Die Verzögerung des Denkens
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Die Verzögerung des Denkens
Philharmonie L ë t z e b u e r g e r Po l i t i k , Fi n a n z e n a G e s e l l s c h a f t Kultur & Feuilleton Dënschdeg, de 15. November 2011 – 64. Joërgang – N° 220 Ian Bostridge Zum Abschluss seiner „Residency“ in der Philharmonie lädt der Tenor Ian Bostridge übermorgen Donnerstag, dem 17. November, ab 20:00 Uhr zur Begegnung mit einem ungewöhnlichen, brillanten Frühwerk von Benjamin Britten ein: Der Liederzyklus Our Hunting Fathers op. 8 bietet dem Solisten wie dem Orchester – hier dem OPL unter der Leitung von Emmanuel Krivine – glänzende Möglichkeiten, eine raffinierte Palette symphonischer Klangfarben und erzählerischer Feinheiten zur Geltung zu bringen. Nach Texten von Wystan Hugh Auden, einem barocken Totentanz von Thomas Ravenscroft u.a. zeichnete der Komponist hier eine von Ratten und Falken bevölkerte Welt von faszinierender Düsterkeit. In deutlichem Kontrast dazu steht Mozarts Sinfonie N° 33 B-Dur KV 319, deren markanter Beginn sie sozusagen als leichtfüßige Verwandte seiner „Jupiter“-Sinfonie ausweist. Im zweiten Teil des Konzerts erklingt Camille Saint-Saëns Dritte, die sogenannte „Orgelsymphonie“ , deren monumentaler Klang die Möglichkeiten der großen romantischen Orgeln mit einbezieht. Solist an der Schuke-Orgel der Philharmonie ist der junge belgische Organist Michael Schneider. ‹ Die Verzögerung des Denkens Europahalle Trier Wildhorns Dracula Nachgefragt beim österreichischen Künstler Stylianos Schicho im Vorfeld seiner Ausstellung „Public Fears“ im CAPe Der amerikanische MusicalKomponist Frank Wildhorn („Jekyll & Hyde“, „The Scarlet Pimpernel“, „Der Graf von Monte Christo“) komponierte 2001 das Musical „Dracula“ nach dem Romanklassiker von Bram Stoker. Das Libretto schrieben Christopher Hampton (Drehbuchautor von u. a. „The Honorary Consul“ und „Dangerous Liaisons“, wie Regie und Drehbuch zu „Carrington“) und Don Black. Letzterer schrieb die Texte etlicher James-BondSongs und u. a. die Lyrics zu den Andrew Lloyd-Webber-Musicals „Aspects Of Love“ und „Sunset Boulevard“. „Dracula“ wurde am 13. Oktober 2001 im La Jolla Playhouse in San Diego, Kalifornien, uraufgeführt. Am 30. Juli 2004 war die Premiere im New Yorker Belasco Theatre. Im Theater St. Gallen war die deutschsprachige Erstaufführung am 23. April 2005. Roman Hinze übersetzte das Musical ins Deutsche. Am 18. November wird das Musical erstmals in Deutschland aufgeführt, und zwar um 20:00 Uhr in der Trierer Europahalle. Stylianos Schicho, Jahrgang 1977, ist ein Kind der österreichischen Kulturszene und stellt seine Bilder mittlerweile auf der ganzen Welt aus. Ab Morgen (16. November) zeigt er in der Galerie des „Centre des Arts Pluriels ed.juncker“ (CAPe) in Ettelbrück seine Ausstellung „Public Fears“. Vor seiner Abreise aus Wien hatten wir die Gelegenheit, uns mit Schicho über seine Arbeit zu unterhalten. Die in der Regel überdimensionalen Werke thematisieren die Beobachtung, die Selbstbeobachtung und, geht man einen Schritt weiter, die Überwachung sowie die Angst, die damit einhergeht. Darstellen tut der in Wien lebende Künstler Menschengruppen, deren Mimik scheinbar aussagelos ist; ihre Blicke sind jedoch lebendig, suchend; dabei sprengen sie den vorgegebenen Rahmen des Bildes, verfolgen den Betrachter bis in den letzten Winkel des Raumes. Keine fotografischen Abbildungen Dem Künstler ist es wichtig, dass seine Figuren keine Regungen zeigen: „Sie zeigen keine Gefühle. Weder sind sie böse, noch lachen sie.“ Gefühle sind einfach zu sehr an den Faktor Zeit gebunden. Ein Lachen, eine böser, grimmiger Blick kann immer nur für den Bruchteil einer Se- Opulent und überdimensional sind Schichos Werke kunde eingefangen werden. Spontan erinnern die dargestellten Körperhüllen an die Filmfiguren in Kurt Wimmers Meisterwerk „Equilibrium“. Den Augen seiner gemalten Figuren widmet der Österreicher je- „Viele Leute sagen, dass ich immer meine eigenen Augen male“ Photos: Peter Kainz doch seit jeher viel Aufmerksamkeit. „Viele Leute sagen, dass ich immer wieder meine eigenen Augen auf den Bildern darstelle“, so Schicho. Er beobachtete andere Menschen genauso intensiv wie sich selbst. Aber Beobachten stellt man heute sehr häufig mit Überwachen gleich. „Wir leben in einer Welt, in der scheinbar jeder jeden überwacht. All diese ganzen Social Networks verleiten einen dazu, viel über die eigene Persönlichkeit preis zu geben. Heute kriegt jeder mehr als nur 15 Minuten Ruhm zugesprochen“, meint Schicho. Das Thema „Überwachung“ schlängelt sich scheinbar nach dem ominösen 11. September durch alle Kulturbereiche; Stylianos Schicho kann man jedoch nicht als Trittbrettfahrer bezeichnen. „Es stimmt schon, dass irgendwann dieses Thema omnipräsent war“, bemerkt Schicho. Aber dieses Thema hat einst in eine große Ausstellung des Künstlers aus Wien gepasst und so hat er es eingebaut. „Ich kann auf diese Art auch den Betrachter meines Werkes in meine Arbeit mit einbauen“, erklärt Schicho. Der Künstler ist darauf bedacht, die Realität - seine eigene Realität - wieder zu geben. Seine Bilder sind jedoch meilenweit von der Fotografiekunst entfernt. Stylianos Schicho geht es darum, den Moment des Denkens in seiner Kunst zu zeigen. „Es ist noch eher die Verzögerung des Denkens, die ich zeigen möchte“, meint der Österreicher. Der Betrachter als Teil des Werkes Über die Blicke seiner Figuren wird der direkte Draht zum Betrachter hergestellt. Ein Draht, der zwischen seinen Figuren gerissen ist, oder von vornherein erst gar nicht existiert. Schichos Protaonisten verweilen in einem Zustand der Einsamkeit, während sie sich selbst und die anderen beobachten. „Die Figuren auf meinen Bildern sind nicht abgeschlossen; dadurch, dass sie nach links und recht schauen, wirkt das wie ein Spinnennetz“, so Schicho. Man könnte sogar die Frage aufwerfen, ob Schichos einzelnen Werke überhaupt als abgeschlossen betrachtet werden können. „Ich stelle mir immer wieder die Frage ,Was wäre, wenn ich alle meine Bilder zu einem einzigen großen Ganzen zusammenfügen würde‘“. Dabei besteht sehr oft eine direkte Verbindung zwischen einzelnen Werken. „Ich arbeite mit einem Hauptthema und mehreren Satellitenthemen.“ Für seine opulenten Werke benutzt Stylianos Schicho Acrylfarben; für die Schwarz-Weiß-Bilder Kohle. „Ich komme vom Zeichnen; das ist meine Disziplin. Es geht einfach analog und schnell.“ pav „Public Fears“ von Stylianos Schicho. › Vom 16. November bis 7. Dezember Premiere für das Ensemble Das Ensemble um seinen Initiator Michael Thinnes begeisterte mit „Musical Magics“ das Publikum in den letzten neun Jahren und betritt zum zehnten Geburtstag ein neues Terrain mit der Erstaufführung eines „Gruselmusicals“. Weitere Aufführungen in Trier sind am 28. Dezember, am 20. und 21. Januar 2012 und am 13. April. Außerdem stehen Vorstellungen in Bitburg, Merzig, Dillingen und Idar-Oberstein auf dem Programm. Informationen über die Vorstellungen kann man auf der Internetseite www.venyoo. de/Trier finden; Details über das Musical gibt es auf der Seite www. dracula-dasmusical.de. CH.S. › www.ticket-regional.de › › täglich außer sonntags von 14:00 bis 20:00 Uhr im CAPe Ettelbrück; 1, Place Marie Adelaïde L-9063 Ettelbrück. www.cape.lu. www.stylianosschicho.com Premiere in Trier Photo: Studio T