Einfach mal die Sau rauslassen – das ging nicht!

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Einfach mal die Sau rauslassen – das ging nicht!
YOUNG CLASSICS
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SPECIAL
Interview zum 1.000 Carrera-Cup-Rennen
1992er 964 Carrera
weltweit
RS
Feucht-fröhliche Feierstunde (von links): Olaf Manthey, Jürgen
von Gartzen, Wolfgang Land
35-jähriger Porsche-Novize mit
Zwirbelbart: Manthey vor dem
Cup-Auftakt 1990 in Zolder/B
Chaos im "Castrol-S": Olaf
Manthey beim Heimspiel auf
dem Nürburgring in Führung
Farbspiele: Während der Cup-Saison 1990 wechselte Manthey dreimal den Einsatzwagen
1990 debütierte auf Deutschlands Rennstrecken der Porsche Carrera Cup. Von Herbert Linge
erdacht und geleitet, löste der Markenpokal den vier Jahre zuvor installierten 944 turbo Cup
ab. Am Pfingstsonntag ist auf dem Lausitzring das eintausendste Carrera-Cup-Rennen weltweit ausgefahren worden. Beim Jubiläumsrennen am 31. Mai 2009 schwenkte jener Mann die
Zielflagge, der als erster Titelgewinner in die Geschichte einging: Olaf Manthey. Damals, vor
19 Jahren, riskierte der Rheinländer einen doppelten Einsatz. Parallel zum Kümmerling-grünen
964er von Horst Derkum pilotierte er einen BMW M3 2,5 Evo in der DTM. Doch HeckmotorPorsche und Frontmotor-BMW erforderten konträre Fahrstile. Fast hätte der Verfechter des
gepflegten Drifts auf seine Porsche-Karriere verzichtet. Doch er ließ sich überreden, wie im
Interview mit Carsten Krome nachzulesen ist.
Olaf Manthey: "Einfach mal die
Sau rauslassen – das ging nicht!"
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PORSCHE SCENE: "Der Name Olaf
Manthey stand in den achtziger Jahren
für herzhafte Drifteinlagen mit Ford,
Rover, BMW oder Mercedes – allesamt
Hersteller von Großserien-Tourenwagen. 1990 kam der Porsche Carrera
Cup – ein Markenpokal mit 'Heckschleudern' auf relativ schmalen Reifen. Für jemanden, der das Querfahren
kultivierte, muss diese neue Rennserie
doch ein Traum gewesen sein!"
es nicht ums Driften, überhaupt nicht.
Ich drehte fünf oder sechs Testrunden
auf dem Nürburgring, um eine Anfrage
des Porsche-Teambesitzers Horst Derkum besser einschätzen zu können. Ich
hatte zu dieser Zeit bereits ein DTMEngagement mit einem BMW M3 2,5
Evo und hätte zweigleisig fahren müssen."
Langstreckenpokal fuhr ich 1990 ein
solches Auto. Doch der Porsche mit
seinem Heckmotor vertrug diesen
Fahrstil nicht. Einfach mal die Sau
rauslassen, das ging nicht. Soviel stand
nach fünf oder sechs Testrunden eindeutig fest."
P.S.: "Wie verlief dieser Test?"
Olaf Manthey: "Das Gegenteil war
der Fall. Mit dem Cup-Carrera ging
O.M.: "Katastrophal! Ich war ja an
den BMW gewöhnt. Auch im Veedol-
O.M.: "'Den könnt Ihr selber fahren!',
habe ich gesagt. Horst Derkum hat
mich aber solange bequatscht, bis ich
schließlich doch einwilligte."
Porsche Scene
P.S.:"Was passierte dann?"
P.S.: "Was gab den Ausschlag, die Absage noch einmal zu revidieren?"
O.M.: "Abgesehen vom Höhenstand –
der war von vornherein festgeschrieben
– gab es die Option, mit dem Fahrwerk
zu arbeiten. Sturz, Spur, Stabilisator
konnten individuell eingestellt werden.
Das erste Rennen fand im belgischen
Zolder statt. Dort hatte ich 1987 bei der
DTM ganz gut ausgesehen."
P.S.: "Tatsächlich endete der 'Bergische Löwe' von Zolder gleich mit
einem Sieg. Auf dem Nürburgring,
beim zweiten Lauf, ging der Triumphzug weiter..."
Das schmeckte ihm überhaupt nicht: ausgerechnet auf der
Nürburgring-Nordschleife hinter Jürgen von Gartzen (Mitte, mit
Rüdiger Schmitt, re.) klassiert...
Hoch das Bein! Der erste Cup-Gewinner aller
Zeiten setzte sich dank präziser Fahrweise durch
O.M.: "Mit dem 964 machte Uwe eiO.M.:"Wie gesagt – ich mag den Uwe.
ne Lernphase durch. Er war jung und
Der hat sich aus Politik nichts gemacht
übermütig. Angst hatte er vor rein gar
und immer gesagt, was er denkt.
nichts. Es gab da eine Geschichte in
Vor solchen Menschen ziehe ich den
Hockenheim. Auf dem Großen Kurs
Hut."
wollten wir uns gegenseitig WindP.S.: "Schlussfrage – es heißt, der
schatten spenden. Das ging aber
Kümmerling-grüne Siegerwagen aus
gründlich schief, weil sich Uwe vor
dem Carrera
der Schikane mit
"Die Liebe zu Porsche entwiCup 1990 würdem Bremspunkt
ckelte sich im Laufe des Meide sich heute in
vertan hat und in
sterschaftsjahres 1990."
einer österreidie Reifenstapel
chischen Sammlung befinden. Sporthissäbelte. Der gab halt immer 110 Protorisch relevante Porsche werden zu
zent."
immer verrückteren Preisen angeboten – Chance verpasst, den einstigen
P.S.: "1993 begann eine gemeinsame
Karrierebeschleuniger in die private
Zeit mit semi-privaten Mercedes in der
Garage zu stellen?"
DTM. Wie ist das Verhältnis heute?"
O.M.: "Ich lernte schnell. Der Porsche verlangte eine absolut saubere
Linie. Die Umstellung vom BMW war
allerdings sauschwer. Wenn man die
Reifen auch nur einen Tick zu hart rannahm, kamen sie nicht zurück. Ich habe
dennoch den ersten Carrera-Cup aller
Zeiten gewonnen. Die Liebe zu Porsche
entwickelte sich im Laufe des Meisterschaftsjahres 1990."
O.M.: "Nach wie vor sehr gut. Uwe
und ich kamen 1993 bei Persson unter,
ich machte zusätzlich die Technik. Uwe
hat mir nie so ganz getraut. Vielleicht
hat er geglaubt, ich würde mir einen
kleinen Vorteil verschaffen. Schließlich
war ich der Ältere und mit meinen 38
Jahren nicht weit vom 40. Geburtstag
entfernt."
P.S.: "In der Schlussphase der Cup-Saison 1990 gab ein gewisser Uwe Alzen
aus Betzdorf im Derkum-Rennstall seinen Porsche-Einstand. Wie führte sich
der junge Teamkollege, ein Oberglüher
aus dem Veedol-Langstreckenpokal,
damals ein?"
P.S.: "1996 – mit 41 Lenzen – kam
es dann zur Gründung des eigenen
Rennstalls. Ist es nicht kurios, dass
Uwe Alzen – ebenfalls 41-jährig – kurz
vor dem 24-Stunden-Rennen 2009 einen eigenen Rennstall auf die Beine
gestellt hat?"
O.M.: "Wenn ich das wirklich vorhätte,
müsste ich erst einmal klären, um welchen meiner insgesamt drei Einsatzwagen aus der Saison 1990 es sich da
handelt. Ich fuhr anfangs einen grünen
Carrera, der beim 24-Stunden-Rennen
von Spa-Francorchamps vermietet war
und dort verunfallte. Für drei Rennen
saß ich dann in einem weißen Carrera,
zum Schluss wieder in einem grünen.
Mein Ex-Auto schlechthin hat es demnach nicht gegeben. Aber die Qualität
dieser Cup-Porsche war und ist einfach
enorm. Ich würde mich nicht wundern,
wenn eins meiner Ex-Autos oder alle drei heute noch Rennen gewinnen
würden!"
Porsche Scene
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