krankenhaus - ver.di – Bezirk Stuttgart
Transcrição
krankenhaus - ver.di – Bezirk Stuttgart
krankenhaus info Betriebsgruppe Klinikum Stuttgart Nr. 1/12 Feb. 2012 INHALT: Investitionskostenfinanzierung Grüne/SPD auf Rückzug S.4/5 Berta: mr muss au annehmen können! S.6 ZSG: Soziale Psychiatrie - wie? S.6 kbc weiter Maximalversorger? aus den Krankenhäusern... S.7 S.8-9 Arbeitsschutz aus Frauensich S.10 Meldungen ... S.11 Erinnern statt verdrängen Stolpersteinlegung S.12 Verbrechen Marktwirtschaft S.13 Charité Berlin: Streik bei Servicetochter Auch Stationen können streiken S.14/15 S.16 Vertrag mit Stadt macht Kampf gegen Sparmaßnahmen weder überflüssig noch unmöglich Tarifrunde: Die nächsten Milliarden für uns - mehr Geld verdienen im Krankenhaus! Viele Beschäftigte im Klinikum klagen: „Die Arbeit wird immer belastender. Wenigstens sollte man ordentliche Löhne bekommen. Die Steuern sprudeln, die Banken bekommen Hunderte von Milliarden Euro. Und wir Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben 10 Jahre hinter uns, während denen unsere Löhne real, also unter Berücksichtigung der Inflation, gesunken sind, obwohl unsere Gesellschaft immer reicher wird. Was wir uns in der Vergangenheit nicht über die Tarifauseinandersetzungen geholt haben, ist bei den schon fast explodierenden privaten Gewinnen und Privatvermögen der reichsten 10% der Bevölkerung gelandet.“ Nach dem Grundgesetz haben die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften den gesellschaftlichen Auftrag, die Festlegung der Einkommen in freien Verhandlungen mit den Arbeitgebern und deren Verbänden festzulegen. Für die kommunalen Beschäftigten und damit auch für die Beschäftigten des Klinikums Stuttgart ergibt sich dafür jetzt die Möglichkeit, das verlorene Jahrzehnt zu beenden und bei den Lohnerhöhungen wieder aufzuholen. Ab 1. März wird zwischen ver.di und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände um höhere Löhne verhandelt. Noch steht ver.di in der Diskussion um die Forderung. Aber alle Zeichen sprechen dafür, dass die kommunalen Beschäftigten eine Wende in der Lohnpolitik durchsetzen wollen. Wie kommen wir aber an mehr Geld ran? In den Tarifauseinandersetzungen geht Fortsetzung S. 2 Ca. 20 bis 30 Millionen Euro Defizit drohen dem Klinikum in den nächsten Jahren. Damit steht es nicht allein da. Ca. 20% der Kliniken in Baden-Württemberg haben bereits ein Defizit. Bei ca. 40% droht ein Defizit im nächsten Jahr. Allein diese Zahlen zeigen, dass die Ursache dieser Defizite nicht die Unwirtschaftlichkeit in einem einzelnen Fortsetzung S. 3 Aktion vor dem Landtag: Betriebliche Interessenvertretungen fordern: „Rettungsschirm für Krankenhausbeschäftigte“ (s. S. 4) 2 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 es darum, Arbeitgeber dazu zu bringen einen Tarifvertrag zu unterschreiben, mit dem sie sich verpflichten mehr Geld für die einzelnen Beschäftigten auszugeben. Dabei geraten sie noch mehr unter den Druck, den die Politik durch ihre Sparpolitik gegenüber den Krankenhäusern ausübt. Wenn wir also mehr Geld haben wollen, gibt es nur einen Weg: Wir müssen uns stark machen. Wir müssen den Arbeitgebern, der Öffentlichkeit und der Politik zeigen, dass sie auf unsere Arbeitskraft angewiesen sind. Um dies unter Beweis zu stellen und den notwendigen Druck auf die Arbeitgeber ausüben zu können, mit uns höhere Löhne zu vereinbaren, gibt es den Streik. Streik bedeutet, die Gewerkschaften rufen uns auf, die Arbeit nieder zu legen. Unsere persönliche Entscheidung daran teilzunehmen führt zu mehr Druck auf die Arbeitgeber und die Politik oder sie nimmt den Druck wieder raus, falls wir uns dafür entscheiden nicht daran teilzunehmen. Da uns während eines Streiks kein Lohn gezahlt werden muss, können wir in dieser Auseinandersetzung nur stark sein, wenn wir uns alle in ver.di organisieren. Wir sichern uns dadurch Streikgeld und finanzieren uns gegenseitig den Streik um höhere Löhne. Um bestehen zu können, gibt es Faktoren die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. 1) Gemeinsames Handeln Berufsgruppen, die sich nicht am Streik beteiligen, fallen den anderen in den Rücken, weil sie die Wirksamkeit des Streiks gefährden. Sie schüren bei den Arbeitgebern die Illusion man könne z.T. den Normalbetrieb aufrechterhalten, was auch die Patienten gefährden kann. Wer im Streik weiterarbeitet, kann nicht deutlich machen, dass er nicht nur ein Kostenfaktor in der Controlling-Welt zwischen Fallzahl, INEK-Werten und CMI ist, sondern wichtig und mehr wert. Nur wer durch Arbeitsniederlegung zeigt, dass man auf ihn im Krankenhausbetrieb angewiesen ist, kann heutzutage auch auf eine materielle Wertschätzung durch Lohnerhöhung hoffen. Da sich insbesondere der Pflegedienst mit seinen Lohn- und Arbeitsbedingungen in vielfältiger Weise in einer prekären Situation befindet, müssen vor allem sie, wenn es zu einem unbefristeten Streik kommen sollte, Möglichkeiten bekommen zu streiken. Die Kolleginnen und Kollegen in der Funktionspflege, insbesondere in der Anästhesie und im OP, konnten dazu in der Vergangenheit Erfahrungen sammeln. Für die Zukunft müssen auch die Pflegekräfte auf den Stationen Stärke aufbauen. Galt es bisher als nicht möglich, unter die laufende Besetzung zu gehen und mit zu streiken, hat uns der Streik in der Charité in Berlin gezeigt, dass mit entsprechender Vorankündigung ganze Stationen geschlossen werden können, damit das Pflegepersonal streiken kann. Deshalb gilt 2012: Organisiert euch alle in ver.di damit alle Optionen offen sind, höhere Löhne durchzusetzen und sich Streik im Klinikum - bald ist es wieder soweit! gegen die Angriffe auf die Arbeitsbedingungen auf den Stationen dann auch in Zukunft effektiv wehren zu können. 2) Aufhebung der Konkurrenz Die Politik rechnet damit, dass sie Gesundheitskosten sparen kann, wenn sie die Krankenhäuser in gegenseitige Konkurrenz schickt. Eine fehlende verbindliche gesetzliche Personalbemessung ist die Voraussetzung dafür, dass vor allem ein Schmutzwettbewerb um die niedrigsten Personalkosten ausgetragen wird. Das ist nicht gut für die Arbeitsbedingungen und auch nicht gut für die Patientenversorgung, schont aber die Kassen des Gesundheitsfonds. Eine Tarifrunde im öffentlichen Dienst, die einen großen Teil der Krankenhäuser betrifft, kann diese Konkurrenz zumindest bei der Bezahlung der einzelnen Beschäftigten aufheben. Damit entsteht ein entsprechender Druck auf die Politik,den Krankenhäusern nicht weiter Geld zu entziehen. Es ist auch unsere gesellschaftliche Aufgabe, die Öffentlichkeit vor den gefährlichen Auswirkungen der Sparpolitik im Krankenhaus zu warnen. Deswegen müssen wir auch klar machen: Nicht der Streik gefährdet die Patienten, sondern der Normalbetrieb. Im Streik müssen sich die Beschäftigten entscheiden: Unterstützen Sie den Streik oder fallen sie ihren Kolleginnen und Kollegen in den Rücken und schwächen den Druck auf die Arbeitgeber, indem sie sich nicht am Arbeitskampf beteiligen. Viele glauben, sie könnten die Auseinandersetzung neutral beobachten und sich raushalten. Man kann es mit einem Fußballspiel vergleichen. Arbeitnehmer gegen Arbeitgeber. Und bei der Mannschaft der Arbeitnehmer setzen sich ein paar Spieler auf den Rasen und beobachten wie sich der Rest der Mannschaft so anstellt und wundern sich darüber, dass ihre Mannschaft kein gutes Ergebnis erzielt. Unsere Entscheidung, unsere Arbeitskraft dem Betrieb im Streik vorzuenthalten, ist letztendlich unser einziges echtes Druckmittel. Und jede Arbeit, die über eine Notfallregelung hinaus geleistet wird, erleichtert den Arbeitgebern unsere berechtigten Forderungen nach besseren Arbeits- und Lohnbedingungen auszusitzen. Und schließlich: Mit kräftigen Lohnerhöhungen bekommen wir auch die Refinanzierung der Lohnerhöhung 3 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 auf die politische Tagesordnung. Denn wenn so viele Krankenhäuser davon betroffen sind, kann man dieses Problem auch nicht mehr politisch aussitzen. Tarifrunde öffentlicher Dienst 2012 – Termine 16. Januar: Mitgliederversammlung der ver.di-Mitglieder des Klinikums Stuttgart. Forderung: Erhöhung aller Entgelte um 150 Euro + 4 %. Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 75 Euro pro Monat. 1. Februar: Zusammenfassung der Forderungen in den Betrieben des ver.di-Bezirks Stuttgart 3. Februar: Zusammenfassung der Forderungen der ver.di-Bezirke in Baden-Württemberg 9. Februar: Beschluss der Bundestarifkommission öffentlicher Dienst über die Forderung an die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auf der Basis der Forderungen der einzelnen ver.di-Landesbezirke 1. März: Ende der Friedenspflicht. 1. Verhandlungsrunde ver.di mit dem VKA 12./13. März: 2. Verhandlungsrunde 28./29. März: 3. Verhandlungsrunde Falls es zu keiner Einigung kommt, folgt eventuell die Schlichtung mit anschließenden Neuverhandlungen. Fortsetzung: Vertrag mit Stadt ... Haus sein kann. Dazu ist die Zahl der betroffenen Häuser zu hoch. Tatsächlich sind die Defizite der Krankenhäuser die systematische und gewollte Folge der Krankenhausfinanzierungspolitik von Bund und Ländern. Durch die Deckelung der Krankenhausausgaben – egal wie die Preissteigerungen und die Lohnerhöhungen sind – soll ein ökonomischer Druck auf die Krankenhäuser ausgeübt werden, der im Wesentlichen dazu führt, dass Häuser zusammengelegt, geschlossen oder von Privaten aufgekauft werden. Nebeneffekt dieser Politik ist, dass die privaten Krankenhausketten, die die Vorreiter bei Personalabbau, verstärkter Arbeitshetze, Lohndumping und Leistungsverschlechterungen für die Masse der Patienten sind, dadurch auch noch gehätschelt werden und in die Lage versetzt werden, kommunale Kliniken aufzukaufen. Gerade weil es sich nicht um einzelne Krankenhäuser und ihre Probleme handelt, sondern weil systematische Strukturveränderungen beabsichtigt und eingeleitet sind, besteht die große Gefahr, dass die Interessen der Beschäftigten an guten Arbeitsbedingungen und vernünftiger Bezahlung unter die Räder kommen. Genauso läuft es seit Jahren: Die Krankenhausbeschäftigten stehen unter erheblichem Druck. Ihnen wird ständig damit gedroht, dass sie, wenn sie nicht bereit sind alles hinzunehmen, ihren Arbeitsplatz verlieren, sie verkauft werden und alles noch schlimmer kommen würde. Dazu trägt auch bei, dass viele Krankenhausbeschäftigten nach wie vor nicht gerade die Aktivsten, zu Widerstand Bereitesten und Streikfähigsten sind. Für die Gewerkschaft ver.di und die Personalräte stellt sich in einer solchen Situation des strukturellen Wandels aber auch der Defensive bzw. Schwäche, die Frage, wie die Interessen der Beschäftigten am besten geschützt werden können. ver.di Stuttgart und der Personalrat des Klinikums verfolgen deshalb seit Jahren die Strategie, zum einen den Widerstand gegen die Sparmaßnahmen durch die Beschäftigten zu verstärken, zum anderen aber auch Kompromisse einzugehen und Rechte von Beschäftigten vertraglich abzusichern. Sowohl der erste, als auch der jetzige zweite Vier-Seitenvertrag sind das Ergebnis. Dabei ist die Basis die Aktivierung der Beschäftigten und der konkrete Kampf gegen Verschlechterungen. Ohne dass die Beschäftigten, der Personalrat und ver.di im Klinikum sich nicht immer massiv gegen Verschlechterungen gewehrt hätten, wäre die Stadt und das Klinikum nie bereit gewesen eine solche weitreichende Vereinbarung zu schließen. Die Tatsache, dass die Stadt während der nächsten fünf Jahre mehrere hundert Millionen Euro ins Klinikum gibt und die Tatsache, dass betriebsbedingte Kündigungen, Tarifabsenkung und vor allem Teilprivatisierungen ausgeschlosFortsetzung S. 4 Falls es immer noch zu keiner Einigung kommt, folgt die Urabstimmung der verdi-Mitglieder über einen unbefristeten Streik. Falls in der Urabstimmung mindestens 75% für Streik votieren, folgt ein unbefristeter Streik bis zu einer Einigung. Eine Einigung mit Zustimmung der Bundestarifkommission gilt als angenommen, es sei denn es votieren in einer weiteren Urabstimmung immer noch mindestens 75 % der ver.di-Mitglieder für die Fortführung des Streiks. Wie in den vergangenen Tarifrunden ist mit Warnstreiks zwischen den Verhandlungsrunden zu rechnen. „Die Geschäftsführung meint, die Personalkosten seien zu hoch und möchte sie verringern.“ „Sie hat mich beauftragt ein paar Kürzungen vorzunehmen.“ Herausgeber: ver.di Bezirk Stuttgart, Betriebsgruppe Klinikum V.i.S.d.P.: Christina Ernst, Willi-Bleicher-Str. 20, 70174 Stgt. Tel: 0711-1664-030 Redaktionsschluss: 23.1.201 4 sen sind, belegen, dass diese Strategie richtig war. Gleichzeitig sind die Verhandlungsergebnisse auch rein materiell ein Fortschritt, weil sie zumindest einen Teil des finanziellen Druckes vom Klinikum und damit von den Beschäftigten nehmen: Die Summe, die eingespart werden muss, um keine Defizite zu haben, reduziert sich deutlich. Die Tatsache, dass der Personalrat und ver.di im Gegenzug zu den Zugeständnissen der Stadt zugesagt haben, dass sie am Abbau des restlichen Defizits mitarbeiten werden, bedeutet nicht, dass wir alles schlucken werden, was GF Schmitz oder die Stadt uns vorsetzen. Wir werden versuchen, die Auswirkungen der Sparmaßnahmen für die Beschäftigten so erträglich wie möglich zu gestalten. Das wird nicht nichts sein, aber in jeden Fall besser als ohne den Vertrag und ohne die finanziellen Zuwendungen der Stadt. Und außerdem bietet der Vertrag dem Personalrat und ver.di die Möglichkeit, bei der Auswahl und Durchführung von Sparmaßnahmen mitzubestimmen und Einfluss zu nehmen. Vertragspartner müssen aufeinander Rücksicht nehmen, das gilt auch für die Stadt und das Klinikum. Im Zentrum der Arbeit von ver.di und dem Personalrat steht weiterhin die Vertretung der Interessen der Beschäftigten und, wo nötig, die Organisierung des Widerstandes. Abstriche bei der Tarifrunde oder bei sonstigen fundamentalen Interessen kommen nicht in Frage und werden von uns nicht mitgetragen. Dann muss die Stadt den Vertrag eben kündigen. Weil das Defizit des Klinikums kein Einzelfall, sondern eine systematische Folge der Krankenhauspolitik ist, ist auch klar, dass ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit von ver.di und der Personalvertretungen sein muss, die politische Auseinandersetzung mit dieser Krankenhauspolitik voranzutreiben. Die Krankenhausbeschäftigten müssen sich gegen die politischen Zumutungen aus Berlin wehren. Wir brauchen dringend eine erneute Demonstration von hunderttausenden von Krankenhausbeschäftigten in Berlin gegen die Krankenhauspolitik, um allen Krankenhäusern wieder Luft zu verschaffen. Die Forderung bleibt: Der Deckel muss weg! Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 Investitionskostenfinanzierung: Grüne und SPD auf dem Rückzug Groß waren die Versprechungen und zunächst auch die Erwartungen, nachdem in den Wahlprogrammen von Grünen und SPD und danach auch in der Koalitionsvereinbarung zugesichert worden war, dass der Stau bei den Investitionskosten der Krankenhäuser sukzessive abgebaut würde und die bisherige, viel zu niedrige Investitionskostenfinanzierung von ca. 300 Millionen Euro verdoppelt werden würde. Es bestand Hoffnung, dass tatsächlich Schluss gemacht würde mit der Finanzierung der Krankenhausbaustellen durch Personalstellen. Nachdem unmittelbar nach Regierungsantritt die neue Landesregierung beschloss, noch für das Jahr 2011 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung zu stellen als bisher, schien es dann tatsächlich so, als ob sich wirklich etwas grundsätzlich verändern würde. Umso größer ist die Ernüchterung, dass im Haushaltsplan für das Jahr 2012 kein weiterer Schritt der Erhöhung der Mittel für Investitionskosten beschlossen werden soll, sondern sogar die im letzten Jahr zugestanden 50 Millionen auf 42 Millionen Euro reduziert werden sollen. Noch frecher: die Mittel sollen nicht vom Land kommen, sondern werden aus der „kommunalen Investitionspauschale“ abgezweigt, also aus Mitteln, die den Kommunen sowieso schon zustehen. Eigentlich hätte die Investitionsko- stenförderung im Jahr 2012 – zusätzlich zu den ersten 50 Millionen Euro – um weitere 50 Millionen Euro erhöht werden müssen, um das Ziel der Verdoppelung der Investitionsmittel bis zum Ende der Legislaturperiode zu erreichen. Wie es jetzt aussieht, wird dies nicht so sein. Die Argumente für den Rückfall in die systematische Unterfinanzierung sind vielfältig. Im Wesentlichen geht es jedoch um das Ziel der Schuldenfreiheit. Der Abbau von Schulden wird über die Erfüllung von seit Jahren und Jahrzehnten dringend notwendigen Aufgaben gestellt. Dafür sind Grüne und SPD nicht gewählt worden. Die Probleme der Staatsschulden lassen sich nicht über weitere Sparprogramme lösen, sondern nur darüber dass die Reichen und die Kapitalunternehmen endlich wieder mehr Steuern zahlen. Das angebliche strukturelle Ausgabendefizit ist eigentlich ein strukturelles Einnahmendefizit. Wenn weiter gespart wird, wird der Teufelskreis „weniger Investitionen, weniger Konsum, weniger Steuereinnahmen, noch mehr Sparzwang“ noch verstärkt. Das, was für ganz Europa gilt, gilt auch für die Investitionspolitik bei den Krankenhäusern. Außerdem: nicht nur Geldschulden sind Schulden - die versäumten Inve- Auch für die rot-grüne Regierung gilt: Baustellen nicht mit Personalstellen finanzieren! 5 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 stitionen, die seit Jahren zurückgestellt werden, die verrotteten Krankenhäuser, und die schlechten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sind ebenfalls eine Schuld, die wir und die nächsten Generationen bezahlen müssen. Aber auch wie im Großen werden die Banken bedient und die Sozialleistungen und die Arbeitsbedingungen kommen erneut und immer stärker unter Druck. Bei der Einbringung des Haushaltes und bei der ersten Lesung haben die Betrieblichen InteressenVertretungen (Betriebsräte Personalräte und Mitarbeitervertretungen) der Krankenhäuser und ver.di vor dem Landtag protestiert und einen „Rettungsschirm für Krankenhausbeschäftigte und nicht nur für Banken“ gefordert. Vertreter von SPD und Grünen aus dem Landtag mussten Rede und Antwort stehen (siehe Bilder). Sie taten das nicht sehr souverän. Es wurde deutlich, dass Sachargumente für die Kürzung fehlen und dass es nur um die Sparvorgaben des Finanzministers und des Ministerpräsidenten geht. Wir geben unseren Widerstand nicht auf und werden auch bei der zweiten und dritten Lesung Aktionen durchführen. Nach wie vor gilt: „Baustellen nicht mit Personalstellen finanzieren - Stoppt den Gesetzesbruch“. Aktion der Betrieblichen Interessensvertretungen der Krankenhäuser Nord-Württembergs (BIV NoWü) am 21.12.2011 Aus der Rede von Volker Mörbe (BIV): „Wie letzte Woche, stehen wir auch heute zu den Haushaltsberatungen als Mahnwache an der Bannmeile des Landtags. Wir haben die Abwahl der unsäglichen schwarz-gelben Regierung begrüßt und waren zufrieden damit, dass der stufenweise Abbau der Nettoneuverschuldung des Landes gegenüber den Krankenhäusern bis 2016 in Aussicht gestellt wurde. Deshalb ist unsere Enttäuschung groß. Die Neuverschuldung gegenüber den Banken wird sofort auf Null gestellt. Und der stufenweise Abbau der Krankenhausverbindlichkeiten wird schon im 2. Haushaltsjahr gestoppt. Die Unterfinanzierung der Krankenhäuser wird auf dem Rücken der Beschäftigten und der Patienten ausgetragen. Dies ist eine verdeckte Form von struktureller Gewalt. Es ist Gewalt gegen die Beschäftigten, die sich kaputt schuften für die Krankenversorgung. Es ist Gewalt gegen die Kinder der Beschäftigten, die sich auf Versprechen ihrer Eltern nicht mehr verlassen können, weil die wieder mal einspringen müssen. Es ist Gewalt gegen das Berufsethos der Beschäftigten. Wenn der Unterschied zwischen notwendigem Handeln und der Wirklichkeit groß bleibt, führt dies tendenziell dazu, dass sich Beschäftigte dieser Situation entziehen oder sich damit arrangieren, was dann aber zu Lasten der Patienten geht. Landesschulden gegenüber den Banken belasten zukünftige Haushalte. Nicht bezahlte Verbindlichkeiten gegenüber den Krankenhäusern belasten und gefährden sofort die Beschäftigten und Patienten. Durch die Beibehaltung der niedrigen Förderquote auch durch die neue Landesregierung werden die tatsächlich ja notwendigen Sanierungen und Baumaßnahmen zunehmend zum Fluch für die Beschäftigten. Je größer die Baumaßnahme umso größer der Druck auf die Krankenhausträger, die diese Kosten kaum noch tragen können. Wir fordern die Landtagsabgeordneten der Regierungskoalition auf: Sorgen Sie dafür, dass der Abbau der Nettoneuverschuldung des Landes gegenüber den Krankenhäusern wieder auf die richtige Spur gesetzt wird.“ 6 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 dät? Alsole: Annehmen, sag i, immer annehmen. Nonderschlocka. Ja saga. Maul halta. Etz kapierets doch endlich! Also, i frei mi scho richtig uff die nächschd Tserdifizierung. Zom Beischpiel als „Krankenhaus des gesundheitsfördernden Personalmangels“. Oddr wie wär‘s mit „Klinik der wertschätzenden Missachtung“? Oddr am beschta glei als „Haus der motivierenden Arbeitsbelastung“. Berta meint: ... mr muss au annehmen können! Also, i woiß et, was Ihr eich immer uffreget. Vo wega - mir schaffet mit immer weniger Leit, im Geldbeitel isch Ebbe, mir werdet dauerkrank ond brennet aus... Liabe Leit, machets eich doch et so schwär ond nähmet die Welt oifach wie se isch. No werds viel leichter. Oifach elläs mit sich macha lassa ond et schempfa ond scho goht‘s oim vo Dag zu Dag besser. Also, wenn mei Kendr zom Beischpiel Sunndigs morga scho rufet: „Mama, die Erna isch am Telefo, du muscht wiedr uff Schtatio komma!“ No gang i innerlich glei in dr Annehmen-Modus ond erklär meina Kendr: „Guckt, des isch a feine Sach, dass‘d Mama etzt koi Zeit meh für Eich hot ond glei wiedr schaffa ganga muss. Domit hilft se nämlich, dass onser Unternehmen Klinikum die schwarze Null erreicht!“ „Was fiera schwarzes Ding?“ froget se noch ond scho schmeiß i mr ‚s Jäckla om ond greif mr mei Däschla ond ko eahne grad no zurufa: „Hauptsach mir send vom Bundeswirtschaftsminischdr wiedr als familienfreundliches Krankenhaus tserdifiziert worda.“ Immer positiv denka! Ond d‘ Kendr lernet so scho früh, was wirklich wichtig isch em Läba: Dem Arbeitgäber diena! Hano - wo wäret denn mei Kendr, wenn i mein Arbeitsplatz verliera Ja, je mehr so Tserdifikade mir kriaget, um so sicherer ben i doch, dass mei Arbeitsplatz no lang erhalta bleibt! Ond wenn i dann scheene Dags mei Ehrenplakette „für jahrelanges treues und familienfreundliches Einspringen aus dem Frei“ kriag, no freiet sich mei Kendr ganz arg. Weil se wisset, dass d‘ Mama emmer elles fer se do hot… … träumt Eure Berta ZSG: soziale Psychiatrie – wie? Mit dem Umzug des Großteils der Erwachsenen-Psychiatrie stellen sich Fragen nach der Struktur und Konzeption der sozialen Psychiatrie neu. Als der Gemeinderat den Neubau der Psychiatrie beschloss, ging er von 80 Betten für die soziale Psychiatrie für Erwachsene im ZSG aus und davon, dass die Psychiatrie nur für ein paar Jahre als Zwischenlösung nach Bad Cannstatt umziehen würde. Damals wurde die Vorstellung aufrechterhalten, dass am Ende der baulichen Neustrukturierung des Klinikums die Psychiatrie an den Standort „Mitte“ verlagert würde. Inzwischen hat die Landesregierung erklärt, dass der Umzug der Psychiatrie nach Cannstatt dauerhaft sein soll. Damit wird es notwendig, sich erneut mit der Frage zu beschäftigen, wie die soziale Psychiatrie im stationären Bereich sinnvoll gegliedert werden kann. Bei der damaligen Zwischenlösung wurde davon ausgegangen, dass am Standort Bürgerhospital/ Gebäude Türlenstraße mindestens 40, höchstens 80 Betten vollstationär betrieben werden sollen. Von diesen Betten sollten 40 zur sozialen Psychiatrie gehören. Die anderen 40 Betten Sozialpsychiatrie sollten in Cannstatt vorgehalten werden. Das vom Klinikum-ZSG abzudeckende Versorgungsgebiet wurde in die Gebiete „Mitte“ und „Neckar“ aufgeteilt. Diesen Überlegungen lagen bestimmte Vorgaben zugrunde, wie, dass die Psychiatrie wohnortnah und in 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein sollte. Die Struktur, die sich aus dem aktuell geplanten Umzug in den Neubau nach Bad Cannstatt ergibt, könnte eine andere sein, so dass Aspekte wie Wohnortnähe eine geringere Rolle spielen könnten. Entscheidend dürfte die Frage sein, welches Versorgungsniveau (offene Einrichtungen mit oder ohne beschützende Möglichkeiten, Stationen mit Schwerpunkt Psychotherapie, Notfallbereitschaft, Kriseninterventionsmöglichkeiten, Kriseninterventionsteams) jeweils an welchem Standort und in welcher Größe vorgehalten wird. So wie es aussieht, soll das Gebäude Türlenstraße so umgebaut werden, dass dort zwei Stationen mit insgesamt ca. 40 Betten betrieben werden können sowie die drei Tageskliniken (Allgemeine, Sucht und Ältere) und die entsprechenden Ambulanzen. Ein entscheidendes Kriterium für die Frage, welcher Art und auf welchem Niveau die Versorgung der Patienten auf den beiden Stationen sein soll, ist die Sicherheit, die den Patienten dort gegeben werden kann. Eine ärztliche Präsenz rund um die Uhr, wie auch eine ausreichende pflegerische Personalbesetzung (Fixierungsstandard: fünf Pflegepersonen) zu jeder Zeit sind unerlässlich – auch zum Schutz der betroffenen Beschäftigten. Ausgehend von dieser Grundvoraussetzung sollte es möglich sein, am Standort Bürgerhospital ein wohnortnahes Behandlungszentrum für Langzeitpatienten in Krisensituationen ähnlich dem Vorbild Atrium-Haus in München aufzubauen. Dieses Konzept hätte den Vorteil, dass Patienten in akuten Behandlungssitu- 7 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 ationen möglichst nicht zuerst nach Cannstatt geschickt werden müssten, nach dortigem Aufenthalt auf einer geschlossenen/beschützten Station wieder zurück ins Bürgerhospital gefahren würden, um bei einer eventuellen weiteren Krise wieder nach Cannstatt gebracht zu werden. Ziel der Therapie wäre, die Behandlung im Bürgerhospital/Türlenstraße möglichst von der Aufnahme bis zur Entlassung und mit einer engen Verzahnung mit der Gemeindepsychiatrie zu gewährleisten und nur in Ausnahmen auf geschlossene/ beschützte Stationen in Cannstatt zu verlegen. Mit der wachsenden Erfahrung aus solch einem Konzept, das in München seit 1994 praktiziert wird, könnte dieses längerfristig – ähnlich wie in München - auch auf weitere Versorgungsgebiete innerhalb des Stuttgarter Versorgungsraums ausgeweitet werden. Zur Umsetzung eines solchen oder eines ähnlichen Konzepts bedarf es Menschen, die es aufgreifen, entwickeln und umsetzen. Das könnten Personen sein, die sich verantwortlich fühlen für die Versorgung psychisch Kranker oder die selbst in diesem Bereich tätig KBC muss als gleichwertiges Maximalversorger-Haus geführt werden Im März zieht das ZSG ans Krankenhaus Bad Cannstatt (KBC). Somit hat Cannstatt mehr Betten und scheint größer zu sein. Aber wo geht der Weg wirklich hin? Als die Reduzierung der vier (plus) Standorte auf zwei Standorte im Klinikum beschlossen wurde, war geplant, dass zwei annähernd große Krankenhäuser entstehen, die beide Maximalversorger sind. Allerdings gab es immer ein Hin und Her, welche Kliniken in Cannstatt angesiedelt werden und welche am Standort Mitte. So meinten bestimmte Chefärzte, dass nur am „Campus Mitte“ eine gute Entwicklung möglich wäre. Aber gerade die Frauenklinik hat gezeigt wie eine Abteilung aufblühen und sich entwickeln kann und wie gut das KBC von Patienten angenommen wird. Allerdings gehört dazu auch die entsprechende Ausstattung mit modernen Geräten. Es hat viel zu lange gedauert bis Cannstatt endlich das MRT bekommen hat, noch immer hapert es an der personellen Ausstattung. Dies ist auch ein Ausdruck der Wertschätzung von der Krankenhausleitung für den Standort. Jetzt ist geplant, schon vor dem Auszug der Frauenklinik 2013 die Abteilung Geriatrie vom BH ans KBC zu verlegen. Es gibt einen hohen Bedarf an geriatrischen Betten, da die Menschen immer älter und kränker werden. Folge wäre: in der Inneren würden keine Betten geschlossen. Trotzdem gibt es doch auch sehr nachdenkliche und kritische Stimmen zu dieser Entwicklung im KBC. Auf der einen Seite werden gerade wieder Inten- sivbetten geschlossen, d.h. die Hochleistungsmedizin heruntergefahren. Die Schließung von Intensivbetten schränkt aber die Behandlungsmöglichkeiten am Standort KBC und damit die Versorgungsmöglichkeiten der Bevölkerung ein. Dies gilt auch für die Versorgung der Patienten in Geriatrie und Psychiatrie und hebt nicht den Ruf als Hochleistungskrankenhaus. Und das hebt auch nicht die Attraktivität für Ärzte, sich hier ausbilden zu lassen. Dass das KBC als Maximalversorgungshaus geführt wird, darf deshalb nicht zur Disposition gestellt werden. Eine Absenkung des medizinischen Niveaus würde weitere Einschränkungen in der Versorgungsqualität nach sich ziehen. sind. Wenn niemand ein solches Konzept auf den Weg bringt, besteht die Gefahr, dass einige wichtige Aspekte sozialer Psychiatrie auf der Strecke bleiben. Das ist wörtlich zu verstehen: die Zeit, die Pflegekräfte brauchen, um Patienten vom einen Standort zum anderen zu begleiten und wieder zurück zu fahren, fehlen sie auf ihrer Station. Das würde weniger Besetzung in den Schichten bedeuten auch mit der Konsequenz, dass bei Unterschreitung der Mindestbesetzung keine Ausgänge mit Patienten möglich sind. Soweit sollte es nicht kommen. legen, wie die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten des KBC auf einem hohen Niveau erhalten und ausgebaut werden können. Wenn das Waiblinger Krankenhaus geschlossen wird, gibt es sicherlich viele Patienten, die gerne nach Cannstatt kommen, wenn das KBC medizinisch und therapeutisch gute Behandlungsmöglichkeiten bietet, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Wenn hier aber monatelang, ja jahrelang der Mangel verwaltet werden sollte, könnte sich ein Teufelskreis entwickeln, dass Stellen – egal ob im ärztlichen oder im pflegerischen Bereich - nicht oder nur schwer zu besetzen wären. Und das würde zu einer dauerhaften Schwächung des Standortes führen. Noch gibt es die Chance, Cannstatt als Maximalversorger im Krankenhausbereich zu stärken! Sie sollte in jedem Fall genutzt werden. Die Geschäftsführung sollte sich über- Jugend- und Auszubildendenvertretung: Neuwahl steht bevor Vom 5.3.2012 bis 8.3.2012 finden die Neuwahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) statt. Die Auszählung erfolgt am 9.3. Alle Schüler und Auszubildenden des Klinikums sind aufgerufen zu wählen. Wahlberechtigt sind z.B. die Auszubildenden der Kranken- und Kinderkrankenpflegschule, der MTA- und Diätschule und der Hebammenschule. Je höher die Wahlbeteiligung umso stärker der Rückhalt der JAV. Eine starke JAV ist gefragt. Probleme in der Ausbildung gibt es genügend, angesichts der steigenden Arbeitsbelastung ist die Ausbildungsqualität und die Praxisanleitung in der Pflegeausbildung ein Dauerbrenner. Oder die Mängel in den Personalwohnheimen, in denen viele Azubis wohnen. Themen, die auch auf der letzten Versammlung der Jugendlichen und Auszubildenden im November zur Sprache kamen. Wer mithelfen will, die offensive und aktive Arbeit der bisherigen JAV fortzuführen, sollte selbst kandidieren und sich bei der JAV und der ver.di-Jugend melden. Gewählt werden können alle jungen Beschäftigten bis 26 Jahre und alle Wahlberechtigten. Bis zum 6.2.2012 können die Kandidatenlisten eingereicht werden. 8 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 ... aus den Krankenhäusern und Abteilungen ... Katharinenhospital Infektwelle beim Pflegepersonal – the show must go on Das neue Jahr fing schon gut an. Es ist eine Infektwelle durch die Station A6 gebraust, wie wir sie selten erleben: fünf Schwestern und Pfleger waren gleichzeitig außer Gefecht gesetzt. Wann immer das Telefon klingelte, schoss die bange Frage durch den Kopf: wer noch? Ersatz war zunehmend schwerer zu organisieren. Weit mehr als dreißig Patienten, die Hälfte von ihnen mit A3/ S2 Pflegeintensität, waren zu behandeln. Die PDL, sichtlich angespannt, mühte sich um Kolleginnen anderer Stationen. Dennoch: Einige Schichten waren gefährlich dünn besetzt: zwei Examinierte und eine Praktikantin. Trat ein Ausfallkonzept in Kraft? Fehlanzeige! Aufnahmestopp? No Go! OPs reduzieren? Aber nein! Die Stationsleitung musste die Ärzte bitten, die Anordnungen auf das absolut Notwendige zu beschränken und die Station mit Notaufnahmen zu verschonen. Die Herren Doktoren legten ihre Stirn in Sorgenfalten ob der überaus bedenklichen Besetzung im Pflegedienst. Da der Pflegenotstand sich weiter verschärfen und eine Situation wie diese häufiger Eintreten wird, fordern wir ein verbindliches Ausfallkonzept, wie hier vorzugehen ist: sei es durch Leasingkräfte, Aufnahmestopp, Bettenschließungen und ähnliche Maßnahmen. Wenn‘s von oben gewollt ist, können schließlich auch Stationen geschlossen werden – wie zum Beispiel im Olgäle über Weihnachten. Bürgerhospital ZSG-Umzug: allgemeine Verunsicherung Die Stimmung ist nicht gut in der Psychiatrie derzeit. Offensichtlich gelingt es den Verantwortlichen (Zentrumsleitung) nicht, den Mitarbeitern zu vermitteln, dass der Umzug des Großteils der Psychiatrie vom BH und der Kinder- und Jugendpsychiatrie vom OH ans KBC gut durchdacht und vorbereitet ist. So tauchen viele Fragen auf, die unbeantwortet bleiben, was zu einer um sich greifenden Verunsicherung führt. Viele können sich noch nicht vorstellen, dass der Umzug tatsächlich zum 20. März stattfinden wird. Nach den leidvollen Erfahrungen mit immer wieder auftretenden Mängeln des Alarmsystems am Standort Bürgerhospital gibt es die Frage nach dem neuen Alarmsystem im Neubau Cannstatt. Wie funktioniert es? Was ist, wenn es auch mit dem neuen Alarmsystem Probleme gibt? Anlaufschwierigkeiten sind nie auszuschließen. Wie kriegen wir in Notfallsituationen Hilfe, wenn das Alarmsystem nicht funktioniert? Viele kennen die räumlichen Gegebenheiten in Cannstatt noch nicht. Werden wir uns in den neuen Stationen zurecht finden? Die Nachbarstationen werden zumeist andere sein. Die Anbindung der Psychiatrie an den somatischen Teil des Krankenhauses muss neu erfahren und eingeprägt werden. Wo finde ich wichtige Verwaltungsabteilungen vor Ort im KBC? Wird es im KBC eine Kasse (sehr wichtig für die Patienten!) geben? Bleibe ich im Team meiner bisherigen Station? Wird die Geschäftsführung an der allgemeinen Einführung der pflegerischen Bereichsleitung festhalten? Wechselt mein Vorgesetzter? Welche Station zieht an den angekündigten beiden Umzugstagen zu welchem Zeitpunkt um? In welcher Reihenfolge ziehen die Stationen um? Sind wir auf Notfallsituationen während des Umzugs vorbereitet? die Frage, ob der angekündigte Umzugstermin gehalten werden kann. Katharinenhospital Vorsicht! Vehikel schwenkt aus! Das PIKS und die Pflege Unser Klinikum hat technisch wieder einmal aufgerüstet: Die sogenannten PIKS-Geräte (Patienten-Informationsund Kommunikations-System), eine Kombination von Radio, TV und Telefon an jedem Bett steigern den Patientenkomfort. Den des Pflegepersonals jedoch nicht: Es klingelt. Ich gehe ins Krankenzimmer. Auf den ersten Blick kein Patient zu sehen, dafür Mattscheibe und Schwenkarm. Ein Blick dahinter offenbart das kreidebleiche Gesicht eines Patienten, der schwallartig erbricht… Patientin Schulze wird ins Zimmer geschoben. Es kracht. Ups - hat der Bettgalgen doch glatt das PIKS-Gerät gerammt. Visite. Der Arzt will den Kranken abhorchen. Das Ding ist schon wieder im Weg: wegschieben, damit der Kranke sich aufsetzen kann. „Doktor, Vorsicht! Schlagen Sie sich nicht den Kopf an.“ Schwungvoll rolle ich den Infusionsständer ins Zimmer. Man muss heutzutage flott arbeiten … Ein lautes Scheppern: Metallgestell gegen Bildschirm, dieser ist prophylaktisch mit einer Plastikscheibe geschützt. Das sind nur einige von vielen offenen Fragen, die derzeit wirklich viele Beschäftigte in der Psychiatrie umtreiben. Sobald ich mich dem Patienten nähere, schweift der geschulte Blick zunächst aufs PIKS-Gerät, sondiert die Lage: erst am PIKS oder doch besser am Patienten aktiv werden? Die Fragen sollten zügig beantwortet werden. Die Beschäftigten sollten auf allen Ebenen in die Umzugsvorbereitungen einbezogen werden. Der Umzug soll in weniger als zwei Monaten stattfinden. Sollte es den Verantwortlichen nicht gelingen, die Beschäftigten hierbei „mitzunehmen“, stellt sich tatsächlich Nächster Knackpunkt sind Wochenenden und Feiertage: recht oft begibt sich PIKS mit ins Frei. Patienten reklamieren den Defekt - na bei wem wohl? Richtig, bei der Schwester - und erwarten sofortige Abhilfe. Damit sieht es ab Freitagnachmittag aber verdammt schlecht aus. Der Monteur hat sich ins 9 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 ... aus den Krankenhäusern und Abteilungen ... Wochenende verabschiedet – und somit bleibt die Mattscheibe schwarz und stumm. Die älteren Semester unserer Patienten müssen die Bedienung des Geräts oft mehrfach erklärt bekommen und die Chipkarte funktioniert längst nicht immer. Außerdem - auch diese Aufgabe ist offenbar uns Pflegenden zugedacht: dem enttäuschten Patient zu vermitteln, dass von seinen zehn investierten Euro nur drei zum Telefonieren bleiben! Und – selbstverständlich – werden wir gebeten, die Karte für weniger mobile Menschen zu erwerben oder mal schnell das Guthaben aufzustocken - unten am Automaten im Katharinenhof. So werden die strapazierten Pflegenden zu Servicepersonal fürs PIKS – hörte ich da jemand von Entlastung der Pflege reden? KH Bad Cannstatt Krankenpflegeschüler immer noch als Lückenbüßer eingesetzt Schon vor Monaten wurde problematisiert, dass auf der Station F6a Kinderkrankenpflegeschülerinnen bewusst eingeteilt werden, um Nachtdienst zu machen. Dafür wird dann eine Nachtwache auf der Nachbarstation F6b weniger eingeteilt. Die F6b hat eigentlich vier Nachtwachen im Einsatz, da sonst nachts die Säuglinge auf den beiden Stationen nicht betreut werden können. Durch die vielen Zwillinge, Drillinge und auch sehr kleinen Kinder gibt es rund um die Uhr viel zu tun mit Müttern und ihren Kindern. Die vierte Nachtwache betreut so die Kinder auf der F6a mit. Da mehrere Stellen auf der F6b nicht besetzt sind, wird immer noch gezielt versucht, die Schülerinnen als Lückenbüßer einzusetzen. Für die Schülerinnen auf der F6a bedeutet die Reduzierung, dass sie überhaupt nicht angeleitet werden können, sie dürfen aber nicht selbständig arbeiten. Darum ist es für die Schülerin und für die Examinierte unverantwortlich, wenn so geplant wird. Die Schwestern der F6a haben zu Recht die Verantwortung für Schüler und Patienten abgelehnt. Die Zentrumsleitung muss zügig die Stellen besetzen, damit der Nachtdienst mit ausreichend Examinierten besetzt werden kann. Katharinenhospital SOS-Kommunikation Bei der Personalversammlung im KH war gut zu beobachten, wie in Managementtechniken ausgebildete Menschen - wie zum Beispiel Geschäftsführer - Schmitz reagieren, wenn sie mit realen Problemen der alltäglichen Krankenhausarbeit konfrontiert werden. Auf die detaillierte Schilderung einzelner Probleme, v.a. der Pflegekräfte wie Unterbesetzung auf Großstationen, häufige Überlastungssituationen, steigende Personalfluktuation wegen unattraktiver und gesundheitsbelastender Arbeitsbedingungen, meinte er sinngemäß, dass die Geschäftsführung ja auch keine Stellen abbauen wolle, sondern - wenn es geht - lieber die Fälle erhöhen möchte ... Krankenschwestern der Station I3 erinnerten daran, dass es bereits im letzten Jahr Versprechungen der Geschäftsführung gegeben hätte, die Situation würde sich bessern und dass man sich natürlich beschweren und Überlastungsanzeigen schreiben dürfe - das habe keine Konsequenzen. Dem stellten die Kolleginnen gegenüber, dass Einzelne, die öfters Überlastungsanzeigen geschrieben hatten, vorgeladen wurden und ihnen vorgeschlagen wurde, doch mal darüber nachzudenken, ob sie nicht überlastet seien und wechseln wollten. Offensichtlich ist es so, dass die Versprechen der Geschäftsführung nicht besonders viel wert sind, wenn sich unmittelbare Vorgesetzte nicht daran halten. Den Vogel schoss Pflegedirektorin Klein ab, als sie in ihrer Antwort diese Vorwürfe, die ja gar nicht gegen sie persönlich gerichtet waren, zurück wies und versicherte, dass sie niemanden wegen Überlastungsanzeigen vorgeladen hätte und dies auch nicht vorhabe, ohne aber zu vergessen zu erwähnen, dass es auf der betreffenden Station noch Probleme gäbe, die auch im Organisatorischen lägen. Auf diese Glanzleistung in Mitarbeiter missachtender Kommunikation stellte der JAV-Vorsitzende zunächst einmal die durchsichtige Taktik dar, etwas ganz anderes zu dementieren als den eigentlichen Vorwurf. Schließlich hätten die Kolleginnen berichtet, dass sie von der PDL vorgeladen wurden, während Frau Klein erklärte, sie habe niemanden vorgeladen. Mit der Anmerkung, dass dies ein billiger Griff in die rhetorische Trickkiste sei, überreichte er ihr für ihre Bemühungen bei den sogenannten S.O.S.-Begehungen (Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit) eine Warnweste (natürlich von ver.di), damit sie in Zukunft auch sicher bei den regelmäßigen Stationsbegehungen gesehen wird. Außerdem bekam sie weiße Handschuhe, um die Sauberkeit auch genau überprüfen zu können und zum Abschluss für die Ordnung noch eine Schieblehre, die praktischerweise mit zweierlei Maß messen könne und somit nicht nur bei den Begehungen, sondern auch in der Personalabteilung zu benutzen sei. Die sei ein echter Mehrwert in jedem Management - aber leider wollte Frau Klein diese Geschenke dann doch nicht haben. Das könnte daran gelegen haben, dass ihr Humor hierfür nicht ausreichte oder auch daran, dass die Managementriege in der ersten Reihe mehr Interesse an ihren iPhones hatte als an den Redebeiträgen und somit signalisierten, wie viel ihnen an ernsthafter Kommunikation gelegen ist. 10 Arbeitsschutz aus Frauensicht Auf einem Seminar des DGB Ba-Wü zum Thema Arbeits-und Gesundheitsschutz im Betrieb aus Sicht der Frauen wurde deutlich, dass Arbeitsschutz in Deutschland sich bisher geschlechterneutral versteht und die Unterschiede geschlechtsspezifischer Belastungsfolgen ignoriert. So ist z.B. landläufige Meinung, dass Frauenarbeitsplätze nicht gefährlich und Frauenberufe leichte Berufe seien. Des Weiteren wird auch der Arbeitsschutz von Vorurteilen geprägt, wie: Männer sind stark, Frauen sind sensibel oder Frauen werden psychisch krank, Männer nicht. Weitgehend unbekannt ist, dass Frauen bei einem Herzinfarkt eine höhere Sterblichkeit haben als Männer, da die Symptome anders sind als bei Männern und oft auch erst später erkannt werden. Auch in der Forschung gibt es eine einseitige männliche Sicht, so werden z.B. Medikamente hauptsächlich an Männern getestet, obwohl bekannt ist, dass Frauen anders auf Medikamente reagieren als Männer. Frauenerwerbstätigkeit nimmt zu, in Baden Württemberg sind 69% aller Frauen erwerbstätig. Arbeitsbedingte Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Frauen müssen stärker in der Forschung und Prävention berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Anerkennung der Tatsache, dass erwerbstätige Frauen weiterhin die Doppelbelastung von Familie und Beruf tragen (85% aller erwerbstätigen Frauen in Ba-Wü arbeiten in Teilzeit) und in schlechteren Verhältnissen arbeiten: zwei Drittel aller Minijobber sind Frauen und für 69% der Frauen in diesen prekären Arbeitsverhältnissen ist dies die einzige Erwerbstätigkeit. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Belange von Arbeitnehmerinnen im Gesundheitsschutz angemessen zu berücksichtigen. Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 Internationaler Frauentag 2012 Als Frau im Beruf gesund bleiben – als Mann auch! Wie jedes Jahr wird für die Teilnahme an der Veranstaltung zum Internationalen Frauentag im Stuttgarter Rathaus für städtische Beschäftigte Dienstbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge gewährt. Das Thema der Veranstaltung, die am Freitag, 9. März von 9 – 13 Uhr im Großen Sitzungssaal stattfindet, lautet: „Als Frau im Beruf gesund bleiben – als Mann auch! Anforderungen an den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz“. Wer teilnehmen möchte, sollte dies bereits jetzt im Dienstplan vormerken. Pflegepersonal als Inkassobetrieb Unsere Profession wird immer vielfältiger, nahezu monatlich wird der Pflege eine neue Tätigkeit zugewiesen. Würde ich alle Berufe aufzählen, die wir momentan ausüben, würden diese schnell eine ganze Seite füllen. Vermehrt haben wir darüber zu wachen, dass unser Klinikum von den Krankenkassen sein Geld erhält, wir also in Inkasso-Funktion. Mit einem Laternenumzug am 21. November machten Beschäftigte der Stadt und des Klinikums auf ihre Forderungen nach Verbesserungen der Arbeitsbedingungen aufmerksam. Angesichts der zunehmenden Belastungen am Arbeitsplatz und der unattraktiven Bezahlung für die Mehrheit der städtischen Beschäftigten übergaben sie vor dem Rathaus OB Schuster weitere Unterschriften für Forderungen wie Entfristung aller Arbeitsverhältnisse, mehr Personal zum Ausgleich für Personalausfälle, bessere Dienstbefreiungsregelungen zur Betreuung oder Pflege von Angehörigen und Kindern, kürzere Wochenarbeitszeiten für ältere Arbeitnehmer mit Vergütungsausgleich. Insgesamt wurden im Klinikum und bei der Stadt über 3.600 Unterschriften gesammelt. Zumindest ein Teilerfolg konnte damit erreicht werden. Bei den Haushaltsberatungen beschloss der Gemeinderat Verbesserungen wie sofortiger Personalersatz bei Beschäftigungsverbot wegen Schwangerschaft, Betriebsausflugstag, mehr Plätze in den Betriebskitas. Dass diese allerdings nicht für die Klinikumsbeschäftigten gelten sollen, ist nicht einzusehen. Dies lässt sich auch nicht mit Verweis auf den Vier-Seitenvertrag und die damit verbundenen Zuschüsse der Stadt an das Klinikum begründen. Da diese nicht ausreichen, um eine steigende Belastung für die Klinikumsbeschäftigten zu verhindern, bedarf es weiterhin gerade hier dringender Entlastungsmaßnahmen. Mindestens täglich erinnern uns Mails der Verwaltung und Pflegedienstleitung an diese, unsere Pflicht: „Von Herrn Duck, Dagobert, Fall-Nummer XXXXX, fehlt uns noch der Behandlungsvertrag …“ Dummerweise ist Herr Duck schwer dement, erhält keinen Besuch und hat einen Betreuer. Dieser wurde nur einmal gesichtet. WIR aber haben dafür zu sorgen, dass das Dokument unterschrieben und von UNS gegengezeichnet wird! Manch ein Patient will auch detailliert darüber aufgeklärt werden, was er da unterschreiben soll. Von dieser neuartigen Notariatsfunktion fühlen wir uns dann doch überfordert. Nett wird es auch, wenn Patienten der deutschen Sprache kaum mächtig sind und in einfachen Worten wissen möchten, was auf dem Papier steht. Pflege als Dolmetscher. Neben all unseren Aufgaben sollen 11 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 wir nun auch noch diese vermaledeiten Behandlungsverträge im Hinterkopf behalten! Es kann nicht unser Job sein, als Erfüllungsgehilfen der Verwaltung zu dienen. Höhere Löhne durch Tarifkämpfe? Das kann ich doch besser allein ohne Gewerkschaft. Das denken sich anscheinend immer noch viele, die sich bisher nicht gewerkschaftlich organisiert haben. Im Krankenhaus arbeiten vor allem Frauen. Und da heißt es Achtung. Spiegel online stellte am 8. Dezember 2011 fest: Im Gehaltspoker gibt es einen Bonus für Kerle. Männer treten dreister auf, wenn sie mit dem Chef feilschen. Frauen hingegen wird Vorwitz im Gehaltspoker meist übelgenommen. Hinzu käme ihr Hang zur „Selbstverzwergung“. Männer sehen die Verhandlungen eher als Poker und Bluff. Frauen wollen dagegen den Bogen nicht überspannen. Konsequenz: Männer verdienen mehr trotz vergleichbarer Qualifikation. Viel liege an der schlechteren Selbstvermarktung, glauben Experten. Die zum Teil sozial erlernte Selbstdiskriminierung müsse abgelegt werden und durch eine härtere Verhandlungsstrategie ersetzt werden, raten viele Forscher. Inzwischen werden spezielle Trainings angeboten, um das „Feilschvermögen“ von Studienabsolventinnen zu fördern. In Rollenspielen üben die Frauen den Ernstfall. Untersuchungen hätten ergeben, dass Menschen auf Dominanzverhalten der beiden Geschlechter höchst unterschiedlich reagieren. Ein entschlossenes Auftreten hilft Männern, kann aber bei Frauen die Chancen mindern. Würden Männer widersprechen, gelte das als Zeichen von Selbstbewusstsein und Durchsetzungsfähigkeit. Bei Frauen würde dies als höchst unbescheiden – sprich unfeminin gedeutet. Nach diesem Ausflug in die Welt des individuellen Feilschens um mehr Lohn, erinnern wir an unsere Tarifverhandlungen und dass kurz nach dem Verhandlungsauftakt am 1. März der Internationale Frauentag (8. März) liegt. Knast für Einsatz einer Pflegekraft für demente Patienten Am 29.12.2011 berichtete die taz: Angelika-Maria Konletzko war als Pflegekraft in einer Seniorenwohngemeinschaft eingesetzt. Dabei ging man von einer Arbeitsleistung von 3 Stunden und einem Bereitschaftsdienst von 8 Stunden pro Nacht aus. Aber Kollegin Konletzko ist überzeugt: die Bewohnerinnen waren schwerst pflegebedürftig. Sie haben eine Überwachung und Pflege rund um die Uhr benötigt. Sie habe laufend Kontrollgänge machen müssen. Hätte sie die Pflegearbeiten nicht gemacht, hätte sie ihre Arbeit enorm vernachlässigt und unter Umständen wegen fahrlässiger Tötung angeklagt werden können. So musste sie regelmäßig bei den demenzkranken Patienten die Mundhöhle absaugen, damit diese nicht in Gefahr geraten im Schlaf zu ersticken. Das Pflegedienst-Unternehmen widerspricht dieser Darstellung und verweigerte ihr die Bezahlung aller Nachtarbeitsstunden. Das Arbeitsgericht gab dem Pflegedienst-Unternehmen recht: „Es ist nicht Aufgabe des Arbeitnehmers Pflegestandards selbst festzulegen.“ Nicht berücksichtigt wurden vom Arbeitsgericht Stellungnahmen anderer Organisationen, die bestätigten, dass in Demenz-Wohngemeinschaften eine durchgängige 24-Stunden-Betreuung notwendig sei. Und warum Knast? Frau Konletzko ist als Akt des Widerstands nicht bereit die Kosten dieses Rechtsstreites über 2.200 Euro zu tragen. Deshalb soll sie in Erzwingungshaft, die bis zu sechs Monate andauern kann. Einen Erfolg hat die Auseinandersetzung. Der verklagte Pflegedienst hat für seine Demenz-WG nun Nachtwachen statt Bereitschaftsdienste eingeführt. Und was lehrt uns die Geschichte? Wenn Personalressourcen nicht ausreichen, muss dies dringend in Überlastungsanzeigen dokumentiert werden, um die Situation zu ändern. Und was in der Personalnot weggelassen werden kann, muss uns die Krankenhausleitung mitteilen. Das darf sie nicht auf die Beschäftigten abdrücken. Was so vor 120 Jahren in der Gewerkschaft diskutiert wurde Am 13. Februar 1892, einen Monat bevor der erste Dachverband deutscher Gewerkschaften (heute DGB) gegründet wurde, schreibt das „Correspondenzblatt“ über die Verkürzung der Arbeitszeit: „Die theure menschliche Arbeit ist durch die Maschine ersetzt. Ein solcher Ersatz kann nur als ein Segen für die Menschheit betrachtet werden. Dieser Ersatz der menschlichen Arbeitskraft wird aber zum Fluch für die am meisten Betheiligten, für die Arbeiter selbst, wenn dadurch jenes Heer der Arbeitslosen geschaffen wird, welches unbedingt dazu dienen muß, die allgemeine Lebenshaltung der Arbeiterklasse zu verschlechtern. Wenn mit diesem Ersatz der Arbeitsleistung des Menschen durch die Maschine nicht gleichzeitig eine Entlastung der thätigen Arbeiter eintritt, so kann man nicht davon sprechen, daß die Anwendung der Maschine in der Industrie der Arbeiterklasse zum Segen gereicht. Aufgabe dieser ist es nun, ihrerseits eine Regelung in diesem Verhältnis herbeizuführen um mit der höheren industriellen Leistungsfähigkeit eines Volkes nicht gleichzeitig dessen Ruin, sondern dessen größeren Wohlstand herbeizuführen. Nicht etwa Vergrößerung des Nationalvermögens, das in den Händen einzelner Kapitalisten sich befindet, sondern Erhöhung des Einkommens jedes Einzelnen und größere Entlastung bei der Ausübung der Arbeit, das ist unter Volkswohlstand zu verstehen. Die Erfahrung hat wohl gelehrt, daß das Kapital bei der erfolgten Verkürzung der Arbeitszeit eine Verbesserung der technischen Einrichtung eintreten läßt und so wiederum den Überschuß an Arbeitskräften erzeugt. Diese Thatsache ist aber unter keinen Umständen ein Grund, diesen Kampf um den Normalarbeitstag überhaupt zu unterlassen.“ 12 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 Dr. med. oeconomicus? Stolpersteinlegung am Dienstleistungszentrum Amerikanische Studie zeigt: Geld beeinflusst die Indikationsstellung Ende November fand am DLZ in der Sattlerstr. 25 die zweite Stolpersteinlegung statt. Ein kleiner Kreis u.a. von Verwaltungsbeschäftigten, Personalrat und ver.di waren Zeugen, wie der Künstler Gunter Demnig die beiden Stolpersteine zum Gedenken an das Ehepaar Alexander verlegte. Welches Schicksal erlitten die beiden jüdischen Mitbürger? Friedrich und Helene (geb. 1869 und 1882) wohnten von 1929 bis 1937 in der Sattlerstraße. Sie betrieben eine kleine Firma, die Kraftfutter für Nutztiere herstellte, mit nur mäßigem Erfolg. Das Paar war wohl kinderlos. Dem technischen Fortschritt aufgeschlossen, besaßen sie 1900 unter den ersten Stuttgartern einen Telefonanschluss. Schon im Winter 1933 begannen die Schikanen gegen die jüdische Bevölkerung. Die Alexanders mussten 1937 ihre Firma an das bereits „arisierte“ Unternehmen Schweigert Niemand soll denken, dass wirtschaftliche Sachzwänge und die finanzielle Steuerung des Gesundheitswesens Halt macht bei ärztlichen Entscheidungen. Sie schleichen sich offen und verdeckt ein und gefährden das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Bereits 1990 hatte eine Studie in USA gezeigt: Ärzte reagieren in ihren diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen auf finanzielle Anreize. Dies wurde jetzt wieder bestätigt. Bei ca. 2.000 Patienten einer Krankenversicherung, die eine kardiologische Belastungsuntersuchung erhielten, zeigte es sich überdeutlich: Nicht allein medizinische Notwendigkeit, sondern vielmehr die finanziellen Anreize für den Arzt bei der Untersuchung führten zu einer Indikationsstellung (The Journal oft he American Medical Association 2011; 306:1993-2000). Diese Zusammenhänge scheinen sich jetzt sogar bei der Bundesregierung herumgesprochen zu haben. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/die Grünen wurden Neuregelungen für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) verteidigt: „Vielmehr soll der Gefahr, dass die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen durch wirtschaftliche Interessen von Investoren beeinträchtigt wird, bereits im Vorfeld durch strukturelle Vorgaben entgegengewirkt werden, um sicherzustellen, dass die ärztliche Tätigkeit im MVZ weiterhin allein medizinischen Gesichtspunkten folgt, um eine primär an medizinischen Vorgaben orientierte Führung der Zentren zu gewährleisten.“ (BTDrucksache 17/8115 vom 12.12.2011). Angesichts der Tatsachen, dass in Deutschland die Privatisierungsrate der Krankenhäuser inzwischen höher ist als in den USA und durch weiteren Geldentzug wieder mehr kommunale Krankenhäuser in den Verkauf getrieben werden, fehlt uns allerdings der Glaube an eine nachhaltige Einsicht der derzeitigen Bundesregierung. verkaufen. 1938 wurde ihr Vermögen registriert, die Zahlung von „Sühneleistung“ bestimmt. 1939 hatten alle Juden sämtliche Wertsachen der Stuttgarter Pfandleihe abzugeben. Die Alexanders wurden genötigt umzuziehen. 1942 fand die Zwangsevakuierung in das als „Jüdisches Altersheim“ getarnte Massenlager bei Ulm statt. Im selben Jahr starb Herr Alexander. Drei Wochen später hatte sich seine Frau im Sammellager am Killesberg zusammen mit ca. tausend älteren Juden einzufinden. Am Folgetag erfuhren sie die Deportation vom Nordbahnhof nach Theresienstadt. Bereits am Vortag zog die Reichsbank Frau Alexanders Wertpapierkonto ein. Im Herbst 1944 trat sie ihre letzte Reise ins KZ Auschwitz-Birkenau an. Frau Helene Alexander wurde hier ermordet. Link: www.stolpersteine.com Erinnern statt Verdrängen Krankenmorde und Zwangssterilisationen während der NS-Zeit in Stuttgarter Krankenhäusern und Anstalten der Region Im November fand im Rathaus eine bemerkenswerte Veranstaltung statt. Private Arbeitskreise, insbesondere die Stuttgarter Stolperstein Initiative, referierten vor einem emotional berührten Publikum ihre Forschungsergebnisse zu Krankenmorden und Zwangssterilisationen in Stuttgart, Grafeneck und Region. Gerade wir Beschäftigten des Klinikums Stuttgart sind fassungslos über die Geschehnisse in unsrer Umgebung. Diesen Artikel zu schreiben war deshalb nicht einfach. Die historischen Hintergründe sind komplex und eine Zusammenfassung birgt immer die Gefahr von Auslassungen, vieles ist nicht eindeutig belegt, die zeitgenössischen Dokumente oft vernichtet oder es ist schwer, sie einzusehen. Zum historischen Hintergrund: Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens, auch T4 genannt und euphemistisch als „Euthanasie“ umschrieben, erfasste all diejenigen Menschen, die das NS-Regime als nicht nutzbringend einstufte. Auch Stuttgarter Bürger fanden, verlegt 13 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 nach Grafeneck, Hadamar bei Limburg, Weinsberg und Weissenau den Tod. 1940 wurden allein in Grafeneck 10.000 Menschen ermordet. Zwischen Januar 1940 und August 1941 gab es im ganzen damaligen deutschen Reichsgebiet 70.000 Mordopfer. Das „Reichsausschußverfahren“ legte zwischen 1939 – 45 fest, dass behinderte oder psychiatrisch erkrankte Kinder den örtlichen Gesundheitsämtern zur „Klärung wissenschaftlicher Fragen“ zu melden sind. Das streng geheime Verfahren aus dem Reichsministerium des Inneren betraf insbesondere Neugeborene und bei ihren Eltern lebende Kinder bis zum Alter von 16 Jahren. Die Eltern wurden bedrängt, die Kranken in sogenannte „Kinderfachabteilungen“ einweisen zu lassen, es würden „unter fachärztlicher Leitung sämtliche therapeutischen Möglichkeiten, die auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse vorliegen, angewendet, um dem Kind zu helfen.“ Diese perfide Argumentation bedeutete nichts anderes als dass ein kleiner Kreis von Ärzten nur aufgrund der Aktenlage ein Kind „behandeln“ ließ. Behandeln hieß immer Tötung! Dreißig dieser „Kinderfachabteilungen“ sind bekannt, in ihnen kamen 5.000 Kinder zu Tode. Das damalige städtische Kinderkrankenhaus Stuttgart und die „Fachabteilungen“ in Eichberg und Ansbach müssen als solche fungiert haben. Die Opfer bekamen Luminal, ein starkes Schlafmittel, in erhöhten Dosierungen verabreicht, so dämmerten sie ihrem Tod entgegen. Die Eltern wurden mit gefälschten Angaben der Todesursache belogen. Meist hieß es auf der Benachrichtigung „Lungenentzündung“. Im November 2011 legte der Kölner Künstler Gunter Demnig den ersten Stolperstein für ein Stuttgarter Kind, den damals im Alter von fünf Jahren getöteten Gerhard D. - der Junge wurde in Eichberg ermordet. Die Nachforschungen von Dr. KarlHorst Marquart dokumentieren allein in diesen drei Anstalten Belege für 80 getötete Kinder. In Stuttgart fanden 52, meist als Säuglinge, den Tod. Das städtische Kinderkrankenhaus Stuttgart lag damals auf dem Gelände des heutigen Bürgerhospitals im Bereich Türlen- und Birkenwaldstraße. Sein Leiter war Obermedizinalrat Dr. Karl Lempp, der zeitweise auch dem Gesundheitsamt stellvertretend vorstand. Zusammen mit der aufstrebenden Ärztin Dr. Magdalene Schütte fungierte er als Chef des Kinderkrankenhauses und erklärte sich laut einem amtlichen Brief aus dieser Zeit bereit, die „Behandlung“ (s.o.) der gemeldeten Kinder zu übernehmen, Frau Schütte orderte ungewöhnlich große Mengen Luminal. Im Gesundheitsamt beantragte Lempp Zwangssterilisierungen gemäß des Gesetzes „zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Die Eingriffe wurden an Männern und Frauen, nicht selten unter Anwendung von Gewalt, in der Städtischen Frauenklinik Bismarckstr. 3 und in der chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Bad Cannstatt durchgeführt. Seit 1933 NSDAP-Mitglied, leitete Lempp mit kurzer Unterbrechung bis 1950 beide Einrichtungen. Zunächst von den Amerikanern angeklagt und entlassen, schaffte er es schließlich, vom deutschen Entnazifizierungsverfahren als Mitläufer eingestuft zu werden. 1954 erwarb er professorale Ehren. 1960 starb Lempp, im Amtsblatt gewürdigt. Seine NS-Aktivitäten erwähnte man nicht. liche Schicksale machen uns heute erschüttert und fassungslos. Was wir tun können, ist, an diese Toten zu erinnern, ihr Schicksal zu erforschen und an den Tatorten der Morde Mahnmale und Stätten der Information einzurichten. Städte wie Berlin oder Köln zeigen, dass sie ihre Vergangenheit nicht vergessen machen wollen. In Stuttgart hingegen tut sich die Stadtverwaltung noch schwer; das Hotel Silber diene hier als Beispiel: wie viel, vor allem privaten Engagements hat es bedurft, bis endlich eine würdige Gedenkstätte in Planung ging! Auch diejenigen Stuttgarter Gesundheitseinrichtungen, die eine schwarze Vergangenheit haben, sollten diese aufarbeiten und zum Beispiel im Bürgerhospital im Gebäude Türlenstraße einen Raum des Gedenkens einrichten. So können Stuttgarter Bürger erfahren, was an Orten, die sie tagtäglich betreten, vor siebzig Jahren geschah. Weitere Informationen: www.stolpersteine-stuttgart.de und: „Verlegt. Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart“, Hrsg. Martin, Elke; Verlag Peter Grohmann, 2011 Diese unfassbaren Zahlen über mensch- Die Verbrechen der Marktwirtschaft - Folge 31 „… Nieren, Leber und andere Organe bei lebendigem Leibe entnommen ...“ Hunderte afrikanische Flüchtlinge sind einem CNN-Bericht zufolge Opfer von Organhandel in der Sinai-Wüste geworden. Drahtzieher sollen Beduinen sein, die Flüchtlinge über die Grenze nach Israel schmuggelten und korrupte ägyptische Ärzte. Ihre Opfer kämen vor allem aus dem Sudan, Äthiopien oder Eritrea. Den Flüchtlingen würden Nieren, Leber und andere Organe bei lebendigem Leibe entnommen. Die brutalen Eingriffe überlebten die Opfer in der Regel nicht. CNN präsentierte Beweisfotos von der ägyptischen Menschenrechtsorganisation New Generation Foundation for Human Rights und der italienischen Everyone Group. Die Bilder zeigten Leichname von Flüchtlingen, denen Organe fehlten. Die Toten seien auf der Sinai-Halbinsel gefunden worden. Ihre Körper wiesen große Narben auf. Eine offizielle Bestätigung der ägyptischen Behörden fehlte. Der Leiter der ägyptischen Menschenrechtsorganisation, Hamdi al-Azzazi, sagte, dass verbrecherische ägyptische Ärzte mit mobilen Operationszelten und sterilen Kühlboxen angereist seien. Dann wählten sie ihre Opfer aus, betäubten sie und entnähmen Organe. Anschließend würden sie die schwer verletzten Flüchtlinge sich selbst überlassen. Al-Azzazi sprach von Hunderten Opfern. Der Preis je Organ fange bei 20.000 Dollar (14.800 Euro) an, sagte ein Beduine dem Sender. Wer sich darüber wundert, versteht nichts von der Wirtschaft. Wer sich darüber aufregt, beginnt sie zu verstehen. Quelle: Badische Zeitung 21.11.2011: 14 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 CFM: Streik bei privatisierter Servicetochter der Charité In der Servivegesellschaft der Charité Berlin (CFM) gibt es keinen Tarifvertrag. Seit mehreren Jahren versuchen die Beschäftigten den tariflosen Zustand zu beenden. Im Mai letzten Jahres begannen sie zeitgleich mit den Beschäftigten der Charité ihren Streik. deutlich, dass die Kolleginnen der CFM zwar allein weiter streiken mussten, aber nicht allein gelassen wurden. Die Unterstützung der Klinikbeschäftigen wuchs und auch die Solidarität der von der Charité ausgeliehenen Beschäftigten. Indem im Uniklinikum die Arbeit wieder aufgenommen wurde, zeigten sich nun auch die Auswirkungen des Streiks der CFM-Beschäftigten. Bestreikt wurden der interne und externe Krankentransport, Postdienste, Die Vorbereitungen dafür liefen bereits Monate vorher auf Hochtouren, u.a. wurde die ver.di-Betriebsgruppe neu organisiert, eine Mitarbeiterbefragung und Telefonumfrage wurden durchgeführt. Während an der Charité sich nach vier Tagen Streik ein Erfolg abzeichnete, wurde den CFM-Beschäftigten schmerzlich bewusst, dass sie noch lange nicht am Ziel waren. Für sie ging der Streik weiter. Vielen Streikenden wurde erst zu diesem Zeitpunkt klar, dass es sich um zwei Streiks in zwei verschiedenen Betrieben (Mutter- und Tochterunternehmen) handelt. In der zweiten Woche wurde CFM: Zurück zur öffentlichen Hand! Die Charité Facility Management (CFM) wurde 2006 in der Regierungszeit eines Rot-Rot-Senats als Tochterunternehmen der Charité gegründet, deren Anteile zu 51% die Charité und zu 49% private Anteilseigner VDH (VAMED, Dussmann, Hellmann) halten. Sie ist eine privatisierte Firma für Leistungen, die vorher von Beschäftigten des Uniklinikums erbracht wurden. Diese private Servicefirma umfasst alle Dienstleistungen, die nichts unmittelbar mit der Krankenversorgung zu tun haben: Krankentransport, Haus- und Medizintechnik, Handwerker, Heizung, Lüftung, Sanitär, Hausmeister, Reinigung, Wäschedienst, Ver- und Entsorgung, Lagerlogistik, Patienten- und Mitarbeiterversorgung, Gärtner, Winterdienst und Sicherheitsdienst, Post- und Telefondienste, Sterilisation, Bau- und Ingenieurtätigkeiten und einiges mehr, verteilt auf drei Standorte. Nach ihrer Gründung wurden die Arbeits- und Vergütungsbedingungen ihrer Beschäftigten durch Tarifflucht massiv abgesenkt. Gegen eine solche Privatisierung hat im Klinikum Stuttgart nach Abschluss des neuen Vier-Seitenvertrags der Personalrat ein Veto-Recht. genheit wieder in Arbeit zu kommen. Werden Arbeitsplätze neu besetzt, geschieht dies in der Regel zu bedeutend schlechteren Konditionen. Meist mit befristeten Arbeitsverträgen, die nach zwei Jahren auslaufen. Einstellungen gibt es grundsätzlich mit drei- bis sechsmonatiger Befristung und entsprechender Probezeit. Diese unsicheren Arbeitsverhältnisse verursachen eine hohe Fluktuation. Der Anteil an Leiharbeit in der CFM ist stetig gewachsen, besonders im Krankentransport und in der Sterilisation. Leiharbeiter werden für langfristig eingestellt. Teilzeitbeschäftigungen von 20 bis 30 Stunden in der Woche wurden ausgebaut, vor allem im Bereich der Reinigung. Da der Leistungsvertrag mit der Charité jährlich eine Einsparsumme von 10 Millionen € vorschreibt, wurde in vielen Bereichen Personal gekürzt. Es findet eine permanente Arbeitsverdichtung statt. Im Durchschnitt sind 2.606 Beschäftigte bei der CFM, davon wurden mittels Personalgestellung 725 Beschäftigte durch die Charité Universitätsmedizin Berlin überlassen. Für diese gilt der Tarifvertrag der Charité. 1.881 Beschäftigte befinden sich im direkten Anstellungsverhältnis zur CFM. Für diese Beschäftigten gelten einzelvertragliche Regelungen in den unterschiedlichsten Varianten, mit individuellen Regelungen zu Lohn und Gehalt, Urlaub und Zuschlägen. Wer gut mit dem Arbeitgeber verhandelt, kann seine Forderungen durchsetzen. Für Langzeitarbeitslose und wenig Qualifizierte oft eine Gele- Das Spardiktat des Rot-Rot Senats wird willig umgesetzt. 10 Millionen Euro werden jährlich durch die CFM gespart, zumeist an den Personalkosten und durch Abbau von Leistungen. Die Gewinne des privaten Konsortiums VDH werden dadurch nicht geschmälert. Das Erfolgsmodell CFM wird weiter verfolgt und die Neuausschreibung soll 2012 erfolgen. Der Bereich Sicherheits- und Empfangsdienst ist der Bereich mit 42 Stunden in der Woche, der längsten Arbeitszeit, dem geringsten Einkommen und den höchsten Überstundenanteil. Hungerlöhne und schlechte Arbeitsbedingungen werden in Kauf genommen, um das Spardiktat des Senats umzusetzen. Man bedient sich billiger Arbeitskräfte und private Investoren bereichern sich an öffentlichen Geldern. 15 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 Blut- und Laborboten, Sicherheitsdienste, Hausmeister, die Werkstätten, Elektriker, Heizung, Lüftung, Sanitär und Sterilisation, die Reinigung und sonstige Transportdienste und Lagerlogistik, Ver- und Entsorgung. Es waren aus fast allen Bereichen der Dienstleistungen Beschäftigte im Streik. Hinter den Kulissen des Krankenhauses begann es zu bröckeln und der reibungslose Ablauf war nicht mehr gewährleistet. Die Geschäftsführung der CFM versuchte den Streik zu untergraben und stellte immer mehr Leiharbeiter aus den unterschiedlichsten Firmen zur Streikbrecherarbeit ein. Selbst vor einer Bewachungstruppe namens Flash Security, aus dem Türsteher-Millieu mit Hells-Angles-Hintergrund schreckten sie nicht zurück. Die Einschüchterungen des Arbeitgebers wurden massiver: Androhungen von Kündigungen, Bespitzelungen, Film- und Fotoaufnahmen von Streikenden, bis hin zu Diebstahl und Zerstörung von Streikmaterialien. Das war die Sprache der Anteilseigner des privaten Konsortiums. Mit der Zusage zu Tarifgesprächen wurde der Streik nach zwei Wochen ausgesetzt. Kollegen von der CFM im Streik Die Sommerpause wurde von beiden Seiten genutzt, um sich auf einen bevorstehenden Arbeitskampf vorbereiten. Im August standen Verhandlungen an. Die CFM-Geschäftsführer spielten auf Zeit und verschleppten die Verhandlungen. Die Tarifkommission konkretisierte die Forderung: 168 Euro mehr für jeden plus Manteltarifvertrag für die CFM. Die CFM legte kein akzeptables Angebot vor, ab 12. September wurde der Streik fortgesetzt. Streikfolgen Nach fast 15 Streikwochen, 102 Tagen Streik im größten Universitätsklinikum Europas, konnte eine Eckpunktevereinbarung erreicht werden: 8,50 Euro Stundenlohn (für viele eine Erhöhung um 2 Euro pro Stunde) und eine Einmalzahlung von 300 Euro, leider nicht für die Kolleginnen der Reinigung. Damit ist das Ziel noch nicht erreicht. 2012 wird ein Manteltarifvertrag CFM verhandelt. Die Beschäftigten werden von der CFM-Geschäftsführung nichts geschenkt bekommen. Sie bereiten sich auf den nächsten Arbeitskampf vor und brauchen jede Unterstützung. 15 Wochen im Streik 16 Betriebsgruppe Klinikum - Feb. 2012 Auch Pflegekräfte auf den Stationen können um höhere Löhne kämpfen Nach jahrelanger tariflicher Schlechterstellung konnten die Beschäftigten des Universitätsklinikums Charité mit einem einwöchigen Streik im Mai 2011 durchsetzen, dass ihre Gehälter endlich auf das Niveau des TVöD angehoben werden. Bisher erhielten sie 14% unter TVöD. Mit Bezug auf das 300-jährige Jubiläum der Charité erhoben sie die Forderung: „300 Jahre - 300 Euro“. Das erkämpfte Tarifergebnis beinhaltet eine schrittweise Erhöhung auf TVöD-Niveau innerhalb der nächsten fünf Jahre. Entscheidend für das Nachgeben der Arbeitgeber war, dass auf dem Höhepunkt des Streiks ungefähr die Hälfte der 3.200 Betten nicht mehr belegt werden konnte und 90% der Operationen abgesagt werden mussten. Wie wurde das erreicht? Bei einem eintägigen Warnstreik im März hatte sich bereits gezeigt, dass die Unzufriedenheit über die schlechte Bezahlung, sowie die hohe Arbeitsbelastung und die damit zum Ausdruck kommende geringe Wertschätzung gerade unter Beschäftigten in der Pflege zu einer hohen Bereitschaft geführt hatte, sich auch mit dem Mittel des Streiks zur Wehr zu setzen, um sich endlich das zu holen, was ihnen seit langem vorenthalten wird. Die erste Überlegung war, dass in einem Streik sowieso mit Mindestbesetzung (wie in der Nacht) gearbeitet wird und dass Pflegekräfte während des Streiks sämtliche von Ärzten übernommene Tätigkeiten wieder an diese zurückgeben. Als Pflegekräfte dies ankündigten, führte dies in mehreren Fällen zu heftigen Reaktionen von Ärzten und Vorgesetzten. Aber auch Einschüchterungsversuche gingen teilweise nach hinten los. In einzelnen Bereichen traten fast alle in ver.di ein und beschlossen die Station beim Streik ganz dicht zu machen. Nachdem die ersten Gruppen von Pflegekräften so ihre Streikbereitschaft signalisiert hatten, schlossen sich im Vorfeld des Streiks weitere an, auch aus der Überlegung heraus, dass sie gezwungen werden würden, die Patienten der bestreikten Stationen zu übernehmen, wenn sie nicht selbst in den Streik treten würden. Viele Pflegebeschäftigte zogen die Schlussfolgerung, dass es möglich sei, streikbedingt zeitweise Stationen oder Teile davon zu schließen, wie dies ja auch über Ferien oder Feiertage oder bei Fachkräftemangel geschieht: auf den Stationen wurde diskutiert und entschieden, wie viele Betten nicht mehr belegt werden konnten. Listen wurden erstellt, wer wie viele Streikbetten gemeldet hat, so dass ersichtlich wurde, dass die jeweils Streikbereiten nicht die Einzigen sein würden. Daraus hat sich eine Eigendynamik auch noch im Verlauf der Streikwoche entwickelt, die fast schon zu einem Wettbewerb führte, wer in der Lage wäre, die meisten Betten zu bestreiken. Dies hatte zum Ergebnis, dass auch in der Kinderklinik während des Streiks 50% der Betten nicht mehr belegt werden konnten. Der ökonomische Druck, der dabei entstand, war sicherlich ausschlaggebend für das Nachgeben der Arbeitgeber und den erreichten tariflichen Erfolg. Aber nicht nur die Pflege streikte mit Erfolg. Alle nicht-ärztlichen Beschäftigten waren zum Streik aufgerufen, so dass auch die sogenannten gestellten Beschäftigten (Beschäftigte, die in der privatisierten Charité Facility Management CFM arbeiten, aber beim Uniklinikum angestellt sind) streiken konnten. Dies war eine wichtige Unterstützung für die Beschäftigten der CFM, die zeitgleich ihren Streik begannen, um überhaupt erstmal aus dem tariflosen Zustand herauszukommen.