Mediale Selbstreferentialität am Beispiel von Woody
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Mediale Selbstreferentialität am Beispiel von Woody
Mediale Selbstreferentialität am Beispiel von Woody Allens The purple rode of Cairo Julia Weber Medienwissenschaften 2. Semester M.A.-Seminar Mediale Selbstreferentialiƚät: Hörspiel, Film bei Heinz Hiebler Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung..........................................................................................................................................1 2 Inhaltliche Ebene...............................................................................................................................2 2.1 Handlungsdramaturgie...............................................................................................................2 2.2 Metalepse...................................................................................................................................6 2.3 Mise en abyme...........................................................................................................................7 3 Sprachliche Ebene.............................................................................................................................7 3.1 Filmtitel......................................................................................................................................8 3.2 Dialoge.......................................................................................................................................8 4 Formale Ebene.................................................................................................................................13 4.1 Filmtechnische Mittel..............................................................................................................13 4.2 Licht.........................................................................................................................................15 4.3 Musik.......................................................................................................................................16 5 Analyse der zentralen Leitmotive....................................................................................................18 5.1 Flucht aus der Realität.............................................................................................................18 5.2 Bruch der Illusion....................................................................................................................19 5.3 Parodie der Happy-End-Struktur.............................................................................................20 6 Fazit.................................................................................................................................................23 7 Quellenverzeichnis..........................................................................................................................25 8 Anhang.............................................................................................................................................28 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:25................................................................................. Abb. 2: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:38................................................................................. Abb. 3: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:44................................................................................. Abb. 4: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:16................................................................................. Abb. 5: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:20................................................................................. Abb. 6: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:01:17................................................................................. Abb. 7: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:36................................................................................. Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. 1 Einleitung Ausgefeilte Regelverstöße gegen die gängigen Konventionen des klassischen Hollywood-Kinos sowie das Spiel mit den „Grenzen zwischen Fiktion und Realität, zwischen Artifizialität und Authentizität“1 sind charakteristisch für die Filme des Regisseurs Woody Allen. So setzt er sich in seinen Werken immer wieder auf eine reflexive und selbstreferentielle Weise mit „den medialen Bedingungen des Films“ 2, der Filmproduktion und der damit verbundenen Welt Hollywoods auseinander und legt dadurch Strukturen dieser Welt offen, die bei der gängigen Filmrezeption normalerweise verborgen bleiben. Auch in seinem 1985 erschienen Film „The Purple Rose of Cairo“ ist die Beschäftigung mit dem Medium Film ein wesentliches Gestaltungselement. So lassen sich in dem Film auf verschiedenen Ebenen zahlreiche selbstreferentielle Bezüge wiederfinden, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Bezüge herauszuarbeiten und auf ihre Wirkung hin zu untersuchen. Dazu werden die einzelnen Ebenen der Selbstreferenz näher betrachtet und es wird anhand beispielhafter Szenen herausgearbeitet, wie diese im Film zum Einsatz kommt. Im Folgenden wird zunächst die auf inhaltlicher Ebene stattfindende Selbstreferentialität analysiert (2). Dazu wird zuerst die selbstreferentielle Handlungsdramaturgie des Films untersucht (2.1). Daraufhin werden die theoretischen Konstrukte der ontologischen Metalepse (2.2) und der Mise en abyme (2.3) mit der Struktur des Films in Bezug gesetzt. In Kapitel 3 werden die verschiedenen sprachlichen Selbstreferenzen herausgearbeitet. Dazu wird zunächst auf den Titel des Films eingegangen (3.1) und anschließend werden Dialoge und Zitate beispielhaft analysiert (3.2). Des Weiteren werden die selbstreferentiellen Bezüge, die im Film auf formaler Ebene zu finden sind, näher betrachtet (4). Hierzu werden vor allem die filmtechnischen Mittel (4.1), der Einsatz von Licht (4.2) und die Filmmusik (4.3) im Zusammenhang mit Selbstreferentialität untersucht. Selbstverständlich lassen sich diese drei Ebenen nicht vollkommen gesondert voneinander betrachten, sodass es innerhalb der Analyse zu Überschneidungen kommen kann. In Kapitel 5 werden schließlich noch einmal die zentralen Leitmotive des Films, die maßgeblich für dessen selbstreferentielle Wirkung verantwortlich sind, beleuchtet und vor dem Hintergrund des Zusammenspiels der drei Ebenen analysiert. So spielt vor allem die Flucht vor der Realität in eine schönere und spannendere Welt eine zentrale Rolle in „The Purple Rose of Cairo“ (5.1). Des Weiteren wird der Bruch mit Illusionen und Scheinwahrheiten im Film an vielen Stellen thematisiert (5.2). Außerdem setzt sich der Film mit gängigen Genrekonventionen der Filmindustrie und insbesondere mit dem für die Romantikkomödie üblichen Happy End auseinander (5.3). In einem abschließenden Fazit werden die Untersuchungsergebnisse noch einmal zusammengefasst. Als theoretisches Grundlagenwerk für diese Arbeit diente das Buch „Mediale Selbstreferenz. 1 Gotto 2013, S. 80. 2 Ebd., S. 80. 1 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Grundlagen und Fallstudien zu Werbung, Computerspiel und den Comics“, herausgegeben von Winfried Nöth, Nina Bishara, Britta Neitzel. Außerdem wurde Jan-Noël Thons Artikel „Zur Metalepse im Film“ bei der theoretischen Betrachtung herangezogen. Bei der Analyse des Films „The Purple Rose of Cairo“ vor dem theoretischen Hintergrund der medialen Selbstreferentialität wurden vor allem die Schriften „The Reluctant Film Art of Woody Allen“ von Peter J. Bailey, „Film – Märchen – Wirklichkeit. Überlegungen zu Woody Allens Filmen“ von Irmela Schneider und „Female Spectatorship in The Purple Rose of Cairo“ von Bárbara Arizti Martín verwendet. Als narratologische Grundlagenwerke wurden vor allem „Filmnarratologie. Entwurf eines erzähltheoretischen Analysemodells“ von Markus Kuhn und „Einführung in die Erzähltextanalyse“ von Silke Lahn und Jan Christoph Meister zu Rate gezogen. 2 Inhaltliche Ebene Im Folgenden wird untersucht, welche selbstreferentiellen Elemente sich auf der Ebene des Inhalts in „The Purple Rose of Cairo“ wiederfinden lassen. Hierzu wird zunächst auf den dramaturgischen Aufbau der Filmhandlung eingegangen. Dieser wird anschließend mit den narratologischen Begriffen der Metalepse und der Mise en abyme in Verbindung gebracht. 2.1 Handlungsdramaturgie Die mediale Selbstreferentialität des Films „The Purple Rose of Cairo“ ist durch seine verschachtelte Handlungsdramaturgie geprägt. So existieren innerhalb des Films verschiedene Ebenen, auf denen die Filmhandlung stattfindet. Zum einen gibt es die diegetische Welt, in der die Rahmenhandlung präsentiert wird. Dabei handelt es sich um die Welt der Protagonistin Cecilia, die ein tristes Leben führt und mit ihrer Arbeit und ihrer Ehe unzufrieden ist. Im Folgenden wird diese Realitätsebene auch als Realität 1 bezeichnet. Ihre unbefriedigende Lebenssituation bringt Cecilia dazu, sich Trost in den glamourösen Welten Hollywoods und des Films zu suchen. So geht sie immer wieder ins Kino und verfolgt zudem das Geschehen außerhalb der Leinwand rund um die Filmproduktion mit großem Interesse. Die zweite Realitätsebene ist somit die Welt des Films, auch Realität 2 genannt. Es handelt sich um die Meta diegese, also eine Binnenhandlung innerhalb der Rahmenhandlung, die eindeutig markiert ist 3. Diese umfasst das Geschehen, das sich innerhalb der Film im Film-Welt vom metadiegetischen „The Purple Rose of Cairo“ auf der Leinwand abspielt. Diese stellt für Cecilia zunächst die perfekte Traumwelt dar, „die schwerelose Welt der Schönen und Reichen, wie sie so blank poliert nur in den perfekt ausgeleuchteten Hollywood-Filmen jener Zeit existiert.“ 4 So leben die Figuren im Film ein Leben im Überfluss und ihre einzige Sorge ist es, dass sie dem luxuriösen Leben in ihrer gewohnten Umgebung überdrüssig sind und aus diesem Grund Abenteuer und Abwechslung in Kairo suchen. 3 Vgl. Kuhn 2011, S. 103. 4 Vgl. Kreimeier 2012, S. 407. 2 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Somit lässt sich das Leitmotiv des Films, nämlich die Flucht aus dem alltäglichen Leben in eine spannendere, exotische Welt, ebenfalls auf die Realität 2 übertragen. In der Filmwelt stehen die Figuren vor einem ähnlichen Problem wie Cecilia. Sie sind gelangweilt von ihrem immer gleichen Alltag und suchen Abwechslung und Abenteuer. Ironischerweise besteht ihr Alltag allerdings aus „cocktail parties and opening nights“ 5 und ihre Flucht vor der Langeweile führt sie nicht bloß ins Kino, sondern gleich ins ferne Ägypten. Dort treffen sie auf Tom Baxter, der mit seinen spannenden Erfahrungen als Archäologe und seiner außergewöhnlichen Erscheinung das Abenteuer repräsentiert. Genau wie für Cecilia ist Tom für die Figuren ein Symbol der Exotik und somit der Abwechslung vom tristen Alltag. Es handelt sich somit um eine Referenz auf Cecilias Rezeptionsverhalten, das durch diese überspitzte Darstellung geradezu ins Lächerliche gezogen wird.6 Markus Kuhn unterscheidet in seiner Monografie „Filmnarratologie“ außerdem zwischen diegetischen Ebenen und Fiktionsebenen. Eine Abgrenzung dieser Ebenen ist sinnvoll, wenn Filme eine „Trennung virtueller Welten von realen Welten“ 7 thematisieren, wie es bei „The Purple Rose of Cairo“ der Fall ist. Bei der bisher als Realität 1 definierten Ebene würde es sich somit um eine diegetische Ebene handeln, da sie die filmische Realität darstellt, während die Realität 2 als Fiktionsebene bezeichnet werden könnte, da es sich um eine „fiktive Welt“ 8 innerhalb der Realität handelt. Nach Kuhn kann man bei der Betrachtung von „The Purple Rose of Cairo“ außerdem vom „Filmsehen im Film“ 9 sprechen, das dann vorkommt, wenn eine diegetische Figur innerhalb der Diegese einen Film rezipiert. Hierbei werden oft „die dispositiven Zusammenhänge des Filmsehens gezeigt [und] der Rand der Leinwand […] [markiert] die Grenze zwischen Diegese und Metadiegese.“10 Im Fall von „The Purple Rose of Cairo“ stellt Cecilia die diegetische Figur dar, die mehrmals im Kino den eigentlichen „The Purple Rose of Cairo“-Film rezipiert und dabei beim Rezeptionsprozess gezeigt wird. Der eigentliche Rezipient sieht somit zum einen Cecilia, während sie den Film schaut und zum anderen den Film im Film, der zunächst durch das Zeigen der Leinwand und des Projektors als Metadiegese markiert wird.11 Nachdem der Film im Film somit als Fiktionsebene eingeführt wurde, nimmt dieser nun über mehrere Minuten den kompletten Bildschirm ein. Somit kann der Zuschauer „den Blick Cecilias immer wieder für Momente übernehmen (…). Er kann dann den Film im Film als den Film betrachten, den er selbst schaut“ 12 und wird dadurch für Momente in die Illusion des Films im Film mit hineingezogen. Zugleich wird dieser Film aber in eine „Distanz gerückt, wenn die Kamera aus seitlicher Perspektive in einer Totalen die 5 6 7 8 9 10 11 12 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1). Auf die formale und sprachliche Umsetzung dieser Realitätsflucht wird in Kapitel 3 und 4 noch einmal eingegangen. Kuhn 2011, S. 287. Ebd., S. 287. Ebd., S. 325. Ebd., S. 325. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1). Schneider 1993, S. 89. 3 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Leinwand und den Projektor zeigt. Die Materialität des Films im Film wird [...] [hier dargestellt]. [...] Die doppelte Inszenierung – die inszenierte Wirklichkeit des Films und die Inszenierung des Films im Film“13 – lässt die Situation des Zuschauers seine eigene Funktion als Zuschauer wahrnehmen und reflektieren. Bei dieser Art von Inszenierung spricht man von enutiativer Selbstreferenz. Diese liegt vor, wenn die Bedingungen der Produktion und Rezeption des Textes zum Thema innerhalb des Textes werden.14 Dadurch wird das Publikum daran erinnert, dass es im Kino sitzt und einen Film rezipiert und die „vorgetäuschten schönen Illusionen“ 15, mit denen ein Film normalerweise „über seine Gemachtheit hinwegzutäuschen“ 16 versucht, werden durchbrochen. Mit Tom Baxters Verlassen der Leinwand kommt neben den bisher eingeführten Realitätsebenen eine neue Welt hinzu, die stark selbstreferentiell ist. Bei dieser handelt es sich um die Hollywood-Welt, also die Welt der Filmproduktion. Diese lässt sich zwischen Realität und Filmwelt ansiedeln, da sie einerseits zur Realität 1 also zur Diegese gehört, andererseits die Metadiegese aber aus ihr entsteht. Sie wird vor allem durch die Figur Gil Shepherd und das Produktionsteam des Films im Film repräsentiert und thematisiert „eben jene Fabrik, die unsere Träume gewinnbringend verwaltet, indem sie (Film-)Texte konfiguriert, die nur als Gegenentwürfe zum Realtext unseres Alltags ihren semantischen Sinn erfüllen.“ 17 Auf diese Welt wird im weiteren Verlauf des Films immer wieder Bezug genommen. In ihr gelten ebenfalls ihre eigenen Regeln. So geht es dem Produktionsteam ausschließlich darum, den Schaden, den Tom Baxters Verlassen der Leinwand angerichtet hat, möglichst gering zu halten und auch Gil Shepherd kümmert sich ausschließlich um seine Karriere und seinen Ruf: „Think of me. My reputation, my career.“18 Für Cecilia und das Publikum ist der „leibhaftige Star [allerdings] […] die Schnittstelle, in der das wirkliche Leben und die unbändigen Sehnsüchte zusammenfallen und [ihre] […] Ideale verkörpert scheinen.“19 Auch hierbei handelt es sich um enutiative Selbstreferentialität, da wieder die Filmproduktion im Mittelpunkt steht. So wird die überspitzte Darstellung der skrupellosen Hollywood-Welt präsentiert, in der Werte wie Macht und Erfolg regieren. Außerdem geht es um die Darstellung des Bildes, das in den Köpfen der Zuschauer von dieser Welt existiert und von den Medien vermittelt wird. Gil Shepherd verkörpert den perfekten Star, der nach den gängigen Konventionen des Starsystems in Hollywood erschaffen wurde. Mit der Figur Gil Shepherd wird somit auf das sogenannte Starsystem Hollywoods verwiesen. Das Starsystem bezeichnet die Konvention der amerikanischen Filmstudios, die Filmschauspieler mithilfe unterschiedlicher Marketingstrategien zu instru13 14 15 16 17 18 19 Ebd., S. 89. Nöth/Bishara/Neitzel 2008, S. 43. Ebd., S. 44. Gotto 2013, S. 79. Kreimeier 2012, S. 409. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 27 (Anhang 1). Kreimeier 2012, S. 409. 4 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. mentalisieren, um für den Erfolg der Filme zu sorgen. Bei der systematischen Produktion von Stars spielt vor allem das nach außen hin vermittelte Image eines Schauspielers eine Rolle. Dieses wurde von den Studios vertraglich kontrolliert und mithilfe von Namens- und Biografieänderungen geformt und perfektioniert.20 Auch diese Tatsache wird mit der Figur Gil Shepherd aufgegriffen. So heißt dieser in Wirklichkeit Herman Bardebedian und hat als Taxifahrer gearbeitet, bevor er mit der Schauspielerei begann.21 Interessant im Bezug auf inhaltliche Selbstreferenz ist außerdem Tom Baxters Verhalten in der wirklichen Welt, der Realität 1. So findet er diese aufregend und freut sich, den Regeln der Leinwand scheinbar entronnen zu sein. „Sein Verhalten, seine vorformulierten Sätze, seine Küsse, seine Mimik und Gestik kann der Zuschauer aber genau als Fortsetzung seiner Filmrolle encodieren.“22 Tom Baxter bleibt in seiner vorgeschriebenen Rolle verhaftet und kann die Attribute, die ihm durch die Hollywood-Welt zugeschrieben wurden, nicht ablegen. So ist er auch in der Realität 1 ein impulsiver und draufgängerischer Gentleman, dessen Beschützerinstikt durch das Verhalten von Cecilias Ehemann seiner Frau gegenüber geweckt wird: Tom: „Cecilia, it's clear how miserable you are with your husband. And if he hits you again, you tell me. I'll be forced to knock his teeth out. […] I'm sorry. It's written into my charater to do it, so I do it.“23 Die Rolle ist somit „seine 'Identität' [und den] [...] Regeln der Hollywood-Welt entkommt man nicht, indem man die Leinwand verläßt.“24 Dies wird in vielen weiteren Situationen deutlich. So harmonieren die beiden Welten wenig miteinander und Toms naive Versuche, seine metadiegetischen Verhaltensmuster auf die Realität 1 zu übertragen, scheitern, wie sich beispielhaft an Szene 24 erklären lässt. In dieser Szene genießen Tom und Cecilia zunächst das Leben mit teurem Essen und Champagner. Das im Film dargestellte schöne Leben scheint also zunächst auch in der Wirklichkeit zu funktionieren. Als Tom dann aber mit falschem Geld bezahlen will und die beiden fliehen müssen, wird deutlich, dass die Regeln der Filmwelt nicht in der Realität gelten. Dementsprechend geht es weiter, als Tom versucht, ein fremdes Auto zu starten, weil es in seiner Welt so funktioniert. Diese Nichtübertragbarkeit der Regeln von der einen Realität in die andere deutet bereits die Entwicklung der Liebesbeziehung zwischen Tom und Cecilia an. So ist diese „die Geschichte zweier nicht-kompatibler Textebenen, die scheitern muss.“25 Mit Toms naivem Verhalten wird wieder die scheinbar so unkomplizierte Filmwelt parodiert. Außerdem wird dadurch die Welt der Filmproduktion thematisiert, in der die Täuschung des Zuschauers und die Konstruktion einer bestimmten Illusion eine große 20 21 22 23 24 25 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012a (Abruf 13. Juli 2014). Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 33 (Anhang 1). Schneider 1993, S. 92. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 25 (Anhang 1). Schneider 1993, S. 92. Kreimeier 2012, S. 408. 5 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Rolle spielen und in Wirklichkeit vieles nicht so ist, wie es scheint.26 2.2 Metalepse Bei der Betrachtung der inhaltlichen Selbstreferentialität ist es sinnvoll, das ursprünglich aus der Literatur stammende Phänomen der Metalepse zu betrachten. Der Begriff ist auf den französischen Narratologen Gérard Genette zurückzuführen und bezeichnet eine „Überschreitung der Grenzen zwischen unterschiedlichen diegetischen Ebenen.“ 27 Genette definierte diese Grenze als „eine bewegliche, aber heilige Grenze zwischen zwei Welten: zwischen der, in der man erzählt, und der, von der erzählt wird“.28 Es wird zwischen rhetorischen und ontologischen Metalepsen unterschieden. Bei der rhetorischen Metalepse wird die „Logik der Fiktion“29 nur für einen kurzen Moment aufgehoben und die Überschreitung der Ebenen ist zeitlich begrenzt. Sie hat somit „keine gravierenden Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Erzählung“30. Bei einer ontologischen Metalepse hingegen handelt es sich um eine stärkere Überschreitung, die größere Auswirkungen auf das Filmgeschehen hat und die Handlung dominiert, „so dass es zu einer umfassenden Vermischung zunächst ontologisch getrennt erscheinender diegetischer Ebenen kommt“31. Tom Baxters Verlassen der Leinwand und seine Transgression von der Metadiegese in die Diegese lässt sich als ontologische Metalepse kategorisieren, da der Übergang von einer Welt in die andere starke Auswirkungen auf die Filmhandlung hat. 32 Der Medienwissenschaftler Jan Noël Thon beschäftigt sich in seinem Aufsatz zur „Metalepse im Film“ mit dieser metaleptischen Inszenierung und gibt an, dass diese ohne sowohl für das Publikum als auch für die diegetischen Figuren ohne „explizite Begründung“33 vonstattengehe. Spielfilme seien in der Regel darauf ausgelegt, dem Rezipienten „auf der Grundlage von durch die filmische Narration vermittelten Informationen“ 34 eine logische und nachvollziehbare Filmwelt zu präsentieren und ihn dazu zu bringen, „die Kondition der Diegese als Voraussetzung der Narration zu akzeptieren.“35 Eine Metalepse, die innerhalb der Diegese nicht plausibel erklärt wird, hindert den Zuschauer somit daran, „ein logisch konsistentes Bild der erzählten Welt aufzubauen“36 und er wird dazu gebracht, seine „vorläufig aufgestellten Hypothesen über die erzählte Welt angesichts von im Filmverlauf nachgereichten Informationen zu verwerfen oder zu modifizieren.“37 Der Zuschauer wird in „The Purple Rose of Cairo“ durch 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Zum Thema Täuschung und Illusion siehe Kapitel 5.2. Thon 2009, S. 86. Genette 1994, S. 168f. Thon 2009, S. 92. Ebd., S. 92. Ebd., S. 92. Vgl. Lahn/Meister 2013, S. 91. Thon 2009, S. 90. Ebd., S. 98. Thon 2009, S. 98, zitiert nach Wulff 2007, S. 46. Ebd., S. 98. Thon 2009, S. 100. 6 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. die ontologische Metalepse somit dazu gebracht, das Gesehene und damit auch die Regeln der diegetischen Welt zu hinterfragen. Die Metalepse hat in diesem Fall folglich ein „illusionsstörendes Wirkungspotential“38. Durch diese kritische Reflektion wird er sich wiederum seiner Rolle als Zuschauer bewusst und damit der Tatsache, dass er gerade einen fiktionalen Film rezipiert. Ihm wird dadurch vor Augen gehalten, dass es sich um Fiktion und nicht um das reale Leben handelt und es wird „in amüsanter Form an die Konstruiertheit der erzählten Geschichte erinnert.“39 Somit ist die Verwendung der Metalepse in „The Purple Rose of Cairo“ ein Mittel medialer Selbstreferentialität. 2.3 Mise en abyme Bei der Mise en abyme handelt es sich um einen Sonderfall der Metalepse. 40 Mit der Terminologie wird eine „Selbstreferenz [bezeichnet], die sich in einem isolierbaren Segment auf einer ontologisch oder textlogisch untergeordneten Ebene eines Textes oder Kunstwerks manifestiert, so dass auf dieser mindestens ein in der Regel signifikantes Elemente (inhaltlicher oder formaler Natur) einer übergeordneten Ebene <gespiegelt> erscheint. […].“41 Werner Wolf spricht von einer „Spiegelung einer Makrostruktur eines literarischen Textes in einer Mikrostruktur innerhalb desselben Textes.“42 Wenn es im Text also eine weitere Erzählebene gibt, die thematisch oder formal auf die diegetische Ebene Bezug nimmt bzw. diese kopiert, kann von Mise en abyme gesprochen werden. Bezogen auf den Film als Medium bezeichnet der Begriff somit die metadiegetische Ebene eines Films, die in der Diegese eines Films vorkommt, folglich einen Film im Film. Eine Funktion der Myse en abyme kann die Störung einer Illusion sein. Dem Rezipienten werden somit die Konstruiertheit und die Künstlichkeit einer dargestellten Geschichte vor Augen geführt. Diese Theorie lässt sich auf „The Purple Rose of Cairo“ übertragen, da der Film sich selbst als Medium thematisiert. So wird die Handlung der Diegese vom Film im Film dominiert, dem eigentlichen „The Purple Rose of Cairo“. 43 Zunächst ist die Existenz des Films im Film logisch erklärbar in die Handlung eingebettet und führt noch zu keinem Irritationsmoment. Erst mit Tom Baxters metaleptischer Transgression kommt es schließlich zur Illusionsstörung durch die Mise en abyme-Struktur.44 3 Sprachliche Ebene Auch auf der Ebene der Sprache lassen sich den gesamten Film über zahlreiche selbstreferentielle Bezüge herausarbeiten. So finden sich durchgängig Zitate und Dialoge, die die Existenz der beiden filmischen Ebenen immer wieder thematisieren und auch der Titel des Films ist 38 39 40 41 42 43 44 Nünning 2008, S. 490. Vgl. Lahn/Meister 2013, S. 91. Vgl. ebd., S. 91 Nünning 2008, S. 503. Wolf 1993, S. 296. Auf die Bedeutung des Filmtitels wird in Kapitel 3.1 näher eingegangen. Wolf 1993, S. 97. 7 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. stark selbstreferentiell. 3.1 Filmtitel Bereits der Titel des Films „The Purple Rose of Cairo“ ist selbstreferentiell, da er auf die Mise en abyme-Struktur des Films hinweist. So ist Woody Allens Film nach dem Film im Film benannt, der wiederum diesen Titel trägt, da der Abenteurer und Archäologe Tom Baxter sich in der Metadiegese auf der Suche nach besagter „Purple Rose“ befindet, als er auf die Herrschaften aus New York trifft. 3.2 Dialoge Selbstreferentialität ist während des gesamten Films auf sprachlicher Ebene sehr präsent. Da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, sämtliche Zitate und Dialoge zu analysieren, werden die verwendeten Bezüge im Folgenden anhand ausgewählter Zitate beispielhaft erläutert. So enthält der Film zahlreiche „nicht-kritische und sogar höchst affirmative Metareferenzen auf die HollywoodTraumfabrik insgesamt, z. B. wenn […] [Cecilia] ihren Mann zur Begleitung ins Kino überreden will und dabei eine allgemein-filmische Aussage über die Evasionsfunktion des Films impliziert: '[…] I thought if... if we could go to the movies tonight, you know, you could forget your troubles a little.'“45 Ein weiteres Zitat findet sich in der Szene, in der Tom Baxter und Cecilia in einer Tanzbar tanzen.46 Die Stimmung ist romantisch und die beiden kommen sich näher. Cecilia spricht von ihrem Ehemann und gibt an, dass sie dieser nie zum Tanzen ausgeführt habe: „Monk never took me dancing. Not even when we first met. Not even if I begged him.“ Monk repräsentiert im Film die graue Realität der diegetischen Welt. Er hat keinen Sinn für Romantik, ist ungehobelt, faul und interessiert sich wenig für seine Frau oder für ihre Bedürfnisse. Ihm gegenüber steht Tom, der alles verkörpert, was Monk nicht ist. Er geht mit ihr tanzen, führt sie zum Essen aus, macht ihr Komplimente und geht damit auf Cecilias Wünsche, Bedürfnisse und Träume ein. Beim Tanzen fangen Tom und Cecilia an, über die beiden Realitätsebenen zu sprechen: Cecilia: „People get old and sick and never find true love.“ Tom: „You know,where I come from, people don't disappoint. They are consistent. They are always reliable.“ Cecilia: „You don't find that kind in real life.“ In dem Dialog werden die Unterschiede zwischen der Diegese und der Metadiegese besonders deutlich, da sie sehr überspitzt dargestellt werden. So beschreibt Cecilia ihre Welt übertrieben negativ und ist der Meinung, dass wahre Liebe nicht existiert. Die Welt im Film scheint hingegen vollkommen perfekt zu sein. Durch diese typisierte Darstellung der perfekten Filmrealität wird das Bild, das Hollywoodfilme dem Zuschauer in der Regel suggerieren, parodiert. 45 Wolf 2013, S. 49, zitiert nach Allen 1990 [1987], S. 327. 46 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 22 (Anhang 1). 8 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Die perfekte, sorgenfreie Welt, die das Hollywoodkino vermittelt, wird innerhalb des Films auch weiterhin immer wieder thematisiert. Dies ist beispielsweise der Fall, als Tom und Gil diskutieren, ob Tom real oder fiktiv ist: Cecilia „Tom is perfect.“ Gil: „Yeah, but he's not real.“47 Es wird somit immer wieder mit dem Bild gespielt, dass Perfektion nur im Film existiert, nicht aber im wahren Leben. Auch an folgendem Dialog lässt sich die für den Film so typische sprachliche Selbstreferenz herausarbeiten: Tom: „I'm sorry about the money. I had no idea.“ Cecilia: „It's not gonna be so easy to get along without it in this world.“ Tom: „I guess I have to get a job.“ Cecilia: „That's not gonna be so easy either. Right now the whole country is out of work.“ Tom: „Than we will live on love. […]“ Cecilia: „That's movie talk.“ Tom: You look so beautiful in this light.“ Cecilia: „But you're not real.“ (Tom küsst Cecilia) Tom: „Was that real enough for you?“ Cecilia: „You kiss perfectly. It's what I dreamed kissing would be like.“ (…) (Sie küssen sich wieder) Tom: „Where's the fade-out?“ Cecilia: „What?“ Tom: „Always when the kissing gets hot and heavy, just before the lovemaking, there's a face-out.“48 Schon der verlassene Freizeitpark, in dem das Gespräch stattfindet, kann als selbstreferentiell bezeichnet werden. So stellen Freizeitparks ebenso wie Filme eine perfekte Traumwelt dar, die den Besuchern die Möglichkeit bietet, ihrem tristen Alltag zu entfliehen. In diesem Fall ist der Park allerdings geschlossen und leer, wodurch mit der absurden Illusion gebrochen wird. In dem Dialog werden die Gegensätze der beiden Welten sprachlich noch einmal besonders hervorgehoben. Wenn Cecilia beispielsweise erklärt, dass man ohne Geld in der realen Welt nicht weit kommt, sorgt sie mit der Formulierung „this world“ dafür, den Kontrast zwischen den beiden Diegesen noch präsenter werden zu lassen. Während Tom mit naiven Aussagen wie „Then we will live on love“ weiterhin die Filmrealität, in der scheinbar alles möglich ist, repräsentiert, zeigen Cecilias Aussagen, dass ihre Weltanschauung zunehmend realistischer wird. So reagiert sie auf Toms naiv-romantische Worte mit „That's movie talk.“ und zeigt damit, dass ihr durchaus bewusst ist, dass es sich bei der in Hollywood-Filmen dargestellten Welt nur um eine schöne Illusion handelt. Als Tom sie dann aber küsst, verfällt sie wieder in ihre bisherigen Träumereien und gibt an, dass er perfekt küsse und sie schon immer davon geträumt habe, auf diese Weise geküsst zu werden. Hier wird wieder die scheinbare Perfektion der Filmrealität deutlich, während das wahre Leben für Cecilia keinerlei vergleichbares Romantikpotential bietet. Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden diese vermittelten Bilder 47 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 30 (Anhang 1). 48 Vgl. ebd., Sequenz 25 (Anhang 1). 9 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. der beiden Welten schließlich parodiert, als Tom sich beim Küssen wundert, wo das „Fade-Out“ bleibe und Cecilia ihn aufklärt, dass es in der realen Welt kein „Fade-Out“ gebe. Die bisher etablierten Gegensätze der beiden Realitäten werden somit ins Lächerliche gezogen. Durch diese überspitzte Darstellung der Filmromantik findet eine Art Spiel mit den Hollywoodkonventionen und dem Genre der Liebeskomödie statt und die perfekte Welt der Metadiegese wird als Scheinwelt entlarvt.49 Die anhand des Dialoges herausgearbeitete Selbstreferenz auf sprachlicher Ebene kann als enutiativ eingeordnet werden, da der Zuschauer durch sie immer wieder mit den Konventionen des Filmemachens konfrontiert wird. Ein weiteres Beispiel sprachlicher Selbstreferenz zeigt, dass sich die selbstreferentiellen Bezüge durch den gesamten Film ziehen und nicht nur in den Gesprächen der Hauptcharaktere zu finden sind. So reagiert beispielsweise eine Kinozuschauerin verärgert darüber, dass der Film „The Purple Rose of Cairo“ nicht ordnungsgemäß abgespielt wurde und auch andere Zuschauer beschweren sich: „I want what happened in the movie last week to happen this week... otherwise what's life about anyway?“ Diese Aussage ist ebenfalls sehr überspitzt und lässt sich als Referenz auf das gängige Sichtverhalten des Massenpublikums verstehen. Das Publikum hat das Bedürfnis, im Kino immer wieder bekannte Schemata und Konventionen vorzufinden. Ähnlich wie Cecilia, sucht es ebenfalls eine Art Zufluchtsort in der sicheren, beständigen Filmwelt des Hollywood-Kinos, in der es in der Regel wenig Überraschungen gibt: „Leben ist, was wir auf der Kinoleinwand – oder auf dem Fernsehbildschirm – wiederfinden, Woche für Woche und möglichst Tag für Tag.“50 Unser rationalistisches Weltbild wird ironisch in die Filmrealität hineingenommen. Dass „etwas physikalisch nicht möglich ist, ist nicht mehr die Gegenwelt, sondern es gehört zur 'Wirklichkeit' des Films.“51 In Filmrealität spielen plötzlich die Regeln der wirklichen Welt eine Rolle und die Zuschauer suchen nach einer rationalen Erklärung für die Geschehnisse. In Kapitel 2.1 wurde bereits darauf eingegangen, dass auch die Filmfiguren der Metadiegese das Bedürfnis haben, ihrem Alltag zu entfliehen und in einer spannende und abenteuerliche Welt einzutauchen und dass dieses Bedürfnis sie schließlich nach Ägypten führt. Auch auf sprachlicher Ebene wird diese Realitätsflucht in der Szene deutlich: Henry: „Jason, I'm bored. I'm bored with cocktails parties and opening nights. I'm bored with evenings at the opera and weekends at the races.“ Jason: „A few days in Paris might be the thing to get creative juices flowing. I can have George cable the Ritz for the usual suite.“ Jason:„I'm not talking about Paris. I'm talking about some place completely different. Like Marocco. Or Egypt.“ Rita: „Ooh. A boat trip down the Nile. Sounds so romantic. I've got just the dress to wear to the pyramids.“52 49 50 51 52 Auf das Zerstören der Illusion wird in Kapitel 5.2 näher eingegangen. Kreimeier 2012, S. 411. Schneider 1993, S. 91. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1). 10 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. So sagt Henry zunächst, dass er gelangweilt ist, was zunächst einen normalen Gemütszustand darstellt, der in der Zeit der great depression, in der viele Menschen arbeitslos waren, vermutlich nicht nur ein Problem der oberen Gesellschaftsschichten darstellte. Im nächsten Satz gibt er jedoch an, dass ihn sein luxuriöses Leben langweilt, da es wenig Abwechslung biete und auch eine Reise nach Paris wenig interessant sei. Diese Aussage wirkt überspitzt und unterstützt die parodisierende Wirkung dieser Szene, die eindeutig auf Cecilias Flucht vor ihrem Alltag und auch die der anderen Zuschauer abzielt. Diese Wirkung wird noch auf formaler Ebene verstärkt. So sitzt Henry in übertrieben gelangweilter Position rauchend an einem teuer wirkenden Flügel. Abb. 1: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:25 Auch sein Gesichtsausdruck wirkt geradezu wie die Karikatur einer gelangweilten Mimik. In einer folgenden Einstellung werden die Kinozuschauer gezeigt, wie sie Popcorn essend den Film verfolgen. 11 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Abb. 2: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:38 Die Tatsache, dass die Zuschauer sich nach genau dieser Welt sehnen, die die Filmfiguren so langweilt, wirkt sehr ironisch und verstärkt den Kontrast zwischen den beiden Realitäten, der im Laufe des Films immer wieder betont wird. Als die Figur Rita dann dazu kommt und in ei nem glamourösen Kleid mit perfekt sitzender Frisur die Arme so verschränkt, wie es auf Wandzeichnungen der alten Ägypter oft dargestellt wurde, wird dieser Eindruck noch verstärkt. Abb. 3: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:44 Ihre Geste vermittelt ein romantisches, klischeehaftes Bild von Ägypten, das in den Köpfen der Menschen in der damaligen Zeit vermutlich vorgeherrscht hat. Ihre Aussage „Ooh. A boat trip down the Nile. Sounds so romantic.“ kann als Anspielung auf Cecilias Bedürfnis nach Romantik verstanden werden, das zum Beispiel in den Konversationen mit ihrer Schwester im12 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. mer wieder deutlich wird, wenn sie vom Kino berichtet: „The people were so beautiful. They spoke so cleverly and do such romantic things.“ 53 Ritas weitere Bemerkung „I've got just the dress to wear to the pyramids“ in Verbindung mit ihrem glitzernden Kleid, das aussieht, als wäre es für eine Pyramidenbesichtigung gänzlich ungeeignet und dem Lachen des Publikums über diese Aussage, verstärkt wiederum die Ironie dieser Szene. Auch ihr verzückter Ausruf „A real-life explorer“, als sie Tom Batxer in den Pyramiden kennenlernt, wirkt sehr ironisch und ist eine Anspielung auf die Dialektik zwischen der in Woody Allens Film dargestellten realen Welt (Realität 1) und der metadiegetischen, aus Sicht der Diegese künstlichen Filmwelt des „The Purple Rose of Cairo“-Films. So möchte Lydia dem realen Leben unbedingt entfliehen, während die Filmfiguren in diesem nach Abwechslung suchen. Dies wird noch übertriebener deutlich, als die Figuren beschließen, Tom Baxter einfach mit nach New York zu nehmen: „We could bring him back to New York to meet the Countess. She loves anything in a pith helmet.“54 Für sie ist Tom Baxter nur eine Art Belustigungsobjekt, das ihnen Spaß und Zerstreuung bieten soll.55 Er hat somit eine ähnliche Funktion für die New Yorker, wie das Kino für Cecilia und den Rest des Publikums. Diese Objektivierung ist somit einerseits Referenz auf das Rezeptionsverhalten der Hollywoodzielgruppe, die bei der Filmrezeption ebenfalls nach Zerstreuung und Belustigung sucht und gleichzeitig eine Anspielung darauf, dass die Schauspieler auf der Leinwand in den Filmen Hollywoods oft als ebensolche Anschauungsobjekte inszeniert werden, deren Funktion sich oft ausschließlich darauf beschränkt, die voyeuristischen Gelüste des Publikums zu befriedigen.56 4 Formale Ebene Auch auf formaler Ebene lassen sich zahlreiche selbstreferentielle Bezüge in dem Film „The Purple Rose of Cairo“ herausarbeiten. Im Folgenden werden zunächst die filmtechnischen Mittel, mit denen der Film Selbstreferentialität erzeugt, herausgearbeitet. Anschließend wird näher auf den Einsatz von Licht und Musik eingegangen. 4.1 Filmtechnische Mittel Im Bezug auf die filmtechnischen Mittel ist in „The Purple Rose of Cairo“ vor allem die Farbgestaltung hervorzuheben. So der Film, der im Kino gezeigt wird (Realität 2), in schwarzweiß gedreht während Cecilias Leben dem Zuschauer in Farbe präsentiert wird. Peter Bradley betitelt die beiden Welten sehr passend als „Cecilia's Depression reality“ auf der einen und „black-and-white champagne comedy world of Hollywoods Purple Rose“ 57 auf der anderen Seite. Die schwarz-weiße Gestaltung des Films steht in einem auffälligen Kontrast zu den intensiven Farben des Kinoinnenraums und legt die Grundlage für ein „beziehungsreiches 53 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 7 (Anhang 1). 54 Vgl. ebd., Sequenz 6 (Anhang 1). 55 Auf die formale Umsetzung von Tom Baxter als Symbol für die Freuden den Kinos wird in Kapitel 4.1 näher eingegangen. 56 Vgl. Mulvey 1988, S. 59. 57 Bailey 2001, S. 154. 13 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Wechselspiel: [so führt] die Filmheldin [...] ein tristes Leben in Multi-Color und träumt [von einer glamourösen Welt] in Schwarzweiß.“58 Diese Umkehrung der Farbschemata, also der graue Alltag Cecilias in Farbe und das perfekte Leben der Filmfiguren in schwarz-weiß, unterstützt somit auf gestalterischer Ebene den bereits auf inhaltlicher Ebene dargestellten Gegensatz der beiden Realitäten. Zudem kann die Schwarz-Weiß-Gestaltung als selbstreferentieller Bezug zum „Universal- und MGM-Stil von 1930 [gesehen werden], mit glänzenden Darstellern wie Edward Herrmann und Zoe Caldwell, die – als agierten sie in einem Lehrstück von Brecht – demonstrieren, dass auch die Größen der Branche, wenn sie plötzlich aus ihren Rollen kippen, nichts anderes als ichsüchtige, zänkische und ziemlich hilflose Wesen sind.“59 Ein weiterer interessanter Aspekt der Selbstreferenz auf formaler Ebene findet sich ebenfalls bei der Betrachtung der Metadiegese des Films im Film. So deutet sich die Doppelung der Figur Tom Baxter und seinem Darsteller Gil Shepherd bereits formal in der Szene an, in der Tom Baxter in der Pyramide auf die Herrschaften aus New York trifft. Abb. 4: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:16 So können die beiden Schatten, die Tom Baxter hinter sich an die Wand wirft, bereits als „anticipation of his later split into actor/Gil Shepherd and part/Tom Baxter“ 60 gesehen werden. Die begeisterten und faszinierten Blicke der Besucher auf den in ihren Augen exotischen Tom Baxter können wiederum als Referenz auf die Zuschauerschaft eines Films, die voyeuristischen Gefallen daran findet, etwas anzuschauen, das sie von ihrem eigenen Leben ablenkt.61 58 59 60 61 Schneider 1993, S. 89. Kreimeier 2012, S. 409. Arizti 1996, S. 395. Ebd., S. 395. 14 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Abb. 5: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:20 So ist Tom genauso positioniert, wie die Leinwand in vorherigen Einstellungen positioniert war und stellt das Besichtigungsobjekt für die anderen drei Figuren da, die die Rolle des Zuschauers einnehmen. Bemerkenswert ist außerdem, dass vor allem das Verhalten der reichen Dame mit dem Cecilias verglichen werden kann. So macht sie die gleichen übertriebenen Gesten und hat den gleichen übertriebenen Gesichtsausdruck wie diese, als sie am Anfang des Films das Filmplakat betrachtet.62 Abb. 6: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:01:17 Abb. 7: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:36 4.2 Licht Auch der Umgang mit Licht ist in „The Purple Rose of Cairo“ bemerkenswert. So lässt sich feststellen, dass die Realität 1 im Low-Key-Stil beleuchtet wird. Dabei handelt es sich um eine Beleuchtungsart, bei der es „kein dominierendes Führungslicht gibt und [sich] das Grundlicht […] auf wenige Lichtquellen verteilt.“63 Der Stil ist geprägt durch das selektive 62 Vgl. Arizti 1996, S. 395. 63 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012a (Abruf 13. Juli 2014). 15 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Einsetzen von Licht, geringe Aufhellung, dunkle Hintergründe und niedriges Helligkeitsniveau“64 und wird verwendet, um eine düstere und triste Atmosphäre zu schaffen.65 Die Realität 2 hingegen ist im High-Key-Stil ausgeleuchtet, bei dem durch auffällige Beleuchtung und langsamen Schattenfall eine „maximale Sichtbarkeit“66 erreicht wird. Dieser Stil wird angewandt, um eine positive und freundliche Atmosphäre zu schaffen.67 Bezieht man das Beleuchtungskonzept des Films nun auf die Farbgestaltung lässt sich feststellen, dass die Diegese trotz der Verwendung von Farbe aufgrund des Low-Key-Stils erheblich trister wirkt, als der schwarz-weiße Film im Film, dessen glamouröse und schillernde Atmosphäre durch das verwendete High-Key-Konzept nur noch verstärkt wird. 4.3 Musik „Heaven, I'm in heaven, And the cares that hung around me through the week Seem to vanish like a gambler's lucky streak When we're out together dancing cheek to cheek.“68 Musikalische Untermalung spielt in „The Purple Rose of Cairo“ eine große Rolle. Vor allem der Titelsong „Cheek to cheek“ von Fred Astaire und Ginger Rogers kommt nicht nur im Vorspann vor, sondern zieht sich als musikalisches Thema durch den kompletten Film. Betrachtet man zunächst einmal den Text des Liedes, lässt sich feststellen, dass er genau das behandelt, was als Leitmotivs des Films bezeichnet werden kann: nämlich die Flucht vor dem Alltag und das Vergessen der Sorgen. Dieses Leitmotiv wird bereits in der ersten Szene des Films eingeführt.69 In dieser werden außerdem die beiden Realitäten, also die Diegese und die Metadiegese, klar voneinander abgegrenzt. Zunächst sieht man den Vorspann und hört die extradiegetische Filmmusik. Die Tatsache, dass Musik zunächst im Vorspann zu hören ist und dann in die diegetische Welt übergeht ist selbstreferentiell, da dadurch betont wird, dass nun ein Spielfilm beginnt. Während die Vorspannmusik nun also weiter geht, schwenkt die Kamera in einer kreisenden Bewegung über das Filmplakat von dem Film im Film „The Purple Rose of Cairo“. Durch die Kreisbewegung wird bereits zu Anfang die Zirkularität des Films deutlich, bei dem sich die Elemente immer wiederholen und sich in einem nicht endenden Kreislauf zu befinden scheinen. Außerdem wird durch das Zeigen des Plakats und des Filmtitels die Myse en abyme-Struktur des Films eingeführt.70 In der nächsten Einstellung sieht man Cecilias Gesicht im medium close-up, wie sie verträumt das schillernde Filmplakat anschaut. Es wird deutlich, dass es sich bei der vorherigen Einstellung somit um einen Point of View Shot gehandelt hat und das Filmplakat aus Cecilias Blickwinkel gezeigt wurde. So wird schon jetzt 64 65 66 67 68 69 70 Ebd.. Vgl. Hickethier 2007, S. 78. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012b (Abruf 13. Juli 2014). Vgl. Kandorfer, Pierre 1978, S. 281, zitiert nach Hickethier 2007, S. 78. Anhang 2. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 2 (Anhang 1). Vgl. Arizti 1996 S. 388. 16 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Cecilias „role as a spectator“71 verdeutlicht. Sie schaut direkt in die Kamera und bricht damit eine der „golden rules of Classic Hollywood Cinema“ 72. In der Regel soll die Tatsache, dass das Gezeigte von einer Kamera aufgenommen wurde, für den Zuschauer möglichst unbemerkt bleiben. Schaut eine Figur nun direkt in die Linse und somit ins Auge des Zuschauers, erkennt sie normalerweise an, dass noch eine weitere Realität, nämlich die des Publikums existiert. 73 Interessanterweise steht in diesem Fall Cecilias direkter Blick allerdings nicht für dieses Phänomen. Der Blick konzentriert sich vielmehr auf die Existenz der metadiegetischen Realität des Films im Film. Die Einstellung zeigt sehr deutlich Cecilias tief in Gedanken versunkenen Gesichtsausdruck und das damit verbundene „overinvolvement with the glamorous reality of the 'inner' Purple Rose. Her ectasy is further emphasized by Astaire's song - 'Heaven, I'm in heaven...' - which keeps playing extradiegetically.“74 Dann fällt einem Arbeiter ein Buchstabe des Kinoschildes herunter und sie wird ganz plötzlich aus ihren Träumereien gerissen und in die Realität zurückgeholt. Die Filmmusik erfüllt in dieser Szene die Funktion, den Gegensatz der beiden Realitäten zu betonen. So hört sie ganz abrupt auf, als der Buchstabe zu Boden fällt. Das plötzliche Abbrechen markiert den Übergang von der Realität 2 in die Realität 1 und dient zusammen mit der personalen Kameraperspektive dazu, dem Zuschauer Cecilias Perspektive zu vermitteln, sodass er zunächst ihren träumerischen Zustand nachvollziehen kann und genau wie sie ohne Vorwarnung aus diesem herausgerissen wird. Die Szene macht außerdem deutlich, dass sich der Film mit dem Akt des Zuschauens und der Rezeption von Filmen beschäftigt, repräsentiert durch den Blick der verträumten und von Filmen besessenen Protagonistin Cecilia. Das Lied „Cheek to cheek“ hat außerdem eine rahmende Funktion, da es den Film einleitet und ebenfalls in der letzten Szene zu hören ist. 7576 So ist wieder „Heaven, I'm in heaven“ als extradiegetischer Ton zu hören, als Gil gezeigt wird, wie er nachdenklich im Flugzeug sitzt. Die Tatsache, dass Gil sich tatsächlich und nicht nur im übertragenen Sinne im Himmel befindet, verleiht der Zeile eine gewisse ironische Bedeutung. In der nächsten Einstellung wird ein tanzendes Pärchen in schwarz-weiß gezeigt und es lässt sich feststellen, dass das Lied von dem Mann gesungen wird. Daraufhin ist Cecilia zu sehen, wie sie mit verweinten Augen den Kinosaal betritt und es wird deutlich, dass es sich bei den vorherigen Bildern wieder um einen Film handelt. Somit ist die Musik, die im gesamten Film und auch in der Szene im Flugzeug extradiegetisch eingesetzt wurde, auf einmal intradiegetisch. Dadurch scheinen wiederum die Grenzen zwischen den beiden Realitäten zu verschwimmen. Die Musik, die der Zuschauer zunächst als Filmmusik für Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“ wahrgenommen hat, fun71 72 73 74 75 76 Ebd., S. 388. Ebd., S. 389. Vgl. ebd., S. 389. Arizti 1996, S. 389. Vgl. ebd., S. 388. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 42 (Anhang 1). 17 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. giert nun innerhalb einer weiteren Metadiegese ebenfalls als intradiegetische Filmmusik fungiert. Interessant ist außerdem, dass es sich bei dem Pärchen um die tatsächlichen Fred Astaire und Ginger Rogers handelt, die in dem Film Filmmusical „Top Hat“ die Hauptfiguren verkörpern.77 Dass sich Cecilia nun also den Film „Top Hat“ im Kino anschaut, auf den während des gesamten Films mit dem Lied „Cheek to cheek“ immer wieder verwiesen wurde, hat ebenfalls eine selbstreferentielle Funktion, indem es auf das Kino der 30er Jahre verweist und dem Zuschauer durch das Wechselspiel aus extra- und intradiegetischer Verwendung wieder vor Augen führt, dass er selbst gerade einen Film rezipiert, bei dem alles konstruiert ist und eine Funktion erfüllt. Die Zeile „Dancing cheek to cheek“ kann außerdem als Verweis auf die Szene gesehen werden, in der Cecilia und Gil miteinander tanzen.78 5 Analyse der zentralen Leitmotive Wie in den Kapiteln 2 bis 4 festgestellt, findet mediale Selbstreferentialität in Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“ auf verschiedenen Ebenen statt. Da die Selbstreferentialität sich außerdem in den zentralen Leitmotiven des Films wiederfinden lässt und diese durch ein Zusammenspiel der bisher angewandten Kategorien der inhaltlichen, sprachlichen und formalen Selbstreferenzen entsteht, ist es sinnvoll die Leitmotive unter Einbindung aller Kategorien noch einmal kurz zu erläutern. 5.1 Flucht aus der Realität Aus der Analyse der verschiedenen Ebenen geht hervor, dass die Flucht vor der Realität und das Eintauchen in andere Welten als ein zentrales, selbstreferentielles Leitmotiv des Films „The Purple Rose of Cairo“ angesehen werden kann. Es zieht sich durch den gesamten Film und wird zunächst durch die Protagonistin Cecilia repräsentiert, die ihrem tristen Alltag zu entfliehen versucht, indem sie sich sehr intensiv mit der Welt Hollywoods und des Kinos auseinandersetzt. Doch nicht nur für Cecilia, sondern auch für andere Figuren spielt die Realitätsflucht eine Rolle. So sehnen sich auch die Figuren des metadiegetischen Films „The Purple Rose of Cairo“ nach einem Ausbruch aus ihrem Alltag und suchen die Abwechslung im exotischen Ägypten. Es wird außerdem deutlich, dass auch das übrige Kinopublikum den Gang ins Kino dazu nutzt, sich von der tristen Realität der „Great Depression“ abzulenken und von einem besseren Leben zu träumen. Dieses bessere Leben, das vor allem durch das luxuriöse Leben der metadiegetischen Filmfiguren repräsentiert wird, wird auch auf formaler Ebene durch den Einsatz der Filmmusik deutlich. So behandelt das Lied „Cheek to cheek“, das im Film an unterschiedlichen Stellen immer wieder auftaucht genau das Thema des Vergessens des Alltages und der damit verbundenen Sorgen sowie das Eintauchen in eine Welt ohne Probleme. Diese Thematik wird außerdem durch die Farbgestaltung und den Einsatz von Licht deutlich. So wird die triste Realität zwar in Farbe abgebildet, durch die Verwendung eines Low-Key77 Vgl. Kaufmann 2012, S. 278. 78 Auf diese Szene wurde bereits in Kapitel 2.3 näher eingegangen. 18 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Beleuchtungskonzeptes erscheint sie jedoch eher grau und trostlos. Im Gegensatz dazu wird die schwarz-weiße Realität 2 des Films im Film im High-Key-Stil beleuchtet, wodurch sie besonders glamourös wirkt. Die Realitätsflucht als Leitmotiv ist somit vor allem im Kontrast zwischen beiden Realitäten wiederzufinden, der auch auf sprachlicher Ebene immer wieder hervorgehoben wird. Die Allgegenwärtigkeit dieses Motivs auf sämtlichen Ebenen hat die Funktion, dem Rezipienten seine Rolle als Zuschauer auf eine selbstreferentielle Weise immer wieder vor Augen zu führen und ihn diese kritisch zu hinterfragen zu lassen. Sie verweist auf die in Hollywood-Filmen gängige Konvention, eine diegetische so zu konstruieren, dass sie für das Publikum eine Art Traumwelt abbildet, in die er fliehen kann. Eine Welt der Perfektion, der Erfüllung aller Wünsche und des Happy Ends. 5.2 Bruch der Illusion Bisher wurde die Metadiegese im Zusammenhang mit der Flucht vor der Realität vor allem als Abbildung einer perfekten Traumwelt beschrieben. Doch die Darstellung dieser Welt durchläuft im Verlauf des Films einen entscheidenden Wechsel. Zunächst scheint in ihr alles perfekt und romantisch zu sein und sie stellt den perfekten Zufluchtsort für die naive Cecilia und das restliche Publikum dar.79 Doch vor allem als die Welt der Produktion thematisch in die Handlung eingeführt wird, ändert sich das vermittelte Bild der Realität 2. So wird die bisher dargestellte Perfektion zunehmend als perfekte Illusion entlarvt, in der nichts tatsächlich so ist, wie es bisher den Anschein hatte. Es handelt sich vielmehr um eine Welt der Täuschung. Der Illusionsbruch beginnt bereits, als Tom nach einem teuren Abendessen wie selbstverständlich mit Falschgeld bezahlen will und schließlich auf der Flucht vor den Restaurantbetreibern versucht, ein fremdes Auto ohne Zündschlüssel zu starten. 80 Als Cecilia und Tom dann in einer weiteren ontologischen Metalepse wieder von der Diegese in die Metadiegese übertreten findet eine weitere Desillusionierung statt. So muss Cecilia z. B. erstaunt feststellen, dass sich in den Champagnergläsern Ginger Ale befindet. Dies wird ebenfalls durch die Figuren auf der Leinwand auf eine komische und überspitzte Weise dargestellt. So beginnt die Figur des Kellners im Film auf einmal, ungehemmt zu tanzen, als sie erfährt, dass die Regeln der Metadiegese im Begriff sind, außer Kraft gesetzt zu werden: Tom: „It's every man for himself.“ Arturo: „Then I don't have to seat people anymore. I can do what it is I always wanted to do.“ 81 So wird hier das Klischee des perfekten Lebens und der damit verbundenen Freiheit parodiert und damit gespielt, dass das Publikum aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erwartet, dass der sehnlichste Wunsch des Kellners eine aufwendige Tanzeinlage ist. Sein hemmungsloses Tanzen, das wie eine professionelle Showeinlage wirkt, verweist außerdem auf die Konstruiertheit von Tanzfilmen oder Varietéveranstaltungen. So diskutieren sie beispielsweise über die Hollywoodwelt (Welt der Produktion) und be79 Vgl. Kapitel 2.1. 80 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 24 (Anhang 1). 81 Vgl. ebd., Sequenz 40 (Anhang 1). 19 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. schweren sich, dass sie ausgebeutet werden. Sie fangen an aufzubegehren und machen den Vorschlag, ihre Welt (Realität 2) als die reale Welt zu definieren und die reale Welt (Realität 1) als die „world of illusion and shadow.“82 Die Desillusionierung der Realität 2 aus der Sicht von Cecilia ist gleichzeitig eine Desillusionierung der Realität 1 für den Zuschauer und somit in höchstem Maße selbstreferentiell. So wird ihm auf eine ironische Weise deutlich gemacht, dass es sich bei dem Film, den er gerade rezipiert, ebenfalls nur um ein Abbild der Realität handelt, bei dem alles inszeniert und konstruiert ist. Die Selbstreferenz ist somit enutiativ. Nicht nur die Filmwelt (Realität 2) wird im Laufe der Handlung desillusioniert. Auch die Welt der Filmproduktion (Hollywoodwelt) wird einer Desillusionierung unterzogen, als sie mit der Realität 1 konfrontiert wird. Dies wird beispielsweise in der Kommunikation zwischen Cecilia und Gil deutlich, als Gil zugibt, dass ein Filmkuss gar nicht so romantisch ist, es im Film zu sein scheint und dass sein richtiger Name gar nicht Gil Shepherd ist.83 Hier wird deutlich, dass auch in der glamourösen, glitzernden Hollywoodwelt der Schauspieler, in die Lydia sich ebenso hinein geträumt hat, nicht alles so perfekt ist, wie es scheint, sondern ebensolche Illusionen existieren, wie in der Filmwelt. Das Spiel mit Täuschung und Maskerade kann außerdem als Referenz auf das Genre der Liebeskomödie gesehen werden: „A typical romantic comedy will feature mistaken identity, disguise and masquerade“ 84. Somit beinhaltet die Liebeskomödie als Genre an sich schon selbstreferentielle Elemente, da es sich bei der Kostümierung und dem Schlüpfen in andere Rollen ja um einen wesentlichen Bestandteil der Filmproduktion handelt.85 5.3 Parodie der Happy-End-Struktur Als Gil und Cecilia sich schließlich näher kommen, wird zunächst der Eindruck erweckt, dass sich die Regeln der Metadiegese doch auf die diegetische Welt übertragen lassen. So sind ihre Konversationen geradezu übertrieben romantisch: „Look, I love you. I know that this only happens in movies, but I do.“, „Love at first sight doesn't only happen just in the movies“. Die ausgewählten Zitate verdeutlichen noch einmal die Selbstreferenz auf sprachlicher Ebene, da sie sich auf die Darstellung von Liebe und Romantik im Film beziehen und parodieren damit die Konvention, dass Liebe in Hollywood-Filme häufig übertrieben romantisch und plakativ inszeniert wird. Besonders deutlich wird diese übertriebene Romantik, als Gil und Cecilia in einem Musikladen gemeinsam musizieren und singen.86 Die spontane Gesangseinlage wirkt besonders kitschig und unecht und kann als Referenz auf Musicalfilme gesehen werden, in denen in der Regel eine noch unnatürlichere Darstellung von Romantik vermittelt wird als in Liebeskomö82 83 84 85 86 Vgl. ebd., Sequenz 37 (Anhang 1). Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 33 (Anhang 1). Mortimer 2010, S. 5. Vgl. Gotto 2013, S. 77. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 36 (Anhang 1). 20 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. dien, da die meist „stark stilisierten Musiknummer[n]“87 dieser Filme die Künstlichkeit des Mediums noch offensichtlicher erscheinen lassen und deren „stets realitäsferne Phantasiewelten“88 vor Unwahrscheinlichkeit nur so strotzen. Diese Selbstreferenz wird dann einige Sekunden später wiederum parodiert, als Cecilia Gil begeistert vorschlägt, er solle doch einmal in einem Musical mitspielen. Eine weitere Referenz in der Szene findet sich wieder, als Lydia damit anfängt, Gils früheren Film „Dancing Doughboys“ zu rezitieren: „I won't be going South with you this winter.“ und Gil das Zitat mit seiner Textzeile „We have a little score to settle on the other side of the Atlantic.“ vervollstän digt. Denn genau so wie in dieser melodramatischen Szene angesprochen, verhält Gil sich auch im wahren Leben, also der Realität 1. So handelt es sich bei besagtem „little score“ um die Aufgabe, seinen Doppelgänger dazu zu bewegen, wieder in den Film zurückzukehren. Cecilia antwortet mit dem Zitat „When you leave, don't look back.“, dass sich ebenfalls im Film wiederfinden lässt, als Gil im Flugzeug zurück nach Hollywood sitzt und zwar ein wenig melancholisch wirkt, aber nicht einmal aus dem Fenster schaut, „never once looking back.“89 Gil und Cecilia verstehen sich blendend und ergänzen sich in ihren Konversationen perfekt. So himmelt Cecilia Gil permanent an, während dieser von sich, seinem Leben und seiner Karriere erzählen kann. Zunächst scheint alles auf ein kitschiges Happy End hinauszulaufen, wie es in einer typischen Liebeskomödie in Hollywood üblich ist.90 So gehört die „Zielrichtung des glücklichen Ausgangs, die strukturelle Konzentration auf das Happy End [...] zu den wichtigsten Merkmalen der Romantischen Komödie.“ 91 Auf diese Konvention wird im Film auch auf sprachlicher Ebene Bezug genommen, als Cecila Tom erklärt, dass eine Welt ohne Gott „like a movie with no point and no happy ending“ 92 sei. Die Gesamthandlung ist zunächst nach einem altbekannten Handlungsmuster Hollywoods konstruiert, das an den Aufbau von Märchen erinnert:93 Eine schüchterne, unglückliche Frau trifft auf den perfekten Mann, der sie aus der Misere befreit und ihr zu einem perfekten Leben verhilft. Im Gegensatz zur Ausgangssituation, in der Cecilias Leben von Einsamkeit bestimmt war, ist sie auf einmal in der Situation, zwischen zwei Traumprinzen wählen zu können, von denen der eine zumindest scheinbar dem wahren Leben angehört. Cecilia entscheidet sich bewusst für das scheinbar reale Leben und somit für Gil: „I'm a real person. No matter how tempted I am, I have to chose the real world.“94 Mit der Bemerkung „Tom, you will be fine. In your world things have a way of always working out right” versucht sie diesen zu trösten und verweist damit wieder auf Happy-End-Struktur der klassischen Liebeskomödie. Doch tatsächlich 87 88 89 90 91 92 93 94 Trenka 2013, S. 147. Ebd., S. 147. Bailey 2001, S. 151. Vgl. Koebner 2012, S. 8. Gotto 2013, S. 76. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 32 (Anhang 1). Vgl. Schneider 1993, S. 88. Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 38 (Anhang 1). 21 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. entscheidet sie sich nicht zwischen dem realen Leben und ihrer Traumwelt, sondern vielmehr „between two different types of illusion.“ 95 So gehören beide Männer den beiden Welten an, in die sie sich in ihrem Leben immer hineingeträumt hat und die ihr beide durch und durch perfekt erschienen: „the beautiful black-and-white unreality of The Purple Rose of Cairo or the actual Hollywood to which Gil promises to take her.“ 96 So bewahrheitet sich am Ende die bisher angedeutete Tatsache, dass beide Welten von Illusion und Täuschung geprägt sind und dass die Perfektion, die sie nach außen hin ausstrahlen, nur ein Konstrukt ist. Sowohl der Zuschauer als auch Cecilia verstehen nun sowohl „the overplotted, falsely reassuring, pretty unreality which the screen projects“97 als auch „the hypocrisy which is the product of the starmaking machinery“98 Hollywoods. Am Ende ist Cecilia allein und flüchtet sich ironischerweise wieder ins Kino. Hier kann sie all ihre Enttäuschungen vergessen, wieder in ihre Traumwelt eintauchen und Trost finden. Ist sie beim Eintreten in den Saal „noch den Tränen nah, […] hellt sich [ihr Gesicht auf, sobald sie auf die Leinwand blickt] und ihre Augen saugen sich fest am Spiel des Lichts und der Schatten – und alles, was in ihr lebt, verströmt sich in eine Welt, die es nicht gibt.“99 Damit schließt sich der Kreis und die zirkulare Struktur des Films wird deutlich. 100 Die Aussage „It ain't the movies, it's real life.“, die Cecilias Ehemann ihr beim Verlassen der Wohnung noch hinterher gerufen hat, hat sich somit als wahr erwiesen. Die graue Realität, für die er während des gesamten Film bildhaft steht, hat sich durchgesetzt. Mit diesem wenig zufriedenstellenden und sehr pessimistischen Ende parodiert Allen die klassischen Hollywood-Konventionen. Indem er zunächst alles auf ein Happy End hinauszulaufen lässt, spielt er mit den Sichtgewohnheiten und Erwartungshaltungen des Publikums, nur um es am Ende zu enttäuschen und damit die Künstlichkeit und Konstruiertheit von Hollywoodfilmen offenzulegen. Allen selber antwortete auf den Hinweis der Orion Films Geschäftsleitung, dass der Film erheblich mehr einspielen würde, wenn man ihn positiv ausgehen ließe, mit „The ending was why I made the film.“101 und bestätigt damit seine Absicht, gezielt die gängigen Hollywoodkonventionen außer Kraft zu setzen, bei denen es in erster Linie um Profitmaximierung geht. So gelingt es ihm, „to convey the radical shallowness of escapist comedy while simultaneously preserving audience identification with Cecilia, the ultimate fan of such comedy“ 102 und parodiert damit sowohl die Produktionswelt, in der solche Filme entstehen als auch das Bedürfnis der Rezipienten, in den Filmwelten einen Ausweg aus ihrem eigenen Leben zu suchen. 95 Bailey 2001, S. 146. 96 Ebd., S. 149. 97 Ebd., S. 151. 98 Ebd., S. 151. 99 Kreimeier 2012, S. 412. 100 Wie in Kapitel 4.3 erwähnt, deutet sich diese bereits in der ersten Szene des Films an. 101 Bailey 2001, S. 151, zitiert nach Lax 1991, S. 27. 102 Bailey 2001, S. 152f, zitiert nach Preussner 1988, S. 41. 22 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. 6 Fazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mediale Selbstreferentialität in Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“ als zentrales Leitmotiv angesehen werden kann, das sich auf verschiedenen Ebenen durch den gesamten Film zieht und durchgehend sehr präsent ist. So hat die Verwendung medialer Selbstreferentialität in dem Film zum einen die Funktion, das Genre der Liebeskomödie zu parodieren. Allen nimmt in seinem Film im Sinne der „filmischen Parodie [immer wieder] […] Bezug auf bereits Bestehendes, um dieses Bestehende zu überschreiten und zu überformen.“103 Dies tut er in einem ausgefeilten Zusammenspiel aus inhaltlicher, formaler und sprachlicher Selbstreferenz und karikiert damit das Genre der Liebeskomödie an sich, die Welt der Filmproduktion, das Starsystem Hollywoods, die Profitgier der Produktionsfirmen und den Drang des Publikums, sich unreflektiert der schönen Illusion der Hollywood-Filme hinzugeben, um der tristen Realität und dem grauen Alltag zu entfliehen und in eine Traumwelt des Glanzes und des Reichtums abzutauchen. Die in dem Film allgegenwärtige Auseinandersetzung mit dem Medium Film an sich und das Vorhandensein eines Films im Film im Sinne der Mise en abyme-Struktur haben somit vor allem die Funktion, dem Zuschauer im Sinne enutiativer Selbstreferenz seine Rolle als Rezipient eines Films bewusst werden zu lassen. Das permanente Voraugenführen der Filmrezeption, die in „The Purple Rose of Cairo“ vor allem als eine Art Realitätsflucht und das damit verbundene Finden von Trost und Befriedigung dargestellt wird, lässt den Zuschauer seine eigene Stellung als Rezipient kritisch reflektieren und infrage stellen. Dieser Effekt wird ebenfalls durch Tom Baxters Verlassen der Leinwand und die damit verbundene Inszenierung der ontologischen Metalepse erzielt. So hat diese vor allem die Funktion, „die Geschehensillusion [zu unterlaufen] und […] den artifiziellen Charakter der Erzählung bzw. der erzählten Welt frei“ 104 zu legen. Auch die Thematisierung des Happy Ends, das für eine klassische Liebeskomödie in Hollywood so typisch ist, erfüllt diese Funktion. So weckt die konventionelle Happy End-Struktur, die der Zuschauer von der Rezeption gängiger Hollywoodfilme kennt, auch in „The Purple Rose of Cairo“ die Erwartung, dass der Film ein zufriedenstellendes Ende haben könnte. Allen spielt mit dieser Erwartung, indem er seinen Film zunächst ähnlich strukturiert, am Ende allerdings mit der Konvention bricht. Er parodiert den oft so übertrieben glücklichen Ausgang der Hollywood-Filme, die dem Zuschauer eine perfekte Illusion vorgaukeln und dadurch außerdem Erwartungen an das reale Leben erwecken, die meist nicht erfüllt werden. Somit ist „The Purple Rose of Cairo“ „ein Film über die Funktion der Filme im Leben, und seine Antwort ist […] im wesentlichen negativ und deprimierend. Die Kunst nährt den Eskapismus, und auch wenn sie eine Welt eröffnen kann, die reiner als die Wirklichkeit ist, kann diese ideale Welt die Wirklichkeit nicht verändern.“105 103 Gotto 2013, S. 81. 104 Langemeyer 2010, S. 305. 105 Hösle 2005, S. 100. 23 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Abschließend lässt sich anführen, dass es für die weitere Forschung außerdem interessant sein könnte, zu betrachten, ob und inwiefern auch heute noch – fast 30 Jahre nach der Veröffentlichung von „The Purple Rose of Cairo“ - in aktuellen Werken Woody Allens ebenfalls selbstreferentielle Elemente zu finden sind und auf welche Weise die Filmproduktion und -rezeption in diesen dargestellt wird. 24 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. 7 Quellenverzeichnis Filmverzeichnis The Purple Rose of Cairo. USA 1985, Woody Allen. 78 Minuten. Literaturverzeichnis Arizti Martín, Bárbara (1996): Female Spectatorship in The Purple Rose of Cairo. In: CornutGentille D'Arcy, Chantal/García Landa, José Ángel (Hrsg): Gender, I-deology essay on theory, fiction and film. Amsterdam, Atlanta: Edition Rodopi B.V., S. 387 – 397. Bailey, Peter J. 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Kreimeier, Klaus (2012): The Purple Rose of Cairo. In: Filmgenres: Komödie. Stuttgart: Reclam, S. 407 – 413. 25 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Kuhn, Markus (2011): Filmnarratologie. Entwurf eines erzähltheoretischen Analysemodells. Berlin/New York: De Gruyter. Lahn, Silke/Meister, Jan Christoph (2013): Einführung in die Erzähltextanalyse. Stuttgart: Metzler Verlag. Langemeyer, Peter (2010): Metaleptisches Erzählverfahren in Erich Kästners 'Romanen für Kinder'. In: Kvam, Sigmund/Knutsen, Karen Patrick/Langemeyer, Peter (Hrsg.): Textsorten und kulturelle Kompetenz. Interdisziplinäre Beiträge zur Textwissenschaft. Münster, Waxmann, S. 297 – 320. Lax, Eric (2001): Woody Allen: A Biography. New York: Alfred A. Knopf. Mortimer, Claire (2010): Romantic Comedy. New York: Routledge. Mulvey, Laura (1988): Visual Pleasure and Narrative Cinema. 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Cecilia bei der Arbeit, Beschwerden, Stress, Cecilia spricht mit ihrer Café, in dem Cecilia 3 Schwester über die Filme+Hollywood+Schauspieler (Traumwelt auf arbeitet sprachlicher Ebene, Realität auf Bildebene). Chef beschwert sich, Cecilia zerbricht Geschirr → deprimierende und aussichtslose Jobsituation von Cecilia wird vorgestellt 4 Cecilia besucht ihren Mann, der seine Zeit vertrödelt und nur Geld von ihr Straße in New Jersey möchte → aussichtslose Situation im Privatleben (Realität). Nur als Cecilia vom Kino spricht, klingt ihre Stimme begeistert (Traumwelt). Sie möchte ihren Mann an ihrer Begeisterung teilhaben lassen, doch der möchte lieber mit seinen Freunden trinken (Realität). Sie schlägt ihm vor, ins Kino zu gehen, um seine Sorgen zu vergessen (Traumwelt), doch er winkt ab (Realität). Fröhliche Musik, flackernde Lichter des Kinos von außen → sehr 5 Kino positive Konnotation, Cecilia nennt alle Mitarbeiter beim Namen, in ihren Augen ist Begeisterung zu sehen. Sie lächelt und kauft sich Popcorn. Dann geht sie in den Saal und setzt sich. 6 Kino Das Licht geht aus und der Film beginnt. Musik geht kurz aus, setzt dann aber wieder ein, als der Film startet (Traumwelt). Dann wird der Film in Schwarz-Weiß gezeigt. Er nimmt immer wieder das Bild komplett ein. Parallel sieht man immer wieder Cecilia, die gebannt und verträumt auf das Bild starrt. Dann Ellipse in Filmwelt (Filmhandlung ist bereits weiter fortgeschritten). Tom Baxter tritt auf. Cecilia guckt weiterhin verträumt. Wieder ein Zeitsprung, diesmal innerhalb des Films im Film. Personen sind nicht mehr in Kairo, sondern wieder in New York. Film im Film nimmt ganze Passagen lang das komplette Bild ein → man taucht zeitweise in Film in Film-Handlung ein. Lydia ist in der Küche des Cafés zu sehen und trocknet Geschirr ab. Sie Café, in dem Cecilia 7 guckt verträumt und reagiert nicht, als sie angesprochen wird. Es wird arbeitet deutlich, dass ihre Gedanken bei einem anderen Thema sind. Als ihre Schwester sie darauf anspricht, erzählt sie von ihren Träumereien. Sie schwärmt davon, dass die Menschen in den Filmen so schön seien, so klug sprächen und von Tom Baxter Das Kino wird von außen gezeigt, dann sieht man wieder Cecilia, wie sie Kino 8 verträumt auf die Leinwand starrt. Wieder nimmt der Film im Film teilweise das komplette Bild ein. Lydia kommt nach Hause. Sie erwischt ihren Mann mit einer anderen 9 Cecilias Wohnung Frau (Realität). Die beiden laufen aus der Wohnung. 10 Lydia packt ihre Sachen. Ihr Mann kommt nach Hause und sie streiten. Cecilias Wohnung Lydia läuft traurig die Straße entlang. Es ist die vergnügte Musik vom 11 Straße in New Jersey Anfang zu hören, die gar nicht zu Lydias Stimmung passt. Dann sieht Lydia das Kino und ihre Miene hellt sich kurz auf. Dann kommt sie am Straßenstrich vorbei (Realität), dreht um und geht wieder nach Hause zu ihrem schnarchenden Mann. Zeit von bis 00:00:00-01:00:00 00:01:01-00:01:33 00:01:31-00:03:12 00:03:13-00:05:12 00:05:13-00:06:06 00:06:07-00:09:16 00:09:17-00:09:57 00:09:58-00:10:27 00:10:28-00:11:27 00:11:28-00:13:36 00:13:37-00:14:19 28 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte Ort Café, in dem Cecilia 12 Eine Kundin beschwert sich, dass Lydia ihr die falsche Bestellung gebracht habe (Realität). Ihre Schwester stellt Cecilia einen furchtbaren arbeitet Mann vor. Situation ist hektisch. Lydia zerbricht etwas und wird gefeuert Lydia geht bedrückt am Kino vorbei. In der nächsten Einstellung läuft 13 Kino wieder TPROC (Traumwelt, Flucht vor Realität). Lydia setzt sich verweint in einen Kinosessel. Sie findet Trost bei Tom Baxters Anblick. Dann spricht Tom Baxter Cecilia direkt an. Er verlässt die Leinwand und tritt ins Kino (plötzlich nicht mehr schwarz-weiß). Aufregung. Er und Cecilia laufen aus dem Kino. Andere Darstellerin drückt sich Gesicht an Scheibe platt und kann das Kino nicht verlassen. Tom Baxter sagt er sei frei und müsse nicht mehr heiraten. Cecilia ist 14 Straße in New Jersey erstaunt, dass er die Komptesse nicht mehr heiraten möchte. Für sie gehört diese zur perfekten Traumwelt. Sie rennen weg. 15 Aufregung im Kinosaal. Die Darsteller diskutieren mit dem Kinobetreiber. Kino Es wird Publikum gezeigt, das die Diskussion amüsiert verfolgt. Die Figuren diskutieren, um von wem die Story den Films in erster Linie handele. Sie streiten → absurd. Als eine Mitarbeiterin vorschlägt, einfach den Projektor auszuschalten, geraten die Figuren in Panik 16 Tom und Cecilia laufen durch einen ausgestorbenen Freizeitpark. Tom Freizeitpark ist begeistert, da er weiß, was ein Freizeitpark ist. Er spricht von seinem „Character“(SR). Es wird deutlich, dass es sich noch immer um eine Filmfigur handelt. Cecilia gibt an, wie schön sie seine Figurenkollegin findet (Traumwelt), doch Tom macht ihr immer wieder Komplimente. Sie versteht nicht, wovon er spricht und wertet sich ab. Sie sprechen über Tom Baxter als Charakter. Cecilia klärt Tom über die Wirtschaftssituation in Amerika auf. Er gibt an, dass er reich sei und holt Geld aus den Taschen. Cecilia gibt an, dass der Film ohne ihn nicht funktioniere und dass er zurück gehen müsse. Tom will in Freiheit bleiben und mit Cecilia das Leben genießen 17 Die Figuren diskutieren wieder. Sie streiten und sprechen über die „Real Kino World“. Das Publikum beschwert sich darüber, dass die Handlung nicht weiter geht. Sie wollen Action. Die Figuren und das Publikum beschimpfen sich gegenseitig. Cecilias Ehemann isst Nudeln und beschwert sich über die Soße 18 Cecilias Wohnung (Realität). Lydia lügt ihn an und geht, um sich mit Tom zu treffen. 19 Es wird wieder das Kino gezeigt und die vergnügte Musik vom Anfang ist Kino zu hören (SR). Die Presse ist da, alles ist dramatisch, das Publikum beschwert sich. Die Regeln der realen Welt sind außer Kraft gesetzt. Die Figuren diskutieren wieder mit dem Publikum und den 20 Kino Kinomitarbeitern. Kino, Büro des Kinobetreiber möchte mit dem Produtzent von TPROC sprechen und 21 beschwert sich. Dann wird der Produzent gezeigt und sie sprechen über Produzenten die Situation. Der Produzent und sein Team sind in einem luxuriösen Büro zu sehen Cecilia und Tom tanzen in einem Tanzbar. Stimmung ist romantisch 22 Tanzbar (Traumwelt). Sie sprechen über die Krise, das reale Leben und Cecilia Ehe (Realität). „People get old and sick and never find true love.“ (SR) Tom gibt an, dass es dort, wo er herkommt, anders sei (Traumwelt). Die Musik vom Anfang ist zu hören. Gil Shepard, der Schauspieler von Party in Hollywood 23 Tom Baxter, wird gezeigt, wie er auf einer glamourösen Party in einem schicken Haus von einer Journalistin interviewt wird. Sie sprechen über seine Rollen. Es wirkt etwas überspitzt. Sie sprechen über seine Arbeitsweise und seinen „dialog coach“. (Hollywoodwelt, Welt der Produktion). Ihm wird mitgeteilt, dass Tom Baxter geflohen ist. Sie sprechen über Shepards Ruf. Shepard ist verzweifelt und hat Angst um seine Karriere (Hollywoodwelt, kurzlebig, Karriere kann schnell wieder vorbei sein Zeit von bis 00:14:20.00:15:03 00:15:04-00:17:34 00:17:35-00:18:06 00:18:07-00:19:34 00:19:35- 00:22:58 00:22:59-00:23:52 00:23:53-00:24:49 00:24:50-00:25:45 00:25:55-00:26:15 00:26:26-00:27:30 00:27:31-0:28:14 00:28:14-00:30:14 29 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte 24 Cecilia und Tom trinken Champagner und genießen das Leben mit teurem Essen (Traumwelt wird Realität) SR. Der Kellner stellt fest, dass Tom mit falschem Geld bezahlt hat (Traumwelt funktioniert nicht in Realität) SR. Tom und Cecilia fliehen aus dem Restaurant. Sie springen in ein Auto, das vor dem Restaurant steht. Tom will es starten, doch ohne Schlüssel funktioniert es nicht. Tom versteht nicht, warum. In der Filmwelt benötigt er keinen Schlüssel zum Autofahren 25 Tom und Cecilia sitzen zusammen in einer Kutsche in dem verlassenen Freizeitpark und sprechen über ihre Zukunft (Szenario ist unwirklich, SR). Cecilia konfrontiert ihn immer wieder mit den Regeln der realen Welt, während er an den romantischen Regeln der Filmwelt festhält. Er küsst sie und fragt, wo die Abblende bleibe 26 Cecilias Mann wird beim Rasieren gezeigt (reale Welt). Sie sprechen über die vorherige Nacht und den Skandal im Kino. Cecilia macht ihrem Mann Kaffee. Gil Shepard ist im Kino angekommen. Er spricht mit den Figuren. Sie 27 versuchen, die Krise zu bewältigen. Beide Welten prallen aufeinander. „The real one want their lifes fiction, and the fictional ones want their lifes real.“-->Parodie Cecilia kauft Kaffee für sich und Tom. Sie trifft auf Gil Shepard und denkt 28 erst, es sei Tom. Dieser denkt, sie wolle bloß ein Autogramm (Hollywoodwelt, Welt der Produktion). Ihnen wird klar, um wen es sich beim Gegenüber handelt. Sie sprechen über den Skandal. Cecilia ist total aufgeregt, Gil zu treffen und er ist stolz auf seine Rollen. Für einen Moment vergessen sie das Problem. Sie sprechen darüber, wie Gil Tom gespielt hat (Realität). Cecilias Mann spielt mit seinen Freunden auf der Straße. Sie sprechen 29 über Cecilia und ein Mann erzählt dem Ehemann, dass er Cecilia mit Tom gesehen habe. 30 Cecilia und Gil treffen auf Tom. Gil macht Tom Vorwürfe und denkt nur an seine Karriere (Hollywoodwelt, Welt der Produktion). Sie streiten. Tom gibt an, dass er nicht zurück will und in Cecilia verliebt ist. Sie diskutieren darüber, ob Tom real oder fiktiv ist (SR). „Tom is perfect.“ „Yeah, but he's not real“ (Perfektion gibt es nur im Film, nicht im wahren Leben. SR). 31 Agenten, Hollywoodleute sprechen über den Skandal und die Presse etc. Auch in anderen Kinos gibt es Probleme mit dem Film. Cecilia und Tom gehen auf der offenen Straße entlang. Die Menschen 32 schauen Tom erstaunt an (Traumwelt trifft auf Realität). Musik ist fröhlich. Sie gehen in eine Kirche. Tom kennt sich mit Religion und Gott nicht aus. Cecilia spricht über Gott und den Sinn des Lebens. Tom versteht nicht was sie meint und projiziert alles auf die Filmproduktionswelt. Cecilias Ehemann kommt herein. Er ist eifersüchtig und wird gewalttätig. Er setzt Cecilia vor ein Ultimatum, Gil Shepard sucht Cecilia. Sie kommt zurück und sie sprechen über 33 Shepards Karriere. Er denkt an nichts anderes und sie sprechen über die Probleme im Showbizz (Hollywoodwelt). Sie macht ihm Komplimente und er freut sich, das von einer „real person“ zu hören (Hollywoodwelt und reale Welt treffen aufeinander). Sie sprechen über Shepards Karriere und vergessen den Skandal (SR). Shepard gibt an, dass sein wahrer Name nicht Gil Shepard ist (unrechte Hollywoodwelt, Ort Zeit von bis Restaurant, Parkplatz 00:30:15-00:31:46 vor Restaurant Freizeitpark 00:31:47-00:34:38 Cecilias Wohnung 00:34:39-00:35:46 Kino 00:35:47-00:37:04 Café 00:37:05-39:28 Straße in New Jersey 00:39:29-00:40:08 Freizeitpark 00:40:09-00:41:49 Kino, andere Kinos 00:41:50-00:42:21 Kirche 00:42:22-00:46:17 Straße vor Cecilias Wohnung 00:46:18-00:49:33 30 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte 34 Freizeitpark, Bordell Tom Baxter ist allein im Freizeitpark. Er scheint sich zu langweilen. Dann kommt eine Prostituierte und spricht ihn an. Sie sprechen aneinander vorbei. Er erzählt, wer er ist und sie denkt, er veräppelt sie. Sie erzählt in Andeutungen, dass sie für Geld mit Männern schläft und er versteht sie in seiner Naivität vollkommen falsch. Bordell Tom befindet sich im Bordell und trifft die anderen Prostituierten. Sie machen sich über sein Outfit lustig und er philosophiert über Gott, Humanität und Geburt. Sie machen ihm Angebote und er denkt, sie scherzen (Traumwelt trifft auf Realität → Missverständnisse, Welten harmonieren nicht. SR) Er sagt, dass er nicht mit den Prostituierten schlafen kann, weil er Hals über Kopf in Cecilia verliebt ist (Filmwelt). Die Prostituierten finden es romantisch und fragen, ob es auf der Welt noch mehr Männer wie ihn gebe (Filmvorstellung von Romantik, Realität sieht anders aus). Gil und Cecilia gehen in einen Instrumentenladen, spielen Ukulele und Instrumentenladen singen. Sie verstehen sich sehr gut und es scheint zwischen ihnen zu funken. Sie haben Tom vollkommen vergessen (Es gibt scheinbar doch eine Art Filmromantik in der realen Welt, SR). Sie sprechen wieder über Gils Karriere (Hollywoodwelt). Cecilia zitiert aus früheren Filmen und Gil sagt Cecilia, dass sie wunderschön sei. Doch sie interessiert sich mehr für die Filmküsse (Traumwelt). Er klärt sie auf, dass ein Filmkuss in Wirklichkeit gar nicht so romantisch ist (Hollywoodwelt, SR). Sie küssen sich. Cecilia ist verwirrt und läuft davon. Zurück im Kino: Der Saal ist leer, die Figuren sind immer noch auf dem Kino Bildschirm und diskutieren über die Hollywoodwelt und dass sie ausgebeutet werden (Filmwelt trifft Hollywoodwelt). Dann fangen sie an, aufzubegehren. Sie machen den Vorschlag ihre Welt, als die reale Welt zu definieren und die reale Welt als die „world of illusion and shadow“ (Filmwelt, alles ist nicht wirklich, perfekte Illusion, SR). Kino Kinobetreiber etc. diskutieren darüber, wie sie mit dem Dilemma umgehen sollen. Sie wollen ihn zurück auf die Leinwand kriegen und dann die Filmrollen verbrennen. Cecilia kommt zu Tom, er schenkt ihr Blumen und sagt, dass er sie liebt Freizeitpark (Filmromantik). Cecilia ist skeptisch und sagt, er sei eine Art Phantom. Kino Cecilia und Tom kommen zurück ins Kino. Sie sprechen mit den Filmfiguren. Tom geht zurück auf den Bildschirm und nimmt Cecilia mit. Sie wird plötzlich schwarz-weiß (Realität wird zur Traum-/Filmwelt, SR). Übliche Musik. Filmhandlung geht weiter und sie gehen zusammen essen. Cecilia wird in Filmhandlung integriert, sorgt aber für Erstaunen bei den anderen Figuren. Sie trinkt Champagner und stellt fest, dass es sich um Ginger Ale handelt (Hollywoodwelt, SR). Cecilia spricht mit der Sängerin, doch die behandelt sie abwertend (Scheinwelt). Filmwelt gerät völlig außer Kontrolle und die Figuren machen, was sie wollen. Cecilia ist begeistert. Tom und sie tanzen (Traumwelt, Filmromantik). 35 36 37 38 39 40 Ort Zeit von bis 00:49:34-00:50:55 00:50:56-00:54:35 00:54:36-00:57:45 00:57:46-00:58:50 00:58:51-00:59:38 00:59:39-01:00:48 01:00:49-01:05:46 31 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte 41 Cecilia und Tom sind allein im Film. Sie schwärmt von dem weißen Telefon und sagt, dass sie ihr ganzen Leben davon geträumt hat, auf dieser Seite des Bildschirms zu sein. Romantik. Dann kommt Gil und zerstört die Szene. Er gibt an, dass er auch in Cecilia verliebt sei. Sie verlässt den Bildschirm wieder und geht auf ihn zu. Gil und Tom streiten um Cecilia. Es geht wieder um die „minor character“-Diskussion (Hollywoodwelt). Cecilia ist verwirrt und weiß nicht, für wen sie sich entscheiden soll (Realität oder Filmwelt). Gil fordert sie auf, mit ihm nach Hollywood zu gehen. Ihr Traum scheint wahr zu werden: „Look, I love you. I know that this only happens in movies, but I do.“ (Filmromantik scheint auch im wahren Leben zu funktionieren.) Cecilia entscheidet sich für Gil. Tom ist traurig und geht in seine Filmwelt zurück. „Tom, you will be fine. In your world things have a way of always working out right. (Filmwelt, perfekte Welt, Regeln der Filmwelt). Cecilia sieht ein, dass sie die „real world“ auswählen muss, da sie eine „real person“ ist. Sie verabschieden sich. Gil nimmt Cecilia in den Arm und 42 Cecilia rennt nach Hause und packt ihre Sachen. Sie will ihren Mann endgültig verlassen. Alle ihre Träume scheinen wahr zu werden. „Love at first sight doesn't only happen just in the movies“ (Filmromantik scheint in wahrer Welt zu funktionieren, SR). Ihr Mann ruft ihr hinterher, dass sie schon sehen werden, wie es ihr ergeht: „It ain't the movies, it's real life.“ (Dialektik zwischen realer und Traumwelt). 43 Cecilia kommt zum Kino und muss feststellen, dass Gil schon ohne sie abgereist ist. Ihr Mann hatte recht, die Filmromantik funktioniert doch nicht in der realen Welt. Gil ist doch ein arroganter Mann, der nur an seine Karriere denkt (Hollywoodwelt). Cecilia ist traurig. 44 Gil sitzt allein im Flugzeug und guckt nachdenklich. Er scheint Zweifel zu haben. 45 “Tophat” ist im Vollbild zu sehen. Cecilia geht geknickt ins Kino und schaut sich den Film an. Sie guckt nachdenklich und scheint zu realisieren, dass sie sich getäuscht hat. Dann schaut sie auf den Bildschirm und guckt verträumt (Traumwelt, Flucht aus der Realität). Sie weiß zwar, dass alles eine Illusion ist, doch sie will sich trotzdem in ihr verlieren. 46 Abspann Ort Kino Zeit von bis 01:05:47-01:09:45 Cecilias Wohnung 01:09:46-01:12:10 Kino 01:12:11-01:12:34 Flugzeug 01:13:35-01:14:05 Kino 01:14:06-01:16:26 01:16:27-01:18:30 32 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Anhang 2 – Songtext des Liedes „Cheek to Cheek“, Text: Irving Berlin/Gesang: Fred Astaire (veröffentlicht auf dem Soundtrack von „Top Hat“, 1935) Heaven, I'm in heaven And my heart beats so that I can hardly speak And I seem to find the happiness I seek When we're out together dancing cheek to cheek Heaven, I'm in heaven And the cares that hung around me through the week Seem to vanish like a gambler's lucky streak When we're out together dancing cheek to cheek Oh I love to climb a mountain And reach the highest peak But it doesn't thrill me half as much As dancing cheek to cheek Oh I love to go out fishing In a river or a creek But I don't enjoy it half as much As dancing cheek to cheek Dance with me I want my arm about you That charmabout you Will carry me through... To heaven, I'm in heaven And my heart beats so that I can hardly speak And I seem to find the happiness I seek When we're out together dancing, out together dancing Out together dancing cheek to cheek 33 Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird. Erklärung über das selbständige Verfassen der Seminararbeit Ich versichere, dass ich die vorliegende Seminararbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Texten entnommen sind, wurden unter Angabe der Quellen (einschließlich des World Wide Web und anderer elektronischer Text- und Datensammlungen) und nach den üblichen Regeln des wissenschaftlichen Zitierens nachgewiesen. Dies gilt auch für Zeichnungen, bildliche Darstellungen, Skizzen, Tabellen und dergleichen. Mir ist bewusst, dass wahrheitswidrige Angaben als Täuschungsversuch behandelt werden und dass bei einem Täuschungsverdacht sämtliche Verfahren der Plagiatsekennung angewandt werden können. ............................ Ort, Datum ......................................... Unterschrift Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt. Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.