Das Journal der staatsoperXhannover

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Das Journal der staatsoperXhannover
März/April 2009
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seitenbühne
Das Journal der staatsoperXhannover
Der Rosenkavalier
Oper von Richard Strauss
„Regisseur Christof Nel zerlegt die Handlung in
Situationen, Stimmungen, Seelensplitter und bricht
so von Anfang an die Scheinharmonie auf, die
man uns im Rosenkavalier immer als Harmonie
vorgespiegelt hat.“
Opernwelt
„Eine unerhört vielschichtige Seelenmusik, die
Wolfgang Bozic meist mit Delikatesse, beizeiten
auch zupackend entfaltet.“
Die Deutsche Bühne
„Gesungen wird durchweg auf hohem Niveau.“
Hannoversche Allgemeine Zeitung
„Das Niedersächsische Staatsorchester konnte im
Laufe des Abends genüsslich zeigen, dass es im deutschen Repertoire mit Lust und Klasse agieren kann.“
Das Opernglas
Titel: Idomeneo – Tomasz Zagorski (Idomeneo), Ania Wegrzyn (Ilia)
Albert Pesendorfer (Ochs), Chor und Ensemble
Musikalische Leitung Wolfgang Bozic
Inszenierung Christoph Nel
Szenische Analyse Martina Jochem
Bühne Jens Kilian
Kostüme Barbara Aigner
Chor Dan Ratiu
Dramaturgie Dorothea Hartmann
Feldmarschallin Kelly God
Baron Ochs auf Lerchenau Albert Pesendorfer
Octavian Matilda Paulsson
Herr von Faninal Frank Schneiders
Sophie Dorothea Maria Marx
Jungfer Marianne Leitmetzerin Carmen Fuggiss
Valzacchi Jörn Eichler
Annina Okka von der Damerau
Polizeikommissar Shavleg Armasi
Sänger Sung-Keun Park
Die letzten Vorstellungen in dieser Spielzeit
am 8. März (16 Uhr) und 8. April (19.30 Uhr)
Proszenium
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Von Göttern und Menschen
Anlässlich der bevorstehenden neuen Ring-Produktion in unserem Haus habe ich
mir – sicher nicht als erster – die Frage gestellt, wieso Wagner gerade in seinem
„göttlichen“ Opern-Marathon auf den Chor weitgehend verzichtet hat. Nur in
der Götterdämmerung gibt es zwei Chorszenen, in den weiteren drei Opern des
Zyklus ist der Chor der große Abwesende. Aus den anderen bedeutenden
Wagnerschen Werken von Rienzi bis Parsifal ist der Chor jedoch nicht wegzudenken, und ganz grundsätzlich spielt er im Musiktheater des 19. Jahrhunderts
eine große Rolle.
Doch wen repräsentiert der Chor? Um bei Wagner zu bleiben: verschiedene
Volksgruppen, Seeleute, Handwerker, Ritter – Menschen eben, keine Götter!
Und wenn man die gesamte Musikgeschichte betrachtet, findet man selten im
Chor singende Götter, höchstens – wie in Haydns Schöpfung – Gott preisende
Engel. Meistens sind es Menschen!
Wenn wir an die Anfänge des Theaters denken, war der Chor der Antike eine
Art kollektiver Kommentator: selten jedoch ein distanzierter Zeigefinger, sondern
vielmehr ein affektiver Teilnehmer. Diese emotionale Gestaltung des Chorgesangs hilft dem Zuschauer, über den Nicht-Realismus des Gleichzeitig-Singens
hinweg zu sehen.
Die tägliche Arbeit mit dem Chor beinhaltet u.a. auch den Umgang mit dem
Gegensatz von individuellem Ausdruck des Einzelnen und kollektivem Zusammenhalt und -klang. Diese Dialektik ist eine zutiefst menschliche und findet
durchaus Parallelen in der Gesellschaft.
Eine zu forsch auftretende Individualität bedroht oder stört die angestrebte
Einheit. Andererseits ergibt der Verzicht auf jede individuelle Empfindung meist
nur einen künstlichen und gelähmten Ausdruck. Die Balance dazwischen muss
mit jeder Probe neu gefunden werden. Der Versuch, durch Überzeugung eine
Einheit zu erreichen, muss immer wieder neu unternommen werden.
Vom Alltag zurück zur Bühne: Der Chor kann – etwa in den Opern der Moderne,
von einem „Gott“ (in Henzes Bassariden) zwar verführt werden oder einem
Gerechtigkeitswahn verfallen (in Brittens Peter Grimes), bis er sich in eine
bedrohliche oder zerstörerische, unmenschliche Gewalt verwandelt. Das göttliche
Virus infiziert dieses Kollektiv zwar, er beeinflusst es und lenkt es. Doch er kann
es letztlich nicht verwandeln. Die Schlussszene der Bassariden zeigt: Sie bleiben
Menschen, mit Ängsten, Sehnsüchten und Gefühlen. Und das ist gut so.
Dan Ratiu
Chordirektor
10 Gründe …
Oper
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… warum Leoš Janáčeks Aus einem Totenhaus
zu Recht als eine der „außergewöhnlichsten“
Opern der Musikgeschichte gelten kann
1) Eine ungewöhnliche Vorlage
Dienten Leoš Janáček ohnehin schon bei fast der Hälfte seiner
Werke keine Theaterstücke, sondern Romane und Erzählungen als
Vorlagen, so ist die Vertonung von Fjodor M. Dostojewskis Aufzeichnungen aus einem toten Haus auch im Hinblick auf Janáčeks gesamtes
Opernschaffen in höchstem Maße ungewöhnlich zu nennen. Denn
Dostojewskis Werk ist, überspitzt formuliert, noch weniger als ein
Roman, sondern vielmehr das, was auch der Titel „Aufzeichnungen“
suggeriert: eine Reportage, eine nüchterne Schilderung der menschenverachtenden Umstände in einem sibirischen Straflager, so wie
Dostojewski selbst sie erlebt hatte während seiner vierjährigen
Haftstrafe in Omsk. Aus der Sicht des fiktiven Häftlings Alexander
Petrowitsch Gorjantschikow liefert der Autor Portraits der unterschiedlichen Lagerinsassen, von den grausamen Offizieren bis hin zu
den Hunden des Lagers. Ein mehr als sperriges Material also, um
daraus ein Opernlibretto zu formen.
2) Ein Libretto, das nie geschrieben wurde
Wie bei einigen anderen seiner Opern (z.B. Kát’a Kabanová, Das
schlaue Füchslein oder Věc Makropulos) verfasste Janáček auch für seine
letzte Oper das Libretto selbst. Ein Begriff wie „verfassen“ erscheint
angesichts von Janáčeks Arbeitsweise allerdings kaum adäquat, suggeriert er doch, der Komponist hätte sich aus der Vorlage ein auf verschiedene Rollen verteiltes Drama herausdestilliert und niedergeschrieben. Es gibt jedoch keinerlei Hinweis darauf, dass eine solche
Niederschrift je existiert hätte. Vielmehr übersprang Janáček den
Zwischenschritt eines Librettos und komponierte direkt aus der –
noch dazu im russischen Original verwendeten – Romanvorlage
Dostojewskis. So ist das Tschechische an vielen Stellen von russischen
oder sogar ukrainischen Einsprengseln durchsetzt.
diese Figur nur schwerlich bezeichnen. Tatsächlich haben wir es in
Janáčeks Oper mit einem Kollektiv zu tun, aus dem einzelne Figuren
mit ihrem Schicksal für kurze Augenblicke auftauchen, um dann wieder in der Gruppe zu verschwinden. In einer umgekehrten Wirkung
aber stellt diese Gruppe durch die aus ihr hervortretenden Gesichter
und Namen wiederum keine amorphe, namenlose Masse dar, sondern vielmehr eine Ansammlung aufeinander geworfener Individuen.
Die kurzen Momente der Entäußerung einzelner Gefangener
erscheinen wie Ausschnitte aus dem unfassbaren, weil unermesslichen Leid aller Häftlinge, von denen jeder einzelne ein ähnliches
Schicksal zu berichten hätte.
5) Eine Handlung aus Splittern
Jene Schicksale aber erfährt der Zuschauer allenfalls in Bruchstücken,
die sich nur mit Mühe zu einer Geschichte zusammenfügen lassen. So
lässt sich höchstens erahnen, dass der Gefangene Skuratov nicht nur
den wohlhabenden Deutschen, der seine Luisa heiraten wollte,
erschossen hat, sondern vermutlich auch die geliebte Luisa selbst.
Und warum Luka Kuzmič überhaupt in jenes Gefängnis kam, wo er
dem dortigen Major ein Messer in den Bauch rammte, bleibt völlig
im Dunkeln. In den häufig in Rede und Gegenrede geschilderten
Erinnerungen bleibt zudem oft unklar, wer gerade redet. Manche
Sätze aber bleiben in ihrer Mischung aus Tschechisch, Russisch und
mährischem Dialekt völlig unverständlich. Doch gerade damit gelingt
Janáček etwas in der Oper bis dahin noch nicht Dagewesenes: Mit den
für einen Dritten nie ganz verständlichen Dialogen, die umgeben sind
vom Alltäglichen, das sie unterbricht, verzögert, unsystematisch und
unlogisch macht, entdeckt die Oper die Welt der Prosa.
3) Eine Oper ohne Frauen
Eine ungewöhnliche Vorlage fordert eine ungewöhnliche Besetzung:
In Entsprechung zur Lagersituation schreibt Janáček eine Oper, die
sowohl bei den Solisten als auch im Chor ausschließlich mit Männern
besetzt ist. (Die einzige Frauenrolle ist eine das Lager besuchende
Dirne.) Von Puccinis Einakter Suor Angelica (der ausschließlich mit
Frauen besetzt ist) einmal abgesehen, müsste man sicherlich lange
suchen, um in der abendländischen Opernliteratur eine ähnlich kompromisslose Besetzung zu finden.
6) Wie Sprache zu Musik wird
Die Prosa des Alltäglichen lauschte Janáček tatsächlich der Realität ab,
notierte sich kurze Sätze, die er rein zufällig aufgeschnappt hatte, in
sein Notizbuch und versuchte, ihre Sprachmelodie und den dahinter
stehenden emotionalen Gehalt mit Hilfe der fünf Linien des abendländischen Notensystems zu fassen. Ohne dass er derlei Notate direkt
in eine seiner Opern übernahm, ging dennoch sein Bewusstsein für die
Verbindung zwischen Sprache und Empfinden mit in seine Werke
ein. Allein aus diesem Grunde scheint es kaum möglich, Janáčeks
Vokalkompositionen in einer anderen Sprache als der Tschechischen
gerecht zu werden.
4) Eine Oper ohne Hauptrollen
Zwar bildet Ankunft und Entlassung von Alexandr Petrovič Gorjančikov (so die tschechische Schreibweise des russischen Namens) den
Rahmen der Opernhandlung, aber als Hauptrolle kann man auch
7) Eine „unverwechselbare“ Musiksprache
In kaum geringerem Maße floss auch Janáčeks Auseinandersetzung
mit der Volksmusik seiner mährischen Heimat in seine Kompositionen ein. Häufige Taktwechsel, Melodiephrasen von ungleicher Länge
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Oper
und die Verwendung modaler Tonarten, die den Halbtonschritt zwischen Leitton und Grundton nicht kennen, verleihen der Musiksprache Janáčeks etwas Unverwechselbares, das auch in der tschechischen
Musikgeschichte keine direkte Weiterführung fand.
8) Ein rätselhaftes Autograph
Ebenso unkonventionell wie das im Grunde fehlende Libretto ist
auch die schriftliche Fixierung der Partitur: Janáček notierte das
gesamte Werk auf kleinen unbedruckten Blättern im Querformat, auf
denen er selbst nach Bedarf die Liniensysteme freihändig einzeichnete. Endete eine Stimme, so endeten auch die Notenlinien. Janáček
mochte vorgedrucktes Notenpapier nicht, weil es ihn nach eigener
Aussage nur dazu verleitete, unnötige Füllstimmen einzufügen. Zahlreiche seiner ab etwa 1900 entstandenen Werke hat er daher in der
oben beschriebenen Weise notiert, Aus einem Totenhaus ist jedoch das
erste Bühnenwerk, das mit dieser Methode niedergeschrieben wird.
9) Ein langer Weg zurück zum Original
Kein Wunder, dass man ein derartig schwer lesbares und unvollständig wirkendes Manuskript mehr für eine Skizzensammlung denn für
ein vollendetes Werk hielt, zumal der Komponist verstarb, bevor er
letzte Korrekturen an seiner Oper vornehmen konnte. Und so machten sich Janáčeks Nachlassverwalter gleich nach seinem Tod daran,
den vermeintlichen Torso zu ergänzen: mit Füllstimmen, Glättungen
allzu „chaotisch“ wirkender Dialoge – und mit einem positiven
Schluss. In dieser Gestalt gelangte das Werk am 12. April 1930 in
Brno (Brünn) zur Uraufführung, und so wurde es bis in die 1960er
Jahre gespielt. Dirigenten wie Rafael Kubelík und Sir Charles
Mackerras ist es zu danken, dass in den vergangenen 40 Jahren die
Kühnheit des 74-jährigen Janáček Schicht um Schicht wieder ans
Tageslicht gebracht wurde und uns heute eine Fassung seiner letzten
Oper vorliegt, die sehr nahe an den Absichten des Komponisten zu
sein scheint.
10) Ein hochaktueller Stoff
„In jeder Kreatur ein Funken Gottes“ schrieb Leoš Janáček auf das
Deckblatt seiner Partitur von Aus einem Totenhaus. Keine Opfer staatlicher Willkür sind die Gefangenen seiner Oper, sondern „Kriminelle“, deren „Verbrechen sich nicht von ihrer Stirn wischen“ lassen
(Janáček), die aber trotz allem Menschen sind – mit der Fähigkeit zu
leiden und dem Recht auf Mitgefühl. Diese allgemein gültige Forderung nach Menschlichkeit und Achtung der Menschenwürde auch
und gerade für den Schwerverbrecher ist es, die die zeitlose Aktualität dieses einzigartig in der Operngeschichte dastehenden Werkes
ausmacht. Und so vermeidet Regisseur Barrie Kosky, dem hannoverschen Publikum durch seine auch überregional für Furore sorgende
Inszenierung von Brittens Peter Grimes in der vergangenen Spielzeit
bekannt, ganz bewusst jede allzu schnell banal wirkende politische
Anspielung, so nahe sie auch läge, verzichtet auf gestreifte Sträflingskleidung oder orangefarbene Overalls ebenso wie auf Stacheldraht
und Überwachungskameras, sondern setzt allein auf Janáčeks auskomponierte Psychogramme schuldig gewordener, aber darum nicht
weniger leidender und bemitleidenswerter Menschen in menschenunwürdigen Verhältnissen.
Ulrich Lenz
Leoš Janáček
Aus einem Totenhaus
Oper in drei Akten
In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung Wolfgang Bozic
Inszenierung Barrie Kosky
Bühne und Kostüme Katrin Lea Tag
Chor Dan Ratiu
Dramaturgie Ulrich Lenz
Alexandr Petrovič Gorjančikov Jin-Ho Yoo
Aljeja Janos Oscovai
Luka Kuzmić Robert Künzli
Der große Sträfling Vojtech Filip
Der junge Sträfling Stefan Zenkl
Der Platzkommandant Frank Schneiders
Skuratov Ivan Turšić
Čekunov Wolfgang Newerla
Čerevin Tadeusz Galczuk
Šapkin Jörn Eichler
Šiškov Brian Davis
u.a.
Herrenchor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Premiere am 15. März 2009, 18.30 Uhr
Einführungsmatinee am Sonntag, 8. März 2009,
11 Uhr, Laves-Foyer
Öffentliche Generalprobe am Freitag,
13. März 2009, 18.30 Uhr
Die Premiere wird von NDR Kultur live übertragen.
Mit freundlicher Unterstützung
der Stiftung Staatsoper Hannover
„Nachgehakt“ jeweils im Anschluss an die Vorstellung
> am 29. März mit Regisseur Barrie Kosky.
> am 6. Mai mit Sängern der Produktion.
> am 16. Mai zum Thema „Wo bleibt die Menschenwürde im
Gefängnis?“ mit dem Direktor der JVA Hannover Matthias
Bormann und dem Rechtspsychologen Dr. Steffen Dauer.
Moderation: Sabine Lange (NDR)
Auf verwachsenem Pfade: Wege zum späten Janáček
Kammerkonzerte, Musikalische Analysen, Symposium in
Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater
Hannover vom 3. bis 6. Mai
Oper
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Idomeneo
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
Brigitte Hahn (Elettra)
„Mozart-Glück in Hannover“
Weser-Kurier
„Starregisseur Philipp Himmelmann hat
Mozarts eher selten gespielten Idomeneo
so ernst genommen, wie es diese Oper
verdient. Und sie damit auf frappierende
Weise aktualisiert.“
Neue Presse
„Haselböcks Mozart klingt schlackenfrei,
beredt und edel. Nichts ist beiläufig, jede
Phrase hat Luft und Ziel. Selten ist
Mozart so überlegen zu hören wie hier.“
Musikalische Leitung Martin Haselböck
Inszenierung Philipp Himmelmann
Bühne Elisabeth Pedross
Kostüme Petra Bongard
Video Rainer Schwarz
Chor Dan Ratiu
Dramaturgie Sylvia Roth
Idomeneo Tomasz Zagorski
Idamante Julia Faylenbogen / Barbara Senator
Ilia Alla Kravchuk / Anja Wegrzyn
Elettra Arantxa Armentia / Brigitte Hahn
Arbace Karsten Ruß / Ivan Turšić
Gran Sacerdote di Nettuno Karsten Ruß / Edgar Schäfer
La Voce Shavleg Armasi / Young Myoung Kwon
Chor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Hannoversche Allgemeine Zeitung
Vorstellungen am 5., 10., 20. und 28. März sowie 26. April 2009.
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seitenbühne
Ballett
Durch die Form erzählen
Thomas Kaiser ist den Niedersächsischen Staatstheatern Hannover seit langem verbunden. Schneiderlehrling, Gewandmeister, Kostümdirektor waren die Stationen, die er hier – mit Unterbrechung durch
Tätigkeiten an anderen Häusern – durchlaufen hat. Nach neunzehn Jahren in Fest-Engagements
entschied er sich 2008, künftig freiberuflich zu arbeiten. Für Bilder einer Ausstellung/Der Feuervogel,
den neuen Ballettabend von Jörg Mannes, kehrt Thomas Kaiser als Kostümbildner zurück an die
Staatsoper Hannover. Die Dramaturgin Brigitte Knöß sprach mit ihm.
Du hast während deiner Laufbahn mit einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Kostümbildner zusammengearbeitet und deren Wünsche und Vorstellungen realisiert. War darunter jemand, der deine Entwicklung besonders
geprägt hat?
Wichtig waren sie alle. Jeder Kostümbildner bringt seine Persönlichkeit und Herangehensweise mit und hat seine eigene Handschrift.
Als ich anfing, war es selbstverständlich, dass Kostümbildner mit
Figurinen kamen und man ein Konzept hatte, das durchgezogen
wurde. Aber die Theaterlandschaft und das Herangehen an Stücke
haben sich stark gewandelt, aus der Statik hat sich eine Lebendigkeit
entwickelt, der wir Rechnung tragen müssen. Heute entsteht sehr viel
auf Proben, die Dinge verändern sich, weil sie abhängig sind von den
jeweiligen Darstellern – egal ob Sprechtheater, Oper oder Tanz. Ich
finde es spannend, dass dadurch plötzlich Seiten beleuchtet werden,
an die man zuvor nicht gedacht hat.
Bis vor kurzem standst du auf der Seite der Realisation, du kennst die Herstellungszeiten für ein Kostümbild und weißt deshalb, dass dieser Prozesscharakter durchaus seine Tücken hat.
Mittlerweile haben die Abteilungen schon ihren Weg gefunden,
damit zurechtzukommen. Wichtig in den großen Opernproduktionen ist es, das Kollektiv Chor frühzeitig zu bewältigen und eine Einheit herzustellen, um sich dann Flexibilität für die Solistenkostüme
zu lassen.
Man muss miteinander reden. Als Kostümbildner versuche ich, mit
dem jeweiligen Regisseur oder Choreographen einen Weg zu finden,
der künstlerisch nicht zu sehr einengt, der es der Kostümabteilung
aber auch ermöglicht, das zu realisieren, was wir dann sehen wollen
auf der Bühne.
Ballett
Ganz zu Anfang deiner Karriere hast du zwei Mal Kostümbilder für
Ballett entworfen.
Als Leiter der Kostümabteilung Krefeld-Mönchengladbach habe ich
die Ausstattung für ein Beatles-Ballett und für Carmina Burana
gemacht. Danach war es erst einmal für einige Jahre vorbei mit der
Kostümbildnerei. Während meiner Zeit am Aalto-Theater Essen
habe ich dann im Rahmen der „Visitenkarten“, einer Reihe für junge
Choreographen, gemeinsam mit ihnen Kostüme entwickelt und auf
die Bühne gebracht. Damals habe ich übrigens auch Jörg Mannes
kennengelernt und mit ihm gearbeitet …
… mit dem du gerade deine zweite Zusammenarbeit an der Staatsoper
Hannover vorbereitest.
Nach Trios in der Spielzeit 2006/07 hatte ich das Glück, dass Jörg
Mannes Bilder einer Ausstellung und Der Feuervogel auch mit mir
machen wollte.
Die Herausforderung, zwei Stücke an einem Abend auszustatten, gibt dir
den Spielraum, Kontraste zu finden oder einen Rahmen zu schaffen.
Die Schwierigkeit ist, dass man innerhalb kürzester Zeit einen Spannungsbogen für das jeweilige Stück erzeugen muss.
Als wir anfingen, über Feuervogel zu sprechen, hatte ich zunächst für
mich drei mögliche Konzepte im Kopf – zwei davon hatten überhaupt nichts mit dem Märchen zu tun. Als Jörg Mannes dann sagte,
er wolle das Märchen neu erzählen, dass es für unsere Zeit gültig ist,
war für mich eine Richtung vorgegeben. Der nächste wichtige Aspekt
war, wie die Bühne aussehen würde. Ich kenne Tina Kitzings Arbeit
von Zwischen Mitternacht und Morgen: Schwanensee, das sie in Hanno-
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ver mit Stephan Thoss gemacht hat, und von Der Sturm mit Jörg Mannes für das Bayerische Staatsballett München. Sie arbeitet mit sehr klaren Räumen, klaren Flächen und Materialien. Das ergibt einen schönen Rahmen fürs Kostüm, und es kommt mir persönlich entgegen,
weil ich sehr strukturierte Kostüme mache. Für mich ist es wichtig,
durch die Form etwas zu erzählen und nicht durch den Ausputz.
Im Feuervogel begegnen wir Iwan Zarewitsch, der aus der Menschenwelt
kommt und sich in die schöne Zarewna verliebt, einer Prinzessin, die gemeinsam mit ihren Freundinnen von Kaschtschei, dem Todeslosen, und dessen
Gefolge gefangen gehalten wird. Mit Unterstützung des Feuervogels gelingt
es Iwan, Zarewna zu befreien. Die Protagonisten vertreten verschiedene Spezies, die sich durch Wesensart und Lebensform voneinander abheben.
Ich bin hier von Kaschtscheis Welt ausgegangen, die für mich am
ehesten den Bezug zum Bühnenbild hat, das eine Lamellenstruktur
und Trapezformen aufweist. Deshalb wollte ich seine Welt durch
harte Formen charakterisieren und habe mich für Dreiecke entschieden, die sowohl in der Rock- und Hosenform als auch in jeglicher
Nahtführung auftauchen. Dazu suchte ich ein Material, das sehr synthetisch ist, das eigentlich eher Folien- als Stoffcharakter hat, das aber
trotz dieser klaren Eigenheiten die Tänzer nicht behindert. Wir verarbeiten mehrere Stofflagen, und ich kombiniere drei bis vier Farben
miteinander, die immer wieder aufleuchten und verglühen können.
Ich will eine nicht-angenehme Welt schaffen, die aber in sich
geschlossen ästhetisch ist.
Im Gegensatz zu den androgynen Wesen der Kaschtschei-Welt
sind die Prinzessinnen eher lieblich gehalten, mit weichen Materialien und runden Formen. Als Gefangene befinden sie sich in einer
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Ballett
Situation zwischen Vergehen, aber noch Hoffen, und Erblühen, deshalb verwende ich nur hier auch gemusterte Stoffe. Der Prinz ist für
mich die Identifikationsfigur, die mich als Zuschauer in dieses Märchen hineinführt, deshalb sehe ich ihn als Mann von heute. Ja, und
der Feuervogel ist quasi eine tanzende Skulptur. Er hat nichts mehr
mit einem Menschen zu tun, er ist auch kein Vogel, er gehört keiner
Welt an.
Die Klaviersuite Bilder einer Ausstellung wurde von Modest Mussorgsky
zum Andenken an einen Freund komponiert und ist von ihm als Rundgang
durch eine Ausstellung angelegt. Jörg Mannes interpretiert das Werk als
Rückschau eines Mannes auf sein Leben.
Diese Sicht war mir früher fremd, aber inzwischen bin ich in einem
Alter, in dem ich viel mit Krankheit, Leiden und Sterben konfrontiert werde. Das Vergehen von Leben beschäftigt mich deshalb sehr.
Die Konzeption des Kostümbildes verlief hier anders als beim Feuervogel.
Zu Beginn haben Jörg Mannes und ich lose gesprochen und hatten
ein eher abstraktes Konzept, mit der definierten Hauptfigur des
Mannes, während die übrigen Tänzer nicht individuell gezeichnet
waren. Ich hatte eine Vorstellung, wie ich dem in Material und Farbe
entsprechen wollte. Als ich dann aber in der Bauprobe die Konstellation des Bühnenbildes sah, fiel mein Kostümkonzept innerhalb
weniger Minuten zusammen. Es hätte in diesem Raum keinen
Bestand gehabt. Auf den Proben bekam ich dann erste Einblicke in
Jörg Mannes’ Choreographie, und mir wurde klar, dass man die Figuren individualisieren muss.
Mich beeindruckt, wie du dich hier in einem fein differenzierten Spektrum
der Nicht-Farben Weiß-Grau-Beige-Schwarz bewegst.
Ich nehme das Schwarz und Weiß des Bühnenbildes auf und benutze
die Nuancen dazwischen. Die unterschiedlichen Töne werden helfen, die Charakterzüge der Figuren zu erkennen, und ihnen dennoch
die Möglichkeit geben, in der Gruppe zu verschwinden, namenlos zu
werden. Die Hauptfigur wird in Braun- und Beigetönen gehalten,
sodass sie immer hervorsticht. Erst am Schluss, wenn auch sie sterben wird, wird sie weiß werden – und alle anderen auch.
Welche Möglichkeiten hast du dir offen gehalten, um noch auf die Entwicklung der Choreographie reagieren zu können?
Ich habe gerade die Röcke der Damen zu Hosenröcken verwandelt,
weil wir dem Bewegungsduktus Rechnung tragen müssen. Zunächst
stellen die Werkstätten jetzt je ein Damen- und ein Herren-Kostüm
aus Kaschtscheis Gefolge her, um zu sehen, wie das funktioniert.
Behalten die Dreiecke ihre Form? Können sich die Tänzer frei bewegen und auch mit dem Boden arbeiten, ohne sich weh zu tun?
Auch für die Mutter in Bilder einer Ausstellung lasse ich einen Probenrock aus dem Originalmaterial und dem Originalschnitt herstellen, um zu überprüfen, ob das Kostüm das mitmacht, was ich mir vorstelle.
Die Werkstätten werden dann anfangen, die Kollektive zu realisieren. Das ermöglicht mir, mit einzelnen individuellen Kostümen darauf zu reagieren, wie sich die Choreographie entwickelt, und zu
sehen, was der Tanz braucht.
Thomas Kaiser
ist geboren und aufgewachsen in der Nähe von
Würzburg. Als Kind geht er ganz in seinem
Marionettentheater auf und lernt bei Mutter
und Großmutter nähen, um die Puppen anziehen zu können. Nach dem Besuch von Der
Vogelhändler beschließt er mit elf Jahren, dass
er zum Theater will. Sein Wunsch, Tänzer zu
werden, scheitert am Veto der Eltern. Nach dem Abitur beginnt er
eine Schneiderlehre in den Kostümwerkstätten der Niedersächsischen Staatstheater Hannover. Gleichzeitig besucht er die dreijährige Fachschule für Bühnentanz. Nach seinem Debüt als Gruppentänzer in Giselle im Theater am Aegi wird ihm klar, dass er das
dauernde Lampenfieber nicht würde ertragen können, und er
entscheidet sich definitiv für das Kostüm. Nach Lehr- und Gesellenzeit besucht er die Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg, die er mit der Prüfung zum Gewandmeister abschließt.
Während seiner Ausbildungszeit assistiert Thomas Kaiser einer
Reihe von Kostümbildnern und arbeitet für die Bayreuther Festspiele. Seine erste Gewandmeister-Stelle tritt er am Theater Krefeld-Mönchengladbach an, wo er zwei Jahre später Leiter der
Kostümabteilung wird. Nach sechs Jahren wechselt er zum
Aalto-Theater Essen und nach weiteren vier Jahren an die Niedersächsischen Staatstheater Hannover, wo er fünf Jahre lang als
Gewandmeister der Damen-Abteilung tätig ist, bevor er das
gesamte Departement als Kostümdirektor übernimmt. Vier Jahre
später löst er sich aus dem festen Vertragsverhältnis und ist seit
Sommer 2008 als freiberuflicher Gewandmeister und Kostümbildner tätig. Thomas Kaiser schuf unter anderem Kostümbilder
für Die lustige Witwe und Trios an der Staatsoper Hannover sowie
für La Bohème in Nordhausen.
Bilder einer Ausstellung / Der Feuervogel
Ballette von Jörg Mannes
Bilder einer Ausstellung Musik von Modest Mussorgsky
Orchestrierung von Maurice Ravel
Der Feuervogel Musik von Igor Strawinsky
Musikalische Leitung Karen Kamensek/Toshiaki Murakami
Choreographie Jörg Mannes Bühne Tina Kitzing
Kostüme Thomas Kaiser Dramaturgie Brigitte Knöß
Ballett der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Premiere am 3. April 2009, 19.30 Uhr
Kostprobe (Öffentliche Bühnenprobe)
am Donnerstag, 19. März 2009, 19 Uhr
Nur fünf weitere Vorstellungen in dieser Spielzeit
am 7., 16. und 25. April, 1. und 3. Mai.
Ballett
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Oster-Tanz-Tage 2009
Zum sechsten Mal finden in diesem Jahr die
Oster-Tanz-Tage im Opernhaus statt: Vom
3. bis 13. April 2009 wird dem hannoverschen Publikum ein erweitertes und hoch
attraktives Tanz-Programm geboten.
Am Freitag, den 3. April wird um 18.30 Uhr
die Ausstellung „Tanzstadt Hannover I“
im Foyer des Opernhauses eröffnet, die sich
als erster Teil einer jährlich geplanten Reihe
mit der Geschichte und Gegenwart Hannovers als Tanzstadt beschäftigt und während
aller Vorstellungen bis Mitte April zu sehen
sein wird. Es folgt die Premiere des Balletts
der Staatsoper Hannover: Bilder einer Ausstellung / Der Feuervogel.
Als internationales Gastspiel kommt das
Scapino Ballet Rotterdam am Karfreitag,
den 10. April, mit Choreographien von Ed
Wubbe und Marco Goecke nach Hannover.
Damit präsentiert die Staatsoper nach dem
Aterballetto (2007) und dem Bayerischen
Staatsballett (2008) erneut eines der profiliertesten Ensembles der internationalen
Tanzszene.
Als die älteste Tanz-Compagnie der Niederlande steht das Scapino Ballet Rotterdam
an der Spitze der international renommierten holländischen Tanzkultur. Seit seiner
Gründung 1945 hat das Ensemble eine
bedeutende Rolle in der Entwicklung des
zeitgenössischen Tanzes gespielt, zahlreiche
Erstaufführungen herausgebracht und bei
vielen internationalen Festivals und an Theatern weltweit gastiert.
Seit 1992 ist Ed Wubbe der Künstlerische
Leiter der Compagnie, die sich durch ihr
hochgelobtes, international zusammengesetztes Ensemble auszeichnet. Die 22 Tänzerinnen und Tänzer sind für ihre umfassenden
Fähigkeiten, technische Kraft und Energie
bekannt. Sie stammen aus aller Welt, von
England bis China, Australien bis Brasilien.
Ed Wubbes Choreographien verbinden
virtuos die klassische Technik mit der spielerischen Freiheit des zeitgenössischen Tanzes,
theatralische Raffinesse mit starken Emotionen. Am Karfreitag werden in Hannover The
Green (2006) für sieben Tänzer zum Eröffnungschor der Bach’schen Johannes-Passion,
Quartet (2007) für zwei Paare zur Musik der
in England lebenden deutschen Sängerin
Susanne Oberbeck und als jüngste Arbeit
B.A.M. (2008) zu sehen sein, die Wubbe
zusammen mit zwei Streetdancern zur 1.
Cello-Suite von Johann Sebastian Bach entwickelt hat. Außerdem zeigt das Scapino Ballet mit Der Rest ist Schweigen des deutschen
Hauschoreographen Marco Goecke einen
Höhepunkt der Saison 2005/2006. Auf einer
abgedunkelten Bühne, suggestiv und
magisch beleuchtet, berührt seine eigenwillige Choreographie die Seele der Zuschauer.
Der Rest ist Schweigen erkundet das menschliche Leben, seine Höhen und Tiefen, mit
einem Hauch von Selbstironie. „Eine
absurde, verrückte und berührende menschliche Geschichte”, schrieb die holländische
Tageszeitung De Volkskrant.
Am Karsamstag, den 11. April, beginnt der
23. Internationale Wettbewerb für Choreographen mit der Vorrunde I; am Abend
präsentiert die gastgebende Compagnie ihre
Erfolgsproduktion dieser Spielzeit: Cinderella (Aschenputtel), das Ballett von Jörg
Mannes zur Musik von Sergej Prokofjew. Ab
22 Uhr findet in der Cumberlandschen Galerie die Oster-Tanz-Party statt. Am Ostersonntag, den 12. April wird der 23. Internationale Wettbewerb für Choreographen mit
der Vorrunde II fortgesetzt und dem Finale
beendet.
Einen neuen Schwerpunkt der Oster-TanzTage bildet am Ostermontag, den 13. April,
der Ballett-Kindertag der Staatsoper. Vormittags werden Trainings und Workshops für
Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen
mit Ballett-Vorbildung angeboten. Am
Nachmittag tanzt das Ballett der Staatsoper
die einstündige Kinder-Fassung des Balletts
Cinderella. Im Anschluss können 300 Kinder
auf der Bühne zusammen mit Ballettdirektor
Jörg Mannes und den Tänzerinnen und Tänzern des Balletts eine neue Choreographie für
den Ball des Prinzen erarbeiten.
Beschlossen werden die Oster-Tanz-Tage
2009 mit einem Filmabend im Opernhaus,
bei dem der Film Billy Elliot (GB 2000)
gezeigt wird.
Freitag, 3. April 2009
18.30 Uhr Ausstellungseröffnung
„Tanzstadt Hannover I“
19.30 Uhr Premiere:
„Bilder einer Ausstellung / Der Feuervogel“
Choreographien von Jörg Mannes
Musik von Modest Mussorgsky /
Igor Strawinsky
Karfreitag, 10. April 2009
19.30 Uhr Gastspiel:
Scapino Ballet Rotterdam
Choreographien von Ed Wubbe
und Marco Goecke
Karsamstag, 11. April 2009
23. Internationaler Wettbewerb für
Choreographen
14.30 Uhr Vorrunde I
20.30 Uhr „Cinderella (Aschenputtel)“
Ballett von Jörg Mannes
Musik von Sergej Prokofjew
ab 22.00 Uhr Oster-Tanz-Party in der
Cumberlandschen Galerie
Ostersonntag, 12. April 2009
23. Internationaler Wettbewerb für
Choreographen
14.30 Uhr Vorrunde II
19.00 Uhr Finale
Ostermontag, 13. April 2009
ab 10.00 Uhr Ballett-Kindertag mit
Workshops für alle Altersgruppen
16.00 Uhr „Cinderella“ für Kinder
Ballettszenen von Jörg Mannes
19.00 Uhr Filmabend „Billy Elliot“ (GB
2000)
ab 17.00 Uhr Ballchoreographie mit
300 Kindern auf der Bühne
Bei dem Besuch von mindestens
3 Veranstaltungen gibt es ein Kombiticket
mit jeweils 20% Ermäßigung.
Das
Erwachsensein
schmieden
Sigurd, der Drachentöter
im Ballhof eins
Ach, wie gerne würde Sigurd selbst einmal die
Werkzeuge in die Hand nehmen! Erst das
Eisen mit der Zange ins Feuer halten, bis es
geschmeidig wird. Dann die gefährlich
glühende Angelegenheit auf den Amboss
legen, mit dem Schmiedehammer in die entsprechende Form klopfen und schließlich im
kalten Wasser ablöschen, dass es nur so zischt
und brodelt. Jeden einzelnen Handgriff kennt
Sigurd, alles hat er genauestens beobachtet
und in seinem Kopf gespeichert, sogar im
allertiefsten Tiefschlaf und mit verbundenen
Augen könnte er diese Arbeit verrichten.
Doch sein Vater, der Schmied Regin, lässt ihn
partout nicht an die Esse.
Sigurd begreift einfach nicht, warum Regin
sich so verhält. Immer soll er die Drecksarbeit
machen, immer soll er Kohlen schleppen, die
Schlacke entfernen und den Boden fegen. Ist
es denn normal, dass ein Vater so ungerecht
ist? Wenn er seinen Sohn wirklich lieben
würde, würde er ihn dann nicht ganz anders
behandeln? Überhaupt – wie mag es wohl
sein, wenn man geliebt wird? Oder ist Regin
womöglich gar nicht sein echter Vater? Wieso
sehen sie sich so wenig ähnlich? Und warum
verrät Regin ihm eigentlich nie, wer Sigurds
Mutter war?
Unendlich viele Fragen sind es, die in
Sigurd toben und auf die er keine Antwort
bekommt. Wie gut, dass er Freunde im Wald
hat, denen er sein Leid klagen kann, zum Beispiel den kleinen Raben. „Kri kra, kri kra“,
zwitschert der Vogel immerzu. Manchmal bildet Sigurd sich ein, dass der Vogel ihm etwas
sagen will, weil er so dringlich trällert, als habe
er ein Anliegen. Aber das ist natürlich Unsinn,
schließlich können Vögel
nicht mit Menschen sprechen. Oder doch?
Wie dem auch sei – irgendwie gibt der Rabe ihm Kraft. So
viel Kraft, dass Sigurd einen
Entschluss fasst: Er wird Regin
zusetzen. Er wird ihn zwingen, ihm
etwas über seine Mutter zu verraten,
er wird ihn zwingen, endlich selbst
schmieden zu dürfen. Er wird ihn so lange
zwingen bis – bis Regin nachgibt. Und
tatsächlich, Sigurd kann es kaum glauben, der
Plan funktioniert. Regin scheint plötzlich
Angst vor Sigurd zu bekommen, er erzählt
ihm endlich die Wahrheit. Dass er gar nicht
sein leiblicher Vater ist. Dass er ihn nur großgezogen hat, weil Sigurds Mutter bei der
Geburt gestorben ist. Dass sie Sieglinde hieß
und sein Vater Siegmund war, ein Krieger aus
dem starken Wälsungengeschlecht. Und
Regin zeigt Sigurd das zerbrochene Schwert
des Vaters, das, nachdem Regin es wieder
zusammengeschmiedet hat, so scharf ist, dass
man damit mühelos den wuchtigen Amboss in
zwei Teile schlagen kann.
Sigurd ist überwältigt von diesen neuen
Erkenntnissen und Erlebnissen, er spürt, dass
eine Veränderung in ihm vorgeht. Denn jetzt,
wo er seine Wurzeln kennt und das Schwert
des Vaters in den Händen hält, bricht eine
ungeahnte Kraft in ihm auf. Eine Kraft, die so
groß ist, dass er es sogar wagen würde, sich
mit einem feuerspeienden Drachen anzulegen …
Die Siegfried-Episode aus der Nibelungensage ist es, die der amerikanische Komponist
Andy Pape
als Grundlage für sein
Werk
Sigurd,
der
Drachentöter gewählt hat, eine
2005 entstandene, transparent für
Klarinette, Cello, Klavier und Schlagzeug
instrumentierte erste Annäherung an die
Oper. Pape und sein Librettist Bent Nørgaard
erzählen vom Weg eines jungen Menschen,
der sich auf die Suche nach der eigenen Identität begibt und dafür seine ganze bisherige
Existenz in Frage stellen muss. Auf schmerzhafte Weise muss Sigurd begreifen, dass
Regin, den er immer für seinen Vater gehalten hat, ihn nur für seine eigenen, besitzgierigen Zwecke missbraucht hat. Doch nachdem
Sigurd die enttäuschenden Begegnungen mit
Bosheit und Hass gemacht hat, ist der Weg
offen für eine neue, unendlich wertvolle
Erfahrung: die Erfahrung von Freundschaft
und Liebe.
Sylvia Roth
Magischer Drachendrink
Am 27. März 2009 ist es endlich soweit: Wir feiern die
Premiere unserer Kinderoper Sigurd, der Drachentöter. Um
der anschließenden Premierenfeier den nötigen Drachenflair zu
verleihen, haben sich Schülerinnen und Schüler allerhand einfallen
lassen. Selbst gestaltete Drachen werden das Foyer im Ballhof eins
schmücken; eine „Schmiede-Performance“ sorgt für die Unterhaltung
der kleinen und großen Zuschauer. Dazu serviert die 3. Klasse der
Grundschule Groß-Buchholzer-Kirchweg einen magischen Drachendrink, der den Durst löscht und Kraft gibt, an sich selbst zu glauben.
Exklusiv für die Leserinnen und Leser der seitenbühne haben wir die
Erlaubnis bekommen, das gut gehütete Geheimrezept für den
Drachendrink „Aqua Ignis“ preiszugeben:
Man präpariere ein Glas mit einem Spritzer Grenadine und fülle es mit
4 cl Bananennektar auf. Dazu gebe man 4 cl Orangensaft sowie 2 cl
Zitronensaft. Eine Bananenscheibe wird, mit einem Minzblatt
versehen, dekorativ am Rand des Glases festgesteckt. Vor
dem Verzehr spreche man dreimal die folgende
Zauberformel: „Betörender Drachensaft, gib mir
Kraft!“ Dann drehe man sich einmal um
sich selbst und genieße den Drink
in kleinen Schlucken.
Andy Pape
Sigurd, der Drachentöter
Oper für Kinder ab 7 Jahren
Achtung! Letzter Aufruf für den Schreibwettbewerb zu Sigurd
Noch bis zum 20. März nimmt die Musiktheaterpädagogische
Abteilung Texte aller Art zu dem Thema „Wie ich den Drachen
besiegte“ entgegen. Postadresse: Opernplatz 1, 30159 Hannover
oder via Email an: [email protected].
Umfangreiche Materialmappen, Einführungs-Workshops und
Nachgespräche mit Theaterpädagogen, Sängern und Dramaturgen
können bei Gundel Gebauer gebucht werden: (0511) 9999-1082,
[email protected].
Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Staatsoper Hannover
und der Stiftung Niedersächsischer Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Musikalische Leitung Toshiaki Murakami
Inszenierung Dorothea Schroeder
Bühne und Kostüme Telse Hand
Dramaturgie Sylvia Roth
Sigurd Ilja Werger Regin Albrecht Pöhl
Rabe Ania Wegrzyn / Hinako Yoshikawa
Fafner Michael Humann
Premiere am 27. März 2009, 11 Uhr, Ballhof eins
Weitere Vorstellungen am 28. März
und 4. April (15 Uhr), 15., 20. und 23. April
(18 Uhr) sowie 16., 21. und 24. April (11 Uhr).
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seitenbühne
Aus aller Welt
Festlicher Opernabend mit
Daniela Dessì und Fabio Armiliato
Der zweite Festliche Opernabend dieser Saison bringt ein berühmtes Sängerpaar an die
Staatsoper Hannover. In der letzten Vorstellung von Madama Butterfly sind Daniela
Dessì als Cio-Cio-San und Fabio Armiliato
als Pinkerton zusammen auf der Bühne zu
erleben. Giacomo Puccini hat seine Oper
über die Geisha Cio-Cio-San, die den in
Japan stationierten amerikanischen Marineleutnant Pinkerton heiratet und von ihm
schon kurze Zeit später verlassen wird, als
Hannoveraner
unterwegs
Der Winter ist nicht nur die traditionelle
Theater-, sondern auch die klassische Erkältungszeit. Das ist ein Grund dafür, warum
Sängerinnen und Sänger der Staatsoper
Hannover in den letzten Monaten oft für
einen einzigen Abend an anderen Häusern
gastiert haben. Aber auch für ganze Aufführungsserien wurden die Ensemblemitglieder anderswo verpflichtet.
Die Sopranistin Arantxa Armentia hat im
November als Micaëla in Weimar gastiert
und ist als Liù in Kiel eingesprungen. Auch
Alla Kravchuk stand für einen Abend als Liù
in Kiel und als Mimì in Nürnberg auf der
Bühne. Zudem hat sie im November als
Susanna an der Semperoper in Dresden
gastiert und wird im Mai die weibliche Titelpartie in der Premiere von Glucks Orphée et
Euridice an der Staatsoper Stuttgart singen.
Madama Butterfly bereits an der Metropolitan Opera und der Mailänder Scala (2002), in
Tokyo (2004) und vor drei Jahren in der
Arena di Verona gesungen. Fabio Armiliato
konnten die Hannoveraner bereits zu Beginn
dieser Spielzeit als Stargast beim Konzert
zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover
erleben – „optisch und stimmlich ein Tenor
wie aus dem Bilderbuch“, schrieb die HAZ;
„das Publikum raste vor Begeisterung“ beobachtete die Neue Presse.
seine „tiefstempfundene und stimmungsvollste Oper“ bezeichnet – ein packendes
Werk über das Aufeinanderprallen zweier
Kulturen, das eindringliche Psychogramm
einer hartnäckig liebenden Frau.
Als führende Sopranistin des Verismo gilt
die Genueserin Daniela Dessì. Der 1. Preis
beim Internationalen Gesangswettbewerb
der RAI war der Beginn einer Karriere, die sie
an die wichtigsten Opernhäuser weltweit
führte: das Teatro alla Scala, die Wiener
Staatsoper, die Metropolitan Opera New
York, die Opernhäuser in Berlin, Dresden,
München, Zürich, Bologna und Rom. Dirigenten wie Claudio Abbado, James Levine,
Lorin Maazel, Zubin Mehta und Riccardo
Muti arbeiten regelmäßig mit ihr. An ihrer
Seite steht der italienische Tenor Fabio Armiliato – auf der Bühne ebenso wie im Privatleben. Sein Operndebüt gab der Tenor 1984
als Gabriele Adorno in Simone Boccanegra in
Jesi. Nach dem Sieg im Tito-Schipa-Wettbewerb in Lecce setzte eine internationale Laufbahn ein, die Fabio Armiliato bis heute als
einen der bedeutendsten italienischen Tenöre
an alle Opernhäuser der Welt geführt hat.
Gemeinsam haben Dessì und Armiliato
Samstag, 18. April 2009, 19.30 Uhr
Die Mezzosopranistin Okka von der
Damerau hat an der Bayerischen Staatsoper
München in mehreren Aufführungen bis
Mitte Februar unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kent Nagano die Erste Magd in
Elektra von Richard Strauss gesungen.
Drei weitere Sopranistinnen waren an
anderen Opernhäusern zu erleben: Carmen
Fuggiss ist Ende Dezember als Antonia in
Hoffmanns Erzählungen am Staatstheater
Wiesbaden eingesprungen. Hinako Yoshikawa hat als Mozarts Blonde in Nürnberg
gastiert. Und Brigitte Hahn hat Mitte
Februar am Theater Chemnitz mit Richard
Wagners Isolde szenisch debütiert.
Gemeinsam mit Tenor Robert Künzli
und Bariton Brian Davis wird Brigitte
Hahn am 19. April eine konzertante Aufführung von Carl Goldmarks Oper Merlin
singen, die vom Bayerischen Rundfunk für
eine CD-Produktion mitgeschnitten wird.
Künzli gastiert derzeit auch an der Komischen Oper Berlin – als Max im Freischütz
und als Hermann in Pique Dame. Sein koreanischer Tenor-Kollege Sung-Keun Park ist
an den Weihnachtstagen als Rodolfo (La
Bohème) in Bielefeld eingesprungen und hat
dort noch weitere Vorstellungen gesungen.
Bass Albert Pesendorfer hat ebenfalls
eine Vorstellung gerettet, indem er kurzfristig als Filippo in Don Carlo in Osnabrück
gastiert hat. Diese Partie wird er, langfristig
geplant, im März in Kiel und im Mai in
Darmstadt singen. Tobias Schabel, ebenfalls Bass im Ensemble der Staatsoper Hannover, ist als Dulcamara in Donizettis Liebestrank an seine alte Wirkungsstätte, das
Nationaltheater Mannheim, zurückgekehrt.
Im Februar und März verschlägt es ihn in
südlichere Gefilde: als Hans Schwarz gastiert
er in einer Produktion der Meistersinger von
Nürnberg in Barcelona.
Madama Butterfly
Oper von Giacomo Puccini
Musikalische Leitung Wolfgang Bozic
Inszenierung Peter Brenner
Szenische Neueinstudierung Charles Ebert
Bühne und Kostüme Ottowerner Meyer
Chor Dan Ratiu
Cio-Cio-San Daniela Dessì
Pinkerton Fabio Armiliato
Suzuki Khatuna Mikaberidze
Sharpless Bernd Valentin
Kantinenplausch
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Man nehme …
Mathias Brühlmann
Gibt es ein Rezept, um aus einem Jungen
einen professionellen Tänzer zu machen?
Und wenn ja, wie sieht es aus? In Mathias
Brühlmanns Leben scheinen die Zutaten
dafür ganz einfach zu sein. Man schickt ihn
mit acht Jahren mit seiner älteren Schwester
zum Ballett-Unterricht, anschließend in eine
Tanzschule in einer alten Villa am Zürichsee,
wo er ständig von Künstlern umgeben ist und
dann stellt man ihm noch diverse prominente
Gasttrainer zur Seite, die alle so von dem
Talent des Jungen überzeugt sind, dass sie
immer wieder versuchen, ihn an professionelle Tanzschulen zu holen.
Dass so aber tatsächlich eine professionelle
Tänzerkarriere entstehen würde, war wohl
weder geplant noch beabsichtigt. Den ersten
Besuch einer Tanzschule verdankte Mathias
Brühlmann in erster Linie der Tatsache, dass
es „so schön praktisch“ war, ihn mit der älteren Schwester mitzuschicken, um ihm zu
mehr Bewegung zu verhelfen. Den Unterricht besuchte er zunächst mit wenig Enthusiasmus, bis es irgendwann „Klick“ machte:
„Wir waren, glaube ich, nur zwei Jungs, aber
irgendwann merkten wir, dass wir einfach
alles viel besser konnten als die Mädchen.“
Erst in seiner zweiten Ballettschule wurde
Brühlmanns Faszination für Tanz und andere
Künste wirklich geweckt. Die alte Villa mit
hohen Fenstern und Kamin im Ballettsaal
wurde zu der Zeit von der Stadt Zürich günstig an Kulturschaffende aus allen Sparten
vermietet. Diese Atmosphäre prägte Mathias
Brühlmann: „Das war alles so bunt. Das hat
mir sehr gefallen.“
So entstand in ihm der Wunsch, sich auch
nach der Schule künstlerisch zu betätigen.
Die Musik kam für ihn (obwohl er auch im
Chor sang und im Orchester spielte) nicht
mehr in Frage, auch da sein Bruder bereits
Posaune studierte. Der Tanz hingegen
drängte sich immer mehr in den Vordergrund, so dass er sich letztlich gegen den
Wunsch seiner Eltern durchsetzte und auf
Empfehlung eines Gasttrainers an die Ballettschule nach Ost-Berlin ging. Von dort aus
führte ihn seine erste Anstellung zum Nederlands Dans Theater II. Nach mehreren weiteren Stationen traf er 2000 Jörg Mannes,
mit dem er seither zusammenarbeitet.
In dieser Saison tut Mathias Brühlmann
dies das erste Mal nicht mehr als Tänzer, sondern ausschließlich als Choreographie-Assistent: Er leitet Trainings, unterstützt Jörg
Mannes bei der Einstudierung der neuen
Stücke und leitet zum Beispiel die Proben zur
Gastchoreographie Steptext. Außerdem betreut er mit großer Begeisterung zwei der
mittlerweile vier Kurse der „Spätbewegten“,
ein Angebot, das Mathias Brühlmann schon
in Linz ins Leben gerufen und in Hannover
weiter ausgebaut hat. Es richtet sich an reifere Menschen, um ihnen tänzerische Bewegung näher zu bringen.
Dass neben diesen vielen Beschäftigungen
wenig Zeit zum Kochen bleibt, versteht sich
fast von selbst, auch wenn er beteuert, dass er
gerne am Herd steht. Wenn er mal dazu
kommt, steht natürlich ein schweizerisches
Originalrezept auf der Speisekarte. Dazu konsultiert er dann ein seit Generationen weitervererbtes Kompendium der alpenländischen
Küche, aus der auch das unten stehende
Rezept stammt (aus einer Vielzahl zur Verfügung stehender Möglichkeiten!).
Ebenso wie bei der Frage nach einem
Rezept belässt es Mathias Brühlmann auch bei
der Frage danach, was für ihn das Besondere
des Tanzes ausmacht, nicht bei einer Antwort.
Zum einen habe ihn immer die Möglichkeit
fasziniert, unmittelbarer als in allen anderen
Kunstformen mit sich selbst und seinem eigenen Körper arbeiten zu können, seine Gedanken unvermittelt auszudrücken und zu gestalten. Was ihn zum anderen selbst immer
wieder beeindruckt, ist die Möglichkeit des
Tanzes, im Zusammenspiel mit Musik neue
Facetten und Aspekte derselben hervorzuheben, zu betonen oder überhaupt erst entstehen
zu lassen. So erzählt er, wie er im letzten Jahr
mit einigen Mitgliedern seiner „Spätbewegten“ die Ausstellung „Sounds“ im Kunstverein
Hannover besuchte, wo Klanginstallationen
des Künstlers Florian Hecker zu hören waren.
Nachdem sich die „Spätbewegten“ eine dieser
Installationen zunächst „pur“ angehört hatten
(mit nicht gerade begeisterten Reaktionen),
zeigte Mathias Brühlmann seine Choreographie zu ebendiesem Stück und erntete
erstaunte Kommentare: „War das das gleiche
Stück?“, „Das hat sich jetzt ganz anders
angehört!“… Denn auch das kann Tanz,
besonders wenn Mathias Brühlmann seine
Hand im Spiel hat: das „Bekannte“ auf immer
wieder neue Art beleuchten und dabei jedes
Mal etwas anderes zum Vorschein bringen.
Tilman Richter
Porc au lait
(Schweinebraten an Milchsauce)
Zutaten (für 6 Personen):
2 Schweinefilets zu je 600 g
1 Knoblauchzehe, Salz, Pfeffer, Muskatnuss
2 EL Butter
1 geschälte Zwiebel, mit Nelken besteckt
1 l Milch
Schweinefilets mit 4 Knoblauchstiften
spicken, mit Salz, Pfeffer, Muskatnuss einreiben. Die Butter in einer Auflaufform im
Ofen flüssig werden lassen. Darin das
Fleisch gut anbraten. Die Zwiebel zugeben
und mit wenig Milch begießen. Während
der Bratzeit immer wieder Milch nachgießen und den Braten wenden. Nach der
Hälfte der Bratzeit die Hitze etwas drosseln. Die Bratzeit beträgt ungefähr 1 1/2
Stunden. Die Sauce durch ein Sieb streichen oder glattrühren.
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seitenbühne
Konzert
Beethoven bei der
Komposition der
„Symphonie Pastorale“,
Farblithographie aus dem
Almanach der
Musikgesellschaft Zürich
vom Jahr 1834
Hymne auf die Natur
Beethoven – da denken die meisten zunächst an den Komponisten der Schicksals-Sinfonie, der Eroica
und der Appassionata. Sobald er aber im Wald spazieren ging, wurde dieser temperamentvolle Künstler
zum genügsamen Träumer, vergaß sich und die Welt. In der Sechsten Sinfonie F-Dur op. 68, der
Pastorale, die im 5. Sinfoniekonzert des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover zu hören sein
wird, hat Beethoven seiner Liebe zur Natur ein Denkmal gesetzt.
Konzert
„Kindlich freue ich mich darauf, einmal in Gebüschen, Wäldern,
unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können. Kein
Mensch kann das Land so lieben wie ich – geben doch Wälder,
Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht.“
Wer diese Worte Beethovens an Therese Malfatti liest, lernt eine
Seite des Komponisten kennen, die einigen Menschen unbekannt
sein dürfte. Hier äußert sich nicht der ungebändigte, impulsive
Künstler, dessen verschrobene Persönlichkeit viele seiner Zeitgenossen befremdete, der Schöpfer der Fünften Sinfonie, der mit wehender Mähne dem Schicksal „in den Rachen greift“. Hier offenbart sich
vielmehr eine kindliche Liebe zur Natur, eine ungestillte Sehnsucht
nach Ruhe und Erholung, ein Verlangen, sich selbst zu verlieren und
die Welt hinter sich zu lassen.
„Mein unglückseliges Gehör plagt mich hier nicht. Ist es doch, als
wenn jeder Baum zu mir spräche auf dem Lande: heilig, heilig.“
Die Natur ist für Beethoven Ausdruck der Freiheit, Freiheit vor
allem von den Zwängen der Gesellschaft. Seit Beginn seines Gehörleidens fühlt er sich in der Umgebung von Menschen nicht mehr
wohl und flieht zunehmend in die Einsamkeit der Natur. Sie ist für
ihn Zufluchtsort und Gegenwelt zur Unruhe und Hast des städtischen
Lebens, Gegenwelt aber auch zum unermüdlichen schöpferischen
Ringen um seine Kompositionen. Was zunächst verwunderlich anmutet, nämlich dass Beethoven die gewaltige Fünfte Sinfonie, Abbild elementarer Urkräfte, und die ungleich konfliktfreiere Sechste beinahe
gleichzeitig komponierte, erscheint bei näherem Hinsehen nur
logisch: Wie ihm die Natur den Ausgleich zum Leben in der Gesellschaft bot, so bot ihm die Arbeit an der Pastorale den Ausgleich zur
Komposition der Schicksals-Symphonie.
„… so ist die ganze Natur notwendig eine Wirkung der höchsten
Weisheit!“
Mit seiner Sechsten Sinfonie hat Beethoven eine Hymne auf die
Natur geschrieben. Er erweiterte die klassische Sinfonie zu einem
programmmusikalischen Tongemälde, das in fünf Sätzen ländliche
Szenen und Naturidylle evoziert. Die Form, derer er sich dabei
bediente, war aber alles andere als neu: Mehrsätzige Pastoralsinfonien gab es schon zu Zeiten des italienischen Concerto grosso, und
in Beethovens Tagen waren sie sehr beliebt. Das Programm einer
Sinfonie Le portrait musical de la nature des Stuttgarter Komponisten
Justin Heinrich Knecht kann sogar als direktes Vorbild für Beethovens Komposition gelten; die programmatischen Überschriften, die
Knecht für die ebenfalls fünf Sätze seines Werkes wählt, hat Beethoven zu großen Teilen übernommen.
„Pastoralsinfonie, keine Malerei, sondern worin die Empfindungen ausgedrückt sind, welche der Genuss des Landes im Menschen
hervorbringt, wobei einige Gefühle des Landlebens geschildert
werden.“
Ein „Portrait“, also eine äußerliche Abbildung der Natur, wollte
Beethoven allerdings auf keinen Fall machen, erscheint doch die naturalistische Darstellung der Wirklichkeit gegenüber dem ideellen
Gehalt seiner früheren Sinfonien äußerst profan. Auch belustigte sich
Beethoven selbst immer wieder über illustrative Musik, sogar die
Jahreszeiten seines Lehrers Joseph Haydn blieben davon nicht verschont. Wenn Beethoven also schreibt, die Pastorale sei „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“, so ist dies zum einen der qualita-
seitenbühne | Seite 17
tiven Abgrenzung von vergleichbaren Schöpfungen zahlreicher Vorgänger und Zeitgenossen geschuldet, zum anderen der Wahrung eines
Kunstanspruches, dem rein deskriptive Musik nicht genügt. Was
Beethoven interessierte, war das Verhältnis des Menschen zur Natur,
oder besser: die Wirkung der Natur auf den Künstler.
„Jede Malerei, nachdem sie in der Instrumentalmusik zu weit
getrieben, verliert.“
Gleichwohl steht fest, dass sich Beethovens Ideen und Empfindungen an der Wirklichkeit entzündeten. Die Klänge, die er in der Pastorale findet, geben einiges von der Atmosphäre eines warmen Sommertages auf dem Lande wieder. Weiche Streicherklänge und
liebliche Holzbläser werden bevorzugt, heroische Instrumente wie
Trompeten kommen kaum zum Einsatz. Die Melodiebildung ist
meist eingängig und schlicht, das Hauptthema des ersten Satzes geht
etwa auf ein serbisches Kinderlied zurück, der letzte Satz beginnt mit
einer Alphornmelodie. Im vierten Satz „Gewitter“ beschwört
Beethoven äußerst effektvoll mit Blechbläsern, Piccoloflöte, Pauken
und stürmischen, dissonanten Bassfiguren das Grollen des Donners,
zuckende Blitze und pfeifenden Wind herauf. Eindeutig lautmalerisch ist auch das Ende des zweiten Satzes „Szene am Bach“, wo zwischen mehreren Holzbläsern ein Vogelstimmen-Konzert entsteht. In
Skizzen zu diesem Satz vermerkte der Komponist: „Murmeln der
Bäche, andante molto, je größer der Bach je tiefer der Ton“.
„Wachteln, Nachtigallen und Kuckucks haben sie mit mir
komponiert.“
Derlei illustrative Effekte beflügelten immer wieder die Phantasie der
Hörer und verleiteten einige romantische Künstler dazu, die einzelnen Szenen der Pastorale inhaltlich auszuschmücken. Hans Pfitzner
etwa schrieb zum zweiten Satz: „Es ist ein Wiesenbach, von Erlen
und anderem Gebüsch schattig und reich umsäumt; man sieht die
Kiesel auf dem Grund, denn es ist ein klarer Tag. Beethoven geht
neben ihm her und schaut in sein Fließen und Quirlen. Über sich hört
er Vögelchen trillern. Wie liebt er das!“ Ebenso waren die lautmalerischen Stellen der Sinfonie jedoch nicht selten Anlass zur Kritik,
Claude Debussy bemerkte etwa ebenfalls zum zweiten Satz: „Sehen
Sie sich die Szene am Bach an: Es ist ein Bach, aus dem allem
Anschein nach Kühe trinken (jedenfalls veranlassen mich die Fagottstimmen, das zu glauben …)“. Vögel, Kühe oder Wiesenbach – zu
welchen Bildern Beethovens Musik im Geiste anregt, kann jeder am
22. und 23. März im Opernhaus selbst herausfinden.
Daniel Spogis
5. Sinfoniekonzert
Peter Eötvös: „zeroPoints“ für Orchester
Wolfgang Amadeus Mozart: Hornkonzert Nr. 4 Es-Dur KV 495
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 („Pastorale“)
Solistin Marie Luise Neunecker (Horn)
Dirigent André de Ridder
Sonntag, 22. März 2009, 17 Uhr
Montag, 23. März 2009, 19.30 Uhr
Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Konzertbeginn
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seitenbühne
Konzert
Ein Adagio für den
„Meister alle Meister“
„Er war ungemein liab und freundli mit mir
und hat mi bald gern ghabt, ja sogar ausgezeichnet. Im Anfang hab i net amal soviel
Schneid ghabt, daß i mi in seiner Gegenwart
niedergsitzt hätt, er aber war alleweil gleich
liab zu mir, hat mi alle Abend eingeladen und
die ganzen vierzehn Tag bitt, i soll do die
Aufführung abwarten!“
Der Enthusiasmus seiner Verehrung
für Richard Wagner nahm bei Anton
Bruckner nicht selten beinahe tragikomische Züge an: 1865 lernte er sein Idol
anlässlich der Uraufführung von Tristan
und Isolde in München kennen. Der eingangs zitierte Bericht Bruckners von dieser Begegnung zeugt von einem fast kindlich zu nennenden Überschwang. Im
Gegenzug überreichte Wagner seinem
Verehrer ein Photoportrait mit eigenhändiger Unterschrift, das Bruckner zeitlebens
wie eine Reliquie verwahrte. Ansonsten
war die ebenso devote wie fanatische
Anhängerschaft Bruckners wohl selbst
einem Wagner ein wenig unheimlich.
Im September 1873 fuhr Bruckner nach
Bayreuth und nötigte den mit dem Bau seines Festspielhauses beschäftigten Wagner,
seine 2. und 3. Sinfonie zu prüfen. Nur auf
Bruckners Drängen hin sah Wagner die
2. Sinfonie schließlich flüchtig an und murmelte ein „Recht gut!“. Dann nahm er die
3. vor und vertiefte sich mit den Worten:
„Schau, schau, ah was! ah was!“ immer mehr
in sie. Diese eigentlich nichtssagenden Kommentare deutete Bruckner dankbar als Anerkennung und äußerte zaghaft seine Bitte,
eines der Werke seinem über alles verehrten
Meister widmen zu dürfen. Wagner bedang
sich Bedenkzeit aus und entschied sich
schließlich für die Sinfonie, „bei der die
Trompete das Thema hat“, also die Dritte.
Bruckner schrieb daraufhin eine Widmung,
wie sie eines absolutistischen Herrschers des
18. Jahrhunderts würdig gewesen wäre: „Sr.
Hochwohlgeboren Herrn Richard Wagner,
dem unerreichten weltberühmten und erha-
benen Meister der Dicht- und Tonkunst, in
tiefster Ehrfurcht gewidmet von Anton
Bruckner.“
Auch die 7. Sinfonie ist ein Zeugnis von
Bruckners abgöttischer Verehrung für Wagner. Über das Adagio des zweiten Satzes
schrieb er an seinen Schüler, den berühmten
Wagner-Dirigenten Felix Mottl: „Einmal kam
ich nach Hause und war ganz traurig; ich
dachte mir, lange kann der Meister nicht mehr
leben. Dabei fiel mir das cis-Moll-Adagio ein.“
Nicht von ungefähr verwendete Bruckner in
seiner Siebten zum ersten Mal die für Wagners
Ring-Orchester erfundenen Wagner-Tuben.
Nur drei Wochen nach dem Entwurf des
2. Satzes starb Wagner tatsächlich, und Bruckner schrieb die Coda seines Adagio als Trauermusik für den verehrten Meister. Felix Mottl
indes fällte ein ziemlich hartes Urteil über
Bruckners Begeisterung für Wagner: „Ich
halte sie bei ihm für rein äußerlich (Harmonien etc.). Das Innere von Wagner versteht er
nicht. Er ist aufreizend ungebildet!“
Wie viel Bruckner von Wagners Musik
„verstand“, sei dahin gestellt – Tatsache ist,
dass sich Bruckners Musik bei näherer
Betrachtung nur oberflächlich der seines verehrten Meisters ähnlich erweist. Äußerlich
erinnert die Verwendung der Wagner-Tuben
in den drei letzten Sinfonien und die exponierte Rolle der Blechbläser an Wagner, aber
im Inneren vermeidet Bruckner beispielsweise sehr entschieden Wagners Technik,
mit Mischklängen ein Klangkontinuum zu
erzielen. Bruckner setzt die Orchestergruppen vielmehr blockhaft und oft in harten
Schnitten neben- und gegeneinander. Er
greift auf Wagners Harmonik zurück, mischt
sie aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Organist mit der Harmonik der
älteren Kirchenmusik. „Bruckner war
nicht darauf angewiesen, Wagner
nachzuahmen, auch wenn außer Frage
steht, dass er ihn nötig hatte, um zu
sich selbst zu finden.“ (Egon Voss)
Seine 7. Sinfonie hat Bruckner König
Ludwig II. von Bayern gewidmet, seine
8. Kaiser Franz Joseph I. und seine 9. dem
lieben Gott, „wenn Er sie annehmen will“.
Zumindest letzterer hat sich dankbarer als
Richard Wagner gezeigt, schenkte er doch
dem bereits 60-jährigen Bruckner bei der
Uraufführung der 7. Sinfonie 1884 in Leipzig endlich die lang ersehnte Anerkennung
einer breiteren Öffentlichkeit.
Ulrich Lenz
6. Sinfoniekonzert
György Ligeti:
„Lontano“ für großes Orchester
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur
Dirigent Andrés Orozco-Estrada
Sonntag, 19. April 2009, 17 Uhr
Montag, 20. April 2009, 19.30 Uhr
Einführung jeweils eine halbe Stunde
vor Konzertbeginn
Orchester
seitenbühne | Seite 19
Reingehört
Abschied und Neubeginn
Zum 1. März gibt es einen Wechsel in der
Direktion des Niedersächsischen Staatsorchesters: Orchesterdirektorin Karin Rawe
verlässt nach über fünf Jahren die Staatsoper;
ihr Nachfolger wird Joachim Schwarz.
Seit dem 1. September 2003 hatte Karin
Rawe das Amt der Orchesterdirektorin inne.
Vom Künstlerdienst Düsseldorf kommend,
mit der Erfahrung des Managements beim
Landesjugendorchester NRW und als
Orchestermusikerin, kam sie in einer schwierigen Phase nach Hannover: „In der Zeit der
finanziellen Einschnitte ging es auch um
Stellenkürzungen im Orchester.“ Man
einigte sich auf einen Haustarifvertrag, und
sie ist immer noch stolz, dass diese schwierige
Situation durch einen Solidaritätsbeweis des
Orchesters gelöst werden konnte. Künstlerische Höhepunkte für Karin Rawe waren im
Konzert „immer, wenn das Orchester Mahler spielt“. In der Oper fallen ihr spontan
Calixto Bietos Traviata und Peter Grimes in
der Inszenierung von Barrie Kosky ein – und
sie gerät ins Schwärmen: „Gerade diese Aufführung war der helle Wahnsinn, bis zwei
Uhr nachts konnte ich danach nicht einschlafen. Das Orchester hat die Sea-Interludes so
wunderbar gespielt!“ Voller Begeisterung
spricht sie von dem Klangkörper, für den sie
Dienstpläne geschrieben, Aushilfen engagiert und das Programm mit geplant hat:
„Anders als im reinen Konzertorchester finden hier in der Probenwoche fürs Konzert
parallel Abendvorstellungen in der Oper
statt. Da holen die Musiker wirklich das
letzte aus sich heraus.“ Nun heißt es
Abschied nehmen. Am Montag nach dem
Opernball tritt sie ihre Stelle als Geschäftsführerin des Mozartfestes Würzburg an.
Ihren Nachfolger Joachim Schwarz kennt
sie von der Orchesterdirektoren-Konferenz,
und sie hält ihn für einen „Glücksfall für
Hannover“. Der Musikwissenschaftler war
von 1999 bis 2008 Leiter des Orchesterbüros
und der Bibliothek am Staatstheater Darmstadt unter den GMDs Marc Albrecht und
Stefan Blunier. Auch Erfahrungen als Konzertdramaturg und vom Fernsehen, aus der
musikalischen Betreuung von TV-Konzertmitschnitten, bringt er mit für seine neue
Aufgabe.
Eigentlich wollte Arno Schlenk, Jahrgang 1969,
Schlagzeuger in einer Rockband werden, wenn er
mal groß ist. Darauf lassen auch heute noch Interpreten wie Metallica oder die Red Hot Chili Peppers
schließen, die er in der Liste seiner All-Time-Favourites führt. Doch als er in der Musikschule neben
dem regulären Unterricht dazu „genötigt“ wurde,
Pauke im Orchester zu spielen und ihm sowohl dieses Instrument als auch das Musizieren
mit anderen wider Erwarten riesigen Spaß bereitete, zeichnete sich schon ab, dass alles
anders kommen würde. Spätestens mit dem Praktikum am Nationaltheater Mannheim, das
er während seines Schlagzeugstudiums absolvierte, war der Wunsch geboren, professionell
in einem klassischen Orchester zu spielen. Seit nunmehr zehn Jahren tut er dies als Solopauker in Hannover.
Untypisch ist vielleicht, dass Schlenk aus einem Elternhaus stammt, in dem klassische
Musik eher selten gehört wurde. „Bei uns lief generell nicht oft Musik. Während meiner Studienzeit hatte ich vorübergehend eine Mahler-Phase, aber jetzt höre ich sehr selten Klassik,
außer zur Vorbereitung aufs Repertoire“. Auf ein Werk aus diesem Genre legt er dennoch
Wert, dass es erwähnt wird: „Schostakowitschs Elfte in der Einspielung der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan. Genial! Das würde ich auch gerne einmal selbst spielen!“ Sonst ist er nicht auf bestimmte Interpreten festgelegt. „Wenn, dann höre ich eben die
Aufnahmen, die ich habe.“
In den seltenen Fällen, in denen Schlenk überhaupt auf CDs zurückgreift, wählt er zumeist
Vertreter der ruhigen Klänge aus, um Entspannung zu finden. Am liebsten hört er den lässigen Jazz der zwei unten genannten Trios aus Skandinavien – beide in der Besetzung Klavier,
Bass, Schlagzeug – und die soulig-sanfte Stimme von Norah Jones, die durch den Erfolg ihres
ersten Longplayers auch der breiten Masse bekannt sein dürfte. Eine Band, die Schlenks
Musikgeschmack um eine weitere Facette ergänzt, ist das Gotan-Project aus Paris. In ihrer
Musik wird Tango Argentino mit elektronischen Rhythmen und Klängen gepaart, Einflüsse
aus Funk und Hip-Hop ergeben eine glühende und geheimnisvolle Mischung.
Gern würde Schlenk neben dem Orchesterjob auch wieder selbst in einer Jazzformation
musizieren, doch die unregelmäßigen Termine für Proben, Aufführungen und Konzerte
machen es nicht leicht, sich mit potentiellen Mitspielern fest zu arrangieren. Also wird der
Jazzleidenschaft weiterhin durchs Zuhören gefrönt. Vorerst.
Christine Haase
Die Aufnahmen
Esbjörn Svensson Trio: Live in Hamburg (Act edel)
Tord Gustavsen Trio: The Ground (ECM Record)
Norah Jones: Come Away With Me (Blue Note EMI)
Gotan Project: La Revancha Del Tango (Universal)
Red Hot Chili Peppers: Stadium Arcadium (Warner)
Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 11, Berliner Philharmoniker,
Ltg.: Herbert von Karajan (Deutsche Grammophon)
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seitenbühne
Jugend
2% Inspiration,
98% Prozent Arbeit
Aus dem Kompositionsworkshop für Jugendliche
Drei Jungs und sechs Mädchen stehen dicht
gedrängt um den schwarzen Flügel im Chorsaal des Opernhauses und lauschen gebannt
den Worten von Peter Marino, Komponist
und Leiter des wöchentlich stattfindenden
Kompositionsworkshops für Jugendliche.
Sechs Monate haben die 14- bis 17-jährigen
Teilnehmer Zeit, ihre eigene Musik erfinden,
um sie im Juni 2009 während der Jugendkonzertnacht „open stage“ im Opernhaus zu
präsentieren. Hierfür steht Peter Marino den
jungen Nachwuchskomponisten mit Rat und
Tat zur Seite. Er selbst hat in Würzburg
Klavier, Komposition und Orchesterleitung
studiert und neben zahlreichen anderen
Kompositionen im Auftrag der Staatsoper
Hannover die Kammeroper Mutter Bajazzo
komponiert, die mit großem Erfolg am
20. März 2008 uraufgeführt wurde.
Bis die Teilnehmer des Kompositionsworkshops ihre eigenen Werke auf die Bühne
bringen, ist noch ein ordentliches Stück
Arbeit gefordert. Da werden eigene kleine
Melodien erdacht und aufgeschrieben und
finden scheinbar ganz nebenbei eine passende Begleitung. Obgleich die Harmonielehre thematisiert und praktisch angewendet
wird, steht sie nicht im Vordergrund dieses
Kompositionsworkshops. Vielmehr sollen
sich die Teilnehmer beim Komponieren
ihrer eigenen Stücke von der Frage leiten lassen: „Was soll meine Musik beim Zuhörer
bewirken?“
Mirco, 17, spielt seit neun Jahren akustische Gitarre. Seine Leidenschaft gehört
jedoch seiner E-Gitarre, einer Gibson LP.
Am liebsten möchte er Berufsmusiker werden, konstatiert er, während er seinen Verstärker aus dem Rucksack zieht, um Minuten
später die Töne darauf anzuspielen, die er
während der letzten Woche komponiert hat.
So richtig zufrieden scheint er noch nicht zu
sein, irgendwie erinnern ihn die Töne an
„einen Song, den es schon gibt“. Das sei auch
kein Wunder, beruhigt ihn Peter Marino,
nert werden, dass sie zur nächsten Stunde
eine ganze Seite Selbstgeschriebenes vorlegen sollen. Dass Komponieren arbeitsintensiv ist, kann Peter Marino nur bestätigen.
Der Entstehungsprozess einer eigenen Komposition bestehe zu zwei Prozent aus Inspiration und zu 98 Prozent aus Arbeit.
schließlich spuke einem das, was man gerne
den Tag über hört, auch während des Komponierens im Kopf herum. Das mache überhaupt nichts. Im Gegenteil. Wichtig sei vor
allem, viel Musik zu hören und kennen zu
lernen, um wahrzunehmen, was möglich ist.
Sofia, die seit vier Jahren Klarinette und
seit acht Jahren Akkordeon spielt, weiß mit
ihren 15 Jahren schon ganz genau, dass sie
nach dem Abitur Musik studieren möchte.
Für den Kompositionsworkshop hat sie sich
angemeldet, weil sie in Zukunft bei den
Wettbewerben, an denen sie mit ihrem
Akkordeon teilnimmt, mit eigenen Stücken
antreten möchte. Eines dieser Stücke wird
vielleicht während des Workshops entstehen.
Die ersten Töne für einen Tango für Akkordeon und Geige sind bereits notiert. Deren
Umsetzung auf dem Klavier bringt allerdings
zunächst nicht den gewünschten Effekt. Das
Problem sei – so erklärt Marino der Gruppe
– dass sie zwar noch nicht weiß, wie der Rhythmus in der Notation aussehen soll, aber
schon eine genaue Vorstellung davon hat, wie
er klingen soll.
Felix, 14, improvisiert und komponiert
schon lange auf dem Klavier. Nur aufgeschrieben hat er seine Kompositionen bisher
noch nicht – das erschien ihm bisher zu
arbeitsintensiv. Und auch die übrigen Teilnehmer stöhnen verhalten, als sie daran erin-
Eine Woche später ist es dann soweit: Felix
rückt den Flügel in Position und interpretiert
eine eigene Komposition mit Gesang und
Klavier. Die übrigen Kursteilnehmer lauschen sichtlich beeindruckt. Hinterher räumt
er – ein wenig verlegen – ein, dass sich das
zuvor angekündigte Ungleichgewicht von
Arbeit und Inspiration in seinem Fall
bewahrheitet habe. Zwar hat er zunächst nur
die Akkorde in den selbst geschriebenen Text
übertragen, so dass er bisher der einzige ist,
der dieses Werk tatsächlich spielen kann,
aber das Ergebnis macht nicht nur Felix
sichtlich Mut, nun die Notation der eigenen
Stücke beherzt anzugehen.
Nicht allen geht das Komponieren so
leicht von der Hand – an Ideen und Lust an
der Musik mangelt es sicher nicht. Vielmehr
ist es zuweilen die alt bekannte Schreibblockade, welche die jungen Musiker daran hindert, die freien Linien mit Noten zu füllen,
obgleich – oder wie in Sofias Fall gerade weil
– im Kopf längst eine genaue Vorstellung der
eigenen Komposition erdacht wurde.
„Ein Komponist schreibt das Stück, das er
selbst immer schon mal hören wollte.“ So
ermuntert Peter Marino die bunt gemischte
Truppe von Jugendlichen, die alle eines
gemeinsam haben: ihre leidenschaftliche
Begeisterung dafür, Musik zu machen. Am
6. Juni 2009 wird eine Kostprobe dieses
Enthusiasmus in der Jugendkonzertnacht
„open stage“ im Opernhaus zu erleben sein.
Eva Bessert-Nettelbeck
Foyer
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Die Jago-Gänsehaut
Sie haben wieder zugeschlagen! Beweisstück ist ein dickes Bündel
Eintrittskarten. Wenn man das auffächert, blitzen Titel hervor wie
„Matinee Idomeneo“, „Nachtwandler Schwindelfrei“, „Der
Rosenkavalier“, „Tanz unterm Dach“, „Premiere Idomeneo“ und
„Reitzlers Reich der Operette“. Heidrun und Dieter Gebhardt haben
sich mal wieder eingedeckt – und dieser Vorrat reicht gerade für drei
Wochen. Wie ein Schwamm saugt das Ehepaar aus Hannover das
Angebot der Staatsoper auf. Manchmal sind sie alle drei Tage im
Opernhaus zu sehen, die Einlassdamen scherzen inzwischen mit
ihnen über Möglichkeiten eines Gebhardtschen Wohnzelts auf dem
Opernplatz.
Wer steckt hinter dieser Leidenschaft? Was treibt die beiden an,
wieder und wieder in der Kassenhalle anzustehen und, bewaffnet mit
langen Listen von Vorstellungsterminen, Karten zu kaufen?
Schon während der Schul- und Studienzeit waren beide regelmäßige Theaterbesucher. Der Mathematiker und die Versicherungsfachwirtin lernten sich bei der gemeinsamen Arbeit in einer hannoverschen Versicherung kennen. Vor 23 Jahren heirateten sie, seither
haben sie ununterbrochen ein Opern-Abo. Natürlich sind beide Mitglied der GFO, und sie haben etliche Bekannte mit ihrem Theatervirus angesteckt. Ein befreundetes Ehepaar kündigte das Abo inzwischen allerdings wieder mit der Begründung: „Wir haben alles schon
gehört.“ Für die Gebhardts völlig unverständlich! Sie schauen sich
vieles mehrmals an – wegen der unterschiedlichen Sängerbesetzungen: „Den ersten Jago habe ich von dem belgischen Bariton Gilbert
Dubuc gehört. Das war eines meiner Ur-Erlebnisse in der Oper: dass
man von einer Gesangsstimme eine Gänsehaut bekommen kann.“
Und seither ist Heidrun Gebhardt wieder und wieder auf der Suche
nach ähnlichen Erlebnissen: „Ich messe alle Jagos an der Gänsehaut
von damals.“
Nicht nur die Stimmen, auch die Menschen hinter den Jagos interessieren die Gebhardts: Mit einigen Mitgliedern des Opernensembles ist das Ehepaar befreundet, manchmal wird sogar der Sommerurlaub nach deren Festival-Engagements ausgerichtet. Ebenfalls in
den Ferien fiel ihnen vor neun Jahren im Theater von Valletta ein
„fantastischer“ junger, 22-jähriger Tenor auf, der heute als ShootingStar international für Furore sorgt: Stolz erzählen Heidrun und Dieter Gebhardt, dass sie damals keinen Geringeren als den Malteser
Joseph Calleja und seine ersten Bühnenschritte im heimatlichen
Opernhaus erlebten. Sie verfolgten den Tenor aus der Ferne, sie fuh-
ren zu einem Gastspiel nach Berlin. Und groß war natürlich die
Freude, als der inzwischen alte Bekannte Calleja für einen Festlichen
Opernabend Lucia di Lammermoor in Hannover Station machte.
Sänger und ihre Stimmen ziehen die Gebhardts in ihren Bann,
doch auch die Suche nach Neuem, nach Unbekanntem treibt die beiden immer wieder in die Oper. „Wir sind offen für alles.“ Dieser Satz
kommt vielen schnell über die Lippen – bei dem Ehepaar Gebhardt
ist er gelebte Wirklichkeit. „Rumstromern“ nennen sie es, wenn sie
für Raritäten wie Louis Spohrs Der Alchymist und Max von Schillings’
Mona Lisa nach Braunschweig fahren oder wenn sie den Opernabend
Il prigioniero/L’Enfant et les sortilèges in Hannover gleich zwei Mal
sehen und danach mit einer deutschen Version von Das Kind und der
Zauberspuk an der Komischen Oper Berlin vergleichen.
„Offen für alles“, das heißt auch: sich als Seniorstudent an der hannoverschen Musikhochschule in Operngeschichte weiterzubilden,
Spanischkurse zu belegen und eine Unmenge an Literatur – von
Harry Potter bis hin zu mathematischen Büchern – regelrecht zu verschlingen. Im Gespräch mit diesen zwar rastlosen, aber nie gehetzt
wirkenden „Kulturfressern“ jagt verständlicherweise eine Geschichte
und Begebenheit die nächste. Eine davon verdient in diesem Jahr eine
besondere Erinnerung: Im Oktober 1989 fand an der Dresdener
Semperoper eine Premiere von Beethovens Fidelio statt in einer mutigen Inszenierung von Christine Mielitz. Nur wenige Tage nach dem
Mauerfall sahen die Gebhardts diese Produktion: „Bühne und
Kostüme ließen Wirklichkeit und Theater verschmelzen: Der Fidelio
spielte zwischen eindeutig identifizierbaren Grenzzäunen der DDR.
Grenzsoldaten marschierten auf der Bühne, Choristen trugen
Straßenkleidung der DDR. Die Zeile ‚Wir sind belauscht mit Ohr
und Blick!‘ bekam vor dem Stasi-Hintergrund ein ganz anderes
Gewicht. Und das Lied an die Gattentreue war umgetextet worden
zu einem Lied an die Freiheit! Viele im Publikum kämpften mit den
Tränen.“ Ein einmaliges, nicht wiederholbares Opernerlebnis, das bis
heute nachwirkt. Und es zeigt: Oper und Kunst entfalten dann ihre
besondere Kraft, wenn sie in enger Wechselwirkung mit dem täglichen Leben stehen. Heidrun und Dieter Gebhardt leben das.
Dorothea Hartmann
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seitenbühne
Aus den Abteilungen
Für die Gäste
Das Vorderhaus-Personal des Opernhauses
Was wäre ein Opernbesuch ohne
die freundlichen Damen und Herren beim Einlass, an der Garderobe und beim Programmheftverkauf? Für so manchen langjährigen
und auch gelegentlichen Gast des
altehrwürdigen Laves-Baus trägt
das Abendpersonal zu einem
gelungenen Abend bei. So verwundert es auch nicht, dass Martina
Asmus, Leiterin des Abendpersonals, ihre und die Aufgabe ihres
Teams darin sieht, „für die Gäste
da zu sein und dafür zu sorgen, dass
sie einen schönen Opernabend verbringen.“ Neben der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der 18 Festangestellten und 12 Aushilfskräfte schätzen viele Zuschauer auch die souveräne Beantwortung
von Fragen wie beispielsweise die eines Gastes nach den Schuhen in
Idomeneo. Für Martina Asmus ist das keine Hexerei, sondern ganz einfach zu erklären: „Die eine Hälfte der festen Mitarbeiter geht vor der
Premiere in die Orchesterhauptprobe, die andere Hälfte schaut sich
die Generalprobe an. Außerdem geben uns die Dramaturgen vor
jeder Premiere eine kurze Einführung und nach unserem Probenbesuch bei Idomeneo hatten wir Gelegenheit, der Dramaturgin Sylvia
Roth Fragen zu stellen.“ Ein Service der Dramaturgen, der nicht
selbstverständlich sei, aber sehr geschätzt werde, wie sie noch verrät.
So gerüstet sind die Mitarbeiter des Abendpersonals beim Publikum
gern gesehene Gesprächspartner zum Fachsimpeln. Und auch untereinander diskutiert das Team viel und manchmal kontrovers über die
Inszenierungen. Diese Gespräche liebt Martina Asmus ebenso wie
die Möglichkeit während der Endprobenphase den letzten Schritt des
Entstehungsprozesses einer Operninszenierung live mitzuerleben.
Trotz der Vielzahl an Gästen mit ihren unterschiedlichen Wünschen und Vorstellungen, die Abend für Abend vom Abendpersonal
betreut werden, verlaufen diese Opernabende in geregelten und
zumeist ruhigen Bahnen. Eine richtige Herausforderung für alle sind
dagegen die Großveranstaltungen wie Kinderfest, Opernball und
„Die lange Nacht der Theater“, wenn große Besuchermassen das
Opernhaus regelrecht stürmen. Da heißt es für Martina Asmus nicht
nur genügend Personal einzuplanen, sondern schon mal schnelle
Entscheidungen zu treffen und unkonventionelle Problemlösungen
anzubieten, die dann zügig vom
Team in die Tat umgesetzt werden.
Neben all diesen spannend klingenden Tätigkeiten gehören auch
weniger spektakuläre – wie die
Teilnahme an der monatlichen
Dispositionssitzung oder die Einteilung der Dienstpläne – zu ihren
Aufgaben. Und die Einteilung hat
es in manchen Monaten in sich,
wenn sie neben Opern- und Ballettvorstellungen und Konzerten
auch noch die vielfältigen Kleinveranstaltungen wie die Einführungsmatineen und Kammerkonzerte, „Parlando bei Laves“ und
„Tanz unterm Dach“ berücksichtigen muss. Dabei fällt ihr lachend
ein: „Ich musste mich erst mal daran gewöhnen, dass es keinen festen
Arbeitsbeginn gibt, sondern der Leporello unsere Arbeitszeiten
bestimmt: 75 Minuten vor Vorstellungsbeginn fangen wir an.“
Inzwischen ist dies nichts Besonderes mehr für sie. Schließlich ist
Martina Asmus nun seit drei Spielzeiten Leiterin des Abendpersonals
in der Staatsoper Hannover. Doch was verschlägt eine Holsteiner
Deern, die den Blick auf das Meer – das Wasser überhaupt – liebt, in
die niedersächsische Landeshauptstadt? „Bei einer Fortbildung 2004
zur Personalfachkauffrau in Hannover hat mich die Kulturvielfalt der
Stadt gefesselt. Außerdem wollte ich nach Jahren in der Gastronomie und in der Hotellerie einfach berufliche und örtliche Veränderungen.“ Da traf es sich gut, dass eine Freundin zufällig in der Zeitung die Stellenanzeige der Oper las. Martina Asmus bewarb sich und
bekam die Stelle. „Damit habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht“,
erzählt die passionierte Teetrinkerin lächelnd. Selbst an ihren freien
Tagen und in den Theaterferien lässt sie die Kultur nicht los. Die alles
andere als kühle Blonde aus dem Norden unternimmt gerne Städtereisen und besucht Kunstausstellungen oder Opernaufführungen.
Und wer weiß, vielleicht begegnet sie Ihnen bei einem ihrer Ausflüge
mit dem Fahrrad rund um Hannover, denn Radfahren ist eine weitere Leidenschaft der unternehmungslustigen Vorderhauschefin.
Malte Erhardt
Das 11. Kinderfest
„Meeres-Abenteuer“
Opernrätsel
am 8. Februar 2009
Dieses Mal suchen wir nach einer Oper in der Form eines Schauspiels, deren Komponist den Spielern größten Freiraum gewährt. Bis
heute ist allerdings nicht geklärt, ob der zuletzt in Darmstadt ansässige Komponist das Prinzip der Aleatorik – der „Zufallsmusik“ also,
bei der mehr oder weniger ausgedehnte Strecken einer Komposition
nicht genau ausnotiert sind, um die Autonomie der beteiligten Musiker zu steigern –, nicht aus purem Zeitmangel anwendete. Beharrlich
setzte er sich als Dirigent für die Werke seiner Kollegen ein und
machte die Welt mit den schwierigen Neuschöpfungen zahlloser
anderer Komponisten Neuer Musik bekannt. Dabei stellte er aber
seine eigenen, hochexperimentellen, dabei meist ausdrucksstarken
und klangvollen Werke in den Hintergrund, auch wenn er durch seinen Einsatz die Freundschaft und Achtung der besten Musiker seiner
Zeit erlangte. Es gilt jedoch als sicher, dass das Fehlen einer verbindlich vorgeschriebenen Form der Verbreitung der Kompositionen des
Gesuchten geschadet hat. Das zeigt auch das Schicksal seiner Bühnenwerke.
Ein Jahr nach seinem Tod wurde der hier beschriebene Komponist
mit dem Beethovenpreis ausgezeichnet und gilt als einer der führenden Protagonisten der Neuen Musik.
Bei dem gesuchten Stück handelt es sich nicht um ein abgeschlossenes Werk, sondern um eine „opera aperta“ oder ein „work in progress“. Die sinnvolle Gesamtform muss für jede Aufführung immer
wieder neu zusammengestellt werden. Es findet keine Handlung im
herkömmlichen Sinne statt, sondern eine Folge expressiver, zum Teil
rätselhafter pantomimischer, ballettähnlicher und konzertanter Szenen. Wenn man überhaupt von einer Handlung sprechen kann, dann
beschreibt sie wohl die Beziehung des Dichters zu seiner verständnislosen, ihm daher feindlich gesonnenen Umwelt. Im Zusammenhang mit dieser Art von Oper lautet ein wichtiges Stichwort „instrumentales Theater“. Allerdings wendet der gesuchte Komponist in
seinem Werk, das dieses Mal Teil der Lösung ist, das so beschriebene
Konzept und alle anderen Ideen und Techniken, die er aufgreift, nicht
konsequent an. Die wahre Protagonistin dieser Oper ist dennoch die
Musik.
Wie heißt der Komponist? Wie die gesuchte Oper?
Senden Sie Ihre Antwort auf einer Postkarte an:
Staatsoper Hannover, Öffentlichkeitsarbeit,
Opernplatz 1, 20159 Hannover.
Unter allen richtigen Einsendungen, die uns bis zum 15. April 2009
erreichen, verlosen wir 5 x 2 Karten für die Premiere von Gioacchino
Rossinis La Cenerentola am 30. April, 19.30 Uhr.
Im letzten Opernrätsel in der seitenbühne Januar/Februar 2009 wurde
E. T. A. Hoffmanns Oper Undine gesucht.
Impressum Herausgeber: Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH,
Staatsoper Hannover, Opernplatz 1, 30159 Hannover · Intendant: Dr. Michael Klügl
Druck: Steppat Druck · Redaktion: Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit
Fotos: Christian Brachwitz, Malte Erhardt, Swantje Gostomzyk, Dorothea Hartmann,
Thomas Huppertz, Thomas M. Jauk, Jörg Landsberg, Thilo Nass und privat
Die Staatsoper Hannover dankt
für die freundliche Unterstützung:
Madama Butterfly – Khatuna Mikaberidze (Suzuki), Svetlana Katchour (Cio-Cio-San)

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