahre 1731 in der Gouache von Johann Jacob Merckh dokumentiert –, achteten auf ihre
Standesprivilegien, bildeten eine eigene Gesellschaft, die Obere Stubengesellschaft, und
hatten in der Oberen Stube am Marktplatz (heute Neue Straße 85) ihr eigenes
Gesellschaftshaus.
Die Anzahl der Ulmer Patrizier verminderte sich im Lauf der Jahrhunderte kontinuierlich:
1552 bestätigt Kaiser Karl V. 17 Ulmer Patrizierfamilien den erblichen Adel, darunter
beispielsweise die Geschlechter Besserer, Neithardt, Krafft, Ehinger, Schad und Baldinger;
1679 sind es noch 11 Ulmer Patrizierfamilien und gegen Ende der Reichsstadtzeit schwankt
die Zahl zwischen 9 und 12 Familien. Der Aufstieg über die Standesgrenzen hinweg ins
Ulmer Patriziat gelang nur wenigen Familien.
Die Patrizier, in den Schwörbriefen von 1345 und 1397 als „burger“ oder präziser als „burger,
die niht der antwerke noch der zunfften sind“ bezeichnet, besaßen das volle Bürgerrecht,
damit auch das aktive und passive Wahlrecht. Sie hatten zunächst im Stadtregiment die
alleinige politische Macht, mussten dann in den Verfassungen von 1345 und 1397, wo sie im
Rat numerisch in der Minderheit waren, die Stadtherrschaft mit den Zünften teilen, und
stellten in der wiederum aristokratisch bestimmten Verfassung von 1558 die Mehrheit im
reichstädtischen Rat. Einzelne Ämter waren allein den Patriziern vorbehalten, darunter u. a.
das Bürgermeisteramt, das durch die gesamte reichsstädtische Zeit immer von einem Mitglied
des Patriziats wahrgenommen wurde.
Ulmer Museum, Prunkschlittenfahrt des Ulmer Patriziats
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