Call me, Mr. Lover
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Call me, Mr. Lover
Bericht | Text: Juliane Büker | Fotos: Maria Lanznaster, pixelio.de Call me, Mr. Lover Frauen haben auch Bedürfnisse Sex ist mehr als ein Liebesakt. Es ist auch eine Dienstleistung, die man für Geld in Anspruch nehmen kann – bereits in der letzten Ausgabe der ~ berichtete eine Prostituierte über ihre Erfahrungen im horizontalen Gewerbe, über ihre Arbeitsbedingungen und ihre Kunden. Drehen wir das Ganze mal auf den Kopf und stellen eine andere Frage: Gibt es auch Männer die der Prostitution nachgehen? Und ist so ein Mann dann ein Prostituierter? Der Duden sagt ja. „Callboy“ klingt den meisten da schon vertrauter. ~-Autorin Juliane Büker hat sich mal mit einem solchen unterhalten. Irgendwie ist und bleibt Prostitution doch eine Frauen-Domäne. Zumindest ist das der erste Eindruck bei der Suche nach einem Mann der käufliche Liebesdienste anbietet. Es gibt etliche Internetportale, von denen massenhaft leichtbekleideter Frauen lasziv mit der Kamera flirten, mit dem Ziel durch ihren Blick die Hormone des männlichen Betrachters in Wallungen zu bringen. Es gibt Strip-Clubs, es gibt Bordelle mit hübschen Damen ohne Ende: Alles Angebote für den Mann. Zu den meisten der Etablissements haben Frauen als Kundinnen nicht einmal Zutritt. Umgekehrt gibt es längst keinen so großen Markt. Als Heterosexuelle ist es nicht einfach einen Mann zu finden, der den Wunsch nach körperlicher Nähe gegen Bezahlung befriedigt. Bordelle für Frauen beispielsweise sind wahre Raritäten. Jedoch gibt es im Internet Portale, auf denen Männer ihre Dienste anbieten. Von richtigen Agenturen, die vermitteln zwischen der Kundin und dem Dienstleister bis zu Plattformen, die lediglich einen Platz anbieten, auf dem Callboys ihre Eigenwerbung schalten können. Vom 18jährigen Bubi bis zum 50 Jahre alten Herren, von lässig bis seriös und vom Escort Service bis zu ausgefallenen Sexangeboten erstreckt sich das Spektrum der Kandidaten. Über Männer zu sprechen, die Damen derart zu Diensten sind ist gleichermaßen tabuisiert und schräg beäugt, wie in umgekehrter Konstellation. Ein Blick hinter die Kulissen jedoch ist spannend! Ein 24 Jahre junger Mann, im weiteren Fabian genannt, ist bereit Auskunft zu geben über seinen Nebenverdienst als Callboy. Im normalen Leben ist er ein erfolgreicher Angestellter. Weder seine Familie, noch Freunde oder Arbeitgeber wissen von seiner polarisierenden Nebentätigkeit. Wie er dazu kam beantwortet er ganz pragmatisch: „Ich war schon oft bei Prostituierten, weil ich einfach Lust auf Sex hatte. Irgendwann dachte ich, es wäre doch optimal, wenn ich für den Sex auf den ich selber Lust habe auch noch Geld bekäme“. Schließlich stellte er sich mit seinem Angebot online. Ein ansprechendes Foto, ein heißer Name und die ersten Anfragen trudelten ein. „Es ist ganz unterschiedlich, wer da schreibt. Einige junge Frauen, aber auch viele ältere. Ich persönlich bin da nicht wählerisch – ich lern` gerne neue Leute kennen und komme mit meiner empathischen Art gut an.“ Fabian verlangt für zwei Stunden 200 Euro. Bei langer Anreise, schlägt er noch etwas drauf. Der junge Callboy hat keine schwierigen damit auch mit Frauen intim zu werden, die seinem persönlichen Geschmack nicht entsprechen. Auch nicht, wenn diese 30 Jahre älter sind. Außergewöhnlichere Anfragen sind keine Seltenheit. „Einmal wollte eine ältere Dame mich gerne für eine Nacht buchen und ihren Ehemann beim Beischlaf mit mir zuschauen lassen“, berichtet Fabian. „Eine andere bot mir 2000 Euro für fünf Tage, damit ich ihr während ihrer Geschäftsreise in die Türkei nachts als Toyboy zur Verfügung stehe“. Angst habe er nicht, sagt der Fabian, man könne durch persönliche Telefonate zuvor schon abschätzen, ob die Absichten ernst seien und ob die Chemie passt. Dennoch hält er sich immer offen eine Buchung jederzeit abzulehnen. Unbefangenheit, sexuelle Experimentierfreude und Empathie sind die wichtigsten Eigenschaften des 24jährigen, die ihn für diese Branche qualifizieren. „Außerdem ist absolute Diskretion das A und O. Wenn Frauen für Sex bezahlen ist das gesellschaftlich noch viel verpönter als wenn ein Mann das tut“, sagt Fabian. Dabei unterstützt er diese Ansicht nicht: „Ich will die Damen spüren lassen, dass es richtig ist und nicht falsch, wenn sie mich buchen – und das sehe ich auch so. Wenn zwei frei zusammen kommen mit demselben Ziel: Warum nicht? Frauen haben auch Bedürfnisse.“ # 23