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Bundes– und Landeswettbewerb
Philosophischer Essay (November 2011)
Thema:
"The basis of optimism is sheer terror" –
Die Grundlage des Optimismus ist die nackte Angst.
(Oscar Wilde)
Lena Funcke /Stufe 13
Philosophielehrerin: Frau Barbara Lange
Bischöfliches Mädchengymnasium Marienschule Münster
Dieser Essay ist eigentlich extrem schlecht. Es hat sich weder gelohnt, ihn zu schreiben,
noch lohnt es sich für Sie, ihn zu lesen. Auf die dargelegten Gedanken kommt doch jeder,
der sich auch nur ein kleines Bisschen mit Philosophie und Psychologie beschäftigt, denn
der Text ist weder besonders noch besonders originell. Nun gut, ich gebe es zu: Ich habe
Angst, dass der Essay und ich verspottet oder belächelt werden, ganz nach dem Motto:
„Was hat die denn schon Interessantes zu erzählen?“. Daher sage ich lieber gleich, dass er
schlecht ist, dann habe ich in diesem Falle später wenigstens Recht.
Gut, doch was ist, wenn ich falsch liege? Nun ja, für diese Option versuche ich es wenigstens einmal, wie der Begriff ‚Essay‘ schon sagt, vielleicht bekomme ich ja doch wenigstens etwas zustande. Ach, diese Ängste sind doch kleinlich, ich sollte nicht immer so vorsichtig und zurückhaltend sein, das hemmt mich beim Schreiben. Also bin ich jetzt optimistisch, beende meinen inneren Dialog „Pessimist versus Optimist“ und krame ein paar
Sätze aus meinem Gedankenwirrwarr hervor:
Der Mensch hat Ziele.
Der Mensch hat Angst.
Der Mensch hat Angst davor, seine Ziele nicht zu erreichen.
Der Mensch hat Angst davor, seine Ziele nicht zu erreichen, bloßgestellt zu werden,
dumm zu sein, verlassen zu werden, verletzt zu werden und davor, zu sterben.
Doch trotz dieser Angst sieht der Mensch seine Ziele klar vor Augen, er sieht den Weg,
der zu diesem Ziel führt. Was tut der Mensch? Er erkennt die Notwendigkeit, Optimist zu
werden.
Die Grundlage des Optimismus ist die nackte Angst – eine gewagte Aussage, doch was
genau könnte sich dahinter verbergen?
Um sich dem verborgenen Hintergrund des Optimismus zu nähern, begeben wir uns auf
die Reise eines Menschen wie eines jeden von uns. Die Reise eines Menschen mit Angst
und mit einem großen Ziel. Das Ziel eines Philosophen ist es womöglich, Erkenntnis zu
erlangen, altbekannte Gedankenkonstrukte zu hinterfragen oder sich auf die Suche nach
einer Antwort auf fundamentale religiöse oder ethische Fragen zu begeben. Er begibt sich
auf diese Reise, um den „Ausgang aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“1 zu finden und somit zu einem „mündigen Menschen“1 zu werden. Vergleichen wir diesen Weg
des Philosophen mit dem einer weltbekannten Figur, dessen Leben unzählige kleine und
große menschliche Wesen berührt und begeistert: Der Weg eines Zauberlehrlings2.
Es war einmal ein Zauberlehrling, der sich auf die Suche nach dem Stein der Weisen begab. Zwar wollte er mithilfe dieses Steins nicht Weisheit erlangen, so wie viele Philosophen es zum Ziele haben, jedoch erhoffte er sich, seinem größten Widersacher die Möglichkeit zu nehmen, unsterbliches Leben zu erlangen. Welcher ist der größte Widersacher
eines jeden Philosophen? Ist es die Angst? Ist es Unwissenheit oder gar Dummheit? Ist es
die Verzweiflung Heinrich von Kleists in seiner „Kant-Krise“, den die Unmöglichkeit,
Wahres erkennen zu können, in tiefstes Unglück führte3? Ist es die Lähmung, die das
Sterben dieses Zieles mit sich bringt? Ist es der Pessimismus, der die Möglichkeit, ein
derartiges Ziel zu erreichen, unmöglich macht?
Der Zauberlehrling entdeckt den verbotenen Korridor und findet hinter einer Türe ein
animalisches, furchterregendes Wesen mit drei Köpfen und grässlichen Zähnen.
Was findet der Philosoph, der sich auf die Suche nach Erkenntnis begibt? Derjenige, der
im Zeichen der Aufklärung an den „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“4 glaubt, an
Thesen und Antithesen, die sich zu Synthesen vereinen und die die Entwicklung des Menschen und des Geistes stets nach oben zum „Wahre(n), (…) Ewige(n und) (…) schlechthin
Mächtige(n)“5 treiben?
Zunächst muss der Philosoph den alten Weg seiner Gedanken durchbrechen, denn es ist
notwendig, „einmal im Leben von Grund auf alles umzustürzen (…), wenn (man) (…)
etwas Festes und Bleibendes in den Wissenschaften errichten“6 will. Er begibt sich wie
der Zauberlehrling in einen Korridor, vor dem sich die Außenwelt fürchtet, und er betritt
gefährliches Gelände, denn hier verbirgt sich der Bruch des alten Systems. Nachdem der
Mensch seine Höhle verlässt und den schmerzlichen Weg der Erkenntnis betritt, seine
Schattenbilder hinter sich lässt und nach den wahren Ideen der Welt sucht, kehrt er als von
der Dunkelheit geblendetes Wesen zurück in seine Höhle zu Mitmenschen, die ihn auslachen und verstoßen7. Er gelangt sogar womöglich zu der Auffassung, dass „Sinne, Körper,
(…) Bewegung und Ort (nichts als) (…) Chimären“6 seien.
Doch der idealistische, aufklärerische Philosoph betritt dennoch diesen Weg des Zweifels,
trotz seiner Angst, denn er besitzt die Ahnung, dass der Zweifel seine Welt klarer erscheinen lassen wird. Der Philosoph besitzt das Vertrauen und den Optimismus, den Glauben
an das Gute, das Beste, das Optimum, den Glauben an die Entwicklung zu einem wahrhaft
mündigen Menschen.
Durch Flötenspiel wird das Monster, das sich dem Zauberlehrling in den Weg stellt, beruhigt. Womit beruhigt der zweifelnde Mensch seine „innere Unruhe“3? Indem er „Schauspiele und Konzerte besucht, um (sich) (…) zu zerstreuen“3, mithilfe einer aufheiternder
Gesellschaft, gutem Essen und zuletzt des Optimismus, der die Angst leugnet und diese
beruhigt, denn der Optimismus spricht stets: „Alles wird gut.“
Somit kann der Mensch seine Angst überwinden und seinem Ziel näher kommen, indem
er die Furcht vor Neuem, Fremdem und Unbekanntem leugnet, sie für nichtig erklärt. Der
Zauberlehrling überwindet diese erste Hürde und fällt hinab durch eine Falltür, hinab in
die Dunkelheit.
Der Mensch, der seinem Zweifel erlaubt, seine alten Wahrheiten und Gewohnheiten niederzureißen, der tappt in der Dunkelheit, denn er besitzt keine Orientierung mehr. Er empfindet wie Descartes, dem ist, „als wäre (er) (…) unversehens in einen tiefen Strudel geraten und würde so herumgewirbelt, dass (er) (…) auf dem Grund nicht Fuß fassen, aber
auch nicht zur Oberfläche emporschwimmen kann.“6 Denn woran soll sich der Mensch
festhalten, wenn er seinen Sinnen nicht vertrauen kann, da sie getäuscht werden können,
und wenn auch sein Verstand nichts Wahres finden kann, da er aufgrund seiner „Denkhaube“ Gegenstände nur nach der jeweiligen „subjektiven Beschaffenheit (seines) (…)
Gemüts“8 erfassen kann? Was bleibt dem Menschen, der nach Gott sucht, ihn jedoch nicht
beweisen kann? Wie kann der Mensch noch handeln, wenn er sich seiner eigenen Freiheit
nicht sicher sein kann? Wer ist der Mensch, wenn er sich der Ewigkeit seiner Existenz und
seiner Erkenntnis nicht sicher sein kann?
Nun steht der zweifelnde Mensch von Angesicht zu Angesicht seiner Angst gegenüber,
die die Grundlage seines Lebens darstellt. Hören sich diese eben aufgezählten Ängste beunruhigend an? Das müssten sie nicht. Denn Angst ist äußerst hilfreich und ein nützliches
Instrument zur Erhaltung des Lebens. Angst ist der Schutzmechanismus, der den Menschen vor Gefahr schützt, vor der Gefahr des Tötenden, Zerstörenden, Verletzenden. Die
Eigenschaft „ängstlich“ ist zwar negativ konnotiert, doch der Mensch, der angstfrei über
Autobahnen spaziert, kann seine restlichen Sekunden des Lebens an drei Fingern abzählen. Jedoch gibt es auch andere, weniger rational begründbare Ängste – wie zum Beispiel
die Angst vor Prüfungen. Wer als Pessimist stets an einen schlechten Ausgang dieser Prüfungen glaubt, kann diesen allein durch seine Überzeugung hervorrufen, denn in vielen
Fällen „bestimmt das Bewusstsein das Sein“vgl.4, ein Phänomen, das in der Psychologie
„Self-fulfilling prophecy“9 genannt wird. Der Pessimist sieht in jeder Aufgabe ein Problem, der Optimist sieht in jedem Problem eine Aufgabe.
Wenn nackte Angst die Grundlage des Optimismus sein soll, dann stellt sich die Frage,
wie diese Aussage zu bewerten ist. Seine nackte Angst zu sehen, bedeutet, sie offen und
bloßgestellt wahrzunehmen, sich ihrer Ursachen und Zwecke bewusst zu werden. Was tut
der Optimist? Er ignoriert diese Angst, verschleiert ihre Nacktheit und Bedrohlichkeit.
Was tut der Pessimist? Er ist sich seiner Angst mehr bewusst, lässt sich jedoch auch von
ihr leiten und in eine häufig unglücklich machende Passivität drängen. Welche Folgen
ergeben sich? Der Optimist kann mit seiner positiven Haltung entweder scheitern oder
Erfolg haben. Der Pessimist scheitert nicht, ist jedoch auch nicht erfolgreich.
Welche Haltung wäre demnach der anderen vorzuziehen? Der Optimist lebt ein gefährlicheres Leben, da er durch die Verleugnung seiner Angst in einem Zustand der Täuschung
lebt, einer ähnlichen Täuschung, wie wir sie in der Liebe, in der Hoffnung und in dem
Vertrauen erleben können. Zwar kann der Mensch in diesem Zustand der möglichen Täuschung nicht zwischen Illusion und Realität unterscheiden, jedoch merkt er diesen Unterschied ganz besonders in dem Moment der Ent-täuschung. In diesem Augenblick ist er
fest davon überzeugt, vorher an eine Täuschung geglaubt zu haben. Derjenige, der nie
desillusioniert wurde oder trotz Enttäuschung weiterhin an das Optimum glaubt, der trotz
des Zweifels an Gott, an der Liebe, an dem Erfolg seines Handelns und an den Fortschritt
glaubt, der wird als Optimist gesehen. Dieser Kategorie sind die meisten philosophischen
Aufklärer zuzuordnen, jedoch werden sie – wie viele Optimisten – oft belächelt und als zu
idealistisch wahrgenommen. Ein besonders gutes Beispiel für diese dem Optimismus entgegengesetzte und im angegebenen Zitat von Oscar Wilde vertretene Haltung ist Friedrich
Nietzsche, der schrieb: „Ist Wissenschaftlichkeit vielleicht nur eine Furcht und Ausflucht
vor dem Pessimismus? Eine feine Nothwehr gegen – die Wahrheit?“10 und „Nun aber eilt
die Wissenschaft, von ihrem kräftigen Wahne angespornt, unaufhaltsam bis zu ihren
Grenzen, an denen ihr im Wesen der Logik verborgener Optimismus scheitert.“11
Doch betrachten wir diese pessimistische Haltung und deren Auswirkung kritisch: Der
Pessimist kann zwar nicht enttäuscht werden, lässt sich jedoch von seiner nackten Angst
beherrschen und verbaut sich somit Chancen, von denen die Angst nur abgeraten hatte,
weil sie neu und fremd waren, jedoch nicht unbedingt gefährlich, nein, im Gegenteil, sie
hätten bei Erfolg durchaus zu einer Verbesserung des Lebens führen können. Zwar freut
sich der Pessimist umso mehr, wenn sich seine negativen Vorahnungen nicht bestätigen,
jedoch führt er selbst diese Möglichkeiten nicht aktiv herbei und gibt sich somit auch nicht
die Verantwortung und das Lob für diesen Erfolg, sondern eher dem Zufall.
Wenn man erneut die religiöse Komponente des Optimismus betrachtet, trifft man unweigerlich auf die Theodizeefrage, weshalb ein allmächtiger und allgütiger Gott überhaupt
Leid und Angst zulässt. Eine mögliche Antwort auf diese Frage wäre die Notwendigkeit
von Leid und Schmerz, um den Menschen vom Schädlichen abzuhalten und ihn zum
Nützlichen zu drängen. Somit kann Negatives wie die Angst vor der Hölle und vor der
Sünde insofern sinnvoll sein, als dass sie den Menschen dazu führt, moralisch gute Taten
zu vollbringen und somit dem Optimum, dem Paradies, näher zu kommen. In der Bibel
wird durch das Zitat Jesu: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“12 eine negative physische Ausgangslage beschrieben, die jedoch mithilfe einer optimistischen, moralischen Grundhaltung überwunden werden sollte.
Kommen wir zurück zu unserem Zauberlehrling. Er hat sich für den Weg des Optimismus
entschieden, hat mithilfe von Logik beim Schachspiel und anderen Qualitäten, die auch in
der Philosophie durchaus notwendig sind, sein Ziel beinahe erreicht. Nun steht er vor einer
Reihe von Flaschen, deren Inhalte entweder giftig, uninteressant oder – eine einzige Flasche – zielführend sind.
Betrachten wir einmal den interessanten Vergleich: Das Glas ist halb leer oder das Glas ist
halb voll. Die Gläser sind identisch, nur wird ihr Inhalt verschieden bewertet. Dies lässt
sich mit meiner Behauptung vergleichen, die nackte Angst sei nicht nur Grundlage des
Optimismus, sondern auch des Pessimismus. Nur sind die Folgen dieser Angst verschieden und somit die Inhalte dieser Gläser. Würde das Optimum – die Fülle des Glases – und
das Pessimum – die Leere des Glases, ignoriert werden, käme man zu dem Schluss, im
Glas befinde sich zu einer Hälfte Flüssigkeit. Dieser Schluss scheint rational und nicht
wertend zu sein, jedoch wird er im Alltag selten gebraucht, da jeder Mensch entweder zu
positiven oder zu negativen Schlüssen neigt. So wie Albert Schweitzer formulierte: „Der
Optimist ist ein Mensch, der überall grünes Licht sieht, während der Pessimist nur das rote
Stopplicht erblickt. Aber der wirklich Weise ist farbenblind.“13 Somit wäre der Weise der
Mensch, der seine Ängste weder unterdrückt noch sich von ihnen beherrschen lässt, sondern sie differenziert und distanziert betrachtet. Da man im Leben jedoch stets mit der
Angst konfrontiert wird, ist diese vernünftige Einstellung des Öfteren schwierig, da in
vielen Situationen die Ratio versagt, wenn die Weisheit aufgrund mangelnder Erfahrung
und nicht differenziert betrachteter Ängste noch nicht gegeben ist.
Der Zauberlehrling entscheidet sich für eine Flasche, der Mensch entscheidet sich für das
halb volle oder das halb leere Glas. Welche Flasche oder welches Glas zum Ziel führt,
kann zumindest in dem Buch über den Zauberlehrling durch Logik ermittelt werden. Philosophische Aufklärer würden das halb volle Glas vorziehen und hoffen, an ihr Ziel zu
gelangen, sei es „ewiger Friede“14 oder „die Ideen“15. Sie würden das zweite Glas oder des
Zauberlehrlings andere Flaschen als todbringend definieren, da das Leben und der Mensch
aus Veränderung und Entwicklung bestehen, „die Seele (des Menschen) das Bewegende
sei“16 und „alles fließt“17. Außerdem ist eines sicher, – egal, wie der Zauberlehrling sich
entschieden hätte – die Notwendigkeit einer Entscheidung steht fest, damit überhaupt die
Möglichkeit eines Erfolges existiert. Daher erklärt Theodore Roosevelt: „Es ist viel besser,
große Dinge zu wagen, große Triumphe zu erleben, selbst wenn man letztlich scheitert, als
sich unter die armen Geister zu mischen, die weder viel genießen noch viel leiden, weil sie
im grauen Zwielicht leben, das weder Sieg noch Niederlage kennt.“18
Ein Aspekt des Pessimismus, den die allerwenigsten Menschen betrachten, ist sein Zweck
neben demjenigen der Vorsicht. Gesellschaften werden durch Moral, Höflichkeit und
Freundlichkeit zusammengehalten, soziale Netze werden gewoben und der Mensch sieht
sich dazu gezwungen, seine Aggressionen zu unterdrücken. Hierzu ein Zitat aus der Trickserie „Kloß und Spinne“: Spinne: „Echte Freunde!“ Kloß: „(…), die man im Krankenhaus
besuchen muss, wenn sie kaputt gehen, die dich anrufen, damit du ihnen am Sonnabendvormittag beim Umzug hilfst?“ Spinne: „Genau, die dir am Sonnabendvormittag beim
Umzug helfen und dich im Krankenhaus besuchen, wenn du kaputt gegangen bist, die dich
aufmuntern, wenn's dir scheiße geht.“ Kloß: „Die einen mit ihrer guten Laune auf den
Sack gehen, meinst du! Hab ich dir mal erzählt, dass ich nach einer Stunde mit dir am Tresen zwei Stunden Killerspiele spielen muss, um meine Aggressionen loszuwerden?“19
Gesund und glücklich lebende Menschen brauchen daher nicht nur eine positive Einstellung, um Ziele zu erlangen und wertschätzen zu können, sondern auch ein „Ventil für gestaute Aggression“20, welche sich des Öfteren durch Pessimismus, Vorurteile und grausame Phantasien ausdrückt. Somit ist in der heutigen Gesellschaft ein „reinigende(s) (…)
Abreagieren (und eine) Neu-Orientierung der Aggression“20 notwendig. Meiner Meinung
nach wirken auch aus diesem banalen Grunde pessimistische Untergangsszenarien wie das
Ende der Welt im Jahre 2012 oder das Jüngste Gericht in ihren düsteren Vorahnungen
besonders attraktiv.
Schon bei der Betrachtung von Tugenden stießen Philosophen wie z.B. Platon und Sokrates auf die Notwendigkeit, stets das „goldene Mittelmaß“ zu wählen, also zum Beispiel
weder feige noch übermütig, sondern besonnen und trotzdem mutig zu handeln. Daraus
lässt sich schließen, dass weder ungebrochener Optimismus noch strikter Pessimismus auf
Dauer sinnvolle Strategien zur Bewältigung einer ungewissen Zukunft sind, sondern der
Mensch einen gesunden, positiv eingefärbten Realismus benötigt, der flexibel und situationsabhängig einen Weg zwischen den beiden Extremen finden mag. Hierbei wäre es löblich, wenn Optimisten und Pessimisten voneinander lernen und profitieren, sich also ergänzen würden, damit der Eine ein Fahrzeug konstruiert und der Andere die Sicherheitsgurte beisteuert.
Nun sind wir am Ende dieses Essays angelangt, und die Frage, ob mein Pessimismus oder
mein Optimismus zu Anfang berechtigt waren, steht noch immer offen. Daher lasse ich
mich selbst und Sie im Stillen darüber urteilen, lasse die beiden Fronten sich versöhnen,
und schließe diesen Versuch mit dem Fazit von Kofi Annan:
„Die Welt besteht aus Optimisten und Pessimisten. Letztlich liegen beide falsch, aber der
Optimist lebt glücklicher.“21
Quellen:
1) Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? In: Berlinische Monatsschrift 4, 1784, S. 481-494
2) Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen, Carlsen Verlag GmbH,
Hamburg 1998, S. 294-320
3) Heinrich von Kleist an Wilhelmine von Zenge (22. März 1801). In: Heinrich von
Kleist: Sämtliche Werke und Briefe II. Hanser: München 1970, S. 634
4) Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. In:
G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden, Herausgegeben von Eva Moldenhauer und Karl
Markus Michel, Band 12, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1970, S. 29 f.
5) Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Die Vernunft in der Geschichte. Herausgegeben von J.
Hoffmeister, Meiner Verlag, Hamburg 1955, S. 29
6) René Descartes, Meditationes de prima Philosophia. Meditationen über die Erste Philosophie. Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Gerhart Schmidt. Reclam
Verlag, Stuttgart 1994, S. 63 f.
7) Platon, Der Staat. Übersetzt und herausgegeben von Karl Vretska. Siebentes Buch.
Reclam Verlag, Stuttgart 1989, S. 327 f.
8) Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Reclam Verlag, Stuttgart 1966, S. 84
9) Robert K. Merton, The self-fulfilling prophecy, in: Antioch Review, Jg. 8, 1948, S.
193-210
10) Friedrich Nietzsche, Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, Herausgeber: Girgio Colli und Mazzino Montinari, Deutscher Taschenbuch Verlag, München
1980, © Verlag Walter de Gruyter GmbH & Co KG, Berlin 1980, S. 12
11) Friedrich Nietzsche, Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, Herausgeber: Girgio Colli und Mazzino Montinari, Deutscher Taschenbuch Verlag, München
1980, © Verlag Walter de Gruyter GmbH & Co KG, Berlin 1980, S. 101
12) Die Bibel, Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Katholische Bibelanstalt, Stuttgart 1980, Matthäus 26, 41, S. 1111
13) Albert Schweitzer, „Der Optimist ist ein Mensch, der überall grünes Licht sieht, während der Pessimist nur das rote Stopplicht erblickt. Aber der wirklich Weise ist farbenblind.“ gefunden auf: http://zitateseite.twoday.net/stories/470487/ am 27.11.2011
14) Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden, Reclam Verlag, Stuttgart 1984
15) Platon, Der Staat, Sechstes Buch, übersetzt und herausgegeben von Karl Vretska, Reclam Verlag, Stuttgart 1989, S. 322
16) Aristoteles, Von der Seele, übersetzt und herausgegeben von Olof Gigon, Deutscher
Taschenbuch Verlag, München 1985, S. 261-291
17) Ute Seiderer (Hrsg.), Panta rhei. Der Fluss und seine Bilder. Ein kulturgeschichtliches
Lesebuch, Reclam, Leipzig 1999, S. 1 f.
Panta rhei (Alles fließt) soll auf Heraklit zurückgehen, wird jedoch erstmals schriftlich
von Simplikios erwähnt
18) Theodore Roosevelt: „Es ist viel besser, große Dinge zu wagen, große Triumphe zu
erleben, selbst wenn man letztlich scheitert, als sich unter die armen Geister zu mischen,
die weder viel genießen noch viel leiden, weil sie im grauen Zwielicht leben, das weder
Sieg noch Niederlage kennt.“ gefunden in: Lucinda Bassett, Angstfrei leben, Das erfolgreiche Selbsthilfeprogramm gegen Stress und Panik, Beltz Verlag, Weinheim und Basel
2000, S. 214
19) Kloß und Spinne – Teil 1: Computer kaputt, gefunden auf:
http://www.youtube.com/watch?v=zs7VIQiSHQQ am 27.11.2011, geschrieben von Volker Strübing, Andreas Krenzke (www.schnipselfriedhof.de)
20) Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression, Dr. G.
Borotha-Schoeler Verlag, Wien 1963, S. 355 f.
21) Kofi Annan: „Die Welt besteht aus Optimisten und Pessimisten. Letztlich liegen beide
falsch, aber der Optimist lebt glücklicher.“ gefunden auf:
http://www.cassybouffier.com/blog/optimismus/ am 27.11.2011

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