Gute Nachricht für die Füße
Transcrição
Gute Nachricht für die Füße
Gute Nachricht für die Füße Mister Schweiz macht jetzt Schuhe Schuhe gehören zum Leben. Für manche sind sie Statussymbol, für andere Funktionsmode. Ein Händchen für Schuhe haben die Jungunternehmer Claudio Minder und Karl Müller jr. Mit ihrem „Komfortschuh Joya“ wollen sie „Gutes“ für die Füße. Ein Selbstversuch. Fotos: privat I n einer WG zu wohnen, hat seine Als ich auf den „Joya“-Schuh stieß, Vorteile. Zwei meiner Mitbewohne- war mein erster optischer Eindruck: rinnen haben die gleiche Schuhgröße. klobige Form, dicke Sohle, seltsamer Ist mal wieder Not am Schuh, gibt’s neben den eigenen noch 30 Paar andere. Mittlerweile fragt mich mein Freund bei jedem Treffen: „Wessen Schuhe trägst du heute?“ Frauen lieben Schuhe. Eine britische Studie ergab, dass 52 Prozent der 3.000 befragten Frauen sich neue Schuhe kaufen, wenn ein Anlass bevorsteht oder ein neues Outfit im Schrank hängt. 37 Prozent der Befragten sagten, dass sie sich Schuhe als Ex-Model und Jungunternehmer Claudio Minder Belohnung kaufen. Von dieser Sammlung werden laut Studie mehr Abroll-Gang – sehr uncool für meine als die Hälfte aber nie getragen: Von 24 Lebensjahre. Aber ich sollte über zwanzig Schuhpaaren bleiben elf un- diesen merkwürdigen Schuh und seiangezogen im Schrank. Bei Männern ne Macher schreiben, also musste ich sieht es anders aus: 70 Prozent der ihn testen. Männer in einer Umfrage des Kölner Gedacht, getan! Ein paar Tage später Marktinstitutes „Psychonomics AG“ ist der dunkelblau-weiße Schuh in der kaufen sich erst neue Schuhe, wenn die Post. Erste Wertung: Die dicke weiße Sohle lässt ihn wirklich etwas klobig alten abgetragen sind. Bei der Schuhwahl spielt heute auch der erscheinen, durch die Form geht er Gesundheitsfaktor eine immer größere aber glatt als Sportschuh durch. Rolle. Falsche Schuhe können Fehlstellungen des Fußes oder eine falsche Mister Komfortschuh Körperhaltung begünstigen. Dumm Einer seiner Erfinder heißt Claudio nur: Gesundheitsschuhe entsprechen Minder (31). Er war mal Mister Schweiz und hat lange ein Modelabel nicht eben dem Kriterium „modisch“. 131 mitgeleitet. Sein Büro im Schweizerischen Roggwil am Bodensee teilt er mit seinem 26-jährigen Geschäftspartner Karl Müller jr., Sohn des „MBT“– Schuh-Gründers Karl Müller sr. wir 2008 mit vier schwarzen Modellen zu den Händlern gingen, dachten wir, die Leute werden begeistert sein.“ Weit gefehlt! „Kommt wieder, wenn ihr etwas Anständiges habt!“, hieß es. Claudio Minder und sein Partner gaben nicht auf. Auf Messen stellten sie ihre Schuhe der Lauf-Kundschaft vor. Die war begeistert vom Geh-Gefühl, was wiederum Händler neugierig machte und die richtigen Türen öffnete. Heute werden 280.000 Paar „Joya“ im Jahr verkauft, 80 Prozent davon in Deutschland. Mein Schuh-Check Begeistert von ihrer Idee: Claudio Minder und Karl Müller jr. Claudio Minder trägt schwarzen Anzug, hell gestreiftes Kurzarmhemd – und schwarze „Joya“-Schuhe. Die sind ein Testmodell, von Hand gefertigt. Jedes neue Modell wird vor dem Tragen eingehend geprüft: Ist der Abrolleffekt richtig, ist die Sohle weich genug, entsprechen Form und Farbe modischen Vorstellungen? Überzeugt er äußerlich, folgt der Fußtest: „Ich trage ihn einige Tage bei allem, was ich tue“, erklärt der Jungunternehmer, „schaue, ob die Passform stimmt, ob der Schuh kneift oder ob es angenehm ist, darin zu laufen.“ Erst wenn er diesen Kriterien entspricht, kommt er in den Handel und gesellt sich dort zu vielen anderen Modellen in schwarz, weiß, grau und blau. Der Weg in die Schuhgeschäfte war steinig: „Als 132 Ich mache den Schuh-Check und wage mich mit dem „Joya“ auf die Straße. Die dicke Sohle entlarvt ihn gleich als Gesundheitsschuh. Aber eine junge Frau, die mir begegnet, findet, dass „er ganz modisch aussieht und eine schöne Farbe hat“. Zwei ältere Frauen nicken: „Sieht gut aus – auch mit der dicken Sohle.“ „Joya entsprechen nicht dem neuesten Modeschrei“, räumt Claudio Minder ein. Das hat seinen Grund: „Joya steht für Freude – Joy – beim Gehen.“ Erreicht werden soll, dass eine weiche, leichte Sohle gleichzeitig die Beinmuskulatur trainieren und Gelenke und Rücken entlasten soll. Mal sehen. Meine Füße kannten bisher nur harte Sohlen. Bei den ersten Schritten fällt es mir schwer, die Balance zu finden. Dazu kommt der Abrolleffekt, der meinen Gang zur Schaukelpartie macht: rauf – runter – rauf – runter. Nach und nach gewöhne ich mich daran. Und: Am Abend, nachdem ich den ganzen Tag in den Schuhen gelaufen bin, stelle ich fest, dass mir die Füße nicht wehtun. Auch die Muskulatur wird ordentlich beansprucht. Das beweist der Muskelkater am nächsten Tag – in Beinen und Hintern. braucht und in der Gesellschaft nicht links liegen gelassen werden.“ Daneben wollen Minder und Müller ihrer Region etwas zurückgeben, spenden deshalb 10 Prozent ihres Umsatzes an christlich-soziale Projekte aus der Region, etwa einer Drogenarbeitsstelle in St. Gallen. Und schließlich wollen die beiden Christen auch einen positiven Unterschied in ihrer Fotos: privat Junge Vorbilder Bei der Gründung der Firma war das große Ziel der beiden Schweizer, die Nummer Eins in Sachen Komfortschuh zu werden. Letzten Endes aber eine wertlose Vorgabe, wie Minder heute sagt, weil es automatisch mehr Druck und Verpflichtung erzeuge: „Super Geschäftszahlen bringen nichts, wenn das Team völlig kaputt ist. Das Potenzial liegt nämlich in den Leuten hier – sie machen den Erfolg aus!“ Das wissen die Geschäftsführer des 50-Mann-Teams zu schätzen und bedanken sich deshalb auch mal mit einem materiellen „Dankeschön“ bei ihren Mitarbeitern. Sie möchten als junges Unternehmen ein Vorbild sein. Etwa, indem sie junge Leute einstellen und ihnen eine Lehrstelle anbieten, die – unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten – niemand sonst anstellen würde. „Mir schwirrt immer im Kopf rum, dass in der Bibel steht: Jesus kümmert sich um die Schwachen. Darum wollen wir diesen Leuten zeigen, dass sie ge- Jedes neue Modell wird eingehend geprüft Branche machen. Sie haben sich ein schriftliches Geschäftsstatement gegeben. Darin heißt es, dass sie sich der Ehrlichkeit gegenüber Partnern und Kunden verpflichten. Sie teilen ihren Geschäftspartnern mit, wenn sich Lieferungen verspäten und schieben die Schuld nicht auf andere. „Das Ziel unserer Firma ist, dass es nicht nur ums Produkt oder um den Umsatz geht, sondern um gelebte Beziehungen. Wir wollen etwas von 133 Sportschuh mir verpasst, hier fehlt. Guten Halt bietet er genauso wie ein anderer Sportschuh. Mein Fazit: Der „Joya“ ist angenehm zu tragen und eine gute Abwechslung zu flachen Modeschuhen. Mit Betonung auf „Abwechslung“. Ich könnte mir auch noch Sandalen-, Ausgang-, Sport- und Wander-„Joyas“ zulegen. Aber die knapp 300 Franken (150 Euro) pro Paar würde mein Bankkonto nur schwer verkraften. Janine Anliker Jungunternehmer wollen positiven Unterschied machen Im Jogging-Schritt Im nächsten Frühjahr wollen die Schweizer eine noch weichere Frauensohle und eine flache Sportsohle auf den Markt bringen. Nicht um anderen Sportmarken damit Konkurrenz zu machen. Minder: „Joya ist nicht unbedingt ein Schuh für Sportler, sondern ein sportlicher Alltagsschuh.“ Ob nun Sportschuh oder nicht: Zum Schluss meines Tests gehe ich in meinem „Joya“ joggen. Die weiche Sohle dämpft jeden Schritt. Dafür brauche ich deutlich mehr Kraft zum Abtreten. Positiv registriere ich, dass der Schlag in mein Knie, den der normale 134 Kleine Schuh-Firmen-Kunde MBT – Joya – kyBoot Karl Müller sr. brachte 1996 den Funktionsschuh MBT (MasaiBarfußtechnologie) auf den Markt. Die runde Abrollsohle wurde zum Welterfolg. Doch Karl sr. hatte schnell neue Ideen, um den Schuh zu verbessern. Als er bei den neuen Investoren der Firma mit den Verbesserungsvorschlägen keine Einigung erzielte, verkaufte Müller 2006 MBT und gründete ein neues Unternehmen, „kybun“, das unter anderem den Funktionsschuh „kyBoot“ herausbrachte. Parallel gründete sein Sohn Karl Müller jr. mit Claudio Minder das Unternehmen Joya. (www.joyaschuhe.ch). Foto: privat dem weitergeben, was Gott uns gegeben hat“, sagt Minder. Und das gehe dann hoffentlich auf ihre Mitarbeiter über und von ihnen zu den Händlern und Kunden.