Novum S.10 - Taiji Bailong Ball

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Novum S.10 - Taiji Bailong Ball
DIE NOVUM
Jeden Mittwoch für Mittweida
4. Ausgabe
21. März 2012
Verlockende Angebote
Virale Verblendung
Verändert
Im Wirrwar der Energieversorger sind
auch die günstigen Tarife der Ökostromanbieter mehr Schein als Sein. – Seite 2
Wie der Internetfilm „KONY 2012“
einem Land helfen soll, das keine Hilfe
mehr benötigt. – Seite 9
Auf „Kurz vor Zwölf“ finden Sie alle
orange hervorgehobenen Wörter in dieser
Ausgabe „Kinderleicht erklärt“. – Seite 11
Sturm im Land der Solaranlagen
Mingxi Li
Was wird aus der Energiewende, wenn die Subventionen sinken?
B
laue Dächer, strahlende Gesichter
der Hausbesitzer und ein erfreulicher Nebenverdienst – besonders im
ländlichen Raum zieren Photovoltaikanlagen viele Dächer. Doch zukünftig
wird es wohl weniger Solaranlagennutzer geben. Zumindest wenn es
nach CDU/CSU und FDP geht. Denn
die Koalition will die Förderung zum
1. April drastisch senken. Von Kürzungen zwischen 20 und 30 Prozent
der Einspeisevergütungen ist die Rede,
abgestuft nach Größe der Anlagen.
Betroffen von den Einsparungen sind
ausschließlich Anlagen, die ab dem
1. April angeschlossen werden. Bestehende Projekte sind ausgenommen.
Besonders heftig ist die Debatte über
Projekte, die bereits geplant und mit
den bisherigen Subventionen kalkuliert, aber noch nicht angeschlossen
sind. Sollten sie mit den reduzierten
Zuschüssen auskommen müssen,
könnten sie unrentabel sein. Über die
zeitliche Begrenzung der Übergangsfrist streiten Regierung und Solarindustrie. „Es kann nicht sein, dass der
Staat bei einem Planungszeitraum für
Projekte von einem Jahr so kurzfristig
eingreift“, sagt Frank Korda, Proku-
rist eines Claußnitzer Solardienstleisters. Die geplanten Kürzungen
der Einspeisevergütungen sind nicht
die ersten in diesem Jahr, bereits zum
Jahresbeginn reduzierte der Staat die
falsche Richtung. „Wenn die Kürzungen so kommen, dann entsteht ein
erheblicher wirtschaftlicher Schaden,
die Branche bricht ein“, schätzt der
Prokurist. Darunter zu leiden hat der
„Wenn die Kürzungen so kommen, dann entsteht ein erheblicher
wirtschaftlicher Schaden, die Branche bricht ein.“
Zuschüsse um 15 Prozent. Weil die
Kapazität der Photovoltaikanlagen
stark gewachsen ist, reichten diese
Kürzungen der Regierung nicht aus,
um den Zuwachs zu bremsen. Ein
Gesetzesentwurf zur Änderung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes wurde ins Parlament eingebracht.
Hart treffen die Pläne vor allem leistungsstarke Anlagen auf großen Freiflächen. Nach einer Schonfrist bis
Ende Juni soll für Solarkraftanlagen
mit einer Leistung über zehn Megawatt keine weitere Subventionierung
erfolgen. Für Großinvestoren, die für
diese Projekte benötigt werden, könnte die Geldanlage dann unattraktiv
werden. „In Photovoltaikanlagen sind
oft Pensions- und Versicherungsfonds
positioniert“, weiß Frank Korda. In
den diskutierten Subventionseinsparungen sieht er einen Schritt in die
Standort Deutschland. „Die Firmen
gehen weg, bauen Projekte in Belgien, Litauen und Kroatien“, berichtet Hendrik Jahn, Installateur von
Photovoltaikanlagen aus Mittweida.
Auch die Module kommen nicht
mehr von deutschen Herstellern. „Wir
verbauen viele Module aus Shanghai.
Deren Anschaffungspreis ist 50 Prozent niedriger“, so Jahn. Damit sind
sie schneller abbezahlt als deutsche
Konkurrenzprodukte, erwirtschaften
bereits nach wenigen Jahren Gewinn.
Die Solarindustrie wird lange mit
den Einschnitten zu kämpfen haben.
Trotz Kritik aus den eigenen Reihen, halten CDU/CSU und FDP an
dem Vorhaben fest. Die Regierung
spricht vom Massenmarkt, der nicht
dauerhaft subventioniert werden
kann. „Man kann auch sagen, dass
die Photovoltaik erwachsen gewor-
den ist“, erklärt Katherina Reiche,
parlamentarische
Staatssekretärin
des Umweltministers. Die Leistung
der Solaranlagen habe sich seit
2009 verdreifacht, hohe Förderungen
seien deshalb unnötig. Viele Oppositionspolitiker sehen in der Entwicklung eine Sabotage der Energiewende. „Nicht wenige bei Schwarz-Gelb
wollen das Scheitern der Energiewende, damit Atomkraftwerke nach
2022 weiterlaufen können“, sagte der
SPD-Abgeordnete Ulrich Kleber im
Bundestag.
Dass Photovoltaik die atomare Stromerzeugung in absehbarer Zeit ablösen
kann, wird mit der Solarbremse der
Regierung unwahrscheinlicher. Denn
auch die jährlichen Ausbauziele sollen deutlich herabgesetzt werden. Am
langfristigen Ziel hält die Regierung
aber fest. Bis zum Jahr 2020 sollen
die regenerativen Energiequellen
35 Prozent des deutschen Strombedarfs abdecken. Als weitere regenerative Energien bleiben den Investoren
Biogas- und Windkraftanlagen. Beides ist von der geplanten Gesetzesänderung nicht betroffen.
Stefan Kirsten
2
Politik und Wirtschaft
Die Novum
21. März 2012
Territorialkampf der Geschlechter
SPD will mit gesetzlicher Quote Frauen bei der Karriere unterstützen
amilienleben und Karriere – die
moderne Frau muss heutzutage
alles meistern können. Viele schaffen
es jedoch gar nicht erst auf die unteren
Sprossen der Karriereleiter, geschweige
denn ganz nach oben, auch wenn sie
qualifizierter sind als männliche Kollegen. Denn die freiwillige Frauenquote der DAX-Unternehmen fand nicht
den gewünschten Anklang: Mickrige 3,7 Prozent ihrer Top-Manager
sind Frauen.
Die SPD fordert deshalb nun eine gesetzliche Frauenquote. Die Sozialdemokraten wollen „eine Mindestquote
von 40 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen ab 2015.
Die Quote wird stufenweise umgesetzt“. Die erste soll ab 1. Januar 2013
mit 30 Prozent Mindestquote eingeführt werden.
Es sollen ausschließlich die Plätze besetzt werden, die durch Ausscheiden
anderer frei werden. Ohne geeignete Kandidatin bleibt die Stelle unbesetzt. Dies soll den Druck auf die
Firmenführung erhöhen. Carlotta
Köster-Brons, Geschäftsführerin des
Verbundes deutscher Unternehmerinnen (VdU), befürwortet dies: „Die
Quote sorgt dafür, dass das hervorragende Qualifikationspotenzial der
Irina Weiner
F
Im Wettlauf um Führungspositionen müssen Frauen einige Hürden überwinden.
Frauen in Deutschland endlich auf
allen Führungsebenen genutzt wird“.
Die Unternehmerinnen hatten bereits
2008 als erster deutscher Wirtschaftsverband die Einführung einer Quote
für Aufsichtsgremien gefordert. „Natürlich wäre es schöner, die Selbstverpflichtung der Wirtschaft hätte ihr
Ziel erreicht. Doch leider ist hier keine
deutlich positive Entwicklung zu beobachten. Daher sehen wir in der Einführung einer gesetzlichen Quote ein
notwendiges Mittel.“ Die Amerikaner
Kenneth Athern und Amy Dittmar
warnen jedoch in ihrer Studie „The
Changing oft the Boards“ vor einer
voreiligen Einführung. „In Norwegen
hatte das Gesetz große negative Effekte auf den wirtschaftlichen Erfolg
der Firmen, die ihre Verwaltungsräte massiv neu organisieren mussten“,
konstatieren die beiden Forscher aus
Michigan.
Der Börsenwert der Firmen sei fünf
Jahre nach der Einführung der Quote
im Schnitt 17 Prozent niedriger gewesen als vorher. Angedrohte Sanktionen
ließen die Firmen überschnell handeln
und führten zu Fehlbesetzungen. Die
Aufmerksamkeit, die Frauen ihrer
Familie widmen müssten, gebe ihnen
nicht die Möglichkeit, auf gleichem
Wissensstand wie ihre männlichen
Mitbewerber zu bleiben. Carlotta
Köster-Brons kontert: „Die fehlende
Kinderbetreuung als Grund für die
vermeintlich zu geringe Zahl von Kandidatinnen für Spitzenfunktionen anzugeben, greift als Argument zu kurz“.
Zwar müsse sich die Politik auch weiter für eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf einsetzen, doch
habe der VdU „eine Datenbank eingerichtet, in der aktuell fast 500 Profile
hochqualifizierter Frauen hinterlegt
sind, die bereit sind, ein Mandat in
einem Aufsichtsgremium zu übernehmen.“ Das zeige doch, dass es genug
Frauen gebe, die kein Betreuungsproblem haben und trotzdem nicht
in Führungspositionen übernommen
werden. Köster-Brons plädiert für
weitere Maßnahmen: „Parallel zum
Ausbau der Betreuungsinfrastruktur
brauchen wir in Deutschland auch
ein Umdenken bei der Präsenzkultur
in den großen Unternehmen. Gute
Leistungen zeigen sich nicht in der
Anwesenheit“.
Linda Nowak
Tarifdschungel in der Strombranche
Unzählige Anbieter und undurchsichtige Preise erschweren die Auswahl
m Münchner Speckgürtel zahle ich
weniger für den Strom als hier in
Mittweida“, wundert sich Anneliese
Würfel, Studentin an der Hochschule.
Wie bei Anneliese sorgt die jährliche
Stromabrechnung bei vielen Bürgern
immer wieder für Stirnrunzeln.
„Die ständigen Erhöhungen und die
undurchsichtige Preisgestaltung der
Anbieter frustrieren“, sagt sie. Vor allem irritieren die unterschiedlichen
Preise innerhalb der Bundesrepublik.
Bei einem durchschnittlichen Verbrauch eines Zweipersonenhaushaltes
zahlt Anneliese Würfel in Sachsen
somit 70 Euro mehr im Jahr, als daheim in Langengeisling. Der Grund
für diese regionalen Unterschiede, „ergibt sich unter anderem aus den unterschiedlichen Netzentgelten und den
Konzessionsabgaben der Anbieter an
die Kommunen“, weiß Dirk Hempel,
Pressesprecher der Löwenzahn Energie GmbH. „Zum Teil unterscheiden
sich die Preise sogar bis zu sechs Cent
pro Kilowattstunde“.
Die Höhe der Konzessionsabgaben
richtet sich nach „Infrastruktur und
Bevölkerungsdichte“ der Gemeinden,
erklärt Florian Krüger von Verifox, einem unabhängigen Verbraucherportal
für Energie. Die Netzentgelte dagegen
legen die Stromanbieter selbst fest.
„Beeinflussende Faktoren sind hier
unter anderem Kosten für die Errichtung, Instandhaltung und den Betrieb
der Netze sowie Kosten für Vergütung
dezentraler Einspeiseanlagen“, erklärt
Stefan Buscher, Pressesprecher von
enviaM.
Die Qual der Wahl
Mit der Liberalisierung des Strommarktes 1998 sollte der Bürger nicht
mehr abhängig von den regionalen
Energieversorgern sein und seinen Anbieter frei wählen können.
Doch mit der Wahl kommt die Qual
und der Kunde ist gezwungen, seinen
Tarif im Auge zu behalten und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln.
Als Kunde ist es jedoch gar nicht so
einfach einen Überblick zu behalten.
„Allein´ im Versorgungsgebiet Mittweida gibt es 121 Anbieter mit insgesamt 179 verschiedenen Tarifen“, weiß
Florian Krüger von Verifox. Derzeit
bieten auf dem Markt auch Ökostromanbieter eine Alternative. Neben
dem „guten Gefühl“, bei der Stromnutzung die Umwelt zu schonen, ist
es vor allem die Ersparnis, die zum
Biostrom lockt.
Bei einem Zweipersonenhaushalt mit
einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 2.800 Kilowattstunden
zahlt der Kunde in Mittweida beim
Ökostromanbieter 14,05 Cent pro Kilowattstunde. Beim örtlichen Grundversorger dagegen 26,06 Cent pro Kilowattstunde.
Selbst unter Einbeziehung der unterschiedlichen Grundgebühr der beiden
Anbieter ergibt sich eine Differenz von
über 350 Euro im Jahr zugunsten des
Ökostroms.
Grunde teuer produzierte Ökostrom
subventioniert wird. Durch die ausgewiesene „EEG - Umlage“ zahlt jeder
Stromkunde, egal bei welchem Anbieter. Ein Finanzierungssystem, dass nur
so lange funktioniert, wie genügend
Kunden noch konventionellen Strom
beziehen.
Antje Gothe
Foto: pixelio.de, Grafik: Natalie Kunze
I
Teuer produziert
Doch auch bei diesem noch günstigeren Preis liegt die Tücke im Detail. Denn die Erzeugung von Energie aus Wind, Wasser und Sonne ist
eigentlich teurer als der Strom aus
Atomkraft und Kohle. Ein Blick auf
die Stromrechnung zeigt, dass der im
Egal ob der Strom aus regenerativen Energien oder konventionellen Methoden wie
Atom- und Foto:
Kohlekraft
gewonnen wird, der
pixelio.de
Grafi
k: unentwegt
Natalie Kunze
Stromzähler
läuft
und die Kunden
zahlen für beides.
21. März 2012
Hintergrund
Die Novum
3
Hilfe aus dem Helikopter
Marco Gündel, Knacker-Einfach
Rettungsflieger riskieren alles im Einsatz für Menschen in Not
I
m trüben Morgengrauen beginnt
der Tag für das Team der Landesflugrettung Südtirol. Wenn sich die
meisten Menschen noch einmal in den
Kissen wälzen, parkt Dr. Ernst Fop
sein Motorrad neben dem Hangar des
Zentralkrankenhauses der Provinz
Bozen. Als Anästhesist und ärztlicher
Leiter des hier stationierten Rettungshubschraubers „Pelikan 1“, hat der 42Jährige die Verantwortung für die gesamte Crew. Als sich das Tor zur Halle
öffnet, erscheint der weiße Helikopter.
Die Nummer der Flugrettung sticht
sofort ins Auge - 118. Bordtechniker
Massimo DiMarchi ist gerade dabei,
die Maschine startklar zu machen. Er
prüft - ausgestattet mit Taschenlampe
und Schraubenschlüssel - die Feinmechanik, sowie Rotor und Turbinen.
Ohne diese täglichen Kontrollen geht
„Pelikan 1“ nicht in die Lüfte. Mehr
als 1.000 Einsätze hat der Helikopter pro Jahr zu bewältigen, verstreut
über ein Gebiet von 7.400 Quadratkilometern.
Retter aus Leidenschaft
In der Zwischenzeit hat Flugretter
Erich Näckler den Rucksack für die
Erstversorgung fertig packt. Medikamente und Narkotika müssen nach
jedem Einsatz kontrolliert und neu
aufgefüllt werden. „Caffè pronto“,
ruft Pilot Max Pamelin aus der Küche der Einsatzbasis. Während der
Helikopter startklar nebenan auf dem
Landeplatz steht, setzt sich das Team
zum Frühstück zusammen. „Also
ohne uns würde hier gar nichts laufen“, meint Dr. Fop. „Aber so ist das
nun mal – einer muss der Beste sein.
In dem Fall bin es natürlich ich –
und mein Team!“ Alle vier Männer
lachen. An Selbstbewusstsein fehlt es
hier niemandem. Eine Charaktereigenschaft, essentiell wichtig für den
Einsatz in der Luft. Die Flugrettung
ist ein echter Knochenjob. Das weiß
auch Näckler: „Ich bin seit 18 Jahren
beim Pelikan 1 und habe auch schon
einen Absturz mit unserer alten Maschine hinter mir.“ Verbrennungsnarben an seinen Armen zeugen davon.
Für Erich Näckler stand jedoch nie
zur Debatte mit der Flugrettung aufzuhören: „Das ist einfach mein Ding
– meine Leidenschaft.“
Es wird allmählich hell. Das Team
vertreibt sich die Zeit mit Fernsehen.
An manchen Tagen kommt kein einziger Einsatz, an anderen sind es bis zu
zehn. Eine große körperliche und psychische Belastung für die Besatzung.
Auch für Dr. Fop war das anfangs
schwer: „Nach meinem Studium habe
ich in der Palliativmedizin gearbeitet.
Hier galt es nur Schmerzen zu lindern.
Ich empfand es deprimierend gegen
die Krankheiten nichts ausrichten zu
können.“ Der Neustart als Notarzt
war eine Wende um 180 Grad.
Ein durch Mark und Bein gehender
Piepton schallt durch die Basis. Binnen weniger Minuten müssen Maschi-
ne und Besatzung in der Luft sein. Dr.
Fop streift sich eine knallgelbe Weste
mit der Aufschrift „Doctor“ über und
eilt zum Helikopter. Die Turbinen
fahren hoch, während er die Lagemeldung über den knarzenden Bordfunk
erhält: „Feuer in einem Heustadl.
Der Bauer hat sich Verbrennungen
zugezogen.“
Schicksalsschläge
Mit ohrenbetäubendem Lärm hebt
der Helikopter ab. Schnelle Hilfe mit
über 200 Kilometer pro Stunde. „Ich
versuche mir schon auf dem Hinflug
Gedanken über die Maßnahmen vor
Ort zu machen“, erklärt Dr. Fop.
Obwohl alle routinierte Retter sind,
steht ihnen die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Beißender Rauch
steigt dem Team in die Nase. Pilot
Max Pamelin nähert sich vorsichtig
dem Brandherd: „So eine Situation ist
nicht ungefährlich, da der Hubschrauber sensibel auf die unterschiedlichen
Luftströmungen reagiert.“
Der Helikopter setzt nur kurz mit
einer Kufe auf, um Arzt und Flugretter zügig raus zulassen. Dr. Fop und
Erich Näckler bahnen sich den Weg
vorbei am brennenden Heustadl.
„Hier ist die Hölle los, jetzt muss ich
so schnell wie möglich zum Patienten“, ruft der Notarzt. Um ihn herum
versuchen viele Feuerwehrmänner
den Brand einzudämmen. Jetzt heißt
es trotz Chaos einen klaren Kopf zu
bewahren. Nach einem kurzen Blick
steht fest: Der Mann hatte Glück im
Unglück. Kühlende feuchte Tücher
und eine Narkose gegen die Schmerzen reichen vorerst für die Versorgung
und verhindern ein Nachbrennen der
Wunden. „Es ist hart mit anzusehen,
wenn so ein Feuer die Existenz bedroht“, meint Flugretter Näckler. Das
sind Schicksalsschläge, die man nicht
so schnell vergisst. Er schleppt zusammen mit fünf weiteren Sanitätern
die Trage zum Hubschrauber. Der
Weg in die Notaufnahme ist für die
Flugrettung trauriger Alltag. „Ich versuche keine Einsätze mit nach Hause
zu nehmen“, sagt Dr. Fop nachdenklich. „Aber das klappt nicht immer.“
Schwerverletzte Kinder und die Bergung Toter machen den Job so hart.
Für ihn ist die Arbeit in der Notaufnahme beendet. Jetzt sind die Dermatologen des Krankenhauses gefragt.
Zurück in der Basis holen die Vier ihr
Mittagessen nach. Das gemeinsame
Kochen ist Tradition. Es gibt Pasta
mit Thunfisch auf Zitronensoße. Gespräche zu Tisch helfen allen, dass Geschehene zu verarbeiten. Jetzt heißt es
warten. Im Aufenthaltsraum flimmert
wieder der Fernseher.
Marco Gündel
„Notruf - Rettung aus der Luft“
Ein authentischer und persönlicher Einblick
in den Arbeitsalltag der Flugrettung Südtirol.
Jeden Mittwoch 22:10 Uhr auf RTL 2
4
Hochschule und Wissenschaft
Die Novum
21. März 2012
Spielplatz Hörsaal
Das neue Semester der Mittweidaer KinderUni beginnt mit Seifenblasen und neugierigen Nachwuchs-Wissenschaftlern
ch habe ein Loch in der Hand!“
Der neunjährige Jonas lacht lauthals auf. Kein Fall für den Notarzt,
denn hier sind Nachwuchsforscher
am Werk: Am vergangenen Samstag begann das neue Semester an
der Mittweidaer KinderUni. Etwa
180 Kinder füllen den Hörsaal im
Gerhard-Neumann-Bau der Hochschule Mittweida beinahe bis auf den
letzten Platz.
Unter dem Titel „Licht – Ich sehe
was, was du nicht siehst“ erklärt Physikprofessor Bernhard Steiger seinen
acht- bis zwölfjährigen Studenten die
Grundlagen der Optik mit einfachen
Mitteln. Jedes Kind erhält ein weißes Blatt Papier. „Rollt das Blatt so
zusammen, dass man durchschauen
kann“, fordert Prof. Steiger die Kleinen auf. Durch das Papierrohr sollen
sie nun ein Bild an der Wand betrachten, das sie mit der anderen Hand
gleichzeitig verdecken. „Jetzt könnt
ihr durch eure Hand durchgucken“,
stellt der Dozent fest. Eine einfache
optische Täuschung, die den Kindern
hörbar viel Spaß bereitet. „Eure Augen haben alles richtig gesehen, aber
ihr habt ein Problem: das Gehirn“,
schmunzelt Prof. Steiger. „Das macht
viel mehr, als es eigentlich soll und erzeugt die Illusion eines Loches.“ Seit
ihrem Start vor zwei Jahren soll durch
Mandy Münzner
I
Gespannt verfolgen die Nachwuchsstudenten die zahlreichen Experimente.
die KinderUni frühzeitig das Interesse an der Wissenschaft, aber auch
am Studium geweckt werden. Prof.
Steiger gelingt das offenbar, denn die
Kinder folgen seinen Experimenten
mit großen Augen. Ob er nun das
Farbspektrum des Lichts mit Hilfe
von Seifenblasen zeigt oder eine mit
gelbem Stift auf gelbem Papier gezeichnete Sonne durch UV-Strahlung
sichtbar macht: Zum Thema Optik
gibt es viel zu sehen. Auf dem Pult stehen die unterschiedlichsten Hilfsmittel und Versuchsanordnungen dicht
gedrängt beieinander – vom Laser-
pointer bis zur Infrarot-Kamera ist alles dabei. Mit Hilfe dieser Utensilien
erklärt Bernhard Steiger die wichtigsten Grundlagen rund um das Thema
Licht anschaulich und kindgerecht.
An vier Samstagen pro Jahr können
Kinder aus Mittweida und Umgebung
für jeweils eine Stunde den Spielplatz
gegen den Hörsaal tauschen. Wer alle
vier Veranstaltungen besucht, erhält
ein Zertifikat. Einmalige Vorlesungen
wie bei der KinderUni bedeuten allerdings viel Arbeit bei der Vorbereitung.
„Schließlich hat man keine Gelegenheit zum Proben“, erklärt Prof. Stei-
ger gegenüber Novum. Dadurch sei
auch die Aufregung größer. Doch der
Aufwand lohnt sich: „Ich mache auch
andere Projekte mit Kindern, zum
Beispiel mit den Mittweidaer Schulen oder dem Haus der kleinen Forscher. Das macht mir sehr viel Spaß,
dafür lebe ich.“
Von der Begeisterung ihres Dozenten lassen sich die Nachwuchsstudenten schnell anstecken. Sie beobachten jede seiner Bewegungen ganz
genau. Die Totalreflexion erklärt
Prof. Steiger, indem er eine verrußte Kelle in ein Wasserbecken taucht.
Unter Wasser glänzt deren Oberfläche
plötzlich wieder silbrig. Der kleine Jonas verfolgt das Experiment aufmerksam. Als Prof. Steiger die Kelle wieder
aus dem Becken heraus zieht, zeigt
sich, dass sie nach wie vor mit einer
schwarzen Schicht bedeckt ist. Das
Wasser hat den Ruß nicht etwa abgespült, sondern das Licht so reflektiert,
dass die Kelle scheinbar glänzt. Jonas
rutscht auf die äußerste Kante seines
Stuhls und flüstert andächtig: „Cool!“
Annegret Hintze
Die nächste KinderUni findet am
5. Mai 2012 zum Thema „Wie funktioniert ein Computer?“ statt. Kostenlose
Anmeldung und weitere Informationen:
www.hs-mittweida.de/kinderuni
Wachstumshormone für die Wissenschaft
Ein Kommentar zu wissenschaftlichen Studien von Annegret Hintze
inder von Hartz IV-Empfängern
sollten statt einem Bildungsgutschein, lieber eine Dosis Wachstumshormone erhalten. Diesen Eindruck
vermittelt zumindest eine Studie der
Universität Tübingen und des Landesgesundheitsamts Brandenburg, die
den Zusammenhang zwischen der
Körpergröße von Kindern und der
sozialen Stellung ihrer Eltern im Zeitraum von 1994 bis 2006 untersucht
haben. Ergebnis: Kinder arbeitsloser
Eltern sind durchschnittlich einen bis
1,5 Zentimeter kleiner als Kinder, bei
denen mindestens ein Elternteil einen
Job hat. Der Größenunterschied erklärt sich für die Forscher nun aber
nicht nur daraus, dass sich arbeitslose
Eltern weniger gesunde Nahrungsmittel leisten können.
Sie schlussfolgern, dass „die psychologischen Effekte der Arbeitslosigkeit“
die Größe der Kinder negativ beeinflussen. Das spielt in jedes schlechte
Klischee: Der Hartz IV-Empfänger
sitzt depressiv zu Hause und lässt
sich und seine Familie verwahrlosen.
Schuldgefühle gibt es bei Arbeitslosigkeit eben gratis dazu. Die Ergeb-
nisse der Studie sind vereinfacht und
abstrakt, schließlich wurden wichtige
Daten wie die Körpergröße der Eltern
oder die Art der Arbeit ignoriert. Aushilfsjobs, Führungspositionen oder
vom Staat unterstützte Beschäftigungsverhältnisse, wie ABM, haben in
der Studie alle denselben Stellenwert.
Aber bedeutet jeder Job gleich Glück?
In Zeiten, in denen schätzungsweise
vier Millionen Deutsche an Depressionen leiden, darunter viele Angestellte und Selbstständige, ist das zu
bezweifeln.
Nicht genug der Merkwürdigkeiten:
Wirtschaftshistoriker der Universität Tübingen schrieben zur Veröffentlichung der Studie, dass die
Größenunterschiede
„insbesondere
in Ostdeutschland“ auftreten. Dabei analysierten die Wissenschaftler
ausschließlich Daten aus Brandenburg. Dieser suggerierte Ost-WestUnterschied war überhaupt nie Gegenstand der Forschungen. Apropos
Klischees: Die meisten Arbeitslosen
sind ja bekanntlich alkoholabhängig.
Haben Sie sich schon einmal gefragt,
wie sich Alkoholismus am besten
überwinden lässt? Mit LSD. In den
1960er und 1970er Jahren, der Hochzeit der Wahrnehmungs-manipulierenden Droge, wurden mehrere Studien durchgeführt, die besagen, dass
eine einmalige Dosis LSD beim trocken werden hilft. Mit dem Verbot der
Droge verschwanden auch die Studien
im Archiv. Nun wurden sie von norwegischen Forschern, die eine Neuauflage vorschlagen, wieder ausgegraben. Auch das Land der unbegrenzten
Studien-Möglichkeiten hat schon viele
Kuriositäten hervorgebracht. Forscher
aus Maryland wollen entdeckt haben,
dass Krebs mit den Absonderungen
von Tierdrüsen und Kaffee-Einläufen
behandelt werden kann.
Faktoren wie zu wenige Probanden
und kreative Interpretation von Forschungsergebnissen, aber auch Auftraggeber aus der Wirtschaft, die ein
bestimmtes Ergebnis erreichen wollen,
verursachen eine Menge pseudo-wissenschaftlichen Abfall. Und das ganz
ohne Wachstumshormone.
Kinder
aus Hartz
IV-Familien
sind angeblich kleiner.
Jahreseinkommen
der Eltern in Euro
1 Mio.
Natalie Kunze , Julia Kreisig
K
14.400
100
140
Körpergröße der Kinder in cm (im Alter von 10 Jahren)
21. März 2012
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Die Novum
5
6
Lokales
Die Novum
21. März 2012
Renner geht, Broschüre kommt
H
err Renner? Der ist aber schon
eine ganze Weile nicht mehr da!“,
belehrt uns eine fremde Stimme am Telefon. Die Stimme gehört Barbara Zimmermann, die uns verrät, dass Markus
Renner nicht mehr im Amt ist. Die
Pressearbeit der Stadt Mittweida erledige seit Ende Februar sie. Nichts gegen
Frau Zimmermann, aber kann Markus
Renner ganz einfach so verschwinden –
ohne offizielles Adieu, ohne sichtbares
Schulterklopfen für einen Mann, der es
wie kein anderer verstand, Mittweida
ins richtige Licht zu rücken?
Nur eine kleine Meldung im Amtsblatt
verät, wohin es den 31-jährigen Renner
nun getrieben hat. Zwischen Porzellan und Elbe, 60 Kilometer weit weg,
wacht er nun über Meißens öffentliche
Ordnung.
Ersatz in Mittweida ist noch nicht gefunden, beliebt scheint die Stelle aber
zu sein: „Aus Gründen des Datenschutzes können wir aber keine genaue
Bewerberzahl nennen, es
reicht aber aus“, so Ralf
Schreiber, der erste Beigeordneter.
Erstaunlich,
wenn die Stelle nur im
Internet und Amtsblatt
ausgeschrieben war. Fast
schon ironisch, dass es zur
Ausschreibung des Pressesprechers keine Pressemitteilung gab. Ein fließender Übergang sieht anders aus. Wann
die Stadt mit einem neuen Sprecher rechnen darf, steht übrigens
noch in den Sternen. Markus Renner wünscht seinem Nachfolger aber
auf jeden Fall eines: „Viel Durchhaltevermögen, denn Pressesprecher in
Mittweida ist eine ganz harte Schule.“
Das liegt laut Renner vor allem an dem
Referat für zentrale Dienste, welches
er auch in Personalunion stemmte.
Von ewig nachfragenden Hochschulmedien und diversen Tageszeitungen
Foto: Kamila Fajzulin / Grafik: Julia Kreisig
Die Broschüre muss als zeitweiliger Pressesprecher-Ersatz dienen.
ganz zu schweigen. Es gibt also eine genze Menge zu tun. Sollte die Arbeit den
beiden Vertretern Zimmermann und
Schreiber dabei über den Kopf wachsen, können sie sich auf ihren neuesten
kompetenten Partner verlassen – eine
Broschüre im Handtaschenformat,
die über Sehenswertes und Neues in
Mittweida berichtet. Angepriesen auf
der Internetseite und erhältlich an der
Mittweida-Information.
Lisa Viecenz
Nicht nur das „Heimchen am Herd“
Fotos: Maria Krause / Redaktion: Britta Bauer
Braucht es eine gesetzlich geregelte Frauenquote in Führungspositionen?
Die Novum hat sich umgehört, was Männer und Frauen in Mittweida zur akuellen Debatte meinen
Heike Effi (79),
Rentnerin
Die Frauenquote müsste schon gefördert werden, da Frauen meistens
im Schatten der Männer stehen. Ich
bin allerdings skeptisch, ob sich dieses Vorhaben in Mittweida umsetzen
lässt. An sich finde ich die Diskussion über eine festgelegte Anzahl von
Frauen in Unternehmen längst überfällig. Viele Frauen wollen mehr Verantwortung haben und nicht nur das
„Heimchen am Herd“ sein.
Moritz Christmann (22),
Student
Ich finde eine gesetzliche Frauenquote schlecht, weil ich denke, dass
eine Position von dem Geeignetsten
besetzt werden soll, egal ob Mann
oder Frau. Aber das soll nicht heißen,
dass ich Frauen in Führungspositionen nicht gut finde. Frauen fordern
Emanzipation, was aber auch mit
Konkurrenzkämpfen einher geht.
Letzteres sollte man nicht außer Acht
lassen.
Manuela Richter (47),
Sekretärin
Frauen waren schon immer überlegen, bloß das weiß die Mehrheit der
Gesellschaft noch nicht. Wenn Männer versagen, sind es doch die Frauen, die ständig vorgeschickt werden
und die Karre aus dem Dreck ziehen
müssen. Auch in der Politik ist das
meiner Meinung nach so. Das beste
Beispiel ist doch Frau Merkel, die als
Frau in einer Führungsposition ihren
Mann steht.
Benny Ziebe (32),
Unternehmer
Für Führungspositionen eignen sich
Frauen immer. Es ist bewiesen, dass
Frauen die besten Führungsqualitäten haben. Wenn es jedoch ein
„Muss“ ist, ist es aufgezwungen, wie
die Quote von Menschen mit Behinderung in Unternehmen. Man müsste
einen anderen Lösungsweg finden.
An Erstes sind die Qualifikationen zu
sehen, alles andere ist zweitrangig.
Lokales
21. März 2012
Die Novum
7
Mittweida Gestern und Heute
„Was alles unser Marktplatz gesehen hat“
Wochenmärkte, Straßenfeste oder Gerichtsverhandlungen – kein anderer Platz in Mittweida hat mehr erlebt, als der Markt.
Geschichte und Geschichten über den Punkt, der das Dorf Mittweida zu einer Stadt werden ließ.
Frauen- und Rauchschleier
„Hof, Scheune und Viehstall mussten
den Werkstätten, Läden und Gasthöfen weichen. Mit der Entwicklung des
Handwerks kam der Markt. Dieser war
der Schöpfer der Stadt“, hält Dr. Sauer
fest. Auch der heutige Stadtchronist
Horst Kühnert schätzt die Bedeutung
dieses Platzes hoch ein: „Der Markt
war neben der Kirche die Keimzelle der
Stadt. Als Standort des Rathauses und
zeitweise des Bezirksgerichtes bekam er
noch mehr Gewicht.“ Der Marktplatz
zu Mittweida war Kreuzung wichtiger
Handelsrouten. Er war Station auf der
Strecke von Chemnitz nach Leisnig
sowie von Rochlitz nach Freiberg. Um
1300 siedelten sich um diesen zentralen
Ort herum Händler und Handwerker
an, bauten Häuser zum Wohnen und
Arbeiten. Aneinandergereiht ließen die
Gebäude Gassen zu Straßen werden. In
den folgenden Jahrhunderten florierten
Leinenmarkt und Tuchmacherei. Während manch ein in Mittweida gefertigter
Schleier ein schönes Frauengesicht verdeckte, wurde das Panorama der Stadt
vielmals von Rauchschleiern getrübt.
Die enge Bebauung Mittweidas führte nicht nur einmal zum Verhängnis.
Wo die Menschen dicht an dicht wohnen, breiten sich Seuchen und Brände
schnell aus. Die Pest forderte im 16. und
17. Jahrhundert zahlreiche Opfer. Mit
836 Toten erlag 1626 die Hälfte der
Mittweidaer Bevölkerung der Pest,
aufgrund der Ansteckungsgefahr fielen
Jahr- und Wochenmärkte aus. Das öffentliche Leben kam fast zum Erliegen.
Stadtbrände waren nicht gerade selten,
sie ziehen sich wie ein feuerroter Leinenfaden durch die Stadtgeschichte. Beim
Feuer von 1551 verbrannten innerhalb
von zwei Stunden 316 Bürgerhäuser,
36 Speicher, 83 Scheunen einschließlich aller Vorräte, Kirche, Torhäuser
und Rathaus. Es sollte noch schlimmer
Der Mittweidaer Markt im Jahre 1913.
kommen: 1624, 1672 und 1693 waren
weitere Schicksalsjahre, in denen Großfeuer Mittweida einem Scheiterhaufen
gleichen ließen. Wie eine Flamme
das Blei, formten auch die jüngsten
Brandkatastrophen in den Jahren
1868, 1914 und 1963 den Markt.
Jeder damit verbundene Wiederaufbau beeinflusste das Bild des Platzes.
Steinziegel als Dachbedeckung lösten Stroh und Holzschindeln ab.
Aus einstöckigen wurden mehrstöckige
Häuser. Aus Bauten der Renaissance
wurden Gebäude des Barocks, die sich
wiederum zu Werken der KlassizismusArchitektur wandelten. Auch, wenn
viele Mittweidaer kamen und gingen,
viele Häuser gebaut, abgerissen worden oder abgebrannt sind – die Funktion des Marktplatzes blieb bis heute
erhalten.
Feuertod und Feierlaune
Nicht nur das Ausräuchern eines Bienenschwarms oder Funkenflug waren
Auslöser der Mittweidaer Großfeuer.
Auch die Brandstiftung reihte sich ein,
mit ihr auch ein abzustrafender Täter.
Im Jahre 1700 wurde auf dem Markt
Gericht über einen Brandstifter gehalten. Die Gerichtspersonen fackelten
nicht lange und verurteilten ihn zum
Feuertod. Üblich war es auch, Gauner
und Halunken auf dem Marktplatz an
den Pranger zu stellen. Am Rathaus
befanden sich dafür eiserne Ringe, die
den Angeklagten um den Hals gelegt
wurden. Ein Zettel auf der Brust verriet
deren Vergehen. Etwa 150 Jahre später
fand nach Abriss des alten Rathauses,
das heutige seinen Platz auf dem Markt.
Es wurde als Gerichtsgebäude erbaut
und bis 1952 als solches genutzt. Die
Einwohner wussten schon frühzeitig die
Mitte der Stadt für verschiedenste Zwecke zu nutzen. In den Jahren 1506 und
1520 machten Jägersmänner Jagd auf
Rehe, Hirsche und Hasen – mitten auf
dem Marktplatz. Könige, Prinzen und
Fürsten waren Gäste, die mit Aufmärschen auf dem festlich geschmückten
Platz geehrt wurden. Auch die Kultur
kam nicht zu kurz: 1519 bis 1522 erlebten die Mittweidaer Passionsspiele auf
einer Schaubühne. Das Honorar für
die Akteure war Bier. Ob heilige Messe,
Faschingstreiben oder Heimatfest – der
Markt war der Ort für gesellschaftliche
Zusammenkünfte. Mit dem jährlichen
Altstadtfest bewahren sich die Mittweidaer diese Tradition bis heute.
Durchmarsch und Fortschritt
In Kriegszeiten erlebten die Mittweidaer
viele Truppendurchzüge. Mal lagerten
200 Soldaten auf dem Markt, mal hielten 1500 Soldaten in der Stadt Quartier, mit ihnen ihre Pferde, Pulverwagen
und Kanonen. Lazarette wurden auf
dem Markt eingerichtet. Verwundete
mit Schubkarren transportiert. Krankheiten und Verwesungsgeruch breiteten
sich aus. Auch in den Jahren vor dem
ersten Weltkrieg tummelten sich Soldaten auf den Straßen. Dazu mischte sich
die Technikerschaft. Studenten, die sich
zum Couleur-Bummel versammelten,
von Haus zu Haus zogen und darauf
hoff ten, auf ein Bier eingeladen zu werden. Nach Kriegsende war von der guten Laune der Studenten nichts mehr zu
spüren. Auf dem Markt demonstrierten
sie gegen den Versailler Vertrag. Aus
dieser Zeit stammt der Marktbrunnen
mit dem heutigen goldenen Friedensengel. Genannt wird er auch „Marmeladentante“, da eines Morgens ein
Marmeladeneimer am Arm der Figur
baumelte. Durchaus denkbar, dass es
sich dabei um eine studentische Schelmentat handelte. In den Folgejahren
zog der Fortschritt auf dem Marktplatz
ein: Eine Verkehrsinsel! „Die Insel war
zum Parken wie geschaffen“, berichtete
Dr. Sauer im Jahr 1930, immerhin zählte der Chronist des Abends noch 15 auf
dem Markt parkende Autos nebst zwei
Autobussen. Reichte die Insel auf dem
Platz für die Jahr- und Wochenmärkte nicht aus, dienten auch Schützenund Tzschirnerplatz zu diesem Zweck.
Umgeben von Rathaus, Markt-Passage
und Friedensengel verkündeten amerikanische Truppen im Mai 1945 den
Mittweidaern das Ende des Zweiten
Weltkrieges.
Zur Wendezeit war der Markt der
Platz für den Montagstreff punkt und
Friedensgebete. An diesem geschichtsträchtigen Ort finden heute nach wie
vor Märkte, Events und Kundgebungen
statt. „Die bedeutendsten Häuser der
Stadt fand und findet der Bürger auf
dem Markt“, sagt Horst Kühnert und
zählt Rathaus, Banken und Postamt
auf. Diese Häuser rahmen heute noch
das Bild des wilden Markttreibens, das
man dank einer Webcam auf www.
mittweida.de im 15-Sekunden-Takt
aktualisiert beobachten kann. Neigt
sich nachmittags der Handel auf dem
Wochenmarkt dem Ende zu und sind
die Einkaufszettel abgearbeitet, verschwinden die Mittweidaer mit vollen
Taschen auf „Mittweidas Ku´damm“ –
der Rochlitzer Straße. Doch das ist eine
andere Geschichte.
Philipp Rappsilber
Erfahren Sie Geschichte und Geschichten über die Rochlitzer Straße – übernächste Woche in Ihrer Novum.
Maria Krause
enn die Studenten morgens
noch leicht verschlafen auf der
Rochlitzer Straße Richtung Hochschule
laufen, strömen ihnen zumeist zahlreiche Mittweidaer entgegen, die zu dieser
Stunde nur eines im Kopf haben: Den
Einkaufszettel für den Wochenmarkt.
Hackepeter für's Abendbrot, Saft und
Honig von Sachsens Sonnenfluren, Besen und Bürsten für den Frühjahrsputz.
Seit 1592 wird hier Handel getrieben,
selbst Kaufleute aus Chemnitz und
Leipzig sollen hinter den Marktsständen gestanden haben, schreibt Stadtchronist Dr. Arthur Sauer in seinem
Aufsatz „Was alles unser Marktplatz
gesehen hat“ von 1930.
„Mittweida - Ein Blick zurück“
W
Fast unverändert geblieben – der heutige Marktplatz.
8
Die Novum
Feuilleton
21. März 2012
Mehr Talk, weniger Show
Neue Talkshowformate auf den Nischensendern ZDFkultur und ZDFneo
er sonntagabends zu Günther
Jauchs Talkshow im Ersten
schaltet, ist selbst schuld. Denn parallel sendet ZDFkultur „Roche &
Böhmermann“! Auch eine Talkshow
– aber so anders. Schon das Studio
hat kaum Gemeinsamkeiten mit der
pompösen Glaskuppel, unter der
Jauchs Sendung aufgenommen wird.
Bei „Roche & Böhmermann“ ist es
beengt, Einrichtung und Farbigkeit
sind komplett im Stil der 60er Jahre
gehalten, blass aber schick. Während
die Gäste hier Schulter an Schulter am
runden Tisch sitzen, nimmt Jauchs
Runde in breiten Sesseln Platz. Der
ungleich unpersönlicheren Atmosphäre entsprechend wird das Thema der
Sendung angegangen, die versierten
Gäste sollen eine möglichst lebhafte Debatte bieten. Oft wird daraus
nur ein anstrengend eingefahrenes
Streitgespräch.
Mit einem gänzlich anderen Konzept arbeitet „Roche & Böhmermann“. Hier werden entspannt Leben,
Berufe und Besonderheiten der Gäste
angegangen als seien es kleine Schätze, die Entdeckung wert. Derart entlastet kommen Charlotte Roche und
Jan Böhmermann dem feinfühligen
Moderieren nach, anstatt ständig in
Streitgespräche eingreifen zu müssen.
So bemühte sich Roche während einer Sendung emsig um die Integration des schweigsamen FoodwatchGründers Thilo Bode ins Gespräch
– und schmeichelte ihm mit einer
Steve Feige
W
Quotenwanderung: die neuen Talkshows könnten den alteingesessenen den Rang ablaufen.
versteckten Liebeserklärung an die
Vorsätze seiner Verbraucherschutzorganisation. Böhmermann stichelte
dagegen an, forderte Bode wiederholt
auf, sich doch endlich in das Gespräch
einzubringen. Der Charme der Sendung offenbart sich in Kleinigkeiten.
Regieanweisungen gibt es per Zettel
in die Hand, die Gäste betätigen einen
Live-Zensur-Knopf, der Informationen überpiepst, die für diesen Abend
in der Tischrunde bleiben sollen. Die
bissigen Einspieler zur Vorstellung der
Gäste trägt ein aus den 60ern importierter Nachrichtensprecher trocken
vor. Die abwesende Collien Ulmen-
Fernandes, die kurz vor Sendung abgesagt hatte, wurde mittels Aufzählung
ihrer abgeschlossenen Werbeverträge
vorgestellt – nicht etwa damit, dass sie
eine bekannte Fernsehmoderatorin ist.
Ebenso einfallsreich präsentiert sich
das zeitgleich zu „Markus Lanz“ laufende „Stuckrad Late Night“. Den
spielerischen Politiker-Talk im kleinen
Studio moderiert Journalist Benjamin
von Stuckrad-Barre. Seine zappelige
Art stützt die Sendung in ihrem episodenhaften Verlauf, hektisches Getränkeeinschenken, nervöses Ziehen an
der Zigarette. Schweift hier der Gast
zu sehr vom Thema ab, unterbricht
ihn Stuckrad-Barre mit kleinen Spielchen oder rapidem Themenwechsel
– Politiker, die gerne mit immergleichen Phrasen für sich werben, haben
hier wenig Chancen. Unterstützung
findet Stuckrad-Barre in Hajo Schumacher und Nikolaus Blome, die von
einer Loge aus die Sendung mit parteiischen Zwischenrufen bereichern.
So vermeldete Schumacher auf die
Ausführungen des ehemaligen Grünen Rezzo Schlauch, eine Koalition
von Schwarz-Grün habe doch noch
nie funktioniert.
Keine trockenen Konversationen über
angestaubte Themen, kein forciertes
Streitgespräch, so zeigt sich die neue
tiefenunterhaltsame Talkshow. Auffällig auch ihre Neigung, die Machart
stärker offenzulegen. Bei „Stuckrad
Late Night“ kommt zwischendurch
der Aufnahmeleiter ins Bild und ermahnt den Moderator bei Zeitverzug.
Roche und Böhmermann praktizieren
nach Verabschiedung und Abspann
noch eine intime Nachbesprechung,
bei der sie belustigt die Fehler der jeweiligen Sendung diskutieren. Das
entspricht ganz einem der aktuellsten
Trends, der sowohl Politik als auch
Medien betrifft: maximale Transparenz für den Betrachter.
Christian Kandels
Stuckrad Late Night - donnerstags,
23:30 Uhr, ZDFneo
Roche & Böhmermann - sonntags,
22:00 Uhr, ZDFkultur
Verspielt vorbei an der Vernunft
Zwischen Verdruckstheit und Gefühlsexplosion – MIA. sprechen durch die Blume und trotzdem „Tacheles“
F
H. Flug
arbexplosionen à la Jackson Pol- mit hinab in diese Halbwelt und tob
lock und die Energie einer sicht- mich aus in dunkelbunter Energie.“
lich gut erholten Band – Tatendrang, Damit aber gelingt dem Berliner
getränkt in purer Lebenslust kriecht Quartett um die schillernde Sängein die Glieder, wenn Mieze Katz von rin Mieze die Reise durch die Vieleinem waghalsigen Experiment singt: falt der Gefühle: Man tanzt, schreit
dem Fliegen ohne „Fallschirm“. Der und schluchzt mit Mieze beim Titel
gleichnamige Song preist ein Leben „Brüchiges Eis“ ganz melodramatisch
voller Leidenschaft und reuelos gebrochener Tabus. Doch
obwohl MIA.s Elektropop
hier demonstrativ lebensfroh
daherkommt, schlägt ihr
neues Album „Tacheles“ eher
betrübte, raue Töne an.
Aus den ehemaligen LaunePoppern wurden Lust-Melancholiker, die zwar gerne
Tacheles reden würden, sich
aber doch wieder im Sinnieren verfangen: „Ich lös mich Weiße Katz und schwarze Kater, bewaffnet und bereit, ihr
auf und ab von Reality. Steig Revier zurück zu erobern.
um die Wette. „Der Einzige“ kratzt
mit sphärischem Klang an fremden
Galaxien, beschreibt jedoch ganz banal das männliche Balzverhalten. Mit
„Sturm“ geben sie sich zukunftsorientiert: „Und nur nach vorn, nie zurück“,
so laufen sie gegen den Wind, flüchten
vor den Schrecken der Vergangenheit.
Musikalisch greifen sie allerdings auf
bewährte Mittel der Neuen Deutschen
Welle zurück, geradlinige Rhythmen und Keyboardsounds mit Hang
zum Gequietsche. Wäre MIA.s Musik
ein Mädchen, trüge es goldene Leggings, Schulterpolster und synthetisch
riechende Blumen im Haar.
Seit Schulzeiten spielen MIA. zusammen. Damals waren sie lauter, protestierten: „Ich hab es satt. Hetze nachts
durch meine Stadt. Ich bin ein Blitz,
schlag alles kurz und klein.“ Ihr Elektropunk war dennoch zu soft für rüde
Perfektionspunker. Heute sind sie mit
dem Protestieren fertig, beschäftigen
sich nur noch mit persönlichen Problemen, wälzen die Befindlichkeiten
über ihre Türschwelle. Wenn der Gefühlsballast nur nicht so verschlüsselt
und mit den rosa Schleifchen Miezes
Mädchenhaftigkeit umwickelt wäre!
Die verleitet schon mal dazu, MIA.
als „dümmste und nervigste Band Berlins“ zu bezeichnen, wie die gealterte
Deutschpop-Eminenz Christiane Rösinger einst verlauten ließ. Mieze Katz‘
Buntheit mag manch verhärmtem Gemüt nicht zugänglich sein, denn sie
rüttelt am vergrabenen Spieltrieb in
jedem Menschen, weckt den Impuls,
sich dem tosenden Auf und Ab der
Gefühle zu ergeben.
Sarah Kricke
MIA. – „Tacheles“. VÖ: 9.3.2012
Feuilleton
21. März 2012
Die Novum
9
Digitale Mitleidsepidemie
Die Kampagne „KONY 2012“ zeigt, wie schnell Menschen online in Aktionismus verfallen
ganda: Ein fanatisch-christlicher
Warlord und eine Rebellenarmee. Getötete Männer, vergewaltigte und verstümmelte Mädchen und
Frauen, skrupellose Rekrutierung
von Kindersoldaten - so liest sich die
ungeschriebene Biografie von Joseph Kony. Einem Afrikaner, der seit
2005 wegen Verbrechen gegen die
Menschlichkeit in tausenden Fällen
gesucht wird - bisher ist er unauffindbar, möglicherweise sogar längst
tot. Lange ging alles ohne öffentliche
Aufmerksamkeit vonstatten.
Doch nun nahm Anfang März
„KONY 2012“, ein Film ganz im Stile eines Propagandavideos, die sozialen Netzwerke und Videoplattformen
in Beschlag. Eine geschlagene halbe
Stunde lang sind Zuschauer, die beim
Thema „Afrika“ sonst nach 30 Sekunden umschalten würden, ergriffen
von der ebenso simplen wie leidvollen Geschichte eines Kindersoldaten,
der seinen Bruder durch Kony verlor.
Die Welt soll über das ihr vorher völlig
unbekannte „Schwein“, Joseph Kony
aufgeklärt werden. „Invisible Children“, die hinter dem Film stehende
amerikanische Wohltätigkeitsorganisation, träumt von einer amerikanischen Intervention, die das „Problem
Katharina Espig
U
Millionen Menschen haben sich schon an- und „Invisible Children“ Geld zugesteckt.
Kony“ beseitigen soll und sammelt dafür Spenden. Unweigerlich fragt man
sich, ob dieselben Zuschauer, die 2003
noch gegen den Irakkrieg protestiert
haben, heute Geld für einen amerikanischen Einmarsch locker machen.
Prominente wie Rihanna und George Clooney kommen im Video ebenfalls zu Wort. Frei nach dem Motto:
Wenn George sagt, dass der Verbrecher Kony so berühmt werden muss
wie der Filmstar Clooney, ist das wohl
richtig. Für alle Fans bietet „Invisible
Children“ sogenannte „Action-Kits“
an: Für nur 30 Dollar bekommt jeder
bereitgestellt, was er benötigt, um ein
Teil von „KONY 2012“ zu werden:
T-Shirts, Armbänder, Sticker, Poster
und Buttons. Bequem für frontferne
Hobbyaktivisten. Doch die Einstellung des durchschnittlichen Facebook- oder Youtube-Nutzers tendiert
wohl eher dahin, Videos zu teilen und
sich kurz zu empören. Genug, sich als
essentieller Teil der Aktion zu fühlen.
Und bei 82 Millionen Aufrufen, die
das Kony-Video erreicht hat, scheint
der virale Buschfunk tatsächlich
zu funktionieren. Doch geholfen ist
der Welt damit lange nicht. „Wir brauchen kein zurechtgeschliffenes Video
auf Youtube, um darauf aufmerksam
zu werden“, sagte der ugandische
Ministerpräsident Amama Mbabazi
über „Kony 2012“, vermutlich als Anspielung darauf, dass der Film wenig
fundierte Fakten enthält, sich dafür
überwiegend auf veraltetes Material
über Kindersoldaten stützt. Kony sei
seit Jahren nicht mehr im Lande und
in einem Konflikt befinde sich Uganda auch nicht, so Mbabazi. Auch in
zahlreichen Medien und Foren hagelt
es weltweit scharfe Kritik. Die Unterstützer von „KONY 2012“ würden alles aufsaugen und nichts in Frage stellen. Auch die Macher des Films sind
derzeit wohl überfordert. Das wäre
zumindest eine Erklärung für den
psychischen Zusammenbruch des Regisseurs Jason Russell. Der wurde am
Donnerstag festgenommen, nachdem
er am hellichten Tage nackt brüllend
und um sich schlagend durch die Straßen San Diegos rannte. Mittlerweile
befindet er sich in psychiatrischer Behandlung.
Josefine Danneberg
Pixel oder Papier?
Ob die Zukunft des Lesens tatsächlich digital ist, zeigte sich auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse
W
dp a Ma
rc Tirl
issenschaftsjournalist Ranga
Yogeshwar ist der festen Überzeugung, dass in sieben Jahren 80 Prozent aller Bücher elektronisch gelesen
werden. Laut einer Emnid-Umfrage
glaubt die Mehrheit der Deutschen
ebenfalls, dass E-Books dann zum
Alltag gehören.
Dass die Zeit der Digitalisierung angebrochen und das Mediennutzungsverhalten im Wandel ist, hat nun auch die Leipziger
Buchmesse thematisiert. In der
vergangenen Woche galt die Aufmerksamkeit erstmals nicht nur den
gedruckten Büchern, sondern
auch den digi-
talen Werken. Unter dem Motto
„Leipzig.liest.digital“ hatten die Veranstalter in diesem Jahr einen eigenen
Ausstellungsbereich für digitale Medien eingerichtet. Und bewiesen damit das richtige Gespür: der E-BookMarkt wächst. Elektronische Bücher
haben einen Marktanteil von einem
Prozent am deutschen Buchmarkt
erreicht. Das klingt zwar bescheiden,
aber der Umsatz stieg allein im letzten
Jahr um 77 Prozent, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung. Einhergehend damit ist ein Umsatzrückgang um drei Prozent im klassischen
Buchhandel.
Die meisten Autoren und Verleger
ziehen allerdings immer noch das
gedruckte Buch der digitalen
Version vor, ergab
eine
Befragung
Praktisch:
Die Westen- auf der Leipziger
Buchmesse. Digitaschentale Publikationen
Bibliothek
werden
bislang
meist als Ergänzung zum PrintProdukt verstanden, nicht als
Ersatz. Dass sich aber an einem
E-Book bis zu 70 Prozent des
Verkaufspreises im Gegensatz zu
meist nur fünf bis zehn Prozent beim
gedruckten Buch verdienen lassen,
garantiert auch autorenseitiges Interesse. Ganz auf eine digitale Version
ihrer Werke zu verzichten kommt also
nicht in Frage.
In der Messehalle 5 waren die Angebote zum Thema digitale Medien
dementsprechend umfangreich. Neben E-Publishing-Spezialisten waren
auch junge Unternehmen mit neuen
Ansätzen anwesend. So die OnlineBibliothek „Skoobe“, die E-Books wie
althergebrachte Bibliotheken für einen
monatlichen Mitgliedsbeitrag verleiht.
Dieses Konzept ist insofern interessant, da E-Books bisher für den Leser unverständlicherweise zum selben
Preis wie gedruckte Bücher verkauft
werden. Eine Gefahr für den traditionellen Buchhandel bestehe auch
trotz dieser Flatrates noch nicht, wie
sich aus den Erklärungen der Werbechefin Elke Wehinger vom Dumont
Buchverlag schließen lässt. Gegenüber
Novum äußerte sie, dass sie lediglich den Taschenbuchhandel seiner
„schnelllebigen Lesemomente“ wegen
bedroht sehe. Mit modernen TabletPCs, auf denen die E-Books am häu-
figsten gelesen werden, gewinnt die
Buchbranche insbesondere jüngere
Leser dazu. Laut einer Umfrage des
„PricewaterhouseCoopers“ verbringt
jeder fünfte Befragte zwischen 16 und
29 Jahren nach dem Kauf eines Tablets mehr Zeit mit Büchern als zuvor.
Der praktische Aspekt ist dabei nicht
unerheblich: „Mit dem E-Book habe
ich viele Bücher in meiner Tasche.
Unterwegs ist es viel platzsparender als
ein normales Buch“, so ein begeisterter
Besucher der Messe.
Die Leseratten auf der Leipziger
Buchmesse waren sich jedoch einig, dass der E-Book-Hype wieder verfliegen werde. „Ich mag den
typischen Geruch eines alten Buches
und möchte es nach dem Lesen zu
all den anderen Büchern ins Regal
stellen.“ Das sensorische Lesegefühl
fehle ihm beim E-Book, er wolle die
Seiten beim umblättern knistern hören,
Eselsohren knicken, Zitate markieren.
Für ihn wird sich das Medium Buch,
das 500 Jahre lang den Ton angab,
nicht so schnell in Pixel auflösen – wie
einige E-Book Anhänger zu wissen
meinen.
Lara Köster
10
Sport
Die Novum
21. März 2012
Tanz mit rohem Ei
Taiji Tennis, der neue Trend aus Fernost
förmigen, fließenden Bewegungen um
den eigenen Körper geschwungen,
sodass der Ball auf dem Schläger
„klebt“. Der Sport kann sowohl alleine, als auch zu zweit gespielt werden.
Das Soloplay fördert die eigene Körperbeherrschung,
Geschicklichkeit
und Konzentration. Beim Spiel miteinander werfen sich die Sportler den
Ball mit dem Schläger zu. Im Wettkampf wird der Ball wie beim Badminton über ein Netz geworfen. Ein
Schmetterschlag ist nicht möglich,
Peter Öttler
ngela Merkel hat sich schon
daran versucht und auch Stefan
Raab hat es in seiner Show „TV Total“ gespielt. Es sieht aus, als ob man
ein rohes Ei in einer Pfanne balanciert und gleichzeitig versucht, ein
Orchester zu dirigieren. Die Rede ist
von Taiji Bailong Ball (TBB), der neuen Trendsportart aus China, die auf
der Bewegungsphilosophie des Taiji
beruht. Dabei wird ein etwa Tennisball großer mit Sand gefüllter Ball auf
einem Schläger balanciert und in kreis-
Taiji Bailong-Trainer Peter Öttler erklärt, wie mit dem Ball gespielt wird.
Parkbänke statt Krankenschwestern
Ein Kommentar von Florian Wunderlich
Europa blickt derzeit eher mit
bangem Blick auf die kommende Europameisterschaft in Polen
und der Ukraine im Sommer. Korruption beim Stadionbau und in
der Infrastruktur sind leider schon
trauriger Alltag bei der Vorbereitung der Fußball- Europameisterschaft. Zumindest stehen nun alle
Stadien. Während in den letzten
Wochen
Bilder von gequälten
Tieren auftauchten, kämpft die
Ukraine bereits mit einem weiteren Problem. Leiden muss nun das
Volk. Staatliche Gelder, die eigentlich für die Unterstützung sozial
Schwacher und Hilfsprojekte bestimmt waren, fließen in den Topf
für die Europameisterschaft.
Die geplanten öffentlichen Mittel
von 3,2 Milliarden Euro sind schon
längst überschritten.
Die Krankenschwestern warten,
wie viele andere auch, vergeblich auf
ihren Lohn, weil die Regierung das
Geld in die Vorbereitungen steckt.
Einem sozialen Projekt in der Stadt
Charkow werden derzeit staatliche
Gelder sogar komplett verwehrt.
Der Arbeiter Samariter Bund
(ASB) in Berlin unterstützt in der
zweitgrößten Ukrainischen Stadt
ein Projekt für Überlebende aus
dem Konzentrationslager Auschwitz, für das derzeit aber gar kein
Geld fließt. Die Regierung errichtet lieber neue Autobahnen und
Parkbänke
vor Metrostationen,
die nach der EM wohl niemand
mehr braucht, wenn bereits Geld für
ein Auto fehlt.
Spätestens jetzt muss sich UEFAPräsident Michel Platini eingestehen, dass das Projekt Polen und
Ukraine schwerer ist als gedacht.
Nun ist die moralische Verantwortung gefragt, um die Menschen
in der Ukraine, deren Durchschnittseinkommen gerade mal bei
228 Euro liegt, nicht noch ärmer zu machen. Es sollte eigentlich der Fussball sein, der im
Vordergrund steht. Doch bei dieser
Europameisterschaft muss über die
Flutlichtmasten hinaus geschaut
werden.
denn dadurch würde die dünne Bespannung des Schlägers zerreißen.
Peter Öttler aus Langenweißbach in
Sachsen ist der derzeit einzige TBB
Trainer in den neuen Bundesländern.
„Taiji Bailong Ball kommt ohne die
persönliche, explosive Kraft aus. Körperliche Leistungsunterschiede sind
nicht so vordergründig bestimmend.
Aggressivität kann sich nicht aufbauen. TBB ist ein „freundliches“ Spiel.
Im Miteinander ist das offensichtlich
und im Spiel gegeneinander hintergründig spürbar,“ erklärt er die Besonderheiten des Sportes.
Entwickelt wurde Taijiball 1992 in
China von dem Sportprofessor Bai
Rong. Im Jahr 2005 brachte der
Chinese Xiaofei Sui den Sport nach
Europa und gründete die Taiji Bailong
Ball Association -TBBA. Seitdem werden unter anderem in Hamburg weitere Trainer und Übungsleiter ausgebildet und Seminare abgehalten, um
den Sport publik zu machen. Dennoch gibt es europaweit nicht mal ein
Dutzend Ausbilder, die diesen Sport
unterrichten können. Ziel der TBBA
ist es, den Taijiball so bekannt zu
machen, dass er als olympische Disziplin anerkannt wird. Seit 2006 finden
alle zwei Jahre Europameisterschaften
statt, die nächste im Oktober 2012
in Hamburg. „Bei den Turnieren
herrscht weniger der im Westen übliche Wettkampfcharakter, sondern es
geht mehr um die Spielfreude und den
Austausch von Erfahrungen“, so Peter
Öttler. Schnupperkurse können derzeit in Zwickau und Dresden besucht
werden.
Taiji Bailong Ball ist für jede Altersklasse geeignet, wobei das Verständnis erfahrungsgemäß mit zehn
Jahren beginnt. Es unterstützt den
Muskelaufbau, gleichzeitig ist es gelenkeschonend. Die Geschwindigkeit
und Intensität der Bewegungen kann
nach Belieben reguliert werden. Auspowern oder Entspannen, jeder entscheidet selbst wie er es mag. Eine
wichtige Voraussetzung sei jedoch die
Fähigkeit, sich zu entspannen und
den Kopf frei zu machen, da höchste
Konzentration gefordert ist. Gerade
beim Erlernen des Sports. All diese
Eigenschaften machen TBB zu einem anspruchsvollen Spiel. „Diese
Sportart muss vermittelt werden, man
kann sie nicht aus Büchern lernen“,
meint Öttler.
Mareike Niet
„Blaue Pillen in Silberfolie“
DDR-Dopinggeschädigter fordert Streichung seines Rekords
H
eidi empfängt freudestrahlend
ihre Goldmedaille. 21,10 Meter
hat sie die Kugel gestoßen. 1986 macht
sie das zur Europameisterin. Dass sie zu
diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre Anabolika, Oral-Turinabol und
männliche Hormone verabreicht bekommt, weiß sie nicht. Ein Beschluss
des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands
ruft 1974 das „Staatsplanthema 14.25“
ins Leben, ein System des staatlich
organisierten und geförderten Dopings. Rund 400 Ärzte, Trainer und
Sportfunktionäre sind fortan involviert. Im Jahr 2000 stehen sich
Hauptverantwortliche und Opfer im
DDR-Doping-Prozess gegenüber.
Trotz eindeutiger Beweislage ein
zähes Unterfangen mit milden Strafresultaten. Einer der bis zu 10.000
geschädigten Sportler ist Heidi, die
nach einer geschlechtsanpassenden
Operation heute Andreas Krieger
heißt. „Das erste Mal gab mir mein
Trainer in Silberfolie gewickelte blaue
Pillen, ich solle sie nehmen, das wäre
in Ordnung“, erinnert sich Andreas
Krieger heute. „Ich war nicht stutzig.
Ich wurde doch nie positiv auf Doping
getestet und ich vertraute meinem
Trainer vollstens.“ 1991 gibt Kriegers
Mutter ihm ein Buch über Doping in
der DDR, auch sein früherer Name
Heidi Krieger ist hier aufgelistet.
Selbst zu diesem Zeitpunkt habe ich
das noch als DDR-Hetzterei abgetan,
ich war völlig ahnungslos.“ Erst Jahre später deckte ein Arzt den Betrug
an ihm auf, seine Vermännlichung
wird zum Großteil auf die Hormonverabreichung zurückgeführt. Ende
letzten Jahres erfährt Krieger, dass der
Leichtathletikweltverband IAAF ihn
als Heidi Krieger noch immer in der
U20 Rekordliste führt. Obwohl die
DDR-Doping-Prozesse eine deutliche
Sprache sprechen, folgten auf Kriegers
dringliche Forderungen, den Sieg angesichts der Umstände zu entfernen,
keine Taten. „Als ich erfuhr, was mit
mir geschehen war, wurde der Sieg
für mich wertlos. Er sollte nirgendwo
stehen.“
Susanne Bartels
Natalie Kunze
A
Bunte Medikamente für den Erfolg
12. Nov 2007
Kurz vor Zwölf
21. März 2012
Mensaplan
1
Gewinnspiel
Donnerstag, 22.03.2012
Thüringer Bratwurst, Sauerkraut,
Kartoffelpüree | Tortelloni mit Ricotta-Spinatfüllung, Tomaten- Käsesoße | Suppe, Schweinemedaillons, Pfefferrahmsoße, Gemüse, Tellerrösti
Freitag, 23.03.2012
mensaVital Bunte Eblypfanne mit Rinderhackfleisch | Bratheringsfilet, Kartoffelpüree, Zwiebelringe, Blattsalat, Nachtisch | 1/2 Grillhähnchen,
Pommes frites, Salat
Montag, 26.03.2012
mensaVital Schweinestreifen Masala auf Vollkornspagetti | Gebackene Tintenfischringe, Pommes
frites, Aioli Dip, Salatmix,1 Apfel | Schweinesteak
mit Letscho, Bratkartoffeln, kleiner Salat, Schokopudding/ Vanillesoße
Dienstag, 27.03.2012
Kohlroulade, Magerspecksauce, Schmorkraut,
Kräuterkartoffeln | Tomatenkremsuppe, 4
Quarkkeulchen mit und ohne Rosinen, Apfelmus |
Rüblisuppe, Sahnegulasch Schweizer Art, Broccoli,
Butterspätzle, Dessert
Mittwoch, 28.03.2012
Möhreneintopf mit Rindfleisch, 1 Scheibe
Bäckerbrot | mensaVital Auberginenschnitzel mit
Haferflocken paniert, gebraten, bunter Gemüsebulgur | Hähnchenkeule 250g, Rotkohlgemüse ,
Kartoffelklöße, Dessert
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3
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7
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Lösung:
Tweet der Woche
„Ich finde ja, die Meldung „Tour-de-FranceSieger war gedopt!“ liest sich inzwischen
etwa wie „Wimbledon-Sieger spielte mit
Schläger!“
@Scherzinfarkt
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Kinoprogramm
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Alvin und die Chipmunks 3 – Chipbruch
Donnerstag bis Mittwoch 16.45
5
Gefährten
Donnerstag bis Mittwoch 19.45
1
Descandants
Donnerstag bis Mittwoch 20.00
Freitag und Samstag auch 22.15
7
Fünf Freunde
Donnerstag bis Mittwoch 17.15
Samstag und Sonntag auch 15.00
4
1
8
Filmbühne Mittweida, Theaterstraße 1
Telefon: 0 37 27 / 31 42
7
Anzeige
9
8
Heute suchen wi
3
4
DICH !
T au dich, komm zum Casting
und zeig was du d auf hast !
Casting
21. März I 16.30 Uhr Haus 6
B
o
i
d
u
E im St
HEUT
Eine Anmeldung ist vorher nicht nötig.
Hinkommen, mitmachen, Spaß haben.
5
4
2
Viral
Wenn einer erkältet in die Schule kommt und
sich beim Niesen die Hand nicht vor den Mund
hält, sind bald alle krank. So ähnlich ist das auch
im Internet. Einer findet ein ganz tolles Video
und weil Begeisterung ansteckt, muss er das
Video auch all seinen Freunden zeigen. Und die
zeigen das Video weiter. So können sich im Internet Videos sehr schnell verbreiten – wie eine
Grippe eben. Nur dass hier einer die Krankheit
gezielt im Labor züchtet und in Umlauf bringt,
um hinterher die Medizin zu verkaufen. Und andere als kostenlose, persönliche Vermittler der
Werbebotschaft nutzt.
Boxenstopp
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Wir verlosen zweimal eine Kinokarte für die Filmbühne Mittweida. Schicken Sie die Lösung des
Sudoku bis zum 26. März 2012 an: [email protected].
Der Ruf der Wale
Samstag und Sonntag 14.45
Konzessionsabgaben
Bevor der Strom in den Haushalten in die Steckdose kommt, muss er vom Energieerzeuger
über Netze transportiert werden. Diese Netze
befinden sich zum Teil auf öffentlichem Boden.
Damit die Netze auf den Flächen auch ordnungsgemäß gewartet und betrieben werden können,
müssen die Netzbetreiber eine Gebühr an die
Gemeinden zahlen.
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Hinweis
Ihren Gruß schicken Sie bitte an: gruesse@
die-novum.de. Des Weiteren weisen wir
darauf hin, dass Grüße keine fremdenfeindlichen, rassistischen, persönlichkeitsverletzenden oder in anderer Art gegen bestehendes
Recht verstoßende Inhalte aufweisen dürfen.
Bei Verletzung dieser Richtlinien behalten wir
uns rechtliche Schritte vor.
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Ich grüße das Marketing-Team!
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Die Tribute von Panem
Donnerstag bis Mittwoch 17.00 + 19.45
Freitag und Samstag auch 22.30
Samstag und Sonntag auch 14.15
Ich heiße den Berliner Kameraden HP janz
herzlich willkommen! Lass uns MW abreißen,
alter Suffkopp!
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Viele Grüße an das MF2012-Team. André
Ich grüße meine Greaser-WG und freue
mich auf viele weitere musikalisch bestens
unterlegte Abende am Küchentisch mit
Milchreis, Shisha und Sendungsvorbereitung!
Ich liebe euch :)
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Folgende Filme werden in der Filmbühne
Mittweida, in der Woche vom 22. März bis
28. März gezeigt:
Grüße an den Osterhasen. Jonas
2Kinderleicht erklärt
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Bitterschokolade, Banane und Keks – die
schönste Kombination seit es das Vertrauensdreieck gibt. <3
Ich grüße das fleißige Umzugsteam =) S.K.
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Stufe:
Die
Novum
Versailler Vertrag
Das ist ein Friedensvertrag zwischen den Allierten und dem Deutschen Reich nach dem Ersten
Weltkrieg. Er trat 1920 in Kraft und wies dem
Deutschen Reich die Alleinschuld am Ausbruch
des Ersten Weltkriegs zu. Der Vertrag sah für das
Deutsche Reich großflächige Gebietsababtrennungen beziehungsweise zeitweilige Gebietsbesetzungen vor.
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Grüße
Viel Spaß heute beim Casting.
Teil A
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Impressum
Die Novum ist eine Ausbildungszeitung
der Fakultät Medien / Die Novum Print
der Hochschule Mittweida, unterstützt
von: AMAK AG und Medieninstitut
Mittweida e.V.
Verleger gemäß SächsPresseG vom
3. April 1992: Mittweida Research Division GmbH/ AMAK AG, Technikumplatz 3,
09648 Mittweida, www.amak-online.de
Geschäftsführerin: Silke Knauer
Vorstand: Prof. Dr. Otto Altendorfer
Anschrift: Hochschule Mittweida, Redaktion
Die Novum-Print, Leisniger Straße 9,
09648 Mittweida
E-Mail: [email protected],
www.die-novum.de
Herausgeber: Fakultät Medien
V.i.S.d.P.: Prof. Dr. Ludwig Hilmer
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Andreas
Wrobel-Leipold
Chefredaktion: Anne Schulze, Katja Wendrock
CvD: Madeleine Bergmann
Politik: Katja Wendrock
Hintergrund: Beatrice Hönig
Lokales: Lisa Viecenz, Jan Schulze
Hochschule/Wissenschaft: Annegret Hintze,
Anne Koths
Feuilleton: Katrin Bertsch, Vinzenz Horwath
Sport: Franz Müller
Magazin: Nicole Grimm
Marketing: Stephanie Köhler
Anzeigen: Marcel Gräfe
Grafik: Natalie Kunze
Layout: Victoria Scholz
Foto: Peter Schilling, Maria Krause
Online: André Baumjohann
Technik & Druck: Christian Greim,
Sindy Herrmann, Stefan Heidisch
Vertrieb: Anne Koths
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Magazin
Die Novum
21. März 2012
Abgelaufen ist nicht gleich schlecht
Die Debatte um das Mindesthaltbarkeitsdatum
er Joghurt sieht aus wie Joghurt,
riecht wie Joghurt, schmeckt
wie Joghurt. Aber das Mindesthaltbarkeitsdatum ist gestern abgelaufen.
Also ab in den Müll? Vergiftungsgefahr? Viele Deutsche denken offenbar
so, damit ließen sich die 11 Millionen
Tonnen Lebensmittel teilweise erklären, die jährlich in Deutschland in
den Abfall wandern. Das entspricht
275.000 LKW, die aufgereiht von Berlin bis Bagdad reichen würden. Das
erschreckende Ergebnis einer Studie
der Universität Stuttgart zeigt, dass
61 Prozent der Abfälle allein in Privathaushalten entstehen. Dabei wären
über die Hälfte dieser Lebensmittelabfälle oder sogar völlig vermeidbar.
Die Verbraucherschutzministerin Ilse
Aigner startete deshalb am Montag
eine bundesweite Aufklärungskampagne zum richtigen Umgang mit
dem MHD.
Dafür werden über vier Millionen Flyer und Informationskarten in 21.000
Supermärkten verteilt. Doch was bedeutet eigentlich „mindestens haltbar
bis…“? Laut Verordnung über die
Kennzeichnung von Lebensmitteln,
ist das Mindesthaltbarkeitsdatum das
Kamila Fajzulin
D
Die Milch vom letzten Jahr hat den Geschmackstest bestanden.
Datum, bis zu dem ein Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen
Eigenschaften behält. Nach Ablauf
dieses Datums kann es sein, dass ein
Produkt nicht mehr seine typische
Farbe behält oder sich der Geschmack
leicht verändert. Keinesfalls ist das
Lebensmittel aber gleich ungenießbar. Ernährungswissenschaftlerin
Carmen Rohde rät, sich die Lebensmittel vor dem Verzehr noch
einmal anzuschauen: „Oft sieht
man ja, ob sie verdorben sind, zum
Beispiel durch Schimmel.“ Vorbildlich findet sie den englischen Be-
griff für Mindesthaltbarkeitsdatum:
„best before“, zu deutsch „Am besten
vor dem“: „Dieser verdeutlicht viel
besser, dass das Lebensmittel auch
danach noch verzehrt werden kann“.
Der Pressesprecher des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Holger
Eichele, spricht sich gegen eine Umbenennung aus. Denn auch eine neue
Bezeichnung müsse dem Endverbraucher erst erklärt werden. Außerdem
verweist er auf eine Forsa-Umfrage,
die zeigt, dass 81 Prozent der rund
2.000 Befragten sich schon mit der
Thematik beschäftigt hätten. Weiterhin gaben 19 Prozent an, ihre Einstellung gegenüber abgelaufenen Lebensmitteln bereits geändert zu haben.
Den Anstoß für die Debatte lieferte
der Dokumentarfilm „Taste the waste“, welcher im September letzten Jahres in die Kinos kam. Regisseur und
Autor Valentin Thurn schockierte die
Kinobesucher mit den Ausmaßen der
Überflussgesellschaft: „Das in Europa
weggeworfene Essen würde zweimal
reichen, um alle Hungerleidenden unserer Erde zu ernähren.“
Isabell Kaden
Motorsport sucht heiße Kurven
TMM castet Models für den neuen Aktkalender „Boxenstopp“
chnelle Motoren, qualmende Reifen und nun auch Erotik. Bisher
gab das Technikum Mittweida Motorsport bei der „Formula Student“
auf der Rennstrecke Gas. Jetzt wagen
sich die Studenten zusätzlich mit dem
Aktkalender „Boxenstopp“ an eine
neue Herausforderung. Damit folgen
sie der Tradition des Hochschul-Akt-
kalenders, jedoch mit neuen Maßstäben: „Bei uns steht mehr die Geschwindigkeit und der Rausch des
Motorsports im Vordergrund“, erklärt Projektleiterin Anna Kirchner. Sie sucht mit ihrem Team
Nachwuchsmodels – neben attraktiven Frauen erstmals auch Männer. Bei einem Laufsteg-Casting
dürfen sich Interessierte heute
ab 16:30 Uhr im Studio B der Hochschule beweisen. Alle Teilnehmer
sollen sich jeweils in Alltagskleidung, in schicker Abendgarderobe
und in einem enganliegenden Outfit
vor der studentischen Jury präsentieren. Ein professioneller Fotograf,
Projektleiterin Anna Kirchner und
Bild der Woche
dpa Wolfgang Thieme
S
Eine der kürzesten Karrieren erlebte das
Keinohr-Kaninchen aus Limbach-Oberfrohna.
Es war eine Sensation, dass Ende Februar ein
Kaninchen ohne Ohren auf die Welt kam.
Schnell war klar, dass es zur Attraktion des
Tierparks werden sollte. Die Patenschaft von
Till Schweiger, Hauptdarsteller und Regisseur
der Komödie „Keinohrhasen“, war ebenso fest
eingeplant, wie auch die zahlreichen Besucher. Als Mitte März die Existenz des Kleinen
bekannt gegeben wurde, stürmte schnell das
erste Fernsehteam heran. Leider kam es bei
den Dreharbeiten zu einem tragischen Unglück. Der Kameramann trat beim Rückwärtsgehen versehentlich auf das im Heu versteckte
Zwergkaninchen, welches daraufhin starb.
Christoph Gilbert
Model Lara Köster suchen acht Frauen und vier Männer mit Talent und
Ausstrahlung. „Nicht Perfektion ist
gefragt, sondern Einzigartigkeit und
Charakter“, verrät Anna Kirchner.
Jury-Mitglied Lara wurde selbst bei
einem Laufsteg-Casting entdeckt:
„Es kostet viel Mut, aber das Selbstvertrauen gewinnt dabei enorm!“
Für die zwölf Models geht es dann
mit einem professionellen Laufstegtraining weiter, das als Vorbereitung
für die nächste Etappe dient: dem
„Catwalk for Boxenstopp“. Dieser
findet im Rahmen der Mittweidaer
Shoppingtage am 5. und 6. Mai statt.
Branchenkenner beurteilen, wer das
Erlernte umsetzen kann und küren
die Finalisten.
Bis zu fünf Models werden ausgewählt und stellen sich einem OnlineVoting auf Facebook. Der Gewinner
darf mit einem bekannten deutschen
Topmodel vor der Kamera stehen und
erscheint im Kalender „Boxenstopp“.
Mit den Einnahmen des Kalenders
will das Technikum Mittweida Motorsport seinen Rennwagen für die nächste Saison der „Formula Student“, dem
internationalen Motorsport-Wettbewerb für Studenten, finanzieren.
Christoph Gilbert

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