Universeller Helfer

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Universeller Helfer
software Workshop
PPVMEDIEN 2015
Apple iPad für Musiker (27): Anytune Pro+
Universeller Helfer
Der Workshop
In dieser Workshop-Reihe zeigen wir Ihnen,
dass im Apple iPad viel mehr steckt als ein
Spielzeug. In jeder Folge stellen wir Ihnen
eine Auswahl von Programmen vor, die das
iPad für Musiker interessant machen.
ist in vielen Sparten
der Musik- und
Medien­branche tätig.
Er produziert Musik
und Sounds für Hersteller, arbeitet als
Musikschullehrer und
Live-Keyboarder und
ist seit über 15 Jahren
begeisterter AppleAnwender.
In dieser Ausgabe
stellen wir Ihnen die App Anytune Pro+ vor.
Damit können Sie einzelne Audio-Passagen
oder komplette Musikstücke in beliebigen
Tempi und Tonarten abspielen und so besser
nach Gehör spielen lernen.
B
eim Üben sind Ohren wichtiger als Noten, und
für Schüler, Lehrer und Performer gibt es ein
Musik-Tool erster Wahl, das darauf Bezug
nimmt: Es heißt „Anytune“ und unterstützt Sie in
mindestens drei Situationen: Zum Heraushören von
Songs und Transkribieren der einzelnen Stimmen
eines Arrangements bietet die App einige Tricks.
Für den modernen Unterricht ist es enorm hilfreich,
Playbacks verlangsamen oder transponieren zu können. Die dritte Möglichkeit ist das Live-Looping von
Playalongs.
Die App Anytune liegt in mehreren Fassungen vor:
„Anytune“ ist kostenfrei und kann bereits AudioDateien in Tempo und Tonhöhe verändern. Per In-
Foto: shutterstock.com
Matthias
Sauer
App-Kauf lässt sich die Grundversion wunschgemäß erweitern. Mit dem „Grundpaket“ (1,99 Euro)
bekommen Sie die App werbefrei und können das
Design der Bedienoberfläche wählen. Das „Profi-Paket“ (4,99 Euro) dient vor allem zum Musiküben.
Wenn Sie fast alle Funktionen installiert haben
möchten, laden Sie die Version „Anytune Pro+“
(14,99 Euro) aus dem App Store. Als Erweiterung
gibt es das Export-Paket, mit dem Sie als Musik­
lehrer Ihren Schülern die neue „getunte“ Version
zum Üben geben können. Anytune iOS kann auch
ferngesteuert werden mit 49 frei belegbaren Funktionen. Dies funktioniert per MIDI, Bluetooth-Pedalen wie AirTurn, IK BlueBoard und PageFlip sowie
über Bluetooth-Apple-Tastatur.
Sämtliche Funktionen beinhaltet Anytune für
Mac-Computer (29,99 Euro). Hier finden Sie auch
Möglichkeiten zur Fernsteuerung per MIDI oder
über Tastenkürzel. Allerdings müssen Sie auf ein
paar systembedingte Features wie Audiobus-Kompatibilität verzichten. Die Mac-Version können Sie
30 Tage lang testen. Sehr praktisch: Song-Daten
(Loop, Tempo, Pitch, etc.) lassen sich zwischen
Mac- und iPad via iCloud synchronisieren.
Mit einfachen Dingen starten
Bei den ersten Versuchen mit Anytune
geben die aktivierbaren Sprechblasen
eine gute Orientierung.
Klangdesign einmal anders: Mit dem
9-Band-EQ von Anytune können Sie zu trans­
kribierende Passagen besser hörbar machen.
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Zum Kennenlernen der einzelnen Funktionen sollten Sie zunächst ruhig die „Help Bubbles“ aufsuchen: Oben rechts auf das Fragezeichen-Symbol
tippen und bei Dokumentation „Hilfe-Blasen aktivieren“. Nun sind alle Funktionen auf dem Bildschirm
mit kurzen Textinfos beschrieben. Erste wichtige
Frage: Wie bringen Sie überhaupt die Musik in Anytune hinein? Viele Wege führen zum Ziel, nachdem
tastenwelt 6/2015
PPVMEDIEN 2015
Üben und weitere Extras
Fürs praktische Lernen eine feine Sache ist der
„Tempo Trainer“. Er ist so voreingestellt, dass sich
das anfangs halbierte Tempo (0,50x) bis zum Originaltempo (1,00x) in zehn Schritten beziehungsweise „Übungsrunden“ erhöht. Sie steigern sich also
in zehn Durchläufen, bis Sie das Zieltempo erreicht
haben. Wenn Sie anders üben möchten, halten Sie
das „Tempo-Trainer“-Symbol gedrückt und probieren andere Einstellungen aus.
Ähnlich können Sie auch das Transponieren üben.
Der „Tempo Trainer“ führt chromatisch nacheinander durch alle gewünschten Tonarten. Bei jeder
Wiederholung ändert sich automatisch die Tonart.
Obendrein lassen sich die Tonart und gleichzeitig
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das Tempo mit dem Tempo Trainer auto­mati­sieren.
Nichts ist unmöglich.
Auch klanglich lässt sich das Audiomaterial manipulieren: Anytune erlaubt klangliche Eingriffe mit
Hilfe des „Fine Touch EQ Filter“. Dieser 9-BandEqualizer ist sinnvoll. Mit ihm können Sie bestimmte Parts eines Arrangements, die Sie heraushören
möchten, akustisch hervorheben. Über das Mischpult-Symbol rechts unten kommen Sie an den EQ
heran. Sie werden sich freuen, dass Sie einige nützliche EQ-Voreinstellungen wie „Saxofon isolieren“
oder „Rhythmusgitarre unterdrücken“ über das
Listen-Symbol abrufen können. Wenn es klanglich
noch nicht passt, können Sie selbst die Frequenzbänder anpassen und Ihre eigenen Einstellungen
als benutzerdefiniertes Preset speichern.
Sicherlich möchten Sie auch zum Tune mitspielen oder -singen. Das geht mit der Funktion „LiveMix“. Ihr Keyboard oder Mikrofon lassen sich über
ein Audio-Interface in Anytune einspeisen. Tippen
Sie auf das Mikro-Symbol, um „LiveMix“ zu aktivieren. Passen Sie das Laustärke-Verhältnis zwischen
Live-Instrument und Playback mit dem „iPad/
Mikro“-Slider an. Playalongs wie z.B. „Aebersold“
mit verschiedener Instrumentierung auf Stereo L/R
können gepannt werden, um das eigene Instrument
im Playalong auszublenden. Und beim Singen müssen Sie auf Texte nicht verzichten: Tippen Sie lediglich auf das Lyrics-Symbol. Nun können Sie Songtexte und Tabs, die Sie beispielsweise aus dem Internet (Browser) kopiert haben, einfügen. Der Text
wird dabei automatisch gescrollt. Das Erscheinungsbild (Schriftgröße, Ausrichtung, etc.) ist individuell veränderbar.
Ein Bonus, den Sie unbedingt noch kennen sollten, nennt sich „Lektionen“. Gehen Sie auf „Tunes“,
tippen Sie auf das grüne Plus und anschließend auf
Lektionen. Hier gelangen Sie zu einigen Anbietern
von Online-Kursen, die Anytunes verwenden. Künftig werden Sie hoffentlich noch mehr Kurse angeboten bekommen.
Soweit der Rundgang. In der Summe zeigt sich
Anytune Pro+ als eine multifunktionale App, die in
der Praxis durchaus komplex werden kann. Das Gute daran ist aber, dass sich alle Basisfunktionen
sofort spielend einfach beherrschen lassen und Sie
nur bei weiterem Bedarf tiefer eindringen müssen
in die Menüs dieser sehr hilfreichen App. Beginnen
Sie mit der Gratis-Version und kaufen Sie später bei
Bedarf nützliche Funktionen hinzu. Noch wichtiger
aber ist: Entwickeln Sie auch Ihre ganz persönliche
tw
Arbeitsweise.
tipp
Sie auf das „grüne Plus“ (Tunes importieren) tippen. Bei gekauften Titeln können die Songs einfach
aus der iTunes-Bibliothek importiert werden. Anstelle der Dropbox lassen sich Audio-Dateien auch
über einen Internet-Browser übertragen, wozu Sie
die Funktion „WLAN“ nehmen. Per „Öffnen-in-Import“ können Sie sich auch Musiktitel per Mail zusenden und in Anytune einladen. Selbst Videos
können eingelesen werden, wobei die Tonspur importiert wird. Praktisch ist auch die Option „Aufnehmen“, ebenfalls über das grüne Plus-Symbol erreichbar. Nun können Sie spontan über ein AudioInterface oder das integrierte Mikrofon des iPad
aufnehmen. Die Aufnahme landet direkt in der
Playlist und ist sofort veränderbar.
Die wichtigsten Eingriffe haben Sie bei Anytune
schnell erlernt: Das Tempo verändern Sie über das
„Plus“ und „Minus“ in Prozentschritten („0,50x“
bedeutet z.B. halbes Tempo). Wie Sie beobachten,
leidet die Klangqualität kaum bis gar nicht – trotz
großer Veränderungen. Per Doppeltippen kommen
Sie direkt wieder zum Originaltempo. Zum Transponieren der Audio-Datei setzen Sie die Symbole „b“
und „#“ ein. Sie ändern die Tonhöhe einfach in
Halbtonschritten. Wenn Sie auf dem Feld zwischen
b und # scrollen, können Sie auch die Feinstimmung erledigen, falls das Musikstück nicht auf 440
Hz gestimmt ist.
Beliebige Loop-Punkte bzw. Markierungen sind
schnell gesetzt. Sie scrollen in der Wellenform-Darstellung Ihrer Audio-Datei und tippen auf „A“ (für
den Anfang) und auf „B“ (für den Endpunkt), speichern die Punkte und tippen aufs Schleifen-Symbol. Nun befindet sich der Loop in der Liste „Audiotags“ und kann nachträglich modifiziert werden (z.B.
genaueres Setzen der Loop-Punkte).
Bei längeren Audio-Dateien empfiehlt sich eine
Variante für das Setzen von Loops mit PositionsTags: Nach Aktivieren der AutoLoop-Funktion werden automatisch Loops zwischen den PositionsTags erstellt. In Verbindung mit der Fernsteuerung
und der „PlayNext“-Funktion können auch AudioBacking-Tracks live auf der Bühne in Echtzeit arrangiert werden. Der Songablauf kann völlig frei
gestaltet werden. Sie haben durch solche BackingTracks eine vergleichbare Freiheit wie mit einer
echten Live-Band.
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Songs lassen sich via iTunes
oder über die Dropbox importieren, und auch eigene
Aufnahmen am iPad können
verwendet werden.
Songs über das eMail-Konto
einladen – auch dafür ist
Anytune offen.
Typisch Anytune: Wellenform-Darstellung, LoopPunkte, Laufwerk-Tasten.
Beliebige Audio-Dateien sind
einfach in Wiedergabe-Geschwindigkeit und Tonhöhe
veränderbar.
Bass-Spur heraushören
Simples, aber effektives Anwendungsbeispiel: Ein Walking-Bass oder andere knifflige Bassfiguren
sind normalerweise gar nicht so einfach herauszuhören. So geht’s besser: Reduzieren Sie das Tempo um
etwa die Hälfte und transponieren Sie die Audio-Datei um 24 Halbtonschritte aufwärts. Der Bass-Part
ist nun in einer Lage, in der Sie ihn gut mitsummen können. Mit dem Equalizer lassen Sie die Bassfigur
noch präsenter werden; nutzen Sie das EQ-Preset „Bass isolieren (+24 Tonhöhe). Jetzt können Sie die
Basslinie noch besser heraushören und nachspielen. In ähnlicher Weise lassen sich auch andere Instrumental-Parts wie Saxofon oder Gitarre herausarbeiten.
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