Beobachtung der Beratungsgespäche mit - coaching

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Beobachtung der Beratungsgespäche mit - coaching
TRIAS
Institut für Supervision und
Organisationsentwicklung Grüningen /Zürich
Diplomarbeit
Blattmann – Triet Beatrice
Ausbildungsklasse 12 1999 - 2002
Dezember 2002
Thema:
Beobachtung der Beratungsgespräche mit anschliessendem Feedback auf
den RAV im Kanton St. Gallen
Inhaltsverzeichnis Diplomarbeit
1.
Idee, Motivation und Ziel des Projekts
1-2
1.1
1.2
Idee / Motivation
Ziel der Arbeit für die Personalberater, das Amt für Arbeit und die
Projektleiterin
1
2.
Doppelrolle Arbeitskollegin und Feedbackgeberin
2-3
2.1
2.3
Was heisst es: als Personalberater anderen Personalberatern
Feedback zu geben?
Meine Hypothesen über die möglichen Chancen und Gefahren
Schlussfolgerung
2
2
2-3
3.
Terminvereinbarungen
3-5
3.1
Vorgehen
Beispiele von Reaktionen der Personalberater, bezogen auf die erste
Kontaktaufnahme
3
4-5
4.
Theorie: Coaching und dessen Nutzen fürs Projekt
5-7
4.1
4.2
4.3
Begriffserklärung: Coaching
Verständnis von Coaching
Nutzen fürs Projekt und dessen Umsetzung
5-6
6
7
5.
Theorie: Ablauf eines Coachings
7-9
5.1
5.2
5.3
5.4
Kontakt und Orientierung
Situation und Ziele des Klienten herausarbeiten
Lösungen
Transfer sichern
7-8
8
8
8-9
6.
Beispiele von beobachteten Beratungsgesprächen
9-18
6.1
1. Beispiel
9
6.1.1
6.1.2
6.1.3
6.1.4
Analyse
Nonverbale Ebene
Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
Spontane Rückmeldung des Personalberaters nach dem Feedback
10-11
11
11-12
12
6.2
2. Beispiel
13
6.2.1
6.2.2
6.2.3
Analyse
Nonverbale Ebene
Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
14
14
14-15
6.3
3. Beispiel
15
6.3.1
6.3.2
6.3.3
Analyse
Nonverbale Ebene
Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
16-17
17-18
18
2.2
3.2
1-2
7.
Rückmeldungen der Personalberater
18-21
7.1
7.1.1
Spontane mündliche Rückmeldungen der Personalberater an mich als
Feedbackgeberin unmittelbar nach dem Feedback
Schriftliche Rückmeldungen in Form der Rückmeldungsformulare
18-19
19-21
8.
Auswertung der Beobachtungen
21-29
8.1
8.2
8.2.1
8.2.2
8.2.3
Überlegungen zur Auswertung der Beobachtungskriterien
Fachkompetenz: Standortbestimmung
Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen könnte es haben?
Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
21-22
22
22
22-23
23
8.3
8.3.1
8.3.2
8.3.3
Fachkompetenz: Gesprächsführung
Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen könnte es haben?
Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
23
23-24
24
24
8.4
8.4.1
8.4.2
8.4.3
Kommunikation: Respekt, Achtung, Wertschätzung
Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen könnte es haben?
Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
25
25
25-26
26
8.5
8.5.1
8.5.2
Nonverbale Ebene
Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen könnte es haben?
Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
26
26-27
28
28-29
Selbsteinschätzung bezogen auf ihre erfolgten Beratungsgespräche der Personalberater
29-30
9.1
9.2
Vorgehensweise der Selbsteinschätzung
Rückmeldungen der Personalberater betreffend Selbsteinschätzung
29
29-30
10.
Theorie der Beratungskompetenz
30-38
10.1
Wann ist ein Berater ein guter Berater
30
10.2
10.3
10.4
10.5
10.6
10.7
10.8
10.9
10.10
10.11
10.12
10.13
10.14
10.15
10.16
Ethische Grundhaltung und praktische Konsequenzen
Grundregeln für die Gesprächsführung
Gesprächsvorbereitung
Anderen respektvoll gegenübertreten
Kontakt herstellen
Erwartungen klären
Informationen zum Thema einholen
Im Hier und Jetzt arbeiten
„Ich“ statt „Man“ und „Wir“
Wichtige Gesprächsinhalte paraphrasieren
Körperausdruck und Gefühlsinhalte beachten
Interpretationen sparsam verwenden und kennzeichnen
Authentisch und selektiv miteinander reden
50%-Regel beachten
Bilanz ziehen
30-31
31
31
32
32
32
33
33-34
34
35
35-36
36
36-37
37
37-38
8.5.3
9.
11.
Umgang mit den Energien der Personalberater
38-40
11.1
11.1.1
11.1.2
Die Komponenten des Energieverbrauchs
Erleichternd
Erschwerend
38
39
39
11.2
11.2.1
11.2.2
11.2.3
11.2.3
Welche Unterstützung ist für die Personalberater hilfreich?
Arbeit
Arbeitgeber
Fachwissen
Team
40
40
40
40
40
12.
Amt für Arbeit
41-44
12.1
12.1.1
12.1.2
41
41
12.1.3
12.1.4
12.1.5
12.1.6
12.1.7
12.1.8
12.1.9
Schlussfolgerungen bezogen auf das gesamte Projekt
Herauskristallisierte Faktoren bezogen auf die Personalberater
Hypothesen meinerseits, die sich in der Arbeit mit den
Personalberatern nicht bestätigten
Erkenntnisse der Beobachtungen
Fachliche Kompetenz der Personalberater
Persönliche Kompetenz der Personalberater
Qualität und Quantität der Beratungen
Geschäftsbericht für das Amt für Arbeit
Beobachtungen
Empfohlene Massnahmen
13.
Rolle der Projektleiterin
45-51
13.1
13.1.1
13.1.2
13.1.3
Grundhaltung / Kompetenz
Fach- und Feldkompetenz
In der Praxis
Was ich gelernt habe
45
45
45
45
13.2
13.2.1
13.2.2
13.2.3
Grundhaltung, Wertschätzung, Respekt und Achtung in der Arbeit mit den
Personalberatern bezogen auf das Feedback
im Feedback der Personalberater
Meine eigene Definition von Ethik
In der Praxis
Was ich gelernt habe
13.3
13.3.1
13.3.2
13.3.2
Vertrag – Dreiecksvertrag
Entstehung des Arbeitsvertrages
In der Praxis
Was ich gelernt habe
47
47
47-48
48
13.4
13.4.1
13.4.2
Was beinhaltet meine Rolle in dieser Arbeit: Umgang-DistanzNähe-Abgrenzung
In der Praxis
Was ich gelernt habe
49
49
49-50
13.5
13.5.1
13.5.2
13.5.2
Mein Umgang mit den Energien
Vor dem Start des Projektes
In der Praxis
Was ich gelernt habe
50
50
50
51
41
41-42
42
42
42
43
43
44
46
46
46
46
1
Idee, Motivation und Ziel des Projekts
Zur Vereinfachung ist die gesamte Arbeit in der männlichen Form geschrieben,
stellvertretend für alle Personalberater und Personalberaterinnen.
Idee / Motivation
1.1
Aufgrund der steigenden Fallzahlen im Bereich der regionalen Arbeitsvermittlung (RAV)
entsteht eine permanente Überbelastung. Daraus resultieren Symptome wie Gereiztheit,
Unbehagen, Unsicherheiten, Ermüdungserscheinungen, Verlust der Freude an der
Arbeit u.s.w. Aus dem Bedürfnis heraus, den Gründen dieser Symptome nachzugehen
und nach Verbesserungsvorschlägen zu suchen, dazu allgemein Beratungsgespräche
zu beobachten, entstand die Idee zu diesem Projekt.
In diesem Zusammenhang tauchten bei mir unzählige Fragen auf. Zusammenfassend
machte ich mir Gedanken über folgende Kriterien:
! Wie sieht die Beziehung von Stellensuchenden zu Personalberatern aus?
! Wie läuft die Betreuung des Stellensuchenden von Anfang bis zum Schluss ab?
! Wie wirkt sich diese ganze Betreuung/Beziehung auf die psychische Ebene des
Personalberaters aus?
Ausser den Leistungszahlen, die man periodisch zu sehen bekommt, und dies im
Verzug von drei Monaten, weiss man nicht wirklich, ob man im Alltagsgeschäft richtig
vorgeht. Um genau zu sein, ist man, sobald die Türe zum Beratungszimmer
geschlossen ist, Einzelkämpfer. Gibt es grundlegende Anhaltspunkte, die helfen
könnten, besser zu arbeiten?
Viele Fragen kamen und gingen, während ich allmählich auf den Gedanken kam, dass
alle diese Fragen es mehr als Wert sind, genau hinzusehen.
Unter anderem fand ich es wichtig, in Gesprächen vor Ort dabei zu sein, um den
Personalberatern ein Feedback geben zu können. Die Frage tauchte auf, ob ich als
Arbeitskollegin Arbeitskollegen ein Feedback geben kann. Nehmen die Personalberater
mich als Feedbackgeberin überhaupt ernst? Welche Vorteile hat es und welche
Gefahren bestehen für mich in dieser Doppelrolle?
Ein weiterer Punkt bezieht sich auf das Amt für Arbeit. Wie kann es den ganzen Prozess
kontrollieren, fördern oder gar verbessern?
All diese Gedanken bewegten mich schlussendlich dazu, mein Projekt in diese Richtung
zu leiten.
Ziel der Arbeit für die Personalberater, das Amt für Arbeit und
die Projektleiterin
1.2
•
die Personalberater: Hilfestellung und Feedback für ihre Arbeit
1
•
das Amt für Arbeit: mögliche Massnahmen, welche zum Ziel haben, Mitarbeiter
zu fördern und die Qualität und Quantität der Beratungen zu sichern oder zu
verbessern
•
die Projektleiterin: Doppelrolle Personalberaterin – Feedbackgeberin. Ist es
möglich, als Arbeitskollegin die Arbeitskollegen zu beraten?
2
Doppelrolle Arbeitskollegin und Feedbackgeberin
2.1
Was heisst es: als Personalberater anderen Personalberatern
Feedback zu geben?
Auch ich selbst bin Personalberaterin in einem RAV, und verrichte meine Arbeit unter
den gleichen Bedingungen wie meine Arbeitskollegen. Die gleichen Kriterien, die ich mit
den Beratern in diesem Projekt bespreche, begleiten auch mich in meiner Arbeit, und
die Anforderungen gelten genauso auch für mich. Aus diesem Grund ist es notwendig,
dass ich mich dem Thema „Doppelrolle“ speziell widme.
Aus welcher Grundhaltung und Perspektive vermittle ich meinen Arbeitskollegen das
Feedback? Welche Gefahren und Chancen beinhaltet diese Doppelrolle?
Meine Hypothesen über die möglichen Chancen und Gefahren
2.2
Folgende Aspekte waren für mich relevant:
Chancen:
1.
2.
3.
4.
5.
eigene Erfahrung im Alltagsgeschäft
Erfahrung in der Arbeit mit Stellensuchenden
Fachwissen über Gesprächsinhalte und Abläufe
Transparenz, Wertschätzung / Wahrnehmungen
eigene Erfahrung mit Burn out
Gefahren:
1.
2.
3.
4.
5.
2.3
Antipathie
Übertragungen meiner eigenen Erfahrungen auf die beobachteten Kollegen
Erwartungen an den Personalberater
„Besserwisserei“
Mein Feedback wird nicht ernst genommen, da ich die gleiche Arbeit verrichte
wie der beobachtete Kollege
Schlussfolgerung
In jedem Element verbirgt sich eine Gefahr und gleichzeitig eine Chance. Aber welche
Fallen sind für mich reizvoll hineinzutreten, und welche Chancen nutze ich als wirkliche
Chance?
2
Ich glaube, diese Frage ist individuell zu beantworten, je nach Personalberater, dem ich
ein Feedback gebe. Bei einem ist das eine Element eine Gefahr, und beim anderen
stellt dieses Element überhaupt keine Gefahr dar. Genauso ist es auch mit den
Chancen.
Konkret interessiert mich, ob ich als Personalberaterin anderen Personalberatern
Feedback geben kann, trotz meiner eigenen Erfahrungen oder gerade deswegen. Ich
denke, dass dies durchaus möglich ist, und meine Erfahrungen mir dabei eine grosse
Hilfe sein können.
In der Folge benenne ich Aspekte, die mir in der Arbeit Hilfestellung leisten können:
Bewusstheit meiner Rolle - Doppelrolle
meine Arbeit ernst zu nehmen, Verantwortungsbewusstsein
langjährige Ausbildung in Gesprächsführung und der Sozialkompetenzen
Einfühlungsvermögen, hohe Wahrnehmung und Intuition
Erfahrung in der Grundthematik bezogen auf die Arbeit mit Stellensuchenden
im Gespräch den Überblick behalten
zielorientiertes und prozessorientiertes Arbeiten gewohnt
Grundhaltung betreffend Wertschätzung und Respekt gegenüber meinem
Mitmenschen
3
Terminvereinbarungen
3.1
Vorgehen
Als Erstes nahm ich mit meinem Arbeitgeber Urs Baumann Kontakt auf, teilte ihm die
Grundidee mit und fragte ihn an, ob er damit einverstanden wäre, wenn ich diese Idee
umsetzen würde. Er war damit einverstanden, fand es sogar wichtig für die
Personalberater, für die RAV-Leiter und das Amt für Arbeit.
Mein zweiter Schritt war, mein Vorhaben mit Herrn Ch. Köppel, dem Personalchef vom
Amt für Arbeit, zu besprechen. Auch er hielt es für eine sehr gute Idee und sagte, er
fände es wichtig, weil das Amt für Arbeit so Anhaltspunkte hätte, um seine Mitarbeiter
zu fördern und weiterzubilden.
Herr Köppel nannte mir auch gleich mögliche Anhaltspunkte, wie z.B.: Welche
Unterstützung kann das Amt für Arbeit bieten? Wie kann es seine Mitarbeiter stärken,
nicht zuletzt auch, um wegen der vielen Fallzahlen das Ausbrennen der Mitarbeiter zu
verhindern? Wie können die Qualität und Quantität der Beratungen erkannt werden?
Er erteilte mir den Auftrag, ein Konzept aufzustellen, das Folgendes beinhalten sollte:
Projektidee, Nutzen der Arbeit für die Personalberater, für das Amt für Arbeit und für die
Projektleiterin, Art und Weise der Durchführung des Projekts, Inhalt der beobachteten
Gespräche, Inhalt der Feedbackgespräche, Auswertung der Gespräche, Schlussbericht,
Zeitplanung, Voraussetzungen und benötigte Hilfsmittel zur Durchführung des Projekts.
Herr Köppel wollte die Idee der kommenden Geschäftsleitungssitzung vorlegen und mir
dann die Entscheidung bekannt geben.
Als ich den positiven Entscheid für mein Vorhaben erhielt, konnte ich mich an die Arbeit
machen, um mit den Personalberatern Kontakt aufzunehmen. Da wir über eine interne
3
Telefonliste verfügen, nahm ich diese zu Hilfe. Nach dem Zufallsprinzip fuhr ich mit
geschlossenen Augen und einem Stift über die Namen des jeweiligen RAV, hielt auf
irgendeinem Namen an und nahm dann mit diesem Personalberater Kontakt auf.
Schon bald bemerkte ich, dass es „Glücksache“ war, nur schon den jeweiligen
Personalberater zu erreichen , geschweige denn, mit ihm einen Termin zu vereinbaren.
Es stand mir frei, die Anfragen per E-Mail zu senden, dies wollte ich jedoch nicht, da es
mir wichtig erschien, den Erstkontakt persönlich herzustellen.
Die Terminmöglichkeiten der Personalberater waren wegen der erwähnten steigenden
Fallzahlen sehr gering, was ich aber auch nicht anders erwartet hatte.
Ein weiterer Aspekt war, dass die Vorsicht der Personalberater sehr gross war. Sie
wollten genau wissen, was mit ihren Daten geschehen würde.
3.2
Beispiele von Reaktionen der Personalberater, bezogen auf die
erste Kontaktaufnahme
„Aber bitte schreib dann nicht in deine Arbeit, dass ich jeden Abend Alkohol
konsumieren muss, damit ich mich abgrenzen und entspannen kann, Spass beiseite.“
„Ich kann nicht mehr, ich habe so viele Fallzahlen das ich so schon fast nicht mehr
durchblicke.“ „Ich weiss so schon nicht mehr, wo mir der Kopf steht, und dann noch der
Qualitätsanspruch, das alles ist zu viel für mich, es ist viel zu viel Administration dabei
und keine eigentliche Beratung mehr, wir haben überhaupt keine Zeit mehr, auf die
einzelnen Versicherten einzugehen, geschweige denn sie ernst zu nehmen und mit
ihnen Lösungen zu erarbeiten, um sie raschmöglichst einzugliedern.“
„Die Versicherten sind auf sich selbst gestellt, ich kann meine Arbeit schon längst nicht
mehr so wahrnehmen wie ich es eigentlich möchte.“ „Ich werde oder bin schon längst
ein Verwalter.“ „Es ist nur noch Laufbandarbeit.“
„Da war doch irgendein E-Mail, aber ich hatte keine Zeit, um mich damit richtig zu
befassen und ich glaube, ich habe es schon gelöscht. Es tut mir leid, aber bei dieser
Flut von Papieren und Formularen, Weisungen und E-Mails usw. kann ich mich nicht
mehr um alles bemühen, also erklären Sie mir doch noch einmal genau, was sie
möchten und welches Ziel ihr Projekt verfolgt.“
„Wieso kommen Sie gerade auf mich, nehmen Sie lieber die Neuen, die erst gerade mit
der Arbeit begonnen haben.“
„Ich finde dieses Projekt sehr wichtig, und wer weiss, vielleicht hilft es uns für die
Zukunft.“ „Die Beratungsarbeit ist das Hauptgeschäft, jedoch habe ich keine wirklichen
Anhaltspunkte, ob ich es richtig mache oder nicht, ich bin sehr froh, wenn jemand mal
von aussen kommt und mich beobachtet, um mir ein Feedback zu geben.“
„Es interessiert doch in Wirklichkeit niemanden, wie ich meine Beratungen durchführe,
Hauptsache, es gibt keine Reklamationen und die Zahlen stimmen.“
Beim Erstkontakt kam klar heraus, dass die Personalberater sich nicht gegen das
Projekt stellten, sondern sich zum grössten Teil überfordert fühlten. Trotz dieser
4
Aussagen war die Bereitschaft zur Teilnahme am Projekt sehr gross, was mich sehr
erstaunte.
Da ich mich im Vorfeld mit meiner Motivation, dem Ziel des Projektes und der
Vorgehensweise, sowie mit der Transparenz gegenüber den Personalberatern und dem
dazugehörigen Datenschutz ausführlich und intensiv auseinander setzte, gelang es mir,
die aufgetauchten Unsicherheiten und Bedenken gegenüber meiner Anwesenheit in
ihren Gesprächen und gegenüber dem Projekt grösstenteils zu beseitigen. Aus den
verschiedenen Gesprächen konnte ich schliessen, dass es den Personalberatern
entgegenkam, dass man sie, und nicht „bloss“ die Versicherten, ernst nimmt.
4
Theorie: Coaching und dessen Nutzen fürs Projekt
Das folgende Kapitel befasst sich mit verschiedenen Aspekten des Themas Coaching.
Wertvolle Hinweise dazu fand ich im Buch von Maren Fischer-Epe und der
dazugehörigen Einleitung von Friedemann von Schulz von Thun (siehe
Literaturverzeichnis).
Meine Entscheidung, mich auf diese Erklärung und Theorie zu beziehen, fiel mir nicht
ganz einfach, jedoch stellte sich schnell heraus, dass es für meine Rolle als
Feedbackgeberin im Bezug auf die Arbeit und meine persönliche Grundhaltung am
trefflichsten formuliert und zusammengefasst ist.
Welche Theoriegrundlagen kann ich für meine Arbeit nutzen? Welche
Coachingelemente eignen sich zur Anwendung und welche eignen sich weniger?
4.1
Begriffserklärung: Coaching
„Ursprünglich bedeutet Coach ’Kutsche’. Das Wort ist in der englischen Sprache seit
1556 nachgewiesen und kommt aus dem Ungarischen. Das Bild der Kutsche vermittelt
einen wesentlichen Kern von Coaching: Die Kutsche ist ein Hilfsmittel, ein
Beförderungsmittel, um sich auf den Weg zu machen und ein Ziel zu erreichen.
Im Jahr 1848 taucht das Wort Coach dann erstmalig als Bezeichnung eines privaten
Tutors für Universitätsstudenten auf und wurde zunächst nur umgangssprachlich unter
Studenten gebraucht. Im sportlichen Bereich wird seit 1885 in England und den USA
von Coaching gesprochen. Coaching wird im Englischen inzwischen im allgemeinen
Sinn des Unterweisens, Anleitens und Beratens verwendet. In Deutschland kennen wir
den Begriff Coaching hauptsächlich in drei Anwendungszusammenhängen:
1. als individuelle psychologische Betreuung im Spitzensport
2. als Bezeichnung für einen entwicklungsorientierten Führungsstil
3. und gleichzeitig als Bezeichnung für die individuelle
Führungskräften und Projektverantwortlichen.“
(Fischer-Epe, 2003, S. 18)
Beratung
von
In die Praxis nehme ich mit, dass ich das Coaching als Prozessberatung einsetzen
werde. Es entspricht nicht einem Coaching, das im Normalfall angewendet wird.
Trotzdem enthält es zwei Elemente, die ich in meine Beobachtungen und das
anschliessende Feedback übernehmen werde.
5
Elemente der Theorie des Coaching, die mir in der Praxis in Bezug auf mein Projekt
nützlich sind:
1. Das Coaching ist individuell auf den Beratenden zugeschnitten
2. Es ist entwicklungsorientiert
Elemente der Theorie des Coachings, die ich in der Praxis in Bezug auf mein Projekt
nicht nutzen kann:
1. Wiederholende
Settings
in
einer
zeitlichen
Absprache:
Zielformulierung, Überprüfung der Handlungsalternativen.
2. Besprechung der Konsequenzen, die ein Coaching beinhaltet
3. Transfer sichern und Überprüfung des Gelernten
4.2
Reflexion,
Verständnis von Coaching
„Unter Coaching verstehe ich eine Kombination aus individueller Beratung,
persönlichem Feedback und praxisorientiertem Training. Im Coaching werden
Fragestellungen behandelt, die die berufliche Aufgabe sowie die Persönlichkeit der
Klienten betreffen.
Es geht gleichzeitig um zwei Perspektiven: Person und Rolle. Der Coach versucht, mit
dem Klienten Lösungen zu finden, die den Rollenanforderungen gerecht werden und
gleichzeitig zur Person passen. Klärungshilfe, Supervision und Coaching sind Formen
von Prozessberatung, die helfen, Probleme zu lösen und Ziele zu erreichen, ohne dass
der Berater als Experte Lösungen vorgibt. Coaching ist in diesem Sinn eine
professionelle Reflexions- und Entwicklungshilfe in der beruflichen Praxis mit dem Ziel
Handlungsalternativen zu entwickeln und sich in seinem Umfeld als souveräner
Gestalter zu bewegen.
Dabei bleibt die Selbstverantwortung des Klienten zu jedem Zeitpunkt gewahrt, die
Beratung leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Der Coach begleitet den Klienten als Partner in
einem Dialog unter Experten: Der Klient ist Experte in seinem Arbeitsfeld, der Coach ist
Experte für Gesprächs-Beratungsmethoden und kennt sich im Themenfeld Führung und
Zusammenarbeit aus. Der Coach hilft bei der Suche nach stimmigen Zielen und
angemessenen Lösungswegen, er fördert Zuversicht und persönliche Entwicklung.“
(Fischer-Epe, 2003, S. 21)
Hier sind klare Parallelen zum vorhergegangenen Zitat. Eine Kutsche ist ein Hilfsmittel,
ein Beförderungsmittel, um auf den Weg zu kommen und ein Ziel schneller und
bequemer zu erreichen als zu Fuss. Der Benutzer bedient sich dieses Hilfsmittels,
entscheidet aber selbst über die Richtung bzw. das Reiseziel. Der Kutscher kennt die
Wege, kann Entfernungen und Reisezeiten einschätzen, sorgt für die Qualität des
Vorankommens und für angemessene Pausen.
Da ich mich für die Prozessberatung entschieden habe, heisst dies für mich konkret: Die
Personalberater betrachte ich als Klienten, also als Experten.
Ich bin dabei im Gespräch, sehe, höre und nehme wahr, und werde ihnen
anschliessend ein Feedback vermitteln. Im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe.
Der Inhalt des Feedbacks wird speziell auf die Weiterentwicklung des Personalberaters
und seiner Beratungskompetenz angepasst sein.
6
4.3
Nutzen fürs Projekt und dessen Umsetzung
Auf dieses Projekt bezogen bedeutet die Aussage von Friedemann Schulz von Thun für
mich Folgendes:
In diesem Setting, werde ich meine Rolle als Feedbackgeber übernehmen und sie auch
klar so kommunizieren. Im Vorfeld machte ich mir Gedanken über meine Werthaltung
gegenüber den Beratenden und über meine mentale Landkarte, sowie über meine Art
und Weise, Feedbackgespräche zu führen. Konkret bin ich mir bewusst, welche mentale
Landkarte (Wertschätzung, Haltung und Vorstellungen) ich selbst besitze, bin mir aber
auch gleichzeitig der Gefahren bewusst. Wie gehe ich mit fremden mentalen Landkarten
um und wie kommuniziere ich es? Wie erreiche ich es, zu beraten, ohne jemanden in
meine mentale Landkarte zu drängen? Welche Elemente sind für mich relevant und zu
beachten, um nicht in die Falle des eigenen Betroffenenseins hineinzutappen, so dass
das Ziel, den Personalberatern eine Hilfe und Unterstützung in ihrer Arbeit zu bieten,
wirklich tragfähig und nachhaltig Wirkung zeigen kann?
Das Feedback soll dazu dienen, die Personalberater in ihrer Arbeit zu beobachten und
ihnen die Möglichkeit zu geben, sich weiterentwickeln zu können.
Jeder Personalberater entscheidet selbst, welche Werkzeuge, die er aus dem Feedback
erhalten hat, in seiner Beratertätigkeit einsetzen kann und möchte.
Da mich das Kutschenbeispiel anspricht, möchte ich dies auch auf mein Feedback
gegenüber den Personalberatern umsetzen. Jeder Personalberater entscheidet selbst,
ob er mich auf seine Kutsche lassen möchte oder nicht. Bildlich bedeutet es für mich,
dass der Personalberater mich auf seine Kutsche aufspringen lässt. Dabei zeigt er mir
sich selbst, wer er ist und wie er arbeitet, er zeigt mir wie und auf welche Art er
wahrnimmt, wie er sich entscheidet, und wie er dann auch die Wege begeht.
Allein schon aufgrund der Tatsache, dass der Personalberater mir diese Möglichkeit und
Chance gibt, verdient er meinerseits einen sehr hohen Wert an Respekt und Achtung.
5
Theorie: Ablauf eines Coachings
Die verschiedenen Phasen des Coaching sind in Kapitel 4 des Buchs von Maren
Fischer-Epe, „Coaching: Miteinander Ziele erreichen“ ausführlich beschrieben.
Phasen des Coaching-Gesprächs nach Maren Fischer-Epe
5.1
Kontakt und Orientierung
„Ziel der ersten Gesprächsphase ist es, eine gute Basis für den Dialog zu schaffen und
ein Einverständnis zum Vorgehen herzustellen. Das gilt besonders im Erstgespräch. Die
Fragen, die hier geklärt werden müssen, sind:
7
# wie läuft das Ganze genau ab?
# mit wem habe ich es zu tun?
# können wir miteinander umgehen?
Auftrag, Rolle und Rahmenbedingungen klären
Damit beide Gesprächspartner Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, sollten sich
Coach und Klient über die Rahmenbedingungen, über Auftrag und Absprache, über
Rollenerwartungen und Konsequenzen eines Coaching bewusst sein.“
(Fischer-Epe, 2003, S. 29)
In meinem Projekt war es mir sehr wichtig, den Personalberater zuerst einmal kennen
zu lernen. Daher plante ich genügend Zeit ein, um diese wichtige Phase der Reflexion
ohne Zeitdruck durchführen zu können.
5.2
Situation und Ziele des Klienten herausarbeiten
„Wenn ich den Klienten nicht kenne, sollte ich mir als Coach zunächst einen konkreten
Eindruck über seine Situation und über die Bedeutung des Themas verschaffen.“
(Fischer-Epe, 2003, S. 29)
Durch meine eigene Arbeit als Personalberater konnte ich mir in den vergangenen 4 ½
Jahren genügend Fach- und Feldkompetenz aneignen, um die Situation und die Ziele
meiner Klienten effizient herausarbeiten zu können.
5.3
Lösungen
„Ziel dieser Phase ist, einen Rahmen zu schaffen, in dem der Klient Lösungen für sein
Problem oder seine Fragenstellung entwickeln kann.“
(Fischer-Epe, 2003, S. 29)
In meiner Arbeit als Feedbackgeberin ist mir wichtig, dass die Personalberater ihre
Ressourcen erkennen und einsetzen. Deswegen gebe ich ihnen genügend Zeit, sich
selbst einzuschätzen.
So kann ich erkennen, wo der Personalberater steht, welche Ressourcen vorhanden
sind, und mit welchen Ressourcen ich arbeiten kann. Im Weiteren ist sich der
Personalberater seiner Ressourcen bewusst und weiss, wie er selbst damit arbeitet.
Es kann durchaus sein, dass ich die Rolle der Expertin übernehme, sofern dies
gewünscht wird.
5.4
Transfer sichern
„Die letzte Phase im Coachinggespräch soll dem Klienten dazu verhelfen, dass er die
Verantwortung für sein Vorhaben übernimmt und bei der Umsetzung erfolgreich sein
kann. Die handlungsleitende Frage lautet: Wie sichern Sie die Umsetzung Ihrer
Vorhaben.“
Jetzt geht es um ein persönliches Engagement des Klienten: Was will er wirklich
umsetzen? In dieser Phase werden die Vorhaben noch einmal auf innere Einwände,
Risiken und Nebenwirkungen überprüft, falls dies nicht schon in den Gesprächsphasen
8
vorher geschehen ist. (Öko-Check)Fragen, die man hierzu stellen kann, sind zum
Beispiel:
# passt das Vorgehen zu Ihren Wertvorstellungen und zu Ihrem Selbstverständnis?
# sind Sie sicher, dass Sie das wirklich umsetzen wollen?
(Fischer-Epe, 2003, S. 29)
Mein Ziel ist, dass der Personalberater “Werkzeug“ für seine Beratungen aus dem
Feedback mitnehmen kann.
Sei es auf der fachlichen oder persönlichen Ebene. Daher lauten meine Fragen in
dieser Phase folgendermassen:
!
!
!
!
Wie hört sich dieses Feedback für dich an?
Was fandest du gut, was weniger?
Was kannst du mitnehmen und evtl. umsetzen in deiner Arbeit?
Was wirst du konkret umsetzen?
In dieser Phase wird der Personalberater konkret, er beginnt mit der Umsetzung, indem
er das, was er umsetzen möchte, auch benennt.
Dieser Teil des Settings ist sehr wichtig für mich, da es unmittelbar aufzeigt, ob der
Personalberater alles verstanden hat. Es zeigt mir auch, wie ich meine Arbeit
wahrgenommen habe und ob die Nachhaltigkeit ansatzweise gegeben sein könnte.
Wobei ich die Nachhaltigkeit in diesem Projekt nicht überprüfen kann, da es den
Rahmen sprengen würde.
An dieser Stelle wird das gemeinsame Arbeiten abgeschlossen, sofern es für beide
keine offenen Fragen mehr beinhaltet.
6
Beispiele von beobachteten Beratungsgesprächen
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass jedes Beratungsgespräch, an dem ich
dabei sein durfte sehr spannend und war, und meine Entscheidung welches
Beratungsgespräch ich in meine Arbeit aufnehmen werde, nicht einfach war.
Schlussendlich entschied ich nach meinem Bauchgefühl, dem Umfang der schriftlichen
Arbeit und nicht zuletzt nach dem Zeitfaktor.
Die Unterlagen zu jedem Beobachtungsgespräch und anschliessendem Feedback
liegen bei meinen Akten.
6.1
Erstes Beispiel
Standortbestimmung (gegenwärtig)
Sehr guter Einstieg, der Personalberater klärt die Stellensuchende über den
Gesprächsinhalt auf und bespricht mit ihr das weitere Vorgehen.
Er prüft die Unterlagen und erfasst die Situation der Stellensuchenden. Er konzentriert
sich nur auf die Unterlagen, ohne nachzufragen wie es der Stellensuchenden geht oder,
wo sie zurzeit steht.
9
Der rechtliche Teil kommt zu schnell und zum falschen Zeitpunkt, die Stellensuchende
ist nicht in der Lage zu realisieren, um was es genau geht. Erst bei der
Verabschiedung,erkundigt sie sich dann nochmals über die genaue Handhabung.
Perspektivenentwicklung mit der Stellensuchenden
Konzentriert sich auf das folgende Beratungsgespräch, dessen Termin noch vereinbart
wird.
Zielvereinbarung mit der Stellensuchenden
Der Personalberater teilt der Stellensuchenden mit, wie sie sich zu verhalten hat, und
was sie bis zum nächsten Termin mitbringen soll. Die Zielvereinbarungen sollen dann
mit dem neuen Personalberater besprochen werden.
6.1.1 Analyse
Empathie
Die Stellensuchende ist eine junge Schweizerin, die über einen Berufsabschluss verfügt
und klare Ziele hat, in einen neuen Beruf umzusteigen.
Der Personalberater sagte wiederholt, ja ja ja, ohne die Stellensuchende richtig
wahrzunehmen oder ihr zuzuhören. Es kam vor, dass beide gleichzeitig sprachen und
keiner mehr dem anderen zuhörte. Aktives Zuhören seitens des Personalberaters war
teilweise unter diesen Umständen schwer möglich. Wiederum gab es Situationen, in
denen er sehr gut und aktiv bei der Stellensuchenden nachfragte und es ganz genau
wissen wollte, was sich auf den weiteren Gesprächsverlauf positiv auswirkte.
Transparenz
Der Personalberater erklärte Schritt für Schritt, was er tat und weshalb. Wenn der
Personalberater aufstand und sich bewegte, sei es um ein Formular zu besorgen oder
an den PC zu gehen, informierte er die Stellensuchende darüber. Der Personalberater
hatte eine sehr angenehme, sympathische, klare und offene Art, mit der
Stellensuchenden das Gespräch zu führen.
Respekt, Achtung, wertschätzende Haltung
Beim Personalberater war hörbar und sichtbar, dass er eine grosse Wertschätzung
gegenüber den Mitmenschen besitzt. Da der Personalberater über eine klare,
verständliche und offene Art zu kommunizieren verfügt, fiel auf, dass sich in diesem
Beratungssetting die Körperhaltung und die Sprache des Personalberaters bei der
Bekanntgabe der gesetzlichen Vorgaben extrem veränderte. Ich schloss daraus, dass
der Personalberater nicht wirklich hinter diesen Vorgaben steht und es
dementsprechend auch nicht vertreten konnte.
10
Bewusstes Umgehen mit der Rolle (Klärung der Rolle, Macht)
In diesem Setting war klar, wer das Gespräch führte und welche Rolle der
Personalberater hatte. Die Rollenklärung war eher auf den neuen Personalberater
fixiert.
Qualität der Gesprächsführung
Es kam vor, dass der Personberater manipulierbare Aussagen machte. Z.B. stellte der
Personalberater eine Frage und gab Vorgaben, wie die Stellensuchende sie
beantworten könnte. Wenn die Stellensuchende überlegte, was sie nun wirklich wollte,
schritt der Personalberater ein und beantwortete seine Frage gleich selbst. Die
Stellensuchende wehrte sich nicht. Die Entscheidung und die Verantwortung wurde so
der Stellensuchenden abgenommen und vom Personalberater übernommen. Da es
aber der Versicherten keine Mühe bereitete, wurde es auch nicht zum Thema.
Umgang mit schwierigen Themen der Klienten
Wurde vom Personalberater nicht aufgegriffen.
6.1.2 Nonverbale Ebene
Raum
Der Personalberater verfügt über ein sehr harmonisch eingerichtetes Büro, das es den
Versicherten sicherlich erleichtert, sich wohl zu fühlen.
Atmosphäre
Die Atmosphäre zu Beginn des Gesprächs war seitens des Personalberaters sehr
angespannt. Dies legte sich aber relativ schnell, der Inhalt des Gesprächs wurde
wichtiger. Das Gespräch verlief ruhig und auf fach- und sachlicher Ebene ab. Der
Personalberater beschränkte sich darauf, sehr viel Informationen abzugeben.
Kongruenz, verbal / nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe
Distanz)
Das Gespräch war eher hektisch, es schien, als hätte man keine Zeit, um sich richtig mit
dem Gegenüber zu befassen. Die Distanz zwischen den beiden Gesprächspartnern
wurde während dem Gespräch grösser. Ganz am Schluss des Gesprächs brachte sich
der Personalberater selbst ein, indem er einen eigenen Erfahrungswert weitergab, den
die Versicherte gerne annahm.
6.1.3 Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
„Der Energieverbrauch ist sehr hoch, die Abgrenzung gut.
Im Moment strample ich um Freiraum, mir selbst was zuliebe zu tun. Z.B. habe ich
Mühe mit Energie-Tanken. Selten gehe ich in den Ausgang, ich grenze mich ab, wo es
nur geht. Bei allem, wo es für mich zu viel wird.
Ich erhole mich bei bewusstem Lesen, oder Skifahren.
Was ich vermisse: wandern und einfach die Zeit zu geniessen.“
11
„Wenn ich nicht abstellen kann, suche ich eine Ablenkung. Z.B
gezielte
Gedankenänderung. Ich sage mir bewusst, so fertig jetzt, indem ich etwas Privates
aufgreife, Z.B. was ich noch einkaufen muss oder so.
Es hilft mir, da ich weiss, dass der Stress begrenzt ist, bis Februar oder März. Durch die
Reduktion des Arbeitspensums wird es sicher besser für mich.
Damit ich jetzt einfach durchhalte, muss ich bewusst Energie tanken, und meine Zeit
einteilen, wo es nur geht.“
6.1.4 Spontane Rückmeldung des Personalberaters nach dem Feedback
Bei meiner Nachfrage, wie es dem Personalberater nach diesem Beratungsgespräch
gehe, erhielt ich folgende Antwort:
„Es war schrecklich für mich, ich hatte Prüfungsangst, war angespannt, steif und sehr
unnatürlich.“
Meine Frage: „War ich ein Störfaktor für dich?“
„Zu Beginn eher, habe dann aber versucht, deine Anwesenheit zu ignorieren. Es hat
mich geistig blockiert. Es läuft sonst ganz anderes, ich bin dann geistig in Hochform und
es läuft einfach gut. Es hat mich blockiert, weil ich ständig überlegen musste, was ich
jetzt am besten mache. Während dem Gespräch war ich neben den Schuhen.
Wäre es ein schwieriges Gespräch gewesen, hätte ich, so glaube ich, eher Mühe
gehabt. Mich störte der Ablauf. Ich spürte den Verlust auf der persönlichen Ebene.
Leider konnte ich die Person nicht richtig kennen lernen, so dass ich das gewisse
Einverständnis zwischen der Versicherten und mir einfach nicht gespürt habe.
Kurz: Am Schluss war ich sehr unzufrieden, dabei wollte ich es so gut wie möglich
machen.“
Auf meine Frage, wie er denke, wie es der Stellensuchenden nach diesem
Gespräch gehe, antwortete er:
„Das gegenseitige Einverständnis fand hier nicht statt. Es war ein kaltes Gespräch.
Wenn ich ein solches Gespräch an Ihrer Stelle gehabt hätte, würde ich das Gespräch
bloss als eine Erledigung und nicht als eine Hilfe betrachten. Ich glaube, die Versicherte
ist sich wie ein Versuchsobjekt vorgekommen. Kurz – ich bin etwas frustriert, führe das
aber auf mein Selbstvertrauen zurück.“
An diesem Punkt wünschte der Personalberater, dass ich mir keine weiteren Notizen
mehr mache, und dass das folgende Gespräch vertraulich behandelt würde.
12
6.2
Zweites Beispiel
Wünsche des Personalberaters: (gegenwärtig)
Der Personalberater möchte sich auf meine Kriterien einlassen und es einfach auf sich
zukommen lassen. Er wünscht, dass ich ihm alles mitteile, was mir auffällt, da er
scheinbar noch nie ein Feedback erhalten hat, also noch nie jemand bei ihm im
Gespräch dabei war, seit er auf dem RAV angefangen hat. Sein Chef wollte dies zu
Beginn tun, jedoch aus Zeitmangel wurde dies bis heute unterlassen.
Standortbestimmung
Der Personalberater fragt bei der Stellensuchenden nach, was sie schon gemacht hat,
darauf erzählt sie ihren beruflichen Werdegang.
Da der Personalberater sich nicht als erstes nach der aktuellen Situation der
Versicherten erkundigt, muss er viel Zeit aufwenden, um alles in ihren Unterlagen
nachzulesen. Er geht auch nicht näher auf den Kündigungsgrund ein, immerhin hat die
Stellensuchende von sich aus den Vertrag gekündigt. Sie teilt ihm mit, dass sie gar nicht
anders konnte, da sie völlig überbelastet war, und sich dies auch auf ihre Gesundheit
auswirkte. Sie ist eigentlich für andere Arbeiten eingestellt worden, da diese jedoch nie
zum Zug kamen, und sie überall einspringen musste, entschloss sie sich zu kündigen.
Der Personalberater fragt nach ob, sie denn ein ärztliches Zeugnis habe, da sie ja sagt,
dass die Arbeit für sie gesundheitliche Konsequenzen hatte. Sie sagt, dass sie das erst
im Nachhinein erfahren habe, dass man ein solches brauche. Der Personalberater
erklärt ihr, dass die Arbeitslosenkasse auf sie zukommen und ihr Fragen bezüglich der
Kündigung stellen werde, und es dann allenfalls zu Sanktionen kommen könnte, da sie
selbst gekündigt habe. Ebenfalls würden ihr die 5 Wartetage, die jedem Versicherten
abgezogen würden zusätzlich abgezogen. Das ist ihr bewusst, man hat sie darüber
bereits informiert, aber es ist auch nicht mehr ein so grosses Thema, da sie schon eine
neue Stelle per Anfang nächsten Monat hat. Sie muss dazu auch den Kanton wechseln.
Perspektivenentwicklung mit der Stellensuchenden
Die Stellensuchende hat noch Zeit und auch die Pflicht, für die kommenden drei
Wochen einen Zwischenverdienst anzunehmen. Die Gesprächspartner werden sich
einig, wie sie das miteinander handhaben. Sobald der Personalberater eine freie Stelle
für einen Zwischenverdienst hat, der auf sie zutrifft, wird er sie informieren, und sie hat
die Auflage, sich zu bewerben und allenfalls die Arbeit dann auch anzunehmen. Er
rechnet ihr anhand eines Beispiels vor, wie es mit dem Taggeld gehandhabt wird, falls
sie einen Zwischenverdienst antreten würde. Die Orientierungsveranstaltung muss sie
jedoch nicht mehr besuchen, da es viele andere gibt, die froh sind, wenn sie die
Orientierungsveranstaltung früher besuchen können.
Zielvereinbarung mit der Stellensuchenden
Sobald die Stellensuchende den Arbeitsvertrag hat, wird sie ihn ihrem Personalberater
zusenden. Er wird sie anschliessend auf das Abmeldedatum hin abmelden.
13
6.2.1 Analyse
Empathie
Die Stellensuchende ist eine junge Frau aus Deutschland, die sehr genau weiss, was
sie will.
Der Personalberater war sehr freundlich und zuvorkommend.
Transparenz
Der Personalberater klärte die Versicherte über ihre Rechte und Pflichten in ihrer
Situation auf.
Respekt, Achtung, wertschätzende Haltung
Als der Personalberater erfuhr, dass die Stellensuchende eine neue Arbeit hat, setzte er
Prioritäten und informierte sie nur über das Nötigste. Der Personalberater duzte sie
wiederholt, indem er das Wort „gell“ benutzte.
Bewusstes Umgehen mit der Rolle (Klärung der Rolle, Macht)
Da der Personalberater sich eher in den Unterlagen verkroch, und das auch
währenddem er sprach, war er durch diese Körperhaltung eher schwer zu verstehen.
Es entstand der Eindruck, als hätte der Personalberater zu wenig Rückhalt und
Selbstvertrauen, um sich mit der Stellensuchenden zu unterhalten.
6.2.2 Nonverbale Ebene
Raum
Sein Büro ist klein, schlauchartig und eher eng.
Atmosphäre
Die Atmosphäre während dem Gespräch war zu jeder Zeit angenehm gut und die
beiden Gesprächteilnehmer waren sich sympathisch. Da der Personalberater das Büro
erst bezogen und es auch demnächst wieder wechseln wird, bestand keine grosse
Atmosphäre, einfach das Nötigste, um arbeiten zu können.
Kongruenz, verbal / nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe /
Distanz)
Während der Personalberater sprach, hielt er des öfteren seinen Kopf geneigt und
schaute dabei in die Unterlagen. Mit seiner leisen Sprache und seiner Kopfhaltung war
es zwischendurch schwierig, ihn richtig zu verstehen. Die Versicherte beugte sich dann
zu ihm vor, dies schien aber keinen zu stören.
6.2.3 Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
„Ich habe noch nie etwas mit nach Hause genommen, das ist nur ein Job. Wenn ich aus
meinem Büro gehe, ist es für mich gelaufen. Ganz selten nehme ich etwas mit, aber
14
dann löse ich es am anderen Tag, oder ich gehe in den Ausgang und dann kann es
passieren, dass es halt mal spät wird. Aber das ist nicht so schlimm.
In meiner Freizeit spiele ich Fussball.
Für mich ist klar, dass das nicht mein Traumjob ist, aber ich bin ja auch noch jung und
habe noch viele Möglichkeiten. Im Grossen und Ganzen gefällt es mir aber und ich
mache die Arbeit gerne.“
6.3
Drittes Beispiel
Wünsche des Personalberaters (gegenwärtig)
Der Personalberater möchte sich auf meine Kriterien einlassen und es einfach auf sich
zukommen lassen. Er wünscht ebenfalls, dass ich ihm ein offenes und ehrliches
Feedback abgebe.
Vorgespräch
Der Personalberater informiert mich, wie er in einem Beratungssetting vorgeht:
„Zuerst prüfe ich, ob alle Unterlagen vorhanden sind. Das heisst, ich sehe mir das
Dossier immer an, bevor ich den Versicherten empfange. Der Versicherte soll spüren,
dass ich auf ihn vorbereitet bin. Auch wenn das Kündigungsschreiben negativ ist, gehe
ich neutral in das Gespräch.
Wenn mir etwas nicht klar ist, frage ich nach. Dementsprechend gehe ich auf den
Versicherten ein, und zum Teil entstehen schon daraus Massnahmen. Wir dürfen
jemanden nicht gleich überrumpeln.
Danach prüfe ich, ob die Bewerbungen in Ordnung sind. Dabei berücksichtige ich die
wesentlichen Faktoren. Anschliessend bespreche ich das Ziel mit dem Versicherten,
und fülle mit ihm das Personalblatt aus. Vorher erkläre ich ihm aber, wozu es dient.
Dann folgt die Dateneingabe. Nachdem der Versicherte alles auf seine Richtigkeit
überprüft hat, und mit den Angaben einverstanden ist, drucke ich es aus, und leite es an
die Arbeitslosenkasse weiter.
Anschliessend bespreche ich mit dem Versicherten die weitere Vorgehensweise. Ich
erkläre ihm die Formulare, so weiss er, wie es geht. Den nächsten Termin vereinbare
ich für einen Monat später, ich gebe ihm aber immer die Möglichkeit zu telefonischem
Kontakt, damit der Versicherte sich aufgehoben fühlt und sich nicht als Aussätziger
vorkommt.
Oft kommen die Versicherten mit einem mulmigen Gefühl zu uns. Das Ziel für mich ist,
dass der Versicherte mit einem Lächeln zur Türe hinausgeht. Er soll den Raum
zufrieden und dankbar verlassen und das Gefühl haben, dass das Gespräch ihm etwas
gebracht hat. Schliesslich soll er gerne zu mir kommen, sich wohl fühlen und mir
vertrauen. Nur so erhalte ich offene, ehrliche Antworten, und dementsprechend können
wir auch zusammenarbeiten.“
15
Standortbestimmung
Der Versicherte ist ein junger Schweizer. Er hat die nötigen Unterlagen schon zur Hand
und überreicht sie dem Personalberater. Der Stellensuchende hat einen ganzen Ordner
mitgebracht. Der Personalberater informiert sich, ob der Stellensuchende an der
Orientierungsveranstaltung teilgenommen und ob er diesbezüglich noch Fragen hat.
Der Stellensuchende verneint jedoch.
Er absolvierte in der Vergangenheit diverse temporäre Arbeiten, immer vom gleichen
Temporärbüro vermittelt. In letzter Zeit hatte er aber immer weniger Arbeitseinsätze und
darum möchte er sich jetzt anmelden. Der Versicherte teilt dem Personalberater mit,
dass er eventuell im Februar 03 schon wieder eine neue Stelle hat, es ist nur noch nicht
sicher ab wann genau, ob ab Februar oder März. Der Personalberater kontrolliert die
Arbeitsbemühungen und lobt den Stellensuchenden, dass er auf einem guten Weg ist,
jedoch sollte er darauf achten, dass er nicht nur auf sein Berufsfeld beschränkt Arbeit
sucht. Der Personalberater erklärt ihm die Sache mit dem Zwischenverdienst, und
macht ihn auf die Vorteile aufmerksam, die ein von ihm zugewiesener
Zwischenverdienst bringen könnte. Dies scheint für den Stellensuchenden kein Problem
zu sein, denn es könnte ja auch sein, dass er morgen schon wieder einen Anruf erhält
und arbeiten gehen kann.
Perspektivenentwicklung mit dem Stellensuchenden
Der Stellensuchende möchte so schnell wie möglich wieder arbeiten, er hofft auch, dass
er temporär arbeiten kann. Der Personalberater macht ihn auf einen allfälligen PC-Kurs
aufmerksam, aber das kann man auch erst beim nächsten Beratungsgespräch
besprechen.
Zielvereinbarung mit dem Stellensuchenden
Kurzfristiges Ziel: so schnell wie möglich eine Stelle zu finden. Der Stellensuchende soll
sich nicht nur auf seinem Berufsfeld umschauen. Der Personalberater gibt ihm eine
Adresse, bei der sich der Stellensuchende bewerben soll.
6.3.1 Analyse
Empathie
Der Personalberater hörte des öfteren aktiv zu, was sich sichtlich bezahlt machte. Der
Personalberater lobte den Stellensuchenden und machte ihm Mut weiter zu machen.
Transparenz
Der Personalberater teilte dem Stellensuchenden zu 90% mit, was und weshalb er dies
oder das unternahm. Wenn der Personalberater dies einmal nicht tat, und dem
Stellensuchenden den Rücken zukehrte, ohne ihn zu informieren, war der
Stellensuchende sichtlich verwirrt, erkennbar an seiner auffallenden, gestreckten
Körperhaltung und dem verwirrten Ausdruck im Gesicht. Sobald er wieder informiert
wurde, entspannte er sich wieder.
16
Respekt, Achtung, wertschätzende Haltung
Der Personalberater benutzte zum Teil Wertungen, z.B. „nur Grundkenntnisse“ oder „Ja,
da hören wir ja auch mal was Positives an der Geschichte“, oder auch „Und überhaupt,
haben sie kein Dossier?“
Da der Personalberater den Stellensuchenden mit seiner Situation scheinbar als
Geschichte betrachtete, benannte er es auch durch das ganze Gespräch hindurch als
Geschichte. Z.B.: „Wichtig an der ganzen Geschichte ist, dass sie .....“, oder auch die
Aussage: „Überprüfen der Geschichte.“
Bewusstes Umgehen mit der Rolle ( Klärung der Rolle, Macht)
Es wurde zu Beginn des Gesprächs nicht erwähnt, welche Funktion der Personalberater
hat und mit welcher Unterstützung und Hilfe der Stellensuchende rechnen kann. Es
wurde ebenfalls nicht geklärt, welche Erwartungen der Stellensuchende hat und welche
der Personalberater erfüllen kann. Erst während dem Gespräch wurde dann klar, dass
der Personalberater nichts mit der Auszahlung und der Überprüfung der Unterlagen zu
tun hat.
Qualität der Gesprächsführung
Zu Beginn herrschte ein kleines Durcheinander, da der Personalberater hin und her
switchte, er blieb nicht bei dem, was er angekündigt hatte. Z.B. fing er mit einem
Formular an und wechselte dann plötzlich zu einem anderen Thema. Dabei teilte er
aber regelmässig mit, was er im Sinn zu tun hatte. Der Personalberater stellte mehrere
Fragen gleichzeitig, sodass der Versicherte Mühe hatte zu entscheiden, auf welche er
nun zuerst antworten sollte. Und auch wenn der Ordner des Stellensuchenden zu
Beginn des Gesprächs noch wohlgeordnet war, so zeichnete sich nach und nach ein
Durcheinander ab, und der Stellensuchende hatte mehr und mehr Mühe, seine
Unterlagen zu sortieren, geschweige denn etwas darin zu finden.
6.3.2 Nonverbale Ebene
Raum
Der Personalberater hat ein einfach eingerichtetes Büro. Da der Raum an sich schon
über sehr viel Ambiente verfügt, braucht es wenig, um eine angenehme Atmosphäre zu
gestalten.
Atmosphäre
Zwischendurch gab es Momente, in denen sich der Stellensuchende leicht gestresst
fühlte, z.B. dann, wenn er Formulare im Ordner zu suchen hatte und sie nicht fand.
Ansonsten ist ausser dem Augenkontakt nichts Aussergewöhnliches oder Auffallendes
zu bemerken.
Kongruenz, verbal / nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe/
Distanz)
Der Personalberater schaute dem Stellensuchenden ganz selten in die Augen, er
schaute ihn wohl an, doch seine Augen schweiften auf Brusthöhe des Stellensuchenden
17
und blieben auch dort. Der Stellensuchende reagierte darauf und suchte den
Augenkontakt. Da sich aber seitens des Personalberaters nichts tat, zog der
Stellensuchende einfach mit, und schaute am Personalberater vorbei. Es entstand nur
sehr selten ein Augenkontakt zwischen den Gesprächspartnern. Trotzdem war es ein
angenehm ruhiges und sicherlich nicht ungemütliches Gespräch für beide Seiten.
6.3.3 Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht
„Intensives Arbeiten verkrafte ich sehr gut. Ich trenne Privates und Geschäftliches sehr
streng (Türe zu und fertig). Neue Energien tanken mache ich folgendermassen:
# Sportverein: 1 mal pro Woche
# Fitnesstraining: 1-2 mal pro Woche
# Tanzen: momentan 2-3 mal, eher 4 mal pro Woche
Dies alles gibt mir sehr viel Kraft, es macht mich zufrieden, und ich kann auf diese
Weise neue Energie tanken.
Auch die Tanzkollegen geben mir viel Kraft und Energie.
Ich könnte nie da wohnen, wo ich arbeite, ich brauche den Weg, ich brauche die
Distanz, es hilft mir, Abstand zu gewinnen.
Wenn mich doch etwas beschäftigt, dann spüre ich das, indem ich nur noch da sitze
und wie ein Blöder in die Welt hinaus starre. Ich merke es aber auch dann, wenn ich
unkonzentriert bin. Dann suche ich nach Lösungen. Ich denke eher
problemlösungsorientiert.
Zu 90% löse ich meine Probleme selbst, aber wenn ich mal keine Lösung finde, dann
grenze ich mich ab, indem ich mir sage: o.k. das gehe ich morgen nochmals an.
Was ich sehr gerne mache, ist Psychoanalyse, es ist spannend und interessiert mich
sehr.“
7
Rückmeldungen der Personalberater
Die Rückmeldungen, die ich fortlaufend erhalten habe, bestärken mich, die Settings
weiterhin in diesem Rahmen zu gestalten. Die Atmosphäre in den jeweiligen Feedbacks
war geprägt von Offenheit, Toleranz, Achtung und Respekt voreinander. Dadurch wurde
es überhaupt erst möglich, eher weniger gelungene, aber auch gut gelungene Aspekte
anzusprechen und daran zu arbeiten.
7.1
Spontane mündliche Rückmeldungen der Personalberater an
mich als Feedbackgeberin unmittelbar nach dem Feedback
„Beobachtet zu werden und ein Feedback zu erhalten, war für mich sehr hilfreich. Ich
bin mir jetzt bewusster über mein Wirken, und was ich bei meinem Gegenüber auslösen
kann.“
„Diese Art von Feedback wünsche ich mir vermehrt, denn ich arbeite und arbeite, ohne
genau zu wissen, ob ich auf dem richtigen Weg bin.“
18
„Bin angenehm überrascht, ich bin sogar froh, dass mal jemand dabei war und mir ein
persönliches Feedback gab. Zu Beginn war es schlimm für mich, aber es hat sich nach
und nach verbessert, und ab irgendeinem Zeitpunkt habe ich dich gar nicht mehr
wahrgenommen.“
„Ich bin erstaunt, dass du so vieles wahrgenommen hast, und es stimmt zu hundert
Prozent alles. Jetzt werde ich einfach noch etwas bewusster mit meinen
Stellensuchenden umgehen.“
„Es tut gut, mal ein Feedback zu erhalten und zu merken, dass die Arbeit, die man Tag
für Tag verrichtet auch respektiert und geschätzt wird.“
„Ich bin schon ein alter Hase in dieser Tätigkeit, ich muss nichts mehr lernen. Die
Jungen sollen da etwas lernen.“
„Es hat mich überhaupt nicht gestört, dass du anwesend warst. Durch deine Art und
Weise, wie du das Feedback gestaltet hast, und durch deine spürbare Wertschätzung
fühlte ich mich sehr wohl. Ich fühlte mich ernst genommen und es tat gut zu wissen,
dass meine Arbeit geschätzt wird.“
Schriftliche Rückmeldungen in Form der
Rückmeldungsformulare
7.2
Diese Rückmeldeformulare übergab ich den Beratern kurz vor Beenden des Settings
und forderte sie auf, die Formulare in den folgenden ein bis zwei Wochen an mich zu
retournieren. Diese Formulare erhielt ich ausnahmslos umgehend zurück, was mich
sehr freute.
Hier die Auswertung:
1. Frage: Wie war es für dich, in einem Gespräch beobachtet zu werden?
! 3 Personalberater empfanden es als sehr hilfreich
! 8 Personalberater empfanden es als hilfreich
! 1Personalberater empfand es zwischen hilfreich und nicht so hilfreich
(anschliessend interessanter Gedankenaustausch)
! 3 Personalberater empfanden es als störend, weil es ungewohnt und eher
störend im Gespräch war, jedoch für das folgende Feedback nötig und auch gut
2. Frage: Die Beobachtungskriterien empfand ich als...
! 7 Personalberater empfanden sie als sehr hilfreich
! 7 Personalberater empfanden sie als hilfreich
! 1 Personalberater empfand sie zwischen hilfreich und nicht so hilfreich, „Glaube
nach 6 Jahren genug erfahren zu haben (störten nicht, nützten nichts).“
3. Frage: Die Beobachtung und das anschliessende Feedbackgespräch haben
Wirkung auf meine Beratungsgespräche: Welche?
„Seit diesem Gespräch beobachte ich vermehrt mein Verhalten während eines
Beratungsgespräches. Ich versuche die erhaltenen Tipps umzusetzen, was mir recht
gut gelingt.“
19
„Kann bei neuem Personal nützlich sein. Ich würde sogar sagen, dass es bei
Neupersonal in den ersten zwei Jahren ein Muss ist.“
„Das Feedback hat mir gezeigt, wie ich meine Beratung optimaler gestalten kann und,
sofern es die knapp bemessene Zeit zulässt, mehr zielorientierte Fragen stellen kann.“
„Ich werde mir Mühe geben, besser zu strukturieren. Weniger Wiederholungen,
Beschränken auf das Wesentliche. Nicht zu viele Informationen an den Versicherten.
Den Versicherten aussprechen lassen. Ich werde ihn vermehrt nach seinem Befinden
fragen.“
„Konkrete Fragen am Anfang des Gesprächs stellen. Somit erlebe ich keine
Überraschungen während dem Gespräch und kann die Gesprächszeit effizienter
einsetzen. Ich werde den Stellensuchenden mehr zu Wort kommen lassen.“
„Auf gewisse ‚wiederholte’ Wörter achten und mit mehr Augenkontakt arbeiten.“
„Die Begrüssung freundlicher gestalten. Das Gespräch besser strukturieren. Die
Sitzordnung überdenken. Die positiven Kriterien beibehalten.“
„Heute hatte ich gerade ein Neugespräch, ich liess mich nicht stressen. Konnte die WFragen einsetzen. Hatte das Gefühl, dass es gut lief. War auch anschliessend zufrieden
mit mir.“
4. Frage: Welche Unterstützung wünsche ich mir für meine Beratungen?
„Dass zwischendurch, wenn man das selber möchte, jemand vorbeikommt, der einen
während des Gesprächs beobachtet. Vielleicht, dass es ein Modul gibt, das das
Gespräch behandelt. Ich habe noch das 4 Modul*, vielleicht hilft mir das auch weiter.“
„Bei Bedarf einen externen Coach oder Beobachter hinzuziehen zu können, um eine
Standortbestimmung in der Gesprächsführung herausarbeiten zu können. Reflektion zu
erhalten über: Beratungsart, Werthaltung, Entwicklungsmöglichkeiten.“
„Alle Berater haben eine eigene Art und einen eigenen Stil zu beraten. Mit der Zeit
kommt Routine und auch Betriebsblindheit dazu. (Verbale und nonverbale “ Mödeli“).
Für mich wäre es von Nutzen, jährlich, oder auf Wunsch, ein Beratungsgespräch durch
eine neutrale Fachperson begleiten zu lassen. Aus dem schriftlichen Feedback könnten
dann positive Veränderungen resultieren.“
„Wichtig ist, dass man jederzeit jemanden fragen kann, wenn man nicht mehr weiter
weiss und dass man Aus- u. Weiterbildung absolvieren kann, was im RAV sehr gut und
viel angeboten wird.“
„Mehr Zeit. Vor allem für Erstgespräche.“
„Keine besonderen Wünsche zur Unterstützung. Fand Beobachtung und Feedback
persönlich wertvoll. Fördert die Fachkompetenz und gibt Sicherheit. Bestätigt und zeigt
auf, dass man sich, oder besser ich mich auf dem rechten Weg befinde. Sollte mehr
praktiziert werden.“
*
Ausbildungslehrgang zum RAV-Personalberater
20
„Regelmässiges Feedback in dieser Art.“
„Ich wünschte mir, es wäre am Anfang meiner Karriere jemand dabei gewesen, der mir
ein Feedback gegeben hätte. In Zukunft könnte ich mir vorstellen, dass ein solches
Feedback in sporadischen Abständen etwas bringen würde.“
„Mehr Zeit zwischen den einzelnen Beratungen. Mehr Feedback seitens der
Arbeitskollegen. Mehr Feedback und evtl. auch Lob seitens des Arbeitgebers. Nicht
mehr als zwei Neuanmeldungen pro Tag.“
„Eigentlich bin ich mit der Situation der Beratungsgespräche sehr zufrieden. Die vielen
positiven Reaktionen der Versicherten bestärken mich in der Umsetzung meiner
Aufgabe als Personalberater. Bei Unsicherheiten oder nicht zufriedenstellendem Verlauf
in Beratungen kann ich mir den Austausch mit einzelnen Teammitgliedern gut
vorstellen. Dabei könnten Gespräche analysiert und Schwachpunkte besprochen
werden. Bei den momentan sehr hohen Fallzahlen ist dies einfach eine Zeitfrage.“
„Solche Beratungsanalysen sind meiner Meinung nach sehr hilfreich und können die
Qualität der Beratungen unter anderem wesentlich verbessern.“
8
Auswertung der Beobachtungen
8.1
Überlegungen zur Auswertung der Beobachtungskriterien
Ich möchte hier erwähnen, dass ich mir wohl bewusst bin, dass jeder Personalberater
seine eigene mentale Landkarte besitzt und auch seinen eigenen Stil, seine
Beratungsgespräche zu führen. Es geht mir in diesem Teil nicht darum, die
Personalberater nach Schema X weiterzubilden oder zu fördern, sondern aufzuzeigen,
was sich in den Gesprächen als wertvoll und was sich als weniger wertvoll für die
Zusammenarbeit mit den Stellensuchenden gezeigt hat. Ich möchte aufzeigen, welche
Aspekte ein Gespräch zu einem guten Gespräch werden lassen können. Es ist auch zu
sagen, dass ein Berater nicht in der Lage ist, alle neuen Aspekte, bei einem einzigen
Gespräch auszuprobieren, es reicht schon, wenn der Berater sich eines der vielen
Elemente, die wir im Feedbackgespräch besprochen haben, in seine Beratungen
einbaut, sich darauf konzentriert und anschliessend die Wirkung des „neuen“ Elementes
überprüft. Erst dann kann der Berater wiederum dieses Element in seine mentale
Landkarte aufnehmen und damit spielen, bis es auch in seinen eigenen Beratungsstil
eingebaut ist, und es so zu seinem Instrument und Werkzeug machen werden lassen.
In meiner Doppelrolle als Personalberaterin, fällt es mir nicht einfach, im folgenden
kritische Elemente aufzuzählen und sie zu benennen. Ich möchte ausdrücklich darauf
hinweisen, dass es mir nicht darum geht, Missstände aufzuzeigen und sie zu
verurteilen. Es soll nur darum gehen, dass die Personalberater auf eine gute Art und
Weise lernen können, welche Methoden sich als sehr hilfreich und welche Methoden
sich als hinderlich erweisen. Nicht zuletzt, sie zu benennen und Massnahmen zu
entwickeln, welche die Beratungskompetenz und die Persönlichkeit der Personalberater
fördern und erweitern.
Mit Hilfe des Beobachtungs-Fokus werde ich nun die Themen, die mir in jedem
Beratungsgespräch am meisten aufgefallen sind erläutern.
21
Fachkompetenz:
bezogen auf den Inhalt der Gesprächskompetenz
Standortbestimmung
Fachkompetenz:
bezogen auf die Gesprächsführung
Kommunikation:
Respekt, Achtung, Wertschätzung und der Verlauf der
Gesprächsführung
Nonverbale Ebene: Atmosphäre und die Kongruenz verbal/nonverbal (Stimme,
Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe – Distanz und Verlauf
während dem Gespräch)
8.2
Fachkompetenz: Standortbestimmung
Nach Duden bedeutet Standortbestimmung im weiteren Sinn Orientierung.
8.2.1 Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
In 2 von 15 Beratungsgesprächen wurde zu Beginn des Gespräches erklärt, was das
Setting für einen Sinn und Zweck hat. Weil dieses wichtige Element des Settings
miteinbezogen wurde, war die Wirkung durch das ganze Beratungsgespräch hindurch
sehr wirksam und führte zu keinerlei Missverständnissen und Irritierungen. Die
Orientierung hat hier stattgefunden und stellte so die Weichen für das Gespräch. In den
anderen 13 Beratungen war die Standortbestimmung kein Thema.
Die Personalberater informierten die Stellensuchenden nicht, was das
Beratungsgespräch beinhaltet und weshalb es sinnvoll ist. Sie informierten sich auch
nicht, wo der Stellensuchende im Moment steht, oder wie er seine Zukunft sieht. Die
Stellensuchenden kamen und wurden nur mit anderen Informationen, Formularen und
Weisungen zugedeckt.
Ein anderer Faktor: Die Erwartungen des Stellensuchenden und deren Erfüllung wurden
nicht thematisiert. Die Erwartungshaltung der Stellensuchenden, sowie auch der
Personalberater deckte sich in den meisten Fällen nicht, so entstanden schon beim
Erstgespräch Missverständnisse und auch Vorwürfe seitens der Stellensuchenden.
8.2.2 Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen könnte es haben?
Als erstes entstanden Missverständnisse, die sich durch den grössten Teil des
Gespräches zogen. Fazit: Die Stellensuchenden waren verunsichert, etwas gehemmt
und orientierungslos. Sie standen an einem anderen Ort als die Personalberater. Die
Stellensuchenden zeigten nervöse Anzeichen, Gereiztheit, bis hin zu Besserwisserei
und Desinteresse. Durch die momentane Orientierungslosigkeit der Stellensuchenden,
und der Erwartung, dass ihnen jetzt geholfen wird, entstand noch mehr
Orientierungslosigkeit. Unter anderem kam es auch vor, dass sich im Nachhinein
herausstellte, dass viele Informationen und Wahrnehmungen der Personalberater nicht
wirklich zutrafen und wichtig waren. Auffallend war, dass sich die Stellensuchenden
nicht früher zu Wort meldeten, sie hörten sich alle Informationen geduldig an. Es kam
22
vor, dass kurz vor Ende des Beratungsgespräches herauskam, dass der
Stellensuchende schon in zwei Wochen wieder eine feste Stelle hat, oder auch, dass
der Stellensuchende den Wohnort wechselt, oder das er demnächst in die RS muss,
auswandert usw. Dadurch entstand für die Personalberater eine Orientierungsphase
und demzufolge einen Richtungswechsel für den weiteren Verlauf des Gespräches.
Eine Fokussierung der Informationen, die der Stellensuchende für seine neue Situation
braucht.
Würde dieser ersten Phase des Gesprächs genügend Beachtung geschenkt werden, so
könnte sich der Stellensuchende als ernstgenommen betrachten und andererseits
könnte sich der Personalberater sehr viel Zeit und Energie sparen.
8.2.3 Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
Grundlegend ist zu sagen, dass sich der Personalberater und der Stellensuchende
zuerst orientieren müssen, um überhaupt mit dem Gegenüber arbeiten zu können.
Wie schon erwähnt, dient dies zur reinen Orientierung. Dadurch, dass der Berater den
Sinn und Zweck des Gesprächs erklärt, fühlt sich der Stellensuchende geborgen,
informiert. Er weiss, was auf ihn zukommt und kann sich so auf das Gespräch
einstellen. Die nächste Frage, die notwendig ist, um Orientierung zu schaffen, lautet:
„Wo stehen Sie im Moment, wie sieht Ihre aktuelle Situation aus? Wie geht es Ihnen?“
Diese wichtigen Elemente zu Beginn des Gespräches helfen dem Personalberater, das
Gespräch individuell dem Stellensuchenden anzupassen und ihm auch die richtigen
Informationen zu geben, die nur auf diesen einen Stellensuchenden zugeschnitten sind.
Bildlich kam es mir vor, als würden wir in ein grosses Warenhaus eintreten und die
Angestellten bringen uns alles, was sie zu verkaufen hätten, mit vielen interessanten
Dingen, die uns evtl. ansprechen könnten. Die Gefahr liegt darin, dass sie uns aber
auch gleichzeitig mit vielen Dingen zudecken, bis wir selbst nicht mehr durchblicken,
und wir nicht mehr wissen, was, wie, wo und weshalb.
Fragt mich die Verkäuferin zuerst über meine Bedürfnisse aus, wird sie mir sicher helfen
können, genau das Richtige zu finden. Das Gleiche gilt eben auch bei den
Beratungsgesprächen.
Diese Phase dient auch dem Personalberater, um zu sehen, wie es dem
Stellensuchenden geht, was für Ressourcen er hat, was er schon gegen seine
Arbeitslosigkeit unternommen hat, und welche Hilfe er im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe
benötigt.
Die Personalberater sollten diesem Faktor mehr Beachtung schenken, indem sie sich im
Vorhinein über die Situation und den Standpunkt des Stellensuchenden informieren. Es
wird sich auszahlen.
8.3
Fachkompetenz: Gesprächsführung
Das Wort alleine sagt es schon aus: während dem Gespräch die Führung übernehmen
und das Gegenüber sicher durch das Gespräch führen.
8.3.1 Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
In vielen Beratungsgesprächen beobachtete ich, wie die Stellensuchenden die Führung
des Gesprächs übernommen hatten. Ein absolut spannender Aspekt, der sich klar aus
den vorangegangen behandelten Themen und noch zu behandelnden Themen
herauskristallisierte.
23
In Beratungsgesprächen, in denen die Personalberater wussten, wie sie das Gespräch
gestalten und führen wollen, erhielt das Gespräch einen sehr hohen Anteil an
Transparenz und Struktur. Eine effiziente Gestaltung des Gespräches wurde durch
diese Aspekte gefördert und zeigte auch Wirkung.
Die momentane Orientierungslosigkeit der Stellensuchenden zeichnete sich auch im
Gespräch ab. Es wirkte sich sogar auf den Personalberater aus. So z.B. verlor der
Personalberater die Orientierung im Gespräch oder brachte die Reihenfolge
durcheinander.
Unter anderem habe ich beobachtet, dass der Personalberater manipulierende
Aussagen gemacht hat. Z.B. „Sie müssen entscheiden zwischen dem, dem und dem.“
Der Stellensuchende überlegte scheinbar zu lange, denn der Personalberater teilte ihm
mit: „Ich würde mich für das entscheiden.“ Der Stellensuchende willigte ein, ohne sich
über diese Entscheidung zu äussern.
8.3.2 Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen können daraus
entstehen?
Die verpasste Struktur wirkte sich auf den Personalberater und den Stellensuchenden
aus. So z.B. waren die Unterlagen zuerst alle in Ordnung, doch nach und nach bildete
sich ein Durcheinander, das es dem Stellensuchenden und dem Personalberater
erschwerte, den Durchblick zu behalten. Wenn den beiden Themen
Standortbestimmung und Achtung, Wertung, Respekt nicht genügend Beachtung
geschenkt wurde, rächte sich dies im weiteren Verlauf des Gesprächs. So z. B. kam es
vor, dass der Stellensuchende sich mit Beschuldigungen, Vorwürfen und
Rechtfertigungen zur Gegenwehr setzte. Konkret heisst das auf das Gespräch bezogen,
dass der Stellensuchende das Thema gewählt hat.
Die begonnenen Themen konnten unter diesen Umständen nur schwer zu Ende
besprochen werden. Es erfolgte ein Hin und Her und somit Verwirrung auf beiden
Seiten.
Wenn der Personalberater manipulierende Aussagen machte und die Geduld für die
Entscheidung des Stellensuchenden nicht aufbringen konnte, passierte es, dass der
Personalbrater für den Stellensuchenden entschied und ihn für den Moment
entmündigte.
8.3.3 Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
Da sich die Stellensuchenden zum Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit irritiert, verwirrt und
enttäuscht fühlen, ist es sehr wichtig, dass der Personalberater sich dessen bewusst ist
und sich bewusst wird, dass er durch seine vorgegebene Gesprächsstruktur schon sehr
viel bewirken kann. Der Stellensuchende weiss, was er mitnehmen kann, und hat ein
Ziel, worauf er seinen Fokus richtet, sei es auch nur für den Moment, dem
Stellensuchenden Halt, Orientierung und Hilfe zu bieten.
Die Personalberater können durch mehr Struktur in den Gesprächen sehr viel mehr
erreichen. Ein Skript für die eigene individuelle Gesprächsführung ist sehr hilfreich.
Ebenso, dieses Skript sporadisch zu überprüfen und es auch ab und an zu hinterfragen.
24
8.4
Kommunikation: Respekt, Achtung, Wertschätzung
Nach Duden bedeutet Wertschätzung, jemanden für sein Vertrauen wert zu halten.
8.4.1 Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
Im Grossen und Ganzen durfte ich beobachten, dass der Stellensuchende einladend
angesprochen und begrüsst wurde, was konkret heisst, dass ihm die Hand gereicht und
er mit dem Namen angesprochen wurde.
In einem einzigen Beratungsgespräch kam es während dem Setting vor, dass der
Stellensuchende mit seinem Nachnamen angesprochen wurde. Die Werthaltung, der
Respekt und die Achtung gegenüber dem Stellensuchenden waren während diesem
Gespräch jederzeit spürbar.
Es kam aber auch vor, dass die Stellensuchenden vom Berater begrüsst wurden,
während dieser sitzend hinter dem Bürotisch verblieb.
Vielen Stellensuchenden wurde die Hand nicht gereicht, und sie wurden auch nicht mit
dem Namen begrüsst.
Während dem Gespräch konfrontierten die Personalberater den Stellensuchenden
manchmal mit der eigenen Werthaltung, so z. B. „Was, Sie haben selbst gekündigt?“
oder auch „Sie werden ja wohl einen vernünftigen Lebenslauf dabei haben.“ Oder mit
Wertungen wie z. B. “Ja, so schlimm ist das auch nicht, ich verstehe Ihren Chef, dass er
Ihnen gekündigt hat.“ „Ja, da hören wir ja auch mal etwas Positives“, oder auch „nur
deutsch, nur Grundkenntnisse?“.
Viele Wertungen wurden nach meinen Beobachtungen, die sich dann auch
anschliessend beim Feedback bestätigten, unbewusst eingesetzt, ohne dass sich die
Personalberater deren Bedeutung oder deren Benutzung bewusst waren. So fielen
dann auch die Reaktion bei den Personalberatern aus: “Was, das habe ich wirklich
gesagt?“
Oft wurden den Stellensuchenden die Unterlagen aus den Händen genommen, und
dadurch wurde ihnen vermittelt: „Sie können das nicht.“ Im selben Moment wurden auch
die Unterlagen, die nicht vollständig ausgefüllt waren, vom Personalberater an sich
genommen und fertig ausgefüllt. Es stellt sich die Frage, weshalb das der
Personalberater tat. Antworten von Personalberatern: „Weil es dann schneller geht, und
weil ich es dem Stellensuchenden nicht zugetraut habe, oder ich wollte die Fragerei
einfach umgehen.“
Viele Personalberater unterliessen es, den Stellensuchenden ausreden zu lassen. Unter
anderem wurden auch Mehrfragen gestellt, die es dem Versicherten erschwerend
gestalteten, auf die richtige Frage die richtige Antwort zu geben. Das eigenhändige
Ausfüllen der Formulare durch den Stellensuchenden würde dem Personalberater mehr
Aufschluss über die Ressourcen des Stellensuchenden geben. Wenn der
Stellensuchende das Formular selber ausfüllen kann, zeigt es uns unmittelbar, dass er
lesen und schreiben kann. Für die Personalberater sehr wichtige Elemente für die
Vermittlung der Stellensuchenden.
8.4.2 Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen können daraus
entstehen?
Die Stellensuchenden fühlen sich unterworfen, nicht ernst genommen. Diese Aspekte
zeigten sich durch das ganze Gespräch hindurch, indem der Stellensuchende sich fast
25
nicht zu äussern getraute. Er hörte nur geduldig zu und beschränkte seine Aussagen
auf „ja ja“. In einem anderen Fall wurde der Stellensuchende wütend und begann auf
stur zu schalten. Fazit: die beiden Gesprächspartner begannen sich um Details zu
streiten und keiner gab nach. Daraus resultierten von beiden Seiten her Vorwürfe und
Beschuldigungen. An ein effizientes und erfolgreiches Weiterkommen ohne Unterbruch
war nicht mehr zu denken. Es ist notwendig, dass sich die beiden Gesprächspartner
trennen und versuchen, beim nächsten Gespräch nochmals von vorne zu beginnen.
8.4.3 Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
In dieser ersten, sehr wichtigen Phase des Gesprächs müssen sich beide Parteien
zuerst einmal kennen lernen.
Die Wertschätzung, Respekt und Achtung sind Aspekte, die sehr individuell betrachtet
werden.
Es ist der erste Eindruck, der gegenseitig entsteht, so auch der erste Händedruck. Es
gibt direkt Aufschluss, z. B. wie mir mein Gegenüber die Hand reicht, wie er mich
anspricht, ob er mir dabei in die Augen sieht, und ob er überhaupt unsere Sprache
spricht. Was in diesen wenigen Sekunden abläuft, ist auf verschiedenen Ebenen
wichtig. Kann sich der Stellensuchende ernst genommen fühlen, oder ist er einer unter
vielen? Auch wenn er tatsächlich einer unter vielen ist, ist es in Anbetracht der Situation
des Stellensuchenden umso wichtiger, ernst genommen und angenommen zu werden.
Nur schon der pünktliche Beginn des Gesprächs und ein Lächeln zur Begrüssung
brechen das Eis ungewöhnlich schnell.
Es war für mich ein absolutes Highlight, bei dem Beratungsgespräch dabei sein zu
dürfen, indem der Stellensuchende während dem Beratungsgespräch mit Namen
angesprochen wurde. Diese kleine und doch so wichtige Anrede, wirkte sich auf das
ganze Gespräch positiv aus. Der Stellensuchende fühlte sich mehr als ernst genommen
und konnte die Zusammenarbeit mit dem Personalberater aufnehmen. Nicht nur der
Stellensuchende wurde ernst genommen, sondern auch der Personalberater.
8.5
Nonverbale Ebene
Kongruenz, verbal/nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe/Distanz und
Verlauf während dem Gespräch)
8.5.1 Was ich in den Beratungsgesprächen beobachtet habe
In vielen Gesprächen war sehr gut zu beobachten, dass die Körpersprache eine
massgebliche Rolle im Gesprächsverlauf spielte.
Meine Beobachtung war, dass die Körperhaltung der Stellensuchenden und der
Personalberater nicht das aussagte, was gedacht oder gefühlt wurde, und nicht das,
was gesprochen wurde.
Bei den Personalberatern konnte ich diese Beobachtung beim anschliessenden
Feedback überprüfen lassen. Die meisten waren sehr überrascht, dass ich das
überhaupt gemerkt habe.
Stellensuchende:
! Es kam vor, dass die Stellensuchenden nervös mit den Fingern auf einem
Kugelschreiber rumtippten,
! dass die Beine und Hände zitterten,
26
dass sie den ganzen Schreibtisch in Beschlag nahmen,
dass sie sich stützend auf den Ellbogen weit über den Bürotisch lehnten,
dass sie mit verschränkten Armen weit weg vom Bürotisch sassen,
dass Gesichtsausdruck und Körperhaltung nicht mit dem gesagten
übereinstimmten.
! Stellensuchende, die sich nicht verstanden gefühlt haben, reagierten unmittelbar
auf der körperlichen Ebene. Sie zogen sich sofort sichtbar zurück, sie gingen auf
Abstand, indem sie nach hinten rutschten und die Arme sofort verschränkten.
!
!
!
!
Personalberater:
! Übertragung: Alle diese Verhaltensmerkmale übertrugen sich früher oder später
auf den Personalberater. Es war z. B. sehr spannend, wenn der Stellensuchende
mit seinen Beinen sehr stark zu zittern begann, tat es ihm der Personalberater
gleich, oder auch umgekehrt.
! In verfahrenen Situationen war sehr gut zu beobachten, dass das kurze
Aufstehen seitens des Personalberaters eine grosse Wirkung auf das Gespräch
hatte. Dies geschah aber nur sehr selten.
! Stellensuchende und Personalberater waren sich mit den Köpfen so nah, dass
man knapp eine Hand hätte dazwischen halten können.
! Dem Stellensuchenden wurde kein Freiraum gelassen.
! Gesichtsausdruck und Körperhaltung stimmten nicht dem Gesagten überein.
Es gab keine Anzeichen dafür, dass die beiden Gesprächspartner sich im Gespräch
dessen bewusst waren. Wiederum kam auch da beim Feedback heraus, dass der
Personalberater sich dessen wirklich gar nicht bewusst war.
Die Kommunikation und das verbale (Kongruenz) Verhalten wurde dann im
Gleichgewicht gehalten, wenn die Werthaltung des Personalberaters mit der des
Auftrages übereinstimmte. In Gesprächen, in denen jederzeit transparent mitgeteilt
wurde, was nun getan wird, der Sinn und Zweck erklärt wurde, oder auch die Folgen,
die eine Pflichtverletzung nach sich ziehen würde, besprochen wurden, war sehr gut zu
beobachten, wie verständlich und einfach es dem Stellensuchenden kommuniziert
werden konnte, sodass er es auch verstehen und nachvollziehen konnte. Die
Widerstände seitens des Stellensuchenden bei „heiklen Themen“, sprich Sanktionen,
wurden so auf das Minimalste reduziert.
In Gesprächen, in denen dies nicht der Fall war, war der Widerstand für den
Personalberater sehr gross, und es entstand so eine neue Situation, mit der sich der
Personalberater unmittelbar im Setting befassen musste. So z.B. wurde dann eine
Sanktion zum Hauptthema, und dabei konnten sich der Stellensuchende und der
Personalberater bis zu 25 Minuten streiten. Fazit: das Gespräch verlief sehr
unbefriedigend, da viele andere Themen zu kurz kamen und die beiden
Gesprächspartner sich als erstes wieder beruhigen mussten, wenn dies überhaupt
möglich war, um die noch nicht besprochenen Themen in der verbleibenden, viel zu
knappen Zeit, zu bearbeiten. Je nach Thema reagierte der Stellensuchende
unterschiedlich. Oft war zu beobachten, dass er ziemlich heftig reagierte, wenn ihm auf
die „Füsse gestanden wurde“.
27
8.5.2 Was ist daraus entstanden, und welche Auswirkungen können daraus
entstehen?
Die Auswirkungen auf die Gespräche sind enorm. Der Stellensuchende spürt die
Werthaltung und die Gewichtung des Personalberaters unmittelbar und reagiert darauf.
Durch die fehlende Kongruenz des Personalberaters entsteht eine Unsicherheit beim
Stellensuchenden, es irritiert ihn. Genau so irritiert es den Personalberater, wenn der
Stellensuchende mitteilt, dass er sehr grosse Anstrengungen auf sich genommen hat,
um eine neue Stelle zu finden, und im Gegenzug keine wirkliche Arbeitsbemühung
nennen oder gar vorzeigen kann, oder er teilt mit, dass es ihm sehr gut geht, aber er
zittert mit den Händen, oder ist dem Weinen sehr nahe.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Verhalten des Körpers sehr wohl im
Unterbewusstsein aufgenommen wird. Sie nicht zu beachten, kann zu sehr schwierigen
Situationen führen. Speziell dann, wenn der Stellensuchende und der Personalberater
sich über ein Thema nicht einig sind, und sich der Körperabstand immer mehr
verringert. Das Ganze wird zu eng, es knistert förmlich in der Luft. Dies waren die
Momente, in denen ich als Beobachtende im Gespräch von beiden Gesprächspartnern
nicht mehr wahrgenommen wurde. Es lässt nichts mehr zu, die Fixierung ist so stark,
dass die beiden Gesprächspartner mit grosser Sicherheit nicht mehr aufnahmefähig
sind. Körperlich gesehen lässt es keinen Freiraum mehr zu. Kurz, es wird für beide
Gesprächspartner zu eng.
Auch da entstehen wiederum Missverständnisse, die aufgeklärt werden müssen. Die
Beziehungsarbeit steht im Vordergrund und nicht mehr die momentane Arbeitslosigkeit
und deren Lösung.
8.5.3 Wie kann der Personalberater diesem Faktor mehr Beachtung schenken?
Die Überprüfung der eigenen Landkarte des Personalberaters und der des Auftrages ist
vorgängig sehr wichtig. Einige Fragen muss er für sich klären, z.B. wie stehe ich zu
diesem Thema, macht mir dies oder das Mühe, weshalb macht es mir Mühe, wie gehe
ich damit um, und wie kommuniziere ich es gegenüber den Stellensuchenden, sodass
ich es auch vertreten kann?
Die Art und Weise, wie er die einzelnen Elemente dann kommuniziert, ist jedem
Personalberater freigestellt.
Bei Beratungsgesprächen, in denen es eng wird, empfiehlt es sich, die Situation zu
unterbrechen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen: auf die Metaebene zu
gehen, zu benennen, was hier und jetzt geschieht, oder auch ein kurzes Aufstehen, das
Fenster öffnen, (bildlich die Luft wird zu dick), konnte ich in den Gesprächen teilweise
beobachten. Diese kurze Unterbrechung oder auch das Benennen der Situation kann
aus der verfahrenen Situation helfen, Abstand zu gewinnen. Hilfreich kann auch sein,
dass der Personalberater das Büro für einen kurzen Moment verlässt, und sei es auch
nur unter einem Vorwand, um z. B. eine Kopie zu machen. Jedes Mittel ist dafür gut,
wenn es kommuniziert wird, um Distanz zu erhalten.
Ein ganz anderes Beispiel. Wenn ein Stellensuchender zum Beratungsgespräch kommt
und sehr stark nach Alkohol oder sonst sehr stark riecht, fällt dies uns beim ersten
Händedruck auf. So fällt es dem Personalberater aber nach 15 Minuten nicht mehr auf,
der Berater hat sich an diesen Geschmack gewöhnt, es stört ihn schon nicht mehr so
stark wie zu Beginn. Es ist notwendig, dass der Berater das Zimmer verlässt, das
Fenster öffnet, um den nötigen Blickwinkel und den Abstand zu wahren.
28
Die Übertragungen sind sehr spannend und beachtenswert. Die Frage, was geschieht
hier und jetzt, ist sehr wichtig für den Personalberater, und er sollte sich diese Frage
immer wieder stellen.
9
Selbsteinschätzung der Personalberater bezogen auf ihre
erfolgten Beratungs-Gespräche
9.1
Vorgehensweise der Selbsteinschätzung
Durch die von mir gewählte Vorgehensweise beim Feedback konnte sich der
Personalberater zuerst Gedanken darüber machen, wie er das Setting erlebt hat, wie es
ihm dabei ging, was ihm gut und was ihm weniger gut gelungen ist u.s.w.
An diesem Punkt darf ich sagen, dass durchwegs bei allen Feedbacks herauskam, dass
die Personalberater über eine sehr hohe Sensibilität und über eine sehr gute
Selbsteinschätzung verfügen.
Dies ermöglichte mir auch, noch etwas genauer hinzusehen und zeigte mir auf, wo der
Personalberater stand. Auf diesen Ressourcen konnte ich aufbauen und sie dienten mir
als Werkzeug.
9.2
Rückmeldungen der Personalberater betreffend
Selbsteinschätzung
„Bei gewissen Sequenzen wurde ich unsicher, aber ich weiss nicht, was mich unsicher
gemacht hat und weshalb, oder was im Gespräch geschehen ist.“
„Wir haben uns gestritten, der war aber auch so etwas von stur, der machte mich
wirklich wütend.“
„Ich hatte das Gefühl, dass er mich belügt, er hat sich ständig widersprochen.“
„Ich habe die schwierigen Themen nicht aufgenommen, ich sah schon, dass er mit
seinen Tränen kämpfte, ich wollte ihn nicht blossstellen.“
„Grundsätzlich hätte ich ihn fragen sollten, weshalb er die Kündigung erhalten hat,
wollte ihn aber nicht noch nervöser machen.“
„Unsere Kurzziele waren klar definiert.“
„Ich fühlte mich gut. Ich denke, dass es dem Stellensuchenden genauso ging, er hat das
Büro jedenfalls mit einem Lächeln verlassen.“
„Ich wurde immer wieder abgelenkt, von dem was ich eigentlich wollte, es ging mir viel
zu viel im Kopf rum.“
„Ich hatte während dem Gespräch das Gefühl, dass der Stellensuchende das Gespräch
führte.“
29
„Mich stört, dass ich den Stellensuchenden emotional nicht erreichen konnte.“
„Ich spürte meine permanente Überbelastung auch in den Gesprächen, es mangelte an
Qualität, und der Versicherte spürte das.“
„Grundsätzlich ein gutes Gespräch, habe ihm genügend Zeit gegeben, der Draht war
da.“
10
Theorie der Beratungskompetenz
10.1
Wann ist ein Berater ein guter Berater?
Über welche Kompetenzen sollte ein Berater verfügen, um beraten zu können? Zu
dieser Frage fand ich wertvolle Hinweise im Buch „Das konstruktive Gespräch“ von
Manfred Gührs und Claus Nowak ( siehe Literaturnachweis), die ich im Folgenden
kommentieren möchte.
10.2
Ethische Grundhaltung und praktische Konsequenzen
„Aus vielen alltäglichen Gesprächssituationen wissen wir, wie stark uns die Einstellung
und innere Haltung unserer Gesprächspartner beeinflussen kann. In manchen
Gesprächen haben wir das Gefühl, bejaht zu werden, Spielraum für die Entfaltung
unseres Potentials zu haben und persönlich weiterzukommen. In anderen Situationen
merken wir, wie es uns fröstelt, wir gehen intuitiv auf Distanz oder in Hab-Acht-Stellung
und behalten am Ende einen schalen Nachgeschmack. Oft können wir uns nicht einmal
konkret benennen, was im einzelnen dazu geführt hat, dass wir uns so fühlen.
Eine gute Grundlage jeder Form von Gesprächsführung ist die Einstellung ‚Ich bin okay
– du bist okay’.
Bestimmte Interventionen können sehr tiefgreifend wirken, etwa wenn ich eine Person
mit ihren Gefühlen in Kontakt bringe. (Ich habe den Eindruck, dass Sie sehr traurig
30
sind?) Ich kann auf diese Weise sehr wichtige und heilsame Prozesse für die
Betreffenden einleiten, muss mir aber darüber im klaren sein, ob unser
Gesprächsvertrag bzw. Unsere Beziehung eine solche Dimension einschliesst, ob die
Situation und die Rahmenbedingungen dafür passen und ob ich die Bereitschaft und die
Kompetenz besitze, aufzufangen, was ich auslöse.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 299-300)
Diese genannten Aspekte kamen in den beobachteten Beratungsgesprächen vor.
Begonnen bei der inneren Haltung gegenüber dem Stellensuchenden, über die
Beachtung der Hierarchiestufe, in der sich der Stellensuchende befindet, als eine
Person die Hilfe braucht, und über den hilfreichen Strukturaufbau eines
Beratungsgespräches (Methodik), bis hin zu den Interventionen. Ich möchte aber
unterstreichen, dass sich die Berater bewusst und im Klaren sein müssen, was sie beim
Gegenüber auslösen können, und ob sie die Fachkompetenz besitzen, es auch
aufzufangen oder eine Triage zu anderen Fachstellen herzustellen.
10.3
Grundregeln für die Gesprächsführung
„Die allgemeinen Grundregeln dienen der Förderung eines guten Gesprächsklimas. Sie
sind geeignet, wichtige Voraussetzungen für ein problemlösendes Gespräch zu
schaffen.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 33)
10.4
Gesprächsvorbereitung
„Mit einer guten Vorbereitung steht und fällt zumeist der Erfolg wichtiger Gespräche.
Ob eine produktive Gesprächsituation zustande kommt, hängt wesentlich von meiner
Einstellung gegenüber den anderen Beteiligten ab. Es erweist sich letztlich als
hinderlich, eigene Antipathien über längere Zeit zu ignorieren...
Eine grosse Chance für wirkungsvolle Gesprächführung liegt darin, zunehmend
bewusster die eigenen Stärken und Schwächen zu beachten und bei der
Gesprächsvorbereitung zu berücksichtigen. Ich kann mir viel Enttäuschungen ersparen,
wenn ich die eigenen Schwachpunkte und die Fallen, in die ich leicht hineintappe,
kenne und vermeide. So kann ich mir in Ruhe überlegen, ob ich dazu neige,
-
es anderen recht zu machen,
für passive Gesprächspartner aktiv zu werden und mich abzurackern,
mich schnell schuldig zu fühlen und klein zu machen,
die Ursachen für Schwierigkeiten im Verhalten anderer zu suchen,
unbequeme Themen zu vermieden oder mit Dritten darüber zu sprechen,
den Fokus auf Probleme statt auf Lösungen zu legen,
das Positive für selbstverständlich zu halten und zu übergehen,
viel negative Zuwendung zu verteilen.
Da bei all diesen Aspekten ein breiter Raum für Selbsttäuschung gegeben ist, kann es
sehr sinnvoll sein, sich vor wichtigen Gesprächen mit einer unvoreingenommenen
Person zu beraten. Insbesondere professionellen Beraterinnen und Führungskräften ist
es zu empfehlen, sich regelmässig Supervision für ihre Arbeit zu holen.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 33-34)
31
10.5
Anderen Respektvoll gegenübertreten
„Mit diesem Punkt ist weniger eine Regel gemeint, als vielmehr eine innere Haltung: Ich
nehme die anderen ernst mit ihren Schwierigkeiten und in ihrem Bemühen um eine
Problemlösung sowie in ihrer grundsätzlichen Fähigkeit, selbstverantwortlich zu
handeln. Wir gehen davon aus, dass es in jedem Menschen einen konstruktiven Kern
und wertvolle Ressourcen gibt, auch wenn im momentanen Verhalten wenig oder gar
nichts davon zu erkennen ist. Diesen verschütteten Kern gilt es zu finden, um sich mit
ihm zu verbünden. Menschen, die aus dieser Haltung heraus handeln, vermeiden
abwertende Vergleiche sind gelassen gegenüber der tatsächlichen Realität und offen für
positive Entwicklungen.
Ich muss nicht um jeden Preis ein Gespräch zu führen versuchen, an dessen Ende eine
einvernehmliche Lösung steht.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 35-36)
Diese genannten Aspekte erinnern mich im Nachhinein an Beratungsgespräche, in
denen es schon in den ersten 15 Min. klar war, dass es diese beiden Menschen nicht
miteinander „können“. Da wäre es angebracht, die Beziehungsebene anzusprechen,
und auch den Mut zur Verneinung der weiteren Zusammenarbeit zu haben. Es würde
die Personalberater ungemein entlasten.
10.6
Kontakt herstellen
„Die Grundvoraussetzung für jede Kommunikation ist Kontakt. Die Beteiligten haben ‚auf
Durchzug gestellt' oder versuchen nur ihre eigenen Meinungen loszuwerden, so dass es
lediglich zum Austausch von Monologen kommt. Besonders unangenehm ist es, wenn
Menschen pausenlos reden oder unterrichten, ohne wahrzunehmen, dass die anderen
nonverbal längst den Abbruch des Kontaktes signalisiert haben...“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 36-37)
Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass oft schon die Begrüssung der
Stellensuchenden keine wirkliche Chance beinhaltete, den Kontakt herzustellen, oder
dass es in Sequenzen der Beratungsgespräche Momente gab, wo der Personalberater
den Stellensuchenden mit Informationen „zugedeckt“ hat oder der Stellensuchende den
Augenkontakt schon längst abgebrochen hatte.
10.7
Erwartungen klären
„Das Aussprechen der gegenseitigen Erwartungen führt im Idealfall zur Formulierung
eines klaren Ziels, dem beide Seiten zustimmen können.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 38)
In den beobachteten Beratungsgesprächen wurden die Erwartungen praktisch nie
miteinender besprochen oder auch geklärt. Daher ist leicht verständlich, dass die
Personalberater die Wahrnehmung und Vermutung hatten, dass der Stellensuchende
mit einer sehr grossen Erwartungshaltung ins Gespräch kam, oder dass der
Personalberater mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen während dem Gespräch zu
kämpfen hatte.
32
10.8
Informationen zum Thema einholen
„Es ist ebenso verbreitet wie unproduktiv, mit Lösungsvorschlägen aufzuwarten, bevor
überhaupt klar ist, um welche Schwierigkeiten es geht, nach dem Motto: ’Ja, ja ich weiss
schon, wo Ihr Problem liegt – am besten Sie machen.....’
In der Einstiegsphase ist es deshalb wichtig, sich mit der nötigen Zeit eine differenzierte
Problembeschreibung geben zu lassen und die dafür notwendigen Informationen
einzuholen. Bereits beim Zusammentragen von Informationen kann vieles geordnet und
geklärt werden.
Besonders nützlich ist es dabei,
! offene Fragen zu stellen statt Alternativen vorzugeben
! die gehörten Informationen nicht zu werten, damit sich die Gesprächspartner
nicht verunsichert oder geängstigt zurückziehen
! den anderen aufzufordern, das Problemfeld zu strukturieren, falls er Probleme
aufhäuft, zu viele Details oder eine zu grosse Komplexität präsentiert. Ziel ist es,
herauszufinden, was hier und heute bearbeitbar ist.
Bisweilen ist es notwendig, sich und die anderen vor einer Überflutung durch Stoppen
des Redflusses zu schützen; denn es hat keinen Sinn, mit dem Gesprächspartner in
seinen Problemen zu versinken. Manche Menschen benutzen gerade diese Art der
Problemdarstellung, um letztlich passiv bleiben zu können.
Ein sicheres Signal für uns Berater ist es dann, wenn wir ungeduldig werden und uns
kaum mehr alle genannten Aspekte und Teilproblem behalten können.“
(Gührs/Nowak, 1998. S.38-39)
Es kam vor, dass die Stellensuchenden, schon während dem sie das Büro betraten,
über ihre Probleme und alle ihre Unannehmlichkeiten berichteten. In solchen Fällen ist
es unsere Aufgabe, den Stellensuchenden in seinem Redefluss zu stoppen und ihn
aufzufordern, sich zuerst einmal hinzusetzen oder gar zuerst einmal hallo zu sagen.
Dies können wir mit einem Lächeln gut platzieren, indem wir ihm die Hand reichen, ihn
begrüssen und ihn bitten, sich erst einmal zu setzen, damit wir genauer hinsehen
können, um was es denn nun wirklich geht. Die Reaktion in den meisten Fällen ist
folgende: „Ja, entschuldigen sie bitte.... aber....“ Und schon ist der Redefluss wieder
aktiviert. Wiederum muss der Berater ihn stoppen und ihn auffordern eins nach dem
andern zu erzählen.
Ebenfalls konnte ich beobachten, dass der Personalberater eine einzige Frage gestellt
hatte und der Stellensuchende ihn mit vielen anderen Informationen zudeckte, nur die
wirkliche Antwort blieb aus. Auch da ist es notwendig, den Stellensuchenden zurück auf
das eigentliche Thema zu führen.
10.9
Im Hier und Jetzt arbeiten
„Um aktuelle Probleme zu lösen, ist es sinnvoll, hier und heute Entscheidungen zu
erarbeiten, die für eine bessere Zukunft taugen und die Erfahrungen aus der
Vergangenheit berücksichtigen. Das in der Gegenwart auftretende Problem muss im
Kontext von Zukunft und Vergangenheit gesehen werden. Der Fokus sollte jedoch auf
der Gegenwart liegen.
33
Vermeiden sollte man es in jedem Fall, in negativen Gefühlen zu versinken, die in der
Biographie wurzeln. Das sich ständig wiederholende Erörtern früherer Erlebnisse und
der damit verbundenen Gefühle verstellt den Blick für eine produktive Arbeit an den
Aufgaben im Hier und Heute. Sinnvoller ist in solchen Situationen die Frage: ’Was
bedeutet das alles heute für dich, und was willst du künftig anders machen?’“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 39-40)
Bei den beobachteten Beratungsgesprächen kam es vor, dass der Stellensuchende von
seiner Vergangenheit erzählte, und den Fokus auf Schuldzuweisungen richtete. Hier ist
es sinnvoll und angebracht, den Stellensuchenden zurück ins Hier und Jetzt zu führen,
und zusammen mit ihm in der Gegenwart zu bleiben, um die Zukunft neu aufgleisen zu
können. Der Personalberater gerät in Gefahr, Partei zu ergreifen, oder sich mit dem
Stellensuchenden oder auch mit dem ehemaligen Arbeitgeber zu verbünden. Es
entstehen daraus neue Missverständnisse, die sehr schwer nachzuvollziehen sind.
10.10 „Ich“ statt „Man“ und „Wir“
„Der Gebrauch von ’Man’ und ’Wir’ dient häufig dazu,
-
eigene Bedürfnisse und Positionen zu vernebeln (’Jetzt würde uns eine Pause
gut tun!’);
der Verantwortung für die eigenen Aussagen auszuweichen (’Man könnte
vielleicht einmal ausprobieren...’.);
andere zu manipulieren (’Wir sind doch alle der Meinung...’).
Viele Menschen benutzen solche Verallgemeinerungen als Schutz, den sie anfangs zu
benötigen glauben. Und das ist manchmal auch so in Ordnung. Darauf aufmerksam zu
machen ist in denjenigen Fällen angebracht, wo ’Man’, ’Wir’ und gelegentlich auch ’Es’
zur Verschleierung dienen bzw. in Verbindung mit passivem Verhalten verwendet
werden. In diesen Fällen ist es wichtig, sich gegen ein vereinnahmendes ’Wir’
abzugrenzen, zu mehr Deutlichkeit aufzufordern und zur Eigenverantwortlichkeit
anzuregen.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 40-41)
In den Beratungsgesprächen kam es vor, dass auf eine Frage des Stellensuchenden
mit folgendendem Wortlaut geantwortet wurde: „Ich weiss es eigentlich auch nicht, wir
machen dies schon immer so.“ oder „Das wurde mir so beigebracht, dies machen alle
so.“
Solche Antworten befriedigen den Stellensuchenden in keiner Art und Weise. Sie
schützen die Berater nur für den Moment, denn ein Ausweichen auf die Frage und
deren Nichtbeantworten, oder gar sich hinter dem Gesetz zu „verstecken“ wird sich
vermutlich auf die Beziehungsebene auswirken. Der Stellensuchende wird auf das
Thema zurückkommen, bis er eine befriedigende Antwort erhält. Sinnvoll wäre in
solchen Fällen zuzugeben, dass man sich noch nie ernsthaft darüber Gedanken
gemacht hat, es einfach so übernommen hat, aber dass man es in der nächsten Sitzung
zum Thema machen wird. Oder im anderen Fall einfach dazu steht, weshalb und warum
man diese Handhabung gewählt hat.
34
10.11 Wichtige Gesprächinhalte paraphrasieren
„Es befriedigt zunächst das existentielle Grundbedürfnis nach Akzeptanz, indem sich die
Gesprächspartner wahrgenommen und verstanden fühlt. Besonders dann, wenn
unterschiedliche Einstellungen und Sichtweisen der Beteiligten aufeinandertreffen, kann
es sehr hilfreich sein.
In solchen Gesprächsituationen tendieren alle Menschen dazu, die eigen vertraute
Sichtweise aufrecht zu erhalten und gegenüber Bedrohungen abschotten zu wollen.
Dann ist es entscheidend, ein genaues und unmissverständliches gegenseitiges
Verstehen zu gewährleisten. Wie z. B. mit der Frage: ’Habe ich Sie richtig verstanden,
dass...?’
Oder auch die eigene Wahrnehmung die dem Gegenüber mitgeteilt wurde überprüft
indem die Frage gestellt wird. ’Wie ist das bei Ihnen angekommen, was ich gerade
gesagt habe?’
(Gührs/Nowak, 1998, S. 41-42)
Missverständnisse können mit dieser Handhabung aufs Minimum reduziert werden. In
einem Beratungsgespräch, das sich zu einem Konfliktgespräch entwickelt oder schon
ist, ist dieses Werkzeug ein wichtiges Instrument für uns, um wieder Klarheit in die
aktuelle Situation zu bringen.
In Beratungsgesprächen, in denen dem Versicherten wohl die Wahrnehmung mitgeteilt
wurde, diese aber nicht überprüft wurde beim Versicherten, entstand ein Stillstand. Die
evtl. richtige und wichtige Wahrnehmung des Personalberaters nützte nichts mehr, weil
mit ihr nicht weitergearbeitet werden konnte. Die Gefahr liegt darin, dass wenn sich die
Wahrnehmung als falsch erwies, sich der Versicherte unverstanden fühlt und sich
zurückzieht und allenfalls auch einfach zu schweigen beginnt.
10.12 Körperausdruck und Gefühlsinhalte beachten
„Eine Person sitzt mir mit verschränkten Armen, gekreuzten Beinen, hochgezogenen
Schultern sowie gesenktem Blick gegenüber und sagt: ’Ich bin ganz offen!’
Eine andere Person berichtet über ein schmerzliches Erlebnis und lacht dabei.
Eine dritte Person spricht darüber, was sie in Zukunft ganz anders machen möchte,
Stimme und Körperhaltung drücken jedoch Zögern und Kraftlosigkeit aus.
...Natürlich ist es ebenso für mich Berater wichtig, die Signale meines Körpers zu
beachten.
Wenn ich mich verspannt oder anderweitig unwohl fühle und darüber hinweggehe, wird
mein Reden und Handeln nicht mehr stimmig sein. Es besteht die Gefahr, dass ich in
ein unerquickliches Gespräch hineinschlittere und den Nährboden für Verwirrung und
Verärgerung schaffe. Wenn es mir nicht gelingt während des Gespräches durch eine
interne Klärung wieder in Übereinstimmung mit mir zu kommen, kann es sinnvoll sein,
mitzuteilen, wie es mir selbst geht, die Ursachen zu klären oder auch das Gespräch zu
beenden und evtl. später – nach einer Klärung für mich wiederaufzunehmen.
(Gührs/Nowak, 1998, S. 42-43)
In den Fremd- und Selbsteinschätzungen teilten mir die Personalberater mit, wie es
ihnen auf der Körperebene während dem Gespräch ging. Wichtig ist, dass der
Personalberater wahrnimmt, wenn es ihm nicht gut geht, er diese Wahrnehmung ernst
nimmt und dementsprechend dazu steht und auch angemessen darauf reagiert, wenn
nötig das Gespräch beendet und sich so eine Reflexion des Geschehens ermöglicht,
35
um in das nächste Setting einsteigen zu können. Oder auch den Stellensuchenden an
einen Arbeitskollegen weitergibt.
10.13 Interpretationen sparsam verwenden und kennzeichnen
„Von dem Moment an ,wo ich mit anderen Menschen in Kontakt trete, beginnen auch
meine ersten Annahmen darüber, wie die andere Person wohl sein mag, wie sie zu mir
steht und was ich möglicherweise von ihr befürchten muss oder erhoffen darf. Die Basis
dafür sind meine aktuellen Wahrnehmungen, aber mindestens ebenso meine
vorangegangenen Erfahrungen (mit anderen Menschen) und die daraus abgeleiteten
Konsequenzen.
Wahrnehmungen und Interpretationen gehen dabei oft nahtlos ineinander über.
Sehr treffend beschreibt Watzlawick (1983)(siehe Literaturliste) diesen Zusammenhang
von ungeprüften Interpretationen und vorauseilenden Vermutungen, die zu grotesken
Fehlentscheidungen führen können, in der Parabel vom Mann, der sich einen Hammer
ausleihen will.
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der
Nachbar hat einen. Also beschliesst unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen.
Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen
will? Gestern schon grüsste er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber
vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich
habe ihm nichts angetan; der bildet sich das etwas ein. Wenn jemand mir ein Werkzeug
borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem
Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften
einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloss
weil er einen Hammer hat. Jetzt reichts mir wirklich. Und so stürmt er hinüber, läutet, der
Nachbar öffnet, doch noch bevor er ’Guten Tag’ sagen kann, schreit ihn unser Mann an.
’Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!’“
(Gührs/Nowak, 1998, S 43-45).
In den Beratungsgesprächen teilten mir die Personalberater oft vor dem Gespräch mit,
welche Annahmen sie von der Person, die gleich zu ihnen kommen wird, haben.
Diese Annahmen setzten sich aus den Unterlagen zusammen.
Beim ersten Blickkontakt kam es dann vor, dass sich die vorher gefasste Annahme
völlig revidierte, oder dass sie sich im Verlauf des Gesprächs als eine richtige Annahme
bestätigte. An und ab wurde die Annahme auch benannt und überprüft.
Auf der Beziehungsebene habe ich diese Überprüfung selten beobachtet. Diese
Überprüfung ist dann notwendig, wenn es knistert oder wenn auf der Beziehungsebene
etwas im Raum steht und es nicht benannt wird. Die eigene Interpretation, z.B. „Mein
Gegenüber kann nicht mit Frauen arbeiten“, oder „mein Gegenüber denkt, dass er mich
hintergehen kann“ ist in diesen Fällen sehr hilfreich, um die weitere Zusammenarbeit zu
ermöglichen.
10.14 Authentisch und selektiv miteinander reden
„Es versteht sich von selbst, dass ich mich in der Gesprächsführung um Aufrichtigkeit
bemühe in dem was ich sage und tue. Das heisst aber nicht schonungslose Offenheit zu
praktizieren, indem ich alles mitteile, was ich beim anderen beobachte und vermute. Es
36
sollte in guten Gesprächen nicht darum gehen, mich selbst zu inszenieren, um zu
zeigen, was ich alles weiss und wie gut ich bin, sondern den Überblick zu behalten,
-
was ich mit dem Gesprächspartner vereinbart habe,
was für mein Gegenüber in dieser Situation bearbeitbar ist und
was ich gegebenenfalls aufzufangen bereit bin.
Überforderung ist letztendlich für alles Seiten kontraproduktiv. Dies soll allerdings nicht
als Rechtfertigung dafür dienen, aus Konfliktscheu um den heissen Brei herum zu
reden.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 45)
In Gesprächen, in denen der Stellensuchende offensichtlich Mühe hat, und dies auch
mit Tränen unterstreicht, ist es notwendig, dass das Gegenüber auf diese
Körperreaktion eingeht.
Den Stellensuchenden mit Fragen oder Annahmen zu konfrontieren, um ihn dann wie
eine heisse Kartoffel fallen zu lassen, ist nicht die feine Art. Auch wenn unsere Aufgabe
es nicht beinhaltet, Sozialarbeit zu leisten, sind wir dennoch verpflichtet, auf diese
Reaktion des Stellensuchenden einzugehen und ihn abzufangen.
Mit Aussagen, wie z. B. „Ich wollte ihn nicht noch provozieren“ oder „Ich wollte in deiner
Anwesenheit nicht auf das Thema eingehen“, ist dem Versicherten nicht geholfen. Es
wird eher sein Gefühl von Scham und nicht ernst genommen zu werden verstärken.
10.15 50%-Regel beachten
„Diese Regel besagt, dass mindestens 50% der Energie zur Problemlösung beim
Gesprächspartner liegen sollte. Sie hilft mir auf einfache Weise, Ungleichgewichte in der
Gesprächsführung festzustellen. Wenn jemand mit seinem Problem zu mir kommt,
erleichtert von dannen schreitet und ich mich anschliessend schlaflos im Bett wälze,
stimmt etwas nicht. Wenn ich mich in der Folge dann noch intensiv um eine Lösung
bemühe, während die betreffende Person immer weniger Energie aufwendet, dann
habe ich mir mit Sicherheit mehr als 50% der Verantwortung aufgebürdet.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 45-46)
Da ich den Energieumgang von den Personalberatern noch extra bearbeiten werde,
komme ich noch einmal auf diese Regel zurück.
10.16 Bilanz ziehen
„Ebenso wichtig wie eine gute Vorbereitung und ein präzise Erwartungsklärung zu
Beginn eines Gespräches ist eine aufmerksame Bilanzierung des Erreichten am Ende.
Für die Weiterarbeit ist es in der Regel sehr lohnend, Zeit dafür einzuplanen, den
gegenwärtigen Stand und das weitere Vorgehen mit den anderen Beteiligten zu
besprechen. Dabei kann das Ergebnis noch mal im Licht der anfänglichen
Vereinbarungen angeschaut werden. Wichtige Fragestellungen sind in diesem
Zusammenhang:
-
Was war unser Thema und Ziel?
Was haben wir erreicht?
Was ist offen geblieben?
37
-
Sind neue Aspekte aufgetaucht?
Welche nächsten Schritte sind zu planen?
Eine solche Auswertung, die oft nur wenige Minuten beansprucht, bereitet den Boden
für stimmige Verabredungen. Schliesslich gehört ans Ende eines jeden Gespräches ein
kurzes gegenseitiges Feedback, auch und gerade, wenn es um schwierige Themen
ging.“
(Gührs/Nowak, 1998, S. 46)
In der Arbeit mit Stellensuchenden ist es unumgänglich, Zeile zu vereinbaren und
herauszuarbeiten, wie diese erreicht werden. Diese Arbeit kann durchaus auf den
Personalberater und den Stellensuchenden aufgeteilt werden.
Die Überprüfung des Gespräches hat im weiteren Sinne auch mit Kundenfreundlichkeit
zu tun. Es sagt uns unmittelbar, ob der Stellensuchende die Informationen und
Hilfestellungen, die er von uns erwartet, auch erhalten hat, oder ob noch Themen offen
sind, die es notwendig machen, möglichst bald einen neuen Termin zu vereinbaren. Für
die weitere Zusammenarbeit unerlässlich. Die angestrebte Verbindlichkeit und die
gemeinsam getroffenen Vereinbarungen erhalten auf diese Art und Weise eine sehr
hohe Qualität. Es lohnt sich sehr, diese wenige Zeit, die dieser Aspekt fordert, zu
beanspruchen und ihn genau zu betrachten. Ebenso lohnt es sich, die getroffenen
Entscheidungen festzuhalten, denn es ist bei diesen vielen Erst- und Folgegesprächen
unmöglich, alles behalten zu können. Die Notizen helfen uns beim nächsten
Beratungsgespräch, diese Vereinbarungen zu überprüfen und festzustellen ob sie
erreicht wurden. Wenn nicht, ist es wichtig, darauf einzugehen, weshalb sie nicht
erreicht wurden, um allenfalls andere neue Ziele zu formulieren, die es möglich machen
erreicht zu werden.
11
Umgang mit den Energien der Personalberater
11.1
Die Komponenten des Energieverbrauchs
Der Energieverbrauch setzt sich aus zwei verschieden Komponenten zusammen.
1.
Ist-Zustand. Die gegebene unveränderbare Situation wie sie heute
anzutreffen ist: betreffend der hohen Fallzahlen.
2.
Eigene Produktion der Arbeitsweise, Gestaltung von Gesprächs- und
Tagesabläufen.
Auf den Ist-Zustand und die unveränderbaren Elemente, möchte ich hier nicht eingehen.
Jedoch möchte ich zusammenfassend aufzeigen, wie die Personalberater aus ihrer
eigenen Sicht mit ihren Ressourcen und Energien umgehen. Welche Werkzeuge
erleichtern den Umgang mit den Energien und welche Elemente machen es eher
schwieriger?
38
11.1.1 Erleichternd
Team
Unterstützung vom Team
Toleranz unter den Teamkollegen
Arbeitgeber
Wertschätzung des Arbeitgebers
Arbeit
Erfolge in der Arbeit
bewusst nach Lösungen suchen
Nähe nur begrenzt zulassen
Privat
Sporadische Überprüfung der eigenen Motivation
Arbeitsweg
Klare Trennung Geschäft - Arbeit
Regelmässige sportliche Aktivitäten
sich bewusst mit etwas anderem beschäftigen
Mit Kollegen zusammen sein
Zeit für sich haben
Familie, Kinder, Ruhe
11.1.2 Erschwerend
Team
Intrigen im Team
Arbeitgeber
wenig bis keine Wertschätzung
mangelnde Unterstützung, betreffend Instrumente, Schulung
Arbeit
die Verantwortung für die Problemlösung der Stellensuchenden zu übernehmen
Laufbandarbeit, ungenügende Zeit, um sich mit den Stellensuchenden zu
befassen
Privat
Arbeit mit nach Hause nehmen
mangelnde Abgrenzung (Nähe - Distanz zu den Stellensuchenden)
das Einfrieren von: Hobbys, sportlichen Aktivitäten, mit Freunden zusammen sein
39
11.2
Welche Unterstützung ist für die Personalberater hilfreich?
Die Arbeit als Personalberater hat viele angenehme und zufriedenstellende Seiten.
Durch die permanente Überbelastung, mangelndes Werkzeug, ist es erstaunlich, dass
es nicht zu einer grösseren Rotation führt.
Es kristallisierten sich jedoch klare Punkte heraus, die nach Meinung der
Personalberater unbedingt eingesetzt werden müssen:
Arbeit
sporadisches Feedback (allerdings durch eine externe Person) für ihre
Beratungen und ihren Arbeitsalltag
mehr Zeit für Ihre Arbeit
mehr Zusammenarbeit, RAV - Personalberater – Arbeitslosenkasse –
Arbeitgeber
keine permanente Überbelastung, Laufbandarbeit
Arbeitgeber
Wertschätzung seitens der Vorgesetzten, bis hin zum Regierungsrat
Fachwissen
mehr Fachwissen über die Gesprächsinhalte und Abläufe
Weiterbildung, die sich direkt auf die Beratungsgespräche auswirkt
Ressourcenförderung und gezielte Weiterbildung
Team
Teamtoleranz, auskommen untereinander
Wertschätzung
fairer Austausch unter den Arbeitskollegen z. B. kollegiales Beraten
Unterstützung vom Team
40
12
Amt für Arbeit
12.1
Schlussfolgerungen bezogen auf das gesamte Projekt
Die Bereitschaft, an diesem Projekt teilzunehmen und sich extra Zeit zu nehmen, um
diese Beobachtungs- Beratungsgespräche, sowie das anschliessende Feedback
wahrzunehmen, erstaunte mich zu Beginn.
Während meiner Arbeit stellte ich fest, dass die Personalberater dieses Feedback fast
gierig aufnahmen.
12.1.1 Herauskristallisierte Faktoren
1. In der Situation des Einzelkämpfers entstehen Unsicherheiten.
2. Die Personalberater möchten in ihrer Rolle und auf ihrer persönlichen Ebene
ernst genommen werden.
3. Wertschätzung ist für die Personalberater sehr wichtig.
4. Die Bestätigung ihrer Arbeitsweise, z. b. „Sie sind auf dem richtigen Weg“ ist
ihnen ebenfalls sehr wichtig.
5. Die Offenheit und das Annehmen wohlwollender Kritik ist in einem sehr grossen
Masse vorhanden.
6. Es bestehen Unsicherheiten im Bezug auf die Gesprächsabläufe und deren
Inhalte.
7. Es besteht ein grosses Interesse, sich auf ein prozessorientiertes Feedback
einzulassen und daraus zu lernen.
8. Die permanente Überbelastung ist zum Teil „hausgemacht“.
9. Die permanente Überbelastung zeigt Wirkung in der Arbeit mit den
Stellensuchenden, und speziell auf der persönlichen Ebene.
12.1.2 Hypothesen meinerseits, die sich nicht bestätigten in der Arbeit mit den
Personalberatern
1. mangelnde Offenheit, Transparenz
2. mangelnde Annahme der Art und Weise, wie ich das Feedback gestalte und
dessen Inhalte kommuniziere
3. Bereitschaft der Annahme von Kritik und der sehr guten Gesprächsinhalte
4. Vorurteile gegenüber mir in der Doppelrolle als Personalberaterin und
Projektleiterin
12.1.3 Erkenntnisse der Beobachtungen
Die meisten Personalberater sind in der Lage, den Stellensuchenden emphatisch und
hilfreich zu unterstützen. Die Tendenz ist freundlich, zuvorkommend und aktiv. Sie sind
absolut in der Lage, dem Stellensuchenden das Gefühl zu geben, dass er ernst
genommen werden kann. Diese Atmosphäre zeigt unmittelbar Wirkung auf den Verlauf
des Gespräches. Es ist in der Zusammenarbeit mit den Stellensuchenden sehr viel
möglich. Konkret - es mag einige „Patzer“ aushalten, solange die Beziehungsebene
einigermassen intakt bleibt.
41
Durch die Beobachtungsmöglichkeiten in den 15 Beratungsgesprächen stellte sich klar
heraus, dass die meisten Personalberater über zu wenig Fachwissen im Bereich
Gesprächsführung und Beratungsgespräche verfügen.
Die Feststellung, dass die meisten Personalberater nicht böswillig, sondern aus
mangelndem Fachwissen die wichtigen Elemente des Gesprächsinhaltes nicht kennen,
veranlassen mich zu folgenden Schlussfolgerungen: Es führt einerseits zu
Überbelastung, andererseits können diese Elemente durch die Unterversorgung der
Instrumente eine Unterversorgung an Energie auslösen, die sich auf die persönliche
Ebene auswirken kann.
12.1.4 Fachliche Kompetenz
1.
2.
3.
Zu wenig Fachwissen über die Inhalte eines Gespräches
Kommunikationsmöglichkeiten und Wissen über deren Wirkung
Erfahrungswissen zur Umsetzung in die Praxis
12.1.5 Persönliche Kompetenz
1.
2.
4.
5.
Unsicherheiten „Wie sage ich es dem Stellensuchenden?“
Unsicherheiten im Bezug auf die Frage: „Mache ich es richtig?“
Unsichere Führung des Gesprächspartner durch das Gespräch
Mangel an Abgrenzungsfähigkeit: In der Folge: Burn out, Überbelastung,
Abgrenzung, Verantwortlichkeiten
12.1.6 Qualität und Quantität
Diese Aspekte einer erfolgreichen Beratung sind eng gekoppelt mit dem Fachwissen
und der Beratungskompetenz des Personalberaters. Durch die Aneignung dieser
wichtigen Elemente kann mit sehr grosser Sicherheit gesagt werden, dass sich durch
Schulung die Qualität und Quantität der Beratungen enorm verbessern kann.
Grundsätzlich konnte ich feststellen, dass die Personalberater, sehr engagiert ihren
Beruf wahrnehmen, die täglichen Herausforderungen angehen und ihr Bestes geben.
Sie sind durchaus bereit, mehr Arbeit und Engagement zu leisten, wünschen sich aber
im Gegenzug auch Annerkennung und Wertschätzung auf der Beziehungsebene sowie
in materieller Hinsicht.
Die persönliche Selbstreflexion und Wahrnehmung der Personalberater hat bereits
einen grossen Stellenwert, der zum Teil sehr ausgeprägt und geschult ist.
Die Personalberater wünschen eine weitere Förderung ihrer Werkzeuge und
Ressourcen. Konkret - sie wünschen sich ein Feedback, das ihnen unterstützend in
ihrer Arbeit helfen kann.
42
12.1.7 Geschäftsbericht „Beobachtungen der Beratungsgespräche mit
anschliessendem Feedback auf den RAV im Kanton St. Gallen“
Sehr geehrte Geschäftsleitung
Aufgrund der Projektarbeit gelange ich zu folgenden Beobachtungen und empfohlenen
Massnahmen.
12.1.8 Beobachtungen
Die Personalberater sind in der Lage, den Stellensuchenden empathisch und hilfreich
zu unterstützen. Die Haltung seitens der Personalberater ist freundlich, zuvorkommend
und aktiv. Sie sind in der Lage, den Stellensuchenden das Gefühl zu geben, dass sie
ernst genommen werden. Diese Atmosphäre zeigt unmittelbar Wirkung auf den Verlauf
des Gespräches. Es ist in der Zusammenarbeit mit den Stellensuchenden sehr viel
möglich.
Konkret: Es mag einige „Patzer“ aushalten, solange die Beziehungsebene
einigermassen intakt ist.
Durch die Beobachtung in den 15 Beratungsgesprächen stellte sich klar heraus, dass
die Mehrheit der Personalberater über zu wenig Fachwissen im Bereich
Gesprächsführung in den Beratungsgesprächen verfügt.
Die Feststellung, dass die Mehrheit der Personalberater nicht „böswillig“, sondern aus
mangelndem Fachwissen, die wichtigsten Elemente eines Beratungsgespräches nicht
kennen, veranlasst mich zu folgenden Schlussfolgerungen:
Die Personalberater sind zu wenig in ihrer Beratungskompetenz geschult worden, dies
wirkt sich wiederum auf die fachliche- und persönliche Ebene aus. In Verbindung der
hohen Fallzahlen kann es zu Überforderung und gesundheitlichen Schäden führen.
Durch die Aneignung dieser wichtigen Elemente kann mit sehr grosser
Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass sich eine entsprechende Schulung positiv auf
die Qualität der Beratungen auswirken würde. Die dadurch entstehende verbesserte
Quantität der Beratungsgespräche wirkt sich unmittelbar auf den Leistungsauftrag aus.
Grundsätzlich konnte ich feststellen, dass die Personalberater sehr engagiert ihren
Beruf wahrnehmen, die täglichen Herausforderungen angehen und ständig ihr Bestes
geben. Sie sind durchaus bereit, mehr Arbeit und Engagement zu leisten, wünschen
sich aber im Gegenzug auch Annerkennung und Wertschätzung durch ihre
Vorgesetzten, sowie in materieller Hinsicht.
Die Personalberater wünschen eine Förderung ihrer Werkzeuge und Ressourcen.
Konkret - sie wünschen sich ein Coaching, das ihnen unterstützend in ihrer Arbeit helfen
kann.
43
12.1.9 Empfohlene Massnahmen
Speziell geht es darum, dem Amt für Arbeit aufzuzeigen, welche Hilfe und
Unterstützung hinsichtlich der Ressourcen der Personalberater und mit dem Ziel der
Qualitätsverbesserung des Alltagsgeschäftes, angeboten werden kann.
Kurzfristige Massnahmen
Interne Ressourcen besser nutzen. Z.B. Erfahrene Personalberater bilden
jüngere Personalberater aus und begleiten sie (Paten – System).
Wertschätzung seitens der Vorgesetzten
Mittelfristige Massnahmen
Rollenklarheit: Sporadisches Coaching / Reflektion und
Feedback für die Personalberater zur Förderung und Verbesserung der
Rollengestaltung und des Gleichgewichts zwischen Empathie und Abgrenzung
Langfristige Massnahmen
Weiterbildung zur Aneignung der Fachkompetenzen betreffend
Gesprächsführung und deren Elemente, Beratungskompetenzen kennen lernen
und üben, um diese dann zu einem festen Werkzeug in den
Beratungsgesprächen zu machen.
Es ist zu empfehlen, die Grundvoraussetzungen für diese Tätigkeiten zu
überprüfen und entsprechend anzupassen mit dem Fokus auf
Beratungskompetenzen / Sozialkompetenzen.
Sorgfältiges und regelmässiges Monitorring der Beratungsqualität (z.B. wie
Beobachtung mit Feedback) sowie einige gezielte Unterstützungsangebote (z.B.
kollegiale Beratung oder Paten-System) vermitteln den Personalberatern das
Gefühl von Orientierung, Wertschätzung und gezielter Unterstützung in ihrer
anspruchsvollen Tätigkeit.
Für Ihre Mithilfe und Ihr Einverständnis, das Projekt durchführen zu können, bedanke
ich mich sehr bei Ihnen. Für eine wohlwollende Prüfung der Inhalte und der
empfohlenen Massnahmen, betreffend Nachhaltigkeit bin ich Ihnen dankbar, und
erwarte Ihre Entscheidung mit grossem Interesse.
Mit freundlichen Grüssen
Bea Blattmann – Triet
44
13
Rolle der Projektleiterin
13.1
Grundhaltung / Kompetenz
Als die Idee für diese Arbeit entstand, begann auch die Überprüfung meiner
Grundhaltung und meiner Fach- und Beratungskompetenz. Dies beinhaltete folgende
Punkte:
Habe ich genügend Fachkompetenz und Erfahrung, die es dazu benötigt?
Welche Grundhaltung besitze ich während dieser Arbeit gegenüber meinen
Arbeitskollegen und dem Amt für Arbeit?
Welchen Vertrag - Dreiecksvertrag benötige ich für diese Arbeit?
Was beinhaltet meine Rolle in dieser Arbeit?
Wie ist mein Umgang mit den Energien?
13.1.1 Fach- und Feldkompetenz
Die nötige Fachkompetenz in der Rolle als Feedbackgeberin konnte ich mir in den
vergangen acht Jahren als Lernende in Theorie und Praxis sukzessiv aneignen. Diese
spezielle Arbeit bedeutete für mich ein weiteres Übungsfeld, um zu lernen und
Erfahrungen zu sammeln.
Aus meiner Tätigkeit als Personalberaterin darf ich sagen, dass ich über genügend
Feldkompetenz für diese Rolle verfüge.
13.1.2 In der Praxis
Es kam vor, dass Personalberater Fragen an mich stellten, die von mir
Expertenberatung erforderten.
Auch wollten Personalberater wissen, wie ich mit der einen oder anderen
Beratungssituation umgehe und wie ich es kommuniziere und nicht zuletzt, welche
Erfahrungen ich damit gemacht habe.
Es war klar, dass es für einen Laien aus den vielen Gesprächen und Situationen schwer
möglich wäre, diesen wichtigen Elementen gerecht zu werden.
13.1.3 Was ich gelernt habe
Einerseits wurde mir richtig bewusst, dass ich inzwischen schon über eine grosse
Erfahrung in beiden Bereichen Feld- und Fachkompetenz verfüge. Dies erwies sich in
der Arbeit als eine grosse Hilfe.
45
13.2
Grundhaltung, Wertschätzung, Respekt und Achtung in der
Arbeit mit den Personalberatern, bezogen auf das Feedback
13.2.1 Meine eigene Definition von Ethik
Als Erstes darf ich sagen, dass ich mir über meine Grundhaltung, Wertschätzung,
Respekt und Achtung nicht sehr viele Gedanken machen musste.
Das Sprichwort von Albert Schweizer
„Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegen alles, was lebt“
sagte für mich mehr als alles andere aus. Seit Jahren hängt dieses Sprichwort oben an
meinem Schreibtisch. Zu Beginn meiner Beratertätigkeit half es mir, mich daran zu
erinnern (in Situationen, in denen die Pferde mit mir durchgingen), welche
Verantwortung ich in meiner Arbeit gegenüber meinem Klienten besitze. Unterdessen
zeigt es Wirkung, denn es ist spürbar, dass ich diese Grundhaltung in meine Arbeit mit
Menschen integriert habe. Die hohe Kunst und die tägliche Herausforderung setzt sich
für mich aus zwei grundlegenden Eigenschaften zusammen.
1. Ein positives Menschenbild „Du bist o.k. – ich bin o.k.“
2. In der Lage sein, den Klienten in seiner eigenen Situation ernst zu nehmen, ohne
Einmischung der eigenen mentalen Landkarte.
13.2.2 In der Praxis
In der Arbeit mit den Personalberatern gelang mir diese Grundhaltung gut. Ich glaube,
dass sich jeder Personalberater ernst genommen gefühlt hat. Ich gehe auch von den
spontanen Rückmeldungen aus, die ich unmittelbar nach dem Feedback erhalten habe.
13.2.3 Was ich gelernt habe
Weiterhin ein spezielles Auge auf meine Wahrnehmungen und Hypothesen zu werfen
und sie jederzeit bei meinem Gegenüber überprüfen zu lassen.
46
13.3
Vertrag – Dreiecksvertrag
13.3.1 Entstehung des Arbeitsvertrages
Die Aufforderung des Personalchefs, ein Konzept einzureichen, bedeutete für mich
einen Rahmen zu definieren, in dem ich mich im Projekt bewegen kann und muss.
Somit entstand ein Arbeitsvertrag. Einerseits mit dem Amt für Arbeit und andererseits
mit den Personalberatern. Mit dem Amt für Arbeit hatte ich die Möglichkeit, die
Vorbedingungen zu besprechen. Die Vorbesprechung mit den Personalberatern blieb
aus, da sie von meinen Vorhaben noch gar nicht in Kenntnis gesetzt worden waren.
Dies verlangte wiederum von mir, dass ich genau beschrieb, welche Bedingungen nötig
waren, um das Projekt durchführen zu können. Einerseits für das Amt für Arbeit,
anderseits für die Personalberater. Auf der Seite der Personalberater versetzte ich mich
in die Rolle der Personalberaterin und definierte für mich persönlich, welche
Rahmenbedingungen für mich nötig wären, um mich auf dieses Projekt einlassen zu
können. Die wichtigsten Elemente wurden schnell klar:
► Datenschutz
► Transparenz
► Schlussfolgerungen, Nachhaltigkeit
Diese drei Faktoren integrierte ich in das Konzept =Vertrag
13.3.2 In der Praxis
Ein Konzept einzureichen, überforderte mich zuerst im Bezug auf meine eigenen
Unzulänglichkeiten. Ich wollte „machen“ und keine Konzepte aufstellen. Dieser Aspekt
war mir wohlbekannt und bereitet mir immer wieder mal Mühe. Nichts desto trotz reichte
ich das Konzept ein, jedoch war ich mir nicht bewusst, welche Tragweite es in der
Praxis beinhaltete. Darum wunderte es mich im Nachhinein überhaupt nicht, dass sich
meine Unzulänglichkeit auch rächte.
Konkret bedeutete dies für mich, das Konzept so aufzustellen, dass es die für mich
wichtigen Elemente beinhaltete.
Den Datenschutz seitens der Personalberater hatte ich mir sehr gut überlegt, was nichts
anderes bedeutet, als dass ich klar wusste, dass keine Namen und keine RAV benannt
werden, und dies auch nicht im Nachhinein. Die volle Transparenz gegenüber den
Personalberatern musste bezüglich der Daten gewährleistet sein.
Gerächt hatte es sich, indem ich von den RAV-Leitern angefragt wurde, zu welchen
Erkenntnissen ich gekommen sei, welche Schlussfolgerungen ich daraus ziehen würde,
und was ich in den Gesprächen beobachtet habe. Dies zu einem Zeitpunkt, bevor ich
mir klar war, welche Themen ich in diesem Projekt überhaupt behandeln würde.
Erst da fiel mir auf, dass ich die Rolle der RAV-Leiter ausser Acht gelassen hatte. Dies
löste verständlicherweise Verunsicherung, Neugier und Erwartungen aus.
Um diese Anfragen zu beantworten, konnte ich mich auf das Konzept beziehen, sprich
auf den vereinbarten Datenschutz und die Transparenz, sowie auf den Abgabetermin.
Die Tragweite und die Vertragsbedingungen wurden mir erst da richtig bewusst, dies
erleichterte mich sichtlich. Fazit - ich war sehr froh, dass ich überhaupt ein Konzept
einreichen musste. Die auftauchenden Missverständnisse hätten ohne das Konzept
ihren Lauf genommen und wären in der Arbeit schwer zu lösen gewesen, was sich
47
wiederum auf meine Arbeit niedergeschlagen hätte, eventuell sogar zu einem Abbruch
des Projektes geführt hätte.
13.3.3 Was ich gelernt habe
In einer der ersten Sequenzen meiner Ausbildung zur diplomierten Supervisorin bei
TRIAS wurde das Thema Vertrag sehr genau behandelt. Leider habe ich es
unterlassen, mir dieses Thema zur Auffrischung nochmals zu Gemüte zu führen. In
meiner zukünftigen Arbeit mit Vertragspartnern werde ich sehr gründlich und präzise
Verträge und Konzepte erstellen, die die wichtigen Punkte beinhalten werden.
$ Klarheit über die Verantwortungsbereiche (nach dem Arbeitsblatt des Instituts für
Supervision und Organisationsentwicklung, Zürich, vgl. Marvin R. Weisbord, siehe
Literaturliste)
1.
Wer ist der Klient?
2.
Wer (Klient oder Berater) soll mit den anderen Mitgliedern des Systems
Kontakt aufnehmen, und welche Informationen sollen sie erhalten?
3.
Wofür trägt der Berater die Verantwortung?
•
•
•
•
•
4.
Datensammlung
Analyse
Feedback
Vorschläge/Empfehlungen
Follow-up-Massnahmen
Wofür ist der Klient verantwortlich?
•
•
•
•
•
•
5.
Erwartungen in Bezug auf den Berater
Vertraulichkeit
Wie werden die Daten benutzt?
Wer wird am Feedback beteiligt sein?
Werden Berichte (schriftlich oder mündlich) benötigt?
Wird ein Follow-up erwartet?
Woher wissen Sie, dass die Aufgabe beendigt ist?
•
•
•
•
Wann wird die Aufgabe als beendigt betrachtet?
Wird es eine Auswertung geben? Wenn ja, welche?
Wer ist für eine Auswertung verantwortlich?
Was sind die geplanten Kosten und wie wird bezahlt?
48
13.4
Was beinhaltet meine Rolle in dieser Arbeit: Umgang – Distanz –
Nähe – Abgrenzung?
Es war klar, dass es für mich kein richtiges oder falsches Beraten gibt. Ich wollte den
Personalberatern ein Feedback geben, das sie unterstützt, und sie im besten Fall dazu
lernen können. Ich wollte klar mit den vorhanden Ressourcen der Personalberater
arbeiten. Konkret hiess das für mich: neutrales Wahrnehmen, Erkennen, Benennen,
Überprüfen, Erlebbarmachen und dementsprechend dosierte Tipps zu geben, wie es
anders laufen könnte.
Bezogen auf meine Doppelrolle bedeutete dies für mich ganz klar, meine eigenen
Erwartungen an meine Personalberaterrolle nicht mit den Erwartungen, die diejenigen
Personalberater an sich selbst stellten, zu vermischen.
Auch war mir klar, dass jeder Personberater seine eigene mentale Landkarte besitzt,
um seine Arbeit zu vollziehen. Begonnen bei seiner eigenen Ethik bis hin zu seiner
Arbeitsorganisation, seinem eigenen Beratungsstil und seinem eigenen Umgang mit
seinen Energien.
13.4.1 In der Praxis
Aufgrund der Rückmeldungen der Personalberater glaube ich sagen zu können, dass
mir diese wichtigen Elemente in der Kommunikation zum Personalberater gelungen
sind.
13.4.2 Was ich gelernt habe
Gefühle und eigene Landkarten sind immer und zu jeder Zeit ein Thema. Wenn auch im
Moment keine Zeit vorhanden ist, um ihnen nachzugehen, sie wahrzunehmen oder zu
erkennen, und so auch bei mir.
Einmal kam es vor, dass ich während einem Gespräch wütend wurde. Am liebsten hätte
ich das Büro verlassen. Dies erlaubte ich mir jedoch nicht.
Es kam auch vor, dass mir erst im Nachhinein bewusst wurde, welche Aussagen mich
eigentlich erschreckten, bezogen auf meine Haltung und Erwartung, die ich in meiner
Arbeit als Personalberaterin zum Massstab setze.
Manchmal wurde ich auch zur Lernenden, z. B. im Bezug auf Wertschätzung, Respekt
und Achtung. Das Gelernte habe ich bereits in meine eigenen Beratungen
aufgenommen und umgesetzt.
Ab und zu kam es auch vor, dass der Energieumgang und die Überbelastung der
Personalberater mich betroffen machte, weil ich die Auswirkungen auf den
verschiedenen Ebenen sah. Dies machte mich traurig und hilflos. Es war aber nicht
meine Aufgabe, den Personalberatern Illusionen zu machen. Der Ist-Zustand war mein
Arbeitsinstrument. Die unveränderbaren Elemente habe ich so angenommen wie sie
sind, und liess mich in den Beratungen nicht auf Diskussionen ein. Obwohl dies für mich
aufgrund meiner Doppelrolle eine grosse Gefahr beinhaltete. Meine vorher
beschlossene Grundhaltung gegenüber diesem Thema schützte mich ganz klar und
merklich vor Abschweifungen von dem Hier und Jetzt. Was nicht heisst, dass ich den
Personalberater nicht ernst genommen habe und ihm zugehört habe, jedoch ihn in
meiner Rollendefinition wieder auf unser Thema zurückbegleitete, um im Hier und Jetzt
weiterarbeiten zu können.
Ich zeigte ihnen auf, welche Verantwortung sie freiwillig auf sich luden, ohne wirklich
dafür verantwortlich zu sein. Ich erklärte ihnen dann, welche Fragestellungen und
49
Gesprächsabläufe sie in ihrer Arbeit unterstützen könnten, um eigene Energien
einsparen zu können. Ausserdem gab ich auch Tipps zur Selbsthilfe.
13.5
Mein Umgang mit den Energien
13.5.1 Vor dem Start des Projektes
Vor dem Start meines Projektes begleiteten mich folgende Gedanken: „Das ist viel zu
viel, das schaffe ich nebst meinen anderen Rollen, die ich habe, nicht. Und trotzdem hat
mich meine Motivation und die Idee so fasziniert, dass ich es einfach nicht lassen
konnte. Dazu kam, dass ich es mir noch nie einfach gemacht habe. Der Ehrgeiz spornte
mich spürbar an. Ich wollte mir dieses Diplom verdienen, ich wollte daraus lernen, im
klaren Bewusstsein, dass ich die Tendenz besitze, mir selbst zu viel aufzuhalsen. Es
war notwendig, mir Gedanken zu machen, wie ich mit meinen Energien während dieser
Arbeit umgehen werde. Es war mir klar, dass der Moment eintreffen würde, an dem ich
am liebsten aufhören will.
13.5.2 In der Praxis
Und er kam auch, doch da ich es schon von vornherein geahnt hatte, wusste ich, dass
es sich nur um eine Phase handelte, die ich gut überbrücken musste. Im Klartext
„Augen zu und durch“. Und trotzdem gab es Momente, an denen ich an meine Grenzen
kam. Dies zu spüren und zu erleben, wie es sich auf die unmittelbare Umgebung
auswirkte, machte mich einerseits etwas wütend auf mich selbst, andererseits benötigte
es immer wieder eine Überprüfung der Prioritäten und meiner Motivation. Eine grosse
Hilfe wurde mir durch mein direktes Umfeld gegeben, meine Familie, meine Freunde
und meine Supervisorin und Diplombegleiterin. Die Grundidee und meine Motivation
halfen mir zusätzlich, die schwierigen Momente zu überbrücken und weiterzumachen.
Es war notwendig, ein besonderes Auge auf meine Arbeitstruktur, meine Zeiteinteilung
und Organisation zu werfen, und sie jederzeit zu überprüfen und mich auch strikte daran
zu halten. Die Falle, mich zu verlieren, war jederzeit bereit zuzuschnappen. Es gab
Momente, in denen ich einen Faktor als sehr wichtig empfand. Am liebsten hätte ich
alles aufgeschrieben, musste dann aber stark reduzieren, da es einfach nicht machbar
war. Ich musste spüren, dass Elemente, die für mich sehr wichtig waren, andere gar
nicht interessieren. Rückblickend gaben mir die Motivation und der tatsächliche Nutzen
für die Personalberater inklusive der Rückmeldungen sehr viel Energie. Es hat mir sehr
viel Freude bereitet, die Personalberater kennen lernen und mit ihnen arbeiten zu
dürfen.
50
13.5.3 Was ich gelernt habe
! „Weniger ist mehr“
Bezogen auf:
!meine eigenen Erwartungen an mich selbst
!meine Projektarbeit
!den Inhalt und den Umfang der Arbeit
!mein zukünftiges Arbeiten mit Klienten
! mich selbst nie aus den Augen zu verlieren, da es mir einmal mehr gezeigt hat,
dass ich nur beraten kann, wenn auch in der Lage bin, mir selbst genügend
Achtung, Wertschätzung und Respekt entgegen zu bringen;
! Konzepte erarbeiten – schriftliches Abstrahieren gehören definitiv nicht zu
meinen Stärken, ein wichtige Lehre für mein zukünftiges Arbeiten mit Klienten.
! eins nach dem andern, das Matterhorn Schritt für Schritt erobern....
! mich auf meine Zeit nach der Arbeit zu freuen.
51
Inhaltsverzeichnis Anhang
14.
Eingereichtes Projektkonzept ans Amt für Arbeit
1-3
14.1
14.2
14.3
14.4
14.5
14.6
Zeitplanung
Bewilligung, Vertragsverhältnis
E-Mail an die RAV-Leiter
Umsetzung und Ablauf der Settings; der Beobachtungsfokus
Ausführliches Beispiel eines Beratungssettings
Rückmeldeformular für die Personalberater
4
5
6
7-8
9-14
15
15.
Literatur
16
16.
Dank
17
Anhang
14.
Eingereichtes Projektkonzept ans Amt für Arbeit
1. Projektidee
Aufgrund der steigenden Fallzahlen, permanenter Überbelastung, der anfallenden
Administration und der daraus resultierenden Symptome, wie Gereiztheit, Unbehagen,
Unsicherheit, Ermüdungserscheinungen, Verlust der Freude an der Arbeit u.s.w., entstand
die Idee zum Projekt.
2. Nutzen und Ziel der Diplomarbeit
2.1 Für das Kantonale Amt für Arbeit
-
-
Was bedeuten diese Umstände fürs Amt für Arbeit?
Welche Themen gehören allenfalls in eine Grundausbildung für zukünftige
RAV-Personalberater?
Wie kann das Amt für Arbeit die Angestellten fördern, welche Mittel braucht es?
Wo und wie kann das Amt für Arbeit Hilfe anbieten, um die Qualität der Beratungen zu
erhalten und zu fördern?
Wie kann das Amt für Arbeit die Berater unterstützend begleiten, damit diese ihre
eigene Wahrnehmung für die eigene Befindlichkeit sensibilisieren und ernst nehmen
können?
Was bedeutet es für das Amt für Arbeit betreffend Nachhaltigkeit der Erkenntnisse?
2.2 Für die RAV-Berater
-
Feedback für ihre Beratungen
Unterstützung in ihrer Arbeit
Selbstwahrnehmungssteigerung
Nähe - Distanz / Vertrauen - Sanktionen
die Gesprächsabläufe sichtbar machen
evtl. Korrektur der routinemässigen Abläufe
ernst genommen werden
mehr Sicherheit im Umgang mit den Versicherten
achtsames Umgehen mit den eigenen Energien
2.3 Für die Projektleiterin
-
lernen und Erfahrungen sammeln
die Rolle als Feedbackgeberin reflektieren
Mithilfe bei der Qualitätssicherung der Beratungen
aktive Mithilfe bei der Mitarbeiterförderung im Bezug auf ihre spezifische Tätigkeit als
RAV-Berater
Diplomarbeit schreiben
1
3. Durchführung des Projekts
3.1 Beobachtende Teilnahme
Inhalt der beobachteten Beratungsgespräche:
-
Wie fühlte ich mich während des Beratungsgesprächs?
Selbsteinschätzung, wie, denke ich, habe ich das Beratungsgespräch geführt?
Hätte ich jetzt im Nachhinein etwas anders gemacht, wenn ja, weshalb?
Weshalb habe ich es während des Beratungsgesprächs unterlassen?
Spürte ich während des Gespräches Unsicherheiten, wenn ja welche?
Was wird meine weitere Arbeit mit dem Stellensuchenden sein?
Wie gehe ich mit der permanenten Überbelastung um?
Was könnte für meine Beratungsgespräche hilfreich sein?
3.2 Inhalt der Feedback-Gespräche
!
Ablauf der Beratungsgespräche: Ankommen, Begrüssung, Gesprächsverlauf, Umgang
mit schwierigen Themen, Kreativität, und Abschluss
Zielvereinbarung, wie geht es weiter?
Wie war es für mich als Beobachtende?
Was habe ich auf der Metaebene wahrgenommen, Kongruenz verbal-nonverbal, und
die DFG Atmosphäre während des Gesprächs?
Besprechen des Feedbacks, Fragen beantworten
3.3 Auswertung
Fragebogen für die Personalberater
Die Personalberater, die sich am Projekt beteiligen, erhalten ein Rückmeldeformular mit
folgenden Inhalten:
-
Wie war es für mich, eine „beobachtende Person“ bei mir im Gespräch zu haben?
Was war gut am Feedback?
Was weniger?
Was nehme ich mit?
Was hat es für Auswirkungen auf meine folgenden Beratungsgespräche?
Was bedeutet es für mich?
Habe ich etwas über mich erfahren, was mir bis anhin nicht bewusst war?
3.4 Schlussbericht
-
Zusammenfassung der gemachten Beobachtungen
Zusammenfassung der Rückmeldungen
Metaebene
verbal - nonverbal
Unterschiede der Beratungsmethoden
Welche Art von Unterstützung ist für die Personalberater notwendig?
Wo und wie kann das Amt für Arbeit Hilfe anbieten, um die Qualität der Beratungen
beizubehalten und zu fördern?
2
4. Diplomarbeit TRIAS
Ergänzung des Schlussberichtes (meine Beratungsrolle)
Dezember 02 bis Ende Februar 03:
Für die Durchführung dieses Projekts benötige ich den Einblick in 12 bis 15
Beratungsgespräche von Personalberatern mit ihren Stellensuchenden. Die einzelnen
Beratungsgespräche sollten den Zeitrahmen von zwei Stunden nicht überschreiten.
Anschliessend müssen die Personalberater den vorgegebenen Fragebogen ausfüllen und an
mich zur Auswertung zurücksenden.
März 03 bis Juni 03: Auswertung und Schlussbericht
Juli 03 bis Ende August 03: Diplomarbeit, Ergänzungsbericht für Trias
Das Gesamtprojekt sollte bis Ende August 03 abgeschlossen sein.
5. Hilfsmittel
Einverständnis der Geschäftsleitung für die Durchführung des Projekts.
Bereitschaft der Personalberater, sich am Projekt zu beteiligen, mit einem jeweiligen
Zeitaufwand von ca. 2 Std. inkl. Beratungsgespräch der stellensuchenden Person.
Aus Zeitgründen bin ich darauf angewiesen, das Projekt während meiner Arbeitszeit
durchzuführen und diese auch als solche einzutragen, sowie die anfallenden Fahrspesen auf
die Spesenrechnung zu setzen.
5.1 Voraussetzungen für die Durchführung des Projekts
Während des Projekts werde ich von einer von mir ausgewählten Diplombegleiterin
unterstützt, die von TRIAS in Grüningen anerkannt ist.
Die Inhalte der Beratungsgespräche sind vertraulich. Die Beteiligten beschliessen jeweils
gemeinsam, welche Informationen an wen weitergegeben werden dürfen. Die Supervisorin
ist berechtigt, zwecks Qualitätssicherung, die Arbeit mit der Diplombegleiterin anonymisiert
zu reflektieren und zu besprechen. Ferner ist sie berechtigt, das Projekt in ihre Referenzliste
aufzunehmen.
Ich hoffe, dass die Geschäftsleitung mein Projekt wohlwollend prüft und gutheissen wird.
Mit freundlichen Grüssen
Bea Blattmann
3
14.1
Zeitplanung
Zeitrahmen
Dezember Januar
Planungsphase
Einreichung des
X
Konzeptes
Kontaktaufnahme mit
den
Personalberatern
Zusammenstellen
der Beobachtungskriterien und
Vorbereitung auf die
Beratungssettings
Beratungssettings
auf den RAV im Kt.
St. Gallen
Dipl. Arbeit
schreiben
Termine/Tel. Kontakt
/E-Mail bei der Dipl. X
Begleitung G. Belz
Termin Sitzung mit
der Amtsleitung
Abgabe der Diplomarbeit beim Amt für
Arbeit
Abgabe der Diplomarbeit bei TRIAS
X
Februar
März
April
Mai
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Juni
Juli
August
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Schlussbesprechung
des Projektes und
der Diplomarbeit
4
14.2
Bewilligung, Vertragsverhältnis
Gespannt wartete ich auf die Antwort, ob mein Projekt angenommen wird oder nicht. Herr
Ch. Köppel rief mich an, und teilte mir mit, dass das Projekt genehmigt worden sei und ich
damit starten könne.
Vertragsverhältnis:
Da das Amt für Arbeit meinem Vorhaben zustimmte und somit auch den Auftrag erteilte,
diese Arbeit durchzuführen, entstand ein Dreiecksvertrag.
1. Vertragspartner „Amt für Arbeit“
2. Vertragspartner „Personalberater“
3. Projektleitung
Die Inhalte des Vertrages für die verschiedenen Vertragsparteien setzten sich wie folgt
zusammen:
Amt für Arbeit:
Die gemachten Beobachtungen bei den Beratungsgesprächen aufzuzeigen und zu
erkennen. Im Weiteren soll es dem Amt für Arbeit aufzeigen, welche Hilfe und
Unterstützung es anbieten kann, um die Personalberater hinsichtlich ihrer Persönlichkeit,
Leistung und der Qualität des Alltagsgeschäftes zu unterstützen und zu stärken.
Nicht zuletzt soll es aufzeigen, wie die Personalberater mit ihren Energien umgehen und
wie sich die permanente Überbelastung auswirkt.
Personalberater:
Eine Hilfestellung und ein Feedback für ihre Beratungsgespräche, die aufzeigen, welche
Ressourcen sie bereits gut einsetzen und welche Ressourcen gefördert und erweitert
werden können, dies aber unter strikter Einhaltung des Datenschutzes und der
Transparenz gegenüber den Personalberatern.
Projektleitung:
Im Rahmen meiner Ausbildung zur diplomierten Supervisorin/Coach/OE und
Teamentwicklung bei Trias, anerbot es sich, eine effiziente Abschlussarbeit auf die Beine
zu stellen, die ausserdem unserer Arbeit Nutzen bringen soll.
Dies im Sinne von Ressourcen umsetzen und davon auch lernen. Im Weiteren wollte ich
genauer wissen, wie es sich verhält, wenn ich als Arbeitskollegin andere Arbeitskollegen
berate und ihnen ein Feedback für ihre Arbeit gebe.
5
14.3
E-Mail an die RAV-Leiter
Das Amt für Arbeit, beziehungsweise Herr Ch. Köppel bot mir an, selbst ein Mail an die
RAV-Leiter zu senden, um mein Vorhaben bekannt zu geben. Er würde die Gelegenheit
auch nutzen, um den RAV-Leitern mitzuteilen, dass die Geschäftsleitung hinter diesem
Projekt steht und auf eine gute Zusammenarbeit hofft.
Liebe Kollegen
Unsere Mitarbeiterin Bea Blattmann vom RAV Rapperswil steht in der Abschlussphase
ihrer Ausbildung zur Supervisorin/Teamentwicklerin. In diesem Zusammenhang widmet
sie ihre Abschlussarbeit dem Thema Beratungsreflexion in den RAV.
Ziel der Arbeit ist es, aufgrund von Beobachtungen bei Beratungsgesprächen zu
erkennen, wie wir unsere Personalberaterinnen und Personalberater unterstützen und
stärken können und welche Massnahmen und Hilfe das AFA den Beraterinnen und
Beratern eventuell zukommen lassen kann, um sie persönlich, aber auch hinsichtlich
Qualität und Leistung zu stärken und zu fördern. Nicht zuletzt soll uns die Arbeit auch
genauere Auskunft über das Risikopotenzial von Burn-outs bei den Personalberaterinnen
und Personalberatern geben.
Bea Blattmann wird mit unserer Zustimmung in den nächsten Tagen auf zirka 10-15
Personalberaterinnen und Personalberatern im ganzen Kanton zukommen, um Anfragen
und Termin für „Einblicke“ in einzelne Beratungsgespräche zu nehmen. Den
Personalberaterinnen und Personalberatern erwächst dadurch kein zusätzlich zeitlicher
oder verfahrenstechnischer Mehraufwand. Ich bin euch dankbar, wenn ihr das Projekt im
Rahmen des Möglichen unterstützt und die angefragten Beraterinnen und Berater
aufmuntert mitzumachen. Besten Dank für eure Bemühungen.
Aufgrund dieses Mails an die RAV-Leiter dachte ich, dass es relativ einfach sein sollte,
auf die Personalberater zuzugehen, um mit ihnen einen Termin für die Reflexion zu
vereinbaren.
6
14.4
Umsetzung und Ablauf der Settings; der Beobachtungsfokus
Projektleiter:
" ½ Std. meine Person, das Projekt, Nutzen und Ziel, meine Rolle, den Ablauf des
Settings und die Besprechung der Komponenten des Beobachtungsfokus
vorstellen, die für alle Personalberater gelten.
" 1Std. Beratungsgespräch
" ½ Std. Pause für den Personalberater, damit ich die erstellten Notizen verarbeiten
und mich auf das Feedback vorbereiten kann.
" 1Std. oder sogar evtl. mehr für das Feedback
Wichtig war mir, dass keiner von uns aus dem Feedback geht, wenn nicht alles klar ist,
oder es allenfalls noch offene Fragen haben sollte. Nochmaliges Erwähnen des absoluten
Datenschutzes und der Transparenz gegenüber den Personalberatern.
Umsetzung und Ablauf der Beratungssettings
Personalberater:
Den Personalberater kennen lernen: woher kommt er, was er vorher gearbeitet hat, seit
wann er auf dem RAV arbeitet, wie viel Prozent er angestellt ist, ob er noch in Ausbildung
ist, wie viele Stellensuchende er betreut, wie er sich auf ein Beratungsgespräch
vorbereitet, was für ihn wichtig ist an seiner Beratungstätigkeit u.s.w.
Falls er spezielle Wünsche hat, kann ich diese in den vorgegebenen Beobachtungsraster
individuell aufnehmen und so in die Beobachtung des kommenden Beratungsgespräches
integrieren.
Feedback:
Nachdem ich meine Notizen gesammelt habe, kommen der Personalberater und ich
wieder zusammen.
Als erstes möchte ich wissen, wie der Personalberater sich gefühlt hat, wie es ihm ging,
was ihm gut, und was weniger gut gelang, in Form von Selbsteinschätzung.
Anschliessend teile ich ihm meine Notizen und Gedanken evtl. Tipps und Anregungen für
seine weiteren Beratungen mit.
Abschluss:
Nachfragen, wie sich das Feedback für ihn anhörte. Sind noch Rückfragen? Wenn ja,
gehe ich auf diese ein, und schliesse erst dann ab, wenn es keine offenen Fragen mehr
gibt. Ich bedanke mich für die Bereitschaft am Projekt teilgenommen zu haben, und für
seine Bereitschaft, mir die Möglichkeit gegeben zu haben, an einem seiner
Beratungsgespräche dabei sein zu dürfen, und für das offene Gespräch und das mir
entgegengebrachte Vertrauen.
7
Die folgenden Beobachtungskriterien dienten mir in allen Beratungsreflexionen als
Raster:
Beobachtungsfokus:
Fachkompetenz
Standortbestimmung
Perspektivenentwicklung
Zielvereinbarung
Empathie
Kommunikation
Transparenz
Respekt, Achtung, Werte
Bewusstes Umgehen mit der Rolle ( Klärung der Rolle, Macht)
Gesprächsführung
Umgang mit schwierigen Themen
Nonverbale Ebene
Raum
Atmosphäre
Kongruenz, verbal / nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe
Distanz)
Verlauf des Gesprächs
8
14.5
Ausführliches Beispiel eines Beratungssettings
Mitteilen meiner Vorgehensweise
Die vorgegebenen Elemente des Beobachtungs-Fokus werden mit dem Personalberater
Punkt für Punkt besprochen. Ich teile ihm mit, wie ich vorgehen werde, ebenfalls
informiere ich ihn, wie es mit der Zusammenfassung betreffend Daten und Transparenz
bis hin zur abschliessenden Erfassung der Diplomarbeit weitergeht.
Der Personalberater erklärt sich damit einverstanden und sieht es positiv, auch für sich
einmal eine Beurteilung zu erhalten.
Vorstellung meiner Person:
Der Personalberater wird dem Stellensuchenden mitteilen, wer ich bin und welchen
Zweck meine Anwesenheit hat. Er fragt ihn, ob er einverstanden ist, wenn ich während
des Gespräches dabei bin. Wenn nein, werde ich das Beratungssetting verlassen.
Sitzposition besprochen
Vorbesprechung des Beratungssettings
Speziell bei diesem Beratungsgespräch habe ich mich entschieden, es in der
Ausführlichkeit zu integrieren, da es für mich in der Doppelfunktion als Arbeitskollegin und
Berater wichtige Elemente aufzeigt.
Wie bei allen Terminvereinbarungen, vereinbarte ich auch hier telefonisch mit dem
Personalberater ein Gespräch. Den Termin fanden wir nur mühsam, trotzdem fanden wir
schlussendlich einen Termin und verabredeten uns.
Durch meine Krankheit musste ich den Termin mit dem Personalberater verschieben, was
ich auch früh genug tat. Er äusserte sich dahin, dass er jetzt schon alles reserviert hätte
und dass er es jetzt nicht toll fände das ich den Termin verschieben wolle. Ich bekam das
beklemmende Gefühl, dass ich mich dafür entschuldigen müsste nicht nur deswegen weil
ich den Termin absagen musste, sondern auch weil ich krank war. Ich entschuldigte mich
schliesslich bei ihm.
Wir vereinbarten, dass ich mich wieder melden werde, sobald ich wieder gesund sei. Er
teilte mir mit, dass er dann fast keine Zeit mehr habe, er habe soviel Arbeit, dass er schon
fast nicht mehr durchblicke. Ich blieb aber hartnäckig.
Ich rief an, und wollte mit ihm nochmals über den Termin sprechen. Er reagierte sehr
abweisend, er habe Stress, viel zu viel Arbeit, Ferien und eigentlich besitze er nicht die
Nerven für eine solch zeitraubende Arbeit. Trotzdem suchte er in seinem Kalender einen
Termin. Nach einigen Checks, fanden wir einen Termin, aber absolut keine frei Lücke um
das ganze zu besprechen. Auch wenn ich diesen Ausgangspunkt nicht gut fand, stieg ich
auf diese Art von Setting ein, obwohl ich mich nach dem Sinn fragte, wenn wir es nicht
einmal nachbearbeiten können, und was für einen Sinn eine Beratungsreflexion hat, wenn
sich mir solche Abwehrmechanismen entgegen stellten. Nach reiflicher Überlegung, kam
ich zum Schluss, dass ich es trotzdem durchführen wollte, aber nicht bevor ich diese
Abwehrmechanismen mit dem Personalberater unter vier Augen besprochen hatte.
9
Als ich im RAV ankam, begrüsste mich der Personalberater immer noch per Sie, der
einzige von allen Personalberatern, die ich bis anhin besuchte, mit einem Händedruck
und knappen Worten.
Nervös kam und ging er aus dem Kaffeeraum, er habe noch Termine und und und. Ich
teilte ihm mit, es sei in Ordnung für mich, wenn er diese Termine vor dem Gespräch noch
erledigen möchte. Als er danach nochmals kam und mir mitteilte, dass er noch einen
Termin habe, und er noch dringend etwas erledigen müsse, teilte ich ihm mit, dass es so
sehr wichtig wäre, wenn wir uns für ca. 10 Min. bevor wir das Setting beginnen
unterhalten würden. Doch bevor es dazu kam, verliess er das Büro nochmals.
Als es dann soweit war, holte er mich ab und lud mich in sein Büro ein. Ich sprach ihn auf
das bereits Vorgefallene an, und teilte ihm mit, wie es bei mir angekommen war und
welche Gedanken bei mir dadurch entstanden sind. Ich forderte ihn auf, mir offen und
ehrlich zu sagen, wenn er diese Beratungsreflexion nicht wünscht. Ebenso teilte ich ihm
mit, dass ich überhaupt kein Problem damit habe, wenn er dies nicht wünsche und das
ich dann einfach gehen würde. Erstaunlicherweise verneinte er dies jedoch.
Durch dieses Gespräch, das sehr schnell in die Tiefe ging, erhielten wir die Chance,
einander näher kennen zu lernen, was ich meinerseits sehr schätzte. Ich konnte ihm
genau aufzeigen, wie ich zu dieser Arbeit kam, und welchen Sinn und Zweck ich mit der
Diplomarbeit verfolge, und nicht zu vergessen konnte ich ihm die Sicherheit geben, das
der Datenschutz gewährleistet ist.
Der Personalberater informiert mich, wie er in einem Beratungssetting vorgeht:
„Die Person, die zu mir kommt ist eher eine Knacknuss, ich bin schon gewarnt worden.
Ich bereite mich immer auf das Gespräch vor, mache mir Notizen, z.B. was noch fehlt,
und was noch für Fragen offen sind. Ich bereite mich auch vor, indem ich mir Gedanken
mache, weshalb diese Person keine Arbeit hat, obwohl es ein gefragter Beruf ist.
Die einen sagen, ich mache zu viel, aber im Nachhinein hat sich schon vieles bestätigt,
was ich getan habe. So z.B. die AVAM-Eingabe, die mache ich schon seit Jahren, erst
kürzlich ist es von oben herab gekommen, dass man die Stellensuchenden sofort ins
AVAM eingeben muss.
Aber ich darf sowieso nichts mehr sagen, es sind sowieso alle wütend auf mich.“
Da ich ihm erzählt habe, was ich in meiner beruflichen Laufbahn schon alles getan habe,
hatte auch er das Bedürfnis mir zu erzählen, was er gelernt hat, und welche Ausbildungen
und Arbeiten er schon gemacht hatte.
Ich fragte ihn, wie es ihm denn auf dem RAV gefalle.
„Eigentlich würde es mir sehr gut gefallen, wenn ich nicht so viel Arbeit hätte. 60% ist nur
noch administrative Arbeit. Praktisch keine Zeit, es macht mir Probleme. Ich möchte
meine Arbeit sehr genau machen, aber der Zeitdruck ist für mich enorm. Ich leide
darunter, ich wollte Überzeit machen, aber der Chef wollte das nicht, also nehme ich die
Arbeit mit nach Hause.“
Ich fragte ihn: „ Wie geht es dir dabei“?
„Nicht so gut, ich muss Psychopharmaka einnehmen, ansonsten würde ich dies nicht
überstehen.
10
Ich muss eben wie gesagt Arbeit mit nach Hause nehmen.
Wenn es wenigstens ein halbes Jahr so wäre, dann könnte man sagen ja o.k. ich mach
das, es ist ja befristet. Aber das geht nun schon über zwei Jahre so, und ich kann nicht
mehr.
Als es eine Zeit gab, wo ich auch noch Dossiers übernehmen musste, ca. über ein halbes
Jahr, da bin ich fast kaputt gegangen, es hat niemanden interessiert. Ich laufe nun schon
seit zwei Jahren auf dem allerletzten Zacken, es ist verrückt. Da wir neue Mitarbeiter
einstellen, hoffe ich im Frühling auf Entspannung, denn ich kann wirklich nicht mehr.“
Beobachtungs-Fokus:
Fachkompetenz
Standortbestimmung
Der Personalberater begrüsst den Stellensuchenden, stellt mich vor und definiert den
Zeitrahmen. Er fragt nach, wie es kommt, dass der Stellensuchende sich im RAV
anmelden musste. Leider lässt er die eigentliche Standortbestimmung im Sinn der
aktuellen Situation aus. Ebenso wäre es sinnvoll gewesen, wenn die Erwartungen
gegenseitig überprüft worden wären.
Der Personalberater fragt nach, bis er sich ein genaues Bild machen kann, in welcher
Situation der Stellensuchende steckt und welche Perspektiven oder Wege er gedenkt
einzuschlagen. Da es ein junger Stellensuchender ist, holt ihn der Personalberater
gekonnt ab, das heisst, er spricht seine „Sprache“. Humor ist hier angebracht, aber die
klaren unmissverständlichen Forderungen, die der Personalberater stellt, werden
verstanden und auch akzeptiert. Realität und Wünsche des Stellensuchenden werden
überprüft und auch thematisiert.
Perspektivenentwicklung
Da der Stellensuchende einen Traumberuf hat, der sich aber nur auf die Saison
beschränkt, und er sich auch in diese Richtung bereits ausbilden lässt, hat er sich folglich
bereits für diverse Stellen in dieser Richtung beworben. Da noch kein Vertrag besteht,
wird genau abgeklärt, wie die Chancen sind, und wie es in der Zwischensaison aussieht.
Welche Perspektiven hat der Stellensuchende, wie könnte es in Zukunft aussehen, so
dass er durchs ganze Jahr hindurch beschäftigt ist? Der Personalberater führt den
Stellensuchenden mit aktivem Zuhören und gezielten Fragen zu sehr klaren und
verbindlichen Aussagen.
Zielvereinbarung
Die Ziele haben sich in den beiden vorangegangen Punkten klar herauskristallisiert, so
dass der Stellensuchende genau weiss, was er bis zum nächsten Mal erledigen muss.
Empathie
Da der Personalberater eher älter ist und der Stellensuchende viel jünger, war es eine
Freude zu sehen, wie die beiden miteinander kommunizierten. Der Personalberater blieb
11
klar verständlich und konsequent, den Humor hat er auf eine gute kongruente Art und
Weise eingebracht.
Durch die Art, wie der Personalberater seinen Stellensuchenden abholte, die richtigen
Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellte, und den Stellensuchenden ernst nahm, entstand
eine Atmosphäre im Gespräch, die mir bis anhin noch nie begegnet war.
Kommunikation
Transparenz
Der Personalberater erklärte alles sehr gut, und fragte auch nach, wenn ihm etwas nicht
ganz klar war. Er verheimlichte dem Stellensuchenden nichts. Er klärte ihn darüber auf,
was allenfalls auf ihn zukommen könnte, wenn er gewisse Punkte nicht einhalte.
Wenn nötig nahm er Stellung und gab seine Bedenken bekannt. Leider hat der
Personalberater die Stellungnahme des Stellensuchenden nicht überprüft. Er brachte sich
selbst ein, indem er von seinen eigenen Erfahrungen erzählte. Dies ermöglichte eine
spürbare Nähe.
Respekt, Achtung, wertschätzende Haltung
Der Personalberater zeichnete sich durch einen sehr hohen Grad an Respekt, Achtung
und Wertehaltung gegenüber dem Stellensuchenden aus, die jederzeit während des
Gesprächs positiv spürbar waren. Es kam vor, dass der Stellensuchende vom
Personalberater während des Gespräches mit seinem Familiennamen angesprochen
wurde. Ebenfalls eine der Beobachtungen, die ich bis anhin noch nie gemacht hatte.
Der Personalberater nahm seine Rolle der Verantwortung gegenüber dem
Stellensuchenden wahr, und konnte so in einem sehr hohen Masse Hilfe zur Selbsthilfe
leisten, wobei er diese Verantwortung nicht vollkommen übernahm, er übergab sie klar
dem Stellensuchenden.
Bewusstes Umgehen mit der Rolle (Klärung der Rolle, Macht)
Der Personalberater teilte dem Stellensuchenden mit, was zu tun sei, falls er noch Fragen
habe, die für ihn sehr wichtig seien, und klärte ihn auf, weshalb er dies und das noch
wissen musste. Er unterstützte und motivierte den Stellensuchenden und vermittelte ihm
Anerkennung, Achtung und einen hohen Grad an Wertschätzung. Die Rollen wurden klar
kommuniziert und auch während dem Gespräch nie vermischt.
Qualität der Gesprächsführung
Der Personalberater gab eine klare Struktur vor, die er mit einer Ausnahme immer
einhielt, was sich genau bei diesem einen Mal sofort als verwirrend für den
Stellensuchenden darstellte. Ansonsten lief das Gespräch ruhig, sachlich, strukturiert und
12
flüssig ab. Der Personalberater führte das Gespräch eher trocken und sachlich. Es
schien, als ob er die kurzen Sequenzen der Nähe nicht festhalten konnte oder auch gar
nicht wollte. Durch die Pausen (z.B. bei Dateneingabe ohne Worte) entstand eine zu
grosse Distanz, die der Personalberater dann abbauen musste, um wieder genügend
Nähe zu schaffen.
Umgang mit schwierigen Themen
Aus meiner Sicht waren keine schwierigen Themen vom Stellensuchenden genannt
worden. Die Pflichten des Stellensuchenden, die nicht eingehalten wurden, nahm der
Personalberater auf, erklärte ihm den Sinn und Zweck dieser Pflichten und klärte ihn über
die möglichen Folgen auf. Durch seine klare und konsequente Haltung und seine
Erläuterungen, die er dem Stellensuchenden mitgab, war alles jederzeit nachvollziehbar
und klar für den Stellensuchenden. Es löste auch keine Diskussionen oder gar dicke Luft
aus.
Nonverbale Ebene
Raum
Der Personalberater hat, ganz seiner Persönlichkeit entsprechend, ein sachliches, ruhig
eingerichtetes Büro.
Atmosphäre
Ruhig, sachlich und strukturiert. Die beiden Gesprächspartner drückten beide die Nähe
und Distanz des Gesprächs in der Körperhaltung aus, was sehr schön zu beobachten
war. Der Personalberater klammerte sich nicht an der Tischkante fest, sondern zog sich
etwas zurück und liess so dem Stellensuchenden genügend Platz und Raum. Auch der
Personalberater brauchte wie es schien ebenfalls Distanz, um sich klar abgrenzen zu
können.
Kongruenz, verbal / nonverbal (Stimme, Körperhaltung, Hektik, Ruhe, Nähe,
Distanz)
Die Körperhaltung stimmte jederzeit mit dem Gesagten überein.
Von aussen war es spürbar, dass die beiden Gesprächpartner sich anerkannten und auch
wertschätzten.
13
Wie der Personalberater mit seinen Energien umgeht:
„Meine Energie hole ich mir beim Wandern, was jetzt aber etwas schwierig ist. Im Herbst
dann wieder.
Zweimal pro Woche gehe ich joggen, am Sonntag schwimmen, und meine Frau und ich
gehen spazieren, auch wenn es nur eine Stunde ist.“
„Da ich Arbeit mit nach Hause nehme, entspanne ich mich nur kurz und arbeite dann
weiter. Meine Frau und ich haben uns so arrangiert.“
„Ich hoffe, ich kann mich mit 63 pensionieren lassen, ist halt eine finanzielle Frage, aber
im Moment bin ich froh, wenn ich drei Wochen Ferien habe.“
14
14.6
Rückmeldeformular für die Personalberater
Frage 1: Wie war es für mich, in einer Beratungssituation beobachtet zu werden?
Sehr hilfreich
hilfreich
nicht so hilfreich
störend
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$
Frage 2: Die Beobachtungskriterien empfand ich als:
Sehr hilfreich
hilfreich
nicht so hilfreich
störend
$
$
$
$
Frage 3: Die Beobachtung und das anschliessende Feedback haben Wirkung auf
meine Beratungsgespräche: Welche?
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Frage 4: Welche Unterstützung wünsche ich mir für meine Beratungen?
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Ort und Datum
Name und Vorname
..................................................
.....................................................................
15
15.
Literatur
Maren Fischer-Epe, Coaching: „Miteinander Ziele erreichen“
Eingeleitet von Friedemann von Schulz von Thun. 3. Auflage, Januar 2003. Verlag:
Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH. ISBN 3- 499- 61326- 3
Manfred Gührs und Claus Nowak, „Das konstruktive Gespräch“
Ein Leitfaden für Beratung, Unterricht und Mitarbeiterführung mit Konzepten der
Transaktionsanalyse. 4 überarbeitete Auflage 1998. Verlag: Christa Limmer, Meezen.
ISBN 3-928922-0-9
Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein, München 1993
Marvin R. Weisbord, „Hinweise zu Kontrakt“, in: Robert J. Lee, Arthur M. Freedman
(Hrsg.): Consultation Skills Reading. NTL Institute Rosslyn Station/ Arlington, 1984
16
16.
Dank
Ein besonderer Dank gebührt meinem direkten Vorgesetzten, Urs Baumann, dem Amt für
Arbeit, im Speziellen dem Personalchef Christof Köppel, und den 15 Personalberatern,
die es mir überhaupt möglich machten, dieses Projekt starten und durchführen zu
können. Durch die ganze Projektarbeit hindurch durfte ich erfahren, dass das Interesse,
die Bereitschaft, an diesem Projekt teilzunehmen, vorhanden war, und das trotz des
Mehraufwandes.
Die offene, transparente und von Wertschätzung geprägte Kommunikation, im Speziellen
zwischen den Personalberatern und mir, bedeutete eine grosse Bereicherung, die mich
als Projektleiterin und Feedbackgeberin immer wieder aufs Neue auf die Wichtigkeit des
Projekts aufmerksam gemacht hat. Und mir unmittelbar durch das ganze Projekt ein
hohes Mass an Motivation geschenkt hat.
Besonders bedanken möchte ich mich auch bei meiner Diplombegleiterin Gabi Belz, die
mir immer wieder geduldig zugehört hat, mich auf wichtige Aspekte aufmerksam gemacht
hat und mich mit Expertentipps versorgt hat.
Die E-Mails, die Telefonate und die Sitzungen halfen mir immer wieder, Klarheit in die
einzelnen Aspekte zu bringen.
Ein liebevoller Dank gebührt meiner Familie und meinen Freunden, die mir gegenüber
Verständnis aufbrachten, wenn ich nur noch von einem Thema sprach, wenn ich keine
Zeit mehr aufbrachte, um gemeinsame Stunden zu verbringen. Die mich so gut wie
möglich in meinen anderen Rollen entlasteten. Und nicht zuletzt für ihre Kunst, mich zu
motivieren und anzutreiben um dranzubleiben und weiterzumachen.
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