SPD/UB-Kandidaten beim Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum

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SPD/UB-Kandidaten beim Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum
SPD/UB-Kandidaten beim Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum in Stuttg
SPD/UB-Kandidaten beim Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum in Stuttgart
Altenrieter SPD/UB-Kandidaten beim
Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum in Stuttgart
Am Dienstag, den 1. Juni 2004 machten sich Kandidaten der Liste SPD/UB aus Altenriet
auf den Weg nach Stuttgart zum Sozialdemokratischen Wirtschaftsforum im Turm des
Stuttgarter Hauptbahnhofes. Thema der Veranstaltung war ?Welche Wege gibt es zur
Verbesserung der Gemeindefinanzen?? Prominente Referenten hatten sich im
Konferenzraum direkt unter dem Dach des Bahnhofsturmes eingefunden: Ortwin Runde
MdB, ehemaliger Erster Bürgermeister und Präsident des Senats der Hansestadt
Hamburg, Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker MdB, Manfred Kanzleiter, Vorsitzender der
SPD-Gemeinderatsfraktion in Stuttgart sowie Martin Körner, Dipl.-Volkswirt und Mitglied
des Sozialdemokratischen Wirtschaftsforums.
Blick aus dem Konferenzraum des Bahnhofsturmes hoch über den Dächern von Stuttgart
Ein gesundes Wirtschaftswachstum sei die Voraussetzung für eine niedrige
Arbeitslosigkeit und steigenden Wohlstand für alle, so der allgemeine Tenor. Die deutsche
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Volkswirtschaft habe es dabei nicht leicht. Als einziges Land weltweit bewältigen
Arbeitnehmer und Unternehmer eine Generationenaufgabe, nämlich die ökonomische
Vereinigung eines marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystems mit einem
ehemals planwirtschaftlichen Wirtschaftssystem.
Die Wirtschaftspolitik der 90er Jahre habe bei der Lösung dieser Aufgabe kläglich versagt.
Eine hohe Arbeitslosigkeit, eine immer größer werdende Schere zwischen Brutto- und
Nettolöhnen und nicht zuletzt eine zunehmende Staatsverschuldung seien ein deutlicher
Beleg für dieses Versagen. Obwohl die Arbeitslosigkeit seit Februar 1998 nicht mehr die
Rekordmarke von 4,8 Millionen erreicht habe und obwohl die Steuer- und
Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit seit 1998 leicht gesunken sei, bleibe immer
noch sehr viel zu tun.
Möglichkeiten zur Verbesserung der Gemeindefinanzen wurden anhand der
Gewerbesteuer, des Cross-Border-Leasings sowie an der Privatisierung von
Gemeindeeigentum untersucht.
Die Referenten von links nach rechts: Martin Körner, Ortwin Runde MdB, Dr. Ernst Ulrich
von Weizsäcker MdB und Manfred Kanzleiter.
Gewerbesteuer
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Die Gewerbesteuer als wichtige Einnahmequelle für die Gemeinden sei reformbedürftig.
Die bisherige Konstruktion der Gewerbesteuer führe in schlechten Zeiten zu schweren
Einnahmeeinbrüchen bei den Gemeindefinanzen. Der Vorschlag des Bundesverbandes
der Industrie und aus Kreisen der Union, die Gewerbesteuer vollständig abzuschaffen und
die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle durch eine Erhöhung der Einkommensteuer
zu kompensieren, habe sich als nicht umsetzbar erwiesen. Großstädte wie Stuttgart würden
dabei stark verlieren, weil viele Arbeitnehmer außerhalb der Städte wohnten und dort
Einkommensteuer zahlten. Zudem sei es nicht gerecht, Unternehmenssteuern auf die
Bürger zu verlagern.
Eine Kommission aus Vertretern der Wirtschaft und der Politik wurde deshalb damit
beauftragt, Vorschläge zur Reform der Gewerbesteuer zu erarbeiten.
Als Ziele sollten dabei erreicht werden:
a) Die Einkünfte aus der Gewerbesteuer sollen stabiler, d.h. unabhängiger von der
Konjunktur werden.
b) Die Belastungen durch die Gewerbesteuer sollen gerechter verteilt werden, z.B. durch
die Gleichbehandlung von Handwerkern und Freiberuflern in Bezug auf
die Gewerbesteuerpflicht.
c) Die Gewerbesteuer soll höhere Einnahmen für die Gemeinden z.B. durch Verbreiterung
der Bemessungsgrundlage erbringen.
Zwischenzeitlich wurden einige Vorschläge der Kommission umgesetzt. So wurde
beispielsweise die Gewerbesteuer-Umlage an den Bund reduziert und gleichzeitig
wurden die Möglichkeiten für einen Verlustvortrag auf Gewerbesteuer begrenzt. Als Folge
davon nehmen die Gewerbesteuer-Einnahmen inzwischen wieder zu.
Cross-Border-Leasing
In den letzten Jahren haben etliche Kommunen versucht, über das sogenannte CrossBorder-Leasing ihre finanzielle Situation zu verbessern. Cross-Border-Leasing nutzt ein
Schlupfloch in der amerikanischen Steuergesetzgebung. Kommunen in unserem Land
übertragen dabei durch Leasingverträge Gemeindeeigentum wie Abwassersysteme,
Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung, öffentliche Verkehrsmittel etc. an amerikanische
Investoren für lange Zeiträume, z.B. 99 Jahre und mieten diese für die eigene Nutzung
zurück. Durch dieses Konstrukt ergeben sich hohe amerikanische Steuererstattungen, an
denen die betroffenen Gemeinden meist nur mit 10 Prozent beteiligt würden. Den Rest
kassierten die beteiligten Finanzthrusts.
Inzwischen habe sich bei vielen Gemeinden die Einsicht durchgesetzt, dass es nicht
sein könne, als Kommune mit Cross-Border-Leasing Steuerschlupflöcher zu nutzen und
gleichzeitig solche für Unternehmen in unserem Land schließen zu wollen. Nach Auskunft
von Manfred Kanzleiter gebe es im Stuttgarter Gemeinderat inzwischen eine klare
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Mehrheit gegen Cross-Border-Leasinggeschäfte. Dies vor allem, weil durch die langen
Laufzeiten die Risiken nicht kalkuliert werden könnten.
Wie bekannt wurde, habe die amerikanische Regierung zwischenzeitlich ihre
Steuergesetze geändert. Im Extremfall könne dies für bereits bestehende Cross-BorderLeasingverträge die vollständige Rückabwicklung mit großen finanziellen Verlusten bedeuten.
Cross-Border-Leasing werde aus diesem Grund bei der Verbesserung der
Gemeindefinanzen keine Rolle mehr spielen.
Privatisierung
Eine weitere Möglichkeit, die finanzielle Situation von Gemeinden zu verbessern, könne die
Privatisierung von bisherigen öffentlichen Aufgaben sein. Grundsätzlich verliere eine
Kommune durch die Privatisierung an Einfluss. Aus diesem Grund sei nicht jeder
öffentliche Bereich für die Privatisierung geeignet. Beispiel Großbritannien: Nachdem dort
der öffentliche Nahverkehr privatisiert wurde, nahm die Beförderungsqualität und die
Verkehrssicherheit rapide ab, ohne dass die Beförderung kostengünstiger wurde. In
Stuttgart habe man deshalb beschlossen, dass sowohl der Nahverkehr als auch die
Müllabfuhr in öffentlicher Hand bleiben. Ein anderes Beispiel sei der Bereich
Wasserversorgung. Es könne nicht sein, dass ein Grundnahrungsmittel wie Wasser bei
einer Verknappung für ärmere Bevölkerungsschichten nicht mehr erschwinglich sei. Nur mit
der Mehrheit einer Stimme konnte im Europäischen Parlament eine Liberalisierung des
Wasserbereiches verhindert werden. In Ländern, mit einer privatisierten
Wasserversorgung habe die Wasserqualität abgenommen. Die Liberalisierung im
Strombereich habe inzwischen zu steigenden Preisen geführt. Privatisierung zur
finanziellen Entlastung von Kommunen sei deshalb nur in bestimmten unkritischen
Bereichen sinnvoll.
In der anschließenden Diskussion wurden von den Teilnehmern vor allem die in der
Vergangenheit von der Landeshauptstadt Stuttgart abgeschlossenen Cross-BorderLeasingverträge kritisiert. Man bemängelte dabei die unzureichende Information der
Bevölkerung über die Risiken und Konsequenzen.
Beeindruckt und um einige Erkenntnisse reicher, traten die Altenrieter Teilnehmer zu
später Stunde die Heimreise an.
Stephan Naumann
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