Jahrmarkt der Sensationen - Johannes Gutenberg
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Jahrmarkt der Sensationen - Johannes Gutenberg
U ] G O J [ ber Novem N r. 2 0 6 Das Magazin der Joh 2008 berg-Unive annes Guten rsität Mainz [ Ja h r m a r k t d e r S e n s a t i o n e n ] [ Ya m s f o rs c h u n g i n M a i n z ] [ Vo m P f e rd g e f a l l e n ] [ Wo d a s H e r z s c h l ä g t ] Inhalt Editorial 3 Evaluitis und kein Ende? Campus aktuell 4 Foto: Sebastian Kump Zum Titelbild: Der siebte Wissenschaftsmarkt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz präsentierte im September 2008 mitten in der Mainzer Innenstadt das leistungsspektrum der Gutenberg-Universität. An zwei Tagen stellten sich zahlreiche Fächer der Hochschule zusammen mit verschiedenen Förderern der Öffentlichkeit vor. Mehr dazu auf Seite 4. Aufregend: Schüler experimentieren im Kellergewölbe Jahrmarkt der Sensationen Seite 6 6 7 8 9 10 Experimentieren im Untergrund Macht Fußball sexy? Altbekanntes neu entdecken „Kosten, wie ein lied schmeckt“ „Was ist Gerechtigkeit?“ Wissenschaft & Forschung 12 14 16 18 20 yamsforschung in Mainz Vom Pferd gefallen Wo das Herz schlägt Analysen am Fließband Das lachen des Mythos Foto: Frank Erdnüß Studium & Lehre Vollautomatisch: Neue laborstraße in Betrieb genommen Seite 18 Campus international 22 23 „Ein Fenster zur Welt“ Studierende im Rockhimmel Kultur auf dem Campus 24 26 28 Kafkaesk: Der Schriftsteller und sein Mythos „Ich bin kein Monsterjäger“ Alice im Wissenschaftsland 400 Jahre Zeitungsgeschichte Seite 20 www.uni-mainz.de 29 Chancen für den freien Wettbewerb lehmann Neu an der Uni Kurz & Bündig 34 34 34 [JOGU] 206/2008 Dante Alighieri und Mainz CUBAME MUCHO bittet zum Salsatanz Impressum Foto: Peter Thomas Personen & Positionen 31 32 Rückblick: 400 Jahre Zeitungsgeschichte Seite 28 2 Editorial Evaluitis und kein Ende? Das wechselseitige Begutachten und begutachtet werden gehört für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum beruflichen Alltag. In der Tat: In kaum einem anderen Beruf wird die eigene leistung so oft und so schonungslos von Experten bewertet. Jede Publikation in einer ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Fachzeitschrift wird vor der Annahme zur Veröffentlichung von einem oder mehreren anonymen Fachkollegen kritisch betrachtet, jeder Forschungsantrag wird vor der Bewilligung der Fördermittel einer kompetenten Prüfung durch unabhängige Experten unterzogen. Auch wenn größere Umstrukturierungen in unseren Fächern und Fachbereichen anstehen, ist es zur guten Tradition geworden, die eigenen Konzepte durch die Einschätzung externer Experten zu spiegeln und sich einer konstruktiven Diskussion zu stellen. So unterstützen externe Begutachter die Akkreditierung / Einrichtung neuer Studiengänge. Wenn dann nach einigen Jahren die Erfahrungen der lehrenden und der Studierenden im Rahmen einer Reakkreditierung in die Planung möglicher Verbesserungen einfließen, geschieht auch das – wiederum durch externe Evaluation. Nimmt man die ebenfalls anonymisierte Begutachtung der lehre durch die Studierenden hinzu, so unterziehen sich aktive Wissenschaftler/innen und Hochschullehrer/innen schnell 20-30 individuellen Begutachtungen ihrer täglichen Arbeit pro Jahr, also im Schnitt mindestens einmal alle zwei Wochen ein selbstverständlich gewordener Prozess der Qua- litätssicherung und nicht zuletzt die selbst verordnete Antwort auf die vergleichsweise große Freiheit, die den in Forschung und lehre Handelnden aus gutem Grund an prominenter Stelle unseres Grundgesetzes eingeräumt wird. Nun hat die Hochschulleitung in Abstimmung mit dem Senat unserer Universität im Frühjahr dieses Jahres beschlossen, die gesamte Hochschule einer Begutachtung durch die Dachorganisation europäischer Universitäten, die European University Association (EUA), zu unterziehen. Hier sollen ausgewählte Aspekte der Gesamtuniversität zunächst innerhalb des Hauses und dann mit Gutachtern der EUA kritisch diskutiert werden: die Entscheidungsprozesse innerhalb der Universität, die Elemente der Qualitätssicherung, die Arbeit des Gutenberg Forschungskollegs und andere Aspekte. Im November wird eine Gutachtergruppe zu einem ersten, dreitägigen Besuch in Mainz sein; im kommenden März folgt ein zweiter Besuch. In acht unserer elf Fachbereiche werden Gespräche mit allen Interessengruppen geführt, ergänzt durch Gespräche mit der Hochschulleitung und der Steuerungsgruppe, die zusammen mit dem Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung (ZQ) den internen Evaluationsbericht erstellt und damit die Gesamtbegutachtung vorbereitet hat. Am Ende steht ein kritischer Blick auf eine der größten deutschen Universitäten, der uns hoffentlich Ansporn und Reibungsfläche sein wird und damit zur weiteren Entwicklung hin zu einer noch besseren Universität beitragen kann. 3 „Evaluitis und kein Ende“, wird mancher einwenden. Das ist angesichts des oben Gesagten eine verständliche Bemerkung. Und doch: Nur wenn wir uns immer wieder kritisch und ergebnisoffen der Diskussion mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen stellen, haben wir eine Chance, in der härter werdenden internationalen Konkurrenz zwischen den Universitäten einen unserer Größe entsprechenden Rang einzunehmen und zu verteidigen. Ich kann Sie nur alle dazu ermuntern, mitzudiskutieren und sich einzumischen. Denen, die das schon im Vorfeld durch ihre Mitarbeit in der Steuerungsgruppe getan haben, gilt an dieser Stelle unser herzlicher Dank. Ich bin sicher, dass sich die Mühe lohnen wird. Es grüßt Sie herzlich Ihr Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch Präsident [JOGU] 206/2008 Campus aktuell Jahrmarkt der Sensationen Handfeste Wissenschaft aus Labor und Hörsaal Der siebte Wissenschaftsmarkt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz präsentierte im September 2008 mitten in der Mainzer Innenstadt das leistungsspektrum der Gutenberg-Universität. An zwei Tagen stellten sich zahlreiche Fächer der Hochschule zusammen mit verschiedenen Förderern der Öffentlichkeit vor. Forschung und Jahrmarkt haben auf den ersten Blick so gar nichts miteinander gemein. Und doch glänzt der Mainzer Wissenschaftsmarkt immer wieder mit einer circensischen Eleganz, die Kinder und Erwachsene nach der Art eines glitzernden Volksfestes in ihren Bann zieht. Allerdings steckt hinter diesem Markt nicht einfach buntes licht und Bühnenzauber, sondern spannende und handfeste Wissenschaft aus den verschiedenen Disziplinen der fünftgrößten Hochschule Deutschlands. Fotos: Peter Thomas In diesem Jahr richtete die Johannes GutenbergUniversität diese farbenfrohe leistungsschau mitten in der Stadt bereits zum siebten Mal aus. Und auch dieser jüngste Schulterschluss zwischen Campus und Stadt wurde zum Erfolg. Dabei herrschte vor allem am Samstagmorgen Regen, der dem Start des Marktes einen alles andere als einladenden Rahmen gab. In den Zelten führte der unerwartet starke Niederschlag zu interdisziplinären Experimenten, wie mit Schirmen und Plastikplanen das durch die Nahtstellen tropfende Wasser am besten zu stoppen war. Die laune ließen sich davon jedoch weder Wissenschaftler noch Publikum verderben. Neugier und Staunen auf der einen, leichte Schwellenangst auf der anderen Seite – so sieht das Verhältnis zur Universität für viele Menschen in der Stadt noch immer aus. Dieses Gegensatzpaar ist kein neues Phänomen: „Town and Gown“ heißt der Unterschied zwischen Hochschule und Kommune seit jeher in den alten britischen Universitätsstädten. Und in Mainz mit seiner auf dem Berg gelegenen Campus-Uni könnte das schon rein geografisch gelten. Doch die Universität will kein Elfenbeinturm sein, sie sucht ganz bewusst den Kontakt zur Stadt, betonte Professor Dr. Georg Krausch, Präsident der Hochschule, zur Eröffnung des Wissenschaftsmarktes. Mit dem Markt und anderen Veranstaltungen bauen die Wissenschaftler Brücken, laden ein zum sinnlichen Kontakt mit der vermeintlich so trocknen Forschung. Das ist keine Selbstdarstellung, sondern ein wichtiges Stück Verantwortung der Hochschule gegenüber der Öffentlichkeit. Daran erinnerte der Universitätspräsident auf dem Wissenschaftsmarkt. Mit dem Markt bauen die Wissenschaftler Brücken, laden ein zum sinnlichen Kontakt mit der vermeintlich so trocknen Forschung. Es gehört durchaus ein bisschen Mut zu dieser Präsentation ernsthafter Forschung im Kleid eines bunten Jahrmarktes. Noch wichtiger sind aber Begeisterungsfähigkeit sowie Feingefühl für die Balance zwischen forscherischem Ernst und der lust am Spiel. Alles das brachten die Mainzer Universitätsinstitute von der Mathematik bis zur Geschichte mit in die vier Zelte Begehrter Glibber: Nat-lab bot Chemie zum Anfassen [JOGU] 206/2008 4 rund um das Theater und auf die Bühne auf dem Gutenbergplatz. Die Menschen in Mainz schätzen dieses seit Jahren etablierte Programm, identifizieren sich mit der Hochschule und freuen sich auf den Markt: „Die Mainzer wollen wissen, was in ihrer Uni vor sich geht“, fasste der Oberbürgermeister der landeshauptstadt, Jens Beutel, dieses fruchtbare Verhältnis zusammen. Vom sprichwörtlichen verflixten siebten Jahr war denn auch nichts zu spüren bei dieser Auflage des Wissenschaftsmarktes. Vier Zelte, mehr als 50 Stände und Stationen, weit über 100 Forscher, rund 800 Quadratmeter Ausstellungs- und Informationsfläche sowie das umfangreiche Programm auf der Bühne: Diese respektablen Rahmendaten unterstrichen die Rolle des Wissenschaftsmarktes 2008 als stolze leistungsschau und gewichtige Messe der Mainzer Forschung. Der Öffentlichkeit lag die Hochschule trotz dieses Umfanges nicht auf der Tasche, erklärte der Universitätspräsident zufrieden: Finanziert wird der Markt allein durch Gelder verschiedener Sponsoren, sagte Professor Krausch zur Eröffnung. Viele dieser Partner gehören der „Mainzer Wissenschaftsallianz“ an, die Anfang September öffentlich vorgestellt wurde. Die Mitglieder der Allianz präsentierten sich nun auch im Rahmen des Wissenschaftsmarktes. Dazu gehörten zum Beispiel die aus der Region stammenden Weltkonzerne Boehringer Ingelheim (als forschendes Pharmaunternehmen) und Schott AG (als Hightech-Unternehmen mit Zukunftslösungen in der Energietechnik). Ebenso vertreten mit Ständen und Projekten waren unter anderem die Akademie der Wissenschaften und der literatur, die Max-Planck-Institute für Polymerforschung und für Chemie, die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP), die Fachhochschule Mainz und das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz. Besonders begehrt war der farbenfrohe Glibber, den das NaT-Lab der Universität Mainz in seinem Projekt „Chemie für Jung und Alt“ mischte. Erwachsene Besucher faszinierte am Wissenschaftsmarkt vor allem die Vielfalt der Themen in ungewohnter räumlicher Nähe: Alle Wege waren kurz, aus den verschiedenen Instituten auf dem Campus Campus aktuell Besuch am Schott-Stand: Staatssekretär Ebling, Oberbürgermeister Beutel und Universitätspräsident Krausch (v.l.) wurden hier für zwei Tage wirkliche Nachbarn Tisch an Tisch. Kinder und Jugendliche begeisterten sich darüber hinaus besonders für die Chance, mit den vielen Experimenten selbst die Grundlagen von Wissenschaft zu erkunden. „Forschung zum Anfassen“, das versprachen beim siebten Mainzer Wissenschaftsmarkt einmal mehr die spannenden Experimente, die Spaß und lernen miteinander verbanden: Da sprudelten bei den Geowissenschaften Vulkane im Miniaturformat durch die Zugabe verschiedener Chemikalien. Vor Zelt 4 sausten luftballons an Schnüren durch die luft und demonstrierten so die Wirkung von Antriebstechniken durch Rückstoß. Besonders begehrt war der farbenfrohe Glibber, den das NaT-lab der Universität Mainz in seinem Projekt „Chemie für Jung und Alt“ als Spielzeug mit eigenwilliger Anmutung mischte und an die kleinen Besucher verschenkte. Antike zum Greifen gab es dagegen beim Institut für Geschichtliche landeskunde, wo sich Kinder als veritable römische Krieger verkleiden konnten. zeuglastwagen auf einer Teststrecke zeigte, woher Masse kommt. Teilweise überschnitten sich sogar die Grenzen von Spiel als pädagogisches Element und Spiel als Forschungsgegenstand: Während die Mathematik ein Computerspiel präsentierte, das Inhalte des Fachs vermittelt, zeigten Pädagogen, Publizisten und Soziologen (Gender Studies) ihre Forschungen zur Bedeutung und Struktur von Computerspielen. Hand in Hand griffen Forschung und Praxis auch im Zelt 3, wo sich die Medienfächer der Hochschule mit einem Schwerpunkt präsentierten. Während Buch-, Theater- und Filmwissenschaft sowie Medienrecht zusammen mit dem Mainzer Medieninstitut und der Medienintelligenz ihre Forschungen und Angebote vorstellten, entstand hier zeitgleich das „Marktblatt“ als Kooperation zwischen dem Institut für Buchwissenschaft und der Allgemeinen Zeitung. Den Start des marktaktuellen Flugblatts legte der Regen allerdings am Samstagmorgen erst einmal lahm, weil es in den Farbdrucker hineintröpfelte, der umgehend die Arbeit einstellte. Also erschien das Blatt in schwarzweiß und mit Verspätung. Doch die Redaktion nahm es mit Humor und integrierte die Rubrik „Schirm des Tages“ in die Berichterstattung. Bis zum nächsten Wissenschaftsmarkt steht der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern hoffentlich wieder über den Zelten. Die große Zahl der Besucher und die positive Reaktion auf das Programm an beiden Tagen bestätigte die Hochschule 2008 einmal mehr in ihrem Konzept für den Wissenschaftsmarkt. Nur einer fehlte beim diesjährigen Markt: Universitäts-Namensgeber Johannes Gutenberg, dessen Statue sonst gegenüber dem Theater über das Geschehen wacht. Das Denkmal ist derzeit in Restauration. Bis zum nächsten Wissenschaftsmarkt steht der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen lettern hoffentlich wieder über den Zelten. Peter THOMAS n Im Wissenschaftsjahr der Mathematik inszenierte das entsprechende Institut der Johannes Gutenberg-Universität zusammen mit den Informatikern seine Disziplin als Spiel bis hin zur Zauberei an einer ganzen Reihe von Ständen. Hier leuchtete eine Zahlenwelt zum Schauen, Staunen, Begreifen, Bauen und Erleben auf. Die spielerische Vermittlung komplexer naturwissenschaftlicher Fragen gelang auch den Kernphysikern mit ihrer einfallsreichen Murmelbahn „Kernphysik-Flipper“ sowie der Experimentellen Teilchen- und Atomphysik, wo ein Spiel- Sprudelnde Vulkane: Stand der Geowissenschaften mit dem Projekt Feuer, Wasser, Erde 5 [JOGU] 206/2008 Studium & Lehre Fotos: Sebastian Kump Experimentieren im Untergrund Kinder zum Staunen bringen Gleich nach den Sommerferien ging es los. Das NaTSchülerlabor lud wieder interessierte Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse ein in den Kellergewölben unterhalb der Oppenheimer Altstadt mit den vier Elementen zu experimentieren. Unter fachkundiger Anleitung wurden die Kinder während eines Vormittags zu kleinen Naturwissenschaftlern und arbeiteten fast wie in einem echten labor. Die Endeckertour begann für die 26 Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse der Grundschule Dahlheim noch unter freiem Himmel. Vor dem historischen Rathaus und dessen Eingang zum Kellerlabyrinth, das sich mit einer Fläche von ca. 6.000 m2 unter dem gesamten Altstadtkern erstreckt, wurden die Kinder von der Mitarbeiterin des NaT-Schülerlabors Heike laubenheimer-Preuß empfangen und erhielten sogleich ihre erste Einweisung darüber, welche Regeln es bei der Arbeit im labor zu beachten gilt. So mussten Pausenbrote und Trinkpäckchen in den Rucksäcken bleiben, „denn Essen stört beim Experimentieren“, so laubenheimer-Preuß. Danach begann der von den Kindern spannend erwartete Abstieg in das Oppenheimer Kellerlabyrinth. Und schon nach wenigen Augenblicken unter der Stadt erwachte der Forschergeist der Grundschülerinnen und -schüler. Warum es dort unten viel kälter sei als draußen, wie die Gänge und Tunnel früher beleuchtet wurden und warum die Wände und Decken an manchen Stellen trocken, an anderen feucht seien, wollten die Kinder von den vier Projektmitarbeiterinnen wissen. Und als diese geduldig den ersten Wissensdurst gestillt hatten, nahmen sie die Kinder mit auf eine kleine Wanderung durch das labyrinth. In vier verschiedenen je einem Thema gewidmeten Räumen wurde eines der vier Elemente Feuer, Wasser, luft und Erde und deren Beziehung zum Kellerlabyrinth vorgestellt und erklärt. So standen die Kinder etwa in einem blau beleuchteten Raum, der den Bürgern Oppenheims früher als Wassersammelbecken gedient hatte und bekamen an anderer Stelle die Besonderheit der Oppenheimer Erde erläutert, die vor allem aus fruchtbarem löß besteht. [JOGU] 206/2008 Danach konnte es losgehen. Die Kinder wurden entsprechend der Elemente in vier Gruppen eingeteilt und durften nun mit dem Experimentieren beginnen. „Bei diesem Experiment sollen die Kinder das Prinzip der Verdrängung spielerisch kennen lernen“, erklärt Heike laubenheimer-Preuß am Versuchstisch zum Thema „Wasser“. Dabei folgten die einzelnen Versuche unterschiedlichen didaktischen Konzepten. Im Experiment „luft“ wurde der Erfindungsreichtum der Kinder gefordert und wenig Hilfestellung geboten, im Experiment „Erde“ die Kreativität und bei „Feuer“ Vorsicht und Beobachtungsgabe gefördert. Zu jedem Versuch erhielten die Kinder ein ihren Bedürfnissen entsprechend gestaltetes Arbeitsblatt, auf dem der Versuch genau erklärt wurde. Vor Beginn eines jeden Experiments wurde dieses von den Kindern vorgelesen, die benötigten Materialen begutachtet und die Durchführung besprochen. Am Ende wurden die gemachten Beobachtungen und die Erklärungen dafür von den Kindern notiert – natürlich immer unter den geschulten und geduldigen Augen der insgesamt vier Mitarbeiterinnen. „Die Kugel geht unter. Das Schiff bleibt oben.“ Im Experiment zum Thema „Wasser“ sollten die Schülerinnen und Schüler aus Knete eine Kugel und ein Schiffchen formen und ausprobieren, welche Form schwimmt. Der achtjährige Tarik notierte dazu: „Die Kugel geht unter. Das Schiff bleibt oben.“ Und die gleichaltrige Melanie hatte die passende Erklärung dazu parat: „Das Schiff geht nicht unter, weil es innen hohl ist.“ 6 Konzentriert: Schüler erarbeiten anhand des Arbeitsblattes das Experiment Für jedes Experiment hatten die Kinder ungefähr eine halbe Stunde zur Verfügung, genug Zeit um spielerisch, aber auch mit der nötigen Aufmerksamkeit an die Versuche zu gehen. Denn vor allem bei den sehr beliebten Versuchen zum Thema „Feuer“ war Vorsicht geboten. Hier untersuchten die kleinen Naturwissenschaftler wie Substanzen, wie zum Beispiel Stoff, Aluminium oder Stein auf die bis zu 1400°C hohen Temperaturen in der Flamme eines Teelichtes reagieren. Im Experiment „luft“ bastelten die Kinder eine luftballonrakete, die an den entlang den Wänden gespannten Fäden durch das Kellerlabyrinth sausten. Und schließlich durften sie zum Thema „Erde“ Farben mit Oppenheimer lößboden herstellen und damit malen. „Ich male mein Piratenschiff, das vorhin leider untergegangen ist“, erklärte der neunjährige Benjamin etwas wehmütig. Die Entdeckertour endete mit dem Aufstieg aus dem dunklen Oppenheimer Untergrund in die Mittagssonne und der Verabschiedung durch Heike laubenheimer-Preuß. Bei der Frage, welches Experiment ihnen am besten gefallen hat, konnten sich die Kinder nur schwer auf einen Favoriten einigen. „Das Feuer hat mir am besten gefallen, weil man da viel über das Element gelernt hat“, fasste die achtjährige Melanie den Vormittag für sich zusammen. Sebastian KUMP n Studium & Lehre Macht Fußball sexy? Die Idee für dieses Projekt war bereits 2005 entstanden: auf Anregung von Theo Zwanziger fand, in Kooperation mit der Universität Bayreuth, unterstützt durch die Unternehmen IFM & Radiate Experience und unter Mitwirkung von 70 Studenten in der ersten Hälfte des Jahres 2008 eine groß angelegte Befragung von über 3000 Personen statt. Diese wurden in den Fußgängerzonen der potenziellen Austragungsstädte der Frauenfußball-WM 2011 am Wochenende durchgeführt, um eine möglichst breite Schicht der deutschen Bevölkerung zu erreichen. Erhoben wurde, ob die Befragten selbst Sport treiben, respektive Fußball spielen; ob Männer- und/ oder Frauenfußball gesehen wird, sowie die Gründe dafür. Außerdem wurde erfragt, mit welchen Attributen generell Frauenfußball verbunden wird, wie das Auftreten der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft empfunden wird und nicht zuletzt, wie die Befragten zu den Sponsoren von Frauenfußball stehen, beziehungsweise welche Branchen mit Frauenfußball in Verbindung gebracht werden. Herausgekommen ist, dass das Interesse an Frauenfußball höher ist, als man lange Zeit landläufig angenommen hat: Nach den Spitzenturnieren/-ligen der Männer (europäische Wettbewerbe, FußballBundesliga, DFB-Pokal) liegen Spiele der FußballNationalmannschaft der Frauen auf Platz 4 der am meisten beachteten Fußballereignisse. Frauen-Fußball wird eher mit den Eigenschaften „fair“, „sympathisch“ und „ehrlich“, Männerfußball hingegen mit „athletisch“, „aufregend“ und „aggressiv“ in Verbindung gebracht. Ebenso herauskristallisiert hat sich, dass FrauenFußball eher mit den Eigenschaften „fair“ , „sympathisch“ und „ehrlich“, Männerfußball hingegen mit „athletisch“, „aufregend“ und „aggressiv“ in Verbindung gebracht wird. Hier decken sich die Aussagen von Männern und Frauen weitestgehend, wobei festzustellen ist, dass Fußball spielende Frauen generell ein höheres Interesse an Frauenfußball haben als Männer, obwohl der überwiegende Teil der Männer Frauenfußball mit dem Attribut „sexy“ betitelt; gleiches gilt übrigens für die befragten Frauen hinsichtlich Männerfußball; diese finden allerdings eher die männlichen Spieler beim Kicken „sexy“. Festzustellen ist also, dass Frauenfußball längst nicht mehr die althergebrachte stiefmütterliche Stellung hat, die er gefühlt vor einigen Jahren noch einnahm. Wen wundert es auch: Die deutschen Frauen sind im Fußball höchst erfolgreich und das seit Jahren; mit Ausnahme von1993 errang unsere deutsche Mannschaft seit 1989 sämtliche Europameistertitel und wurde 2003 und 2007 Weltmeister. Bei den erst kürzlich zu Ende gegangenen Olympischen Spielen in China gewann die deutsche Mannschaft unter Trainerin Silvia Neid die Bronzemedaille und sorgte durchgehend für voll besetzte Ränge in den Spielstadien. 2011 ist Deutschland Ausrichter der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft; bei den Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass eine ähnliche Euphorie wie bei der Weltmeisterschaft der Männer 2006 entsteht. Die Zeichen dafür stehen gut. Claus-Henning Bley n Frauen-FußballWeltmeisterschaft: 2011 ähnliche Euphorie wie 2006 bei den Herren? uli franke © www.photocase.com Studie zu Frauenfußball ausgewertet Macht Fußball sexy?, dieser und ähnlichen Fragen geht Prof. Dr. Holger Preuß vom Institut für Sportwissenschaft zurzeit mittels statistischen Auswertungen auf den Grund. In einer groß angelegten Studie versucht Preuß herauszufinden, mit welchen Attributen Frauenfußball in Deutschland bei der breiten Bevölkerung vergesellschaftet ist, welche Vorurteile gegenüber dem Frauenfußball bestehen und wie es um das Image der spielenden Frauen generell bestellt ist. Studium & Lehre Unterwegs auf dem Campus der Uni Mainz Seit fast 15 Jahren bietet der von Studierenden und Professoren der Uni Mainz gegründete Verein „Geographie für Alle“ Führungen in Mainz und der Rhein-Main Region an, die anders gestaltet sind als gewöhnliche Stadtführungen. Neue Ansichten vom Altbekannten zu ermöglichen und die Geschichte einer Stadt aus einem spezifischen Blickwinkel neu zu beleuchten, sind die Anliegen der Führungen. Jüngst hinzugekommen ist nun auch eine Führung auf dem Campus der Universität Mainz. Die Idee kam Prof. Günter Meyer, Vorsitzender des Vereines „Geographie für Alle“, während eines Treffens mit Fachkollegen, als man erstaunt feststellte, wie wenig über die wissenschaftlichen Aktivitäten selbst der unmittelbar benachbarten Institute bekannt war. Daraus entstand der Plan für eine Campusführung, um diese lücken zu schließen, aber ganz besonders um Menschen, die sonst nichts mit dem universitären Alltag zu tun haben, auf die Universität neugierig zu machen. „Zusammen mit 15 Studierenden aus unterschiedlichen Fachbereichen haben wir die Führung im Rahmen eines Seminars ausgearbeitet“, erklärt Meyer im Gespräch. Die Führung „Zwischen Exzellenz und ‚Best Practice‘“ auf dem Campus der Mainzer Universität ist jedoch nicht die einzige, die der von Studierenden und Professoren 1994 gegründete Verein „Geographie für Alle“, kurz GfA, anbietet. Der gemeinnützige Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, den Teilnehmern einen anderen Blickwinkel, eine neue Perspektive auf bisher scheinbar Bekanntes zu ermöglichen. So ist es dem Geographen Meyer wichtig anzumerken, dass sich die Führungen nicht an Kurzzeittouristen richten, die gerade einmal einen Vormittag zur Besichtigung von Mainz Zeit haben. Alteingesessene und neu zugezogene Mainzer, die ein Interesse daran haben, einen spezifischen Aspekt ihrer Heimatstadt oder -region zu vertiefen oder besser kennen zu lernen, sind das Zielpublikum. [JOGU] 200/2007 206/2008 Foto: privat Altbekanntes neu entdecken Große Bereicherung: Campus-Rundgang ergänzt die „Geographie für Alle”- Führungen Die Bandbreite an Führungen, die der Verein GfA anbietet, behandelt vor allem historisch-geographische Themen wie „Die Wacht am Rhein – Mainz als Festungsstadt von den Römern bis in die Gegenwart“ oder „Mayence et la France – das französische Mainz.“ Jedoch finden sich auch ökologische Themen, Kunst, Kultur, die „Dunklen Seiten von Mainz“, die Rheinhessische lebensart (Vun de Vilzbach zu de Umbach – Meenzer Mundartführung) sowie Führungen in Wiesbaden und Frankfurt im Programm wieder. „Wir haben zudem Angebote für Kinder und Jugendliche. Insbesondere Rallyes für Gruppen und Schulklassen. Diese Führungen erfreuen sich einer enormen Nachfrage“, fasst Meyer zusammen. „Zusammen mit 15 Studierenden aus unterschiedlichen Fachbereichen haben wir in einem Seminar die Führung ausgearbeitet.“ Drei bis vier Führungen pro Wochenende haben im letzten Jahr rund 6.500 Besucher begeistert. Vorbereitet, organisiert und ausgeführt werden diese nicht nur von Studierenden der Geographie sondern auch zahlreicher anderer Fächer an der Universität. Dazu erläutert Meyer: „Hier lernen die Studierenden, wie sie ihr theoretisches Wissen anderen Menschen in Form einer anschaulich und 8 spannend vorgetragenen Führung vermitteln können. Sie gewinnen dabei Sicherheit im Auftreten vor einer Gruppe, Routine in der freien Rede und rhetorische überzeugungskraft – Qualifikationen, die im späteren Beruf gefordert werden.“ „Die wenigsten wissen, dass der oberste Sportberater des Papstes ein Wissenschaftler der Uni Mainz ist.“ Die neu entwickelte Campusführung beginnt mit einem filmischen Rückblick auf die alte Mainzer Universität (1477-1789) und spannt den Bogen von den Anfängen der Johannes Gutenberg-Universität nach dem Zweiten Weltkrieg in den Gebäuden der ehemaligen Flakkaserne bis zu den heutigen international herausragenden Forschungsprojekten. Die Teilnehmer erfahren dabei unter anderem näheres über die Arbeiten am leichtwasser-Forschungsreaktor der Kernchemie und dem Mainzer Mikrotron (MAMI) in der Kernphysik sowie über die ExzellenzGraduiertenschule „MAterials Science IN MainZ (MAINZ)“, die als einziges Projekt in RheinlandPfalz durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der länder gefördert wird. Die Beteiligung von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemie am Marsmobil der NASA wird ebenso hervorgehoben wie die wissenschaftliche leistung von Prof. Dr. Paul Crutzen, der für seine Forschungen zum Ozonloch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Studium & Lehre Eine überraschung eröffnet sich den Teilnehmern, wenn sie in das Dunkel der Kasematten des einstigen Forts Bingen eintauchen. „Dass es so etwas hier auf dem Campus gibt, ist selbst den meisten Universitätsangehörigen nicht bekannt“, konnte Meyer bei den Führungen feststellen. Das gleiche gilt auch für die Dauerausstellung der Ossuare, Knochenkästen aus der Umgebung von Jerusalem, in denen die Gebeine der Verstorbenen in der Zeit des Neuen Testaments ihre letzte Ruhe fanden. Die Mineraliensammlung des Instituts für Geowissenschaften bietet weitere überraschungen: „Wertvolle Edelsteine und eine Elfenbeinsammlung, die der Frankfurter Zoll beschlagnahmt hat“, schmunzelt Meyer. Aber auch Kuriositäten hält die Führung bereit, denn die wenigsten wissen, so Meyer, „dass der oberste Sportberater des Papstes ein Wissenschaftler der Uni Mainz ist.“ „Der Rundgang endet im 15. Stockwerk des Studentenwohnheimes, wo ein beeindruckender Gesamtblick auf die Universität geboten wird und sich mit der studentischen Bauwagensiedlung – versteckt hinter Erdwällen – eine den wenigsten bekannte Besonderheit auf dem Campus unserer Universität offenbart“, fasst Prof. Meyer den kurzen Einblick auf das Führungsprogramm zusammen. Abschließend ergänzt er: „Der Blick auf den Campus und die Universität war nach der Führung bei allen Teilnehmern ein anderer.“ Sebastian KUMP n Die nächste Campusführung findet am 15. November 2008 statt; Beginn 14.30 Uhr an der „Muschel“. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Für Gruppen kann diese und andere Führungen auch bei „Geographie für Alle“ speziell gebucht werden unter Tel. 06131/3925145 oder per E-Mail info@geographie-fuer-alle. de. Das ausführliche Veranstaltungsprogramm mit 86 verschiedenen Rundgängen und Rallyes für Alt und Jung findet sich unter www. geographie-fuer-alle.de. Studierende aller Fachbereiche, die Interesse an einem Seminar zur Führungsdidaktik haben und anschließend selber Rundgangsleitungen bei GfA übernehmen wollen, sind herzlich willkommen. „Kosten, wie ein Lied schmeckt“ Hymnologische Forschung in Mainz Eine 1000-seitige Anthologie mit Texten vom Mittelalter bis zur Gegenwart – in einer geschätzten Gesamtauflage von 20 Millionen? Na wenn das kein relevanter Forschungsgegenstand ist! Mit schalkhaftem Augenzwinkern „korrigiert“ so Prof. Hermann Kurzke die gelegentlich anzutreffende skeptische Reserviertheit dem Thema „Hymnologie“ gegenüber. Sein germanistischer Blick galt dem „Gotteslob“, dem 1975 eingeführten katholischen Einheitsgesangbuch. Als einer der bedeutendsten Thomas Mann-Forscher unserer Tage widmet sich Kurzke auch seinem zweiten Schwerpunkt, der Gesangbuchforschung, mit ebenso spürbarem Engagement wie dem Nobelpreisträger aus lübeck. Die jüngste Frucht der von ihm mit-initiierten interdisziplinären hymnologischen Forschung in Mainz wurde nun mit einem Studientag im Haus am Dom der Öffentlichkeit vorgestellt: „Geschichte des katholischen Gesangbuchs“, von Dominik Fugger und Andreas Scheidgen herausgegeben. Die Referate folgten dem ersten, chronologischen Teil des Buches. Scheidgen zeigte die Bedeutung des „New Gesangbüchlin“, das Michael Vehe 1537 herausgab. Fugger stellte kurzweilig die tumultuarischen Umstände der Einführung des Auf- klärungsgesangbuches des Mainzer Pfarrers E. X. Turin vor Augen, ehe Christiane Schäfer die im 19. Jahrhundert initiierte Restauration erläuterte. Die jüngste Planung eines neuen Gesangbuches durch die Bischofskonferenz (eine Projektierung bis 2010 erscheint optimistisch) war Thema von Kurzkes Abschlussreferat, in dem er bei den rund 70 Zuhörern Verständnis auch für pragmatische Fragen der Buch-Erstellung weckte. Der Verleger Gunter Narr vom Francke-Verlag, in dem die „Mainzer Hymnologischen Studien“ seit 1999 erscheinen, lud abschließend zum Verlagsempfang. Dass im Anschluss alle eingeladen waren, den Gegenstand „Kirchenlied“ in der Memorienkapelle des Domes auch sinnlich zu erfahren („Wir wollen auch kosten, wie ein lied schmeckt, auf der Zunge liegt oder knarrt“, so Kurzke), zeichnet den Mainzer Ansatz der Forschung aus. An deren Relevanz gibt es keinen Zweifel. Frank WITTMER n 9 [JOGU] 206/2008 Studium & Lehre „Was ist Gerechtigkeit?“ © www.foto In den „Mainzer Universitätsgesprächen“ zum Themenschwerpunkt „Was ist Gerechtigkeit?“ werden unterschiedliche Perspektiven, Positionen und Probleme der Realisierbarkeit von Gerechtigkeit aufgezeigt. Der Alttestamentler Prof. Dr. Rainer Kessler, Marburg, eröffnet die Vorlesungsreihe mit „Biblischen Impulsen für aktuelle Gerechtigkeitsdiskurse“. Die Mainzer Theologen Prof. Dr. Wolfgang Zwickel und Prof. Dr. Gerhard Kruip setzen sich mit „Recht und Gerechtigkeit im Alten Testa- misterQM © the squirrel www.photoc ase.com © www.ph Benjaminet otocase.com Jedem das Seine geben? laut Friedrich Nietzsche wäre das „die Gerechtigkeit wollen und das Chaos erreichen.“ Jedem das Gleiche geben? Das wird schon im Neuen Testament im Gleichnis der Arbeiter im Weinberg, denen der Gutsbesitzer ohne Anrechnung individueller Arbeitszeiten den gleichen lohn gibt, von den Taglöhnern als ungerecht angesehen und theologisch dann als Güte ausgelegt. Gerechtigkeit verbindlich zu definieren, ist offenbar kaum möglich. Schon Aristoteles bemerkt, „dass es also mehrere Gerechtigkeiten gibt“. Neben der Gerechtigkeit als Tugend spricht er von einer partikularen Philosophie identifizierte sie als eine Kardinaltugend im individuellen wie im politischen Bereich. Prof. Dr. Ruth Zimmerling, Politische Theorie, Mainz, veranschaulicht „Gerechtigkeit als Eigenschaft politischer Systeme“ und Prof. Dr. Axel Honneth, Frankfurt, das „Gewebe der Gerechtigkeit“ aus sozialphilosophischer Perspektive. Gerechtigkeit fungiert als leitidee des politischen, religiösen und sozialen lebens: „Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit“ erörtert Prof. Dr. Friedrich Breyer, Konstanz; „Sozialpsychologie der Fairness“ erläutert Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff, Bochum; Prof. Dr. Michael Beck, Mainz, thematisiert Verteilungsgerechtigkeit in der Medizin. Ein Gerechtigkeitsempfinden scheint Menschen kulturen- und epochenübergreifend eigen zu sein. Was aber genau als gerecht gilt, ist historisch und kulturell beeinflusst und differiert in hohem Maß. Prof. Dr. Andreas Roth, Rechtsgeschichte, Mainz, analysiert unter dem Titel „Was einmal Recht war, kann heute doch nicht Unrecht sein!“ die Aufhebung von NS-Urteilen durch die bundesdeutsche Justiz. lia.de Studium generale im Wintersemester 2008/09 Fragen nicht nur zu Mensch und Gemeinschaft, sondern auch zu Mensch und Natur stehen diesmal im Mittelpunkt der interdisziplinären Veranstaltungen. Mit der Grundfrage der Gerechtigkeit, nicht erst in der globalisierten Welt ein Menschheitsproblem, setzen sich die „Mainzer Universitätsgespräche“ auseinander. Weitere Vorlesungsreihen erörtern das Verhältnis des Menschen zu „seiner“ Natur – sie greifen zum einen das Problem von „Naturschutz und Wissenschaft“ auf und zum anderen jene Frage, die unser Menschsein betrifft: „Biologisch determiniert?“ Gerechtigkeit, die er in kommutativ und distributiv unterteilt. Während die ausgleichende, kommutative Gerechtigkeit im Sinne von ‚Jedem das Gleiche‘ heute zum Beispiel im Wirtschaftsrecht und Strafrecht zum Tragen kommt, wird die austeilende, distributive Gerechtigkeit, das sich über den Begriff der Angemessenheit definierende ‚Jedem das Seine‘, beispielsweise im Steuerrecht und lohnrecht angewandt. [JOGU] 206/2008 ment“ und mit „Weltarmut und globaler Gerechtigkeit“ auseinander. Aus philosophischer Sicht spricht Prof. Dr. Thomas Kesselring, Bern, zu „Gerechtigkeit im Zeitalter der Globalisierung“. Gerechtigkeit – Grundprinzip sozialer Organisation Als ein zentraler Grundsatz menschlichen Zusammenlebens stellt Gerechtigkeit ein wünschenswertes Grundprinzip sozialer Organisation dar. Die antike 10 Seit Ende des 20. Jahrhunderts hat der beschleunigte Fortschritt in den Biowissenschaften zu einem Wandel des Menschenbildes geführt. Im Fokus eines zweiten Schwerpunktes steht das Thema „Biologisch determiniert? Menschsein zwischen Zwang und Autonomie“. Seit Beginn des Humangenomprojektes wird die Bedeutung der neuen Erkenntnisse für das Selbstverständnis des Menschen verstärkt diskutiert. Sind wir eher durch soziokulturelle Faktoren und Umweltbedingungen oder durch biologische und genetische Vorgaben bestimmt? Studium & Lehre Naturschutzmaßnahmen bewerten Auch Naturschutz ist geschichtlichem Wandel unterworfen – so können Eingriffe von gestern schützenswerte Gebiete von morgen sein. Erkenntnisse der Naturwissenschaften sind unentbehrlich für die Entscheidungen, welche Natur wie geschützt werden soll. Die dritte Veranstaltungsreihe „Natur- the squirrel © www.ph Tobias Mar otocase.com Spätestens seit Bekanntwerden der Darwinschen Evolutionslehre wird über eine biologische Determination des Menschen kontrovers, oftmals ideologiegeleitet, debattiert. Im Jahr 2009 jährt sich Darwins Geburtstag zum 200. Mal, die Publikation seines Hauptwerkes über den Ursprung der Arten, das Ende des 19. Jahrhunderts einen Boom der Biologie auslöste, zum 150. Mal. Mit einer „Biologie der Moral“ setzt sich der Wiener Verhaltensbiologe Prof. Dr. Kurt M. Kotrschal, KlF Grünau, auseinan- Wie funktioniert der Wissenstransfer zwischen verwaltungsorganisiertem, privat organisiertem und wissenschaftlichem Naturschutz? Welche Faktoren beeinflussen den Austausch zwischen Theorie und Praxis und welche Instrumente und Strategien stehen zur Verfügung? Diesen Fragen stellen sich in Kurzvorträgen und Diskussion Prof. Dipl.-Ing. Klaus Werk, Geisenheim, aus Sicht des professionellen Naturschutzes, und OBR Helmut Schneider, Koblenz, aus der Praxis der Eingriffsverwaltung, sowie Dr. Nils M. Franke, leipzig, aus historischer, und Dr. Uwe Pfenning, Stuttgart, aus soziologischer Perspektive. Der Abschlussabend ist der Kontroverse um „Naturschutzkonzepte im Wandel“ gewidmet – moderiert von Dipl.-Ing. Hildegard Eissing, MUFV, diskutieren Prof. Dr. Werner Konold, Forst- und Umweltwissenschaft, Freiburg, und Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, Berlin, über „Notwendige Dynamik oder Preisgabe genuiner Ziele?“ tolia.de Ist der Mensch biologisch determiniert? Mainz. Die Identifikation von genetischen Faktoren für Krankheiten oder die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen, wie stark genetische Einflüsse den Menschen prägen. Allerdings ist auch zu fragen, inwiefern biologisch-genetische Erklärungen für menschliches Verhalten reduktionistisch sein können. Die Vorlesungsreihe abschließend, erläutert Prof. Dr. Dr. Hans-Rainer Duncker, Gießen, „nicht-darwinistische Evolutionsmechanismen“ und die „Entwicklung der Menschen zu Sprach- und Kulturwesen“. x © www.fo Mit einem Vortrag über „Ethische und anthropologische Aspekte der Genforschung“ eröffnet der Berliner Bioinformatiker Prof. Dr. Jens G. Reich die Vorlesungsreihe. Pro und Contra genetischer Diagnostik diskutiert Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Wien; „Prädiktive Genetik“ erörtert Prof. Dr. Regine Kollek, Hamburg. Prof. Dr. Dr. Mathias Gutmann, Marburg, bringt philosophische Sichtweisen ein zu „Genen und Evolution“. der, über Kulturentwicklung bei Schimpansen spricht Dr. Tobias Deschner, MPI leipzig. Die Mainzer Philologin Prof. Dr. Anja Müller-Wood analysiert „Biologische Grundlagen und Grenzen der literatur“. Der Spielraum des Menschen für Selbstbestimmung und autonome Entscheidungen scheint immer enger zu werden. Einen geschlechterkritischen Blick auf „Das moderne Gehirn“ wirft HD Dr. Sigrid Schmitz, Freiburg. „Sind psychische Erkrankungen biologisch determiniert?“ fragt Prof. Dr. Klaus lieb, schutz und Wissenschaft. Theorie – Praxis – Wissenstransfer“, als Diskussionsforum konzipiert, wird in Kooperation mit dem Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz (MUFV, RlP) durchgeführt. Bei der Bewertung von Naturschutzmaßnahmen und bei der Rechtsprechung in Bezug auf Arten- oder Biotopschutz stellt sich zunehmend die Frage, ob Konzepte des staatlichen und privaten Naturschutzes den wissenschaftlichen Forschungsstand ausreichend und angemessen berücksichtigen. Diese Problematik analysieren in ihren Vorträgen die Münchener landschaftsökologen Prof. Dr. ludwig Trepl und Prof. Dr. Dr. Wolfgang Haber sowie der Frankfurter Jurist für Umweltrecht Prof. Dr. Eckard Rehbinder. 11 Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an den genannten Veranstaltungen teilzunehmen. Für das in der Regel kostenlose Programmangebot des Studium generale gelten keine Zulassungsbedingungen. Zahlreiche weitere öffentliche Veranstaltungen und lehrveranstaltungen universitärer und außeruniversitärer Institutionen finden Sie im Programmheft des Studium generale und ständig aktualisiert unter http://www.studgen.uni-mainz.de; Informationen zur Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur im Sommersemester 2009 ab Dezember unter http://www.stiftungjgsp.uni-mainz.de n [JOGU] 206/2008 Wissenschaft & Forschung Interview Foto: Frank Erdnüß Yamsforschung in Mainz Nigerianische Wissenschaftlerin zu Gast Die Speicherwurzel der Yams-Pflanze (Dioscorea spp.) stellt ein Grundnahrungsmittel für mehr als 100 Millionen Menschen in tropischen Regionen der Erde dar. Hunderte Sorten von verschiedenen Dioscorea-Arten sind weltweit in Kultur, vor allem in Westafrika und Ostasien. Mit molekulargenetischen Methoden versucht eine nigerianische Gastwissenschaftlerin nun, einige Sorten zu klassifizieren, auch um möglicherweise besonders geeignete Varianten für den Anbau zu finden. Im Botanischen Garten der Universität Mainz zeigt Dr. Mubo Adeola Sonibare einige Exemplare ihres Forschungsobjekts und erzählt unter anderem, wie es zu der Kooperation mit der Mainzer Biologie kam. JOGU: Dr. Sonibare, das hier sind also verschiedene Arten von Yams, die Sie untersuchen? Sonibare: Ja, im Prinzip richtig. Die Arten, die Sie hier sehen, untersuche ich jedoch nur zu Vergleichszwecken. Ich konzentriere mich auf Dioscorea dumetorum, eine Art, die im Hinblick auf ihre Kultursorten noch nicht genau untersucht wurde. Insgesamt bearbeite ich 53 verschiedene Sorten dieser Spezies. JOGU: Und die stehen alle hier im Gewächshaus? Sonibare: Nein, keineswegs. Mein Probenmaterial habe ich aus Nigeria mitgebracht. In Ibadan, der größten Stadt Nigerias, befindet sich das „International Institute of Tropical Agriculture“ (IITA), mit dem ich zusammen arbeite. Dort werden Samen von Yamssorten aus verschiedenen Regionen Afrikas (Benin, Kongo, Gabun, Ghana, Nigeria und Togo) archiviert. Ich habe mir von den Kollegen die Samen besorgt, die Pflanzen aufgezogen und dann über Kieselsäuregel (Silicagel) getrocknet. Dieses Material habe ich mit hierher gebracht und untersuche es nun unter Anleitung von Dr. Dirk Albach. JOGU: Wie kam es denn zum Kontakt zwischen Ihnen beiden? Sonibare: Dr. Albach hat sehr viel publiziert, unter anderem zu speziellen PCR-basierten genetischen Markern, den so genannten „Amplified Fragment [JOGU] 206/2008 Dr. Mubo Adeola Sonibare und Dr. Dirk Albach mit einer Yams-Pflanze. Die windenden Stauden werden in den Tropen an langen Stangen kultiviert und sehr viel größer. In unseren Breiten müssen sie im Winter vor Frost geschützt werden. Length Polymorphisms“ (AFLP). Mit ihrer Hilfe möchte ich versuchen, die verwandtschaftlichen Beziehungen der Yamssorten zu entschlüsseln. Nachdem ich Dr. Albachs Publikationen gelesen hatte, habe ich ihn per E-Mail kontaktiert und er war sofort zu einer Kooperation bereit. Sonibare: Geplant ist noch etwa ein Jahr. Ich bin am 2. März in Frankfurt angekommen. Dort habe ich zuerst einen viermonatigen Sprachkurs gemacht. Seit dem 1. Juli bin ich jetzt in Mainz und gerade zurück von einer zweiwöchigen Deutschlandtour. JOGU: Das heißt, Sie beginnen erst mit Ihrer Arbeit. JOGU: Herr Dr. Albach, haben Sie selbst diese Methode hier in Mainz entwickelt? Sonibare: Ja. Albach: Nein, sie stammt von niederländischen Forschern und ist bereits seit etwa zehn Jahren etabliert. Ich habe sie in meiner Dissertation und meiner Post Doc-Zeit an mehreren Arten des Ehrenpreis (Veronica ssp.) angewendet und freue mich, Frau Dr. Sonibare jetzt bei ihrer Arbeit unterstützen zu können. JOGU: Warum haben Sie sich denn gerade Yams als Forschungsobjekt ausgesucht? Ich habe gelesen, dass Sie zuvor sehr viel über Feigenbäume (Ficus spp.) geforscht und auch ethnobotanisch gearbeitet haben. Eine Ihrer Publikationen behandelt zum Beispiel Pflanzen, die in Nigeria gegen Asthma eingesetzt werden. JOGU: Das heißt, das Institut für Spezielle Botanik stellt den Laborplatz und die Geräte? Sonibare: Das stimmt, die Anwendung von Pflanzen zur Heilung von Krankheiten hat bei uns eine sehr lange Tradition. Es kommen aber fast nie einzelne Pflanzen zum Einsatz, sondern Mixturen. Auch Dioscorea-Arten sind aufgrund ihres AlkaloidGehaltes Bestandteil vieler Rezepte. Mittlerweile werden Wurzel und Rinde bestimmter Arten sogar von der pharmazeutischen Industrie genutzt, um bestimmte Steroidhormone (z.B. Kortison und Progesteron) zu synthetisieren. Aber in erster Linie ist Yams immer noch eine sehr wichtige Nahrungspflanze, deren Knollen bis zu 20 Kilogramm schwer werden können und ein Kohlehydratlieferant erster Güte sind. Sonibare: Ja, richtig. Albach: Letztlich wird der Forschungsaufenthalt von Frau Dr. Sonibare hier in Mainz aber erst durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglicht. Dieses Georg Forster-Programm der Stiftung unterstützt speziell promovierte Wissenschaftler aus Entwicklungsländern. JOGU: Wie lange werden Sie denn in Mainz bleiben? 12 JOGU_90x258_13.11.2008:R+V 20.10.2008 10:28 Uhr JOGU: Aber sind die medizinisch wirksamen Inhaltsstoffe denn nicht giftig? Service Center Sonibare: Doch, in größeren Mengen schon; deshalb sollte Yams auch nicht roh verzehrt werden. JOGU: Wie bereitet man ihn denn traditionell zu? Sonibare: Eigentlich so, wie in Deutschland die Kartoffel; man schält und kocht ihn einfach. JOGU: Ich weiß, dass man Yams auch hier in Mainz kaufen kann. Haben Sie das schon ausprobiert? Sonibare: Ja, mein Mann brachte kürzlich einige Knollen mit. Sie schmeckten ganz gut, sind aber einfach viel zu teuer. Willkommen im Team Die R+V Service Center GmbH ist der Service-Dienstleister der R+V Versicherungsgruppe. Die Mitarbeiter an den Standorten Wiesbaden, Münster und Karlsruhe sichern die jederzeitige telefonische Erreichbarkeit der R+V Versicherung und bieten den Kunden umfassenden Service in allen Versicherungsfragen. Suchen Sie aussichtsreiche Perspektiven? Dann kommen Sie zu uns in die Betriebsstätte Wiesbaden als JOGU: Ihr Mann? Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder? Sonibare: Ja, mein Mann und unsere drei Kinder sind ebenfalls hier. Meine ältesten beiden gehen auch in Mainz zur Grundschule. Der Jüngste wird in den nächsten Tagen vier. Mein Mann arbeitet genau wie ich an der Universität Ibadan, allerdings im Bereich Geochemie. Gerade ist er dabei, einige Publikationen fertigzustellen. Anschließend wird er am geowissenschaftlichen Institut der Uni Mainz seine Forschungsarbeit weiterführen. JOGU: Sie leben und arbeiten also normalerweise in Ibadan? Sonibare: Ich unterrichte Studenten seit 1996, allerdings zuerst an der Ogun State University und seit 2006 am Fachbereich Pharmazie der Universität Ibadan, der größten und ältesten (gegründet 1948) Hochschule im Land. JOGU: Das ist ungewöhnlich. Wie ich gelesen habe, wurden Sie erst 2003 promoviert. In Deutschland ist selbständige Lehre erst mit der Erlangung des Doktorgrades erlaubt. Sonibare: Das ist bei uns ähnlich. Zwischen 1996 und 2003 war ich so genannter „Assistant Lecturer“, das heißt, ich habe unter Aufsicht unterrichtet. JOGU: Und was planen Sie nach Ihrer Rückkehr nächstes Jahr? Sonibare: Ich werde in meinen alten Job zurückkehren und natürlich die Ergebnisse aus Mainz publizieren. Außerdem werde ich die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom IITA fortsetzen. Das IITA wiederum kooperiert mit lokalen Landwirten, die langfristig hoffentlich auch von meinen Ergebnissen profitieren. JOGU: Dann erst einmal viel Erfolg für Ihre Arbeit hier und herzlichen Dank Ihnen beiden für das Interview. Das Gespräch führte Frank ErdnüSS n studentischer Kundenbetreuer (m/w) in unser Assistance-Team Ihre Aufgaben: - Organisation von Leistungen im In- und Ausland gem. Versicherungsbedingungen wie z.B. Organisation von Abschleppdiensten, Mietwagen usw. - Erteilen von telefonischen Auskünften - Datenaufnahme und -weiterleitung - Schichtdiensttätigkeit (Nacht/Wochenende/Abend) Ihre Qualifikation: - Fremdsprachenkenntnisse Englisch (erforderlich), weitere Sprachen (Italienisch und/oder Spanisch und/oder Französisch) wünschenswert - kundenfreundliches Telefonieren - Organisationstalent - hohe Belastbarkeit Interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre Bewerbung! R+V Service Center GmbH Recruiting Center - Referenzcode: 1684_3 Taunusstr. 1 • 65193 Wiesbaden Telefon: 06 11 / 5 33 - 52 10 [email protected] www.jobs.ruv.de www.ruv.de Seite 1 Wissenschaft & Forschung Unfallverletzungen bei Kindern An der Mainzer Uniklinik arbeiten Unfall- und Kinderchirurgen eng zusammen. Dass dieses Konzept erfolgreich ist, bewies unter anderem der große Erfolg der Mainzer Tagung über „Anspruchsvolle Verletzungen im Kindesalter“ der Sektion Kindertraumatologie in der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Die zehnjährige Alexandra möchte mit dem Besuch besser sprechen können, und so stopft ihr die Mama ein Kissen in den Rücken. „...und dann hat sich das Pferd erschrocken und ist vorne hochgegangen, und da konnte ich mich nicht mehr halten“, erzählt das Mädchen. Bei dem Versuch, sich linkerhand abzustützen, verdrehte sich der Ellbogen; der Unterarm brach an gleich zwei Stellen, ein Knochen durchstieß die Haut. In der Nacht Erbrechen, aufgrund einer Bauchprellung. Am späten Abend noch war das Mädchen operiert worden, in spätestens drei Tagen kann die kleine Patientin entlassen werden. „Die Gefahr, dass eine Entzündung auftritt, ist aufgrund der schnellen Versorgung der Wunde gering. Sicherheitshalber bleibt diese Patientin etwas länger, als es bei einem geschlossenen Bruch der Fall gewesen wäre“, erläutert Prof. Pol Maria Rommens, Direktor der Mainzer Uni-Klinik für Unfallchirurgie. achtziger Jahren in Frankreich entwickelten Methode der elastisch-stabilen intramedullären Nagelung, dem so genannten ESIN-Verfahren, abgelöst. „Der Vorteil besteht darin, dass die verletzte Stelle und mit ihr eventuell dort vorhandene Wachstumsfugen unangetastet bleiben. In einer gewissen Entfernung zum Bruch werden zwei dünne Titanfäden eingeführt. Diese schienen den Knochen von innen – und sichern so den Heilungsprozess“, erläutert Rommens. Alexandra wird also schnell genesen. Schon am Tag nach dem Unfall bereitet ihr weniger der verletzte Arm Probleme als die Frage, ob sie sich wieder in die Reitstunde traut. Lässt sich die Angst bewältigen? Jedenfalls hat sie heute Nachmittag schon „einen Zeichentrickfilm mit Pferden“, so das Mädchen, angeguckt. Die Atmosphäre im Krankenzimmer Die Verweildauer der Kinder im Krankenhaus ist zurückgegangen. Denn die operative Behandlung kindlicher Knochenbrüche geschieht heute deutlich häufiger als noch vor wenigen Jahren – veränderte Behandlungsmethoden tragen den kindlichen Spezifika Rechnung. Verletzungen im Kindesalter treffen den wachsenden Organismus. „Früher“, erläutert Rommens, „verzichtete man zumeist auf eine Operation, das hätte zu stark belastend gewirkt. Man beschränkte sich auf das Eingipsen der betroffenen Gliedmaßen. Allerdings war dieses risikoarme Procedere von Schmerzen begleitet, und die Heilung konnte Wochen dauern.“ Dieser konservative OP-Verzicht wurde inzwischen von der seit den [JOGU] 206/2008 14 „In einer gewissen Entfernung zum Bruch werden zwei dünne Titanfäden eingeführt. Diese schienen den Knochen von innen – und sichern so den Heilungsprozess.“ Seit 2003 arbeiten die Mainzer Unfall- und Kinderchirurgen im gemeinsamen Bereich „Kindertraumatologie“ eng zusammen. Diese Interdisziplinarität geht auf das jahrzehntelange Engagement des Unfall-Chefs für eine koordinierte Versorgung von Trauma-Betroffenen zurück. „Ein schlecht versorgter Patient kann ein Organversagen entwickeln, das mit der primären Verletzung nichts zu tun hat. Deswegen benötigt ein Unfallpatient einen Versorgungskoordinator, also den Unfallchirurgen“, lautet kurz und bündig Rommens’ Kommentar. Was so selbstverständlich klingt, war nicht immer medizinische Praxis. Vor 15 Jahren beteiligte sich der gebürtige Flame an der Gründung der „BelVeränderte Behandlungsmethoden: Titanfäden sichern den Heilungsprozess luxpainter © www.fotolia.de Vom Pferd gefallen ist entspannt. Wie schnell die Diagnose stand und wie schnell operiert werden konnte, hat Alexandras Mutter beeindruckt und beruhigt. Rundum hervorragend betreut sei ihre Tochter, und ja, man habe sich perfekt gekümmert, habe selbstverständlich auch auf die Bauchschmerzen reagiert, durch Ultraschall habe man innere Verletzungen sofort ausschließen können. Wissenschaft & Forschung gischen Gesellschaft für Unfallchirurgie“, zu deren erstem Präsidenten der Spezialist ernannt wurde. „In Belgien ist es uns gelungen, die Probleme der Traumatologie ins medizinische Bewusstsein zu rücken, wir konnten die Gesamtversorgung der Verletzten in den Bereichen Therapie und Prävention optimieren“, so Rommens, der auch am Aufbau der Traumastation am löwener Uni-Klinikum beteiligt war. Für sein organisatorisches und publizistisches Engagement unter anderem als Mitherausgeber des ersten lehrbuches für Traumatologie in niederländischer Sprache und für seine leistungen auf dem Spezialgebiet der Becken- und Hüftpfannenchirurgie sowie der Versorgung der langen Bein- und Armknochen wurde dem Direktor der Mainzer Klinik für Unfallchirurgie 2005 die Ehrendoktorwürde der griechischen Universität Patras verliehen. Ein schlecht versorgter Patient kann ein Organversagen entwickeln, das mit der primären Verletzung nichts zu tun hat. Während die Urkunde im Wechselrahmen eine kontinuierliche Herausforderung an alle darstellt, die sich jemals mit dem griechischen Alphabet befasst haben, kümmert sich Rommens weiter um die praktischen Anforderungen des Klinikalltags – unter anderem um die Vereinheitlichung der Behandlungswege. In diesem Jahr kam die dritte Fassung des sogenannten Vademecums heraus: eines über 300 Seiten umfassenden leitfadens für die Ärzte der Mainzer Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, der alle im Hause üblichen Behandlungsmethoden verbindlich dokumentiert. Ein Sonderkapitel nimmt die Kindertraumatologie ein. Es finden sich in diesem Abschnitt unter anderem genaue Hinweise zu den Versorgungsprinzipien des kindlichen Polytraumas bei der Ankunft in der Klinik. Dass Alexandras Mutter sich positiv und erleichtert über das große „Empfangskomitee“ wundern konnte, liegt auch daran, dass das klar strukturierte Team aus Unfallchirurg, Radiologe und Anästhesist wie stets durch einen Kinderchirurgen ergänzt war. Optimierung ist das Stichwort, das Rommens und sein Team antreibt: Optimierung der Zusammenarbeit der Kliniken, etwa der Unfallchirurgie und der Kinderchirurgie unter leitung von Prof. Felix Schier – Förderung der Interdisziplinarität, welche letztlich die Therapie koordinierend optimiert. Optimierung ist das Stichwort, das Rommens und sein Team antreibt. Wichtige Denkanstöße lieferte in diesem Kontext auch die 27. Jahrestagung der „Sektion Kindertraumatologie in der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie“, die am sechsten und siebten Juni 2008 in Mainz statt fand. Die publizierten Gastvorträge internationaler Spezialisten befassten sich mit Fragestellungen der ESIN-Methode, der Kniescheibenluxation, der pathologischen Fraktur im Falle gutartiger Knochentumore und der die Wachstumsfuge betreffenden gelenknahen Fraktur. Damit Alexandra ihren Sturz vom Pferd – (ihr Armbruch war eine von 350 jährlich in Mainz operierten kindlichen Verletzungen) – schnell vergessen kann. Ulrike BRANDENBURG n Programm der 27. Jahrestagung der „Sektion Kindertraumatologie in der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie“ Zu den Neuerungen, die Rommens in Mainz einführte, zählt die Vereinheitlichung des sogenannten Schockraumablaufes. Jeder Unfall-Patient wird unmittelbar bei Einlieferung nach denselben Kriterien durchgecheckt. Unterschiede werden nur zwischen Erwachsenen und Kindern gemacht. Während die Verletzungsschwere der Erwachsenen durch eine wenige Minuten dauernde CT (Computertomographie) des Kopf- bis Beckenbereiches festgestellt wird, erspart man Kindern die entwicklungsschädliche Strahlendosis, stattdessen kommen traditionelle Röntgenverfahren und Sonografie (Ultraschall) zum Einsatz. 15 [JOGU] 206/2008 Foto: Peter Pulkowski Wissenschaft & Forschung Wo das Herz schlägt Weltweit größte Studie an der Uniklink Mit bis zu 17.000 Patienten an einer Klinik ist die Gutenberg-Herz-Studie die weltweit größte Untersuchung dieser Art. Erdacht hat sie ein Mainzer Kardiologe, der jetzt, 18 Monate nach dem Startschuss, bereits den 5.000sten Probanden begrüßen konnte. Sein Chef gründete parallel die „Stiftung Mainzer Herz“, die neben der einschlägigen Forschung auch Schwesternprojekte an der Mainzer Uniklinik fördern möchte. Im Gespräch mit JOGU erklären die beiden Mediziner Einzelheiten ihrer Projekte. Schon als Student überlegte Prof. Stefan Blankenberg, welche nützlichen Informationen man wohl durch Blutanalysen erhalten könnte. Damals nahm er Blut ab, als wissenschaftliche Hilfskraft im Herzkatheter-labor der Uniklinik Mainz. Nach Abschluss seines Medizinstudiums arbeitete er zwei Jahre in einem molekulargenetischen labor in Paris. Dort verfestigte sich seine Idee, aus den Blutzellen nicht nur die eigentliche Erbinformation, die als Doppelstrang vorliegende DNA (Desoxyribonukleinsäure), zu isolieren, sondern auch die einsträngige RNA (Ribonukleinsäure). Das war bislang nicht in großem Umfang gelungen. Die RNA hat in den Zellen die wichtige Aufgabe, die vorliegende Erbinformation in Eiweiße (Proteine) umzusetzen. Mit der Bestimmung der RNA erhält man also konkrete Hinweise dazu, wofür einzelne Gene (DNA-Moleküle) im Körper verantwortlich sind, welche Prozesse sie steuern. Die Krux dabei ist, dass sich die RNA nach der Blutentnahme weiter verändert. Aussagekräftige Ergebnisse erzielt man also nur dann, wenn die Analyse der Blutzellen schnell passiert. Und noch etwas anderes fiel Blankenberg in Paris auf: Alle Analysen im labor erfolgten mit Blut von kranken Patienten. Für eine vernünftige Abschätzung des Risikos, an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zu erkranken, ist aber die Untersuchung einer gesunden Kohorte mit allen Altersgruppen unerlässlich, am besten mit Hilfe periodisch wiederkehrender Untersuchungen alle vier bis fünf Jahre. „Weltweit gibt es keine andere monozentrische Studie, die einen derart großen Umfang hat und pro Proband rund 9.000 Parameter erhebt.“ Zurück in Mainz reifte seine Idee weiter, auch inspiriert von der wichtigsten epidemiologischen Studie in den USA, der Framingham-Heart-Study (läuft seit 1948). Im Jahr 2005 fanden dann die ersten Geldverhandlungen statt und zwei Jahre später stand die Finanzierung zur Durchführung dieser einzigartigen Studie: Mit einem Pool aus öffentlichen und industriellen Geldern im Rücken konnte schließlich im April 2007 der erste Teilnehmer der „Gutenberg-HerzStudie“ (GHS) begrüßt werden. Gemäß dem Ziel der Studie, eine zukünftig bessere Risikoabschätzung für Herz-Kreislauferkrankungen vornehmen zu können, erfolgte die internationale Namensgebung: „PREVENT-it“. Mit mehr als 300.000 Todesfällen pro Jahr in Deutschland führt dieses Krankheitsbild die Statistik an. Beide sind multifaktoriell bedingt und gerade deshalb auch so schwer vorherzusagen. [JOGU] 206/2008 Foto: Frank Erdnüß Alle Proben der GHS werden bei minus 80 °C bis zu 60 Jahre lang aufbewahrt, natürlich unter strenger Berücksichtigung des Datenschutzes. Hier einer der Gefrierschränke im Zwischenlager der Uniklinik. Jede Schub-lade fasst bis zu 500 Röhrchen, zum Beispiel mit RNA, Tränenflüssigkeit, Zahnbelag, DNA, Erythrozyten und Urin. 16 Prof. Dr. med. Stefan Blankenberg, Initiator der Gutenberg-Herz-Studie Die Ergebnisse der GHS sollen dazu beitragen, Risikokonstellationen beim Einzelnen frühzeitig zu erkennen, damit dann vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden können. „Weltweit gibt es keine andere monozentrische Studie, die einen derart großen Umfang hat und pro Proband rund 9.000 Parameter erhebt“, erläutert der 39-jährige Initiator Blankenberg und fügt hinzu: „Wir arbeiten dabei stark interdisziplinär, zum Beispiel zusammen mit Prof. Dr. Norbert Pfeiffer von der Augenklinik, Prof. Dr. Karl lackner vom Zentrallabor und Prof. Dr. Maria Blettner vom IMBEI (Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik).“ „Der Augenhintergrund ist für uns besonders interessant, weil es die einzige Stelle im menschlichen Körper ist, wo man direkt auf die Blutgefäße schauen kann.“ Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt streng nach dem Zufallsprinzip, eine freiwillige Teilnahme aus Eigeninteresse ist nicht möglich. Das würde die statistische Auswertung erschweren, denn es sollen sowohl land- und Stadtbevölkerung als auch die Geschlechter gleich vertreten sein. So werden aus dem Melderegister der Kreise Mainz-Stadt und Mainz-Bingen insgesamt 35.000 Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 74 Jahren angeschrieben. Bei positiver Rückmeldung (bislang rund 70%) erhält jeder Proband ausführliche Informationen, unterschreibt die Einverständniserklärung und bekommt dann einen Termin im Studienzentrum. Die verschiedenen Untersuchungen reichen vom Blutdruck messen über ein 50-minütiges Computerassistiertes persönliches Interview bis hin zu einer Analyse des Augenhintergrundes. „Der Augenhintergrund ist für uns besonders interessant, weil es die einzige Stelle im menschlichen Körper ist, wo man direkt auf die Blutgefäße schauen kann“, er- klärt dazu Dr. Philipp Wild, der Studienmanager. Er wird von mehreren Kollegen, Studienassistentinnen sowie laboranten unterstützt. Hier im Gebäude 406 erfolgen auch die RNA-Analysen, wie gesagt unmittelbar nach der Blutentnahme. Insgesamt ist jeder Teilnehmer fünf Stunden beschäftigt, wobei so gut wie keine Wartezeiten auftreten. „Das läuft bei uns wie im Zirkeltraining“, erzählt Blankenberg: „Der erste Proband kommt um 7 Uhr morgens, erhält einen Barcode und durchläuft dann die sieben Untersuchungs-Stationen bis 12.10 Uhr; der letzte Teilnehmer verlässt jeden Tag um 20.10 Uhr die Klinik.“ Für diesen reibungslosen Ablauf sorgen insgesamt 60 Mitarbeiter. Personal- und Materialkosten belaufen sich auf jährlich rund eine Million Euro, die genetischen Untersuchungen und weitere spezielle Tests noch nicht inbegriffen. Auf die Frage nach dem Zeitplan der GHS räumt Blankenberg ein, dass hier auch die finanzielle Ausstattung eine Rolle spielte: „Wir haben uns auf ein Computer-assistiertes Telefoninterview nach 2,5 Jahren und eine Wiederholungsuntersuchung jedes Probanden nach 4,5 Jahren geeinigt. Das ist aber auch medizinisch sinnvoll, denn nach dieser Zeit sehen wir gemeinhin die ersten Veränderungen an Gefäßen und im Echokardiogramm.“ Ein Ende der Studie ist nicht geplant. Zurzeit läuft die Auswertung der ersten 5000 Teilnehmer. „Gerade bei den genetischen Analysen zeichnen sich sehr interessante Hinweise ab, was zum Beispiel die Verbindung von Genexpression und bestimmten Phänotypen betrifft“, freut sich Blankenberg. Wir dürfen also auf seine Publikationen gespannt sein. Ergebnisse anderer Studien zeigen, dass erhöhter Lärm den Blutdruck ungünstig beeinflusst, und zwar unabhängig davon, ob der Lärm als störend empfunden wird oder nicht. Auch Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Mainz und Mitglied der Studienleitung der GHS, zeigt sich von Blankenbergs Initiative begeistert. „Wir verzeichnen deutlich steigende Patientenzahlen und müssen die Prävention verbessern; nach 4.500 Patienten in 2004 waren es letztes Jahr schon 7.000“, sagt Münzel und ergänzt: „Diese Entwicklung gab auch den Anstoß für den Aufbau der Brustschmerzambulanz, kurz CPU (Chest Pain Unit), der Uniklinik, die seit 2008 den Patienten Tag und Nacht zur Verfügung steht. Und sie war der Hauptgrund für die Gründung der Stiftung Mainzer Herz im ver- Foto: Peter Pulkowski Wissenschaft & Forschung gangenen Dezember.“ Die Stiftung soll ausschließlich der II. Medizinischen Klinik zu Gute kommen, dort aber ganz verschiedene Bereiche unterstützen. Zum einen soll die Ausbildung von Studierenden der Medizin gefördert werden, zum Beispiel durch die Vergabe eines Auslandsstipendiums für ein Jahr an der Emory University in Atlanta, mit der seitens der II. Medizinischen Klinik eine enge Kooperation besteht. Außerdem werden tierexperimentelle Studien unterstützt. Sie stellen laut Münzel generell ein essentielles Werkzeug bei der Erforschung von Krankheiten dar und sollen in diesem Fall auch Ergebnisse der GHS nutzen. „Wenn dort beispielsweise neue genetische Varianten als Risikofaktoren für KHK entdeckt werden, kann dies entsprechend tierexperimentell nachverfolgt und damit der translationelle Aspekt umgesetzt werden“, erklärt der Mediziner. Weiterhin soll die klinische Forschung von den Stiftungsgeldern profitieren. Münzels Spezialgebiet ist hier die Endothel-Funktion. Als Endothel bezeichnet man die Zellen der innersten Wandschicht von Blutgefäßen, sozusagen die Innenhaut der Gefäße. Sie kann mit speziellen Ultraschallgeräten am Arm untersucht werden. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung stellt laut Münzel einen Schlüsselindikator für das Herzinfarktrisiko dar. Eine Studie zum Einfluss von Fluglärm auf die Endothel-Funktion ist geplant. Ergebnisse anderer Studien zeigen, dass erhöhter lärm den Blutdruck ungünstig beeinflusst, und zwar unabhängig davon, ob der lärm als störend empfunden wird oder nicht. Jetzt soll entsprechend noch der Einfluss auf die Herzfrequenz getestet werden. Schließlich will die Stiftung Projekte unterstützen, die im Bereich der Pflege zum Beispiel die logistik verbessern – ein ebenfalls sehr wichtiger Bereich im Hinblick auf eine optimale Patientenversorgung. All das mit zurzeit 200.000 Euro Stiftungsvermögen? „Wir stehen ja erst am Anfang“, sagt Mün- 17 übergabe der Stiftungsurkunde durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, Dr. JosefPeter Mertens (Zweiter von links) an die Verantwortlichen (von links nach rechts): Peter E. Geipel, Prof. Dr. med. Thomas Münzel sowie die Vertreter der Wirtschaft, Wolfgang Hempler (Managing Direktor der Deutschen Bank AG in Mainz) und Otto Boehringer. zel, „gerade bauen wir einen Freundeskreis auf, der zahlende Mitglieder (100 Euro pro Jahr) haben wird, und natürlich gehen wir auch von weiteren Spenden aus.“ Hier hofft man, dass sich andere Industrielle und Unternehmen anstecken lassen, zum Beispiel von Otto Boehringer, der 100.000 Euro spendete oder von der Mainzer Volksbank (10.000 Euro). Für Mitglieder im Freundeskreis sollen dann pro Jahr zwei Informationsveranstaltungen stattfinden, bei denen Prof. Münzel Rede und Antwort steht. Außerdem sind ein Newsletter sowie die Vergabe eines Stiftung Mainzer Herz-Preises geplant. letzteres hatte bereits Dieter Haupt angeregt, auf den auch der Name der Stiftung zurückgeht. Der bekannte Wiesbadener Messebauer und Organisator hatte geholfen, die Stiftung ins leben zu rufen; Ende August 2008 ist er verstorben. Frank ERDNüSS n Information: Wer sich für die Stiftung interessiert und/oder Mitglied im Freundeskreis werden will, kann sich telefonisch an das Büro von Prof. Münzel wenden (06131-17-5737) oder auch im Internet informieren (http://www.klinik.uni-mainz. de/2-med/startseite/stiftung-mainzer-herz.html). Spenden werden erbeten auf folgende Konten: Deutsche Bank Mainz, Kto. 110999, BlZ 55070040 oder Mainzer Volksbank eG, Kto. 6161061, BlZ 55190000 [JOGU] 206/2008 Fotos: Frank Erdnüß Wissenschaft & Forschung Analysen am Fließband An der Zentrifuge: links stehen Proben, die noch auf den Schleudergang warten, rechts erkennt man Röhrchen, deren Inhalt bereits durch zentrifugieren in das zellfreie Blutserum (gelblicher überstand) sowie die roten und weißen Blutkörperchen aufgeteilt wurde. Neue vollautomatische Laborstraße in Betrieb genommen Was passiert eigentlich mit den Tausenden von Blut- und Urinproben, die täglich am Universitätsklinikum in Mainz den Patienten entnommen werden? Wie werden sie analysiert und können dabei Verwechslungen und Fehler ausgeschlossen werden? Das fragen sich heute viele Patienten, vor allem wenn die Ergebnisse schon nach sehr kurzer Zeit vorliegen. Zeit ist Geld, das gilt auch im Zentrallabor der Universitätsklinik. Mehr als fünf Millionen Analysen von 62.000 stationären und einigen Tausend ambulanten Patienten werden hier pro Jahr durchgeführt. Die meisten Ergebnisse sind nach etwa 90 Minuten ermittelt und stehen den Ärzten zur Verfügung. Ermöglicht werden diese kurzen Bearbeitungszeiten durch eine neue vollautomatische laborstraße, die [JOGU] 206/2008 nach etwa sechsmonatiger Aufbauzeit im Oktober 2007 ihren Betrieb aufnahm. Sie hat eine Gesamtlänge von 18 Metern und eine gewisse Ähnlichkeit mit modernen Abfüllanlagen von Getränkeherstellern. Rund 3,7 Millionen Untersuchungen übernimmt die Anlage im Jahr. Wie Prof. Dr. Karl lackner, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und laboratoriumsmedizin, erklärt, ist diese Art Spitzentechnologie in deutschen laboratorien bislang einzigartig, weltweit existieren zehn weitere solcher Geräte. Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten – so dauerte die optimale Einstellung der EDV allein drei Monate – freut sich lackner nun über die vielen Vorteile: „Wir sind heute in der lage, jeden an der laborstraße verfügbaren Parameter innerhalb von 24 Stunden zu bestimmen. Früher gab es aufgrund eines sehr viel früheren Annahmeschlusses dagegen viele Proben, die erst am nächsten Tag bearbeitet wurden.“ Damit haben sich also die Bearbeitungszeiten deutlich verringert, was bei Notfällen wie etwa Herzinfarktpatienten leben retten kann. Darüber hinaus weist lackner auf die verbesserte Standardisierung und damit präzisere Probenbearbeitung sowie auf die Entlastung des Personals von immer wiederkehrenden Routineaufgaben 18 hin. lediglich vier bis fünf Medizinisch-Technische Assistentinnen (MTA) – im Gegensatz zu zehn Mitarbeiterinnen vorher – sind nötig, um den Betrieb der Anlage aufrecht zu erhalten. Das eingesparte Personal wurde nicht entlassen, sondern wird jetzt in anderen Gebieten eingesetzt, zum Beispiel in der sehr arbeitsintensiven molekulargenetischen Diagnostik. Etwa 5.000 Proben müssen in diesem Bereich jährlich analysiert werden, nach wie vor von Hand. Ebenso erfolgen die Erstellung des Blutbilds sowie die Bestimmung der Blutgerinnungsfaktoren nicht mit Hilfe der neuen Fließbandanlage. Proben für Blutbilder dürfen nicht zentrifugiert werden und Gerinnungsröhrchen laufen nicht über die Straße, weil sonst Engstellen im Fluss auftreten können. „Wir sind heute in der Lage, jeden an der Laborstraße verfügbaren Parameter innerhalb von 24 Stunden zu bestimmen.“ Die Zentrifuge, sie bildet den Anfang der laborstraße, gleich nachdem die Proben von einer MTA in die Halter eingestellt wurden und der Barcode Wissenschaft & Forschung abgelesen ist. Ab diesem Zeitpunkt bilden Röhrchen und Halter eine Einheit und dürfen nicht mehr getrennt werden. über Radiofrequenzen werden die Halter gesteuert und die Proben so entlang der laborstraße geleitet. So wird das wiederholte und vergleichsweise aufwendige Auslesen der Barcodes vermieden. Die Barcodes werden bereits auf den Stationen gedruckt und beinhalten die Information, welche Untersuchungen überhaupt gemacht werden sollen. Ein Rohrpost-System wird in Zukunft dann alle Stationen des Klinikums mit dem Zentrallabor verbinden, so dass die Röhrchen mit dem Blut oder Urin innerhalb von Minuten vom Krankenbett ins labor kommen. Momentan erledigen das noch Boten. „Wir erhalten zurzeit ungefähr 3.000 Proben pro Tag, darunter auch fünf Prozent von niedergelassenen Ärzten und anderen Krankenhäusern in Mainz“, erzählt lackner und sein leitender Oberarzt, Dr. Johannes lotz ergänzt: „Wir stehen sieben Tage die Woche rund um die Uhr und so auch für Notfälle in der Nacht zur Verfügung. Zusammen mit der Nuklearmedizin und der Pathologie des Klinikums bauen wir gerade ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) auf, dass solchen externen Anfragen noch besser gerecht werden wird.“ Vor allem die Erstellung von Blutbildern kann dann auch mitten in der Nacht beziehungsweise am Wochenende erfolgen, um dem ärztlichen Notdienst schnell die notwendigen Informationen zu liefern. Doch zurück zu den Röhrchen: Nach dem Zentrifugieren gelangen diese zum so genannten „Decapper“. Er entfernt die Schraubdeckel, eine der lästigsten Routineaufgaben. Danach beginnt die eigentliche Analyse der Proben in den jeweils gewünschten Analysegeräten. Jedes der sieben Gerä- te kann dabei auch separat ohne das Förderband benutzt werden, ein wichtiger Aspekt zum Beispiel bei Wartungsarbeiten. Vollautomatisch wird dort mit Pipetten etwas vom gelblichen Blutserum entnommen, mit entsprechenden Reagenzien gemischt und analysiert. Im Serum befinden sich außer den Gerinnungsfaktoren alle natürlicherweise im Blut gelösten Stoffe. Am Ende der Reise erhalten die Röhrchen wieder einen Deckel und verschwinden in einem riesigen Kühlschrank. Er bietet 15.000 Proben Platz, so dass jede Probe etwa fünf Tage aufbewahrt werden kann, zum Beispiel für eventuelle Nachuntersuchungen. „längere Aufbewahrung ist ohnehin kaum sinnvoll, denn für die meisten diagnostischen Tests benötigen wir frische Proben“, erläutert lackner. Proben am „Decapper“: Praktischerweise müssen solche Routinearbeiten heute nicht mehr vom Personal übernommen werden. 19 Ganz ohne den Menschen geht es nicht: laborantin bei der technischen Freigabe der Analyseergebnisse. „Längere Aufbewahrung ist ohnehin kaum sinnvoll, denn für die meisten diagnostischen Tests benötigen wir frische Proben.“ Insgesamt können mit der 1,1 Millionen Euro teuren Anlage 144 verschiedene Parameter in Körperflüssigkeiten bestimmt werden, darunter auch Nachweise von Antikörpern wie etwa beim HIV-Test. überwiegend werden jedoch Elektrolyte wie Natrium und Kalium, Cholesterin, Nieren- und leberwerte, Hormone, Tumormarker wie etwa der PSA-Wert zur Prostatakrebsvorsorge sowie Entzündungsparameter bestimmt. Eine solche leistung hat ihren Preis; auf etwa 700.000 Euro beziffern lackner und lotz die jährlichen Reagenz- und Materialkosten, was jedoch einer deutlichen Einsparung gegenüber früher entspricht. Die Testergebnisse werden direkt im laborinformationssystem gespeichert und vom Computer dem jeweiligen Patienten zugeordnet. Bevor die Werte jedoch für die anfordernde Stelle freigegeben werden, erfolgt eine Plausibilitätsprüfung durch MTA’s und laborärzte, unter anderem durch einen Abgleich mit manuell analysierten Kontrollproben. Dabei fallen regelmäßig fehlerhafte Analyseergebnisse auf. Wie kann es dazu kommen? Irrt etwa der Computer? „Keineswegs“, sagt lackner, „die häufigste Ursache für falsche laborergebnisse ist eine Verwechslung der Proben, das heißt also menschliches Versagen.“ Die laborstraße arbeitet also bislang fehlerfrei und wird vermutlich bald auch in weiteren deutschen Kliniken eingesetzt werden. Frank ERDNüSS n [JOGU] 206/2008 Wissenschaft & Forschung Das Lachen des Mythos Kafka’s Liebe zur literarischen Komik Kafka hatte Sinn für Humor, im leben wie im Werk. Dieser im öffentlichen Bewusstsein oft ausgeblendeten Facette seiner Biografie ging eine Tagung zum 125. Geburtstag des Schriftstellers an der Johannes Gutenberg-Universität auf den Grund. Da sitzt Franz Kafka nun also in der Schreibschule, müht sich ab am Kursus „Creative Writing“ und bekommt einfach nicht jenen „Knallersatz“ hin, den der Dozent von ihm einfordert. Hanns Josef Ortheil lässt in seinem Text „Warum ich mit Franz Kafka so meine Schwierigkeiten habe...“ den Autor als literarische Figur durch eine ganze Reihe solcher Szenen stolpern. Die feine, kleine Satire kommt als Drahtseilakt zwischen skurriler Komik, tiefer Zuneigung zum dem Schriftsteller und seinem Werk sowie einer kleinen Prise literaturgeschichtlicher Majestätsbeleidigung daher. chende literaturwissenschaft gemeinsam mit Prof. Dr. Dieter lamping am 3. Juli, dem Geburtstag des Autors ausrichtete. Rund 80 Gäste kamen zu der Veranstaltung in der Alten Mensa. Den melancholischen Mythos Kafka holte der Hildesheimer Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus mit diesem Text während der Tagung „Franz Kafka – Ein Klassiker?“ an der Universität Mainz von seinem Podest. Ortheil rückte Kafka Auch Ortheil zeigte in seiner Vision diese Facette des Franz Kafka: Da sitzt er zusammen mit dem Freund Brod im Zug und beide notieren die Sätze des anderen, auf der Suche nach dem literarischen Genie. Der Bahnhof, ganz Prag, ja die Welt werden Fotos: Peter Thomas An der „legende vom Heiligen Franz“ – verbreitet von Max Brod – rüttelte auch Dr. Fabian lampart, der in Vertretung von Professor Dr. Dieter lamping in die Tagung einführte. Stattdessen sollten wir Kafka heute vor allem als jenen eigensinnigen, listigen, faszinierenden Erzähler sehen, der aus den Geschichten zu uns spricht. Dem Klassiker auf der Spur: über Franz Kafka diskutierten (von links): Werner Frick, Martin lüdke, Manfred Engel, Sandra Poppe und Ritchie Robertson. so in menschliche Augenhöhe – wo dieser auch hingehört. Denn der Autor, der vor 125 Jahren in Prag geboren wurde, ist keineswegs jener dunkle, überhöhte Schmerzensmann der literatur, als welcher er im kollektiven Bewusstsein verankert scheint. Das zeigte die Tagung, die Junior-Professorin Dr. Sandra Poppe vom Institut für Allgemeine und Verglei- [JOGU] 206/2008 zum literarischen Wartesaal, während die beiden Autoren die Worte des Gegenübers belauern und zwischendurch in einen Streit über die Ökonomie des Notierens ausbrechen. Das ist fiktive literaturgeschichte, die man sich als Buddy-Film mit Walter Matthau und Jack lemmon auf die Kinoleinwand wünscht. Den spielerischen Charakter Kafkas hat Ortheil aber gar nicht erfunden. Denn der Schriftsteller war 20 tatsächlich nicht nur ein kraftvoller, mitreißender Erzähler, sondern auch ein ausdrücklich humorvoller Mensch. Seinem „leichten, hyperbolischen Ton“ folgte der Freiburger literaturwissenschaftler Werner Frick in dem Vortrag „Der ‚Schwarze Kaffee’: Hommage an Kafkas ‚friendly losers’“. Von Pointe zu Pointe führte Frick sein Publikum – einem oft kaffeeschwarzen, aber umso lebendigeren, schrägen Witz auf der Spur. „Das sind virtuose, völlig zu Ende ausgeführte übertreibungen“, würdigte Frick die Konstruktionen. Diese Fähigkeit, ja liebe zur literarischen Komik im eigenen Werk, öffnete einen neuen Blick auf Franz Kafka. Viel leichter zu durchdringen ist seine Persönlichkeit deshalb aber nicht. Das unterstrich Ritchie Robertson im Gespräch mit Sandra Poppe: „Ein kleiner, unerklärbarer Rest Kafka wird immer zurückbleiben“, sagte der Germanist des St. John’s College der Universität Oxford in der Diskussion über Kafkas Rolle als Klassiker. Dabei hat es an Versuchen nie gefehlt, sich Kafka und das Kafkaeske anzueignen – das zeigte Robertson am Vormittag mit seinem Vortrag „Kafka als Weltautor: Zu seiner Aufnahme in der englischsprachigen Welt“. Wir sollten Kafka heute vor allem als jenen eigensinnigen, listigen, faszinierenden Erzähler sehen, der aus den Geschichten zu uns spricht. In seiner phantastischen Kafka-Geschichte ließ Ortheil derweil Kafka nicht nur mit der literatur der ganzen Welt zusammentreffen, sondern auch mit den modernen Medien: Kafka im Motel der Familie Bates aus „Psycho“. Kafka beim Techtelmechtel mit Romy Schneider im Cabrio auf einer Breitbildleinwand vor der Cote d’Azur. Dann landet Franz nach „Kafkawarten“ und „Kafkasitzen“ im Bahnhof endlich zusammen mit Max Brod in der Eisenbahn. Ortheil hatte sichtliches Vergnügen daran, seine Geschichte vorzutragen – Kafka füttert darin mittlerweile Brod und dessen Notizbuch ganz bewusst mit echten Kafka-Sätzen, die der treue Chronist auch brav aufschreibt. So entsteht der Stoff für literaturwissenschaftliche Dispute der Zukunft. Wie aber hielt es der wirkliche Kafka mit der Zukunftsfähigkeit seiner Texte? Auf die Deutungshoheit von literatur aus der Vergangenheit für die Gegenwart habe Kafka jedenfalls nie gesetzt, sagte Manfred Engel. Der Professor für Deutsche literaturwissenschaft am Queen’s College der Universität Oxford beleuchtete dieses Verhältnis in seinem Bei- trag „Franz Kafka und der Glaube an die literatur“. Trotzdem sei Kafka „ein Autor, der immerwährend literatur produziert“. Damit spielte Engel auf literarische Bezugnahmen moderner Autoren auf Kafka ebenso an wie auf Zeitungsartikel oder Texte der Sekundärliteratur. Allgemein jedoch scheine der Glaube an die literatur in der Gegenwart nicht sonderlich ausgeprägt zu sein. Das liege wohl auch am „grausamen Darwinismus der Medienvielfalt, in dem die literatur ihre Führungsposition eingebüßt hat.“ Natürlich ist Kafka ein Klassiker. Das war Konsens des Podiums bei der Antwort auf die Frage, die Sandra Poppe als Titel und leitthema der Tagung vorgegeben hatte. „Klassiker“, das meinte dabei nicht nur die Kanonisierung von Autor und Text, sondern auch die Rolle als Klassiker, „weil er immer wieder lesenswert ist und neue Erkenntnisse bietet“, sagte Ritchie Robertson. Dann landet Franz nach „Kafkawarten“ und „Kafkasitzen“ im Bahnhof endlich zusammen mit Max Brod in der Eisenbahn. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe Kafka geradezu als „Generalschlüssel der literaturwissenschaft gedient“, sagte Martin lüdke. Das habe sich bis heute allerdings grundlegend verändert, betonte der literaturredakteur des Südwest-Rundfunks aus Mainz in seinem Vortrag „Die laufrichtung hat sich geändert. Eine Befürchtung, Kafka betreffend“: An den literarischen Klassiker Kafka hätten sich jüngere Autoren wie Martin Walser und Wolfgang Hildesheimer in den 1950er Jahren sehr deutlich angelehnt, sagte lüdke – „davon haben sie sich erst später freigeschrieben.“ Parallel zu dieser Abnabelung hat sich offenbar auch die Rolle Kafkas in der öffentlichen Auseinandersetzung mit literatur verändert. Den übermächtigen Deutungsanspruch hätten Autor und Werk jedenfalls verloren, fasste lüdke das „evolutionslo- gische Pech Kafkas“ in der Rezeption des 20. Jahrhunderts zusammen. Chancen für eine produktive, spannende Auseinandersetzung mit dem Autor sah der SWR-Kritiker darin, das Verständnis von Kafka als „einem, der über sich selbst lachen konnte und auch über sich selbst lachte“ zu stärken. Im Kontext von Zeitgenossen wie Peter Altenberg und Robert Walser entstehe so ein neues Kafka-Bild. Dazu müssten aber noch immer Vorurteile in der literarischen Welt abgebaut werden: lüdke erinnerte an die Weigerung der Medien, Fotos aus der Sammlung Wagenbach zu zeigen, auf denen ein herzlich lachender Franz Kafka abgebildet ist. Der fröhliche Autor passte einfach nicht ins Bild vom literarischen Schmerzensmann und blieb deshalb unveröffentlicht. Kafka „ein Autor, der immerwährend Literatur produziert.“ Neue Aspekte in der Kafka-Forschung erhoffte sich Sandra Poppe auch vom intermedialen Ansatz: Das betreffe zunächst Kafkas eigenen Kinoblick und seine Bildbeschreibungen im Subtext. Umgekehrt böte aber auch die Adaption von Kafka und seinem Werk in Medien vom Film bis zum Comic reiches Material. Das lesepublikum solle Kafka ebenfalls unter diesem Blickwinkel wieder für sich entdecken, machte die Organisatorin der Tagung und Mitherausgeberin der Kafka-Ausgabe von Artemis & Winkler in ihrem Schlusswort Mut: Noch sei der „Mythos vom einsamen Kafka“ zwar präsent, aber selbst die Publikumsmedien nähmen im Jahr seines 125. Geburtstages die neue Sicht auf den Autor auf und trügen dazu bei, das Stereotyp aufzulösen. Nur Ortheils Schreibtrainer hat noch immer etwas an dem Autor auszusetzen: „Du bist mit Deinen Phantasien nicht bei der Sache“, rügt er den Schüler Franz, „das ist richtig schlimm.“ Hätte Kafka die Geschichte gehört, wahrscheinlich hätte er sich zusammen mit Referenten und Gästen von „Franz Kafka – Ein Klassiker?“ gut darüber amüsiert. Peter THOMAS n 21 Wissenschaft & Forschung Abb.: Wikimedia Commons Initiatorin der Tagung: Junior-Professorin Sandra Poppe Foto: privat Campus international „Ein Fenster zur Welt“ 60 Jahre Internationaler Sommerkurs Deutschlernende aus aller Welt können in Mainz ihre Sprachkenntnisse verbessern – und dazu die Region kennenlernen. Möglich macht’s der Internationale Sommerkurs der Johannes-Gutenberg-Universität. In diesem Jahr fand der 60. statt. Darüber sprach JOGU mit Rainer Henkel-von Klaß, seit 15 Jahren leiter der Abteilung Internationales, die den Sommerkurs organisiert. Foto: Rüdiger Mosler Interview JOGU: 60 – eine stolz Zahl, oder …? Henkel: Ja. Zu der 60 fällt mir zunächst ein: Kontinuität. Wir haben den Kurs fest verankert. Und: Die Universität führt ihn professionell durch. Das zeigen viele Dinge, unter anderem die Nachfrage. JOGU: Wie fing alles an? Henkel: Wenn man 60 Jahre zurückrechnet und an die Nachkriegszeit denkt und sich vergegenwärtigt, dass Mainz noch sehr vom Krieg gekennzeichnet war, dass Deutschland nicht hoch angesehen war, dann muss man feststellen: Dieser Kurs war damals ein erstes Fenster zur Welt. Die ausländischen Teilnehmer konnten sich ein Bild von einem wieder friedlichen Deutschland machen. JOGU: Wie hat sich der Kurs entwickelt, seitdem Sie dabei sind? arbeiten in Kleingruppen, selbst im Sprachunterricht sind es höchstens 15 leute. Rainer Henkel-von Klaß Grillfeste oder spontane Treffen. Ein internationales Buffet, für das die Teilnehmer etwas aus ihren ländern kochen, ist Teil der Abschlussfeier des Kurses. JOGU: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Kurs? Henkel: Wir versuchen unter anderem die Germanistik im Ausland zu stärken. Viele der Teilnehmer sind Germanisten in ihren ländern. Wir bieten ihnen nicht nur die Möglichkeit, ihre Deutschkenntnisse zu vertiefen, sondern sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, Seminare über deutsche Geschichte, landeskunde, Politik und Wirtschaft zu belegen und natürlich auch unser land kennenzulernen, im Besonderen natürlich Mainz und die Region hier. Ein weiteres Ziel ist: Wir nutzen die Kurse auch als Schnupperstudium. Ich merke immer wieder: Nach der Teilnahme an einem Kurs gibt es einige, die wieder kommen und dann länger bleiben, hier weiter studieren. JOGU: Welche kulturellen Unterschiede fallen besonders auf? Henkel: Man merkt natürlich schon Unterschiede. Zum einen merken das die lehrer, die sich auf Schüler einstellen müssen, die an sehr unterschiedliche lehr- und lernmethoden gewöhnt sind. Zum anderen passieren manche Dinge jedes Jahr wieder – und die haben auch etwas mit unterschiedlichen Normen zu tun. Bei den Japanern passiert zum Beispiel regelmäßig Folgendes: Sie bekommen am Anreisetag ihre Schlüssel fürs Wohnheim und gehen dann auf ihre Zimmer. (schmunzelt) Nur: Wenn zufällig keiner von uns dabei ist, kommen sie oft wieder zurück und sagen, mit den Türen würde etwas nicht stimmen. JOGU: Wer kann sich alles anmelden? JOGU: Und warum? Henkel: Die Kurse sind größer geworden, vor allem in den vergangenen Jahren. Die meisten Teilnehmer kommen aus Asien, aus Japan und China. Aber auch die Osteuropäer sind zahlreich vertreten. Das hängt sicher mit globalen Entwicklungen zusammen. Generell kann man sagen: Ins Ausland zu gehen ist selbstverständlicher geworden als früher – nicht nur aus Deutschland ins Ausland, sondern auch vom Ausland nach Deutschland. Henkel:Theoretisch kann sich jeder anmelden. Das Mindestalter ist 18. Es müssen also nicht nur Studierende sein. Der Kurs ist offen. Der älteste Teilnehmer war zum Beispiel um die 80. Klar, dass er kein Student mehr war. Wir haben auch oft Deutschlehrerrinnen oder -lehrer aus dem Ausland hier, die sich bei uns sprachlich und kulturell auf den neuesten Stand bringen möchten. JOGU: Wodurch zeichnet sich der Kurs aus? JOGU: Wie sieht das Rahmenprogramm aus? Henkel: Der Kurs zeichnet sich durch spezifische Merkmale aus. Ein Merkmal ist das differenzierte lehrangebot. Zweitens: eine sehr gute Betreuung der Teilnehmer; auch außerhalb des Klassenzimmers. Hinzu kommt die Professionalität der lehrer – unsere Sprachlehrer besitzen alle eine Deutschals-Fremdsprache-Ausbildung. Und schließlich: Wir Henkel: Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, eine Rheinfahrt zu unternehmen. Oder einen Ausflug nach Trier. Auch Städte hier im nähren Umkreis wie Bad Kreuznach oder Frankfurt stehen auf der Tagesordnung. Außerdem besuchen wir Unternehmen in der Region. Auch beim ZDF schauen wir rein. Dazu gibt es Stammtische, Stadtführungen, Sportgruppen, Henkel: (lacht) In Japan schließen die Schlösser genau anders herum: nach links zu und nach rechts auf … Das Gespräch führte Dimitri TAUBE n Information: Der 61. Internationale Sommerkurs findet statt vom 5. bis 29. August 2009. Unterricht, Unterkunft, Monatsticket und Versicherung kosten rund 850 Euro. Die Teilnehmer wohnen in den Wohnheimen des Studierenden-Werkes und haben die Möglichkeit, in der Mensa zu essen. Nach dem Kurs können sie noch für zwei Wochen in eine deutsche Familie gehen. Darüber hinaus gibt es seit 2004 auch einen Internationalen Herbstkurs. Der 6. Herbstkurs findet statt vom 2. bis 26. September 2009. Weitere Informationen im Internet unter www.uni-mainz.de/ferienkurs. Campus international Studierende im Rockhimmel Band auf Augenhöhe mit Szene-Größen Umwerfend, phänomenal, überwältigend: Drei Studenten der JohannesGutenberg-Universität haben in diesem Jahr Erfahrungen gemacht, die sie nie wieder vergessen werden. Mit ihrer Rockband „Mr. Virgin And His love Army“ spielten sie auf großen Musikfestivals wie Rock am Ring und durften sich wie echte Rockstars fühlen. Angefangen hatte alles im Frühjahr – mit einer Abstimmung im Internet. Nicht so hier, denn hier sind sie bei Rock am Ring, einem der populärsten Rockfestivals der Republik. Für die Gruppe ist es das erste Mal. Es ist gigantisch, sie genießt die Stunden. Ebenso ihre Begegnungen mit Star-Musikern hinter der Bühne; es sind lockere Begegnungen, auf Augenhöhe. Die Band heist „Mr. Virgin And His love Army“. Die Musiker stammen aus verschiedenen Ecken der Erde: Sänger Christopher W. Brando kommt aus den USA, Schlagzeuger Andi Atomic aus Deutschland, und Waldimir Waldewic, der Mann am Keyboard und am „Russian Percussion“, stammt aus Russland. Das Trio studiert an der Johannes-GutenbergUniversität. Die beiden anderen Bandmitglieder sind Gitarrist Nils Gunnarsson aus Schweden und Bassist Mörice Copper aus Kanada. Der Standort der Band ist Worms, dort befindet sich auch der Proberaum. Kennengelernt haben sich die Musiker beim Bowling in Schweden, seitdem bezeichnen sie ihren Rock-Stil als „Rock’n’Bowl“. Bei Rock am Ring durften sie im Sommer spielen, weil sie sich zuvor in einem Wettbewerb gegen andere durchgesetzt hatten. Das war im Frühjahr; da fing das Superjahr der Band an. Von 1.200 Bands, die sich für den Wettbewerb anmeldeten, wählte eine Jury 50 aus. Diese 50 stellten sich einer Abstimmung im Internet. Am Ende durften die 20 be- Foto: privat Alles ist größer als sonst, alles professioneller. Die fünf jungen Musiker staunen, sind beeindruckt und begeistert – vom Zelt, von der Bühne, vom Sound, einfach vom gesamten Ablauf. „Wow“, denken sie sich. Für sie ist das fast eine neue Welt. Denn normalerweise spielen sie in Clubs mit einem eher mittelmäßigen Sound, in Städten wie Bad Dürkheim oder Bensheim. „Mr. Virgin And His love Army“ auf Festivaltour chen zu können – und dann auch noch hinter den Kulissen auf Szene-Größen wie Danko Jones oder „The Hives“ zu treffen. Aber auch einige leute aus dem Business kennenzulernen und vielversprechende Kontakte zu knüpfen. sten am Nürburgring auftreten – darunter „Mr. Virgin And His love Army“. Bei Rock am Ring stand jede Gruppe zwölfeinhalb Minuten auf der Bühne. Wichtigstes Kriterium: Welchen Eindruck machen die Bands live? Eine Jury bestimmte danach die Top Ten – und auch da war die Band mit den Mainzer Studenten wieder dabei. Für die zehn Gewinner-Formationen hieß es: drei zusätzliche Auftritte bei Hurricane, Highfield und Area Four. Am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober standen sie in Berlin am Brandenburger Tor erneut auf der großen Bühne – der Höhepunkt des Jahres. Eine normale Band bekommt in der Regel keine Chance, einfach mal so auf diesen Festivals aufzutreten. Doch für das Quintett ging es sogar noch weiter: Die Band überzeugte so sehr, dass sie es unter die besten Drei des Wettbewerbs schaffte. Der lohn: Am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober standen sie in Berlin am Brandenburger Tor erneut auf der großen Bühne – der Höhepunkt des Jahres. Für „Mr. Virgin And His love Army“ war es eine wunderbare Erfahrung, auf Festivaltour zu gehen und Musik vor mehreren hundert Zuschauern ma- 23 Auf diese Weise ist aus der „love Army“ in der Zwischenzeit durchaus mehr geworden als eine „normale“ Studenten-Band, die nur so ein bisschen hobbymäßig und ganz nebenbei Musik macht. Andi Atomic spricht von „prägenden Erfahrungen“ und sagt: „Es war klasse, auch mal einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen zu werfen – phänomenal, so eine Möglichkeit bekommt man nicht oft.“ Die Band habe die Zeit sehr genossen und sei sich einig: „Wir wollen das noch einmal erleben, und darauf arbeiten wir hin.“ Innerhalb der Band habe sich vieles getan, und diesen Schwung wolle man jetzt nutzen, um professioneller zu werden. Ihre Motivation sei durch die Tour um hundert Prozent gestiegen. Andi Atomic: „Wir haben gesehen, dass wir mit unserer Art und unserer Musik ankommen, und jetzt wollen wir daran anknüpfen und uns weiterentwickeln.“ Komplett umkrempeln mussten die Fünf ihr leben nicht, es sind eher Kleinigkeiten, die sich verändert haben. Kleinigkeiten, die das Dasein als Band vereinfachen. Wenn sie künftig zum Beispiel zu einer Single ein Video drehen möchten, wissen sie jetzt, an wen sie sich am besten wenden sollen. Und ihre Erinnerungen kann den Jungmusikern sowieso keiner mehr nehmen. Wer weiß, vielleicht erzählen sie ja mal ihren Enkelkindern von diesem ereignisreichen Jahr 2008. Dimitri TAUBE n [JOGU] 206/2008 Kultur auf dem Campus Interview „Ich bin kein Monsterjäger“ Foto: Peter Thomas Legende vom Werwolf Der Kulturwissenschaftler Matthias Burgard hat die Sage vom „Morbach Monster“ untersucht. Außergewöhnlich an der im Hunsrück spielenden Werwolf-legende ist, dass sie keinen historischen lokalen Ursprung hat, sondern zuerst von US-amerikanischen Soldaten im 20.Jahrhundert erzählt wurde. Matthias Burgard ist der legende ganz genau auf den Grund gegangen. Im Gespräch mit der JOGU erzählte der 26 Jahre alte Doktorand der Kulturanthropologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von Werwölfen, Feldforschung im Hunsrück und im Internet sowie einem neuen Bild der eigenen Heimat. Vorgestellt: Matthias Burgard referierte über sein Forschungsprojekt anlässlich der Exkursion der Gesellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz in das Theodor-Zink-Museum Kaiserslautern. JOGU: Wann haben Sie eigentlich selbst zum ersten Mal von der Sage des „Morbach Monster“ gehört, Herr Burgard? über das Monster und prompt erscheint am selben Abend eine riesige, hundeartige Gestalt am Grenzzaun zum Munitionsdepot in Morbach. Burgard: Den Anstoß für das Forschungsprojekt gab ein Gespräch mit meinem Bruder an Halloween 2006 über Gruselgeschichten aus der Region. Da hörte ich von Werwolfssagen aus der Region und machte mich auf die Suche nach Belegen. So habe ich auf der Internetseite des amerikanischen Forschers D.l. Ashliman die Sage vom „Morbach Monster“ gefunden. JOGU: Sie kannten diese Sage vorher nicht? JOGU: Können Sie kurz zusammenfassen, worum es in der Sage geht? JOGU: Ihre Arbeit ist ein Stück klassisch-volkskundlicher Feldforschung, die Spurensuche im Wald haben Sie dabei ausgelassen? Burgard: Es handelt sich um eine Werwolfsage, nach der in Wittlich in historischer Zeit der letzte deutsche Werwolf getötet wurde. Seitdem brennt eine ewige Kerze in einem Schrein, bei deren Erlöschen der Werwolf wieder erscheint. In der Sage entdecken amerikanische Soldaten auf dem Weg zum Stützpunkt die erloschene Kerze, scherzen [JOGU] 206/2008 Burgard: Nein, obwohl ich aus der Region stamme, war die Sage für mich neu. Das hat mein Interesse besonders geweckt. Und als ich ein Thema für meine Magisterarbeit suchte, hat mich der Gedanke immer mehr begeistert, die Sage vom „Morbach Monster“ zu erforschen. Burgard: Ja – ich bin schließlich kein Monsterjäger. Die Feldforschung stand zunächst im Mittelpunkt, wobei ich neben der persönlichen Befragung auch stark auf das Internet als Kontaktmedium setzen musste. Denn es zeigte sich schnell, dass diese Sage in den betroffenen Gemeinden Morbach und Witt- 24 lich bei der Bevölkerung überhaupt nicht bekannt ist. über Web-Foren und von Bekannten vermittelte Kontakte gelang es mir dann aber, amerikanische Soldaten zu befragen. Und während bei 27 Befragungen in Morbach sowie 35 Gesprächen in Wittlich kein einziger Interviewpartner die Sage kannte, kannten sechs von 24 amerikanischen Soldaten das „Morbach Monster“. JOGU: Hatten Sie dieses Ergebnis erwartet? Burgard: Es bestätigte jedenfalls meine Hypothese, dass es sich hier um eine amerikanische Soldatensage handelt. In meiner Arbeit, die jetzt als Monografie erscheint, habe ich die Sage deshalb in der klassischen Soldatenfolklore und der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts verortet. JOGU: Wie spielen der Werwolfglaube, Soldatensagen und diese Zeit denn zusammen? Burgard: Es gibt zum Beispiel die paramilitärischen deutschen „Werwolf“-Gruppen, die zum Ende des Kultur auf dem Campus Zweiten Weltkrieges die amerikanischen Truppen aus der Bevölkerung oder aus dem Hinterhalt im Wald heraus angreifen sollten. Strategisch hatte das kaum eine Bedeutung, aber die psychische Belastung für die Soldaten durch diese diffuse Gefahr war umso größer. Ich gehe davon aus, dass dieses Motiv sich auch in der Sage des Morbach Monster wiederfindet. Ansonsten treffen wir hier auf die klassischen Elemente von Soldatenfolklore: Die Sage stärkt die Identität der Gruppe und warnt vor der gefährlichen Fremde im Auslandseinsatz. Die lust am Gruseln, die Fokussierung diffuser Angst und die Möglichkeit zur Kompensation der komplexen lebenswirklichkeit charakterisieren allgemein das Genre der Schauersagen. JOGU: Haben Sie sich bei ihrer Arbeit eigentlich an Vorbildern aus der Volkskunde orientiert? Burgard: Oh ja. Wichtige Anregungen hat mir auf jeden Fall der mittlerweile verstorbene Erzählforscher lutz Röhrich gegeben. Röhrich war der erste Professor für Volkskunde in Mainz. Auch von Matthias Zender und seinen Aufzeichnungen aus der Eifel habe ich mich inspirieren lassen. JOGU: Verfolgen Sie das Thema Sagenforschung nun weiter? Burgard: Ich werde im Wintersemester das Proseminar „Moderne Sagen“ anbieten und möchte da- bei mit den Studierenden wenn möglich moderne regionale Sagen sammeln. Meine Dissertation beschäftigt sich aber mit einem ganz anderen Thema: Dem Heimwehtourismus russlanddeutscher Spätaussiedler. Das Gespräch führte Peter THOMAS n Information: Burgards Monografie „Das Monster von Morbach“ erscheint im Winter 2008 im Waxmann Verlag als Band in der Reihe „Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie / Volkskunde“ der Gesellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz JOGU: Glauben Sie denn selbst an den Werwolf? Burgard: Nein. Aber beim Spaziergang im Hunsrücker Wald stellte ich doch fest, dass sich mit dem Hintergedanken an die Sage mein eigenes, unterbewusstes Bild dieses Ortes ein wenig zur amerikanischen Perspektive hin verändert hat. Das individuelle kulturelle Bild einer landschaft kann sich eben durch Einflüsse wie Sagen ändern – das erlebt man am eigenen leib. Die Sage vom Morbach Monster Hast Du je vom Morbach Monster gehört? Ich habe die Sage kennen gelernt, als ich auf der luftwaffenbasis Hahn in Deutschland stationiert war. In Morbach war das Munitionsdepot untergebracht, etwas außerhalb der Kleinstadt Wittlich. JOGU: Hat Ihre Arbeit die Einwohner von Wittlich und Morbach eigentlich stärker auf die Sage aufmerksam gemacht? Wittlich gilt übrigens als letzte Stadt, in der ein Werwolf getötet wurde. Es gibt da einen Schrein etwas außerhalb der Stadt, in dem immer eine Kerze brennt. Nach der legende wird der Werwolf zurückkehren, wenn die Kerze jemals erlischt. Burgard: Bisher haben ein oder zwei Morbacher schon großes Interesse gezeigt, und die Medien werden gerade neugierig auf die Geschichte. Dabei gibt es schon länger Verbindungen zwischen der Sage und dem leben in der Region, die aber nicht kollektiv bewusst gewesen sind. So heißt zum Beispiel das lokale American Football-Team „Morbach Monsters“, und das logo der Mannschaft zeigt auch einen Werwolf mit blitzenden Augen und leuchtendem Fang. Der Name stammt vom Coach der Footballer, der als FantasyFan die Sage kannte, aber selbst nicht aus Morbach stammt. Eines Abends war eine Gruppe von Sicherheitspolizisten auf dem Weg zu ihrem Posten in Morbach, als sie entdeckten, dass die Kerze im Altar erloschen war. Alle machten daraufhin Scherze über das angebliche Monster. Später in derselben Nacht lösten Sensoren am Grenzzaun Alarm aus. Als die Sicherheitsleute dem Alarm nachgingen, sah einer von ihnen eine große, „hundeartige“ Gestalt, die sich auf ihre Hinterläufe stellte, ihn ansah und über den drei Meter hohen Maschendrahtzaun sprang. Ein Wachhund des Militärs wurde an die Stelle geführt, an der die Kreatur zum letzten Mal gesehen wurde, aber der Hund wurde panisch und weigerte sich, die Spur zu verfolgen. Das geschah um das Jahr 1988. (übersetzung der englischen Fassung, die D. l. Ashliman 1997 per E-Mail zugetragen wurde.) logo des lokalen American FootballTeams „Morbach Monsters 25 [JOGU] 206/2008 Kultur auf dem Campus Fotos: privat Alice im Wissenschaftsland Stefanie Ohler präsentierte eine ironisch-kritische Installation Mit einer ungewöhnlichen Examensausstellung machte Stefanie Ohler auf sich aufmerksam. Die Absolventin der Mainzer Akademie der Bildenden Künste verwandelte einen Raum der „Alten Chemie“ in ein Panoptikum ironisch interpretierter Wissenschaftsgeschichte. Mit medialem Geschick und unter Verwendung literarischer und kunsttheoretischer Zitate konnte Ohler mit einer spielerisch-installativen Arbeit von hoher Komplexität überzeugen. Künstlerin Ohler im look der „Golden Twenties” Auf der Tapete mit wogenden Barockrosen treibt das Frauenporträt, gold gerahmt im goldenen Blumenmeer. Verfremdung kraft historischer Pose: Im look der „Golden Twenties“ posiert die frisch gebackene Absolventin der Mainzer Akademie. Stefanie Ohler hält Kafkas Käfer auf dem Schoß, so scheint es, doch eigentlich handelt es sich um ein papierenes Artefakt aus eigener Produktion, um ein embryogroßes Collembola, ein eigentlich millimetergroßes Insekt also. Das Gruppenbild mit moderner Madonna fungierte als Einladungskarte zur Examensausstellung. Verlockungen in den Heiligen Hallen der Wissenschaft: Stefanie Ohler präsentierte ihre ironisch-kritische Installation im Raum 00247 der inzwischen kaum noch genutzten, weil dem Abriss geweihten „Alten Chemie“, Jakob-Welder-Weg 15. Und kommentierte: „Dass es soviel geballte Atmosphäre überhaupt noch gibt, ein Haus von solch’ abseitigem Charme.“ Recht hat sie. Wer durch die Glastür geht, passiert die Epochengrenze. Eigentlich fehlt nur ein Plakat mit der Aufschrift „Welcome in Pleasantville“. Eintauchen in die Fifties. Was für ein Mobiliar! Dezent lackierte Einbauschränke im seinerzeit eleganten Eierschal-Ton. Rokokohaft fragil die Treppenspindel unterm lichtschacht. Klackern da nicht Stöckelschuhe, schwingen da nicht Petticoats? Kommt nicht eben jetzt ein Gutteil einer vergangenen Studierendengeneration aus der Vorlesung, sich untereinander siezend und in Edel-Klamotten, opernhaft und opernfein? [JOGU] 206/2008 Besser keine Begegnungen der dritten Art! Zumal hinter der linkerhand sich öffnenden Eisentür die Zone der Warnschilder und der Sicherheit beginnt. Dass der laser in Betrieb ist, wenn die lampe leuchtet, gilt für Raum 00247 allerdings schon lange nicht mehr. Dass das Kunst-Werk arbeitete, wenn die Tür zum goldenen labyrinth sich öffnete, war in diesem Herbst allerdings umso wahrscheinlicher. „Dass es soviel geballte Atmosphäre überhaupt noch gibt, ein Haus von solch’ abseitigem Charme.“ Von April bis September war Stefanie Ohler aktiv: Sie zog in den schwarzen, von wissenschaftlichem Gerät bereits befreiten Raum Wände ein. Eine Miniaturwohnung im Stile der – genau: Fünfziger – konnte entstehen, mit antiquierten Seidentapeten im Goldton, mit Frottee-Sesseln und Tütenlampen im Stern-Dekor. Dank der Fundquellen „Großmutters Dachboden“, „Flohmarkt“, „Ebay“ und dank der Trouvaillen von Freunden. Eintreten in ein mit Merkwürdigkeiten angefülltes Wohngewebe. Konfrontiert sofort mit einer denkwürdigen Ahnengalerie – hatte die Künstlerin doch das Wort von der Adlernase greifvogelhaft-wörtlich genommen. Und so schaute mit komischer Würde unser Vorfahr, der Kondor, auf uns herab. Wir flüchteten uns in die Nahsicht und griffen zur ausliegenden lupe – um eine mit feenartigen Flügeln 26 ausgestattete Spinne zu bestaunen. Wir schüttelten eine im Wohnzimmerregal lauernde Wasserkugel, so dass hunderte von Bienenflügeln ihren schimmernden Schwebetanz vollführen konnten. Wie wundersam-irritierend das alles! Und weiter im Wohntext. Fernsehgucken gefällig? Wie wär’s mit einer Fledermaus, hin- und herirrend im allzu engen Käfig – eine schmerzhaft berührende Choreographie der Orientierungslosigkeit, stilecht in antikem Schwarzweiß auf einen Screen der Fifties gebannt, der Film wenige Meter weiter dann als auf Zelluloid, pardon, DVD gebrannte Performance wiederholt, mit der Erfinderin der Wohnwelt 00247 in der Hauptrolle. Nach dem Medienerlebnis jetzt doch Hunger? Im Esszimmer war der Tisch gedeckt, mit leise murmelnden Käfermumien. Sie schienen zum Blick ins Archiv aufzufordern – dort fanden sich verkleinernd fotografierte Menschenhände, aufgespießt, Schmetterlingspräparaten gleich. Das nächste Zimmer: In der grünen Kammer rotierte ein Mobilee mit nur einem Ausstattungs-Gegenstand: einem ausgestopften Vogel, der, in Rückenlage aufgebahrt, die Flügel über der Brust gekreuzt, in unfreiem Fluge seine Endloskreise zog. Im Esszimmer war der Tisch gedeckt, mit leise murmelnden Käfermumien. Was für ein Panoptikum! Die Verunsicherung des Besuchers, die sich auch in dem Gefühl Bahn brach, sich einer Mischwelt aus Kafkas Novellen, Alice im Wissenschaftsland, Hitchcocks Vögeln und dem wahnsinnigen Traum eines übermächtigen Big Brother zu befinden, war gewollt. Wissenschaft & Forschung Stefanie Ohler – welche ihre Kunstwelt übrigens aus bereits vorhandenen Präparaten zusammensetzte – wendet sich nicht gegen diese Deutung, reklamiert für ihre Arbeit jedoch inhaltliche Offenheit. Dem widerspricht nicht, dass sie im Katalog wiederholt Ilja Kabakov zu Wort kommen lässt. Allerdings enthält der Katalog Ohlers durchaus literarische Kommentare. Diese bestehen aus Zitaten, welche der die Examenszeit prägenden Lektüre entnommen sind. Viele Auszüge entstammen Winfried Georg Sebalds (1944-2001) essayistischer Fiktion „Ringe des Saturn“. Beim Text des vor dem verdrängenden Schweigen der deutschen Nachkriegsgesellschaft nach England emigrierten Germanisten handelt es sich um einen fiktiven Reisebericht, welcher nicht nur Länder und Bildwerke, sondern auch Lebende und Tote in ein oszillierend-dialogisches Verhältnis setzt. Dazu passen die Katalog-Passagen, die von „Schrödingers Katze“ und damit von dem quantenphysikalischen Problem an und für sich handeln, von dem nicht auszuschaltenden Einfluss der Beobachtung nämlich auf den Ablauf des experimentalen Geschehens. Allerdings enthält der Katalog Ohlers durchaus literarische Kommentare. Diese bestehen aus Zitaten, welche der die Examenszeit prägenden Lektüre entnommen sind. Stefanie Ohler geht es um eine die Wahrnehmung des Besuchers einbeziehende Polyperspektive, um die subjektive Beobachtungsfähigkeit des Betrachters, welche der Wirklichkeit jene Komplexität zuerkennt, welche die Realität des Seins ja tatsächlich besitzt. Kabakov, Jahrgang 1933, gehörte bekanntlich zu den sowjetischen Dissidenten. Zu jenen Künstlern des Untergrundes also, die mit ihren Arbeiten die Sowjetideologie ad absurdum führten. Bis heute bauen Ilja Kabakov und seine Frau Emilia, als mittlerweile in New York lebendes Team zu weltweitem Starruhm gekommen, historisch konnotierte Erlebnisräume nach. Im Wiesbadener Museum symbolisiert ein roter Eisenbahnwaggon Aufstieg und Fall der Sowjetunion. In Essen planten die Kabakovs für das Zechengelände die Errichtung einer „Utopischen Stadt“, deren Theater Dante, Wagner und Tschaikowsky gewidmet sein sollten. 1998 realisierte das Künstlerpaar das Bremerhavener Auswandererdenkmal „The last Step“ – jenen einem historischen Auswandererheim nachempfundenen Kubus, der das Fühlen der Menschen zu beherbergen, ja gar zu bergen scheint, die im 19. Jahrhundert ihre Heimat verließen. Zur Beglaubigung eben jener Individualität druckt die junge Künstlerin Tagebuchpassagen ab, mischt Texte eigenen Erlebens unter das sich lesend Angeeignete. Wer etwa, so konnte man sich fragen, würde ein solches Labyrinth bewohnen (wollen)? Ein uns selbst zeitweise gar nicht so unähnlicher Wissenschaftler, welcher mehr Wagner als Faust, mehr Archivar denn inspirierter Forscher ist oder war? Dessen Hingabe an das Insekt(ische) in die Nähe der Psychose rückt(e) – und der den Traum der Freiheit dennoch träumt(e) – wenn phantastisch-künstliche Objekte wie das einer geflügelten Spinne denn von der Macht und Kraft der Utopie künden können? Die Kabakovsche Auffassung des Themas Installation scheint mit der Arbeit Stefanie Ohlers zu korrespondieren. Anders als Kabakov jedoch stellt Stefanie Ohler ihrer Arbeit keinen eindeutigen Begleittext zur Seite. Keine historische Erklärung und keine (ebenfalls Kabakov-typische) fiktive BegleitBiografie, welche das Kunstwerk dezidiert als Lebensraum einer literarischen Figur ausweist. Rückweg in den Out-Door-Bereich. Vorbei an Schrankfächern, deren Beschriftungen Ionenaustauscher, Ofenbauteile, Selbstklebende Alufolien, Luftfilter und, nicht gerade präzise, „Chemikalien“ auflisten, vorbei auch an den Anzeigen am Schwarzen Brett. „Let Life Sciences meet you“ stand da zu lesen. Und man war nach dem Besuch dieser Ausstellung versucht, den Rotstift zur Hand zu nehmen und das Wort „Sciences“ durchzustreichen. Auf dass das Persönliche sich wehre gegen einen antiquierten Wissenschaftsbegriff, der alle Phänomene der Lebendigkeit als etwas zu Kategorisierendes begreift. Ulrike Brandenburg n 27 Foto: Peter Thomas Kultur auf dem Campus 400 Jahre Zeitungsgeschichte Auswahl bildet den deutschen Journalismus ab Vier Jahrhunderte Zeitung: Diesem Thema widmet sich die neue Ausstellung im Journalistischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die 31 Titelseiten historischer Zeitungen aus der Zeit seit 1609 stammen aus dem Deutschen Zeitungsmuseum der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Manchmal sind alte Schlagzeilen richtig gute Nachrichten. Das gilt zumindest im Treppenhaus des Journalistischen Seminars der Johannes GutenbergUniversität Mainz, wo seit Juni eine Auswahl historischer Titelseiten aus der Sammlung des Deutschen Zeitungsmuseums in Wadgassen gezeigt wird. Das Motto „400 Jahre Presse“ macht deutlich, dass auch in der Zeit digitaler Informationsströme die Zukunft des Journalismus auf einem soliden historischen Fundament der bewusst gemachten Herkunft ruht. Frisch geweißter Putz als Hintergrund, eine lockere Hängung mit ansprechender Beschriftung – insgesamt 31 Exponate sind auf diese Weise entlang der Treppe vom Erdgeschoss in den ersten Stock an den Wänden der Domus Universitatis zu sehen. Allerdings hat Dr. Roger Münch, Direktor des Zeitungsmuseums, keine Originale nach Mainz geschickt. Vielmehr zeigt die Ausstellung Reproduktionen, die mit moderner Technik – zumeist Kaltlichtscans – hergestellt worden sind. In der museumseigenen Werkstatt sind diese Scans als detailgetreue Reproduktionen gedruckt und auf Karton aufgezogen worden. Bewusst hat Münch, der in den 1990er Jahren Buchwissenschaft in Mainz lehrte und das Zeitungsmuseum von 1997 an aufbaute, die Formate der Vorlagen nicht verändert. Deshalb erscheinen dem heutigen [JOGU] 206/2008 Einmalige Chance: Die Auswahl bildet den deutschen Journalismus ab Betrachter vor allem die frühen Nachrichtenblätter seltsam klein, während wenige Meter weiter die Seiten zeitgenössischer Qualitätszeitungen im nordischen Format hängen. „Alles andere hätte Charakter und Tonwerte der Originale aber nicht korrekt wiedergegeben“, betonte der Museumsdirektor bei der Eröffnung der Ausstellung. Schon wer die Chronologie der Zeitungsgeschichte von hinten aufrollt und die erste Titelseite der FAZ aus dem Winter 1949 mit dem heutigen Auftritt des Blattes vergleicht, kann die Umbrüche erahnen, die das Medium Zeitung in diesen knapp 60 Jahren erlebt hat. Umso größer fällt der Sprung natürlich von heute zu den Pionieren des Mediums wie der weltweit ersten Zeitung, der Straßburger „Relation“, aus. Dieses erstmals 1605 gedruckte Blatt ist in der Mainzer Schau mit einer Seite von 1609 vertreten. „Der Rückblick auf 400 Jahre Zeitung zeige auch, dass Journalisten ein gutes Stück gesellschaftliche Verantwortung übernehmen müssen.“ Wirtschaftsnachrichten und Glamour, Politik und Satire, politischer Widerstand und rassistische Hetze: Die Bandbreite der Ausrichtungen, Inhalte und Formen zeigt die Zeitung als ein Medium mit vielen – auch dunklen – Facetten. „Diese Auswahl bildet den deutschen Journalismus ab, sie demonstriert den Mut von Autoren ebenso wie Verbrechen“, sagte denn auch Professor Dr. Karl Nikolaus Renner zur Eröffnung der Schau. Die Ausstellung sei durch die großzügige Kooperation des Deutschen Zeitungsmuseums eine „einma- 28 lige Chance“ für das Journalistische Institut, betonte Renner, der die Professur für Fernsehjournalismus innehat. Denn der Rückblick auf 400 Jahre Zeitung sei nicht nur ein historisches Dokument, sondern zeige auch jedem Studierenden am Seminar, dass Journalisten ein gutes Stück gesellschaftliche Verantwortung übernehmen müssen: Also genau nicht so wie in der 1847 erschienenen Karikatur der „Guten Presse“, wo die Redakteure am Gängelband der maulwurfsblinden Regierung und ihrer Zensoren einher trotten. Das Drucken im Bleisatz lernt zwar heute niemand mehr in der Domus Universitatis. Dafür spielt der handwerkliche Aspekt des Zeitungmachens am Computer im Studium eine wichtige Rolle. Grund genug, sich in der Ausstellung durch historische Illustrationen auch dem Aspekt der Produktion zuzuwenden. Und Mainz als Heimatstadt Gutenbergs lädt ja sowieso dazu ein, den Fokus der Mediengeschichte auf die Bedingungen und Techniken der Herstellung zu richten. So berichtet die Ausstellung eben nicht nur von 400 Jahren Zeitungen, Flugblättern und Generalanzeigern, von konservativer Tagespresse und der Geburt des modernen Boulevardblatts in Deutschland, sondern betrachtet auch die Technikgeschichte der Zeitung. Von der Setzerei des 17. Jahrhunderts über die Einführung der Rotationsdruckmaschine bis zur linotype-Zeilensetzmaschine und dem Andruck der ersten „Bild“-Ausgabe am 24. Juni 1952 reichen diese Beispiele. So erzählen die Darstellungen nicht nur vom technischen Fortschritt, sondern auch von der zunehmenden Beschleunigung eines im 17. Jahrhundert geborenen Mediums. Peter THOMAS n www.uni-mainz.de JOGU: Die gegenwärtigen wettbewerbsrechtlichen Rahmensetzungen scheinen kaum geeignet, um den Konzentrationstendenzen auf Märkten für digitale Netzwerkgüter, wie dem Softwaremarkt, zu begegnen. Sie zeigen das in Ihrer Dissertation am Beispiel von Microsoft auf. Sohns: Ja, der fast neunjährige Rechtsstreit zwischen der Europäischen Kommission und Microsoft, der erst im September 2007 beendet wurde, zeigt erneut, dass die Wettbewerbsbehörden der westlichen Industrieländer den spezifischen Wettbewerbsproblemen der New Economy nahezu ohnmächtig gegenüber stehen. Insbesondere die lange Dauer, bis die wettbewerbspolitischen Instrumente – wie die Missbrauchsaufsicht – greifen, birgt erhebliche Gefahren für den Wettbewerb auf schnelllebigen Märkten wie dem Softwaremarkt. stellung einer hinreichenden Kompatibilität mit den Windows Betriebssystemen erforderlich sind. Zum anderen wurde Microsoft die seit einiger Zeit praktizierte Kopplung des Microsoft Media Players mit dem Betriebssystem Windows untersagt. Im September 2007 bestätigte das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) nach fast dreieinhalb Jahren die Entscheidung der EU-Kommission ganz überwiegend in den drei Punkten, die von Microsoft angefochten wurden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Auflage zur Offenlegung der detaillierten Schnittstellenspezifikationen und somit zur Sicherstellung einer Interoperabilität. Auch die verhängte Geldbuße blieb in ihrer Höhe unangetastet. Microsoft kündigte noch im September 2007 an, nicht in Interview Wie begegnet man den Konzentrationstendenzen auf dem Softwaremarkt Für ihre beeindruckende Dissertation „Monopolisierungstendenzen bei Netzwerkgütern: Wettbewerbspolitische Analyse mit Microsoft-Problematik“ erhielt Dr. Anne Sohns den Preis der Peregrinus-Stiftung. Anne Sohns entwickelte in ihrer Dissertation praktische Handlungsempfehlungen für die Wettbewerbspolitik beim Umgang mit Märkten für digitale Netzwerkgüter (wie Software). Heute arbeitet Anne Sohns als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Monopolkommission, einem unabhängigen Beratungsgremium der Bundesregierung für Fragen der Wettbewerbspolitik. Im Rahmen ihrer Tätigkeit betreut sie federführend die Stellungnahmen der Kommission zu den Wettbewerbsentwicklungen auf den Energiemärkten. Foto: privat Chancen für den freien Wettbewerb Dr. Anne Sohns Berufung zu gehen. Vielmehr wolle das Unternehmen den Auflagen nachkommen. JOGU: Mit der zunehmenden Bedeutung digitaler Netzwerkgüter wie dem Internet, B2B-Plattformen und Standardanwendungssoftware entstehen ganz neue Gefahren für den Wettbewerb auf den entsprechenden Märkten. Welche spezifischen Probleme sind das? Sohns: Märkte für digitale Netzwerkgüter, wie sie im Bereich der New Economy vorzufinden sind, weisen in vielen Fällen deutliche Tendenzen zur Monopolisierung auf. Nicht selten ist ein auf diesen Märkten entstandenes „Quasi-“Monopol auch von Dauer, obwohl diese Märkte ein vergleichsweise JOGU: Können Sie uns kurz den Hintergrund schildern und den gegenwärtigen Stand des Verfahrens aufzeigen? Sohns: Die Kommission sah es im Jahr 2004 als erwiesen an, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung im PC-Betriebssystemmarkt missbraucht, um seine Marktmacht auf angrenzende Märkte wie den Markt für Media Player und ServerPC-Betriebssysteme zu übertragen. Neben einem Rekordbußgeld von 497 Millionen Euro erließen die europäischen Wettbewerbshüter zwei einschneidende Verhaltensauflagen: Zum einen musste Microsoft die Schnittstellen offen legen, die zur Her- 29 [JOGU] 206/2008 www.uni-mainz.de hohes Maß an Innovationsdynamik aufweisen. Der Innovationsdruck ist bei Gütern der New Economy besonders hoch, weil diese Güter aufgrund ihrer Immaterialität keine Verschleißerscheinungen aufweisen. JOGU: Unter welchen Voraussetzungen können sich dauerhafte Vermachtungen herausbilden? Sohns: Anders als bei „normalen“ Gütern liegt die primäre Ursache für die Konzentrationstendenzen auf Märkten für Netzwerkgüter weder in den Verhaltensweisen der Anbieter noch in den angebotsseitigen Größenvorteilen. Vielmehr sprechen diverse, in meiner Arbeit näher herausgearbeitete Indizien dafür, dass die Konzentrationstendenz primär durch den nachfrageseitigen Wunsch nach einem möglichst großen Netzwerk an Nutzern des gleichen Programms beziehungsweise der gleichen Plattform hervorgerufen wird. Dieser Wunsch lässt sich darauf zurückführen, dass der Nutzen der Nachfrager mit zunehmender Netzwerkgröße steigt – ein positiver Netzwerkeffekt entsteht. So erhöht es den Nutzen des Anwenders eines Textverarbeitungsprogrammes, wenn auch andere Personen dieses Programm nutzen, da er mit diesen gegebenenfalls Dateien austauschen kann. Zwar sind Netzwerkeffekte kein neues Phänomen des Computerzeitalters, sie treten zum Beispiel auch bei der Nachfrage nach Telefondienstleistungen auf. Jedoch entfaltet sich die konzentrationsfördernde Wirkung offensichtlich insbesondere bei virtuellen Gütern, da hier in vielen Fällen ein Netzwerk auf einem proprietären Standard eines Anbieters beruht. Dies lässt sich wiederum darauf zurückführen, dass der Anbieter einer Software im Prinzip jede beliebige Marktnachfrage bedienen kann. Die Software lässt sich in jeder gewünschten Geschwindigkeit vervielfältigen. Anbieter von physischen Gütern können die stark ansteigende Nachfrage in der Wachstumsphase, wie sie für Netzwerkgüter charakteristisch ist, in der Regel nicht alleine bedienen und entscheiden sich daher häufig, wie zum Beispiel bei VHS-Videosystemen, für eine lizensierungsstrategie. JOGU: Sie zeigen in Ihrer Dissertation die Auswirkungen von Netzwerkeffekten auf und wie durch spezifische Rahmensetzungen dazu beigetragen werden könnte, vermachtete Märkte zu öffnen. auf Märkten für Netzwerkgüter vorgehen können, wenn sie die marktstrukturellen Besonderheiten auf diesen Märkten in ihrer Komplexität kennen, ist ein erstes zentrales Ziel meiner Studie, die Auswirkungen von Netzwerkeffekten auf den Wettbewerb detailliert zu analysieren. Aufbauend auf dieser Analyse ist das zweite zentrale Ziel der Studie, der Wettbewerbspolitik praktische Handlungsempfehlungen beim Umgang mit Märkten für Netzwerkgüter zu geben. JOGU: Sie haben in Ihrer Dissertation deshalb ein eigenes wettbewerbspolitisches Konzept zur lösung des Problems entwickelt. Sohns: Das Konzept besteht zunächst aus dem weichen marktstrukturpolitischen Instrument des „Senkens der Marktzutrittsschranken auf verfestigtvermachteten Märkten für Netzwerkgüter“. Ich habe mich für dieses Instrument entschieden, weil ich zu dem Ergebnis kam, dass der Wettbewerb um eine temporäre Monopolstellung unter den zuvor analysierten Voraussetzungen die typische Wettbewerbsform auf Märkten für digitale Netzwerkgüter ist. Diese Form des Wettbewerbs kann wie im Fall des Client-PC-Betriebssystems Microsoft Windows durch hohe Marktzutrittsschranken marktstrukturell unterdrückt werden. Deshalb liegt es auf der Hand, dass die Wettbewerbspolitik an eben diesen Marktzutrittsschranken ansetzen muss. Im konkreten Fall von Microsoft Windows habe ich eine Ex-anteOffenlegung und Dokumentation der Windows Schnittstellen gefordert. Dieses Konzept lässt sich durch eine ergänzende Ex-ante-Kontrolle von wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen komplettieren, um so auch gegebenenfalls verhaltensbedingte Marktzutrittsschranken zu unterbinden. Diese lösung hat zwei wesentliche Vorteile: Erstens wirkt sie im Vergleich zu den herkömmlichen wettbewerbspolitischen Instrumenten ursachenadäquat. Zweitens ist durch den Ex-ante-Charakter ein zeitkritisches Eingreifen möglich, wodurch die aufgezeigten Ineffizienzen, eines über Jahre andauernden Verfahrens weitestgehend vermieden werden können. Das Gespräch führte Maria COlOMBO n 206/2008 Freitag, den 08.05.2009 Freitag, den 05.06.2009 Freitag, den 26.06.2009 Freitag, den 17.07.2009 Freitag, den 18.09.2009 - evtl. Feriensitzung Die Sitzungen finden im Sitzungszimmer der Naturwissenschaftlichen Fachbereiche (Johann-Joachim-Becher-Weg 21, 7.Stock) statt und beginnen jeweils um 13.00 Uhr. Blutspenden in der Uni Spendeort Johannes Gutenberg-Universität Mainz, linke Aula, Alte Mensa, Becher-Weg 5 Information Tel. 0 61 31/17-32 16 oder 32 17 Termin Dienstag, den 2. 12. 2008 Sohns: Im Bewusstsein, dass die wettbewerbspolitischen Entscheidungsträger nur dann adäquat gegen die Ursachen der Wettbewerbsbeschränkungen [JOGU] Sitzungstermine des Senats Sommersemester 2009 Spendezeiten 8.30 bis 14.00 Uhr 30 Personen & Positionen Kardinal Karl Lehmann Karl lehmann, in Hohenzollern (Sigmaringen) am 16. Mai 1936 geboren, nahm im Sommersemester 1956 das Theologiestudium in Freiburg/Brsg. auf. Von dort wechselte er 1957 nach Rom. Seine Studien mündeten zunächst in seiner Promotion in Philosophie an der Pontificia Universitas Gregoriana mit einer Dissertation zum Thema: Vom Ursprung und Sinn der Seinsfrage im Denken Martin Heideggers: Versuch einer Ortsbestimmung. Es schlossen sich weitere theologische Studien an. Zugleich wurde lehmann unmittelbarer Zeuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Seit Juni 1964 war lehmann wissenschaftlicher Assistent von Karl Rahner SJ am Institut für christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie der Universität München und wechselte mit diesem dann 1967 nach Münster. Am 10. Juni 1967 erfolgte lehmanns theologische Promotion, ebenfalls in Rom, mit einer Dissertation zum Thema: Auferweckt am dritten Tage nach der Schrift. – Exegetische und fundamentaltheologische Studien zu 1 Kor 15,3b-5. Das Prädikat lautete erneut „summa cum laude“. Seit November 1967 von der Assistententätigkeit befreit, begann lehmann, betreut von Rahner als DFG-Stipendiat mit der Arbeit an seiner Habilitationsschrift zum Thema: Die Verborgenheit Gottes und der Begriff der Offenbarung. Zwar kam das Habilitationsverfahren nicht zum Ende, doch sprach sich für lehmann unter anderem kein Geringerer als tor des Propädeutisch-Dogmatischen Seminars. Mit seiner Antrittsvorlesung über das Thema „Die dogmatische Denkform als hermeneutisches Problem“ stellte er sich am 12. Juni 1969 der Universitätsöffentlichkeit vor. Die regulären Vorlesungen hielt er dann in Hörsaal 9 (Forum 7, EG), im Wintersemester 1970/71 in Hörsaal 15. Die Auswahl der Themen markiert den Wendepunkt, an dem Theologie und Kirche in dieser Zeit standen: Theologie der Gnade, Grundzüge der Ekklesiologie, Amt und Autorität in der Kirche, Theologie der Sakramente, Aktuelle Grundfragen aus der Theologie der Sakramente, Problematische Grundbegriffe der modernen systematischen Theologie, Fragen der „Politischen Theologie“, Fundamentalhermeneutik des katholischen Glaubensverständnisses. In den Seminaren vertiefte lehmann die Themen der Vorlesung. Hier setzte er sich mit „Hans Küngs lehre von der Kirche“ auseinander und ging auf die „Demokratisierung in der Kirche“ ein. Foto: privat Vor 40 Jahren zum Professor ernannt Am 4. November 2008 jährt sich die Ernennung von Karl lehmann zum Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zum vierzigsten Mal. Dieses Datum ist Anlass für einen kurzen Rückblick auf die Zeit der ersten Tätigkeit des späteren Mainzer Bischofs und Kardinals als „ordentlicher öffentlicher Professor“, so die damalige übliche Bezeichnung für den Inhaber einer Professur. Karl lehmann 1973 an der Mainzer Universität Joseph Ratzinger in einem Gutachten aus. Erwähnung verdient auch, dass lehmann, damals erst 32 Jahre alt, bereits ein beeindruckendes Verzeichnis von Publikationen vorweisen konnte. In seinen Vorlesungen setzte sich Lehmann mit „Hans Küngs Lehre von der Kirche“ auseinander und ging auf die „Demokratisierung in der Kirche“ ein. Den solchermaßen ausgewiesenen Wissenschaftler erachtete die Mainzer Katholisch-Theologische Fakultät für geeignet, die Nachfolge des Ende Mai 1968 zum Bischof von Speyer ernannten Friedrich Wetter anzutreten. Am 27. August 1968 teilte Dekan Prof. Wilhelm Pesch der Fakultät mit, dass Karl lehmann die Berufung grundsätzlich angenommen hat. Trotz allem Erfolg, der lehmann beschieden war, sollte seine erste Mainzer Zeit nur von relativ kurzer Dauer sein. Bereits am 10. Februar 1971 setzte er den Fakultätsrat davon in Kenntnis, dass er sowohl einen Ruf an die Fakultät in Freiburg als auch an jene in Münster erhalten habe. Zu dieser Mitteilung gaben die Studierenden laut Protokoll folgendes Votum ab: „Die Studentenschaft der Katholisch-Theologischen Fakultät ist sehr daran interessiert, daß Herr Prof. DDr. lehmann weiterhin den lehrstuhl für Dogmatik an unserer Fakultät behält. Sie bittet den Fakultätsrat dringend, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um Herrn Prof. DDr. lehmann die Fortsetzung seiner lehrtätigkeit in Mainz zu ermöglichen.“ Ganz in diesem Sinne fasste der Fakultätsrat einen Beschluss. Als lehmann sich in der Sitzung vom 28. April 1971 bereit erklärte, für ein Treffen mit der Evangelisch-Theologischen Fakultät, ein Referat über die Probleme der Würzburger Synode beizusteuern, war seine Entscheidung zu Gunsten Freiburgs allerdings schon gefallen. Zum Wintersemester 1971/72 folgte ihm Theodor Schneider auf den zweiten lehrstuhl für Dogmatik. Thomas BERGER n Prof. Dr. Dr. Karl lehmann, der seinen Dienst am 4. November 1968 angetreten hatte, nahm am 27. November dann erstmals an den Beratungen der Katholisch-theologischen Fakultät teil. Als Inhaber des zweiten lehrstuhls für Dogmatik war er Direk- 31 [JOGU] 206/2008 Personen & Positionen Neu an der Uni Fotos: Peter Pulkowski Die W 3-Professur am Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie übernimmt Dr. Katja Heinze Katja Heinze begann ihre wissenschaftliche laufbahn 1988 mit dem Studium der Chemie an der RuprechtKarls-Universität Heidelberg. Noch zu Schulzeiten hatte sie bereits einen Buchpreis des Fonds der Chemischen Industrie gewonnen. Während der Studienzeit arbeitete sie als Hilfskraft in der RIA- und HPlC-Abteilung von Dr. limbach in Heidelberg. Nach dem Abschluss des Studiums promovierte Katja Heinze von 1995 bis 1998 bei Prof. Dr. Gottfried Huttner auf einem Gebiet der anorganischen Komplexchemie über Elektronentransfer und intramolekulare elektronische Wechselwirkungen mit der Gesamtnote Summa cum laude. Ein PostdoktorandenAufenthalt führte sie danach für ein Jahr an die Universität Zürich bevor sie als wissenschaftliche Angestellte am Anorganisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg tätig wurde. Im Jahr 2004 erfolgte die Habilitation über „Ein- und mehrkernige Metallkomplexe: Festphasensynthese und Selbstaggregation“. In dieser Zeit war Katja Heinze zugleich als wissenschaftliche Assistentin und als Verwalterin des landesforschungsschwerpunktes „Modellierung von Moleküleigenschaften als grundlegende Methodik moderner Molekülchemie“ tätig. Für ihre leistungen in lehre und Forschung wurde Katja Heinze mehrfach ausgezeichnet. So erhielt sie unter anderem den lieseberg-Preis der Fakultät für Chemie und Geowissenschaften der Universität Heidelberg, ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, den „lecturer Award“ der Studenten der Fakultät für Chemie und Geowissenschaften der Universität Heidelberg und den „Hengstberger-Preis“ der Universität Heidelberg. n Dr. Christiane Tietz übernimmt die W3Professur für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Christiane Tietz, Jahrgang 1967, begann ihre universitäre laufbahn 1986 mit der Aufnahme des Studiums der Mathematik und der Evangelischen Theologie für das lehramt an Gymnasien an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Ihre Schulzeit bis zum Abitur hatte die gebürtige Frankfurterin ebenfalls in ihrer Heimatstadt verbracht. Nach zwei Jahren des Studiums in Frankfurt wechselte sie an die Eberhard Karls-Universität Tübingen. Im November 1992 erfolgte die wissenschaftliche Prüfung für das lehramt an [JOGU] 206/2008 Gymnasien und daran an schloss sich die Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Hermeneutik der Universität Tübingen. Im April 1994 erhielt Tietz ein Promotionsstipendium der Graduiertenförderung des landes Baden-Württemberg und darauf folgend ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. Die Promotion erfolgte 1999 mit der Arbeit „Ratio in se ipsam incurva. Eine Untersuchung zu Dietrich Bonhoeffers früher Erkenntnistheorie“. Bis zur Habilitation im Jahr 2004 mit einer Studie zur Thematik der Selbstannahme war Tietz u.a. als wissenschaftliche Angestellte und Assistentin bei Eberhard Jüngel in Tübingen und als Redakteurin der „Zeitschrift für Theologie und Kirche“ tätig. Danach übte sie lehraufträge an den Universitäten Heidelberg und Saarbrücken aus und war ein Semester lang Visiting Teaching Scholar am Union Theological Seminary, New york City. Im Wintersemester 06/07 und Sommersemester 2007 hatte Tietz eine lehrstuhlvertretung für Systematische Theologie an der Universität Mainz inne. Im Wintersemester 07/08 war sie Member in Residence am Center of Theological Inquiry, Princeton. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das Verhältnis von Religion und Politik, der interreligiöse Dialog und die Theologie Dietrich Bonhoeffers. n Dr. Nicolas-Hubert Bings ist neuer W2 Professor für Analytische Chemie am Institut für Anorganische und Analytische Chemie Nach dem Chemie-studium an der Universität Dortmund in den Jahren 1986 bis 1993 promovierte Bings 1996 in Analytischer Chemie, unterbrochen von einem Forschungsaufenthalt als Erasmus-Stipendiat am Institut für Mikro- und Spurenanalyse des Fachbereiches Chemie der Universität Antwerpen. Seine Dissertation zum Thema „Diagnostische und analytische Messungen am kapazitiv gekoppelten Mikrowellenplasma (CMP) unter Verwendung verschiedener Arbeitsgase“ erhielt die Note „Sehr gut“. Nach Abschluss der Promotion war Bings gefördert durch ein Postdoktorandenstipendium an der University of Alberta, Edmonton (Kanada), für ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Nach einem weiteren einjährigen durch die DFG geförderten Auslandsaufenthalt an der Indiana University, Bloomington (USA), arbeitete Bings von 1999 bis 2003 als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Analytische Chemie der Universität leipzig und wechselte im selben Jahr ebenfalls als wissenschaftlicher Assistent an die Universität Hamburg, wo er sich 2005 mit Arbeiten zur Miniaturisierung von Analysensystemen und der Plasma-Flugzeitmassenspektrometrie habilitierte. Bis 2005 hatte er einen lehrauftrag an der Universität leipzig inne und lehrte danach als Privatdozent für Analytische Chemie an der Universität Ham- 32 burg. Er übernahm daraufhin für zweieinhalb Jahre die Vertretung und leitung des lehrstuhls für Analytische Chemie / Konzentrationsanalytik an der Universität leipzig. 2005 erhielt er den „Bunsen-Kirchhoff Preis“ des Deutschen Arbeitskreises für Angewandte Spektroskopie. Nicolas-Hubert Bings ist Mitherausgeber der „Encyclopedia of Analytical Chemistry“, Co-Organisator wissenschaftlicher Konferenzen und übt zudem zahlreiche Gutachtertätigkeiten für Fachzeitschriften und Wissenschaftsorganisationen aus. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Entwicklung und des Einsatzes atomspektrometrischer Methoden für die Umwelt-, Werkstoff- und Bioanalytik, hauptsächlich unter Einsatz elektrischer Plasmen. n Dr. Heiner F. Klemme übernimmt die W3 Professur des Arbeitsbereichs Philosophie der Neuzeit am Philosophischen Seminar Nach Abitur und Wehrdienst nahm Klemme, der 1962 in Ahnsen (Bad Eilsen) geboren wurde, das Studium der Philosophie mit den Nebenfächern Religionswissenschaft und Soziologie (später der Sinologie) an der Philipps-Universität Marburg auf. Ein Auslandsaufenthalt führte ihn von 1985 bis 1986 an die Universität Edinburgh, von wo aus er für ein Semester an die Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn wechselte und 1987 wieder an die Universität Marburg zurückkehrte. Nach dem Magister war Klemme als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Universität Marburg tätig. 1995 promovierte er mit der, mit summa cum laude ausgezeichneten Arbeit: „Kants Philosophie des Subjekts. Untersuchung zum Verhältnis von Selbstbewusstsein und Selbsterkenntnis.“ Von Marburg wechselte Klemme 1997 an die Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg, wo er sich im Jahr 2003 habilitierte. In Magdeburg bekleidete Klemme am Institut für Philosophie eine wissenschaftliche Assistentenstelle und eine Oberassistentenstelle, unterbrochen durch lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Marburg und Wuppertal. Seit April 2006 hatte er die W3 Professur für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie am Fachbereich A der Bergischen Universität Wuppertal inne. Schwerpunkte der Forschung Klemmes sind die Philosophie der Neuzeit, insbesondere Aufklärung und Kant, und die Philosophie der Gegenwart, mit den Themengebieten Praktische Philosophie und Ethik. In Mainz übernimmt er zugleich die leitung der KantForschungsstelle, an der u. a. die Redaktion der „KantStudien“ beheimatet ist. n Personen & Positionen Die W2-Professur für Sportpädagogik und Sportpsychologie am Institut für Sportwissenschaften übernimmt Dr. Ralf Sygusch. Nach der Gymnasialzeit in Gütersloh studierte Sygusch Erziehungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der Universität Bielefeld, wo er 1991 sein Diplom und 1999 das erste Staatsexamen für das lehramt in Sport ablegte und im gleichen Jahr zum Dr. phil. promovierte (magna cum laude). Thema der Promotion war „Sportliche Aktivität und subjektive Gesundheitskonzepte von Jugendlichen“. In den Jahren dazwischen arbeitete er als wissenschaftliche Hilfskraft an verschiedenen Projekten an der Universität Bielefeld und übte lehraufträge für Fußball und Torschuss aus. Die Mitarbeit an einem DFG-Projekt führte ihn an das Institut für Sportwissenschaft Bayreuth, wo er ab 2000 als wissenschaftlicher Assistent am lehrstuhl von Prof. Dr. W. Brehm arbeitet und sich 2006 habilitierte. Darauf folgend übernahm er die Stelle des akademischen Oberrates des Institutes. über die universitäre laufbahn hinaus arbeitete und engagierte sich Sygusch in den Bereichen sportlicher Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen, u.a. als hauptamtlicher Jugendsportkoordinator „Fußball“ des DSC Arminia Bielefeld e.V., als Trainer im Talentförderprogramm des Deutschen-Fußball-Bundes und als Referent und Seminarleiter für Konfliktmanagement und Politische Bildung. Seit 2006 lehrt Sygusch zudem am Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium in Bayreuth. Schwerpunkte seiner Forschungsarbeit sind u. a. „Persönlichkeits- und Teamentwicklung im Kinder und Jugendsport und in den Sportarten“; Sport und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ sowie „Qualitäten von Gesundheitssport“. n Den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Controlling am Fachbereich 03 übernimmt Dr. Louis Velthuis. Geboren wurde louis Velthuis 1964 im südafrikanischen Johannesburg. Noch während seiner Schulzeit kam er nach Deutschland, wo er im Anschluss daran eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank begann. Nach Abschluss der Ausbildung nahm Velthuis das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt auf und beendete dieses 1991 mit dem Abschluss zum Diplom-Kaufmann. Ebenfalls an der Universität Frankfurt promovierte Velthuis im Jahr 1997. Thema der Dis- sertation, für die er die Note summa cum laude erhielt, war: „lineare Erfolgsbeteiligung: Grundproblem der Agency-Theorie im licht des lEN-Modells“. Bereits seit seiner Studienzeit und auch während der Phase seiner Promotion arbeitete Velthuis als Hilfskraft und wissenschaftlicher Mitarbeiter am lehrstuhl für Organisation & Management von Prof. laux. Mit der Arbeit „Anreizkompatible Erfolgsteilung und Erfolgsrechnung“ habilitierte er sich 2003. Es folgten Tätigkeiten als Privatdozent und lehrstuhlvertreter an der Universität Frankfurt und als lehrbeauftragter an der Universität Wien. über die lehrtätigkeit hinaus übte Velthuis Beratungstätigkeiten für die freie Wirtschaft aus, ist Gutachter von Fachzeitschriften wie ‚Zeitschrift für Betriebswirtschaft‘ sowie „American Economic Review“ und Mitglied des Arbeitskreises „Internes Rechnungswesen“ der Schmalenbach-Gesellschaft. In seiner Forschung konzentriert sich Velthuis zusammen mit seinen Mitarbeitern insbesondere auf Fragestellungen der Performancemessung und Anreizgestaltung im Sinne eines wertorientierten Controlling. n Dr. Harald G. Dill erhält die Honorarprofessur am Fachbereich 09 Seine universitäre laufbahn begann Harald Dill 1971 nach seinem Wehrdienst bei der Bundeswehr mit dem Studium an der Universität Würzburg, wo er im Hauptfach Geologie und in den Nebenfächern Mineralogie und Geographie belegte. Sein Diplom, das mit der Note „Sehr gut“ bewertet wurde, legte Dill vier Jahre später ab und wechselte daraufhin für ein zusätzliches Studium der lagerstättenkunde an die Rheinisch-Westfälisch Technische Hochschule Aachen und darauffolgend an die Universität Erlangen. 1978 promovierte Dill in Mineralogie mit der Arbeit „lagerstättenkundliche Untersuchungen zur Entstehung der Pyrit führenden Blei-Kupfer-Zink-lagerstätte Accesa (SW-Toskana)“. Nach einem einjährigen Forschungsaufenthalt am lehrstuhl für Bodenkunde und Bodengeographie der Universität Bayreuth wechselte er 1979 an die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, wo er seit dieser Zeit in Forschung (223 Veröffentlichungen), Ausbildung (Afrika, Asien Südamerika) und Koordination (Funde von zwei Rohstoffvorkommen) tätig ist. Ab 1982 unterrichtete er nebenamtlich an der Johannes Gutenberg-Universität im Fach lagerstättenkunde, wo er sich 1985 mit der Arbeit „Die Vererzung am Westrand der Böhmischen MasseMetallogenese in einer ensialischen Orogenzone“ habilitierte. Seit 1988 hält Dill auch an der Universität Hannover Vorlesungen in lagerstättenkunde, wo ihm 1991 der Titel außerplanmäßiger Professor verliehen wurde. Seine Tätigkeit an der BGR wurde von 1986 bis 1991 unterbrochen durch eine Tätigkeit als 33 Koordinator für lagerstättenkunde, Mineralogie und Geochemie in der Projektleitung des Kontinentalen Tiefbohrprojektes der Bundesrepublik Deutschland. Weitere lehrtätigkeiten führten ihn unter anderem an die Universität der Bundeswehr in München und die Universität Cottbus. Darüber hinaus lehrt(e) er an Universitäten in Thailand, der Mongolei, lettland, litauen, Malawi, Usbekistan, Bangladesch, Nepal, Oman, Qatar, Tunesien und Jordanien. 2006 kehrte Dill wieder an die Universität Mainz und das Zentrum für Edelsteinforschung zurück. Die wissenschaftliche Arbeit von Harald Dill wurde 2004 durch den „QuintinoSella“ Preis auf dem Internationalen Geologenkongress in Florenz gewürdigt. Dill war bis zum Ende seiner Promotion Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und schied 2006 als Oberst der Reserve aus der Bundeswehr aus. n Die Honorarprofessur im Fachbereich 04 Medizin erhält Dr. Helmut Haas Nach dem Studium der Humanmedizin an der Justus liebig-Universität Giessen und der Approbation im Jahr 1976 promovierte Helmut Haas zwei Jahre darauf mit der Arbeit: „Untersuchungen über die Altersabhängigkeit biochemischer Prozesse in menschlichen Erythrozyten“ an der Medizinischen Klinik der Justus liebig-Universität. In den darauffolgenden Jahren leistete er seinen Wehrdienst als Stabsarzt im Bundeswehrkrankenhaus Giessen und war während dieser Zeit Assistenzarzt in den Abteilungen Chirurgie, Urologie und Innere Medizin. Danach wechselte er als Assistenzarzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Urologische Klinik der Johannes Gutenberg-Universität. 1982 erhielt er die Anerkennung zum Facharzt für Urologie und ließ sich im selben Jahr als Arzt mit eigener Praxis in Heppenheim nieder. Neben dem Praktizieren als Urologe war Haas als Belegarzt im Heilig-GeistHospital in Bensheim tätig und übt seit dem Wintersemester 1982/83 eine lehrtätigkeit im Fach Urologie an der Klinik der Johannes Gutenberg-Universität aus. Haas wurde für seine Tätigkeiten mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er von der Deutschen Gesellschaft für Urologie den „lichtenberg Preis“ und den „Praxis-Preis“ der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie. Helmut Haas ist sei 2000 im Vorstand der „Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie“ und seit 2003 ebenfalls im Vorstand der „Deutschen Gesellschaft für Urologie“. Schwerpunkte seiner lehre und Fortbildung sind Themen wie die Praxisorientierung in lehre und Unterricht der Studierenden, Konzepte zur Nutzung audiovisueller und elektronischer Medien und die Entwicklung und Realisierung eines praxisorientierten Fortbildungskonzeptes. n [JOGU] 206/2008 Kurz & Bündig Dante Alighieri und Mainz Die bekannteste Dichtung italienischer Sprache, „Die göttliche Komödie“ von Dante, verbreitete sich nach seinem Tode 1321mehr und mehr. Zeugen davon sind viele handgeschriebene Abschriften. Die älteste gedruckte Fassung, von Johannes (Giovanni) Neumeister und Evangelista Angelini, ist die aus Foligno von 1472, die früheste Ausgabe also der „Divina Commedia“ – und diese wurde von einem Mitarbeiter Gutenbergs gedruckt. Prof. Dr. Klaus ley vom Romanischen Seminar der Universität Mainz, Organisator der 85. Jahrestagung der Deutschen Dante-Gesellschaft in Mainz, griff im Rahmen der Tagungsvorbereitungen diese bislang kaum gewürdigte Verbindung auf. Sie wurde in einer kleinen Ausstellung in der Villa Musica, dem Hauptort der Tagung, vorgestellt. So lässt sich eine beachtenswerte Brücke von Dante zu Mainz schlagen. Die Bedeutung der Inkunabeln für den Ausbau des frühneuzeitlichen Wissens- und Bildungskanons wird hier eindrucksvoll belegt und ist zusätzlich deshalb von besonderem Interesse, weil in nur einem Jahr in Italien gleich drei „Erstausgaben“ der „Divina Commedia“ herauskamen, zwei davon waren von deutschen Druckern. Mit ihnen begann sich die Verbreitung des berühmtesten italienischen Werkes der Weltliteratur von den illustrierten Handschriften auf den Druck und die Buchgrafik zu verlagern. Maria COlOMBO n Ve r a n s t a l t u n g s t i p p CUBAME MUCHO bittet zum Salsatanz Die Hochschulgruppe Cubame Mucho bringt im WS 2008/09 wieder (Hüft-)Schwung in die allseits geforderte Internationalisierung - dabei stehen der Austausch und die Verständigung mit lateinamerika im Mittelpunkt des Interesses. Seit sechs Semestern organisiert das Team um Cécile und Arny deshalb soziokulturelle Projekte: Gemütliche Treffs, Kultur- und Sprachaustausch (insbesondere Sprachtandems), Percussion-Unterricht, Tanzworkshops, gemeinsame Reisen zu Kultur- und Musikveranstaltungen und Orientierungshilfe für ausländische Studierende stehen dabei auf dem Programm. Am 28.Oktober bat CUBAME MUCHO zur „Rueda de Casino - Salsa Wheel“ ins Studihaus. EinsteigerInnen wurden vertraut gemacht in einer 60-minütigen Salsa-Einführung, die großen Anklang fand. Ab jetzt kann jeder bei den jeweils dienstags stattfindenden übungstreffs mitmachen, ob unerfahren oder geübt. Aber was ist überhaupt eine Rueda? Bei einer Rueda (spanisch für Rad) bilden die Tanzpaare einen Kreis und auf Zuruf des „Cantante“ (Ansager) tanzen sie verschiedene Figuren. Grundlage ist der kubanische Salsa-Tanzstil mit seinen trickreich verschlungenen Figuren. Bei dieser weltweit beliebtesten Salsa-Variante sind Spaß und lernerfolg garantiert. Rueda ist auf Partys immer eine Gaudi, die die Begeisterung aller entfacht. Durch ständiges Wechseln der Partnerinnen ergibt sich eine ständige Verfeinerung der Tanztechnik. Auch Interessierte ohne festen Tanzpartner sind herzlich willkommen, da man im Kreis immer durchwechselt und keiner zu kurz kommt. Ab 4.November geht es um 20.30 Uhr los, der Unkostenbeitrag fürs ganze Semester beträgt nur 30 Euro. Er schließt auch den Percussion-Unterricht, Sprachtreffs und den Zugang zu den Partys mit ein. Erfahrene Tänzer können in der „leistungsgruppe“ eine komplette Salsa-Show im rasanten los Angeles Style erlernen. Neben Andreas von der Salsamente Dance School in Mainz konnten „hp“ (International Dance Master 2008) und der Broadway-erfahrene Bühnenprofi Paul Brandon als Dozenten gewonnen werden. Information: Tel. 06131-786280 oder www.cubame-mucho.de Impressum Herausgeber: Der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch Leitung Bereich Öffentlichkeitsarbeit: Petra Giegerich Leitung Redaktion: Annette Spohn-Hofmann (V.i.S.d.P.) Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Ulrike Brandenburg, Maria Colombo, Dr. Frank Erdnüß, Sebastian Kump, Dimitri Taube, Peter Thomas, Peter Pulkowski (Fotos) Redaktionsassistenz: Kathrin Voigt, Birgitt Maurus Kontakt: Telefon: + 49 61 31 - 39 22 369, 39 20 593 Telefax: + 49 61 31 - 39 24 139 E-Mail: [email protected] Ausgabe von Johannes Neumeister (Foligno 1472), ein Exemplar im Besitz der Newberry library Chicago. [JOGU] 206/2008 Auflage: 10.000 Exemplare, die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr 34 Redaktionsschluss der JOGU 207, Ausgabe Januar/Februar 2009, ist der 1. Dezember 2008 Titelbild: Peter Thomas Gestaltung: Thomas Design, Freiburg Anzeigen und Vertrieb: Öffentlichkeitsarbeit Druck: Werbedruck GmbH Horst Schreckhase Postfach 1233 34283 Spangenberg Telefon + 49 56 - 63 94 94 Telefax + 49 56 - 63 93 988 0 www.schreckhase.de [email protected] Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Bild-material wird keine Gewähr geleistet. Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Blutspenden rettet Leben. Brent Walker © www.fotolia.de Vielleicht auch Ihres. Wo? Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Transfusionszentrale, Hochhaus Augustusplatz Information Telefon 0 61 31/17-32 16 / 32 17 Termine Mo, Mi 8.00 bis 16.00 Di, Do 8.00 bis 18.00 Fr 8.00 bis 15.00 Sa 8.00 bis 11.00