PDF MA gekürzt - Fachzentrum für Pflegekinderwesen Sachsen
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PDF MA gekürzt - Fachzentrum für Pflegekinderwesen Sachsen
Zusammenfassung Thema der Arbeit sind Konfliktverhaltensstrategien bei Pflegeeltern in der Paarbeziehung. Es wurde explorativ untersucht, ob Zusammenhänge zwischen dem Konfliktverhalten der Pflegeeltern und demografischen Variablen wie dem Alter der Pflegeeltern, der Anzahl der Pflegekinder, dem Einkommen sowie der Schulbildung bestehen. Desweiteren interessierte, ob sich das Konfliktverhalten von Pflegeeltern vom Konfliktverhalten leiblicher Eltern, die sich bisher noch nicht an eine Erziehungsberatungsstelle gewandt haben und noch nicht wegen Kindesmissbrauch straffällig wurden, unterscheidet. Dazu wurden mittels einer OnlineBefragung, Daten von 175 Pflegeelternteilen erhoben. Die Konfliktverhaltensstrategien wurden mit dem Test „Konfliktverhalten in der Familie“ (KV-Fam; Klemm & Pietras, 2007) erhoben. Im Vergleich zwischen Pflegeeltern und unauffälligen leiblichen Eltern zeigen Pflegeeltern auf der Handlungsdimension „Kommunikativität“ signifikant höhere Werte als unauffällige leibliche Eltern. In den anderen neun Handlungsdimensionen unterscheiden sich beide Stichproben in ihrem Konfliktverhalten nicht. Desweiteren gibt es einige signifikante Zusammenhänge zwischen einzelnen Handlungsdimensionen des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) und demografischen Variablen, mit denen einige positive und negative Auswirkungen beschrieben werden können. Zukünftige Studien sollten sich jedoch eher dem komplexen Geschehen der Konfliktbewältigung bei Pflegeeltern widmen, um wichtige praktische Implikationen für das Pflegekinderwesen ableiten zu können. 1 Einleitung Wenn Eltern mit der Versorgung und Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, können sie durch verschiedene Hilfsmaßnahmen unterstützt werden. Dies können ambulante Hilfen sein, bei denen die Kinder bei ihren leiblichen Eltern bleiben. Allerdings genügen die ambulanten Maßnahmen nicht immer, um das Wohl der Kinder zu sichern und es besteht die Möglichkeit beziehungsweise Notwendigkeit, die Kinder für einen bestimmten Zeitraum außerhalb ihrer Familie unterzubringen. Eine Möglichkeit der Fremdplatzierung von Kindern, die gegenwärtig nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können, ist die Unterbringung in einer Pflegefamilie. Dort sollen sie geschützt werden und im familialen Kontext ihre Entwicklung gesichert und gefördert werden (Gassmann, 2010). Damit wird wiederum den Herkunftseltern, die überfordert sind, die Möglichkeit gegeben, sich für eine gewisse Zeit zu erholen und ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen und auf der anderen Seite bietet es anderen Menschen durch die Aufnahme eines Pflegekindes die Möglichkeit, ihr Leben zu bereichern (Blandow, 2004). In den 70er Jahren wurden Pflegefamilien aus pädagogischer und finanzieller Sicht zu einer guten Alternative zur Heimerziehung. Es zeigte sich, dass die Kosten bei dieser Unterbringungsform geringer waren und gleichzeitig konnte dem Pflegekind die Möglichkeit gegeben werden, in einer natürlich gewachsenen Familie aufzuwachsen sowie kontinuierliche Bindungen und Beziehungen zu Personen aufzubauen. Jedoch stellte sich heraus, dass die Erwartungen und tatsächlichen Leistungen dieser Hilfeform weit auseinander gingen (DJI, 1987). Die schwierige Dreieckskonstellation bestehend aus den Pflegeeltern, dem Pflegekind und den Herkunftseltern mit oftmals unterschiedlichen Interessen (Lakies, 1995) lässt viel Raum für Konflikte und damit verbunden Belastungen für alle Beteiligten. Deshalb wurde vermehrt das Interesse der Forschung auf diesen Bereich gelenkt. Allerdings kommt Blandow (1999) zu dem Schluss, dass die Forschung zum Pflegekinderwesen Forschung quantitativ sowie qualitativ im Vergleich zur im Adoptionswesen und zur Heimerziehung noch immer mangelhaft ist. Die vorhandenen Studien sind von geringer Qualität. Viele Studien stützen sich lediglich auf Daten der Verwaltung, beruhen auf einfachen Auszählungen oder Kreuztabellen ohne Berechnungen zur Signifikanz. Er bemängelt die fragliche Repräsentativität der Stichproben, die zumeist auf eine bestimmte Region beschränkt sind (Blandow, 1999). Auch Gassmann (2010) stellte fest, dass es im deutschsprachigen Raum noch immer an Untersuchungen zu Pflegefamilien mangelt, die wissenschaftlichen Gütekriterien genügen. Es wurden zum Teil nur kleine, lokale oder in Bezug auf das pflegefamiliale Setting spezifische Stichproben untersucht. Darüber hinaus sind die Fragestellungen und Ansatzpunkte sehr unterschiedlich, so dass die Studien nicht verglichen werden können (Gassmann, 2010). Einleitung Trotz Reformen in den letzten Jahrzehnten hält Blandow (2007) das System Pflegekinderwesen noch immer für überfordert, was sich seiner Meinung nach ausdrückt in hohen Abbruchquoten und dem mangelhaften Angebot an geeigneten Bewerbern. Deshalb soll diese Arbeit, welche im Rahmen des Masterstudienganges Psychologie entstand, einen Beitrag zur Forschung im Bereich Pflegekinderwesen leisten. Mit dieser Erhebung sollen Konfliktverhaltensstrategien von Pflegeeltern untersucht werden. Dieses Thema wurde bisher noch nicht gezielt erforscht und trägt der Tatsache Rechnung, dass Pflegeeltern in ihrem Familienleben besonderen Belastungen ausgesetzt sind, dementsprechend der Alltag konfliktanfälliger ist und deshalb eine effektive Problemlösung besonders wichtig für eine positive Entwicklung aller Familienmitglieder ist. Daher sollen zum einen Konfliktverhaltensstrategien von Pflegeeltern und unauffälligen leiblichen Eltern einer Eichstichprobe, die sich bisher noch nicht an eine Erziehungsberatungsstelle gewandt haben oder durch Kindesmissbrauch auffällig wurden, verglichen werden. Desweiteren interessiert, ob Zusammenhänge zwischen demografischen Konfliktverhaltensstrategien der Pflegeeltern bestehen. Variablen und den 2.1 Die Pflegefamilie 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Die Pflegefamilie 2.1.1 Begrifflichkeiten und gesetzliche Grundlagen Adoptiv- und Pflegefamilien gehören zu alternativen Formen der Elternschaft. Beiden gemeinsam ist, dass ein nicht-leibliches Kind in die Familie aufgenommen wird. Die Pflegefamilie kann zur Adoptivfamilie durch die zeitliche Begrenzung und die rechtliche Situation abgegrenzt werden. Adoptivkinder sind während ihres ganzen Lebens ein Familienmitglied ihrer Adoptivfamilie und haben meist keinen Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie. Hingegen ist ein Kind in der Pflegefamilie meist nur zeitlich befristet untergebracht und ein Kontakt zu den leiblichen Eltern des Pflegekindes wird angestrebt. Desweiteren verbleibt das Sorgerecht in der Regel bei den Herkunftseltern. Denn die Maßnahme der Pflegschaft hat die Rückführung zu den leiblichen Eltern zum Ziel (Wild & Berglez, 2002). Pflegeverhältnisse sind komplexe Beziehungsgefüge, die aus dem Pflegekind, der Pflegefamilie und der Herkunftsfamilie bestehen. Dieses System wird ebenfalls beeinflusst durch die beteiligten Fachkräfte des Jugendhilfesystems (DJI, 1987). Die „Unterbringung, Betreuung, Versorgung und Erziehung von Kindern in einer Familie, die nicht ihre Geburtsfamilie ist“ (zit. nach Blandow, 2004, S. 72) liegt in der Verantwortlichkeit des Pflegekinderdienstes und ist eine Leistung der Jugendhilfe. Das betrifft Kinder, die nicht adoptiert werden können und sonst institutionell untergebracht werden müssten beispielsweise in einem Kinderheim (Blandow, 2004). Die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie wird im Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), welches im achten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) verankert ist, geregelt (Blandow, 2004). Diese Unterbringungsform gehört zur Familien- oder Vollzeitpflege, die im § 33 des KJHG verankert ist. Diese Maßnahme kann von den leiblichen Eltern freiwillig in Anspruch genommen werden (§ 27 KJHG). Sie kann je nach Dauer, Ziel und Grund der Maßnahme in verschiedene Formen unterschieden werden: Kurzzeitpflege, Tagespflege, Wochenpflege, Übergangspflege, Bereitschaftspflege und Dauerpflege (Blandow, 1999). Die Wochen- oder Krisensituationen Kurzzeitpflege ist oder beim nur Ausfall für eines einen begrenzten Elternteils Zeitraum beispielsweise in durch akuten einen Krankenhausaufenthalt angebracht. Auch die Bereitschaftspflege sollte nur von kurzer Dauer unter sechs Monaten sein und ist speziell für Säuglinge und Kleinkinder in besonderen Krisensituationen. Die Dauerpflege ist für einen längeren Zeitraum von über sechs Monaten angezeigt. Zusätzlich gibt es noch heilpädagogische und sonderpädagogische 2.1 Die Pflegefamilie Pflegeverhältnisse, bei denen mindestens ein Pflegeelternteil eine therapeutische Qualifikation vorweisen muss. Diese besonderen Pflegestellen eignen sich für ältere Pflegekinder, die bereits mehrfach in einer Pflegefamilie untergebracht waren sowie für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche. Die Grenzen zwischen den einzelnen Pflegeformen können fließend sein. Beispielsweise kann eine ursprüngliche Kurzzeitpflege in eine Langzeitpflege übergehen. Eine Sonderform innerhalb der Vollzeitpflege stellt die Verwandtenpflege dar. Da sie meist informell erfolgt, werden diese Fälle meist nicht in der Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst (Faltermeier, 2001). Im § 44 KJHG ist gesetzlich geregelt, dass Personen, die ein Kind in Obhut nehmen, eine Pflegeerlaubnis durch das örtlich zuständige Jugendamt benötigen. Das zuständige Jugendamt hat im Einzelfall zu prüfen, ob die entsprechenden Personen die Voraussetzungen für die Erteilung und Weiterführung einer Pflegeerlaubnis erfüllen. Im § 39 KJHG wird festgelegt, dass in der Vollzeitpflege der notwendige Unterhalt des Kindes beziehungsweise Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt werden muss. Dazu zählen auch Kosten der Erziehung. Pflegeeltern erhalten in der Regel dementsprechend einen monatlichen Pauschalbetrag, der in Abhängigkeit vom Alter festgelegt wird (Lakies, 1995). Pflegeeltern haben nach § 37 Abs. 2 KJHG einen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung durch das zuständige Jugendamt. Das Sorgerecht verbleibt in der Regel bei den leiblichen Eltern und sie können daher nach § 1632 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Herausgabe ihres Kindes verlangen. Allerdings kann nach § 1632 Abs. 4 BGB eine Verbleibensanordnung erlassen werden. Dies gilt für Pflegekinder, die bereits über Jahre in einer Pflegefamilie wohnen und in dieser Zeit eine Beziehung aufgebaut haben und bei denen die Herausnahme aus der Pflegefamilie eine erneute Gefährdung bedeuten würde. Eine mögliche dauerhafte Unterbringung des Kindes ist durch § 34 und § 37 KJHG abgesichert, sofern eine Rückführung nicht möglich ist. Nach § 1626 Abs. 3 BGB haben das Pflegekind und seine leiblichen Eltern ein Recht auf Umgang miteinander, sofern dies dem Kindeswohl entspricht. 2.1.2 Die Pflegekinder Demografische Daten Von der Jugendhilfe-Statistik wurden 2005 ungefähr 50 000 Pflegekinder erfasst. Das sind 0,3 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland (DJI, 2008). Blandow und Walter (2004) schätzten das Verhältnis von erfassten zu nicht erfassten Pflegekindern auf 1 zu 1,7, was eine Anzahl von 135 000 und einem Anteil von 0,9 Prozent aller Kinder und Jugendlichen entsprechen würde. 2.1 Die Pflegefamilie In der Untersuchung von Erzberger (2003) waren die Pflegekinder mit 54,2 Prozent weiblich und mit 45,8 Prozent männlich. Jüngere Kinder wurden eher in einer Pflegefamilie und ältere Kinder eher in einer stationären Einrichtung untergebracht (DJI, 2008). Dies belegen auch Daten der Untersuchung von Erzberger (2003). Bei Kindern unter drei Jahren wurde zu 40 Prozent eher eine Vollzeitpflege begonnen im Vergleich zu Kindern über 12 Jahren (22%), die eher stationär untergebracht waren. Das Alter der Pflegekinder bei Beginn und Ende des Pflegeverhältnisses ist in Abbildung 2.1 grafisch dargestellt. Abbildung 2.1: Alter der Pflegekinder bei Inpflegegabe (erster Balken) und bei Beendigung (zweiter Balken) der Hilfe (n = 207) aus Erzberger (2003) Zum vorherigen Aufenthaltsort der Kinder und Jugendlichen stellte Erzberger (2003) fest, dass diese vorher zumeist bei einem alleinerziehenden Elternteil lebten, wie aus Abbildung 2.2 ersichtlich wird. Für ungefähr jedes dritte Pflegekind war die aktuelle Pflegefamilie bereits der zweite oder dritte Lebensort und für ungefähr ein Viertel der Kinder sogar schon der vierte Lebensort (Erzberger, 2003). Es konnte auch in anderen Studien belegt werden, dass Pflegekinder nicht selten bereits mehrfache Wechsel zwischen der Herkunftsfamilie, institutionellen Unterbringungen und des sozialen Netzes erlebt hatten. In der Untersuchung von Blandow und Walter (2004) wurden 33 Prozent der Kinder bereits einmal im Hilfesystem und 11 Prozent von Verwandten oder Bekannten der Herkunftsfamilie betreut. Das Deutsche Jugendinstitut (2008) fand heraus, dass bei einer aktuellen Inpflegegabe 42 Prozent der Kinder bereits zwei oder mehr Trennungserlebnisse erfahren hatten und 31 Prozent der Fälle bereits zwei oder mehr Fremdunterbringungen vorangegangen waren. 2.1 Die Pflegefamilie Abbildung 2.2: Letzter Aufenthaltsort des Kindes bzw. des Jugendlichen (n = 238) aus Erzberger (2003) Die Situation der Pflegekinder Die Unterbringung in einer Pflegefamilie ist für die betroffenen Kinder meist nicht leicht. Das Kind ist belastet aufgrund der Tatsache der Fremdplatzierung, den Gründen, die es soweit haben kommen lassen und Ängsten vor einer unsicheren Zukunft (Permien, 1987). Sie erleben die Fremdplatzierung als persönliche Zurückweisung durch die leiblichen Eltern und entwickeln Schuldgefühle (Wiemann, 2010a). Bei der Aufnahme in eine Pflegefamilie müssen sie alte Gewohnheiten aufgeben und sich an das neue System anpassen. Für das Pflegekind besteht ebenfalls die Schwierigkeit, die Beziehung zu den Herkunfts- und Pflegeeltern miteinander in Einklang zu bringen (Blandow, 1984a). Eine gestörte Beziehung zwischen Pflegeeltern und Herkunftseltern kann zu Loyalitätskonflikten beim Pflegekind führen. Das Pflegekind möchte es den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern recht machen. Dabei kann es passieren, dass es immer wieder zu Koalitionen mit einer Elternpartei gegen die andere gezwungen wird (DJI, 1987). Belastungen durch die Gründe der Fremdplatzierung, wie zu Beginn des Abschnittes erwähnt wurde, betreffen Gefährdungen, denen Pflegekinder in ihrer Herkunftsfamilie ausgesetzt waren. Das Deutsche Jugendinstitut (2008) fand bei 64 Prozent der Pflegekinder Gefährdungen in der Herkunftsfamilie, welche im Abschnitt 2.1.4 kurz dargestellt werden. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre psychische Gesundheit beeinträchtigt sein kann, worauf im nächsten Abschnitt näher eingegangen wird. 2.1 Die Pflegefamilie Psychische Gesundheit der Pflegekinder Pflegekinder sind durch eine hohe Vulnerabilität gekennzeichnet, so dass ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigt sein kann. So zeigten sich in einer Studie bei 32 Prozent der Pflegekinder internalisierende, bei 46 Prozent externalisierende Verhaltensauffälligkeiten und bei 43 Prozent eine Gesamtproblembelastung. Eine Posttraumatische Belastungsstörung konnte bei 12,5 Prozent der Pflegekinder festgestellt werden (Arnold, Rosner, Groh & DJI, 2008, zit. nach DJI, 2008, S. 9). Linderkamp, Schramm und Michau (2009) ließen Pflegeeltern emotionale Probleme, Verhaltensprobleme, Hyperaktivität, Verhaltensprobleme mit Gleichaltrigen und prosoziales Verhalten der Pflegekinder einschätzen. Dabei ergab sich bei 40 Prozent der Kinder ein klinisch auffälliger Gesamtproblemwert und zusätzlich bei fast 20 Prozent eine grenzwertige Ausprägung an klinisch auffälligen Problemen. In Untersuchungen des Deutschen Jugendinstitutes (2006) waren die Hälfte der Pflegekinder in mindestens einem der Bereiche „psychische Gesundheit“, „körperliche Gesundheit“ oder „schulische Entwicklung“ bedeutsam beeinträchtigt. Ein Drittel der betroffenen Kinder wies klinische Verhaltensauffälligkeiten auf. Das Deutsche Jugendinstitut (2006) schloss aus den Ergebnissen, dass Pflegekinder im Vergleich zur Grundgesamtheit der Kinder in Deutschland mindestens doppelt so häufig unter behandlungsbedürftigen Verhaltensstörungen leiden. Die Untersuchungen zeigen auch, dass das Spektrum möglicher Beeinträchtigungen bei Pflegekindern sehr groß ist. Blandow (2004) weist aber auch darauf hin, dass nicht jedes Pflegekind entwicklungs- oder verhaltensgestört ist, insbesondere dann nicht, wenn sie bereits kurz nach der Geburt in Pflege gegeben wurden. 2.1.3 Die Pflegeeltern Demografische Daten Pflegeeltern betreuen durchschnittlich 1,3 Pflegekinder. Das Alter der Pflegeeltern liegt etwas über dem Alter der Eltern in der Normalbevölkerung (Blandow, 2004). In 50 Prozent der Fälle sind die Pflegeeltern zwischen 40 und 50 Jahre alt, wobei die Pflegemütter meist etwas jünger als die Pflegeväter sind (Erzberger, 2003). Sie leben zu 90 Prozent in einer ehelichen oder nicht ehelichen Partnerschaft. Lediglich neun Prozent der Pflegekinder werden durch Alleinerziehende betreut (Blandow, 2004). Mittlerweile können nicht nur „traditionelle“ Familien ein Pflegekind aufnehmen, sondern auch andere Familienformen, sofern es sich um stabile Lebensgemeinschaften handelt (Lakies, 1995). Dies können auch homosexuelle Paare sein, sind aber wegen großer Vorbehalte der Pflegekinderdienste noch sehr selten (Blandow, 2004). In 40 Prozent der Fälle leben bei der Aufnahme eines Pflegekindes keine eigenen Kinder im Haushalt der Pflegeeltern aufgrund von Kinderlosigkeit 2.1 Die Pflegefamilie oder weil die eigenen Kinder bereits aus dem Haus sind. In den meisten Fällen leben die Pflegekinder gemeinsam mit anderen Pflegekindern, Adoptivkindern, leiblichen Kindern der Pflegeeltern oder mit eigenen Geschwistern zusammen. Höchstens in 30 Prozent der Fälle leben sie als Einzelkinder in der Pflegefamilie (Blandow, 2004). In der Studie von Blandow und Walter (2004) hatten die Hälfte der Pflegemütter einen Ausbildungsberuf, 13,9 Prozent eine akademische Qualifizierung und 27,1 Prozent hatten einen sozialen Beruf gelernt. Lediglich 5,6 Prozent der Pflegemütter waren ohne eine berufliche Ausbildung. Ein Viertel der Pflegeväter hatte eine akademische Qualifizierung und 62 Prozent einen Ausbildungsberuf, hingegen nur 8,4 Prozent einen sozialen Beruf erlernt. In 70 Prozent der Fälle besaßen die Pflegeeltern ein Eigenheim und 90 Prozent der Pflegekinder stand ein eigener Garten zum Spielen zur Verfügung. Die Daten weisen darauf hin, dass Pflegeeltern in der Regel in guten sozioökonomischen Verhältnissen leben. Die Situation der Pflegeeltern Pflegeeltern sind eine Privatfamilie und erfüllen gleichzeitig einen öffentlichen Auftrag des Jugendamtes. Sie sollen zum einen die Elternrolle für das Pflegekind übernehmen und zum anderen das Kind in dem Umstand unterstützen und begleiten, dass es nicht bei seinen leiblichen Eltern aufwachsen kann (Wiemann, 2010a). Pflegeeltern haben, wie alle Eltern, für ein oder mehrere Kinder zu sorgen, jedoch sind sie größeren Belastungen ausgesetzt, die über die normalen Aufgaben von Eltern hinausgehen. Belastungen können aus den Umständen und Rahmenbedingungen einer Pflegschaft selbst als auch aus den Bedingungen, unter denen die Pflegekinder in ihrer Herkunftsfamilie aufgewachsen sind, resultieren (Jespersen, 2010). Auch das Deutsche Jugendinstitut (1987) beschreibt die schwierige Situation von Pflegeeltern, die gekennzeichnet ist durch widersprüchliche Anforderungen. Sie sollen unter öffentlicher Kontrolle privat erziehen, sich für ein verhaltensauffälliges Kind besonders engagieren, ohne zu wissen, wie lange es bei ihnen bleibt und zu guter Letzt bestmöglich mit den Herkunftseltern zusammenarbeiten. Jespersen (2010) führte eine Untersuchung zu Belastungen der Pflegeeltern durch. Dazu wertete er Daten eines Online-Forums für Pflegeeltern aus. Folgende Sachverhalte wurden den Ergebnissen zufolge von Pflegeeltern als belastend empfunden: - Das Pflegekind verhält sich merkwürdig: Pflegeeltern können sich Verhaltensauffälligkeiten nicht erklären. - Andere reagieren negativ auf die Annahme eines Kindes: Beispielsweise wird das Pflegekind durch die Großeltern abgelehnt und/ oder es wird den Eltern unterstellt, das Pflegekind aus rein materiellen Gründen aufgenommen zu haben. - Andere mischen sich ein: Beispielsweise können die Fachkräfte der betreuenden Pflegedienste einen erheblichen Einfluss auf das Pflegeverhältnis haben. Dadurch 2.1 Die Pflegefamilie wird den Pflegeeltern auch immer wieder bewusst, dass die Pflegebeziehung jederzeit gekündigt werden kann. - Belastende Besuchskontakte: Viele Pflegeeltern empfinden Besuchskontakte problematisch. Sie seien in ihren Augen zu oft, zu ungeplant und/ oder in einigen Fällen zu unüberschaubar. Allerdings richten sich ihre größten Sorgen um mögliche Belastungen für das Pflegekind durch den Kontakt mit dessen leiblichen Eltern. - Fehlende Orientierungsmittel: Pflegeeltern kennen ihr Pflegekind in vielen Fällen nicht von Geburt an, sondern lernen es erst später, wenn es bereits belastende und traumatisierende Erfahrungen gemacht hat, kennen. Es fehlen ihnen biografische Informationen aus der Vergangenheit des Pflegekindes. - Belastende Rahmenbedingungen: Die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt oder den Familiengerichten verläuft nicht immer reibungslos. Nicht selten haben Pflegeeltern das Gefühl lediglich „Angestellte“ des Jugendamtes zu sein (Jespersen, 2010). Wie bei Jespersen (2010) wird auch in der Literatur zu Pflegefamilien immer wieder deutlich, dass Besuchskontakte eine Belastung für die Pflegeeltern darstellen können und somit Konflikte verursachen können (z.B. Wiemann, 2010a). So gibt es durch die Besuchskontakte zur Herkunftsfamilie häufig keine klaren Familien- und Paargrenzen und somit keine geschützte Privatsphäre (Kaiser, 1989, zit. nach Kaiser, 1995, S. 70). Sie werden häufiger geplant als letztendlich durchgeführt. Das Deutsche Jugendinstitut (2006) fand heraus, dass in 81 Prozent der Fälle Besuchskontakte geplant waren, allerdings nur 65 Prozent tatsächlich Kontakt zur leiblichen Mutter und 46 Prozent zum leiblichen Vater hatten. In der Studie Erzbergers (2003) bestanden in 77,4 Prozent der Fälle Kontakte zur Herkunftsfamilie. Allerdings waren die Besuchskontakte nur in 11,5 Prozent wöchentlich. Unregelmäßige Kontakte bestanden zu 60 Prozent. Interessanterweise gaben die meisten Pflegeeltern in der Untersuchung an, dass Pflegekinder Kontakte zu den Herkunftseltern behalten sollten. Ein Abbruch des Pflegeverhältnisses kann letztendlich Folge dieser Belastungen sein. Es existieren keine verlässlichen Zahlen zu Abbruchquoten im deutschen Pflegekinderwesen, wobei, wie bereits eingangs erwähnt, hohe Abbruchquoten von Pflegeverhältnissen vermutet werden (Blandow, 2007). Blandow (1999) schätzt, dass es in 6 bis 40 Prozent der Fälle zu einem Abbruch der Pflegschaft kommt, wobei die Gründe sehr unterschiedlich sein können oder manchmal gar nicht ausgewiesen werden. Wiemann (2010b) schätzt, dass ein Drittel der Pflegekinder vorzeitig die Pflegefamilie verlassen. Auch die Studien, die feststellen konnten, dass viele Pflegekinder bereits mehrfach fremdplatziert wurden (DJI, 2008; Blandow & Walter, 2004; Erzberger, 2003), sprechen für eine hohe Abbruchquote. In der Untersuchung von Blandow (1984b) wurden als Gründe für einen Abbruch der Pflegschaft zu 84 Prozent Verhaltensauffälligkeiten der Pflegekinder genannt. Dazu zählten Bettnässen 2.1 Die Pflegefamilie (26%), Angstsymptome (25%), Schulschwierigkeiten (50%), Kontaktschwierigkeiten (45%), Sprachstörungen (20%), motorische Retardierung (16%), extreme Aggressionen (36%), sexuelle Auffälligkeit (7%) sowie Anzeichen für geistige Behinderung (40%). Auf Seiten der Pflegeeltern wurden mit Abstand am häufigsten Erziehungsprobleme (64%) angegeben. Mit wachsendem Alter der Kinder bei der Inpflegegabe steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Abbruch, da die Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale ausgeprägter sind und seine Bindung an das vorherige soziale Umfeld stärker sind (Blandow, 1980). Weitere Indikatoren für einen Abbruch sind die Zahl und Dauer vorangegangener Fremdplatzierungen, Bindungsschwäche aufgrund fehlender oder mangelnder dauerhafter und intensiver affektiv befriedigender Beziehungen zu mindestens einer erwachsenen Bezugsperson in der Vergangenheit beziehungsweise Enttäuschungen solcher in der Vergangenheit. Sind positive Beziehungen zu früheren Bezugspersonen vorhanden, welche allerdings ungeklärt sind, kann das Pflegekind ebenfalls Schwierigkeiten haben, positive Beziehungen zu seinen derzeitigen Pflegeeltern aufzubauen, was ebenfalls die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs erhöhen kann (Blandow, 1980). Eignung von Pflegeeltern und gelingende Pflegeverhältnisse In der Einleitung wurde bereits erwähnt, dass Blandow (2007) meint, dass es an geeigneten Bewerbern für eine Pflegefamilie mangelt. Deshalb stellt sich die Frage, welche Personen als Pflegeeltern in Frage kommen beziehungsweise welche Personen sich als Pflegeeltern eignen. Bisher gibt es keine einheitlichen Kriterien für die Auswahl von geeigneten Pflegeeltern. Der Bundesverband für Pflege- und Adoptiveltern e.V. (1993) gibt folgende allgemeine Empfehlungen: Die Pflegeperson sollte zu Beginn des Pflegeverhältnisses das 25. Lebensjahr vollendet haben und wenn das Pflegekind volljährig wird, das 63. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Die finanzielle Situation der Pflegefamilie sollte gesichert sein. Beispielsweise sollte es keine höhere Verschuldung geben. In der Eingewöhnungsphase sollte ein Elternteil für die kontinuierliche Betreuung des Kindes zur Verfügung stehen. Ein polizeiliches Führungszeugnis sowie ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis sind vorzulegen. Der Wohnraum sollte für alle Personen angemessen sein. Wie bereits im Abschnitt 2.1.1 erwähnt, ist im § 44 KJHG festgeschrieben, dass das Jugendamt im Einzelfall prüfen muss, ob die Voraussetzungen für die Erteilung oder Verlängerung einer Pflegeerlaubnis gegeben sind. Entscheidungen werden von den Fachkräften zum einen aufgrund pädagogischer und psychologischer Erkenntnisse getroffen, aber zum anderen auch aufgrund von Erfahrungen der Fachkräfte im Umgang mit Bewerbern und Bewerberinnen. Der Schwerpunkt bei Entscheidungen dürfte laut Erzberger (2003) auf dem Letzteren liegen. So wurden Aussagen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen 2.1 Die Pflegefamilie zu Entscheidungen bezüglich der Auswahl geeigneter Pflegeeltern erfasst. Folgende Kriterien wurden von ihnen genannt: - Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft: 63,2%, - Toleranz und Akzeptanz: 52,6%, - Belastbarkeit: 38,6%, - Reflektionsvermögen und -bereitschaft: 36,8%, - Einfühlungsvermögen, Empathie: 29,8%, - Gute räumliche und materielle Bedingungen: 28,1%, - Pädagogische Ausbildung/ Erfahrung/ Kompetenz: 28,1%, - Offenheit (persönlich): 21,1%, - Motivation (am Kind orientiert): 21,1% und - Flexibilität: 15,8% (Erzberger, 2003). Aus den Befunden geht nicht hervor, inwiefern die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen diese Kriterien beurteilen und somit ist nicht möglich, Empfehlungen zur Prüfung von Pflegeeltern zu geben. Blandow (1999) stellte folgende Kriterien auf, die dazu beitragen, dass ein Pflegeverhältnis gelingen kann. Pflegepersonen müssen seiner Meinung nach … - …das Kind wertschätzen. - …empathisch sein, um die Eigenarten der Pflegekinder zu verstehen. - …bedeutsame Bezugspersonen des Pflegekindes respektieren. - …Krisen erkennen und in der Lage sein, inner- und außerfamiliale Ressourcen zu aktivieren, um Probleme zu lösen. - …bereit sein, Rechte zu teilen und mit anderen zusammenzuarbeiten. - …sich eingestehen können, wenn das Pflegeverhältnis gescheitert ist und bereit sein, nach Alternativen zu suchen (Blandow, 1999). Nienstedt und Westermann (1990, zit. nach Malter, 2001, S. 9) betonen die Wichtigkeit eines Bindungsaufbaus zwischen Pflegeeltern und den Pflegekindern, denn Kinder, die keine oder nur schlechte Bindungen erfahren haben, brauchen neue Bindungen, die liebevoll und verlässlich sind. Nach Recherchen diverser Studien stellte Schattner (1987) fest, dass die Wahrscheinlichkeit für das Gelingen von Pflegeverhältnissen höher ist, wenn Pflegeeltern gern mit Kindern zusammen leben und die Partnerschaft der Pflegeeltern dadurch geprägt ist, dass sie sich konstruktiv mit ihren Problemen auseinandersetzen können. Die Pflegefamilie sollte offen für neue Eindrücke sein und akzeptieren, dass das Pflegekind das Kind anderer Eltern ist. Auch nach Kaiser (1989, zit. nach Kaiser, 1995, S. 71) scheinen die Abgrenzung und Pflege der Paarbeziehung für das Gelingen des Pflegeverhältnisses besonders wichtig zu sein. Eine harmonische Paarbeziehung als positives Vorbild wirkt sich wiederum förderlich auf die Kinder aus. 2.1 Die Pflegefamilie 2.1.4 Die Herkunftseltern Demografische Daten Die leiblichen Familien der Pflegekinder leben oftmals in schwierigen sozio-biografischen und sozio-ökonomischen Lebensverhältnissen (Faltermeier, 2001). Viele Elternteile sind arbeitslos oder haben finanzielle Schwierigkeiten durch geringe Löhne und hohe Schulden (Kuppinger, 1990, zit. nach Textor, 1995, S. 46). Die schwierige ökonomische Lage konnte auch durch Untersuchungen des DJI (2006) bestätigt werden. Auch die Wohnverhältnisse sind in den meisten Fällen schlecht (Faltermeier, 2001). Der Anteil alleinerziehender Elternteile ist höher als der Anteil zusammenlebender Eltern beziehungsweise Stiefeltern, was sich mit den Angaben zu Pflegekindern aus Abschnitt 2.1.2 deckt. Nur ungefähr 29 Prozent der Kinder leben vor der Inpflegegabe mit beiden Elternteilen zusammen, drei Viertel leben vorher mit einem alleinerziehenden Elternteil zusammen, in einer Stieffamilie oder in Scheidungsverhältnissen und bei sechs Prozent der Kinder sind ein oder beide Elternteile verstorben (Kuppinger, 1990, zit. nach Textor, 1995, S. 46). Auch Blandow (2004) stellte fest, dass unter den abgebenden Eltern ein hoher Anteil an ledigen Personen ist. Die abgebenden Mütter sind relativ häufig noch sehr jung. Auch die Zahl der zum Haushalt gehörenden Kinder liegt oberhalb des Durchschnitts im Vergleich zur Normalbevölkerung. In der Untersuchung von Blandow und Walter (2004) hatten ein Viertel der Pflegekinder noch drei bis sechs Geschwister. Gründe der Inpflegegabe In der Untersuchung von Linderkamp, Schramm und Michau (2009) konnte bei 95,1 Prozent der leiblichen Mütter eine starke Belastung während der Schwangerschaft festgestellt werden, die beispielsweise aufgrund einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, Gewalt und Misshandlung durch den Partner zustande kam. Bei 60 Prozent der werdenden Mütter lag Substanzmissbrauch (Alkohol, Nikotin, Drogen, Psychopharmaka) vor. Die abgebenden Mütter und Väter haben meist selbst in ihrer eigenen Kindheit leidvolle Erfahrungen machen müssen (Faltermeier, 2001), die später zu Alkoholmissbrauch oder Gewalttätigkeit geführt haben könnten. Diese Folgen wiederum können Gründe für eine Pflegschaft sein, die im nächsten Abschnitt aufgeführt werden. Die Gründe für eine Fremdunterbringung können sehr vielfältig sein. Meist kommt es zur Inpflegegabe aufgrund einer schwierigen problematischen familiären Situation, die Folge sein kann von Mehrfachproblemen, psychischer Krankheit der Erziehenden, Alkohol- und Drogenproblemen, konflikthaften Trennungssituationen oder durch eine Überforderung junger Mütter. Eher selten kommt es zur Inpflegegabe aufgrund des Todes der Eltern oder Inhaftierung der Hauptbezugsperson. Diese Faktoren führen wiederum dazu, dass Eltern mit 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen der Erziehung überfordert sind, Kinder vernachlässigt und unzureichend versorgt werden bis hin zu einer aktiven Ablehnung des Kindes durch die Bezugspersonen. Auch sexueller Missbrauch des Kindes kann ein Grund für eine Inpflegegabe sein (Erzberger, 2003). Auch Textor (1995) nennt Erziehungsunfähigkeit oder -schwierigkeiten, emotionale Ablehnung des Kindes, sexuellen Missbrauch, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Kriminalität der Herkunftseltern als Erklärung für die Herausnahme eines Kindes aus seiner Ursprungsfamilie. Meist ist es aber nicht ein Grund allein, der dazu führt, dass ein Kind aus seiner Familie genommen wird, sondern es kommen mehrere Faktoren zusammen. Das Problemverhalten der Kinder, welches meist Folge der schwierigen sozio-biografischen und sozioökonomischen familiären Verhältnisse ist, ist selten Grund für eine Inpflegegabe, jedoch kann es dazu beitragen, dass das Zusammenleben in der Herkunftsfamilie problematisch ist und ein Eingreifen notwendig wird (Faltermeier, 2001). 2.2 Konfliktverhalten in der Paarbeziehung 2.2.2 Theoretische Modelle und Hypothesen Der Schwerpunkt dieser Studie soll auf dem Konfliktverhalten in der Paarbeziehung liegen, so dass im Folgenden ausgewählte Modelle und die „spill-over“-Hypothese vorgestellt werden, durch die ein Bezug zum Thema hergestellt werden kann. Das Vulnerabilitäts-Stress-Adaptationsmodell Das Vulnerabilitäts-Stress-Adaptationsmodell (siehe Abb. 2.3) von Karney und Bradbury (1995, zit. nach Schneewind & Wunderer, 2003, S. 242-245) wurde anhand einer MetaAnalyse von 115 prospektiven Längsschnitt-Studien zum Entwicklungsverlauf von Paarbeziehungen erstellt und eignet sich zur Vorhersage von Paarzufriedenheit und Paarstabilität. Die Beziehung zwischen den Komponenten des Modells ist kausal. Aus dem Modell wird eine Wechselwirkung zwischen überdauernden Eigenschaften der Partner, belastendenden Ereignissen und Anpassungsprozessen ersichtlich. Diese Wechselwirkung wiederum beeinflusst die Partnerschaftszufriedenheit und -stabilität. Belastende Ereignisse können auf der Makroebene normative (z.B. Geburt eines Kindes) und nicht normative (z.B. schwere Erkrankung des Partners) Lebensereignisse sein. Auch kleine Unannehmlichkeiten des Alltags, die der Mikroebene zugeordnet werden, haben einen Einfluss auf eheliche Anpassungsprozesse. Der Pfad D steht für Einflüsse von außen wie beispielsweise Stress im Berufsleben. Wie diese belastenden Ereignisse erlebt und verarbeitet werden, steht auch im Zusammenhang mit überdauernden Eigenschaften der Partner (Pfad C), wozu 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen beispielsweise Persönlichkeitsmerkmale, Bindungsstil oder bindungsspezifische Kognitionen, Motive und Einstellungen zählen. Die überdauernden Eigenschaften beeinflussen auch die Anpassungsprozesse (Pfad B). Wichtig in Bezug auf diese Untersuchung ist der gefundene Zusammenhang zwischen Bewältigungsprozessen und der Paarzufriedenheit, welche sich gegenseitig beeinflussen (Pfad F und G). Die Art der Konfliktbewältigung beeinflusst einerseits die wahrgenommene Beziehungsqualität und andererseits verhalten sich zufriedene Partner anders miteinander, so dass sie Konflikte eher konstruktiv bewältigen. Desweiteren können nach diesem Modell positive Konfliktbewältigungsprozesse belastende Ereignisse verringern (Pfad E). Eine hohe Paarstabilität kann sich aus einer hohen Paarzufriedenheit ergeben (Pfad H). Berücksichtigt werden muss, dass das Modell auf Paarebene entwickelt wurde und somit Unterschiede zwischen den Partnern nicht explizit einbezogen werden. Abbildung 2.3: Das Vulnerabilitäts-Stress-Adaptationsmodell von Karney und Bradbury (1995, aus Schneewind & Wunderer, 2003) Das integrative Modell des Paarkonfliktes Kersting und Grau (2003) entwickelten anhand empirischer Befunde aus der Trennungs- und Konfliktforschung das integrative Modell des Paarkonfliktes (siehe S. 21, Abb. 2.4). In dem Modell werden der Konflikt, seine Ursachen und Folgen sowie moderierende Einflüsse abgebildet, wobei die Autoren keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Konflikte können direkt zu einer Trennung führen (Pfad 1) oder indirekt über die Unzufriedenheit der Partner (Pfad 2 und 3). Der Einfluss der Unzufriedenheit der Partner auf eine Trennung wird von weiteren Variablen moderiert, die im Modell „Alternativen zur Beziehung, Trennungsbarrieren“ genannt werden (Pfad 4). Der Zusammenhang zwischen Konflikten und einer Trennung wird von Konfliktlösungsstrategien moderiert (Pfad 5). Lernprozesse können diese Konfliktlösungsstrategien beeinflussen (Pfad 6). Unmittelbare Ursachen des Konfliktes haben einen direkten Einfluss auf den Konflikt (Pfad 7) und einen direkten Einfluss auf die Unzufriedenheit der Partner (Pfad 8). Die zugrundeliegenden Ursachen des Konfliktes 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen beeinflussen wiederum die unmittelbaren Ursachen (Pfad 9). Demografische Variablen wie zum Beispiel die soziale Schicht, Kinder, Heiratsalter können die Variablen „Alternativen zur Beziehung/ Trennungsbarrieren“, „Konfliktlösestrategien“, „manifester Konflikt, Streitthema“ und „unmittelbare Ursachen“ beeinflussen. Die „spill-over“-Hypothese Weshalb die Untersuchung der Konfliktbewältigung in dieser Studie noch von Bedeutung ist, kann mit der „spill-over“-Hypothese erklärt werden. Sie postuliert einen positiven Zusammenhang zwischen der elterlichen Beziehungsqualität und der Eltern-Kind-Beziehung. Demnach können sich Partnerkonflikte negativ auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirken. Dies kann durch Umlenkung des Partnerkonfliktes auf die Eltern-Kind-Beziehung geschehen, indem das Kind zum „Problem“ wird, um sich nicht mit den Problemen der elterlichen Beziehung befassen zu müssen. Desweiteren lernen Kinder am Verhaltensmodell der Eltern, was sich im Falle einer konfliktbehafteten elterlichen Beziehung mit wenigen Problemlösekompetenzen eher negativ auswirken wird und positiv, wenn die Eltern über konstruktive Problemlösekompetenzen verfügen. Konflikte in der Partnerschaft wirken sich darüber hinaus negativ auf die Erziehung aus, so dass es oftmals zu Differenzen im Erziehungsverhalten kommen kann (Fuhrer, 2009, 2005). Partnerkonflikte wirken sich demnach nicht nur negativ auf die Paarbeziehung aus, sondern im Falle negativer Konfliktbewältigungsstrategien auch negativ auf die Eltern-Kind-Beziehung, die wiederum bedeutsam ist für die kindliche Entwicklung (Gersthoff, 2002, zit. nach Fuhrer, 2005, S. 136). 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen Bereits Befunde aus der Forschung zum Übergang zur Elternschaft sprechen für die Bedeutung effektiver Konfliktlösungsstrategien für die Paarbeziehung und eine positive Entwicklung einer Familie. So nahm nach der Geburt des ersten Kindes die Ehezufriedenheit umso mehr ab, je weniger die Eltern über effiziente Problemlösefähigkeiten verfügten (Cowan, Cowan, Hemming, Garret, Coysh, Curtis-Boles & Boles, 1985). Auch aus den Ausführungen zur Stressbewältigung bei Paaren wurde deutlich, dass sich Bewältigungsprozesse und Paarzufriedenheit gegenseitig beeinflussen und positive Konfliktbewältigungsprozesse sogar belastende Ereignisse verringern können (Karney & Bradbury, 1995, zit. nach Schneewind & Wunderer, 2003, S. 242-245). Mit der „spill-Over“Hypothese kann erklärt werden, warum die elterliche Beziehung noch eine wichtige Rolle für das familiäre Zusammenleben spielt. Die Hypothese besagt, dass sich Paarkonflikte negativ auf die Eltern-Kind-Beziehung auswirken können, indem der Partnerkonflikt auf die ElternKind-Beziehung umgelenkt wird (Erel & Burmann, 1995, zit. nach Fuhrer, 2009, S.244). 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen „spill-Over“-Effekte können auch positive Auswirkungen haben, wenn Eltern ihre Konflikte konstruktiv austragen und die Kinder daraus lernen und auch emotionale Sicherheit in ihren Beziehungen erfahren (Cummings & Wilson, 1999, zit. nach Fuhrer, 2009. S.244). Mit dem ersten Teil theoretischer Grundlagen konnte deutlich gemacht werden, dass Pflegekinder besondere Bedürfnisse haben und Pflegeeltern vor besonderen Herausforderungen stehen. Pflegeeltern zu sein, kann eine erhebliche Belastung darstellen, der Alltag ist konfliktanfälliger, effektive Konfliktverhaltensstrategien umso wichtiger. Die Forschungsbefunde aus Untersuchungen zu gelingenden Pflegeverhältnisse sprechen für die Wichtigkeit der Paarbeziehung. Kaiser et al. (1989, zit. nach Kaiser, 1995, S.71) fanden heraus, dass die Abgrenzung und Pflege der Paarbeziehung für ein Gelingen des Pflegeverhältnisses besonders wichtig sind. Schattner (1987) stellte fest, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Gelingen des Pflegeverhältnisses höher ist, wenn unter anderem ihre Partnerschaft dadurch geprägt ist, dass sie sich konstruktiv mit ihren Problemen auseinander setzen können. Weitere notwendige Studien in diesem Bereich stehen noch aus. Einen kleinen Beitrag soll diese Arbeit leisten. Aus systemischer Sicht kann das Konfliktverhalten auf verschiedenen Systemebenen betrachtet werden. Da die vorgestellten Studien für die Wichtigkeit effektiver Konfliktverhaltensstrategien auf der Ebene der Paarbeziehung sprechen, wird der Fokus der Arbeit auf dieser Ebene liegen. Als theoretisches Rahmenmodell (siehe Abb. 2.4) wurde das integrative Modell des Paarkonfliktes (Kersting & Grau, 2003) gewählt, welches bereits im Abschnitt 2.2.2 vorgestellt wurde. Es postuliert unter anderem, dass manifeste Konflikte zu einer Trennung führen können, wobei dieser Pfad von Konfliktlösestrategien beeinflusst wird. Von besonderem Interesse für die Fragestellungen dieser Untersuchung ist die Annahme der Autoren, dass demografische Variablen einen Einfluss auf diese Konfliktlösestrategien haben können. Streng genommen kann mit dieser Untersuchung der Einfluss nicht untersucht werden, da die Daten nicht längsschnittlich erhoben wurden. Es werden auch nicht alle Variablen dieses Modells untersucht, sondern lediglich der Zusammenhang zwischen demografischen Variablen und dem Konfliktverhalten. Diesbezüglich fanden Klemm und Pietras (2007) in ihrer Untersuchung zum Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung, dass jüngere Eltern im Vergleich zu älteren Eltern in Konfliktsituationen mit dem Partner beziehungsweise der Partnerin weniger Selbstkontrolle zeigten. Eine höhere Schulbildung bedeutete weniger Unsicherheit. Eltern mit mehr als zwei Kindern zeigten weniger Unsicherheit im Vergleich zu Eltern, die weniger als zwei Kinder hatten. Sie fanden auch Unterschiede im Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung in Bezug auf deren monatliches Nettoeinkommen. Eltern, denen mehr als 1500 Euro netto monatlich zur Verfügung stand, gaben weniger Unsicherheit an, zogen sich seltener zurück und somatisierten seltener als Eltern, denen weniger als 1500 Euro netto im Monat zur 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen Verfügung stand. In dieser Untersuchung ist von Interesse, ob sich die Unterschiede in Bezug auf die demografischen Variablen auch bei Pflegeeltern finden lassen. Klemm und Pietras (2007) fanden ebenfalls Unterschiede im Konfliktverhalten zwischen drei Substichproben: unauffälligen Eltern; Eltern, die sich bereits an Beratungsstellen gewandt hatten und Väter, die wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern verurteilt worden waren. Da Pflegeeltern besondere Herausforderungen zu meistern haben, ist es interessant, herauszufinden, ob und wenn ja, inwiefern sich das Konfliktverhalten der Pflegeeltern von dem der unauffälligen Eltern dieser Eichstichprobe unterscheidet. Abbildung 2.4: Das integrative Modell des Paarkonfliktes aus Kersting und Grau (2003, S. 437) Da trotz eingehender Literaturrecherche keine passenden Studien zu den interessierenden Fragestellungen in Bezug auf Pflegefamilien gefunden wurden, wird diese Untersuchung explorativ sein. Aufgrund theoretischer Vorüberlegungen und empirischer Befunde zum Konfliktverhalten in Familien werden folgende Hypothesen aufgestellt: 1. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Pflegeeltern und deren Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung. Klemm und Pietras (2007) fanden diesbezüglich mit ihrer Untersuchung heraus, dass jüngere Eltern im Vergleich zu älteren Eltern weniger Selbstkontrolle zeigten. Da es in deren Stichprobe keine Pflegeeltern gab und nicht vorab davon ausgegangen wird, dass derartige Zusammenhänge auch bei Pflegeeltern zu erwarten sind, wird die Hypothese nicht weiter spezifiziert. 2.3 Fragestellungen, theoretisches Rahmenmodell und Hypothesen 2. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Kinder in den Pflegefamilien und dem Konfliktverhalten der Pflegeeltern auf der Ebene der Paarbeziehung. In der Untersuchung von Klemm und Pietras (2007) wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Kinder und Unsicherheit bei Konflikten auf der Ebene der Paarbeziehung gefunden. Dennoch wird die Hypothese nicht weiter spezifiziert, da es in deren Stichprobe keine Pflegeeltern gab und nicht vorab davon ausgegangen wird, dass derartige Zusammenhänge auch bei Pflegeeltern zu erwarten sind. 3. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens der Pflegeeltern und deren Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung. Klemm und Pietras (2007) fanden diesbezüglich, dass Eltern, denen mehr als 1500 Euro netto monatlich zur Verfügung stand, weniger Unsicherheit angaben, sich seltener zurückzogen und seltener somatisierten als Eltern, denen weniger als 1500 Euro netto im Monat zur Verfügung stand. Da es in deren Stichprobe keine Pflegeeltern gab und nicht vorab davon ausgegangen wird, dass derartige Zusammenhänge auch bei Pflegeeltern zu erwarten sind, wird die Hypothese nicht weiter spezifiziert. 4. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Schulbildung der Pflegeeltern und deren Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung. In der Untersuchung von Klemm und Pietras (2007) wurde ein negativer Zusammenhang zwischen der Schulbildung und Unsicherheit im Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung festgestellt. Dennoch wird die Hypothese nicht weiter spezifiziert, da es in deren Stichprobe keine Pflegeeltern gab und nicht vorab davon ausgegangen wird, dass derartige Zusammenhänge auch bei Pflegeeltern zu erwarten sind. 5. Pflegeeltern unterscheiden sich in ihrem Konfliktverhalten von unauffälligen Eltern der Eichstichprobe des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) auf der Ebene der Paarbeziehung. Da Pflegeeltern größeren Belastungen ausgesetzt sind, die über die normalen Aufgaben leiblicher Eltern hinausgehen, wird vermutet, dass sich deren Konfliktverhalten von jenem leiblicher Eltern unterscheidet. Da es diesbezüglich noch keine Studien gibt, wird die Hypothese nicht weiter spezifiziert. 3.1 Messinstrumente 3 Methode 3.1 Messinstrumente 3.1.2 Konfliktverhalten in der Familie Um das Verhalten der Pflegeeltern in Konfliktsituationen der Ebene der Paarbeziehung zu erfassen, wurde der Test „Konfliktverhalten in der Familie“ (KV-Fam; Klemm & Pietras, 2007) gewählt, da er das Konfliktverhalten systemisch auf verschiedenen Ebenen misst. Mit dem Test kann die Befindlichkeit und Reaktion der Befragten in den familiären Beziehungen eingeschätzt werden. Er kann bei leiblichen Eltern, Stief- und Adoptiveltern sowie alternativ von Bezugspersonen des Kindes angewandt werden. Der Fragebogen erfasst Konfliktlösungsmuster in Familien, welche getrennt nach Ressourcen und Defiziten erhoben werden. Dazu werden die Konfliktsituationen auf fünf Ebenen betrachtet: Ebene der einzelnen Person, Paarbeziehung, Eltern-Kind-Beziehung, Familienbeziehung sowie Ebene der sozialen Unterstützung. Für die Auswahl der Systemebenen orientierten sich Klemm und Pietras (2007) am Familienmodell von Cowan und Cowan (1988, zit. nach Klemm & Pietras, 2007, S. 25). Auf diesen fünf Ebenen wird die individuelle Reaktion von Müttern und Vätern auf stressauslösende Konflikte erfasst. Dabei gehen die Autoren davon aus, dass für die psychologische Bewertung eines Konfliktes nicht die „objektive“ Stärke eine Rolle spielt, sondern das subjektive Erleben für das jeweilige Elternteil von Bedeutung ist. In der folgenden tabellarischen Übersicht (siehe Tab. 3.1) sind die Ebenen und die dazugehörigen Situationsvorgaben aufgeführt. Tabelle 3.1: Konfliktvorgabe der einzelnen Systemebenen des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) Einzelne Person Wenn mein Partner von mir verlangt, etwas allein zu erledigen … Paarbeziehung Wenn sich mein Partner mit mir streitet … Eltern-Kind-Beziehung Wenn ich durch meinen Sohn oder meine Tochter gestreßt [sic] bin … Familienbeziehung Wenn sich jemand aus der Verwandtschaft einmischt … Soziale Unterstützung Wenn ich von einem Freund oder Kollegen enttäuscht bin … In dieser Arbeit interessiert lediglich die Ebene der Paarbeziehung. Die Konfliktsituationen der anderen Ebenen werden somit für weitere Berechnungen nicht berücksichtigt. Sie wurden dennoch erhoben, da die Untersuchung unterschiedlichen Fragestellungen durchgeführt wurde. durch zwei Studentinnen mit 3.1 Messinstrumente Nach jeder Situationsvorgabe folgen dieselben 40 Items, die in der folgenden Übersicht (siehe Tab. 3.2) aufgelistet sind. Die nach Ressourcen und Defiziten paarweise bipolar geordneten Skalen basieren auf Kategorien des Familienmodells von Epstein et al. (1962, zit. nach Klemm & Pietras, 2007, S. 25) und auf Skalen des Fragebogens „Konfliktverhalten situativ“ (KVS; Klemm, 2002, zit. nach Klemm & Pietras, 2007, S. 25). Für die Konstruktion der Antwortitems des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) wurde ebenfalls der KV-S (Klemm, 2002, zit. nach Klemm & Pietras, 2007, S. 20) herangezogen, der Verhaltensweisen in Konfliktsituationen erfasst. Wie aus der Tabelle 3.2 ersichtlich ist, gehören zu jeder Handlungsdimension vier Items. Der Übergang zwischen der Ressourcen- und Defizitdimension ist fließend. Das heißt, in jeder Ressourcen-Dimension ist ein Item enthalten, dass in einer anderen Situation als Defizitmoment verstanden werden kann und umgekehrt. Diese Items sind in Tabelle 3.2 kursiv abgebildet. Das Antwortformat hat vier Stufen: „nie“ (entspricht 0 Punkten), „manchmal“ (entspricht 1 Punkt), „oft“ (entspricht 2 Punkten), „immer“ (entspricht 3 Punkten). Für die weiteren statistischen Berechnungen wurden lediglich die Punkte auf den jeweiligen Dimensionen der Ebene der Paarbeziehung aufsummiert. 3.1 Messinstrumente Tabelle 3.2: Auflistung der Items des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) sortiert nach den zehn Handlungsdimensionen und getrennt nach Ressourcen und Defiziten Ressourcendimension Defizitdimension Selbstkontrolle Unsicherheit • reagiere ich mit Humor • weiß ich nicht, was ich tun soll • weiß ich genau, was ich als Nächstes • mache ich mir viele Gedanken, was daraus noch wird tun werde • sehe ich das gelassen • überlege ich, was • auf richtig und was falsch ist mich zukommen wird Verbundenheit fällt es mir schwer zu erkennen, was • bin ich der Verzweiflung nah Aggressivität weiß er / sie genau, was ich dazu • bin ich innerlich aufgewühlt denke • spüre ich Wut in mir aufsteigen • suche ich körperliche Nähe • stoße ich Drohungen aus • spüre ich mit ihm / ihr eine innere • erteile ich schon mal einen „Klaps“ • Verbundenheit • mag ich ihn / sie trotzdem Kommunikativität Rückzug • suche ich noch einmal das Gespräch • lässt mich das innerlich kalt • zeige ich, wie es mir damit geht • ziehe ich mich zurück • stecke ich meine Wünsche zurück • habe ich zu nichts mehr Lust • äußere ich mehrere Vorschläge, um • will ich für mich allein sein zu einer Lösung zu kommen Gegenseitige Unterstützung Rollenabgrenzung • bleibe ich fair • verfalle ich in alte Gewohnheiten • versetze ich mich in seine / ihre Lage • ist mir klar, wofür ich verantwortlich • opfere ich mich für ihn / sie auf • helfe ich ihm / ihr trotzdem bin • sage ich nicht, was ich wirklich denke • steht meine Position von vornherein fest Zufriedenheit Somatisierung • hoffe ich auf bessere Zeiten • fühle ich mich körperlich unwohl • fühle ich mich trotzdem glücklich • kann ich nachts nicht schlafen • denke ich: „Augen zu und durch“ • bekomme • behalte ich meine gute Laune ich Bauchschmerzen • verliere ich den Appetit Kopf- und 3.1 Messinstrumente Beschreibung der Handlungsdimensionen (nach Klemm & Pietras, 2007) Die Handlungsdimensionen Aggressivität“ und „Selbstkontrolle „Zufriedenheit Selbstmanagementfähigkeiten vs. der vs. Unsicherheit“, Somatisierung“ Elternteile und „Verbundenheit charakterisieren die vs. individuelle Handlungsdimensionen „Kommunikativität vs. Rückzug“ und „Gegenseitige Unterstützung vs. Rollenabgrenzung“ beschreiben Fähigkeiten der Beziehungsgestaltung. Wie aus den Beschreibungen ersichtlich sein wird, ist die Interpretation der Dimensionen dialektisch zu sehen. Ein Zuviel an Ressourcen kann je nach Situation auch defizitär sein und umgekehrt kann ein schwach ausgeprägtes Defizit als Ressource wirksam werden. Selbstkontrolle vs. Unsicherheit Die Handlungsdimension Selbstkontrolle steht für Selbstbestimmtheit und Selbstsicherheit. Eine Voraussetzung für Selbstkontrolle ist das empathische Verstehen anderer Menschen beziehungsweise Situationen. Ein Mangel an Selbstkontrolle bewirkt Impulsivität und ein Übermaß hat Stoizismus zur Folge. Unsichere Personen haben Schwierigkeiten, soziale Beziehungen aufzubauen und Probleme konstruktiv zu lösen. Dies kann mit (gehemmter) Aggressivität einhergehen. Verbundenheit vs. Aggressivität Diese Handlungsdimensionen stehen für das Spannungsverhältnis zwischen der Unabhängigkeit des Einzelnen und der Verbundenheit zur Familie. Bei einem Mangel an affektiver Verbundenheit, wenden die Mitglieder der Familie emotional weniger in die gegenseitigen Beziehungen auf. Ein Übermaß an affektiver Verbundenheit zeigt sich in Verstrickungen und/ oder Übervorsorge. Die Dimension „Aggressivität“ steht für die Abgrenzung des Familienmitgliedes. Ein Mittelmaß kann positiv als Durchsetzungsfähigkeit aufgefasst werden. Ein Mangel kann zu aufgestauten Gefühlen und Abhängigkeiten führen. Ein Übermaß kann zu familialer Gewalt führen, besonders dann, wenn es dem Familienmitglied nicht gelingt, das Spannungsverhältnis zwischen Individuation und Abgrenzung ins Gleichgewicht zu bringen. Kommunikativität vs. Rückzug Kommunikativität steht für sachlichen Informationsaustausch, Mitteilung von Befindlichkeiten sowie Spenden von Trost und gilt auch als Zeichen gegenseitiger Unterstützung. Voraussetzung für Kommunikativität sind Problemlösebereitschaft und Offenheit. Zu wenig Problemlösefähigkeit bewirkt eine starre Atmosphäre und ein Übermaß an Offenheit steht für Willensschwäche. 3.3 Stichprobe Zum resignativen Rückzug eines Menschen kommt es, wenn die gegenseitigen Erwartungen enttäuscht werden. Der Rückzug findet sich vermehrt, wenn Depressivität oder Kränkungen überwiegen. Wenn Rückzugsmöglichkeiten aber gänzlich fehlen, kann dies auf ein mangelndes Autonomiebewusstsein hindeuten. Gegenseitige Unterstützung vs. Rollenabgrenzung Als Voraussetzung für gegenseitige Unterstützung sehen Klemm und Pietras (2007) eine sehr hohe Empathiefähigkeit. Rollenabgrenzung steht für ein stereotypes Ausfüllen von Rollenmustern. Bei einem mittleren Maß an Rollenabgrenzung gelingen Aufgabenteilung und Absprachen in der Familie. Bei einem Übermaß dessen kann sich die Familie nur schwer an veränderte Gegebenheiten anpassen. Zufriedenheit vs. Somatisierung Hoffnungslosigkeit gilt als Indikator für einen Therapieabbruch und Depression. Zu Somatisierung beziehungsweise körperlichen Beschwerden kommt es infolge einer weit fortgeschrittenen Hoffnungslosigkeit. Dies hat wiederum Auswirkungen auf das Familienklima. Ein Mangel an körperlicher Sensibilität wiederum geht oftmals mit eingeschränkter Affektivität einher (Klemm & Pietras, 2007). 3.3 Stichprobe Der Online-Fragebogen wurde von 166 Pflegemüttern beziehungsweise Pflegevätern beendet und 13 Pflegeelternteile füllten den Fragebogen in der Papier-Bleistiftversion aus. Von diesen 179 Fragebögen wurden vier Fälle ausgeschlossen, da es sich um Adoptiveltern handelte. Die Stichprobe setzt sich somit aus 175 Pflegeelternteilen zusammen. Davon waren 148 Pflegemütter (84,6%) und lediglich 27 Pflegeväter (15,4%). Das Alter der Pflegeeltern liegt im Durchschnitt bei 45,22 Jahren (SD = 7,92) mit einer Spannbreite von 27 bis 67. Die Pflegeeltern hatten insgesamt 298 Pflegekinder. Davon waren 147 weiblich (49,3%), 142 männlich (47,7%) und bei neun Kindern fehlten die Angaben zum Geschlecht. Die Pflegekinder sind durchschnittlich 8,26 Jahre alt. In der Tabelle 3.3 ist die Verteilung des Alters dargestellt. Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass die Häufigkeit jüngerer Pflegekinder größer ist. 3.3 Stichprobe Tabelle 3.3: Verteilung des Alters der Pflegekinder in der Pflegeeltern-Stichprobe Alter Anzahl Prozent 0 bis 3 Jahre 66 22,6 4 bis 6 Jahre 57 19,5 7 bis 10 Jahre 75 25,7 11 bis 14 Jahre 47 16,1 15 bis 18 Jahre 37 12,7 19 bis 23 Jahre 10 3,4 Die Dauer der Pflegeverhältnisse in dieser Stichprobe liegt im Durchschnitt bei 4,95 Jahren. Bei 46,3 Prozent der Stichprobe leben auch leibliche Kinder (n = 168), bei 4 Prozent leben Stiefkinder (n = 7) und bei 5,7 Prozent der Pflegeeltern leben Adoptivkinder (n = 10) im Haushalt. Bei 49 Pflegeelternteilen lebt nur ein Pflegekind im Haushalt. Somit leben 16,4 Prozent der Pflegekinder dieser Stichprobe allein bei ihren Pflegeeltern. In Abbildung 3.1 ist die Häufigkeit des Bundeslandes, in dem die Pflegeeltern leben, abgebildet. Die meisten Pflegeeltern der Stichprobe wohnen in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Sachsen-Anhalt an zweiter Stelle. Aus den Bundesländern Bremen, MecklenburgVorpommern und Saarland haben sich keine Pflegeeltern an der Befragung beteiligt. Thüringen 2 Schleswig-Holtstein 5 Wohnort der Versuchsperson Sachsen-Anhalt 21 Sachsen 12 Reihnland-Pfalz 10 Nordrhein-Westfalen 55 Niedersachsen 12 Hessen 11 Hamburg 2 Brandenburg 6 Berlin 13 Bayern 16 Baden-Württemberg 10 0 10 20 30 40 50 60 Anzahl der Personen Abbildung 3.1: Grafische Darstellung zur Häufigkeit der Bundesländer, in denen die Pflegeeltern der Stichprobe wohnen 3.3 Stichprobe In der Stichprobe sind 172 Personen deutscher Nationalität und drei gehören einer anderen Nationalität an. Die meisten Pflegeelternteile gehören mit 66,3 Prozent der christlichen Religion an und 33,1 Prozent gehören keiner Religion an. Lediglich 0,1 Prozent gehören einer anderen Religion an. Der Großteil der Stichprobe ist bei den leiblichen Eltern (85,7%) aufgewachsen. Ein geringer Anteil lebte bei mindestens einem Stiefelternteil (7,4%) und lediglich 6,9 Prozent lebten entweder bei Adoptiveltern, Pflegeeltern, Verwandten oder sonstigen Personen. Die meisten Pflegeeltern sind mit 79 Prozent verheiratet, acht Prozent leben in einer festen Partnerschaft, nur vier Prozent sind alleinstehend, sechs Prozent geschieden und lediglich zwei Prozent der Pflegeeltern leben in Trennung. Kein Pflegeelternteil der Stichprobe ist ohne Schulabschluss oder Förderschule beziehungsweise Sonderschule. In der Stichprobe haben 15 Pflegeelternteile (8,6%) einen Hauptschulabschluss beziehungsweise 8./9. Klasse POS abgeschlossen, 69 Personen (39,4%) haben die Realschule beziehungsweise 10. Klasse POS abgeschlossen und 91 Personen (52,0%) haben das Fach-/ Abitur. In der Abbildung 3.2 sind die Häufigkeiten der Frage nach dem Berufs-/ Hochschulabschluss grafisch dargestellt. Nur neun Personen gaben an, derzeit arbeitssuchend zu sein. 100 Häufigkeit in Prozent 80 60 53,7% 40 26,9% 20 0 2,9% ohne Abschluss 5,1% 7,4% 2,9% 1,1% Lehre Lehre begonnen, aber abgeschlossen nicht vollendet Meistertitel Studium Studium begonnen, aber abgeschlossen nicht vollendet Promotion/ Habilitation Abbildung 3.2: Grafische Darstellung der Häufigkeiten zum Berufs-/ Hochschulabschluss in der Stichprobe der Pflegeeltern Zum monatlichen Nettoeinkommen (siehe Abb. 3.3) gaben 10 Personen an, unter 1500 Euro, 53 Personen unter 3000 Euro, 74 Personen unter 4500 Euro und 38 Personen über 4500 Euro zur Verfügung zu haben, wobei in dieser Verteilung die Anzahl der Personen pro Haushalt nicht berücksichtigt wurde. Folgende Angaben (siehe Abb. 3.4) wurden zur 3.3 Stichprobe Häufigkeit, in der Pflegeeltern ihren Hobbys nachgehen, getätigt: 14 Personen gehen keinen Hobbys nach; hin und wieder gehen 87 Personen; oft, aber unregelmäßig 55 Personen und regelmäßig über eine längere Zeit gehen 19 Personen ihren Hobbys nach. 50,0% Häufigkeit in Prozent 40,0% 30,0% 42,3% 20,0% 30,3% 21,7% 10,0% 5,7% 0,0% unter 1500€ unter 3000€ unter 4500€ über 4500€ Abbildung 3.3: Grafische Darstellung der Häufigkeitsverteilung des Nettoeinkommens in der Stichprobe der Pflegeeltern 50,0% Häufigkeit in Prozent 40,0% 30,0% 49,7% 20,0% 31,4% 10,0% 10,9% 8,0% 0,0% nie/ nicht mehr hin und wieder oft, aber unregelmäßig regelmäßig über längere Zeit Abbildung 3.4: Grafische Darstellung der Verteilung der Häufigkeit, in der die Pflegeeltern ihren Hobbys nachgehen 4.2 Deskriptive Ergebnisse 4 Ergebnisse 4.2 Deskriptive Ergebnisse 4.2.2 Demografische Variablen Bei dem Item „Gibt es regelmäßige Kontakte zu den leiblichen Eltern?“ (siehe Abb. 4.1) gaben 28 Pflegemütter beziehungsweise Pflegeväter (16%) an, alle zwei Wochen oder öfter, 43 (24,6%) gaben an, mindestens einmal im Monat, 52 Pflegeelternteile (29,7%) gaben an, seltener als einmal im Monat und ebenfalls 52 Pflegeelternteile (29,7%) gar keine Kontakte zu den leiblichen Kindern zu haben. Häufige Kontakte zu den Herkunftseltern sind in dieser Stichprobe demnach seltener. 30,0% Häufigkeit in Prozent 25,0% 20,0% 29,7% 15,0% 29,7% 24,6% 10,0% 16,0% 5,0% 0,0% alle 2 Wochen oder öfters mindestens einmal im Monat seltener als einmal im Monat gar keine Kontakte Abbildung 4.1: Grafische Darstellung der Angaben zur Häufigkeit der Besuchskontakte in der Stichprobe der Pflegeeltern Die Tabelle 4.3 zeigt die Häufigkeitsverteilung zum vorherigen Wohnort der Pflegekinder in absteigender Reihenfolge. Viele Pflegekinder haben vorher bei den leiblichen Eltern oder anderen Pflegeeltern gewohnt. Bei der Kategorie „leibliche Mutter“ wurde ein Pflegekind eingeordnet, das vorher beim leiblichen Vater gelebt hat. 4.2 Deskriptive Ergebnisse Tabelle 4.3: Häufigkeitsverteilung zum vorherigen Wohnort der Pflegekinder der Pflegeeltern-Stichprobe Antwortmöglichkeiten auf das Item: „Wo Anzahl Prozent hat Pflegekind 1(2,3,4) voher gewohnt?“ Leibliche Eltern 62 20,9 Pflegeeltern 61 20,5 Leibliche Mutter 55 18,5 Heim 49 16,5 Krankenhaus/ direkt nach der Geburt zu uns 33 11,1 Verwandte 12 4,0 5 1,7 20 6,7 Mutter-Kind-Heim Keine genaue Angabe Bei der Frage nach einer Behinderung und dem Grad der Behinderung der Kinder gaben 92 Personen (52,6%) an, dass ihre Kinder keine Behinderung haben. Bei 81 Pflegeelternteilen hat mindestens eines der Kinder eine Behinderung. Davon gaben 28 Personen (16%) eine geringfügige Behinderung, 42 Personen (24%) eine mittelgradige Behinderung und 11 Personen (6,3%) eine hochgradige Behinderung bei mindestens einem der Kinder an. Bei der Frage „Welches Ihrer Kinder hat eine Behinderung?“ gaben fünf Personen an, dass das leibliche Kind eine Behinderung hat, drei Personen gaben an, dass das Adoptivkind eine Behinderung hat und 80 Pflegeelternteile gaben an, dass das Pflegekind eine Behinderung hat. In der Stichprobe gab es keine Stiefkinder mit einer Behinderung, wobei in der Pflegeelternstichprobe nur eine geringe Anzahl an Stief- und Adoptivkindern im Haushalt leben. Es können keine Angaben zur Häufigkeit aller Kinder dieser Stichprobe gemacht werden, da die Frage nach der Behinderung allgemein gestellt wurde und nicht für jedes Kind separat. Der Kolmogorov-Smirnov-Test ergab, dass lediglich die Items zum Alter der Pflegeeltern und dem Alter der leiblichen Kinder sowie zur Dauer der Partnerschaft beziehungsweise Ehe keine signifikanten Abweichungen von der Normalverteilung aufweisen. Alle anderen demografischen Variablen sind nicht normalverteilt. Wie bereits erwähnt, werden dennoch parametrische Verfahren angewandt, da aufgrund der Stichprobengröße von einer hinreichenden Stabilität der Werte ausgegangen werden kann. 5.1 Diskussion der deskriptiven Ergebnisse und Zusammenhänge mit demografischen Variablen 5 Diskussion und Ausblick Mit dieser Arbeit sollten mögliche Zusammenhänge zwischen demografischen Variablen und dem Konfliktverhalten der Pflegeeltern auf der Ebene der Paarbeziehung untersucht werden. Darüber hinaus war von Interesse, ob es Unterschiede im Konfliktverhalten auf der Ebene der Paarbeziehung zwischen Pflegeeltern und unauffälligen Eltern der Eichstichprobe des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) gibt. Im Folgenden werden zunächst Teilergebnisse sowie methodische Besonderheiten der Untersuchung diskutiert, bevor eine Gesamtdiskussion aller Ergebnisse und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsarbeiten erfolgt. 5.1 Diskussion der deskriptiven Ergebnisse und Zusammenhänge mit demografischen Variablen Wenn man die deskriptiven Daten der acht Handlungsdimensionen (siehe Tab. 4.2) betrachtet, fällt auf, dass die Mittelwerte auf den Ressourcendimensionen höher sind als auf den Defizitdimensionen, was auf den ersten Blick positiv bewertet werden kann. Es könnte bedeuten, dass Pflegeeltern eher effektive Konfliktlösungsstrategien anwenden. Die Mittelwerte der Ressourcendimensionen sprechen für mittlere Ausprägungen und die Mittelwerte der Defizitdimensionen für sehr geringe Ausprägungen. Aufgrund der dialektischen Interpretationsform können diese Daten jedoch nicht sicher interpretiert werden, da zu geringe Werte einer Defizitdimension situativ auch negativ bewertet werden können und Klemm und Pietras (2007) diesbezüglich keine konkreten Angaben machen. Die deskriptiven Ergebnisse zum Aufenthaltsort der Pflegekinder sprechen dafür, dass das aktuelle Pflegeverhältnis für viele Pflegekinder nicht die erste Fremdunterbringung darstellt, wie auch in anderen Studien (DJI, 2008; Blandow & Walter, 2004; Erzberger, 2003) gefunden wurde. Nur 39,4 Prozent der Pflegekinder kamen direkt von ihren leiblichen Eltern beziehungsweise einem leiblichen Elternteil in die Pflegefamilie. In 42,7 Prozent der Fälle waren die Pflegekinder vorher bei anderen Pflegeeltern, Verwandten oder institutionell untergebracht. Die Daten können auch darauf hindeuten, dass diese Kinder bereits mehrere Trennungserfahrungen und somit möglicherweise auch negative Bindungserfahrungen erlebt haben. Zum einen bedeuten mehrfache Wechsel des Aufenthaltsortes für die Pflegekinder eine Belastung und darüber hinaus ist nach Blandow (1980) bei diesen Pflegeverhältnissen die Wahrscheinlichkeit für einen Abbruch des Pflegeverhältnisses erhöht. Eine weitere mögliche Belastung dieser Stichprobe zeigt sich darin, dass fast die Hälfte aller Pflegeelternteile angeben, dass mindestens eines ihrer Kinder eine Behinderung aufweist, wobei es sich in den meisten Fällen um die Pflegekinder handelt. 5.1 Diskussion der deskriptiven Ergebnisse und Zusammenhänge mit demografischen Variablen Die Ergebnisse zur Häufigkeit von Besuchskontakten weisen darauf hin, dass häufige Besuchskontakte zu den Herkunftseltern der Pflegekinder eher selten stattfinden. Die Befunde decken sich mit den Ergebnissen Erzbergers (2003). In seiner Untersuchung bestanden in 77,4 Prozent der Fälle Besuchskontakte, die bei 11,5 Prozent wöchentlich stattfanden. In dieser Studie geben 70,3 Prozent der Pflegeeltern an, dass Besuchskontakte zur Herkunftsfamilie bestehen, welche in 16,0 Prozent alle zwei Wochen oder öfter durchgeführt werden. Dennoch muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Frage nach den Besuchskontakten nicht separat für jedes Pflegekind erfragt wurde, somit konnten jene Pflegeeltern, die mehrere Pflegekinder haben, nicht differenziert antworten und einige Pflegeeltern merkten in den Fragebögen an, dass sich die Häufigkeit der Besuchskontakte bei den einzelnen Pflegekindern im Haushalt unterscheidet. Bevor Zusammenhänge zwischen den demografischen Variablen und dem Konfliktverhalten der Pflegeeltern diskutiert werden, soll nochmal darauf hingewiesen werden, dass von den zehn Handlungsdimensionen des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007), aufgrund schlechter Reliabilitäten, nur acht Handlungsdimensionen für statistische Berechnungen berücksichtigt werden konnten. Desweiteren bestanden fünf Handlungsdimensionen nach Ausschluss einzelner Items infolge mangelhafter Reliabilität nur noch aus drei Items, wodurch die Validität der Ergebnisse in Frage gestellt werden kann. Ausreichende bis gute Reliabilitäten wiesen lediglich die Dimensionen „Unsicherheit“, „Verbundenheit“ und „Somatisierung“ auf. Zusätzlich ist durch die dialektische Interpretation der Handlungsdimensionen des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) eine Bewertung der Befunde schwierig, da zu hohe beziehungsweise zu niedrige Werte einer Handlungsdimension je nach Situation sowohl positiv als auch negativ interpretiert werden können und die Autoren keine konkreten Angaben diesbezüglich machen. Es konnten einige signifikante Zusammenhänge zwischen demografischen Variablen und Konfliktverhaltensstrategien auf der Ebene der Paarbeziehung ermittelt werden. Die vorliegenden Daten zu den Geschlechtsunterschieden zeigen, dass Frauen in Konfliktsituationen mit dem Partner höhere Werte auf der Dimension „Aggressivität“ aufweisen. Das heißt, dass Frauen in Konfliktsituationen mit dem Partner affektiver reagieren als Männer. Auch sind es die Männer, die eher versuchen in diesen Situationen die Frauen zu unterstützen. Als Voraussetzung für eine gegenseitige Unterstützung sehen Klemm und Pietras (2007) eine hohe Empathiefähigkeit, die scheinbar bei den Männern situativ stärker ausgeprägt zu sein scheint. Die Frauen geben auch mehr körperliche Symptome aufgrund jener Konflikte an. Diese Befunde ähneln den Ergebnisse der Untersuchung von Klemm und Pietras (2007). Auch in deren Untersuchung wiesen die Väter geringere Werte auf den Dimensionen „Aggressivität“ und „Somatisierung“ sowie höhere Werte auf der Dimension 5.2 Diskussion der Ergebnisse der Hypothesen „Unterstützung“ auf als die Mütter. Darüber hinaus gaben die Väter mehr Selbstkontrolle, Verbundenheit und Zufriedenheit an als die Mütter. Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass Frauen stärker belastet sind als Männer und weniger in der Lage sind, Konflikte konstruktiv zu lösen. Die größere Belastung könnte daraus resultieren, dass Frauen eher die Pflege und Erziehung der Kinder übernehmen als die Männer. Für Pflegefamilien deutet der Befund darauf hin, dass insbesondere die Pflegemütter mehr Unterstützung benötigen, damit das Pflegeverhältnis gelingen kann. Allerdings sind diese Ergebnisse aufgrund der ungleichen Geschlechterverteilung mit Vorsicht zu interpretieren. Die Größe des Wohnraumes wies in dieser Studie auf negative Zusammenhänge in Bezug auf einzelne Defizitdimensionen. Je mehr Wohnraum in Quadratmetern den Pflegeeltern zur Verfügung steht, desto weniger Unsicherheit und Somatisierung geben sie an. Dieser Befund weist darauf hin, dass es sinnvoll ist, Pflegeeltern zu wählen, die über ausreichenden Wohnraum verfügen, wie dies im Abschnitt 2.1.3 berichtet wurde. Auch Hobbys können eine Ressource darstellen. Pflegeeltern, die häufiger ihren Hobbys nachgehen, zeigen in Paarkonflikten mehr Selbstbestimmtheit und Selbstsicherheit sowie weniger körperliche Symptome. Dieser Befund deutet darauf hin, dass es wichtig ist, neben dem familiären Leben auch seinen eigenen Interessen nachzugehen. Der Glauben hat in dieser Untersuchung ebenfalls positive Auswirkungen auf die Konfliktlösungsmuster der Pflegeeltern. Diejenigen Pflegeeltern, die dem christlichen Glauben angehören, zeigen eine höhere Problemlösebereitschaft und Offenheit bei Paarkonflikten im Vergleich zu Pflegeeltern, die keiner Religion angehören. 5.2 Diskussion der Ergebnisse der Hypothesen Mit der ersten Hypothese sollte geprüft werden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Pflegeeltern und deren Konfliktverhaltensstrategien besteht. Es zeigten sich, wie auch in der Untersuchung von Klemm und Pietras (2007), Altersunterschiede in Konfliktsituationen mit dem Partner oder der Partnerin auf der Dimension „Selbstkontrolle“. Ältere Pflegeeltern weisen demnach mehr Selbstbestimmtheit und Selbstsicherheit in ihrem Verhalten als jüngere Pflegeeltern auf. Nach Klemm und Pietras (2007) ist eine Voraussetzung der Selbstkontrolle das empathische Verstehen anderer Menschen oder Situationen, welches bei älteren Pflegeeltern somit stärker ausgeprägt zu sein scheint. Dieser Befund kann nicht mit der Tatsache begründet werden, dass die Partnerschaft im höheren Alter bereits länger besteht, da die Zusammenhänge zwischen der Dauer der Partnerschaft beziehungsweise Ehe und den Konfliktlösungsmustern im Rahmen der Prüfung auf Zusammenhänge zu demografischen Variablen geprüft wurde. Es zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge, weshalb sie in Abschnitt 4.3 nicht berichtet wurden. Die Befunde könnten 5.2 Diskussion der Ergebnisse der Hypothesen eher auf die Erfahrungen, die im Laufe des längeren Lebens bei älteren Personen gemacht wurden, zurückzuführen sein. Das Ergebnis weist auch darauf hin, dass es kein Problem darstellen sollte, dass Pflegeeltern meist älter sind als Eltern der Normalbevölkerung (Blandow, 2004). Die zweite Hypothese hatte zum Ziel, einen möglichen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Pflegekindern sowie der Anzahl an Kindern insgesamt im Haushalt und den Konfliktverhaltensstrategien der Pflegeeltern aufzudecken. Es konnte ein negativer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Pflegekinder im Haushalt und dem Ausmaß an Kommunikativität in Paarkonflikten gefunden werden. Je mehr Pflegekinder im Haushalt leben, desto weniger kommunizieren die Pflegeeltern in Paarkonflikten miteinander. Es ist demnach weniger Problemlösebereitschaft und Offenheit, als Voraussetzung für Kommunikativität, vorhanden, um die Konflikte konstruktiv zu lösen. Eine höhere Bereitschaft an Kommunikativität wäre insbesondere bei einer höheren Anzahl an Pflegekindern erstrebenswert, denn es kann angenommen werden, dass sie eine höhere Belastung darstellt. Auf den anderen Dimensionen und in Bezug auf die Anzahl der Kinder insgesamt im Haushalt wurde kein Zusammenhang mit dem Konfliktverhalten der Pflegeeltern auf der Ebene der Paarbeziehung gefunden. Dieser Befund könnte darauf hindeuten, dass insbesondere eine höhere Anzahl an Pflegekindern eine Belastung darstellt im Vergleich zu einer höheren Anzahl an Kindern, die sich auch aus beispielsweise leiblichen Kindern ergibt. Bei Klemm und Pietras (2007) sprachen die Befunde dafür, dass Eltern, die mehr als zwei Kinder hatten, weniger Unsicherheit zeigten, was in dieser Untersuchung nicht nachgewiesen wurde. Bei ihnen wirkte sich eine höhere Kinderzahl eher positiv auf die Defizitdimension aus, was ebenfalls dafür sprechen könnte, dass insbesondere eine höhere Anzahl an Pflegekindern eine Belastung bedeutet. Mit der dritten Hypothese wurde geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Pflegeeltern und deren Konfliktverhaltensstrategien besteht. Es zeigte sich wie in der Eltern-Stichprobe von Klemm und Pietras (2007) ein negativer Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens und Unsicherheit sowie Somatisierung. Pflegeeltern mit einem höheren Einkommen zeigen bei Konflikten mit dem Partner oder der Partnerin weniger Unsicherheit, sind somit eher in der Lage Probleme konstruktiv zu lösen und reagieren weniger mit körperlichen Symptomen aufgrund des Konfliktes und sind somit weniger belastet. Auch in der Stichprobe von Klemm und Pietras (2007) ließen sich diese Zusammenhänge finden. Lediglich der Zusammenhang zwischen dem Einkommen und Rückzug, wie er bei Klemm und Pietras (2007) zusätzlich gefunden wurde, konnte hier nicht bestätigt werden. Aufgrund der Befunde der Pflegeelternstichprobe und der Validierungsstichprobe bei Klemm und Pietras (2007) kann angenommen werden, dass ein hohes Einkommen generell eine Ressource für die Konfliktbewältigung darstellt. Darüber 5.2 Diskussion der Ergebnisse der Hypothesen hinaus spricht der Befund dafür, dass es sinnvoll ist, die finanzielle Situation von zukünftigen Pflegeeltern zu prüfen, wie in Abschnitt 2.1.3 berichtet wurde und nur jene Eltern als Pflegeeltern zu wählen, deren finanzielle Situation gesichert ist. Das Ziel der vorletzten Hypothese war, einen möglichen Zusammenhang zwischen der Schulbildung und den Konfliktverhaltensstrategien der Pflegeeltern auf der Ebene der Paarbeziehung aufzudecken. Die vorliegenden Ergebnisse weisen daraufhin, dass sich die Schulbildung der Pflegeeltern positiv auf die Handlungsdimension „Somatisierung“ auswirkt. Pflegeeltern mit einer höheren Schulbildung berichten weniger über körperliche Symptome infolge eines Konfliktes mit dem Partner oder der Partnerin. Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass die Verteilung innerhalb der Ausprägungen sehr ungleich ist. Es gibt keine Pflegeeltern ohne Schulabschluss und Sonder-/ Förderschulabschluss. Lediglich 8,6 Prozent der Stichprobe hatten einen Hauptschulabschluss bzw. 9. Klasse POS und 39,4 Prozent der Eltern hatten einen Realschulabschluss und immerhin die Hälfte der Pflegeeltern hatten Fach-/ Abitur. Bei Klemm und Pietras (2007) konnte dieser Zusammenhang nicht gefunden werden. In ihrer Untersuchung zeigten Eltern mit einer höheren Schulbildung weniger Unsicherheit. Beide Befunde sprechen dennoch dafür, dass sich eine höhere Schulbildung positiv auf Konfliktverhaltensstrategien auswirken kann. Mit der letzten Hypothese sollte geprüft werden, ob Unterschiede im Konfliktverhalten zwischen Pflegeeltern und unauffälligen leiblichen Eltern der Eichstichprobe des KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) bestehen. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass es in der Gesamtstichprobe von Klemm und Pietras (2007) auch 85 Stiefelternteile gab, wobei aus deren Daten nicht hervorgeht, wie viele Stiefelternteile in der Substichprobe unauffälliger Eltern waren. Da die Reliabilitäten in beiden Stichproben mangelhaft ist, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren. Es zeigte sich, dass Pflegeeltern bei Konflikten mit dem Partner oder der Partnerin eher über Probleme kommunizieren und eher bereit sind, Konflikte zu lösen als die unauffälligen Eltern der Eichstichprobe bei Klemm und Pietras (2007), was positiv zu bewerten ist. Dieser Befund könnte darauf zurückzuführen sein, dass Pflegeeltern vor der Aufnahme eines Pflegekindes auf die Herausforderung vorbereitet werden und Ihnen somit auch hilfreiche Tipps im Umgang mit Belastungen und Konflikten vermittelt werden. Dennoch zeigten sich auf allen anderen Dimensionen keine signifikanten Unterschiede und somit unterscheiden sich beide Stichproben auf diesen Dimensionen nicht. Damit liegen die Pflegeeltern im Normbereich der Werte der Stichprobe unauffälliger Eltern in Bezug auf ihr Konfliktverhalten auf der Paarebene, so dass angenommen werden kann, dass sie über effektive Konfliktlösungsstrategien verfügen und somit nach Schattner (1987) die Wahrscheinlichkeit, dass das Pflegeverhältnis gelingt, in dieser Stichprobe höher ist. Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass bei allen untersuchten Zusammenhängen keine gravierenden Unterschiede im Konfliktverhalten bei Paarkonflikten 5.3 Diskussion methodischer Besonderheiten der Studie gefunden wurden, denn meist ließen sich bei acht Handlungsdimensionen nur jeweils Unterschiede auf einer oder zwei Handlungsdimension feststellen. 5.3 Diskussion methodischer Besonderheiten der Studie In diesem Abschnitt sollen relevante Aspekte der Erhebung diskutiert werden. Eine genaue Rücklaufquote kann nicht angegeben werden, allerdings kann sie als gering eingeschätzt werden, da durch die Online-Befragung und durch die Zusagen an Unterstützung und Weiterleitung davon ausgegangen werden kann, dass sehr viele Pflegeeltern erreicht werden konnten. Auch die mangelhafte Rücksendung der Papier- und Bleistiftversionen spricht für die geringe Rücklaufquote. Von ungefähr 30 ausgegebenen Papier- und Bleistiftversionen wurden 13 Fragebögen zurückgesandt beziehungsweise persönlich während des Seminares wieder abgebeben. Die Online-Befragung war von Mitte März bis Mitte Juni. Es ist davon auszugehen, dass bei einer Verlängerung dieses Zeitraumes sich die Stichprobengröße erhöht hätte, allerdings nicht in sehr hohem Maß, da beobachtet werden konnte, dass es zu einer Vielzahl an Teilnahmen vor allem nach Veröffentlichungen beziehungsweise Hinweisen des Links auf Homepages kam. Zum Ende der Untersuchung hatten die regelmäßigen Teilnahmen stark abgenommen. Ein weiterer Grund für die geringe Teilnahme könnte sein, dass der KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) sehr umfangreich ist beziehungsweise sehr viele Items enthält, so dass die Motivation der Pflegeeltern nachgelassen haben könnte und sie daher die Fragebögen nicht beendet haben. Dennoch kann eine Stichprobegröße von 175 Pflegeelternteilen als sehr gut bewertet werden und dies konnte durch die Anwendung einer Online-Befragung gelingen. Durch entsprechende Internetforen für Pflegeeltern können mehr Pflegeeltern erreicht werden als über die Verteilung von Papier-Bleistift-Fragebögen. Bei dieser Methode besteht eine geringere Hemmschwelle zum Ausfüllen, da der Rückversand durch die Pflegeeltern wegfällt. Damit verbunden können Materialkosten und Kosten des Rückversandes von Papier- und Bleistiftversionen entweder komplett wegfallen oder wie in dieser Untersuchung reduziert werden, da lediglich bei Bedarf Papier- und Bleistiftversionen versandt beziehungsweise verteilt wurden. Desweiteren werden Dateneingabefehler reduziert und Zeitkosten der Dateneingabe in ein statistisches Programm fallen weg beziehungsweise werden reduziert. Ein Nachteil sind anfallende Kosten durch die Beschaffung einer Lizenz eines speziellen Programms für Online-Befragungen. Darüber hinaus kann einer mangelhaften Repräsentativität einer Stichprobe (Gassmann, 2010; Blandow, 1999) mit dieser Form der Erhebung entgegengewirkt werden, indem beispielsweise überregional Pflegeeltern erreicht werden können. Gemäß den demografischen Angaben zur Geschlechterverteilung und Altersverteilung der Pflegekinder (Erzberger, 2003), dem Alter der Pflegeeltern (Blandow, 2004; Erzberger, 2003) sowie den Angaben zum Familienstand und der Berufsausbildung der Pflegeeltern (Blandow (2004) kann die vorliegende Stichprobe als repräsentativ angesehen werden. Auch in dieser Studie sind etwas mehr weibliche Pflegekinder in der Stichprobe als männliche Pflegekinder, auch wenn der Unterschied marginal ist. Jüngere Pflegekinder sind in dieser Stichprobe häufiger als ältere Pflegekinder. Das Alter der Pflegeeltern liegt über dem Alter der Eltern in der Normalbevölkerung. Die meisten Pflegeeltern sind verheiratet oder leben in einer festen Partnerschaft. In Bezug auf die Berufsbildung der Pflegeeltern konnte auch in dieser Untersuchung festgestellt werden, dass über die Hälfte der Pflegeelternteile eine Lehre abgeschlossen hatten und sogar 26,9 Prozent der Stichprobe ein Studium beendet hatten. Der KV-Fam (Klemm & Pietras, 2007) erwies sich als weniger geeignet zur Untersuchung einer Stichprobe. Die Beschreibungen der Handlungsdimensionen bei Klemm und Pietras (2007) sind teilweise ungenau und daher wenig aussagekräftig. Aufgrund der dialektischen Interpretation sind Mittelwerte schwer zu beurteilen. Beispielsweise kann ein höherer Wert auf einer Ressourcendimension auch ein Zuviel bedeuten und somit negativ bewertet werden. Die Autoren weisen darauf hin, dass ein Zuviel oder Zuwenig auf einer Dimension situativ anders bewertet werden könnte, wobei sie diesbezüglich keine konkreten Angaben machen. Somit konnten die vorliegenden Werte nicht sicher beurteilt werden. Zur Berechnung der möglichen zusätzlichen Kennwerte zur Auswertung der Konfliktlösungsmuster wird eine spezielle kostenpflichtige Software, die zusätzlich zum Test erworben werden kann, benötigt. Allerdings ist die Berechnung der zusätzlichen Kennwerte und somit differenzierte Interpretation auch nur für den Einzelfall sinnvoll. Pro Dimension gibt es nur vier Items und durch die teilweise mangelhaften Reliabilitäten mussten einige Items entfernt werden, so dass nur noch mit drei Items pro Handlungsdimension gerechnet werden konnte. Daher kann die Validität der Ergebnisse in Frage gestellt werden. Auch bei Klemm und Pietras (2007) zeigten sich auf den einzelnen Dimensionen der Ebene der Paarbeziehung mangelhafte Reliabilitäten, worauf von den Autoren nicht weiter eingegangen wurde. Dennoch soll der Nutzen des Tests in der Einzelfallberatung nicht angezweifelt werden. Literaturverzeichnis Blandow, J. (2007). Entwicklungslinien im Pflegekinderwesen. Jugendhilfe, 45, 7-17. Blandow, J. (2004). Pflegekinder und ihre Familien. Weinheim: Juventa. Blandow, J. (1999). Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. In H. Colla, T. Gabriel, S. Millham, S. Müller-Teusler & M. Winkler (Hrsg.), Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. (S. 757-790). Neuwied: Luchterhand Verlag. Blandow, J. (1984a). Evaluation des Dauerpflegekinderwesens. In H.-D. Heun (Hrsg.), Pflegekinder im Heim. (S. 35-37). München: DJI Verlag. Blandow, J. (1984b). Rollendiskrepanz in der Pflegefamilie. In H.-D. Heun (Hrsg.), Pflegekinder im Heim. (S. 45-47). München: DJI Verlag. Blandow, J. (1980). 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