Jubiläumsbroschüre - Stadtbibliothek Heilbronn

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Jubiläumsbroschüre - Stadtbibliothek Heilbronn
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Impressum
Herausgeberin:
Stadt Heilbronn
Stadtbibliothek
Berliner Platz 12
74072 Heilbronn
www.stadtbibliothek-heilbronn.de
Oktober 2011
Text:
Dorothee Wiegand
Mit Beiträgen von:
Ursula Neumann
Lothar Heinle
S. 6 – 7 Zitate aus:
„Mit der Sehnsucht nach der Kunst im Herzen...“ 100 Jahre Münchner
Musikbibliothek 1905-2005, München, 2005
Bilder:
Stadt Heilbronn
Graphische Gestaltung des Titelblatts:
Andrea Golowin
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Grußwort
Mit dem Umzug der Heilbronner Stadtbibliothek in das Deutschhof-Ensemble
am 29. September 1961 wurde auch eine neue zukunftsweisende Abteilung
ins Leben gerufen: Die Musikbibliothek. Dies war zu keiner Zeit selbstverständlich und verdient deshalb eine besondere Würdigung.
Fünfzig Jahre ist es her, dass damit die zweite Öffentliche Freihandbibliothek
für Musikalien in Baden-Württemberg eröffnet wurde.
Wir können den damaligen Stadtvätern gratulieren zu dieser weitsichtigen
Entscheidung, denn die Heilbronner Musikbibliothek hat sich seitdem zu
einer festen Größe im Heilbronner Musikleben entwickelt. Vom Schüler bis
zum Musikwissenschaftler, vom musizierenden Laien bis zum Profimusiker,
von der städtischen Musikschule bis zum Württembergischen Kammerorchester spannt sich der Bogen des Publikums, auf das die Musikbibliothek ihr
Angebot abstimmt, über den sich wandelnden Musikgeschmack der Zeiten
hinweg.
Die hinter der Gründung stehende Idee, allen gesellschaftlichen Schichten
den kostenlosen Zugang zu Musikalien aller Art zu ermöglichen, ist aktueller
denn je. Die Bedeutung musikalischer Bildung für die kindliche Entwicklung
ist in den letzten Jahren stärker in den Blickpunkt öffentlicher Diskussionen
geraten. Zahlreiche Projekte wurden mit dem Ziel ins Leben gerufen, das
Singen und Musizieren in Kindergärten und Schulen zu fördern.
Die Stadtbibliothek Heilbronn leistet mit ihrer gut ausgebauten Musikabteilung einen wichtigen Beitrag zur „Musikalischen Volksbildung“, wie es der
Urvater der öffentlichen Musikbibliotheken, Paul Marsop, vor über 100 Jahren formuliert hat. An der Bedeutung dieser Aufgabe hat sich also nichts
geändert.
Harry Mergel
Bürgermeister
Stadt Heilbronn
Ich gratuliere der Musikbibliothek zu ihrem Jubiläum sehr herzlich und wünsche ihr für die kommenden Jahrzehnte viel Erfolg und ein interessiertes
Publikum.
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Vorwort
Der Aufbau der Musikabteilung der Stadtbibliothek Heilbronn vollzog sich
seit 1961 mit großer Nachhaltigkeit. Mit viel Sachverstand und Engagement
wurde über die Jahre ein solides Fundament für die weitere musikbibliothekarische Arbeit geschaffen. Viele begeisterte und regelmäßige Bibliothekskundinnen und –kunden sind der Einrichtung seit Jahrzehnten verbunden.
An dieser Stelle gilt unser Dank den bisherigen Leiterinnen der Musikabteilung Mechthild Landbeck, Ursula Neumann und Anne Grimmer, die zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Christel Hofmeister, Gisela
Eisert und Ludwig Graf maßgeblich am Erfolg der Abteilung beteiligt waren.
Die Musikbibliothek hat sich während der letzten fünfzig Jahre zur Fundgrube für Musikinteressierte, zur Anlaufstelle für das Heilbronner Musikleben
sowie zum Bildungspartner für Kindergärten und Schulen, für Musikschulen
und private Musikerzieher entwickelt.
Monika Ziller
Bibliotheksleiterin
Heute stellt sie einen breit gefächerten Bestand von über 26.000 Medien für
alle Altersgruppen, zu allen Schwierigkeitsgraden und Musikstilen zur Verfügung. Über 120.000 Mal wurden diese Medien im Jahr 2010 ausgeliehen.
Mit ihrem spezialisierten Medienangebot für Musiker und Musikbegeisterte
füllt die Musikbibliothek eine Lücke im regulären Sortiment öffentlicher
Bibliotheken. Nur wenige Bibliotheken unserer Größenordnung können auf
ein solches Angebot an Musikalien und Tonträgern verweisen. Die Musikabteilung der Stadtbibliothek ist also etwas Besonderes. Diese Tatsache spiegelt
sich auch in ihrem großen Einzugsbereich wider, der weit über den Landkreis
hinausgeht.
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Vieles hat sich in den letzten fünfzig Jahren verändert. Auch Bibliotheken
sind in ihrem Selbstverständnis einem Wandel unterworfen. Paul Marsops
pädagogischer Anspruch vom Beginn des letzten Jahrhunderts ist inzwischen
einer gegenüber allen Musikrichtungen offenen und demokratischen Auffassung gewichen. Moderne Musikbibliotheken bieten neben dem gut ausgebauten Bestand zur klassischen Musik auch alle anderen musikalischen
Strömungen an.
Die Musikbibliothek hat sich mit ihrem Angebot immer den Herausforderungen des gesellschaftlichen und technischen Wandels gestellt. Auch die durch
die Digitalisierung bedingten vielfältigen Veränderungen wird sie aktiv im
Sinne ihrer Kunden gestalten.
Der Auftrag, Medien, Informationsdienste und Beratung für musikalisch Interessierte aus Stadt und Region zu bieten, hat auch in der Zukunft Bestand.
Ihm wollen wir mit großem Engagement gerecht werden.
Dorothee Wiegand
Leiterin der Musikbibliothek
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dungswesens zu machen. Jeder Interessierte sollte unabhängig von Bildungsniveau und finanziellen Möglichkeiten Gelegenheit haben, anspruchsvolle Konzerte oder Opernaufführungen zu besuchen, sich musikalisch weiterzubilden und auch aktiv zu musizieren. Mit großem Enthusiasmus entstanden in Zusammenarbeit mit weiteren Honoratioren der Stadt München
auf diese Weise „Volks-Opern“ und „Volks-Symphoniekonzerte“. Marsop
machte es sich zur Aufgabe, diese Angebote durch die Gründung einer musikalischen Volksbibliothek zu ergänzen.
1905 war es dann soweit: Unter dem Einsatz seiner privaten Notensammlung als Grundbestand und einer jährlichen Ergänzung des Erwerbungsetats
aus seinem privaten Vermögen gründete Paul Marsop in München die erste
öffentliche Musikbibliothek Deutschlands. Während der folgenden Jahre hielt
er Vorträge in Deutschland und Österreich, um weitere Stadtväter für die
Gründung von Öffentlichen Musikbibliotheken zu gewinnen. In zahlreichen
Schriften machte er auf die Bedeutung dieser Aufgabe aufmerksam und
beschrieb deren praktische Umsetzung. Aufgrund dieses Engagements wurden viele weitere Musikbibliotheken, vor allem im süddeutschen Raum, beispielsweise in Augsburg oder Nürnberg, gegründet.
„... mit der Sehnsucht nach der Kunst im Herzen!“
Marsop schrieb dem Musikbibliothekar die pädagogische Aufgabe zu, die
Bibliotheksnutzer zu einem anspruchsvollen und verständigen Geschmack zu
erziehen. Er betrachtete es als die vordringlichste Aufgabe, Musikbibliotheken nur mit qualitativ hochwertigem Notenmaterial zu bestücken, dem gegenüber es „die musikalische Schundliteratur...einzudämmen und abzuschwächen“ galt.
Mit dieser aus heutiger Sicht doch sehr rigorosen Ablehnung jeglicher Unterhaltungsmusik kann sich eine moderne Musikbibliothek natürlich nicht mehr
identifizieren, zumal sie mit einem in der Volksbildungsbewegung weit verbreiteten, aktiven Erziehungsauftrag verbunden war.
Zur Idee und zur Geschichte der Öffentlichen Musikbibliotheken
von Dorothee Wiegand
Die ersten öffentlich zugänglichen Musikbibliotheken, die um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert gegründet wurden, verdanken ihr Entstehen
in großem Maße dem persönlichen Engagement, dem Idealismus und dem
sozialen Verantwortungsgefühl einer einzelnen Person: Paul Marsop (18561925). Der in Berlin geborene Sohn eines jüdischen Kaufmanns war während
seines Studiums Schüler Hans von Bülows und des Musikschriftstellers Heinrich Ehrlich. Später zog er vor allem aus gesundheitlichen Gründen nach
München und betätigte sich dort als freier Musikschriftsteller. Ungefähr zu
dieser Zeit begann Marsop sich Gedanken über eine Reformierung des Bil
Dennoch verdanken Musikbibliotheken ihr hohes Niveau und die Zeitlosigkeit
ihres Bestandes dem hohen Anspruch, dem Idealismus und der Fachkenntnis
ihrer Gründergeneration.
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Über die Identität, Aufgabe und Arbeitsweise Öffentlicher
Musikbibliotheken
Die Musikbibliothek bedingt in der Anordnung und Pflege des Materials, im
Ausbau ihrer Einzelsparten, vor allem aber in der Behandlung der Entleihenden, ihrer Schutzbefohlenen, eine Eigentechnik, die von der in den allgemeinen Bücherhallen systematisch angewendeten himmelweit verschieden ist,
sein muss. Man bedenke nur, was es heißt, allein die Etüdenliteratur für Klavier oder Violine derart im Kopf zu haben, dass der Bibliothekar auf ein paar
an den Bibliotheksgast gestellte Fragen hin sofort aus großen Stößen das in
Hinsicht auf den Studiengang, den bereits erreichten Fertigkeitsgrad, die
allgemeine seelische Disposition des Betreffenden just Passende im Umsehen
herausfischen kann.
Aus: Über das erzieherische Wirken der Musikalischen Volksbibliothek, 1911
Paul Marsop im Original-Ton
Seit vierzig Jahren und darüber stehe ich in dem, was man die sozialkünstlerische Arbeit nennen könnte, bin auf diesem Gebiet unausgesetzt theoretisch
wie praktisch tätig gewesen, darf mir also hier wohl ein Urteil gestatten. Nun
denn: vor dem Kriege bemühten sich Gesinnungsgenossen von mir und ich
mit ihnen, den wenig Bemittelten, gleichviel welchen Standes, gute Kunst
zugänglich zu machen. Will sagen, denen, die zu uns kamen mit der Sehnsucht nach der Kunst im Herzen.
Aus: Schule und Musikpflege, Manuskript von 1923
Dringend befürworte ich, dem Bibliotheksgast jedesmal nur eine Nummer
mitzugeben. Geschieht dies, so verdaut er den Gehalt unvergleichlich besser.
... Unser Publikum liest zu vielerlei, unsere Dilettanten spielen zu vielerlei.
Begehrt also jemand „Sonaten von Beethoven“ oder „Symphonien von Beethoven in Übertragungen zu vier Händen“, so stelle ich zuerst fest, ob es ihm
um eine bestimmte Sonate oder Symphonie zu tun ist. Falls nicht, unterrichte ich mich durch einige unverfänglich gestellte Fragen, ob er überhaupt
schon „beethovenreif“ ist und etwelche Kenntnis von Beethovenschen Werken besitzt. Scheint er anspruchsvolleren Aufgaben von ungefähr gewachsen
zu sein, hat aber noch keine der Sonaten oder Symphonien gespielt, so nötige ich ihm, ohne dass er es merkt, zuerst die seelisch und technisch am
leichtesten zu bewältigenden auf, tunlichst in entsprechenden Sonderheften.
Aus: Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen, Sept.-Okt. 1916
„Musikalische Volksbibliotheken“ nannte ich ursprünglich die von mir gegründeten Anstalten dieser Art. Allgemach erschien mir die Benamsung mit
dem feierlichen Fremdwort Bibliothek zu anspruchsvoll. Und Bezeichnungen
wie Volks-Schule, Volks-Bücherei, Volks-Theater dünken mit heute antidemokratisch. „Volk“ umfasst alle Bürger, die Minder- und die Mehrbemittelten, die Hand- und Kopfarbeiter. Heute spricht man allgemein von „Öffentlichen Musikbüchereien“.
Aus: Öffentliche Musikbüchereien, Teil 1: Leitgedanken, 1920
Das Wichtigste aber ist, dass sich der Schützling der Bibliothek seinen Band,
sein Heft, seine Musikerbiographie, sein Textbuch, seinen “Musikführer“ mit
nach Hause nimmt. Das Wichtigste nicht nur deshalb, weil er dort in aller
Muße Anregungen weiter nachgehen kann, die ihm die sinngemäße Wiedergabe einer Haydnschen oder Beethovenschen Symphonie, einer Liederreihe
von Schubert, Schumann, Brahms oder Hugo Wolf brachten, sondern auch,
weil die eingehendere Beschäftigung mit solchem Musikmaterial wieder ein
nicht zu unterschätzendes Moment ist, das ihn an die Häuslichkeit bindet –
negativ ausgedrückt, das ihn vom Besuch der Kneipe, des anrüchigen Tanzbodens, des Tingeltangels, kurz vom Herumlumpen abhält.
Aus: Über das erzieherische Wirken der Musikalischen Volksbibliothek, 1911
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Im Deutschhof
Der Plattenbestand wuchs
in den folgenden Jahren
beachtlich. Mit zwei Kopfhörern, in zwei Abhörkabinen oder im Stereoraum
mit Schreibtisch, um Profis
auch das Arbeiten mit
Partituren zu ermöglichen,
konnten die Platten vor Ort
abgehört werden.
Dieser Service war vor
allem bei Jugendlichen
sehr beliebt und erst nach Musikbücherei 1961, rechts Mechthild Landbeck
Einführung der entleihbaren Musikkassetten ließ die Nachfrage langsam
nach.
von Ursula Neumann
Der ehemalige „Ritter- und Küchenbau“ der
Deutschordenskommende galt bei der Einweihung als Musterbeispiel einer modernen Mittelstadtbücherei.
Dazu beigetragen hat auch die Einrichtung
einer eigenständigen Musikabteilung im dritten
Stock.
Die erste Leiterin der Abteilung war Diplom Westgiebel der Stadtbücherei
Bibliothekarin Mechthild Landbeck, die in im Deutschhof 1961
Stuttgart an der ehemaligen Süddeutschen
Büchereischule ihr Zusatzexamen für Musikbüchereien abgelegt hatte.
Im Jahre 1964 trat Diplom Bibliothekarin Ursula Neumann ihre Nachfolge
an. Zusammen mit dem städtischen Musikdirektor Dr. Ernst Müller baute sie
den Grundbestand der Heilbronner Musikbücherei auf und erstellte die Systematik zur Aufstellung der Noten.
Die Abhörkabinen fielen dann Anfang der neunziger Jahre einer Erweiterung
der Musikabteilung zum Opfer. Im Handel oft nicht mehr erhältliche Schallplatten konnten für die Hörer auf Kassetten überspielt werden.
In den ersten Jahren hielt Dr. Ernst Müller regelmäßig Referate über die unterschiedlichsten Komponisten.
Durch die neue technische Ausstattung des
Vortragssaals mit Flügel,
Leinwand, Tonbandgerät
und Plattenspieler sowie
der
umfangreichen
Schallplattensammlung
der Musikabteilung konnte man diese Abende
abwechslungsreich mit
vielen
Musikbeispielen
gestalten.
Die Tonträgerausleihe begann mit Kassetten, es folgten zu Beginn der neunziger
Jahre CDs, die besonders im Rock- und
Popbereich sehr stark ausgeliehen wurden.
Nicht nur im Tonträgerbereich wuchs das
Angebot von Jahr zu Jahr – der Anschaffungsetat wurde lange Zeit jährlich aufgestockt – auch der Buch- und der Notenbestand nahmen kontinuierlich zu. Es war zu
spüren, dass die Musikbücherei eine einmalige Einrichtung in der Region war.
Links Ursula Neumann, sitzend Ludwig Graf
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Besondere Pflege fand schon im Deutschhof immer Lokales, ob Einspielungen
von Heilbronner Klangkörpern – von Chören wie Orchestern und Instrumentalisten – oder Biografien und Darstellungen zur örtlichen Musikgeschichte.
Es war ein langer
Weg von ersten,
mit Feder und
Tusche geschriebenen Rückensignaturen über
die Schilder, die
mit der Signaturmaschine
getippt wurden,
bis hin zu den
computerge-
Notenausleihe
Glücklicherweise konnte Herr Paul Betsch, der Innenarchitekt der Stadt, in
dem von ihm gestalteten Raum die Regalständer an den Seiten verbreitern,
ohne dass der vom Holz geprägte Raumeindruck gelitten hätte.
Schallplatten und Kassetten, rechts Christel Hofmeister
schriebenen Rückenschildern – vielleicht auf einem fachlich gebundenen Notenband mit
Leinentasche für Einzelstimmen anstatt der anfänglichen Papphüllen.
Die Musikbücherei mit ihren schrägen Wänden wurde von ihren Besuchern
immer als wohltuend empfunden, wohl auch deshalb, weil Tageslicht vorherrschte. Daran hatte sich auch nichts geändert, als im Stereoraum Regale
aufgestellt wurden. An diesen Raum schloss sich nach dem Umbau des Saales ein großer Magazinraum mit drei Arbeitsplätzen an.
Anmeldung und Ausleihverbuchung waren bis 1990 in der Musikbücherei
angesiedelt, sodass ein enger Kontakt zu den Benutzern bestand.
Waren unter ihnen Personen des Heilbronner Musiklebens, etwa Mitglieder
des Württembergischen Kammerorchesters, wertete man dies durchaus als
Bestätigung der angestrebten Leistungsfähigkeit.
Dem Zuwachs des Medienbestandes entsprach das Ergebnis der Entleihungen. Die Ausleihzahlen stiegen von Jahr zu Jahr, genauso wie die Anzahl der
Benutzer. Lediglich die Ausleihe der Musikkassetten ging mit Einführung der
CDs zurück.
Betreut wurde die erste Musikbücherei Heilbronns im Deutschhof von Christel Hofmeister und Ludwig Graf; ihre Leiterin Ursula Neumann arbeitete dort
35 Jahre, bis 1999.
Die persönliche Beziehung zu den Besuchern nahm etwas ab zugunsten der
Einführung der Zentralverbuchung im Erdgeschoss und den erweiterten Öffnungszeiten, die mit dem gleichen Personalstand abgedeckt werden mussten.
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Neue Medienpräsentation
Die Musikbibliothek im K3
von Dorothee Wiegand
Als Nachfolgerin von Ursula Neumann leitete Musikwissenschaftlerin und
Dipl. Bibliothekarin Anne Grimmer die Abteilung in den Jahren 2000 bis 2006 und konnte
somit den Umzug von Anfang an engagiert
vorbereiten und gestalten. Es war nötig, die
Bestandsgröße den neuen Gegebenheiten
anzupassen, veraltete Buch-Bestände auszusondern und Platz zu schaffen für stark wachsende neue Angebote wie CDs und DVDs. Das
CD-Angebot wurde um neue Genres erweitert.
Beispielsweise baute Frau Grimmer einen umAnne Grimmer
fangreichen Bestand zur Weltmusik auf, der
die Folklore und traditionellen Musikstile der verschiedenen Kontinente berücksichtigt.
Um der wachsenden Nachfrage nach Unterhaltungsmusik und musikpädagogischer Literatur entgegen zu kommen, wurden Noten aus den Genres Rock,
Pop, Jazz, und Noten für Kinder erstmalig gesondert aufgestellt.
Neu ins Sortiment aufgenommen wurden Noten mit Begleit-CD (englisch
„Music Minus One“). Hier kann der Musiker seinen Solopart mit der beiliegenden CD ergänzen, eine große
Hilfe zum Üben, die
natürlich
auch
Spaß macht und
motiviert. Darüber
hinaus
wurden
erstmalig Materialien zum Heilbronner
Musikleben
gemeinsam präsentiert.
Mit dem Umzug in die
neuen Bibliotheksräume
im K3 im Jahr 2001
wurde die Musikbibliothek räumlich in die
Gesamtbibliothek integriert. Die bisherige
Eigenständigkeit wurde
damit zugunsten einer
größeren Transparenz
aufgegeben. Dadurch
wurden nun auch Kunden angesprochen, die bisher den Weg in die Musikabteilung noch nicht gefunden hatten.
Die neue offene Raumgestaltung der Abteilung schärfte den Blick für die
Gesamtheit der Bibliothek, doch die Pflege des Spezialbestandes wurde dabei
nicht aus den Augen verloren. Denn selbstverständlich blieben die spezialisierte Nachfrage nach Musikalien sowie ein hoher Bedarf an fachkundiger
Beratung weiterhin erhalten.
Dem wurde mit einem Informationsplatz Rechnung getragen, der während
der gesamten Öffnungszeiten mit kompetentem Personal besetzt ist. Der
Umzug ins neue Gebäude wirkte sich auch auf
die Ausleihzahlen der
Musikabteilung sehr
positiv aus. So stiegen
die Gesamtausleihen der
Musikbibliothek zwischen 1999 und 2009
um 32 Prozent.
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Seit 2007 leitet Dipl. Bibliothekarin Dorothee Wiegand die Musikabteilung.
Da der CD-Bestand vor allem im klassischen Bereich stark gewachsen und
die Suche dadurch unübersichtlich geworden war, lag der Arbeitsschwerpunkt zunächst in der Verbesserung der CD-Präsentation.
Die Einführung von Stufentrögen und platzsparenden Hüllen ermöglicht nun
eine bequeme und übersichtliche Suche. Der Bestand an Rock-/Pop-CDs
wurde durch Klassiker der Popgeschichte ergänzt und über den Mainstream
hinaus erweitert. Durch diese Maßnahmen stiegen die CD-Ausleihen in den
Jahren von 2007-2009 um ca. 17.000 Ausleihen pro Jahr.
Die Notenverlage haben auf diesen auch allgemein erkennbaren Trend bereits reagiert. Mit Hilfe einer Spende des Freundeskreises der Stadtbibliothek
„Lesen - Hören – Wissen“
wurde 2010 begonnen,
besonders für den Bereich
Musikpädagogik, Ensemblespiel und Klassenmusizieren einen attraktiven
Bestand aufzubauen, bei
dem sich eine rege Nutzung abzeichnet.
Neue Zielgruppen
Langjährige Kunden haben festgestellt, dass sich auch sonst einiges verändert hat. Was ist da passiert? Durch den Umzug ins K3, durch einen Generationswechsel im Publikum, und auch durch die räumliche Nähe zur Musikschule, die im
gleichen
Gebäude untergebracht
ist,
zeichnet sich in
den
letzten
Jahren
ein
Wandel
im
Nutzerkreis der
Musikabteilung
ab.
Dies betrifft vor
allem die Nachfrage
nach
Materialien zur Musikpädagogik und musikalischen Früherziehung (Noten für
Kinder, für das Ensemble-Spiel bzw. zum Klassenmusizieren), nach populären
Noten für alle Instrumente, nach Noten mit CD „Zum Mitspielen“ und nach
aktuellen und attraktiven Notenausgaben für aktiv musizierende Laien.
Die gesamte Präsentation der Medien ist nun übersichtlich, einladend und
attraktiv gestaltet. Die neue Aufstellung nach Zielgruppen und Themen lädt
zum Stöbern ein und soll auch neuen Kunden eine schnelle Orientierung
bieten. Regalplatz wurde unter anderem gewonnen, in dem weniger genutzte
Teile des Bestandes ins Magazin verlagert wurden. Dadurch ist es jetzt möglich, inhaltlich zusammengehörige Themen, unabhängig von der Art des Mediums, an einer gemeinsamen Stelle zu präsentieren. Unter der Rubrik “Musik
für Kinder“ finden sich beispielsweise Kindernoten, Kinderbücher zur Musik,
Kinder-CDs zu klassischer Musik, Materialien und Bücher zur Früherziehung,
zur Musikpädagogik und zum Ensemble-Spiel.
Zukunftsperspektiven
Ein Ziel für die nahe Zukunft ist es, systematisch die in die Jahre gekommenen klassischen Notenbestände zu aktualisieren. Viele Notenausgaben
stammen noch aus den Anfangsjahren der Bibliothek und sollten dringend
ersetzt werden. Außerdem soll das Angebot an klassischen Noten noch stärker auf die in der Musikschule verwendete Unterrichtsliteratur abgestimmt
und mehr Noten für bisher unterrepräsentierte Besetzungen angeschafft
werden.
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Die Musikbibliothek und ihre Partner
Die rasante technische Entwicklung im Bereich der Digitalisierung von Medienangeboten und Vertriebswegen stellt Bibliotheken vor neue Herausforderungen. Während sich bisher der Medienwandel noch sehr real durch die
Ablösung des einen
Mediums
durch ein anderes
(Schallplatte, Kassette, CD, Video,
DVD etc.) gestaltete, spielen sich im
Zeitalter des Internet solche Prozesse fast nur
noch virtuell ab.
War es bisher
noch unproblematisch, wenn auch finanziell aufwändig, in der Bibliothek ein
Medium durch das nächste zu ersetzen, so stellen sich heute ganz neue,
auch urheberrechtliche Fragen. Die Frage, in welcher Form Bibliotheken sich
mit einem virtuellen Angebot im Internet präsentieren können, beschäftigt
die Fachleute bereits seit einigen Jahren. Die Angebotsstruktur einer Musikbibliothek mit ihrem großen Bestand an CDs, DVDs und Noten ist von diesen
Entwicklungen natürlich besonders betroffen.
Eine Antwort auf diese Frage stellt die „Online-Bibliothek HeilbronnFranken“ dar. Hier, in Kooperation mit Bibliotheken der Region, werden aktuelle Bücher, Zeitschriften, Hörbücher, Filme und Musik für Bibliotheksbenutzer kostenlos zum Download angeboten. Allerdings ist die Musik im Rahmen
dieses Angebotes aus urheberrechtlichen Gründen bisher auf reine Nischenprodukte reduziert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die großen Labels auf
Dauer zu diesem Angebot stellen werden.
Die Städtische Musikschule Heilbronn ist im K3 ein Nachbar der Stadtbibliothek. Diese räumliche Nähe bietet den Einrichtungen Chancen, sich gegenseitig zu ergänzen und eine enge Zusammenarbeit anzustreben. Der Leiter
der Musikschule, Dr. Matthias Schwarzer, steht diesem Anliegen sehr offen
gegenüber.
So wurde im Jahr 2011 eine kleine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Im
Rahmen eines kleinen Konzertes musizieren Schüler der Musikschule während der Öffnungszeiten in den Räumen der Bibliothek. Diese kleinen Bibliothekskonzerte, die etwa viermal im Jahr stattfinden, sind eine Möglichkeit,
wechselseitig auf das Angebot der eigenen Institution aufmerksam zu machen. In Zukunft soll der Noten-Bestand der Bibliothek noch stärker auf die
Interessen von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie
deren Eltern
abgestimmt
werden. Denn
für diese bietet es sich ja
geradezu an,
den Unterricht
mit
einem
kurzen Besuch
in der Musikbibliothek zu
ergänzen.
Auch Wartezeiten können so gut überbrückt werden. Der eingeschlagene Weg scheint in
die richtige Richtung zu führen: Die Nutzungszahlen der neu angeschafften
Noten sprechen bereits eine deutliche Sprache.
Die Öffentlichkeitsarbeit wird nun auch auf die Musikschulen in der Region
und auf die privaten Musikerzieher ausgedehnt, um noch einmal bewusst auf
das vielfältige und für die Region einzigartige Angebot der Musikabteilung
hinzuweisen.
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„Ein dialogischer Prozess“ –
lange waren mir im Regal der Opern-Klavierauszüge auch Bände mit der
Aufschrift Käthchen von Heilbronn aufgefallen.
Auswahlverzeichnisse und Ausstellungen 1991-1999
von Lothar Heinle
Das Jubiläumsjahr war eine gute Gelegenheit, diese Bände vor dem Eingang
der Musikbücherei in Vitrinen auszustellen. Ein Faltblatt wurde aufgelegt,
das in Kürze über die vier
Komponisten der ausgestellten Käthchen-Klavierauszüge
und -Partituren informierte.
1991 beging auch der JazzClub Cave 61 e.V. sein
30jähriges Jubiläum. Aus
diesem Anlass war vom 23.
August bis 21. September
1991 in der Stadtbücherei
Heilbronn die Ausstellung
„Jazz in Öl. Jazz-Musiker malen“ zu sehen. Zur Ausstellung
erschien ein aufwändiges
Begleitheft, das neben dem
informativen Aufsatz „Sweet
Georgiabronn?“ Der Jazz und
die Stadt“ von Thomas Klingenmaier auch ein umfangreiches Auswahlverzeichnis
zum Thema „Jazz in der Musikbücherei“ enthielt.
Wie stellt man sich den aktiven Benutzer einer Stadtbücherei vor? Er entleiht
regelmäßig viele Medien, hinterlässt deutliche Spuren in der Ausleihstatistik.
In meinem Fall liegt die Sache noch etwas anders: Verschiedene glückliche
Umstände ermöglichten es, eine aktive Arbeit mit dem einzigartigen Bestand
der Musikbücherei in mehreren Veröffentlichungen und Ausstellungen zu
dokumentieren.
Im Frühjahr 1982 erfuhr ich durch einen Mitschüler am Robert-MayerGymnasium von der Existenz einer Musikabteilung in der Stadtbücherei.
Diese befand sich damals im 3. OG im Deutschhof und war bis 1990 nur an
drei Nachmittagen in der Woche (Montag, Mittwoch, Freitag) für den Benutzerverkehr geöffnet. Anmeldung und Ausleihe erfolgten bis zur Einführung
der Zentralverbuchung ebenfalls vor Ort, so das sich alsbald ein reger Kontakt zur damaligen Leiterin Ursula Neumann entwickelte.
Von Anfang an nutzte ich als Entleiher nicht nur den sogenannten Grundbestand, sondern suchte vor allem abseits des Bekannten nach Materialien zu
Spezialthemen wie Neue Musik, Elektronische Musik, Filmmusik usw. Nach
einigen Jahren intensiver Nutzung, die natürlich auch das ausgewählte Abhören der Schallplattensammlung einschloss, kannte ich den Bestand der
Musikbücherei ziemlich gut und wusste genau, zu welchen Themen - auch
ausgefallener Art - man welche Materialien finden konnte, und zu welchen
nicht. Mehr als einmal unterstützte ich die Mitarbeiter der Musikbücherei,
wenn andere Benutzer mit Fragen zu abgelegenen musikalischen Themen
aufwarteten oder auf Literatursuche zu Referatsthemen waren. Oft gelang es
mir, aus dem Stegreif die erforderliche Literatur zu benennen oder - falls
diese nicht vorhanden war - weiterführende Tipps zu geben.
Im Heilbronner Jubiläumsjahr 1991 (1250-Jahr-Feier) erschien am 29. Mai
eine Notiz in der Heilbronner Stimme, die unter der Überschrift „Käthchen
mit Musik“ auf eine kleine Ausstellung in der Musikbücherei hinwies. Schon
Wer fortan Tonträger, Bücher oder Noten zum Thema Jazz suchte, musste
sich nicht mehr durch den Zettelkatalog arbeiten, sondern konnte alles bequem - mit Signaturangabe - in diesem Büchlein finden. Als reiner Auswahlkatalog wurde es durch die Sachdarstellung mit lokalem Bezug zum Thema
Jazz aufgewertet: Klingenmaiers Aufsatz war eine Serie zur Geschichte des
Jazz in Heilbronn vorausgegangen, die er im Sommer 1987 in der „Heilbronner Stimme“ veröffentlicht hatte. Durch die überarbeitete Wiederveröffentli
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chung im Begleitheft „Heilbronn und der Jazz“ von 1991 wurde die Thematik
erstmals wieder dauerhaft greifbar.
Aus Anlass von „100 Jahre Kino“ erschien 1995 eine zweite überarbeitete
Auflage des Büchleins. Im Vorwort zur 2. Auflage schrieb Kulturdezernent
Reiner Casse: „[…] Lothar Heinles Veröffentlichung will exemplarisch auf die
Bestände der Musikbücherei hinweisen. Mit ihr ist ein dialogischer Prozess
von Bibliothek und Bibliotheksbenutzer dokumentiert, der für beide Teile
überaus fruchtbar war.“
Dieses
Auswahlverzeichnis
diente als Vorbild für meine
erste Veröffentlichung, die
1992 unter dem Titel Vom Konzertsaal zur Sound-Stage. Wege zur symphonischen Filmmusik erschien. Offene Ohren für
dieses Projekt fand ich beim
damaligen
Büchereidirektor
Günther Emig, dessen verlegerische Ader in der Folgezeit
noch weitere Veröffentlichungen ermöglichen sollte. Zwar
nahm das eigentliche Auswahlverzeichnis „Literatur zu Filmmusik und Film in der Stadtbücherei Heilbronn“ im Verhältnis
zur Sachdarstellung einen relativ geringen Raum ein, dafür
wurde die Sachdarstellung
durch den Einbezug von Fakten aus spezieller, in meinem Privatbesitz befindlicher Literatur zum Thema aufgewertet, die damals oft nur in englischer
Sprache vorlag und nur unter Schwierigkeiten in Deutschland zu bekommen
war. Ein Hinweis auf „Adressen für Sammler“ im Anhang erschien deshalb in
Zeiten vor dem Internet sinnvoll.
Genau umgekehrt war das Verhältnis
von Sachdarstellung zu Auswahlverzeichnis in meinem nächsten Projekt,
das 1993 unter dem Titel Orgeln und
Orgelmusik. Bücher, Tonträger und
Musikalien in der Musikbücherei erschien. Sein Entstehen war der lebendigen Orgelmusikszene in Heilbronn geschuldet und sollte eine
Handreichung für Praktiker und Orgelfreunde sein.
Das Auswahlverzeichnis - an vielen
Nachmittagen mit Hilfe eines der
allerersten Laptops aus dem Zettelkatalog heraus getippt und noch auf
Diskette gespeichert - war umfangreich, da es viele Materialien und Notenausgaben zum Thema in der Musikbücherei gibt. Von mir selbst stammte eine kurze Einführung über die Orgel
als Musikinstrument, der „Beitrag zur Orgelbaugeschichte in Heilbronn“ von
Gotthilf Kleemann war 1971 in der heimatgeschichtlichen Beilage „Schwaben und Franken“ der Heilbronner Stimme erschienen und durch die Wiederveröffentlichung im Auswahlverzeichnis erstmals wieder zugänglich.
Zum Erscheinen des Auswahlverzeichnisses hielt ich am Mittwoch, 23. September 1992 in der Stadtbücherei einen Vortrag zum Thema Filmmusik mit
dem Titel „Musik gegen die Stoppuhr oder: Wie wird man Filmkomponist?“.
Das seinerzeit für die Stadtbücherei neu angeschaffte Klavier wurde mit
einbezogen: Hans-Jörg Banaj spielte u.a. Ausschnitte aus der Originalmusik
von Eduard Künneke zum Lubitsch-Stummfilm Das Weib des Pharao (1920).
Zudem sorgten Abbildung und ausführliche Beschreibung eines 1749 in
Heilbronn gebauten und heute im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
befindlichen Orgelpositivs für zusätzlichen lokalen Bezug.
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1991 übernahm die Stadtbücherei Heilbronn das Archiv des renommierten
Stuttgarter Kleist-Forschers Prof. Helmut Sembdner. Das Kleist-Archiv
Sembdner war bis 2000 eine Abteilung der Stadtbücherei. Seit 2001 firmiert
es als eine Einrichtung des Schul-, Kultur- und Sportamts im K3 mit Günther
Emig als Direktor. Durch die Übernahme des Archivs wurde nicht nur der
vorhandene Bestand gepflegt, sondern im Sinne Sembdners ständig durch
weitere Kleist-relevante Anschaffungen ergänzt. Dies betraf auch das Thema
„Kleist und die Musik“. So konnten im Lauf der Jahre u.a. weitere KäthchenVertonungen verschiedenster Art antiquarisch angekauft werden. Die Idee zu
einem „Käthchen-Opernführer“ war geboren, der 1994 als eine der ersten
Veröffentlichungen des Kleist-Archivs Sembdner erschien. Unter dem Titel
Heinrich von Kleists Käthchen von Heilbronn auf der Opernbühne. Ein Beitrag
zur Rezeptionsgeschichte werden 8 Käthchen-Vertonungen für die Opernbühne vorgestellt.
sogenannten „Heilbronner Musikschatz“ ebenso wie Noten und CDAufnahmen in Heilbronn geborener
bzw. wirkender Komponisten (Robert
Edler, Ernst Helmuth Flammer, Fritz
Werner) sowie CD-Aufnahmen in Heilbronn geborener Interpreten und Heilbronner Klangkörper. Die Komponisten
waren mit einem kurzen biographischen Abriss versehen.
Zwei Jahre vor dem Umzug der Stadtbücherei ins K3 unternahm ich die vorerst letzte große Aktion im Deutschhof:
Die Ausstellung Zeitzeichen - Zeitmaße
zum 50. Geburtstag des in Heilbronn
geborenen Komponisten Ernst Helmuth
Flammer (*1949). Diese Ausstellung
belegte mit vielen Schauflächen und
Schaukästen das 1. OG im Deutschhof und wurde zeitnah zum 4. Internationalen Pianoforum „…antasten…“ am 21. September 1999 mit einem PorträtKonzert eröffnet. Das Artus-Quartett Saarbrücken spielte Flammers Streichquartette Nr.2 (1981) und Nr.3 (1985), Götz Hartmann (Violine) spielte das
Solo-Stück von einem der auszog (1985). Der Komponist selbst steuerte die
Uraufführung seines Tonband-Stücks diskursiv - mit drängender Entgegnung
(1998/99). Neben vielen internationalen Plakaten und Programmen mit
Flammer-Aufführungen zeigte ich in Ausschnitten Partiturseiten aus verschiedenen Flammer-Kompositionen, auf farblich unterschiedlichem Karton
nach Gattungen geordnet. Den speziellen Heilbronner Wurzeln des Komponisten war ein Schaukasten über die früheren Seifen-Werke Flammer gewidmet.
Das Ziel war nicht eine tiefgehende musikalische Analyse, sondern der direkte Vergleich der jeweiligen Opernhandlung mit der Kleist-Vorlage. Biographien und Werkverzeichnisse zu den heute kaum noch bekannten Komponisten sowie - sofern recherchierbar - Kommentare zu stattgefundenen Aufführungen runden die Darstellung ab. Am 24. Oktober 1994 wurde die Veröffentlichung mit einem Vortrag in der Stadtbücherei offiziell vorgestellt.
Alejandro Graziani, in den frühen 1990er Jahren Korrepetitor am Stadttheater Heilbronn, spielte dazu die Musikbeispiele live aus den Klavierauszügen.
Am 13. Februar 1995 bestätigt die Abteilung ‚Humanities and Social
Sciences’ der British Library den Erhalt eines Käthchen-Opernführers aus
Heilbronn: „[…] This is very much appreciated“.
Unterdessen hatte Günther Emig seine Recherchen über bisher wenig bekannte Aspekte der lokalen Musikgeschichte ausgeweitet. Zu den signifikanten Früchten dieser Bemühungen zählte u.a. die 1994 in der Stadtbücherei
gezeigte Ausstellung „Wunderkinder! Rio Gebhardt (1907-1944) und sein
Bruder Ferry (1909-1989)“.
Ich unternahm daraufhin Ende 1995 die Erstellung eines Auswahlverzeichnisses zum Thema Heilbronn und die Musik. Verzeichnis der in der Musikbücherei vorhandenen Medien. Dieses umfasste praktische Ausgaben aus dem
15
Kunden der Musikbibliothek im O-Ton
phonische Werke oder Opern, die ich mir eben damals als Schüler vom Geld
her nicht unbedingt leisten konnte. Deshalb war ich sehr dankbar für den
Bestand der Bücherei. Da habe ich also manche Stunden, manche Nachmittage, vor allem in den Ferien zu den Öffnungszeiten hier verbracht, denn es
dauert ja schon eine gewisse Zeit, bis man sich da durch eine Oper durchgehört hat.“
Lothar Heinle
Diese Zitate sind im Original als Tondokumente während verschiedener Interviews entstanden. Sie werden hier in Ausschnitten wörtlich zitiert.
„In der Regel gibt es gewisse
Dinge, die gibt es einfach nicht
mehr auf dem Markt, und da
bin ich oft hier fündig geworden. Frau Eisert hat mir da auch
einmal sehr geholfen und hat
Noten beschafft, die sie hier
nicht gehabt hat und hat lang
gesucht, bis sie sie bekommt.“
Brigitte Müller
„Soweit ich mich erinnern kann, war das erste Mal, dass ich in die Musikbibliothek kam im Deutschhof im Obergeschoss, etwas abseits, ... da hat man
sich am Anfang nicht ganz hin getraut... ich nehme an, das war in der Mitte
der 60er Jahre.
Ich nutze das vielfältige Angebot,
dass es hier gibt. Einmal gibt es hier
viele Biographien von namhaften
Komponisten, dann gibt es viele
Fachbücher über die verschiedenen
Stilrichtungen, Kompositionsarten,
die mich interessieren und vor allem interessiert mich die Geschichte des Jazz und der Swingmusik. Da
gibt es ja schon einen reichlichen
Bestand, der mir vor allem in meiner Jugend dazu geholfen hat in diese Musikrichtung zu gehen... Ich lasse mich immer überraschen, es werden ja immer die Neuerscheinungen ausgelegt. Man kann auch viele seltene Noten
finden, für seltene Instrumente... vom Hackbrett bis zur Äolsharfe. Ich finde
es gut, dass es immer die Neuerscheinungen gibt und dass einzelne Themenbereiche vorgestellt werden. Man muss schon sagen, dass eigentlich immer
das Aktuelle oder was sinnvoll ist zu beschaffen, vorrätig ist in der Musikbücherei.“
Werner Phillipp
„Als Klavierlehrerin an der Neckarsulmer Musikschule ist es für mich sehr
interessant hier zu recherchieren, zum Beispiel neue Noten für Schüler, weil
man sich nicht immer alles selber anschaffen kann und will, zu schauen, was
lohnt sich, was gibt es Neues, was gibt es vielleicht von unbekannteren
Komponisten, die man nicht zu Hause im Regal stehen hat... Deshalb komme
ich relativ regelmäßig in die Musikbibliothek.“
Regine Kurzweil
„... Ansonsten war der große Schallplattenbestand da. Da gab es zwei Abhörkabinen und zwei Plätze unter dem Fenster oben im Deutschhof, wo man
sich hinsetzen konnte... und einen Tisch, auf dem man größere Partituren
ablegen konnte... Was ich an Schallplatten damals abgehört habe, das waren
große Operngesamtaufnahmen, zum Beispiel von Richard Wagner, das waren
die gesamten Bruckner-Sinfonien, natürlich in Etappen,... überwiegend sym-
16
„Das Schöne an Bibliotheken ist, dass sie Möglichkeiten bieten, die man privat nicht darstellen kann. Sie haben mir mal dieses Klavierbuch empfohlen
von dem Otten. Der Herr Otten macht das so, er beschreibt die Einspielungen
der Pianisten. Das ist natürlich wie ein erzähltes Mittagessen. Aber wenn Sie
dann mit dem Buch in der Hand in die Bibliothek gehen können, gucken
können, ob die Einspielungen da sind, sich dann mit dem Buch zusammen
die CDs anhören, die der Mann bespricht, das ist privat nicht darstellbar. Es
ist aber ganz toll, dass es die Möglichkeit über die Bibliothek gibt, sowas zu
machen.“
Rainer Grotsch
stücken, Lieder, die die Kinder kennen gelernt hatten durch Schule, Kindergarten und so weiter.
Hier im Haus gehe ich oft in die Musikabteilung, um zu sehen, was es Neues
gibt, in Bezug auf Konzertveranstaltungen, Plakate, wo ich Termine entdecke... im Großraum Heilbronn, bis nach Stuttgart, Veranstaltungen, die mich
interessieren. Dann gibt es immer mal Spezialwünsche. Zuletzt habe ich die
französische Nationalhymne gesucht, die gesungen werden sollte ...
Heute nehme ich zum Beispiel Wolfgang Dauner mit, Solo Piano, ein Konzert,
das ich von Wolfgang Dauner in Kraichtal vor ungefähr drei Wochen gehört
habe, und ich freue mich jedes Mal, wenn ich solche Schätze hier entdecke...
In dieser Musikabteilung wurde ich bisher ausgezeichnet versorgt.“
Fred Dausel
„Ich komme in die Musikbibliothek schon mindestens seit 15 Jahren, da war
die Stadtbücherei noch im Deutschhof im alten Gebäude untergebracht...
Mein Interesse war, als ich von Stuttgart nach Heilbronn gezogen bin, für die
Enkelkinder kleine Kassetten zu holen mit Gute-Nacht-Liedern, mit Musik-
17
Musikbibliothek Heilbronn in Zahlen
1962
1972
1982
1999
2010
Noten
AV-Medien
Gesamt
Differenz
Bestand
Entleihungen Bestand Entleihungen Bestand
Entleihungen
Bestand
Entleihungen
1907
1799
3851
3930
1698
5635
6145 Steigerung
Steigerung
9251
12182
5491
14132
18453
31050
10875
11439
4900
63823
28907
75262
10038
16687
12720
97944
26463
121718
370%
1881%
140000
120000
100000
Musikbibliothek
Medienbestand
80000
60000
Musikbibliothek
Ausleihen
40000
20000
0
1972
1982
1999
2010
20000
120000
100000
15000
80000
Notenbestand
10000
AV-Medien
Bestand
60000
Notenausleihen
AV-Medien
Ausleihe
40000
5000
20000
0
0
1962 1972 1982 1999 2010
1972
18
1982
1999
2010
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Berliner Platz 12
74072 Heilbronn
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Öffnungszeiten:
Di – Fr 10:00 bis 19:00 Uhr
Sa
10:00 bis 15:00 Uhr
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