Mediale Selbstreferentialität am Beispiel von Woody

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Mediale Selbstreferentialität am Beispiel von Woody
Mediale Selbstreferentialität am Beispiel
von Woody Allens The purple rode of Cairo
Julia Weber
Medienwissenschaften
2. Semester
M.A.-Seminar Mediale Selbstreferentialiƚät: Hörspiel, Film
bei Heinz Hiebler
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung..........................................................................................................................................1
2 Inhaltliche Ebene...............................................................................................................................2
2.1 Handlungsdramaturgie...............................................................................................................2
2.2 Metalepse...................................................................................................................................6
2.3 Mise en abyme...........................................................................................................................7
3 Sprachliche Ebene.............................................................................................................................7
3.1 Filmtitel......................................................................................................................................8
3.2 Dialoge.......................................................................................................................................8
4 Formale Ebene.................................................................................................................................13
4.1 Filmtechnische Mittel..............................................................................................................13
4.2 Licht.........................................................................................................................................15
4.3 Musik.......................................................................................................................................16
5 Analyse der zentralen Leitmotive....................................................................................................18
5.1 Flucht aus der Realität.............................................................................................................18
5.2 Bruch der Illusion....................................................................................................................19
5.3 Parodie der Happy-End-Struktur.............................................................................................20
6 Fazit.................................................................................................................................................23
7 Quellenverzeichnis..........................................................................................................................25
8 Anhang.............................................................................................................................................28
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:25.................................................................................
Abb. 2: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:38.................................................................................
Abb. 3: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:44.................................................................................
Abb. 4: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:16.................................................................................
Abb. 5: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:20.................................................................................
Abb. 6: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:01:17.................................................................................
Abb. 7: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:36.................................................................................
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
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1 Einleitung
Ausgefeilte Regelverstöße gegen die gängigen Konventionen des klassischen Hollywood-Kinos sowie das Spiel mit den „Grenzen zwischen Fiktion und Realität, zwischen Artifizialität
und Authentizität“1 sind charakteristisch für die Filme des Regisseurs Woody Allen. So setzt
er sich in seinen Werken immer wieder auf eine reflexive und selbstreferentielle Weise mit
„den medialen Bedingungen des Films“ 2, der Filmproduktion und der damit verbundenen
Welt Hollywoods auseinander und legt dadurch Strukturen dieser Welt offen, die bei der gängigen Filmrezeption normalerweise verborgen bleiben. Auch in seinem 1985 erschienen Film
„The Purple Rose of Cairo“ ist die Beschäftigung mit dem Medium Film ein wesentliches Gestaltungselement. So lassen sich in dem Film auf verschiedenen Ebenen zahlreiche selbstreferentielle Bezüge wiederfinden, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Ziel dieser Arbeit ist
es, diese Bezüge herauszuarbeiten und auf ihre Wirkung hin zu untersuchen. Dazu werden die
einzelnen Ebenen der Selbstreferenz näher betrachtet und es wird anhand beispielhafter Szenen herausgearbeitet, wie diese im Film zum Einsatz kommt.
Im Folgenden wird zunächst die auf inhaltlicher Ebene stattfindende Selbstreferentialität analysiert (2). Dazu wird zuerst die selbstreferentielle Handlungsdramaturgie des Films untersucht (2.1). Daraufhin werden die theoretischen Konstrukte der ontologischen Metalepse (2.2)
und der Mise en abyme (2.3) mit der Struktur des Films in Bezug gesetzt. In Kapitel 3 werden
die verschiedenen sprachlichen Selbstreferenzen herausgearbeitet. Dazu wird zunächst auf
den Titel des Films eingegangen (3.1) und anschließend werden Dialoge und Zitate beispielhaft analysiert (3.2). Des Weiteren werden die selbstreferentiellen Bezüge, die im Film auf
formaler Ebene zu finden sind, näher betrachtet (4). Hierzu werden vor allem die filmtechnischen Mittel (4.1), der Einsatz von Licht (4.2) und die Filmmusik (4.3) im Zusammenhang
mit Selbstreferentialität untersucht. Selbstverständlich lassen sich diese drei Ebenen nicht
vollkommen gesondert voneinander betrachten, sodass es innerhalb der Analyse zu Überschneidungen kommen kann. In Kapitel 5 werden schließlich noch einmal die zentralen Leitmotive des Films, die maßgeblich für dessen selbstreferentielle Wirkung verantwortlich sind,
beleuchtet und vor dem Hintergrund des Zusammenspiels der drei Ebenen analysiert. So spielt
vor allem die Flucht vor der Realität in eine schönere und spannendere Welt eine zentrale Rolle in „The Purple Rose of Cairo“ (5.1). Des Weiteren wird der Bruch mit Illusionen und
Scheinwahrheiten im Film an vielen Stellen thematisiert (5.2). Außerdem setzt sich der Film
mit gängigen Genrekonventionen der Filmindustrie und insbesondere mit dem für die Romantikkomödie üblichen Happy End auseinander (5.3). In einem abschließenden Fazit werden die
Untersuchungsergebnisse noch einmal zusammengefasst.
Als theoretisches Grundlagenwerk für diese Arbeit diente das Buch „Mediale Selbstreferenz.
1
Gotto 2013, S. 80.
2 Ebd., S. 80.
1
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Grundlagen und Fallstudien zu Werbung, Computerspiel und den Comics“, herausgegeben
von Winfried Nöth, Nina Bishara, Britta Neitzel. Außerdem wurde Jan-Noël Thons Artikel
„Zur Metalepse im Film“ bei der theoretischen Betrachtung herangezogen. Bei der Analyse
des Films „The Purple Rose of Cairo“ vor dem theoretischen Hintergrund der medialen Selbstreferentialität wurden vor allem die Schriften „The Reluctant Film Art of Woody Allen“ von
Peter J. Bailey, „Film – Märchen – Wirklichkeit. Überlegungen zu Woody Allens Filmen“ von
Irmela Schneider und „Female Spectatorship in The Purple Rose of Cairo“ von Bárbara Arizti
Martín verwendet. Als narratologische Grundlagenwerke wurden vor allem „Filmnarratologie.
Entwurf eines erzähltheoretischen Analysemodells“ von Markus Kuhn und „Einführung in die
Erzähltextanalyse“ von Silke Lahn und Jan Christoph Meister zu Rate gezogen.
2 Inhaltliche Ebene
Im Folgenden wird untersucht, welche selbstreferentiellen Elemente sich auf der Ebene des
Inhalts in „The Purple Rose of Cairo“ wiederfinden lassen. Hierzu wird zunächst auf den dramaturgischen Aufbau der Filmhandlung eingegangen. Dieser wird anschließend mit den narratologischen Begriffen der Metalepse und der Mise en abyme in Verbindung gebracht.
2.1 Handlungsdramaturgie
Die mediale Selbstreferentialität des Films „The Purple Rose of Cairo“ ist durch seine verschachtelte Handlungsdramaturgie geprägt. So existieren innerhalb des Films verschiedene
Ebenen, auf denen die Filmhandlung stattfindet. Zum einen gibt es die diegetische Welt, in der
die Rahmenhandlung präsentiert wird. Dabei handelt es sich um die Welt der Protagonistin
Cecilia, die ein tristes Leben führt und mit ihrer Arbeit und ihrer Ehe unzufrieden ist. Im Folgenden wird diese Realitätsebene auch als Realität 1 bezeichnet. Ihre unbefriedigende Lebenssituation bringt Cecilia dazu, sich Trost in den glamourösen Welten Hollywoods und des
Films zu suchen. So geht sie immer wieder ins Kino und verfolgt zudem das Geschehen außerhalb der Leinwand rund um die Filmproduktion mit großem Interesse. Die zweite Realitätsebene ist somit die Welt des Films, auch Realität 2 genannt. Es handelt sich um die Meta diegese, also eine Binnenhandlung innerhalb der Rahmenhandlung, die eindeutig markiert ist 3.
Diese umfasst das Geschehen, das sich innerhalb der Film im Film-Welt vom metadiegetischen „The Purple Rose of Cairo“ auf der Leinwand abspielt. Diese stellt für Cecilia zunächst
die perfekte Traumwelt dar, „die schwerelose Welt der Schönen und Reichen, wie sie so blank
poliert nur in den perfekt ausgeleuchteten Hollywood-Filmen jener Zeit existiert.“ 4 So leben
die Figuren im Film ein Leben im Überfluss und ihre einzige Sorge ist es, dass sie dem luxuriösen Leben in ihrer gewohnten Umgebung überdrüssig sind und aus diesem Grund Abenteuer
und Abwechslung in Kairo suchen.
3 Vgl. Kuhn 2011, S. 103.
4 Vgl. Kreimeier 2012, S. 407.
2
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Somit lässt sich das Leitmotiv des Films, nämlich die Flucht aus dem alltäglichen Leben in
eine spannendere, exotische Welt, ebenfalls auf die Realität 2 übertragen. In der Filmwelt stehen die Figuren vor einem ähnlichen Problem wie Cecilia. Sie sind gelangweilt von ihrem immer gleichen Alltag und suchen Abwechslung und Abenteuer. Ironischerweise besteht ihr Alltag allerdings aus „cocktail parties and opening nights“ 5 und ihre Flucht vor der Langeweile
führt sie nicht bloß ins Kino, sondern gleich ins ferne Ägypten. Dort treffen sie auf Tom Baxter, der mit seinen spannenden Erfahrungen als Archäologe und seiner außergewöhnlichen Erscheinung das Abenteuer repräsentiert. Genau wie für Cecilia ist Tom für die Figuren ein
Symbol der Exotik und somit der Abwechslung vom tristen Alltag. Es handelt sich somit um
eine Referenz auf Cecilias Rezeptionsverhalten, das durch diese überspitzte Darstellung geradezu ins Lächerliche gezogen wird.6
Markus Kuhn unterscheidet in seiner Monografie „Filmnarratologie“ außerdem zwischen diegetischen Ebenen und Fiktionsebenen. Eine Abgrenzung dieser Ebenen ist sinnvoll, wenn Filme eine „Trennung virtueller Welten von realen Welten“ 7 thematisieren, wie es bei „The Purple Rose of Cairo“ der Fall ist. Bei der bisher als Realität 1 definierten Ebene würde es sich
somit um eine diegetische Ebene handeln, da sie die filmische Realität darstellt, während die
Realität 2 als Fiktionsebene bezeichnet werden könnte, da es sich um eine „fiktive Welt“ 8 innerhalb der Realität handelt. Nach Kuhn kann man bei der Betrachtung von „The Purple Rose
of Cairo“ außerdem vom „Filmsehen im Film“ 9 sprechen, das dann vorkommt, wenn eine diegetische Figur innerhalb der Diegese einen Film rezipiert. Hierbei werden oft „die dispositiven Zusammenhänge des Filmsehens gezeigt [und] der Rand der Leinwand […] [markiert] die
Grenze zwischen Diegese und Metadiegese.“10 Im Fall von „The Purple Rose of Cairo“ stellt
Cecilia die diegetische Figur dar, die mehrmals im Kino den eigentlichen „The Purple Rose of
Cairo“-Film rezipiert und dabei beim Rezeptionsprozess gezeigt wird. Der eigentliche Rezipient sieht somit zum einen Cecilia, während sie den Film schaut und zum anderen den Film im
Film, der zunächst durch das Zeigen der Leinwand und des Projektors als Metadiegese markiert wird.11 Nachdem der Film im Film somit als Fiktionsebene eingeführt wurde, nimmt dieser nun über mehrere Minuten den kompletten Bildschirm ein. Somit kann der Zuschauer
„den Blick Cecilias immer wieder für Momente übernehmen (…). Er kann dann den Film im
Film als den Film betrachten, den er selbst schaut“ 12 und wird dadurch für Momente in die Illusion des Films im Film mit hineingezogen. Zugleich wird dieser Film aber in eine
„Distanz gerückt, wenn die Kamera aus seitlicher Perspektive in einer Totalen die
5
6
7
8
9
10
11
12
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1).
Auf die formale und sprachliche Umsetzung dieser Realitätsflucht wird in Kapitel 3 und 4 noch einmal eingegangen.
Kuhn 2011, S. 287.
Ebd., S. 287.
Ebd., S. 325.
Ebd., S. 325.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1).
Schneider 1993, S. 89.
3
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Leinwand und den Projektor zeigt. Die Materialität des Films im Film wird [...] [hier
dargestellt]. [...] Die doppelte Inszenierung – die inszenierte Wirklichkeit des Films
und die Inszenierung des Films im Film“13
– lässt die Situation des Zuschauers seine eigene Funktion als Zuschauer wahrnehmen und reflektieren. Bei dieser Art von Inszenierung spricht man von enutiativer Selbstreferenz. Diese
liegt vor, wenn die Bedingungen der Produktion und Rezeption des Textes zum Thema innerhalb des Textes werden.14 Dadurch wird das Publikum daran erinnert, dass es im Kino sitzt
und einen Film rezipiert und die „vorgetäuschten schönen Illusionen“ 15, mit denen ein Film
normalerweise „über seine Gemachtheit hinwegzutäuschen“ 16 versucht, werden durchbrochen.
Mit Tom Baxters Verlassen der Leinwand kommt neben den bisher eingeführten Realitätsebenen eine neue Welt hinzu, die stark selbstreferentiell ist. Bei dieser handelt es sich um die
Hollywood-Welt, also die Welt der Filmproduktion. Diese lässt sich zwischen Realität und
Filmwelt ansiedeln, da sie einerseits zur Realität 1 also zur Diegese gehört, andererseits die
Metadiegese aber aus ihr entsteht. Sie wird vor allem durch die Figur Gil Shepherd und das
Produktionsteam des Films im Film repräsentiert und thematisiert „eben jene Fabrik, die unsere Träume gewinnbringend verwaltet, indem sie (Film-)Texte konfiguriert, die nur als Gegenentwürfe zum Realtext unseres Alltags ihren semantischen Sinn erfüllen.“ 17 Auf diese Welt
wird im weiteren Verlauf des Films immer wieder Bezug genommen. In ihr gelten ebenfalls
ihre eigenen Regeln. So geht es dem Produktionsteam ausschließlich darum, den Schaden,
den Tom Baxters Verlassen der Leinwand angerichtet hat, möglichst gering zu halten und auch
Gil Shepherd kümmert sich ausschließlich um seine Karriere und seinen Ruf: „Think of me.
My reputation, my career.“18 Für Cecilia und das Publikum ist der „leibhaftige Star [allerdings] […] die Schnittstelle, in der das wirkliche Leben und die unbändigen Sehnsüchte zusammenfallen und [ihre] […] Ideale verkörpert scheinen.“19 Auch hierbei handelt es sich um
enutiative Selbstreferentialität, da wieder die Filmproduktion im Mittelpunkt steht. So wird
die überspitzte Darstellung der skrupellosen Hollywood-Welt präsentiert, in der Werte wie
Macht und Erfolg regieren. Außerdem geht es um die Darstellung des Bildes, das in den Köpfen der Zuschauer von dieser Welt existiert und von den Medien vermittelt wird. Gil Shepherd
verkörpert den perfekten Star, der nach den gängigen Konventionen des Starsystems in Hollywood erschaffen wurde. Mit der Figur Gil Shepherd wird somit auf das sogenannte Starsystem Hollywoods verwiesen. Das Starsystem bezeichnet die Konvention der amerikanischen
Filmstudios, die Filmschauspieler mithilfe unterschiedlicher Marketingstrategien zu instru13
14
15
16
17
18
19
Ebd., S. 89.
Nöth/Bishara/Neitzel 2008, S. 43.
Ebd., S. 44.
Gotto 2013, S. 79.
Kreimeier 2012, S. 409.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 27 (Anhang 1).
Kreimeier 2012, S. 409.
4
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mentalisieren, um für den Erfolg der Filme zu sorgen. Bei der systematischen Produktion von
Stars spielt vor allem das nach außen hin vermittelte Image eines Schauspielers eine Rolle.
Dieses wurde von den Studios vertraglich kontrolliert und mithilfe von Namens- und Biografieänderungen geformt und perfektioniert.20 Auch diese Tatsache wird mit der Figur Gil
Shepherd aufgegriffen. So heißt dieser in Wirklichkeit Herman Bardebedian und hat als Taxifahrer gearbeitet, bevor er mit der Schauspielerei begann.21
Interessant im Bezug auf inhaltliche Selbstreferenz ist außerdem Tom Baxters Verhalten in der
wirklichen Welt, der Realität 1. So findet er diese aufregend und freut sich, den Regeln der
Leinwand scheinbar entronnen zu sein. „Sein Verhalten, seine vorformulierten Sätze, seine
Küsse, seine Mimik und Gestik kann der Zuschauer aber genau als Fortsetzung seiner Filmrolle encodieren.“22 Tom Baxter bleibt in seiner vorgeschriebenen Rolle verhaftet und kann die
Attribute, die ihm durch die Hollywood-Welt zugeschrieben wurden, nicht ablegen. So ist er
auch in der Realität 1 ein impulsiver und draufgängerischer Gentleman, dessen Beschützerinstikt durch das Verhalten von Cecilias Ehemann seiner Frau gegenüber geweckt wird: Tom:
„Cecilia, it's clear how miserable you are with your husband. And if he hits you again, you tell
me. I'll be forced to knock his teeth out. […] I'm sorry. It's written into my charater to do it, so
I do it.“23
Die Rolle ist somit „seine 'Identität' [und den] [...] Regeln der Hollywood-Welt entkommt
man nicht, indem man die Leinwand verläßt.“24 Dies wird in vielen weiteren Situationen deutlich. So harmonieren die beiden Welten wenig miteinander und Toms naive Versuche, seine
metadiegetischen Verhaltensmuster auf die Realität 1 zu übertragen, scheitern, wie sich beispielhaft an Szene 24 erklären lässt. In dieser Szene genießen Tom und Cecilia zunächst das
Leben mit teurem Essen und Champagner. Das im Film dargestellte schöne Leben scheint also
zunächst auch in der Wirklichkeit zu funktionieren. Als Tom dann aber mit falschem Geld bezahlen will und die beiden fliehen müssen, wird deutlich, dass die Regeln der Filmwelt nicht
in der Realität gelten. Dementsprechend geht es weiter, als Tom versucht, ein fremdes Auto zu
starten, weil es in seiner Welt so funktioniert. Diese Nichtübertragbarkeit der Regeln von der
einen Realität in die andere deutet bereits die Entwicklung der Liebesbeziehung zwischen
Tom und Cecilia an. So ist diese „die Geschichte zweier nicht-kompatibler Textebenen, die
scheitern muss.“25 Mit Toms naivem Verhalten wird wieder die scheinbar so unkomplizierte
Filmwelt parodiert. Außerdem wird dadurch die Welt der Filmproduktion thematisiert, in der
die Täuschung des Zuschauers und die Konstruktion einer bestimmten Illusion eine große
20
21
22
23
24
25
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012a (Abruf 13. Juli 2014).
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 33 (Anhang 1).
Schneider 1993, S. 92.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 25 (Anhang 1).
Schneider 1993, S. 92.
Kreimeier 2012, S. 408.
5
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Rolle spielen und in Wirklichkeit vieles nicht so ist, wie es scheint.26
2.2 Metalepse
Bei der Betrachtung der inhaltlichen Selbstreferentialität ist es sinnvoll, das ursprünglich aus
der Literatur stammende Phänomen der Metalepse zu betrachten. Der Begriff ist auf den französischen Narratologen Gérard Genette zurückzuführen und bezeichnet eine „Überschreitung
der Grenzen zwischen unterschiedlichen diegetischen Ebenen.“ 27 Genette definierte diese
Grenze als „eine bewegliche, aber heilige Grenze zwischen zwei Welten: zwischen der, in der
man erzählt, und der, von der erzählt wird“.28 Es wird zwischen rhetorischen und ontologischen Metalepsen unterschieden. Bei der rhetorischen Metalepse wird die „Logik der
Fiktion“29 nur für einen kurzen Moment aufgehoben und die Überschreitung der Ebenen ist
zeitlich begrenzt. Sie hat somit „keine gravierenden Auswirkungen auf den weiteren Verlauf
der Erzählung“30. Bei einer ontologischen Metalepse hingegen handelt es sich um eine stärkere Überschreitung, die größere Auswirkungen auf das Filmgeschehen hat und die Handlung
dominiert, „so dass es zu einer umfassenden Vermischung zunächst ontologisch getrennt erscheinender diegetischer Ebenen kommt“31.
Tom Baxters Verlassen der Leinwand und seine Transgression von der Metadiegese in die
Diegese lässt sich als ontologische Metalepse kategorisieren, da der Übergang von einer Welt
in die andere starke Auswirkungen auf die Filmhandlung hat. 32 Der Medienwissenschaftler
Jan Noël Thon beschäftigt sich in seinem Aufsatz zur „Metalepse im Film“ mit dieser metaleptischen Inszenierung und gibt an, dass diese ohne sowohl für das Publikum als auch für die
diegetischen Figuren ohne „explizite Begründung“33 vonstattengehe.
Spielfilme seien in der Regel darauf ausgelegt, dem Rezipienten „auf der Grundlage von
durch die filmische Narration vermittelten Informationen“ 34 eine logische und nachvollziehbare Filmwelt zu präsentieren und ihn dazu zu bringen, „die Kondition der Diegese als Voraussetzung der Narration zu akzeptieren.“35 Eine Metalepse, die innerhalb der Diegese nicht plausibel erklärt wird, hindert den Zuschauer somit daran, „ein logisch konsistentes Bild der erzählten Welt aufzubauen“36 und er wird dazu gebracht, seine „vorläufig aufgestellten Hypothesen über die erzählte Welt angesichts von im Filmverlauf nachgereichten Informationen zu
verwerfen oder zu modifizieren.“37 Der Zuschauer wird in „The Purple Rose of Cairo“ durch
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
Zum Thema Täuschung und Illusion siehe Kapitel 5.2.
Thon 2009, S. 86.
Genette 1994, S. 168f.
Thon 2009, S. 92.
Ebd., S. 92.
Ebd., S. 92.
Vgl. Lahn/Meister 2013, S. 91.
Thon 2009, S. 90.
Ebd., S. 98.
Thon 2009, S. 98, zitiert nach Wulff 2007, S. 46.
Ebd., S. 98.
Thon 2009, S. 100.
6
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die ontologische Metalepse somit dazu gebracht, das Gesehene und damit auch die Regeln der
diegetischen Welt zu hinterfragen. Die Metalepse hat in diesem Fall folglich ein „illusionsstörendes Wirkungspotential“38. Durch diese kritische Reflektion wird er sich wiederum seiner
Rolle als Zuschauer bewusst und damit der Tatsache, dass er gerade einen fiktionalen Film rezipiert. Ihm wird dadurch vor Augen gehalten, dass es sich um Fiktion und nicht um das reale
Leben handelt und es wird „in amüsanter Form an die Konstruiertheit der erzählten Geschichte erinnert.“39 Somit ist die Verwendung der Metalepse in „The Purple Rose of Cairo“ ein Mittel medialer Selbstreferentialität.
2.3 Mise en abyme
Bei der Mise en abyme handelt es sich um einen Sonderfall der Metalepse. 40 Mit der Terminologie wird eine „Selbstreferenz [bezeichnet], die sich in einem isolierbaren Segment auf einer
ontologisch oder textlogisch untergeordneten Ebene eines Textes oder Kunstwerks manifestiert, so dass auf dieser mindestens ein in der Regel signifikantes Elemente (inhaltlicher oder
formaler Natur) einer übergeordneten Ebene <gespiegelt> erscheint. […].“41 Werner Wolf
spricht von einer „Spiegelung einer Makrostruktur eines literarischen Textes in einer Mikrostruktur innerhalb desselben Textes.“42 Wenn es im Text also eine weitere Erzählebene
gibt, die thematisch oder formal auf die diegetische Ebene Bezug nimmt bzw. diese kopiert,
kann von Mise en abyme gesprochen werden. Bezogen auf den Film als Medium bezeichnet
der Begriff somit die metadiegetische Ebene eines Films, die in der Diegese eines Films vorkommt, folglich einen Film im Film. Eine Funktion der Myse en abyme kann die Störung einer Illusion sein. Dem Rezipienten werden somit die Konstruiertheit und die Künstlichkeit einer dargestellten Geschichte vor Augen geführt.
Diese Theorie lässt sich auf „The Purple Rose of Cairo“ übertragen, da der Film sich selbst als
Medium thematisiert. So wird die Handlung der Diegese vom Film im Film dominiert, dem
eigentlichen „The Purple Rose of Cairo“. 43 Zunächst ist die Existenz des Films im Film logisch erklärbar in die Handlung eingebettet und führt noch zu keinem Irritationsmoment. Erst
mit Tom Baxters metaleptischer Transgression kommt es schließlich zur Illusionsstörung
durch die Mise en abyme-Struktur.44
3 Sprachliche Ebene
Auch auf der Ebene der Sprache lassen sich den gesamten Film über zahlreiche selbstreferentielle Bezüge herausarbeiten. So finden sich durchgängig Zitate und Dialoge, die die Existenz
der beiden filmischen Ebenen immer wieder thematisieren und auch der Titel des Films ist
38
39
40
41
42
43
44
Nünning 2008, S. 490.
Vgl. Lahn/Meister 2013, S. 91.
Vgl. ebd., S. 91
Nünning 2008, S. 503.
Wolf 1993, S. 296.
Auf die Bedeutung des Filmtitels wird in Kapitel 3.1 näher eingegangen.
Wolf 1993, S. 97.
7
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stark selbstreferentiell.
3.1 Filmtitel
Bereits der Titel des Films „The Purple Rose of Cairo“ ist selbstreferentiell, da er auf die Mise
en abyme-Struktur des Films hinweist. So ist Woody Allens Film nach dem Film im Film benannt, der wiederum diesen Titel trägt, da der Abenteurer und Archäologe Tom Baxter sich in
der Metadiegese auf der Suche nach besagter „Purple Rose“ befindet, als er auf die Herrschaften aus New York trifft.
3.2 Dialoge
Selbstreferentialität ist während des gesamten Films auf sprachlicher Ebene sehr präsent. Da
es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, sämtliche Zitate und Dialoge zu analysieren,
werden die verwendeten Bezüge im Folgenden anhand ausgewählter Zitate beispielhaft erläutert. So enthält der Film zahlreiche
„nicht-kritische und sogar höchst affirmative Metareferenzen auf die HollywoodTraumfabrik insgesamt, z. B. wenn […] [Cecilia] ihren Mann zur Begleitung ins Kino
überreden will und dabei eine allgemein-filmische Aussage über die Evasionsfunktion des
Films impliziert: '[…] I thought if... if we could go to the movies tonight, you know, you
could forget your troubles a little.'“45
Ein weiteres Zitat findet sich in der Szene, in der Tom Baxter und Cecilia in einer Tanzbar
tanzen.46 Die Stimmung ist romantisch und die beiden kommen sich näher. Cecilia spricht von
ihrem Ehemann und gibt an, dass sie dieser nie zum Tanzen ausgeführt habe: „Monk never
took me dancing. Not even when we first met. Not even if I begged him.“ Monk repräsentiert
im Film die graue Realität der diegetischen Welt. Er hat keinen Sinn für Romantik, ist ungehobelt, faul und interessiert sich wenig für seine Frau oder für ihre Bedürfnisse. Ihm gegenüber steht Tom, der alles verkörpert, was Monk nicht ist. Er geht mit ihr tanzen, führt sie zum
Essen aus, macht ihr Komplimente und geht damit auf Cecilias Wünsche, Bedürfnisse und
Träume ein. Beim Tanzen fangen Tom und Cecilia an, über die beiden Realitätsebenen zu
sprechen:
Cecilia: „People get old and sick and never find true love.“
Tom: „You know,where I come from, people don't disappoint. They are consistent. They
are always reliable.“
Cecilia: „You don't find that kind in real life.“
In dem Dialog werden die Unterschiede zwischen der Diegese und der Metadiegese besonders
deutlich, da sie sehr überspitzt dargestellt werden. So beschreibt Cecilia ihre Welt übertrieben
negativ und ist der Meinung, dass wahre Liebe nicht existiert. Die Welt im Film scheint hingegen vollkommen perfekt zu sein. Durch diese typisierte Darstellung der perfekten Filmrealität
wird das Bild, das Hollywoodfilme dem Zuschauer in der Regel suggerieren, parodiert.
45 Wolf 2013, S. 49, zitiert nach Allen 1990 [1987], S. 327.
46 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 22 (Anhang 1).
8
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Die perfekte, sorgenfreie Welt, die das Hollywoodkino vermittelt, wird innerhalb des Films
auch weiterhin immer wieder thematisiert. Dies ist beispielsweise der Fall, als Tom und Gil
diskutieren, ob Tom real oder fiktiv ist: Cecilia „Tom is perfect.“ Gil: „Yeah, but he's not
real.“47 Es wird somit immer wieder mit dem Bild gespielt, dass Perfektion nur im Film existiert, nicht aber im wahren Leben.
Auch an folgendem Dialog lässt sich die für den Film so typische sprachliche Selbstreferenz
herausarbeiten:
Tom: „I'm sorry about the money. I had no idea.“
Cecilia: „It's not gonna be so easy to get along without it in this world.“
Tom: „I guess I have to get a job.“
Cecilia: „That's not gonna be so easy either. Right now the whole country is out of work.“
Tom: „Than we will live on love. […]“
Cecilia: „That's movie talk.“
Tom: You look so beautiful in this light.“
Cecilia: „But you're not real.“ (Tom küsst Cecilia)
Tom: „Was that real enough for you?“
Cecilia: „You kiss perfectly. It's what I dreamed kissing would be like.“ (…) (Sie küssen
sich wieder)
Tom: „Where's the fade-out?“
Cecilia: „What?“
Tom: „Always when the kissing gets hot and heavy, just before the lovemaking, there's a
face-out.“48
Schon der verlassene Freizeitpark, in dem das Gespräch stattfindet, kann als selbstreferentiell
bezeichnet werden. So stellen Freizeitparks ebenso wie Filme eine perfekte Traumwelt dar,
die den Besuchern die Möglichkeit bietet, ihrem tristen Alltag zu entfliehen. In diesem Fall ist
der Park allerdings geschlossen und leer, wodurch mit der absurden Illusion gebrochen wird.
In dem Dialog werden die Gegensätze der beiden Welten sprachlich noch einmal besonders
hervorgehoben. Wenn Cecilia beispielsweise erklärt, dass man ohne Geld in der realen Welt
nicht weit kommt, sorgt sie mit der Formulierung „this world“ dafür, den Kontrast zwischen
den beiden Diegesen noch präsenter werden zu lassen. Während Tom mit naiven Aussagen
wie „Then we will live on love“ weiterhin die Filmrealität, in der scheinbar alles möglich ist,
repräsentiert, zeigen Cecilias Aussagen, dass ihre Weltanschauung zunehmend realistischer
wird. So reagiert sie auf Toms naiv-romantische Worte mit „That's movie talk.“ und zeigt damit, dass ihr durchaus bewusst ist, dass es sich bei der in Hollywood-Filmen dargestellten
Welt nur um eine schöne Illusion handelt. Als Tom sie dann aber küsst, verfällt sie wieder in
ihre bisherigen Träumereien und gibt an, dass er perfekt küsse und sie schon immer davon geträumt habe, auf diese Weise geküsst zu werden. Hier wird wieder die scheinbare Perfektion
der Filmrealität deutlich, während das wahre Leben für Cecilia keinerlei vergleichbares Romantikpotential bietet. Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden diese vermittelten Bilder
47 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 30 (Anhang 1).
48 Vgl. ebd., Sequenz 25 (Anhang 1).
9
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der beiden Welten schließlich parodiert, als Tom sich beim Küssen wundert, wo das „Fade-Out“ bleibe und Cecilia ihn aufklärt, dass es in der realen Welt kein „Fade-Out“ gebe. Die
bisher etablierten Gegensätze der beiden Realitäten werden somit ins Lächerliche gezogen.
Durch diese überspitzte Darstellung der Filmromantik findet eine Art Spiel mit den Hollywoodkonventionen und dem Genre der Liebeskomödie statt und die perfekte Welt der Metadiegese wird als Scheinwelt entlarvt.49 Die anhand des Dialoges herausgearbeitete Selbstreferenz auf sprachlicher Ebene kann als enutiativ eingeordnet werden, da der Zuschauer durch
sie immer wieder mit den Konventionen des Filmemachens konfrontiert wird.
Ein weiteres Beispiel sprachlicher Selbstreferenz zeigt, dass sich die selbstreferentiellen Bezüge durch den gesamten Film ziehen und nicht nur in den Gesprächen der Hauptcharaktere
zu finden sind. So reagiert beispielsweise eine Kinozuschauerin verärgert darüber, dass der
Film „The Purple Rose of Cairo“ nicht ordnungsgemäß abgespielt wurde und auch andere Zuschauer beschweren sich: „I want what happened in the movie last week to happen this
week... otherwise what's life about anyway?“ Diese Aussage ist ebenfalls sehr überspitzt und
lässt sich als Referenz auf das gängige Sichtverhalten des Massenpublikums verstehen. Das
Publikum hat das Bedürfnis, im Kino immer wieder bekannte Schemata und Konventionen
vorzufinden. Ähnlich wie Cecilia, sucht es ebenfalls eine Art Zufluchtsort in der sicheren, beständigen Filmwelt des Hollywood-Kinos, in der es in der Regel wenig Überraschungen gibt:
„Leben ist, was wir auf der Kinoleinwand – oder auf dem Fernsehbildschirm – wiederfinden,
Woche für Woche und möglichst Tag für Tag.“50
Unser rationalistisches Weltbild wird ironisch in die Filmrealität hineingenommen. Dass „etwas physikalisch nicht möglich ist, ist nicht mehr die Gegenwelt, sondern es gehört zur 'Wirklichkeit' des Films.“51 In Filmrealität spielen plötzlich die Regeln der wirklichen Welt eine
Rolle und die Zuschauer suchen nach einer rationalen Erklärung für die Geschehnisse.
In Kapitel 2.1 wurde bereits darauf eingegangen, dass auch die Filmfiguren der Metadiegese
das Bedürfnis haben, ihrem Alltag zu entfliehen und in einer spannende und abenteuerliche
Welt einzutauchen und dass dieses Bedürfnis sie schließlich nach Ägypten führt. Auch auf
sprachlicher Ebene wird diese Realitätsflucht in der Szene deutlich:
Henry: „Jason, I'm bored. I'm bored with cocktails parties and opening nights. I'm bored
with evenings at the opera and weekends at the races.“
Jason: „A few days in Paris might be the thing to get creative juices flowing. I can have
George cable the Ritz for the usual suite.“
Jason:„I'm not talking about Paris. I'm talking about some place completely different.
Like Marocco. Or Egypt.“
Rita: „Ooh. A boat trip down the Nile. Sounds so romantic. I've got just the dress to wear
to the pyramids.“52
49
50
51
52
Auf das Zerstören der Illusion wird in Kapitel 5.2 näher eingegangen.
Kreimeier 2012, S. 411.
Schneider 1993, S. 91.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 6 (Anhang 1).
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So sagt Henry zunächst, dass er gelangweilt ist, was zunächst einen normalen Gemütszustand
darstellt, der in der Zeit der great depression, in der viele Menschen arbeitslos waren, vermutlich nicht nur ein Problem der oberen Gesellschaftsschichten darstellte. Im nächsten Satz gibt
er jedoch an, dass ihn sein luxuriöses Leben langweilt, da es wenig Abwechslung biete und
auch eine Reise nach Paris wenig interessant sei. Diese Aussage wirkt überspitzt und unterstützt die parodisierende Wirkung dieser Szene, die eindeutig auf Cecilias Flucht vor ihrem
Alltag und auch die der anderen Zuschauer abzielt. Diese Wirkung wird noch auf formaler
Ebene verstärkt. So sitzt Henry in übertrieben gelangweilter Position rauchend an einem teuer
wirkenden Flügel.
Abb. 1: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:25
Auch sein Gesichtsausdruck wirkt geradezu wie die Karikatur einer gelangweilten Mimik. In
einer folgenden Einstellung werden die Kinozuschauer gezeigt, wie sie Popcorn essend den
Film verfolgen.
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Abb. 2: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:38
Die Tatsache, dass die Zuschauer sich nach genau dieser Welt sehnen, die die Filmfiguren so
langweilt, wirkt sehr ironisch und verstärkt den Kontrast zwischen den beiden Realitäten, der
im Laufe des Films immer wieder betont wird. Als die Figur Rita dann dazu kommt und in ei nem glamourösen Kleid mit perfekt sitzender Frisur die Arme so verschränkt, wie es auf
Wandzeichnungen der alten Ägypter oft dargestellt wurde, wird dieser Eindruck noch verstärkt.
Abb. 3: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:06:44
Ihre Geste vermittelt ein romantisches, klischeehaftes Bild von Ägypten, das in den Köpfen
der Menschen in der damaligen Zeit vermutlich vorgeherrscht hat. Ihre Aussage „Ooh. A boat
trip down the Nile. Sounds so romantic.“ kann als Anspielung auf Cecilias Bedürfnis nach Romantik verstanden werden, das zum Beispiel in den Konversationen mit ihrer Schwester im12
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mer wieder deutlich wird, wenn sie vom Kino berichtet: „The people were so beautiful. They
spoke so cleverly and do such romantic things.“ 53 Ritas weitere Bemerkung „I've got just the
dress to wear to the pyramids“ in Verbindung mit ihrem glitzernden Kleid, das aussieht, als
wäre es für eine Pyramidenbesichtigung gänzlich ungeeignet und dem Lachen des Publikums
über diese Aussage, verstärkt wiederum die Ironie dieser Szene. Auch ihr verzückter Ausruf
„A real-life explorer“, als sie Tom Batxer in den Pyramiden kennenlernt, wirkt sehr ironisch
und ist eine Anspielung auf die Dialektik zwischen der in Woody Allens Film dargestellten
realen Welt (Realität 1) und der metadiegetischen, aus Sicht der Diegese künstlichen Filmwelt
des „The Purple Rose of Cairo“-Films. So möchte Lydia dem realen Leben unbedingt entfliehen, während die Filmfiguren in diesem nach Abwechslung suchen. Dies wird noch übertriebener deutlich, als die Figuren beschließen, Tom Baxter einfach mit nach New York zu nehmen: „We could bring him back to New York to meet the Countess. She loves anything in a
pith helmet.“54 Für sie ist Tom Baxter nur eine Art Belustigungsobjekt, das ihnen Spaß und
Zerstreuung bieten soll.55 Er hat somit eine ähnliche Funktion für die New Yorker, wie das
Kino für Cecilia und den Rest des Publikums. Diese Objektivierung ist somit einerseits Referenz auf das Rezeptionsverhalten der Hollywoodzielgruppe, die bei der Filmrezeption ebenfalls nach Zerstreuung und Belustigung sucht und gleichzeitig eine Anspielung darauf, dass
die Schauspieler auf der Leinwand in den Filmen Hollywoods oft als ebensolche Anschauungsobjekte inszeniert werden, deren Funktion sich oft ausschließlich darauf beschränkt, die
voyeuristischen Gelüste des Publikums zu befriedigen.56
4 Formale Ebene
Auch auf formaler Ebene lassen sich zahlreiche selbstreferentielle Bezüge in dem Film „The
Purple Rose of Cairo“ herausarbeiten. Im Folgenden werden zunächst die filmtechnischen
Mittel, mit denen der Film Selbstreferentialität erzeugt, herausgearbeitet. Anschließend wird
näher auf den Einsatz von Licht und Musik eingegangen.
4.1 Filmtechnische Mittel
Im Bezug auf die filmtechnischen Mittel ist in „The Purple Rose of Cairo“ vor allem die Farbgestaltung hervorzuheben. So der Film, der im Kino gezeigt wird (Realität 2), in schwarzweiß gedreht während Cecilias Leben dem Zuschauer in Farbe präsentiert wird. Peter Bradley
betitelt die beiden Welten sehr passend als „Cecilia's Depression reality“ auf der einen und
„black-and-white champagne comedy world of Hollywoods Purple Rose“ 57 auf der anderen
Seite. Die schwarz-weiße Gestaltung des Films steht in einem auffälligen Kontrast zu den intensiven Farben des Kinoinnenraums und legt die Grundlage für ein „beziehungsreiches
53 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 7 (Anhang 1).
54 Vgl. ebd., Sequenz 6 (Anhang 1).
55 Auf die formale Umsetzung von Tom Baxter als Symbol für die Freuden den Kinos wird in Kapitel 4.1 näher
eingegangen.
56 Vgl. Mulvey 1988, S. 59.
57 Bailey 2001, S. 154.
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Wechselspiel: [so führt] die Filmheldin [...] ein tristes Leben in Multi-Color und träumt [von
einer glamourösen Welt] in Schwarzweiß.“58 Diese Umkehrung der Farbschemata, also der
graue Alltag Cecilias in Farbe und das perfekte Leben der Filmfiguren in schwarz-weiß, unterstützt somit auf gestalterischer Ebene den bereits auf inhaltlicher Ebene dargestellten Gegensatz der beiden Realitäten. Zudem kann die Schwarz-Weiß-Gestaltung als selbstreferentieller
Bezug zum
„Universal- und MGM-Stil von 1930 [gesehen werden], mit glänzenden Darstellern wie
Edward Herrmann und Zoe Caldwell, die – als agierten sie in einem Lehrstück von
Brecht – demonstrieren, dass auch die Größen der Branche, wenn sie plötzlich aus ihren
Rollen kippen, nichts anderes als ichsüchtige, zänkische und ziemlich hilflose Wesen
sind.“59
Ein weiterer interessanter Aspekt der Selbstreferenz auf formaler Ebene findet sich ebenfalls
bei der Betrachtung der Metadiegese des Films im Film. So deutet sich die Doppelung der Figur Tom Baxter und seinem Darsteller Gil Shepherd bereits formal in der Szene an, in der
Tom Baxter in der Pyramide auf die Herrschaften aus New York trifft.
Abb. 4: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:16
So können die beiden Schatten, die Tom Baxter hinter sich an die Wand wirft, bereits als „anticipation of his later split into actor/Gil Shepherd and part/Tom Baxter“ 60 gesehen werden.
Die begeisterten und faszinierten Blicke der Besucher auf den in ihren Augen exotischen Tom
Baxter können wiederum als Referenz auf die Zuschauerschaft eines Films, die voyeuristischen Gefallen daran findet, etwas anzuschauen, das sie von ihrem eigenen Leben ablenkt.61
58
59
60
61
Schneider 1993, S. 89.
Kreimeier 2012, S. 409.
Arizti 1996, S. 395.
Ebd., S. 395.
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Abb. 5: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:20
So ist Tom genauso positioniert, wie die Leinwand in vorherigen Einstellungen positioniert
war und stellt das Besichtigungsobjekt für die anderen drei Figuren da, die die Rolle des Zuschauers einnehmen. Bemerkenswert ist außerdem, dass vor allem das Verhalten der reichen
Dame mit dem Cecilias verglichen werden kann. So macht sie die gleichen übertriebenen
Gesten und hat den gleichen übertriebenen Gesichtsausdruck wie diese, als sie am Anfang des
Films das Filmplakat betrachtet.62
Abb. 6: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:01:17
Abb. 7: The Purple Rose of Cairo (1985), 00:07:36
4.2 Licht
Auch der Umgang mit Licht ist in „The Purple Rose of Cairo“ bemerkenswert. So lässt sich
feststellen, dass die Realität 1 im Low-Key-Stil beleuchtet wird. Dabei handelt es sich um
eine Beleuchtungsart, bei der es „kein dominierendes Führungslicht gibt und [sich] das
Grundlicht […] auf wenige Lichtquellen verteilt.“63 Der Stil ist geprägt durch das selektive
62 Vgl. Arizti 1996, S. 395.
63 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012a (Abruf 13. Juli 2014).
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Einsetzen von Licht, geringe Aufhellung, dunkle Hintergründe und niedriges Helligkeitsniveau“64 und wird verwendet, um eine düstere und triste Atmosphäre zu schaffen.65 Die Realität
2 hingegen ist im High-Key-Stil ausgeleuchtet, bei dem durch auffällige Beleuchtung und
langsamen Schattenfall eine „maximale Sichtbarkeit“66 erreicht wird. Dieser Stil wird angewandt, um eine positive und freundliche Atmosphäre zu schaffen.67
Bezieht man das Beleuchtungskonzept des Films nun auf die Farbgestaltung lässt sich feststellen, dass die Diegese trotz der Verwendung von Farbe aufgrund des Low-Key-Stils erheblich
trister wirkt, als der schwarz-weiße Film im Film, dessen glamouröse und schillernde Atmosphäre durch das verwendete High-Key-Konzept nur noch verstärkt wird.
4.3 Musik
„Heaven, I'm in heaven,
And the cares that hung around me through the week
Seem to vanish like a gambler's lucky streak
When we're out together dancing cheek to cheek.“68
Musikalische Untermalung spielt in „The Purple Rose of Cairo“ eine große Rolle. Vor allem
der Titelsong „Cheek to cheek“ von Fred Astaire und Ginger Rogers kommt nicht nur im Vorspann vor, sondern zieht sich als musikalisches Thema durch den kompletten Film. Betrachtet
man zunächst einmal den Text des Liedes, lässt sich feststellen, dass er genau das behandelt,
was als Leitmotivs des Films bezeichnet werden kann: nämlich die Flucht vor dem Alltag und
das Vergessen der Sorgen. Dieses Leitmotiv wird bereits in der ersten Szene des Films eingeführt.69 In dieser werden außerdem die beiden Realitäten, also die Diegese und die Metadiegese, klar voneinander abgegrenzt. Zunächst sieht man den Vorspann und hört die extradiegetische Filmmusik. Die Tatsache, dass Musik zunächst im Vorspann zu hören ist und dann in die
diegetische Welt übergeht ist selbstreferentiell, da dadurch betont wird, dass nun ein Spielfilm
beginnt. Während die Vorspannmusik nun also weiter geht, schwenkt die Kamera in einer
kreisenden Bewegung über das Filmplakat von dem Film im Film „The Purple Rose of
Cairo“. Durch die Kreisbewegung wird bereits zu Anfang die Zirkularität des Films deutlich,
bei dem sich die Elemente immer wiederholen und sich in einem nicht endenden Kreislauf zu
befinden scheinen. Außerdem wird durch das Zeigen des Plakats und des Filmtitels die Myse
en abyme-Struktur des Films eingeführt.70 In der nächsten Einstellung sieht man Cecilias Gesicht im medium close-up, wie sie verträumt das schillernde Filmplakat anschaut. Es wird
deutlich, dass es sich bei der vorherigen Einstellung somit um einen Point of View Shot gehandelt hat und das Filmplakat aus Cecilias Blickwinkel gezeigt wurde. So wird schon jetzt
64
65
66
67
68
69
70
Ebd..
Vgl. Hickethier 2007, S. 78.
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2012b (Abruf 13. Juli 2014).
Vgl. Kandorfer, Pierre 1978, S. 281, zitiert nach Hickethier 2007, S. 78.
Anhang 2.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 2 (Anhang 1).
Vgl. Arizti 1996 S. 388.
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Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Cecilias „role as a spectator“71 verdeutlicht. Sie schaut direkt in die Kamera und bricht damit
eine der „golden rules of Classic Hollywood Cinema“ 72. In der Regel soll die Tatsache, dass
das Gezeigte von einer Kamera aufgenommen wurde, für den Zuschauer möglichst unbemerkt
bleiben. Schaut eine Figur nun direkt in die Linse und somit ins Auge des Zuschauers, erkennt
sie normalerweise an, dass noch eine weitere Realität, nämlich die des Publikums existiert. 73
Interessanterweise steht in diesem Fall Cecilias direkter Blick allerdings nicht für dieses Phänomen. Der Blick konzentriert sich vielmehr auf die Existenz der metadiegetischen Realität
des Films im Film. Die Einstellung zeigt sehr deutlich Cecilias tief in Gedanken versunkenen
Gesichtsausdruck und das damit verbundene „overinvolvement with the glamorous reality of
the 'inner' Purple Rose. Her ectasy is further emphasized by Astaire's song - 'Heaven, I'm in
heaven...' - which keeps playing extradiegetically.“74 Dann fällt einem Arbeiter ein Buchstabe
des Kinoschildes herunter und sie wird ganz plötzlich aus ihren Träumereien gerissen und in
die Realität zurückgeholt. Die Filmmusik erfüllt in dieser Szene die Funktion, den Gegensatz
der beiden Realitäten zu betonen. So hört sie ganz abrupt auf, als der Buchstabe zu Boden
fällt. Das plötzliche Abbrechen markiert den Übergang von der Realität 2 in die Realität 1 und
dient zusammen mit der personalen Kameraperspektive dazu, dem Zuschauer Cecilias Perspektive zu vermitteln, sodass er zunächst ihren träumerischen Zustand nachvollziehen kann
und genau wie sie ohne Vorwarnung aus diesem herausgerissen wird. Die Szene macht außerdem deutlich, dass sich der Film mit dem Akt des Zuschauens und der Rezeption von Filmen
beschäftigt, repräsentiert durch den Blick der verträumten und von Filmen besessenen Protagonistin Cecilia.
Das Lied „Cheek to cheek“ hat außerdem eine rahmende Funktion, da es den Film einleitet
und ebenfalls in der letzten Szene zu hören ist. 7576 So ist wieder „Heaven, I'm in heaven“ als
extradiegetischer Ton zu hören, als Gil gezeigt wird, wie er nachdenklich im Flugzeug sitzt.
Die Tatsache, dass Gil sich tatsächlich und nicht nur im übertragenen Sinne im Himmel befindet, verleiht der Zeile eine gewisse ironische Bedeutung. In der nächsten Einstellung wird ein
tanzendes Pärchen in schwarz-weiß gezeigt und es lässt sich feststellen, dass das Lied von
dem Mann gesungen wird. Daraufhin ist Cecilia zu sehen, wie sie mit verweinten Augen den
Kinosaal betritt und es wird deutlich, dass es sich bei den vorherigen Bildern wieder um einen
Film handelt. Somit ist die Musik, die im gesamten Film und auch in der Szene im Flugzeug
extradiegetisch eingesetzt wurde, auf einmal intradiegetisch. Dadurch scheinen wiederum die
Grenzen zwischen den beiden Realitäten zu verschwimmen. Die Musik, die der Zuschauer zunächst als Filmmusik für Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“ wahrgenommen hat, fun71
72
73
74
75
76
Ebd., S. 388.
Ebd., S. 389.
Vgl. ebd., S. 389.
Arizti 1996, S. 389.
Vgl. ebd., S. 388.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 42 (Anhang 1).
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giert nun innerhalb einer weiteren Metadiegese ebenfalls als intradiegetische Filmmusik fungiert. Interessant ist außerdem, dass es sich bei dem Pärchen um die tatsächlichen Fred Astaire
und Ginger Rogers handelt, die in dem Film Filmmusical „Top Hat“ die Hauptfiguren verkörpern.77 Dass sich Cecilia nun also den Film „Top Hat“ im Kino anschaut, auf den während des
gesamten Films mit dem Lied „Cheek to cheek“ immer wieder verwiesen wurde, hat ebenfalls
eine selbstreferentielle Funktion, indem es auf das Kino der 30er Jahre verweist und dem Zuschauer durch das Wechselspiel aus extra- und intradiegetischer Verwendung wieder vor Augen führt, dass er selbst gerade einen Film rezipiert, bei dem alles konstruiert ist und eine
Funktion erfüllt. Die Zeile „Dancing cheek to cheek“ kann außerdem als Verweis auf die Szene gesehen werden, in der Cecilia und Gil miteinander tanzen.78
5 Analyse der zentralen Leitmotive
Wie in den Kapiteln 2 bis 4 festgestellt, findet mediale Selbstreferentialität in Woody Allens
„The Purple Rose of Cairo“ auf verschiedenen Ebenen statt. Da die Selbstreferentialität sich
außerdem in den zentralen Leitmotiven des Films wiederfinden lässt und diese durch ein Zusammenspiel der bisher angewandten Kategorien der inhaltlichen, sprachlichen und formalen
Selbstreferenzen entsteht, ist es sinnvoll die Leitmotive unter Einbindung aller Kategorien
noch einmal kurz zu erläutern.
5.1 Flucht aus der Realität
Aus der Analyse der verschiedenen Ebenen geht hervor, dass die Flucht vor der Realität und
das Eintauchen in andere Welten als ein zentrales, selbstreferentielles Leitmotiv des Films
„The Purple Rose of Cairo“ angesehen werden kann. Es zieht sich durch den gesamten Film
und wird zunächst durch die Protagonistin Cecilia repräsentiert, die ihrem tristen Alltag zu
entfliehen versucht, indem sie sich sehr intensiv mit der Welt Hollywoods und des Kinos auseinandersetzt. Doch nicht nur für Cecilia, sondern auch für andere Figuren spielt die Realitätsflucht eine Rolle. So sehnen sich auch die Figuren des metadiegetischen Films „The Purple
Rose of Cairo“ nach einem Ausbruch aus ihrem Alltag und suchen die Abwechslung im exotischen Ägypten. Es wird außerdem deutlich, dass auch das übrige Kinopublikum den Gang ins
Kino dazu nutzt, sich von der tristen Realität der „Great Depression“ abzulenken und von einem besseren Leben zu träumen. Dieses bessere Leben, das vor allem durch das luxuriöse Leben der metadiegetischen Filmfiguren repräsentiert wird, wird auch auf formaler Ebene durch
den Einsatz der Filmmusik deutlich. So behandelt das Lied „Cheek to cheek“, das im Film an
unterschiedlichen Stellen immer wieder auftaucht genau das Thema des Vergessens des Alltages und der damit verbundenen Sorgen sowie das Eintauchen in eine Welt ohne Probleme.
Diese Thematik wird außerdem durch die Farbgestaltung und den Einsatz von Licht deutlich.
So wird die triste Realität zwar in Farbe abgebildet, durch die Verwendung eines Low-Key77 Vgl. Kaufmann 2012, S. 278.
78 Auf diese Szene wurde bereits in Kapitel 2.3 näher eingegangen.
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Beleuchtungskonzeptes erscheint sie jedoch eher grau und trostlos. Im Gegensatz dazu wird
die schwarz-weiße Realität 2 des Films im Film im High-Key-Stil beleuchtet, wodurch sie besonders glamourös wirkt. Die Realitätsflucht als Leitmotiv ist somit vor allem im Kontrast
zwischen beiden Realitäten wiederzufinden, der auch auf sprachlicher Ebene immer wieder
hervorgehoben wird. Die Allgegenwärtigkeit dieses Motivs auf sämtlichen Ebenen hat die
Funktion, dem Rezipienten seine Rolle als Zuschauer auf eine selbstreferentielle Weise immer
wieder vor Augen zu führen und ihn diese kritisch zu hinterfragen zu lassen. Sie verweist auf
die in Hollywood-Filmen gängige Konvention, eine diegetische so zu konstruieren, dass sie
für das Publikum eine Art Traumwelt abbildet, in die er fliehen kann. Eine Welt der Perfektion, der Erfüllung aller Wünsche und des Happy Ends.
5.2 Bruch der Illusion
Bisher wurde die Metadiegese im Zusammenhang mit der Flucht vor der Realität vor allem
als Abbildung einer perfekten Traumwelt beschrieben. Doch die Darstellung dieser Welt
durchläuft im Verlauf des Films einen entscheidenden Wechsel. Zunächst scheint in ihr alles
perfekt und romantisch zu sein und sie stellt den perfekten Zufluchtsort für die naive Cecilia
und das restliche Publikum dar.79 Doch vor allem als die Welt der Produktion thematisch in
die Handlung eingeführt wird, ändert sich das vermittelte Bild der Realität 2. So wird die bisher dargestellte Perfektion zunehmend als perfekte Illusion entlarvt, in der nichts tatsächlich
so ist, wie es bisher den Anschein hatte. Es handelt sich vielmehr um eine Welt der Täuschung. Der Illusionsbruch beginnt bereits, als Tom nach einem teuren Abendessen wie selbstverständlich mit Falschgeld bezahlen will und schließlich auf der Flucht vor den Restaurantbetreibern versucht, ein fremdes Auto ohne Zündschlüssel zu starten. 80 Als Cecilia und Tom
dann in einer weiteren ontologischen Metalepse wieder von der Diegese in die Metadiegese
übertreten findet eine weitere Desillusionierung statt. So muss Cecilia z. B. erstaunt feststellen, dass sich in den Champagnergläsern Ginger Ale befindet. Dies wird ebenfalls durch die
Figuren auf der Leinwand auf eine komische und überspitzte Weise dargestellt. So beginnt die
Figur des Kellners im Film auf einmal, ungehemmt zu tanzen, als sie erfährt, dass die Regeln
der Metadiegese im Begriff sind, außer Kraft gesetzt zu werden:
Tom: „It's every man for himself.“ Arturo: „Then I don't have to seat people anymore. I can do
what it is I always wanted to do.“ 81 So wird hier das Klischee des perfekten Lebens und der
damit verbundenen Freiheit parodiert und damit gespielt, dass das Publikum aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erwartet, dass der sehnlichste Wunsch des Kellners eine aufwendige
Tanzeinlage ist. Sein hemmungsloses Tanzen, das wie eine professionelle Showeinlage wirkt,
verweist außerdem auf die Konstruiertheit von Tanzfilmen oder Varietéveranstaltungen.
So diskutieren sie beispielsweise über die Hollywoodwelt (Welt der Produktion) und be79 Vgl. Kapitel 2.1.
80 Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 24 (Anhang 1).
81 Vgl. ebd., Sequenz 40 (Anhang 1).
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schweren sich, dass sie ausgebeutet werden. Sie fangen an aufzubegehren und machen den
Vorschlag, ihre Welt (Realität 2) als die reale Welt zu definieren und die reale Welt (Realität 1)
als die „world of illusion and shadow.“82 Die Desillusionierung der Realität 2 aus der Sicht
von Cecilia ist gleichzeitig eine Desillusionierung der Realität 1 für den Zuschauer und somit
in höchstem Maße selbstreferentiell. So wird ihm auf eine ironische Weise deutlich gemacht,
dass es sich bei dem Film, den er gerade rezipiert, ebenfalls nur um ein Abbild der Realität
handelt, bei dem alles inszeniert und konstruiert ist. Die Selbstreferenz ist somit enutiativ.
Nicht nur die Filmwelt (Realität 2) wird im Laufe der Handlung desillusioniert. Auch die Welt
der Filmproduktion (Hollywoodwelt) wird einer Desillusionierung unterzogen, als sie mit der
Realität 1 konfrontiert wird. Dies wird beispielsweise in der Kommunikation zwischen Cecilia
und Gil deutlich, als Gil zugibt, dass ein Filmkuss gar nicht so romantisch ist, es im Film zu
sein scheint und dass sein richtiger Name gar nicht Gil Shepherd ist.83
Hier wird deutlich, dass auch in der glamourösen, glitzernden Hollywoodwelt der Schauspieler, in die Lydia sich ebenso hinein geträumt hat, nicht alles so perfekt ist, wie es scheint, sondern ebensolche Illusionen existieren, wie in der Filmwelt. Das Spiel mit Täuschung und
Maskerade kann außerdem als Referenz auf das Genre der Liebeskomödie gesehen werden:
„A typical romantic comedy will feature mistaken identity, disguise and masquerade“ 84. Somit
beinhaltet die Liebeskomödie als Genre an sich schon selbstreferentielle Elemente, da es sich
bei der Kostümierung und dem Schlüpfen in andere Rollen ja um einen wesentlichen Bestandteil der Filmproduktion handelt.85
5.3 Parodie der Happy-End-Struktur
Als Gil und Cecilia sich schließlich näher kommen, wird zunächst der Eindruck erweckt, dass
sich die Regeln der Metadiegese doch auf die diegetische Welt übertragen lassen. So sind ihre
Konversationen geradezu übertrieben romantisch: „Look, I love you. I know that this only
happens in movies, but I do.“, „Love at first sight doesn't only happen just in the movies“. Die
ausgewählten Zitate verdeutlichen noch einmal die Selbstreferenz auf sprachlicher Ebene, da
sie sich auf die Darstellung von Liebe und Romantik im Film beziehen und parodieren damit
die Konvention, dass Liebe in Hollywood-Filme häufig übertrieben romantisch und plakativ
inszeniert wird.
Besonders deutlich wird diese übertriebene Romantik, als Gil und Cecilia in einem Musikladen gemeinsam musizieren und singen.86 Die spontane Gesangseinlage wirkt besonders kitschig und unecht und kann als Referenz auf Musicalfilme gesehen werden, in denen in der
Regel eine noch unnatürlichere Darstellung von Romantik vermittelt wird als in Liebeskomö82
83
84
85
86
Vgl. ebd., Sequenz 37 (Anhang 1).
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 33 (Anhang 1).
Mortimer 2010, S. 5.
Vgl. Gotto 2013, S. 77.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 36 (Anhang 1).
20
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
dien, da die meist „stark stilisierten Musiknummer[n]“87 dieser Filme die Künstlichkeit des
Mediums noch offensichtlicher erscheinen lassen und deren „stets realitäsferne Phantasiewelten“88 vor Unwahrscheinlichkeit nur so strotzen.
Diese Selbstreferenz wird dann einige Sekunden später wiederum parodiert, als Cecilia Gil
begeistert vorschlägt, er solle doch einmal in einem Musical mitspielen. Eine weitere Referenz in der Szene findet sich wieder, als Lydia damit anfängt, Gils früheren Film „Dancing
Doughboys“ zu rezitieren: „I won't be going South with you this winter.“ und Gil das Zitat mit
seiner Textzeile „We have a little score to settle on the other side of the Atlantic.“ vervollstän digt. Denn genau so wie in dieser melodramatischen Szene angesprochen, verhält Gil sich
auch im wahren Leben, also der Realität 1. So handelt es sich bei besagtem „little score“ um
die Aufgabe, seinen Doppelgänger dazu zu bewegen, wieder in den Film zurückzukehren. Cecilia antwortet mit dem Zitat „When you leave, don't look back.“, dass sich ebenfalls im Film
wiederfinden lässt, als Gil im Flugzeug zurück nach Hollywood sitzt und zwar ein wenig melancholisch wirkt, aber nicht einmal aus dem Fenster schaut, „never once looking back.“89
Gil und Cecilia verstehen sich blendend und ergänzen sich in ihren Konversationen perfekt.
So himmelt Cecilia Gil permanent an, während dieser von sich, seinem Leben und seiner Karriere erzählen kann. Zunächst scheint alles auf ein kitschiges Happy End hinauszulaufen, wie
es in einer typischen Liebeskomödie in Hollywood üblich ist.90 So gehört die „Zielrichtung
des glücklichen Ausgangs, die strukturelle Konzentration auf das Happy End [...] zu den
wichtigsten Merkmalen der Romantischen Komödie.“ 91 Auf diese Konvention wird im Film
auch auf sprachlicher Ebene Bezug genommen, als Cecila Tom erklärt, dass eine Welt ohne
Gott „like a movie with no point and no happy ending“ 92 sei. Die Gesamthandlung ist zunächst nach einem altbekannten Handlungsmuster Hollywoods konstruiert, das an den Aufbau
von Märchen erinnert:93 Eine schüchterne, unglückliche Frau trifft auf den perfekten Mann,
der sie aus der Misere befreit und ihr zu einem perfekten Leben verhilft.
Im Gegensatz zur Ausgangssituation, in der Cecilias Leben von Einsamkeit bestimmt war, ist
sie auf einmal in der Situation, zwischen zwei Traumprinzen wählen zu können, von denen
der eine zumindest scheinbar dem wahren Leben angehört. Cecilia entscheidet sich bewusst
für das scheinbar reale Leben und somit für Gil: „I'm a real person. No matter how tempted I
am, I have to chose the real world.“94 Mit der Bemerkung „Tom, you will be fine. In your
world things have a way of always working out right” versucht sie diesen zu trösten und verweist damit wieder auf Happy-End-Struktur der klassischen Liebeskomödie. Doch tatsächlich
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90
91
92
93
94
Trenka 2013, S. 147.
Ebd., S. 147.
Bailey 2001, S. 151.
Vgl. Koebner 2012, S. 8.
Gotto 2013, S. 76.
The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 32 (Anhang 1).
Vgl. Schneider 1993, S. 88.
Vgl. The Purple Rose of Cairo (1985), Sequenz 38 (Anhang 1).
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Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
entscheidet sie sich nicht zwischen dem realen Leben und ihrer Traumwelt, sondern vielmehr
„between two different types of illusion.“ 95 So gehören beide Männer den beiden Welten an,
in die sie sich in ihrem Leben immer hineingeträumt hat und die ihr beide durch und durch
perfekt erschienen: „the beautiful black-and-white unreality of The Purple Rose of Cairo or
the actual Hollywood to which Gil promises to take her.“ 96 So bewahrheitet sich am Ende die
bisher angedeutete Tatsache, dass beide Welten von Illusion und Täuschung geprägt sind und
dass die Perfektion, die sie nach außen hin ausstrahlen, nur ein Konstrukt ist. Sowohl der Zuschauer als auch Cecilia verstehen nun sowohl „the overplotted, falsely reassuring, pretty unreality which the screen projects“97 als auch „the hypocrisy which is the product of the starmaking machinery“98 Hollywoods. Am Ende ist Cecilia allein und flüchtet sich ironischerweise
wieder ins Kino. Hier kann sie all ihre Enttäuschungen vergessen, wieder in ihre Traumwelt
eintauchen und Trost finden. Ist sie beim Eintreten in den Saal
„noch den Tränen nah, […] hellt sich [ihr Gesicht auf, sobald sie auf die Leinwand blickt]
und ihre Augen saugen sich fest am Spiel des Lichts und der Schatten – und alles, was in
ihr lebt, verströmt sich in eine Welt, die es nicht gibt.“99
Damit schließt sich der Kreis und die zirkulare Struktur des Films wird deutlich. 100 Die Aussage „It ain't the movies, it's real life.“, die Cecilias Ehemann ihr beim Verlassen der Wohnung
noch hinterher gerufen hat, hat sich somit als wahr erwiesen. Die graue Realität, für die er
während des gesamten Film bildhaft steht, hat sich durchgesetzt. Mit diesem wenig zufriedenstellenden und sehr pessimistischen Ende parodiert Allen die klassischen Hollywood-Konventionen. Indem er zunächst alles auf ein Happy End hinauszulaufen lässt, spielt er mit den
Sichtgewohnheiten und Erwartungshaltungen des Publikums, nur um es am Ende zu enttäuschen und damit die Künstlichkeit und Konstruiertheit von Hollywoodfilmen offenzulegen.
Allen selber antwortete auf den Hinweis der Orion Films Geschäftsleitung, dass der Film erheblich mehr einspielen würde, wenn man ihn positiv ausgehen ließe, mit „The ending was
why I made the film.“101 und bestätigt damit seine Absicht, gezielt die gängigen Hollywoodkonventionen außer Kraft zu setzen, bei denen es in erster Linie um Profitmaximierung geht.
So gelingt es ihm, „to convey the radical shallowness of escapist comedy while simultaneously preserving audience identification with Cecilia, the ultimate fan of such comedy“ 102 und
parodiert damit sowohl die Produktionswelt, in der solche Filme entstehen als auch das Bedürfnis der Rezipienten, in den Filmwelten einen Ausweg aus ihrem eigenen Leben zu suchen.
95 Bailey 2001, S. 146.
96 Ebd., S. 149.
97 Ebd., S. 151.
98 Ebd., S. 151.
99 Kreimeier 2012, S. 412.
100 Wie in Kapitel 4.3 erwähnt, deutet sich diese bereits in der ersten Szene des Films an.
101 Bailey 2001, S. 151, zitiert nach Lax 1991, S. 27.
102 Bailey 2001, S. 152f, zitiert nach Preussner 1988, S. 41.
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6 Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mediale Selbstreferentialität in Woody Allens
„The Purple Rose of Cairo“ als zentrales Leitmotiv angesehen werden kann, das sich auf verschiedenen Ebenen durch den gesamten Film zieht und durchgehend sehr präsent ist.
So hat die Verwendung medialer Selbstreferentialität in dem Film zum einen die Funktion, das
Genre der Liebeskomödie zu parodieren. Allen nimmt in seinem Film im Sinne der „filmischen Parodie [immer wieder] […] Bezug auf bereits Bestehendes, um dieses Bestehende zu
überschreiten und zu überformen.“103 Dies tut er in einem ausgefeilten Zusammenspiel aus inhaltlicher, formaler und sprachlicher Selbstreferenz und karikiert damit das Genre der Liebeskomödie an sich, die Welt der Filmproduktion, das Starsystem Hollywoods, die Profitgier der
Produktionsfirmen und den Drang des Publikums, sich unreflektiert der schönen Illusion der
Hollywood-Filme hinzugeben, um der tristen Realität und dem grauen Alltag zu entfliehen
und in eine Traumwelt des Glanzes und des Reichtums abzutauchen. Die in dem Film allgegenwärtige Auseinandersetzung mit dem Medium Film an sich und das Vorhandensein eines
Films im Film im Sinne der Mise en abyme-Struktur haben somit vor allem die Funktion, dem
Zuschauer im Sinne enutiativer Selbstreferenz seine Rolle als Rezipient eines Films bewusst
werden zu lassen. Das permanente Voraugenführen der Filmrezeption, die in „The Purple
Rose of Cairo“ vor allem als eine Art Realitätsflucht und das damit verbundene Finden von
Trost und Befriedigung dargestellt wird, lässt den Zuschauer seine eigene Stellung als Rezipient kritisch reflektieren und infrage stellen. Dieser Effekt wird ebenfalls durch Tom Baxters
Verlassen der Leinwand und die damit verbundene Inszenierung der ontologischen Metalepse
erzielt. So hat diese vor allem die Funktion, „die Geschehensillusion [zu unterlaufen] und […]
den artifiziellen Charakter der Erzählung bzw. der erzählten Welt frei“ 104 zu legen. Auch die
Thematisierung des Happy Ends, das für eine klassische Liebeskomödie in Hollywood so typisch ist, erfüllt diese Funktion. So weckt die konventionelle Happy End-Struktur, die der Zuschauer von der Rezeption gängiger Hollywoodfilme kennt, auch in „The Purple Rose of Cairo“ die Erwartung, dass der Film ein zufriedenstellendes Ende haben könnte. Allen spielt mit
dieser Erwartung, indem er seinen Film zunächst ähnlich strukturiert, am Ende allerdings mit
der Konvention bricht. Er parodiert den oft so übertrieben glücklichen Ausgang der Hollywood-Filme, die dem Zuschauer eine perfekte Illusion vorgaukeln und dadurch außerdem Erwartungen an das reale Leben erwecken, die meist nicht erfüllt werden. Somit ist „The Purple
Rose of Cairo“
„ein Film über die Funktion der Filme im Leben, und seine Antwort ist […] im
wesentlichen negativ und deprimierend. Die Kunst nährt den Eskapismus, und auch wenn
sie eine Welt eröffnen kann, die reiner als die Wirklichkeit ist, kann diese ideale Welt
die Wirklichkeit nicht verändern.“105
103 Gotto 2013, S. 81.
104 Langemeyer 2010, S. 305.
105 Hösle 2005, S. 100.
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Abschließend lässt sich anführen, dass es für die weitere Forschung außerdem interessant sein
könnte, zu betrachten, ob und inwiefern auch heute noch – fast 30 Jahre nach der Veröffentlichung von „The Purple Rose of Cairo“ - in aktuellen Werken Woody Allens ebenfalls selbstreferentielle Elemente zu finden sind und auf welche Weise die Filmproduktion und -rezeption
in diesen dargestellt wird.
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7 Quellenverzeichnis
Filmverzeichnis
The Purple Rose of Cairo. USA 1985, Woody Allen. 78 Minuten.
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<http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=2619>. (13. Juli 2014)
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8 Anhang
Anhang 1 - Sequenzprotokoll
Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte
Ort
1
Vorspann, Credits, Titelmusik
2
Musik vom Vorspann geht weiter, Kamera schwenkt über Filmplakat von Straße vor dem Kino
TPROC, dann wird Cecilia gezeigt, die verträumt auf das Filmplakat
schaut. Es wird klar, dass der Zuschauer das Plakat vorher aus ihrer
Perspektive gesehen hat. Plötzlich hört man ein Geräusch, etwas fällt
bei Bauarbeiten herunter. Der Zuschauer wird genau wie Cecilia plötzlich
in die Realität zurück geholt (Realität.)
Cecilia bei der Arbeit, Beschwerden, Stress, Cecilia spricht mit ihrer
Café, in dem Cecilia
3
Schwester über die Filme+Hollywood+Schauspieler (Traumwelt auf
arbeitet
sprachlicher Ebene, Realität auf Bildebene). Chef beschwert sich,
Cecilia zerbricht Geschirr → deprimierende und aussichtslose
Jobsituation von Cecilia wird vorgestellt
4
Cecilia besucht ihren Mann, der seine Zeit vertrödelt und nur Geld von ihr Straße in New Jersey
möchte → aussichtslose Situation im Privatleben (Realität). Nur als
Cecilia vom Kino spricht, klingt ihre Stimme begeistert (Traumwelt). Sie
möchte ihren Mann an ihrer Begeisterung teilhaben lassen, doch der
möchte lieber mit seinen Freunden trinken (Realität). Sie schlägt ihm
vor, ins Kino zu gehen, um seine Sorgen zu vergessen (Traumwelt),
doch er winkt ab (Realität).
Fröhliche Musik, flackernde Lichter des Kinos von außen → sehr
5
Kino
positive Konnotation, Cecilia nennt alle Mitarbeiter beim Namen, in ihren
Augen ist Begeisterung zu sehen. Sie lächelt und kauft sich Popcorn.
Dann geht sie in den Saal und setzt sich.
6
Kino
Das Licht geht aus und der Film beginnt. Musik geht kurz aus, setzt
dann aber wieder ein, als der Film startet (Traumwelt). Dann wird der
Film in Schwarz-Weiß gezeigt. Er nimmt immer wieder das Bild
komplett ein. Parallel sieht man immer wieder Cecilia, die gebannt und
verträumt auf das Bild starrt. Dann Ellipse in Filmwelt (Filmhandlung ist
bereits weiter fortgeschritten). Tom Baxter tritt auf. Cecilia guckt
weiterhin verträumt. Wieder ein Zeitsprung, diesmal innerhalb des Films
im Film. Personen sind nicht mehr in Kairo, sondern wieder in New
York. Film im Film nimmt ganze Passagen lang das komplette Bild ein
→ man taucht zeitweise in Film in Film-Handlung ein.
Lydia ist in der Küche des Cafés zu sehen und trocknet Geschirr ab. Sie Café, in dem Cecilia
7
guckt verträumt und reagiert nicht, als sie angesprochen wird. Es wird arbeitet
deutlich, dass ihre Gedanken bei einem anderen Thema sind. Als ihre
Schwester sie darauf anspricht, erzählt sie von ihren Träumereien. Sie
schwärmt davon, dass die Menschen in den Filmen so schön seien, so
klug sprächen und von Tom Baxter
Das Kino wird von außen gezeigt, dann sieht man wieder Cecilia, wie sie Kino
8
verträumt auf die Leinwand starrt. Wieder nimmt der Film im Film
teilweise das komplette Bild ein.
Lydia kommt nach Hause. Sie erwischt ihren Mann mit einer anderen
9
Cecilias Wohnung
Frau (Realität). Die beiden laufen aus der Wohnung.
10
Lydia packt ihre Sachen. Ihr Mann kommt nach Hause und sie streiten. Cecilias Wohnung
Lydia läuft traurig die Straße entlang. Es ist die vergnügte Musik vom
11
Straße in New Jersey
Anfang zu hören, die gar nicht zu Lydias Stimmung passt. Dann sieht
Lydia das Kino und ihre Miene hellt sich kurz auf. Dann kommt sie am
Straßenstrich vorbei (Realität), dreht um und geht wieder nach Hause zu
ihrem schnarchenden Mann.
Zeit von bis
00:00:00-01:00:00
00:01:01-00:01:33
00:01:31-00:03:12
00:03:13-00:05:12
00:05:13-00:06:06
00:06:07-00:09:16
00:09:17-00:09:57
00:09:58-00:10:27
00:10:28-00:11:27
00:11:28-00:13:36
00:13:37-00:14:19
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Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte
Ort
Café, in dem Cecilia
12
Eine Kundin beschwert sich, dass Lydia ihr die falsche Bestellung
gebracht habe (Realität). Ihre Schwester stellt Cecilia einen furchtbaren arbeitet
Mann vor. Situation ist hektisch. Lydia zerbricht etwas und wird gefeuert
Lydia geht bedrückt am Kino vorbei. In der nächsten Einstellung läuft
13
Kino
wieder TPROC (Traumwelt, Flucht vor Realität). Lydia setzt sich verweint
in einen Kinosessel. Sie findet Trost bei Tom Baxters Anblick. Dann
spricht Tom Baxter Cecilia direkt an. Er verlässt die Leinwand und tritt
ins Kino (plötzlich nicht mehr schwarz-weiß). Aufregung. Er und Cecilia
laufen aus dem Kino. Andere Darstellerin drückt sich Gesicht an
Scheibe platt und kann das Kino nicht verlassen.
Tom Baxter sagt er sei frei und müsse nicht mehr heiraten. Cecilia ist
14
Straße in New Jersey
erstaunt, dass er die Komptesse nicht mehr heiraten möchte. Für sie
gehört diese zur perfekten Traumwelt. Sie rennen weg.
15
Aufregung im Kinosaal. Die Darsteller diskutieren mit dem Kinobetreiber. Kino
Es wird Publikum gezeigt, das die Diskussion amüsiert verfolgt. Die
Figuren diskutieren, um von wem die Story den Films in erster Linie
handele. Sie streiten → absurd. Als eine Mitarbeiterin vorschlägt,
einfach den Projektor auszuschalten, geraten die Figuren in Panik
16
Tom und Cecilia laufen durch einen ausgestorbenen Freizeitpark. Tom Freizeitpark
ist begeistert, da er weiß, was ein Freizeitpark ist. Er spricht von seinem
„Character“(SR). Es wird deutlich, dass es sich noch immer um eine
Filmfigur handelt. Cecilia gibt an, wie schön sie seine Figurenkollegin
findet (Traumwelt), doch Tom macht ihr immer wieder Komplimente. Sie
versteht nicht, wovon er spricht und wertet sich ab. Sie sprechen über
Tom Baxter als Charakter. Cecilia klärt Tom über die
Wirtschaftssituation in Amerika auf. Er gibt an, dass er reich sei und
holt Geld aus den Taschen. Cecilia gibt an, dass der Film ohne ihn nicht
funktioniere und dass er zurück gehen müsse. Tom will in Freiheit
bleiben und mit Cecilia das Leben genießen
17
Die Figuren diskutieren wieder. Sie streiten und sprechen über die „Real Kino
World“. Das Publikum beschwert sich darüber, dass die Handlung nicht
weiter geht. Sie wollen Action. Die Figuren und das Publikum
beschimpfen sich gegenseitig.
Cecilias Ehemann isst Nudeln und beschwert sich über die Soße
18
Cecilias Wohnung
(Realität). Lydia lügt ihn an und geht, um sich mit Tom zu treffen.
19
Es wird wieder das Kino gezeigt und die vergnügte Musik vom Anfang ist Kino
zu hören (SR). Die Presse ist da, alles ist dramatisch, das Publikum
beschwert sich. Die Regeln der realen Welt sind außer Kraft gesetzt.
Die Figuren diskutieren wieder mit dem Publikum und den
20
Kino
Kinomitarbeitern.
Kino, Büro des
Kinobetreiber möchte mit dem Produtzent von TPROC sprechen und
21
beschwert sich. Dann wird der Produzent gezeigt und sie sprechen über Produzenten
die Situation. Der Produzent und sein Team sind in einem luxuriösen
Büro zu sehen
Cecilia und Tom tanzen in einem Tanzbar. Stimmung ist romantisch
22
Tanzbar
(Traumwelt). Sie sprechen über die Krise, das reale Leben und Cecilia
Ehe (Realität). „People get old and sick and never find true love.“ (SR)
Tom gibt an, dass es dort, wo er herkommt, anders sei (Traumwelt).
Die Musik vom Anfang ist zu hören. Gil Shepard, der Schauspieler von Party in Hollywood
23
Tom Baxter, wird gezeigt, wie er auf einer glamourösen Party in einem
schicken Haus von einer Journalistin interviewt wird. Sie sprechen über
seine Rollen. Es wirkt etwas überspitzt. Sie sprechen über seine
Arbeitsweise und seinen „dialog coach“. (Hollywoodwelt, Welt der
Produktion). Ihm wird mitgeteilt, dass Tom Baxter geflohen ist. Sie
sprechen über Shepards Ruf. Shepard ist verzweifelt und hat Angst um
seine Karriere (Hollywoodwelt, kurzlebig, Karriere kann schnell wieder
vorbei sein
Zeit von bis
00:14:20.00:15:03
00:15:04-00:17:34
00:17:35-00:18:06
00:18:07-00:19:34
00:19:35- 00:22:58
00:22:59-00:23:52
00:23:53-00:24:49
00:24:50-00:25:45
00:25:55-00:26:15
00:26:26-00:27:30
00:27:31-0:28:14
00:28:14-00:30:14
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Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte
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Cecilia und Tom trinken Champagner und genießen das Leben mit
teurem Essen (Traumwelt wird Realität) SR. Der Kellner stellt fest, dass
Tom mit falschem Geld bezahlt hat (Traumwelt funktioniert nicht in
Realität) SR. Tom und Cecilia fliehen aus dem Restaurant. Sie springen
in ein Auto, das vor dem Restaurant steht. Tom will es starten, doch
ohne Schlüssel funktioniert es nicht. Tom versteht nicht, warum. In der
Filmwelt benötigt er keinen Schlüssel zum Autofahren
25
Tom und Cecilia sitzen zusammen in einer Kutsche in dem verlassenen
Freizeitpark und sprechen über ihre Zukunft (Szenario ist unwirklich,
SR). Cecilia konfrontiert ihn immer wieder mit den Regeln der realen
Welt, während er an den romantischen Regeln der Filmwelt festhält. Er
küsst sie und fragt, wo die Abblende bleibe
26
Cecilias Mann wird beim Rasieren gezeigt (reale Welt). Sie sprechen
über die vorherige Nacht und den Skandal im Kino. Cecilia macht ihrem
Mann Kaffee.
Gil Shepard ist im Kino angekommen. Er spricht mit den Figuren. Sie
27
versuchen, die Krise zu bewältigen. Beide Welten prallen aufeinander.
„The real one want their lifes fiction, and the fictional ones want their lifes
real.“-->Parodie
Cecilia kauft Kaffee für sich und Tom. Sie trifft auf Gil Shepard und denkt
28
erst, es sei Tom. Dieser denkt, sie wolle bloß ein Autogramm
(Hollywoodwelt, Welt der Produktion). Ihnen wird klar, um wen es sich
beim Gegenüber handelt. Sie sprechen über den Skandal. Cecilia ist
total aufgeregt, Gil zu treffen und er ist stolz auf seine Rollen. Für einen
Moment vergessen sie das Problem. Sie sprechen darüber, wie Gil Tom
gespielt hat (Realität).
Cecilias Mann spielt mit seinen Freunden auf der Straße. Sie sprechen
29
über Cecilia und ein Mann erzählt dem Ehemann, dass er Cecilia mit
Tom gesehen habe.
30
Cecilia und Gil treffen auf Tom. Gil macht Tom Vorwürfe und denkt nur
an seine Karriere (Hollywoodwelt, Welt der Produktion). Sie streiten.
Tom gibt an, dass er nicht zurück will und in Cecilia verliebt ist. Sie
diskutieren darüber, ob Tom real oder fiktiv ist (SR). „Tom is perfect.“
„Yeah, but he's not real“ (Perfektion gibt es nur im Film, nicht im wahren
Leben. SR).
31
Agenten, Hollywoodleute sprechen über den Skandal und die Presse
etc. Auch in anderen Kinos gibt es Probleme mit dem Film.
Cecilia und Tom gehen auf der offenen Straße entlang. Die Menschen
32
schauen Tom erstaunt an (Traumwelt trifft auf Realität). Musik ist
fröhlich. Sie gehen in eine Kirche. Tom kennt sich mit Religion und Gott
nicht aus. Cecilia spricht über Gott und den Sinn des Lebens. Tom
versteht nicht was sie meint und projiziert alles auf die
Filmproduktionswelt. Cecilias Ehemann kommt herein. Er ist
eifersüchtig und wird gewalttätig. Er setzt Cecilia vor ein Ultimatum,
Gil Shepard sucht Cecilia. Sie kommt zurück und sie sprechen über
33
Shepards Karriere. Er denkt an nichts anderes und sie sprechen über
die Probleme im Showbizz (Hollywoodwelt). Sie macht ihm
Komplimente und er freut sich, das von einer „real person“ zu hören
(Hollywoodwelt und reale Welt treffen aufeinander). Sie sprechen über
Shepards Karriere und vergessen den Skandal (SR). Shepard gibt an,
dass sein wahrer Name nicht Gil Shepard ist (unrechte Hollywoodwelt,
Ort
Zeit von bis
Restaurant, Parkplatz 00:30:15-00:31:46
vor Restaurant
Freizeitpark
00:31:47-00:34:38
Cecilias Wohnung
00:34:39-00:35:46
Kino
00:35:47-00:37:04
Café
00:37:05-39:28
Straße in New Jersey 00:39:29-00:40:08
Freizeitpark
00:40:09-00:41:49
Kino, andere Kinos
00:41:50-00:42:21
Kirche
00:42:22-00:46:17
Straße vor Cecilias
Wohnung
00:46:18-00:49:33
30
Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Sequenz-Nr.
Handlung, Geschehen, Bildinhalte
34
Freizeitpark, Bordell
Tom Baxter ist allein im Freizeitpark. Er scheint sich zu langweilen.
Dann kommt eine Prostituierte und spricht ihn an. Sie sprechen
aneinander vorbei. Er erzählt, wer er ist und sie denkt, er veräppelt sie.
Sie erzählt in Andeutungen, dass sie für Geld mit Männern schläft und
er versteht sie in seiner Naivität vollkommen falsch.
Bordell
Tom befindet sich im Bordell und trifft die anderen Prostituierten. Sie
machen sich über sein Outfit lustig und er philosophiert über Gott,
Humanität und Geburt. Sie machen ihm Angebote und er denkt, sie
scherzen (Traumwelt trifft auf Realität → Missverständnisse, Welten
harmonieren nicht. SR) Er sagt, dass er nicht mit den Prostituierten
schlafen kann, weil er Hals über Kopf in Cecilia verliebt ist (Filmwelt).
Die Prostituierten finden es romantisch und fragen, ob es auf der Welt
noch mehr Männer wie ihn gebe (Filmvorstellung von Romantik, Realität
sieht anders aus).
Gil und Cecilia gehen in einen Instrumentenladen, spielen Ukulele und Instrumentenladen
singen. Sie verstehen sich sehr gut und es scheint zwischen ihnen zu
funken. Sie haben Tom vollkommen vergessen (Es gibt scheinbar doch
eine Art Filmromantik in der realen Welt, SR). Sie sprechen wieder über
Gils Karriere (Hollywoodwelt). Cecilia zitiert aus früheren Filmen und Gil
sagt Cecilia, dass sie wunderschön sei. Doch sie interessiert sich mehr
für die Filmküsse (Traumwelt). Er klärt sie auf, dass ein Filmkuss in
Wirklichkeit gar nicht so romantisch ist (Hollywoodwelt, SR). Sie küssen
sich. Cecilia ist verwirrt und läuft davon.
Zurück im Kino: Der Saal ist leer, die Figuren sind immer noch auf dem Kino
Bildschirm und diskutieren über die Hollywoodwelt und dass sie
ausgebeutet werden (Filmwelt trifft Hollywoodwelt). Dann fangen sie an,
aufzubegehren. Sie machen den Vorschlag ihre Welt, als die reale Welt
zu definieren und die reale Welt als die „world of illusion and shadow“
(Filmwelt, alles ist nicht wirklich, perfekte Illusion, SR).
Kino
Kinobetreiber etc. diskutieren darüber, wie sie mit dem Dilemma
umgehen sollen. Sie wollen ihn zurück auf die Leinwand kriegen und
dann die Filmrollen verbrennen.
Cecilia kommt zu Tom, er schenkt ihr Blumen und sagt, dass er sie liebt Freizeitpark
(Filmromantik). Cecilia ist skeptisch und sagt, er sei eine Art Phantom.
Kino
Cecilia und Tom kommen zurück ins Kino. Sie sprechen mit den
Filmfiguren. Tom geht zurück auf den Bildschirm und nimmt Cecilia mit.
Sie wird plötzlich schwarz-weiß (Realität wird zur Traum-/Filmwelt, SR).
Übliche Musik. Filmhandlung geht weiter und sie gehen zusammen
essen. Cecilia wird in Filmhandlung integriert, sorgt aber für Erstaunen
bei den anderen Figuren. Sie trinkt Champagner und stellt fest, dass es
sich um Ginger Ale handelt (Hollywoodwelt, SR). Cecilia spricht mit der
Sängerin, doch die behandelt sie abwertend (Scheinwelt). Filmwelt gerät
völlig außer Kontrolle und die Figuren machen, was sie wollen. Cecilia
ist begeistert. Tom und sie tanzen (Traumwelt, Filmromantik).
35
36
37
38
39
40
Ort
Zeit von bis
00:49:34-00:50:55
00:50:56-00:54:35
00:54:36-00:57:45
00:57:46-00:58:50
00:58:51-00:59:38
00:59:39-01:00:48
01:00:49-01:05:46
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Die Autorin hat diese Hausarbeit StuZ MuK zur Verfügung gestellt.
Sie ist nicht Teil der Veröffentlichung, sondern eine unveränderte Originalquelle, die von StuZ MuK archiviert wird.
Sequenz-Nr. Handlung, Geschehen, Bildinhalte
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Cecilia und Tom sind allein im Film. Sie schwärmt von dem weißen
Telefon und sagt, dass sie ihr ganzen Leben davon geträumt hat, auf
dieser Seite des Bildschirms zu sein. Romantik. Dann kommt Gil und
zerstört die Szene. Er gibt an, dass er auch in Cecilia verliebt sei. Sie
verlässt den Bildschirm wieder und geht auf ihn zu. Gil und Tom streiten
um Cecilia. Es geht wieder um die „minor character“-Diskussion
(Hollywoodwelt). Cecilia ist verwirrt und weiß nicht, für wen sie sich
entscheiden soll (Realität oder Filmwelt). Gil fordert sie auf, mit ihm
nach Hollywood zu gehen. Ihr Traum scheint wahr zu werden: „Look, I
love you. I know that this only happens in movies, but I do.“
(Filmromantik scheint auch im wahren Leben zu funktionieren.) Cecilia
entscheidet sich für Gil. Tom ist traurig und geht in seine Filmwelt
zurück. „Tom, you will be fine. In your world things have a way of always
working out right. (Filmwelt, perfekte Welt, Regeln der Filmwelt). Cecilia
sieht ein, dass sie die „real world“ auswählen muss, da sie eine „real
person“ ist. Sie verabschieden sich. Gil nimmt Cecilia in den Arm und
42
Cecilia rennt nach Hause und packt ihre Sachen. Sie will ihren Mann
endgültig verlassen. Alle ihre Träume scheinen wahr zu werden. „Love at
first sight doesn't only happen just in the movies“ (Filmromantik scheint
in wahrer Welt zu funktionieren, SR). Ihr Mann ruft ihr hinterher, dass sie
schon sehen werden, wie es ihr ergeht: „It ain't the movies, it's real life.“
(Dialektik zwischen realer und Traumwelt).
43
Cecilia kommt zum Kino und muss feststellen, dass Gil schon ohne sie
abgereist ist. Ihr Mann hatte recht, die Filmromantik funktioniert doch
nicht in der realen Welt. Gil ist doch ein arroganter Mann, der nur an
seine Karriere denkt (Hollywoodwelt). Cecilia ist traurig.
44
Gil sitzt allein im Flugzeug und guckt nachdenklich. Er scheint Zweifel
zu haben.
45
“Tophat” ist im Vollbild zu sehen. Cecilia geht geknickt ins Kino und
schaut sich den Film an. Sie guckt nachdenklich und scheint zu
realisieren, dass sie sich getäuscht hat. Dann schaut sie auf den
Bildschirm und guckt verträumt (Traumwelt, Flucht aus der Realität). Sie
weiß zwar, dass alles eine Illusion ist, doch sie will sich trotzdem in ihr
verlieren.
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Abspann
Ort
Kino
Zeit von bis
01:05:47-01:09:45
Cecilias Wohnung
01:09:46-01:12:10
Kino
01:12:11-01:12:34
Flugzeug
01:13:35-01:14:05
Kino
01:14:06-01:16:26
01:16:27-01:18:30
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Anhang 2 – Songtext des Liedes „Cheek to Cheek“, Text: Irving Berlin/Gesang: Fred Astaire
(veröffentlicht auf dem Soundtrack von „Top Hat“, 1935)
Heaven, I'm in heaven
And my heart beats so that I can hardly speak
And I seem to find the happiness I seek
When we're out together dancing cheek to cheek
Heaven, I'm in heaven
And the cares that hung around me through the week
Seem to vanish like a gambler's lucky streak
When we're out together dancing cheek to cheek
Oh I love to climb a mountain
And reach the highest peak
But it doesn't thrill me half as much
As dancing cheek to cheek
Oh I love to go out fishing
In a river or a creek
But I don't enjoy it half as much
As dancing cheek to cheek
Dance with me
I want my arm about you
That charmabout you
Will carry me through...
To heaven, I'm in heaven
And my heart beats so that I can hardly speak
And I seem to find the happiness I seek
When we're out together dancing, out together dancing
Out together dancing cheek to cheek
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Erklärung über das selbständige Verfassen der Seminararbeit
Ich versichere, dass ich die vorliegende Seminararbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen
Texten entnommen sind, wurden unter Angabe der Quellen (einschließlich des World Wide Web
und anderer elektronischer Text- und Datensammlungen) und nach den üblichen Regeln des
wissenschaftlichen
Zitierens
nachgewiesen. Dies
gilt
auch für Zeichnungen,
bildliche
Darstellungen, Skizzen, Tabellen und dergleichen. Mir ist bewusst, dass wahrheitswidrige Angaben
als Täuschungsversuch behandelt werden und dass bei einem Täuschungsverdacht sämtliche
Verfahren der Plagiatsekennung angewandt werden können.
............................
Ort, Datum
.........................................
Unterschrift
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