24 NECKARSULM JOURNAL

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24 NECKARSULM JOURNAL
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Neckarsulm Aktuell
Schüler des Albert-SchweitzerGymnasiums formulieren ihre
Vorstellungen zur Stadtplanung
der Zukunft
Kursprojekt zum Strategieprozess
„Stadtentwicklung Neckarsulm
2030“
Der Strategieprozess zur Stadtentwicklung steht kurz vor dem
Abschluss. Voraussichtlich im
Sommer wird sich der Gemeinderat mit den Ergebnissen der
verschiedenen
Planungsphasen beschäftigen und den Strategieplan „Stadtentwicklung Neckarsulm 2030“ verabschieden.
Ein wichtiger Bestandteil des Planungsprozesses war die Bürgerbeteiligung. Nachdem die Bürger in einer Umfrage nach ihrer Meinung zu wichtigen Themen der Stadtentwicklung befragt wurden und in Planungswerkstätten eigene Anregungen
und Vorschläge einbringen konnten, rückte die Stadt im Rahmen
der Bürgerbeteiligung eine Fokusgruppe in den Mittelpunkt,
die mit den herkömmlichen Instrumenten der Bürgerbeteiligung
nur schwer zu erreichen ist: die
Gruppe der Schüler und Jugendlichen.
Um die spezifischen Sichtweisen der jungen Generation zu erfahren, veranstaltete das AlbertSchweitzer-Gymnasium in Zusammenarbeit mit der Stadt und
dem Planungsbüro Reschl und
Höschele ein Kursprojekt im Rahmen des Fachs Gemeinschaftskunde/Politik. Die halbtägige
Veranstaltung umfasste eine
Blitzumfrage, einen Aufsatzwettbewerb, Arbeitsaufträge und eine Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister Joachim Scholz
und Professor Dr. Richard Reschl.
An der Blitzumfrage nahmen 107
Schülerinnen und Schüler der
Klassenstufe elf teil. Wie bereits
NECKARSULM
in der Bürgerbefragung erhielt
die städtische Infrastruktur auch
von den Schülern gute Noten. So
zeigte sich die Mehrheit der Befragten zufrieden bis sehr zufrieden mit dem Öffentlichen Personennahverkehr in Neckarsulm
sowie den Kultur- und Sportangeboten. Verbesserungsbedarf
sahen die meisten bei den Einkaufsmöglichkeiten. Die Bewertung der Jugendhäuser ergab,
dass drei Viertel der befragten
16- bis 17-jährigen Gymnasiasten
dieses kommunale Angebot, das
sich hauptsächlich an eine jüngere Zielgruppe richtet, nicht nutzt.
Auf die Frage „Wie wohnst Du
in 17 Jahren?“ antwortete die
Mehrzahl der Befragten: „In einem Einfamilienhaus am grünen
Stadtrand“. Dementsprechend
oft wurde die Antwortmöglichkeit „Neubaugebiete vorhalten“
als Aufgabe der künftigen Stadtentwicklung angekreuzt. Zu den
weiteren Schwerpunkten, denen
sich die Stadtverwaltung nach
Ansicht der Schüler besonders
widmen sollte, gehörten der Ausbau der Betreuungsangebote für
Kinder, der Ausbau von Wohn-,
Freizeit- und Betreuungsangeboten für Senioren und die Erweiterung der Einkaufsmöglichkeiten in der Neckarsulmer Innenstadt. „Sie haben damit die zentralen Herausforderungen der
Stadtentwicklung identifiziert“,
bemerkte Professor Reschl. „Diese Ergebnisse kann man dem Gemeinderat gut als Diskussionsgrundlage vorlegen.“
In weiteren Arbeitsaufträgen
markierten die Schülerinnen und
Schüler auf einer Karte die Alltagsorte in der Stadt, wo sie sich
im Wochenverlauf regelmäßig
aufhalten, bewerteten die Aufenthaltsqualität bestimmter Orte im Stadtgebiet und sammelten Ideen für die Neugestaltung
der Neckarauen. Bei dem Auf-
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satzwettbewerb schlüpften Teilnehmer in die Rolle des Oberbürgermeisters und beschrieben aus
ihrer Sicht die Probleme und Herausforderungen der Stadtentwicklung. Die drei besten Aufsätze werden im Rahmen der Abschlussveranstaltung des Strategieprozesses im Herbst prämiert.
Gymnasiasten diskutieren mit OB
Scholz und Professor Reschl
Das Kursprojekt am AlbertSchweitzer-Gymnasium endete mit der Podiumsdiskussion in
der Schulaula. OB Scholz, Professor Reschl und die Sprecherinnen
und Sprecher der vier Schülerarbeitskreise diskutierten über die
Themen Verkehr, Wohnen und
Wohnungsbauentwicklung sowie Gewerbeentwicklung und
Arbeitsplätze. Kritik äußerten die
Schülersprecher an den Fahrpreisen im ÖPNV, die sie als zu hoch
empfanden. Zur Abhilfe wünschten sich die Schüler ein ermäßigtes Schülerticket beziehungsweise sozial stärker gestaffelte Preise.
Ausgabe 5 | 2014
OB Scholz lobte die Schüler für
ihre „ernsthafte und fleißige Mitarbeit“ und unterstrich nochmals
den Stellenwert der Bürgerbeteiligung. „Die repräsentative Vertretung allein reicht nicht mehr
aus. Auch die Bürgerschaft muss
Gelegenheit erhalten, ihre Ideen
zu wichtigen Zukunftsthemen
einzubringen. Insofern wollen
wir auch wissen, was die jungen
Leute denken.“
„Wenn wir ernst genommen
werden, können wir das Thema
auch ernst angehen“, erwiderte Schülersprecherin Lena Bergmann. Auch an einer konkreteren planungsbezogenen Mitarbeit zeigten die Schülersprecher
Interesse. OB Scholz griff diesen
Gedanken auf und schlug vor, bestimmte Bauvorhaben der Verwaltung im Rahmen von Klassenprojekten im Unterricht vorzustellen. Für Professor Reschl
ein Vorschlag ganz im Sinne
der Stadtentwicklungsplanung:
„Stadtentwicklung ist kein abgehobener Prozess, sondern orientiert sich an den Bedürfnissen
der verschiedenen Bevölkerungsgruppen.“ (snp)
Um die Fokusgruppe der Schüler und Jugendlichen am Strategieprozess „Stadtentwicklung Neckarsulm 2030“ zu beteiligen, fand im AlbertSchweitzer-Gymnasium eine Podiumsdiskussion statt. Daran beteiligten
sich (v. li.) Lena Bergmann, Marco Elischer, OB Joachim Scholz, Professor
Dr. Richard Reschl, Tabea Lang und Calvin Triems.
Ausgabe 5 | 2014
Bürger mit Migrationshintergrund leben gerne in
Neckarsulm
Stadt beteiligt Fokusgruppe der
Migranten am Stadtentwicklungsprozess
Wie denken die Bürgerinnen und
Bürger über die Stadtentwicklung der Zukunft? Um ein möglichst breites Meinungsbild zu erhalten, hat die Stadt Neckarsulm
im Rahmen des Strategieprozesses „Stadtentwicklung Neckarsulm 2030“ eine repräsentative Bürgerbefragung durchgeführt und Ideen und Anregungen der Bürgerschaft in Planungswerkstätten gesammelt.
Neben den Schülern und Jugendlichen rückte die Stadt eine weitere Fokusgruppe in den Mittelpunkt, die mit den herkömmlichen Instrumenten der Bürgerbeteiligung nur schwer zu erreichen ist: die Bürger mit Migrationshintergrund. Aus diesem
Grund hatte Oberbürgermeister
Joachim Scholz zu einer Expertenrunde zum Thema Migration
eingeladen. An der Gesprächsrunde im Rathaus nahmen Mitglieder des „Internationalen Gremiums für Neckarsulmer – miteinander, füreinander“ sowie weitere Vertreter mit Migrationshintergrund teil.
OB Joachim Scholz begrüßte die
Expertenrunde Migration gemeinsam mit Professor Dr. Richard Reschl, der den Stadtentwicklungsprozess im Auftrag der
Stadt organisiert und begleitet.
Ziel der Veranstaltung war es, die
Bevölkerungsgruppe der Migranten mit ihren speziellen Bedürfnissen und ihren spezifischen
Sichtweisen in den Strategieprozess einzubinden. Dass man diese Gruppe nicht außer Acht lassen darf, zeigt allein schon der
Blick auf die Bevölkerungsstatistik. Laut Statistischem Landesamt beträgt der Ausländeranteil in Neckarsulm 21,3 Prozent
(Stand: 31.12.2011). Insgesamt 42
Prozent der Einwohner Neckarsulms verfügen über einen Migrationshintergrund. Die meisten
Migranten stammen aus der Türkei. Danach stellen Zuwanderer
aus Kasachstan, der Russischen
Föderation und Polen den größten Anteil unter den Bürgern mit
Migrationshintergrund.
Sie alle leben gerne in Ne-
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ckarsulm, wie die Bürgerbefragung ergab. Mit 98,9 Prozent
fällt die Zufriedenheit mit der
Lebensqualität bei den Bürgern
mit ausländischer Staatsangehörigkeit sogar noch höher aus
als bei den Deutschen (96,3 Prozent). Auch das Zusammenleben
zwischen deutschen und ausländischen Mitbürgern beurteilen
die Migranten positiver als die
Einheimischen (79,8 gegenüber
68,9 Prozent).
Bezahlbarer Wohnraum und
mehr Mietwohnungen
Auch die Expertengruppe Migration sprach sich dafür aus, neuen Wohnraum zu schaffen, um
den Bevölkerungsrückgang zu
stoppen und die Einwohnerzahl
zu stabilisieren. Neuer Wohnraum müsse aber bezahlbar sein,
damit sich auch junge Familien Wohneigentum leisten könnten. Mit Blick auf diese Klientel
befürworteten die Gesprächsteilnehmer auch ein Kontingent
an preis- und angebotsdifferenzierten Mietwohnungen in verdichteter Bauweise. Wie die Teilnehmer der Planungswerkstatt
„Wohnstadt Neckarsulm“ maßen auch die Migrationsexperten der Nachverdichtung im Innenbereich einen hohen Stellenwert bei, um den Flächenverbrauch zu begrenzen.
Im Bereich Bildung und Betreuung wünschten sich die Vertreter
der Migranten unter anderem einen kontinuierlichen Ausbau der
Schulsozialarbeit zur Unterstützung von Lehrern und Schülern.
Hier ist die Stadt bereits sehr gut
aufgestellt: Die Schulsozialarbeit wurde im Jahr 2008 auf alle Schularten ausgeweitet und
seitdem bedarfsgerecht ausgebaut. Auch dem Hinweis, die Eltern für die Bedeutung der frühkindlichen Bildung zu sensibilisieren, trägt die Stadt bereits
Rechnung. Im Rahmen des städtischen Projekts „Kuselbi – Kultursensible Elternbildung“ werden Eltern mit Migrationshintergrund in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt, damit sie ihre Kinder zu Hause beim aktiven Spracherwerb unterstützen können.
Denn Sprache ist der Schlüssel,
der den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet – darin stimmten die Migrationsvertreter überein. Um den Berufseinstieg zu er-
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leichtern, wünschten sich die Gesprächsteilnehmer Anlaufstellen
und weitere Unterstützungsangebote beim Übergang von der
Schule in den Beruf.
In punkto Gewerbe befürwortete
die Gruppe die Ausweisung eines
interkommunalen Gewerbegebietes mit der Gemeinde Erlenbach und plädierte für den Erhalt
des kleinteiligen Einzelhandels in
der Innenstadt.
Im Hinblick auf das Freizeit- und
Kulturangebot hoben die Experten die Bedeutung der Vereine,
vor allem der Sportvereine für die
Integration hervor. Wünschenswert sei ein weiterer Sportplatz,
da die vorhandenen Sportanlagen stark ausgelastet seien.
Im Gespräch wurde auch deutlich, dass bestehende Kultur- und
Freizeitangebote speziell für Nutzer mit Migrationshintergrund
gezielter bekannt gemacht werden müssen. So gibt es zum Beispiel in Amorbach ein Badeangebot nur für Frauen (s. Infokasten).
Die kulturellen und religiösen
Traditionen von Migranten stellen auch besondere Anforderungen an die Pflege von Senioren
mit Migrationshintergrund. Die
Frage, wie die bestehenden Pflegeangebote mit Rücksicht auf
die spezifischen Bedürfnisse von
pflegebedürftigen
Migranten
weiterentwickelt werden können, ist ein Thema im Rahmen
des 2013 gestarteten Planungsprozesses „Seniorenfreundliche
Stadt“.
Hilfreich wären aus Sicht der Migranten auch mehr zweisprachige Ansprechpartner in der Stadtverwaltung, um Bürgern mit Migrationshintergrund den Behördengang zu erleichtern.
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Zum Abschluss der Gesprächsrunde bedankte sich OB Scholz
bei den Teilnehmern für die engagierte Diskussion. „Es ist wichtig, dass auch Bevölkerungsgruppen gehört werden, die sich sonst
weniger am öffentlichen Diskurs
beteiligen. Schließlich wollen wir
die Zukunft unserer Stadt für alle
Mitbürger gestalten.“ Die Ergebnisse der Expertenrunde Migration werden ebenso dokumentiert
wie die anderen Phasen des Strategieprozesses. Auf dieser Grundlage entscheidet der Gemeinderat über die Verabschiedung des
Masterplans „Stadtentwicklung
Neckarsulm 2030“. (snp)
Schwimmen für Frauen
im Lehrschwimmbecken
Amorbach
Frauen, die beim Schwimmen unter sich bleiben möchten, können an einem speziellen Schwimmangebot in Amorbach teilnehmen. Das Frauenschwimmen findet jeweils
dienstags von 18.30 bis 20.30
Uhr im Lehrschwimmbecken
der Amorbachschule, Amorbacher Straße 23, statt. Das Angebot richtet sich in erster Linie an
muslimische Frauen aus dem
Nachbarschaftsraum
Amorbach/Plattenwald. Das Schwimmen wird von einer Übungsleiterin begleitet. Dafür wird ein
Unkostenbeitrag in Höhe von
2,50 Euro erhoben. Das Frauenschwimmen ist ein kommunales Kooperationsangebot. Die
Stadt Bad Friedrichshall bezuschusst die Übungsleitervergütung, während die Stadt Neckarsulm das Lehrschwimmbecken zur Verfügung stellt. (snp)
Im Rahmen des Strategieprozesses „Stadtentwicklung Neckarsulm
2030“ wurde auch die Fokusgruppe der Migranten zur Stadtplanung
der Zukunft befragt.