Parasitosen bei Kleinwiederkäuern KLEIN
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Parasitosen bei Kleinwiederkäuern KLEIN
12.03.2013 Parasitosen bei Kleinwiederkäuern Was Sie heute Abend mit nach Hause nehmen können… • Was und wie sind Parasiten? • Woran sehe ich, ob meine Schafe Parasiten haben? • Welche Parasiten gibt es und wo sind sie? • Wie kann ich Parasiten bekämpfen? Liebegg, 15. Nov. 2012 Info-Abend für Schafhalter Rolf Liniger, Tierklinik24 Definition Parasit – Epidemiologie – Diagnostik – Massnahmen (Management + Behandlung) Endoparasiten, leben im Tier • Ein Parasit ist ein Organismus, der sich von anderen Lebewesen (Wirt) ernährt oder diesen zu Fortpflanzungszwecken befällt. Er kann den Wirt schädigen, indem er seine Organfunktionen beeinträchtigt, Zellen zerstört und ihm wichtige Nährstoffe entzieht, ihn aber normalerweise nicht tötet. Ektoparasiten leben auf dem Tier Ektoparasiten Räude - Psoroptes ovis = Räudemilben 1 12.03.2013 Woran sieht man ob ein Tier Parasiten hat? Protozoen (Einzeller) z.B. Kokzidiose (Eimeriose) • Streng wirtsspezifisch • Alle Altersgruppen betroffen, jedoch nur bei Jungtieren problematisch (1. – 2. Monat) • V.a. bei intensiver Haltung und schlechter Hygiene während Stallaufzucht oder nach Verbringung in den Maststall Kokzidien • die hoch infektiösen Kokzidien der Gattung Eimeria gelten als eine der wichtigsten Ursachen für Durchfall und verminderte Wachstumsraten bei Kälbern und Lämmern. • Fast alle Tiere kommen zu irgendeinem Zeitpunkt in Kontakt mit dem Parasiten. • Kokzidien zerstören bei der Vermehrung die Darmschleimhaut. Davon erholt sich die Darmschleimhaut niemals vollständig, so dass langfristige Schäden und Leistungsdepressionen vorprogrammiert sind Kokzidien Bekämpfung • Ziel: Verhütung starker Infektionen der Jungtiere und gleichzeitige Möglichkeit der Immunitätsbildung • Prophylaxe / Metaphylaxe bewirkt Reduktion der Kontamination der Umwelt mit Oozysten: – Verringerung des Tierbesatzes – Regelmässiger Einstreuwechsel – Thermische Desinfektion des Stalles mit Hochdruckreiniger – Medikamente: z.B. Baycox 5%, 7- 10 Tage nach Weideaustrieb, Ein- oder Umstallen, einmalig per oral Fasciolose (grosser Leberegel) • Vorkommen: v.a. Rinder, aber auch Schafe und Ziegen betroffen • Krankheitsanzeichen: Verdauungsstörunge n, Gewichtsverlust, vergrösserter Bauchumfang, blasse, gelbliche Schleimhäute • Bedeutung: Leber kann bei Schlachtung nicht verwendet werden, Kümmerer 2 12.03.2013 Bekämpfung des grossen Leberegels • Strategischer Einsatz von fasciolizid wirkenden Arzneimitteln – Grossflächig möglichst alle potentiellen Träger von Fasciola hepatica behandeln (Rd, Sf, Zg, ev. Sw, Pfd) die älter als 3 Monate sind – 1. Behandlung im Herbst nach Aufstallen Entwicklungszyklu s des grossen Leberegels – 2. Behandlung vor Weideaustrieb – Diese Behandlung während 2-3 Jahren, später nur noch 1 x / Jahr, reduziert Häufigkeit und Befallsstärke – Bei Schafen kann einer subakuten Fasciolose vorgebeugt werden durch eine zusätzliche Behandlung zwischen August und September Bekämpfung des grossen Leberegels • Präparate – Wirkstoff Triclabendazol als Monopräparat • (Fasinex®) in CH nicht zugelassen – Als Kombipräparate: • Cydectin® Triclamox Schaf (Moxidectin, Triclabendazol) • oder Endex® (Levamisol, Triclabendazol) Bekämpfung des grossen Leberegels • Massnahmen zur Infektionsprophylaxe – Fernhalten der Tiere vor Primärhabitaten des Zwischenwirtes Galba Truncatula (Teiche, Bäche, Wassergräben) durch dauerhaftes Auszäunen – Vermeidung von Sekundärhabitaten von G. Truncatula wie sumpfige Tränkeplätze > Kunsttränke mit Betonboden – Silierung oder Heugewinnung von „verseuchtem“ Gras Kleiner Leberegel (Dicrocoelium dentriticum) • Der kleine Leberegel ist bei den Kleinwiederkäuern weit verbreitet • Meist verläuft die Infektion symptomlos oder harmlos und bedarf keiner Therapie, anders ist es jedoch bei den Neuweltkameliden • Häufiger Schlachtbefund, teilweise massivster Befall ohne klinische Anzeichen einer Erkrankung • Interessanter Entwicklungszyklus 3 12.03.2013 -Der adulte Wurm lebt im Gallengang des Endwirtes (Schaf, Rind); -Die embryonierten Eier werden im Stuhl ausgeschieden -das Ei wird vom 1. Zwischenwirt (Landschnecken) aufgenommen; über 2 Generationen von Sporozysten entstehen in der Mitteldarmdrüse viele Zerkarien -die Schnecke gibt Schleimballen ab, die Zerkarien enthalten der 2. Zwischenwirt (Ameisen) frisst diese Schleimballen -Die Zerkarien enzystieren sich zu Metazerkarien, eine im Unterschlundganglion (Hirnwurm), die anderen im Hinterleib; durch die ausgelöste Verhaltensänderung der Ameise (nächtlicher Klammerreflex auf Pflanzen) kommt es zur oralen Aufnahme der infizierten Ameisen durch den Endwirt Bekämpfung des kleinen Leberegels • sollte eine Behandlung notwendig sein, sollte sie mit Praziquantel z.B. Cestocur ® erfolgen • Zur Prüfung der Wirksamkeit des eingesetzten Medikamentes sind vor und nach der Behandlung quantitative Kotuntersuchungen erforderlich. • Obwohl dieses Präparat zur Bekämpfung des Bandwurmes bei Schafen eingesetzt wird, konnte die Wirksamkeit einer Behandlung mit Praziquantel durch eine deutliche Reduktion der Eiausscheidung um durchschnittlich 90% aufgezeigt werden. Bisher sind keine Resistenzen des kleinen Leberegels gegenüber Praziquantel bekannt. Bandwürmer • Bei Schaf und Ziege v.a. Moniezia spp. • Die Entwicklungsstadien überwintern in freilebenden Moosmilben • Erhöhter Infektionsdruck im Frühling kurz nach Weideaustrieb • Gefährdet sind v.a. Jungtiere in der ersten Weideperiode Bandwürmer Stumpfe, glanzlose Wolle kann auf einen Befall mit Bandwürmern hindeuten. Abgestossene Gliederketten von Bandwürmern im Schafkot Bandwurmbekämpfung • Befallene Lämmer Ende Juni, anfangs Juli mit einem spezifischen Bandwurmmittel (Wirkstoff Praziquantel, Cestocur®) behandeln. • Auch Breitspektrumanthelm inthika sind wirksam, dabei wirken aber nur erhöhte Dosen gegen Moniezia ausreichend. 4 12.03.2013 Magen-Darmstrongylidose • Epidemiologische Grundlagen: – Bei kleinen Wdk. steht im schweizerischen Mittelland und Jura v.a. die Haemonchose im Vordergrund, doch sind Mischinfektionen mit anderen MDS- Arten die Regel. – Hauptinfektionsrisiko in der 2. Hälfte der Weideperiode (ab Mitte Juni) Magen-Darmstrongylidose – Von epidemiologischer Relevanz ist, dass die Ueberwinterung bei Haemonchus grösstenteils in Hypobiose (Entwicklungspause) im Tier erfolgt. – Nach Weiterentwicklung der hypobiotischen Larvenstadien während der Hauptablammzeit Ende Winter, tritt bei Mutterschafen eine peripartal stark erhöhte Eiausscheidung statt – Dieser „spring rise“ bewirkt eine massive Weidekontamination – V.a. bei Haemonchus spielen darum ältere infizierte Tiere für die Frühjahrsinfektion der Lämmer eine wesentliche Rolle. – Andere MDS Arten überdauern dagegen den Winter vorwiegend auf der Weide Symptome bei Haemonchose Haemonchus contortus ist ein 18 – 30 mm langer Fadenwurm, der blutsaugend im Labmagen parasitiert. Ein Massenbefall führt zu Anämie und Todesfällen. Bekämpfungsmassnahmen MDS • Strategische Massnahmen v.a. bei nicht gealpten Tieren wichtig (hoher Infektionsdruck) • Anthelminthika resistente MDS Populationen weit verbreitet Haemonchus contortus ist ein Blutsauger im Labmagen Todesfälle bei Lämmer v.a. im Sommer 5 12.03.2013 Frühling: Weideaustrieb und Ablammen > Anstieg der Eiausscheidung der Auen (Spät)Sommer: Hauptinfektionszeit Auen: Eiaus s cheidung (Kot) Auen: Eiaus s cheidung (Kot) Lämmer: Eiaus s cheidung (Kot) Lämmer: Eiaus s cheidung (Kot) Infektiös e Larven (W eide) Infektiös e Larven (W eide) Gefahr für Lämmer! April Juni Augus t Oktober April – Beseitigt die im letzten Abschnitt der Weidesaison erworbene Wurmpopulation – Unterbindet eine Ausscheidung von ehemals hypobiotischen Stadien im Frühling Oktober • Aufstallungsbehandlung aller Schafe im Spätherbst / Winter • Austriebsbehandlung aller älteren Schafe im Frühling • Behandlung der Schafe während der Weidesaison MDS Behandlung nach Aufstallung • Einmalige Behandlung aller Schafe bei Aufstallung (spätestens vor Winterablammsaison) mit einem für den Bestand nachgewiesenermassen wirksamen Anthelminthikum Augus t Grundschema des MDS Behandlungskonzeptes Ziele der MDS Bekämpfung • Weidekontamination durch Muttertiere im Frühling reduzieren • Infektion der Lämmer mit auf der Weide überwinterten MDS Larven vermeiden • Aufschaukeln des Ansteckungsrisikos im Sommer verhüten Juni Empfohlene Behandlungen HERBST • Ziel: Sauber in die Stallsaison • Alle Tiere • NACH Aufstallen Weidesaison Jan Mär Mai Jul Sep N ov 6 12.03.2013 MDS Frühlingsbehandlung • Macht dann Sinn, wenn die Aufstallungsbehandlung nur mit unzureichender Wirkung erfolgte (vorangehender Kotuntersuch) • Die Medikation der im Winter geborenen Lämmer ist überflüssig und unrentabel Empfohlene Behandlungen FRÜHLING • Ziel: Eindämmung des Anstiegs der Eiausscheidung der Auen, Sauberhaltung der Weide • Nur Alttiere • VOR Weideaustrieb ACHTUNG: Entwurmung muss während Austrieb wirken! Wenn länger bis Austrieb, dann langwirksames Entwurmungsmitte l verwenden. Jan Mär Mai Jul Sep N ov Weidesaison MDS Behandlung während der Weidesaison • Anzahl der Behandlungen ist abhängig von – Produktionsform (Milch / Fleisch) – Weidebesatzdichte – Jungtieranteil – Zufütterung – Wetterbedingungen Empfohlene Behandlungen SOMMER • Ziel: Reduktion der Wurmbürde vor Hauptinfektionszeit • Alle Tiere (Jung- und Alttiere) • Zur Vermeidung eines unnötigen Einsatzes von Anthelminthika regelm. koprologische Herdenüberwachung mit Sammelkotproben Weidesaison Jan MDS Behandlung während der Weidesaison • Das früher propagierte Vorgehen, Behandlung mit anschliessendem Umtrieb auf „saubere“ Weide sollte heute nicht mehr angewendet werden: Untersuchungen belegen, dass damit Anthelminthika resistente MDS Populationen gefördert werden • Eine Alternative wäre die selektive Behandlung (Gruppen), dies verzögert die Resistenzentwicklung. An der Definition der Auswahlkriterien wird noch gearbeitet. Mär Mai Jul Sep N ov Verschiedenes zur MDS Behandlung • Anthelminthika Einsatz bei Ziegen: – Substanzen verschiedener Wirkstoffgruppen werden bei Ziegen wesentlich schneller verstoffwechselt und haben eine geringere Bioverfügbarkeit als bei Schafen – Darum wird empfohlen, die für Schafe geltende Dosierungen bei Ziegen um den Faktor 1.5 – 2 zu erhöhen („off label“ Anwendung) 7 12.03.2013 Verschiedenes zur MDS Behandlung • Schafe und Ziegen ca. 12 h vor und einige h nach peroraler Entwurmung hungern lassen. Dies verlängert die Verweildauer oral applizierter Wirkstoffe im Verdauungstrakt und erhöht damit ihre Wirksamkeit. • Oral applizierte Präparate sollten möglichst hinten auf den Zungengrund gegeben werden. Dadurch wird das Medikament bevorzugt im Pansen positioniert woraus ebenfalls eine verlängerte Verweildauer und bessere Wirkung resultiert. Anthelminthika Resistenz bei Trichostrongyliden Anthelminthika Resistenz bei Trichostrongyliden • V.a. bei Haemonchus contortus • Resistenz richtet sich v.a. gegen Medikamente aus der Benzimidazol Gruppe (Valbazen®, Panacur®, Hapadex®) • Schon im Jahr 2001 wurden in der Schweiz in über 83% der untersuchten Schaf- und Ziegenherden Benzimidazol-resistente MDS festgestellt. • Neuerdings sind in CH und D vermehrt auch Haemonchus-Populationen mit einer Resistenz gegenüber makrozyklischen Laktonen (Ivomec®, Dectomax®, Cydectin®) gefunden worden. • In solchen Fällen kommen nur noch Levamisol (In CH nur als Kombipräparat im Handel: Endex® (Levamisol und Triclabendazol)) oder neu Monepantel (Zolvix®). Dies sind ReserveAnthelmintika und sollten nur bei festgestellter Resistenz zur Anwendung gelangen! Anthelminthika Resistenz bei Trichostrongyliden Massnahmen zu einem bedarfsgerechten Einsatz von Entwurmungsmitteln • Wie kommen Resistente MDS Populationen in einen Betrieb? – Einschleppung durch Zukauf infizierter Tiere – Selektion im eigenen Bestand durch wiederholten Anthelminthika Einsatz • Kann eine Resistenz aus einem Bestand auch wieder verschwinden? – Dies ist kaum möglich, selbst bei langjähriger Nichtanwendung der selektierenden Wirkstoffe • Verringerung der Behandlungshäufigkeit – Abstützung des Anthelminthika Einsatzes auf Kotuntersuchungen – Zur gezielten Bandwurmbehandlung (Monieziose) Praziquantel, bzw. zur Bekämpfung der Fasciolose Triclabendazol verwenden, anstelle von Breitspektrum Mitteln – Kontaminationsmindernde Massnahmen im Weidemanagement 8 12.03.2013 Massnahmen zu einem bedarfsgerechten Einsatz von Entwurmungsmitteln Massnahmen zu einem bedarfsgerechten Einsatz von Entwurmungsmitteln • Keine Kombination von Behandlung und anschliessendem Umtrieb • Wechsel der Wirkstoffgruppen nach jeder Behandlung • Vermeidung von Unterdosierung • Ueberprüfung des Behandlungerfolges (im Sommer 7-10 Tage nach Behandlung von 5-7 Tieren Sammelkotprobe untersuchen lassen • Bei mangelnder Wirksamkeit des Anthelminthikums dieses und Wirkstoffe der gleichen chemischen Gruppe nicht mehr anwenden • Zugekaufte Tiere im Quarantänestall behandeln, vorzugsweise mit Monepantel (Zolvix®) und erst nach kontrolliertem Erfolg in eigene Herde eingliedern. In der Hoffnung, dieser Einblick in die aktuelle Parasitenbekämpfungs-Situation, habe etwas Licht ins Dunkel gebracht… Rolf Liniger, Tierklinik24 Staffelbach 9