Thema Plastik - Werner Boote
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Thema Plastik - Werner Boote
Südwind Pdf-Edition MAGAZIN FÜR INTERNATIONALE POLITIK, KULTUR UND ENTWICKLUNG Foto: Fotolia thema 11/2008 PLASTIK THEMA: PLASTIK Liebe Leserin, lieber Leser! 2 6 8 10 Leben im Gifteintopf: Petrochemikalien sind aus dem modernen Leben nicht wegzudenken. Aber den Preis für die Freisetzung dieser gefährlichen Stoffe zahlen wir alle. Wayne Ellwood Zahlen und Fakten Der Müllstrudel: MitarbeiterInnen der Algalita Marine Research Foundation in Kalifornien segelten einen Monat lang mit dem Forschungsschiff Alguita von Hawaii nach Los Angeles, auf den Spuren eines gigantischen Strudels von Plastikmüll mitten im Pazifik. Anna Cummins Falsche Versprechen: Dow, DuPont und andere Chemiekonzerne träumen von einer „grünen“ Zukunft. Doch Biokunststoff ist nicht die ÖkoLösung, zu der er hochstilisiert wird. Jim Thomas üdwind, das Magazin für Internationale Politik, Kultur und Entwicklung, bringt seiner Leserschaft näher, was Globalisierung für die Regionen des Südens tatsächlich bedeutet, wie sie das Leben der Menschen in Nord und Süd prägt und welche politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Fort- und Rückschritte zu verzeichnen sind. Über die aktuelle Berichterstattung hinaus gibt Südwind Monat für Monat ein „Thema“ vor. Unter diesem Titel wird auf zehn Magazinseiten komplexen relevanten globalen Fragestellungen in verständlicher Sprache und in einer Vielfalt journalistischer Formen nachgegangen. Im Laufe der Jahre ist dadurch eine Art entwicklungspolitisches Nachschlagewerk entstanden, auf das auch lange nach dem ersten Erscheinen gerne zurückgegriffen wird. S Ausgewählte Südwind-Beiträge zum -„Thema“ veröffentlichen wir in einer Sonderausgabe als pdf-file, um sie möglichst vielen Leserinnen und Lesern zugänglich zu machen. Falls wir Ihr Interesse geweckt haben und Sie Lust auf mehr Südwind-Lesestoff verspüren, schicken wir Ihnen gerne ein Probeexemplar zu. Natürlich können Sie auch gleich ein Abonnement bestellen: nähere Infos dazu finden Sie auf der letzten Seite dieser Ausgabe. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Dr. Irmgard Kirchner Chefredakteurin Südwind-Magazin Leben im Gifteintopf D Foto: Archiv Unsere Welt ist voll von Petrochemikalien. Angefangen vom Plastik bis hin zu Pestiziden sind sie aus dem modernen Leben nicht wegzudenken. Aber den Preis für die Freisetzung aller dieser gefährlichen Stoffe zahlen wir alle, wie New Internationalist-Redakteur Wayne Ellwood zeigt. n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 er Friedhof der Chippewa First Nation of Aamjiwnaang liegt am Rande von Sarnia, einer kleinen Stadt im Süden des kanadischen Bundesstaats Ontario. Ron Plain, der mich hierher geführt hat, zeigt mir die Gräber seiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, seiner Tanten und Onkeln. Ron ist 46, glaubt aber nicht, dass er älter als 60 wird. Radiokohlenstoffdatierungen zeigen, dass seine Vorfahren seit 6.000 Jahren in diesem Gebiet gelebt haben. Es ist Frühlingsbeginn, ein warmer Tag, die Bäume beginnen auszuschlagen. Nichts jedoch kann die petrochemische Fabrik verbergen, die sich drohend neben dem Friedhof erhebt. Das Aamjiwnaang-Reservat ist von dutzenden Chemiewerken buchstäblich umzingelt. Südwind-Magazin PDF-Edition Rons Gemeinschaft mit ihren 900 Angehörigen lebt im Herzen des „Chemical Valley“, der stärksten Konzentration der petrochemischen Industrie in ganz Kanada. In einem Umkreis von 25 Kilometern befinden sich 62 Werke, 40 Prozent aller petrochemischen Fabriken des Landes. Zu ihren Eigentümern gehören die größten und mächtigsten Konzerne der Welt – Dow, Shell, Nova, Bayer und Imperial Oil (Exxon) produzieren in einem Umkreis von fünf Kilometern, die meisten rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. 2005 bliesen diese Fabriken mehr als 131.000 Tonnen an Schadstoffen in die Atmosphäre – 1.800 kg Gift pro Einwohner. (1) Diese Belastung mit giftigen Chemikalien dürfte für eine ganze Reihe ernsthafter Gesundheitsprobleme der 2 menschlichem Leben und natürlicher Umwelt einführte. Ihre Warnungen vor der Giftigkeit der Industriegesellschaft waren prophetisch. Immer mehr Indizien weisen darauf hin, dass die Millionen Tonnen chemischer Substanzen, die in die Umwelt freigesetzt werden, in die Grundlagen des Lebens eingreifen. Die männliche Fruchtbarkeit in den reichen Ländern ist seit 1940 um geschätzte 50 Prozent zurückgegangen; Brustkrebs, Hodenkrebs und Prostatakrebs haben um 200 bis 300 Prozent zugenommen. Immer mehr männliche Babys kommen mit Missbildungen der Genitalien zur Welt. (3) Aamjiwnaang und der Menschen in Sar- s gehört zur Alltagserfahrung von Reisenden, egal, ob sie den angeblich schönsten Strand weit und breit, die Stille der Wüste oder die Einsamkeit der Berge suchen: Plastik war schon vor ihnen da. Und wird, da praktisch unverrottbar, dort uns alle auch noch lange überleben, wenn es nicht von Tourismusverantwortlichen oder Freiwilligen weggeräumt, also an einen anderen Ort gebracht wird. 1862, vor fast 150 Jahren, wurde in London erstmals eine plastikartige Substanz – Parkesine, benannt nach ihrem Erfinder Alexander Parkes –, vorgestellt. Es folgten Zelluloid (1869), Bakelit (1909), Rayon und Cellophan (1920), Vinyl (1926), Nylon und Neopren (1935) und Polyethylen (1936). Mit dem Boom der petrochemischen Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg setzte das Kunststoffzeitalter ein. Plastik hat unser Alltagsleben erobert, wie ein kurzer Panoramablick fast an jedem beliebigen Ort zeigt: vom Trinkwasser, das ohne Abfüllung in Plastikflaschen scheinbar nicht mehr vorstellbar ist, über Computergehäuse, Autos, Inneneinrichtung, Kosmetika, Verpackungen, Alltagsgebrauchsgegenstände … thema plastik Um nur ein Beispiel zu nennen: Jeder Mensch verbraucht pro Jahr bis zu 150 Plastiksackerln. Weltweit. Wen wundert es, wenn dann auch in einem so genannten Entwicklungsland an jedem Halm auch in von Menschen unbesiedelter Landschaft ein Plastikfetzen hängt. Im Nordpazifik haben die Strömungen einen Plastik-Müllstrudel in der Größe von mehreren Millionen Quadratkilometern zusammengetrieben. Plastik tötet nicht nur unmittelbar unzählige Meereslebewesen. Kunststoffe gelange in die Nahrungskette und schleichend in unsere Körper. Das Wissen um die Gefährlichkeit synthetischer Chemikalien ist allerdings wesentlich jünger als die Plastikindustrie. Seit den 1990er Jahren weiß man, dass sie teilweise natürliche Hormone imitieren, die sexuelle und neurologische Entwicklung beeinflussen und die Fruchtbarkeit schädigen. Und vorerst ist keine Lösung in Sicht, auch nicht in Gestalt von (angeblich) biologisch abbaubarem Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen (siehe Beitrag S. 35). Die folgenden Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben, so unerfreulich und unappetitlich sie sind, rütteln auf jeden Fall auf. Irmgard Kirchner 3 In der Europäischen Union wurden schätzungsweise zwei Drittel der 30.000 am häufigsten verwendeten Chemikalien nie geprüft. ne signifikante Verschiebung des Geschlechterverhältnisses bei Lebendgeburten. Seit Ende der 1990er Jahre begann der Anteil der im Reservat geborenen Buben zu fallen – auf weniger als 35 Prozent anstatt der üblichen 50 Prozent. Niemand weiß genau, warum. Der Hauptverdacht konzentriert sich jedoch auf Schadstoffe, die eine Geschlechtsveränderung bewirken können. Schon Anfang der 1990er Jahre hatten Forschungsarbeiten von Pionieren wie Theo Colborn gezeigt, dass synthetische Chemikalien, die in den letzten 50 Jahren in großen Mengen in die Umwelt gelangten, wie natürliche Hormone wirken, die sexuelle und neurologische Entwicklung beeinflussen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen können. Dutzende Studien haben die Auswirkung so genannter endokriner Disruptoren (endokrin-wirksame Substanzen, EDC) auf Tiere wie Frösche, Fische und Vögel mit missgebildeten Genitalien, Gehirnschäden, Krebs und geschädigten Geschlechtsorganen dokumentiert. EDC wurden auch mit sinkenden Testosteronspiegeln bei Männern und einem Rückgang männlicher Geburten in Gebieten mit einer hohen Konzentration von Chemiefabriken in Verbindung gebracht. Viele der Tierstudien wurden in der Region der Großen Seen durchgeführt, wo sich die umweltschädliche Schwerindustrie von Anfang an ansiedelte. Dort liegt auch das Aamjiwnaang-Reservat. Wir leben in einem Eintopf giftiger Chemikalien, die es vor der Geburt der modernen synthetischen Chemie im Schmelztiegel des Zweiten Weltkriegs größtenteils noch gar nicht gab. Geschätzte 80.000 Substanzen werden heute industriell hergestellt, und jedes Jahr kommen hunderte dazu. Wenige wurden auf ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Um- Raffinerie von Imperial Oil in Sarnia, Kanada. Rachel Carson, deren 1962 erschienenes Buch „Silent Spring“(2) als Ausgangspunkt der US-Umweltbewegung gilt, wäre über die Entwicklungen in Aamjiwnaang empört gewesen, aber nicht überrascht. „So ist der chemische Krieg niemals gewonnen, und in seinem heftigen Kreuzfeuer bleibt alles Leben auf der Strecke“, schrieb sie damals. Carson war es auch, die den Begriff „Ökologie“ für die komplexe Vernetzung zwischen Südwind-Magazin PDF-Edition welt geprüft. Und vor allem gibt es kaum Wissen darüber, wie sich die Wechselwirkung der Chemikalien untereinander auswirkt. In der Europäischen Union wurden schätzungsweise zwei Drittel der 30.000 am häufigsten verwendeten Chemikalien nie geprüft. (4) Bei genauen Analysen in Europa, Kanada und den USA wurden hunderte gefährliche Chemikalien im Blut und Urin von Menschen mit gewöhnlichem Belastungsrisiko gefunden. Der Worldwide Fund for Nature (WWF) testete in Europa drei Generationen von Frauen und fand alles Mögliche – von verbotenen Pestiziden wie DDT bis zu tödlichen PCB (polychlorierte Biphenyle). In den Nabelschnüren von zehn Babys in den USA, die die Environmental Working n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Fotos: Jason Kryk/APPhoto, China Photo/Reuters, Stephen Hird/Reuters Bunte Pest E nia verantwortlich sein: Krebs, Nierenund Schilddrüsenbeschwerden sind weit verbreitet, wie die Sarnia Occupation Health Clinic 2004/2005 erhob. Asthma ist allgegenwärtig (40 Prozent der Menschen im Reservat verwenden einen Inhalator), und 23 Prozent der Kinder zwischen 5 und 16 leiden an Lern- und Verhaltensstörungen. Zwei Ergebnisse der Studie waren jedoch besonders beunruhigend und lösten weltweite Aufmerksamkeit aus: Eine ungewöhnlich hohe Fehlgeburtenrate – 39 Prozent der Frauen im Reservat hatten eine Fehl- oder Totgeburt – sowie ei- plastik thema Zuletzt galt die Sorge den Kunststoffen, dem vielleicht allgegenwärtigsten Material der heutigen Zeit. Die Ausbreitung der Kunststoffe hat die Welt mit potenziell tödlichen Chemikalien übersät. Eine der wirkungsstärksten ist Bisphenol A (BPA), das Lebenselixier der Kunststoffindustrie. Fast drei Millionen Tonnen davon werden jedes Jahr produziert. BPA wird bei der Herstellung von Polycarbonat-Kunststoff eingesetzt, einem steifen, harten Plastik, das praktisch für alles verwendet wird, von Babyfläschchen und Sporttrinkflaschen über CDs, DVDs und Zahnfüllungen bis zu Beschichtungen von Nahrungsmittel- und Getränkebehältern. Behälter aus – durchsichtigem oder farbigem – Polycarbonat sind in der Regel am Boden mit der Zahl „7“ gekennzeichnet. Das Problem mit BPA besteht in seiner Flüchtigkeit. Wenn der Kunststoff altert oder Flüssigkeiten in BPA-Behältern aufbewahrt oder erhitzt werden, wandert BPA in unsere Körper. 2005 fand die US-Gesundheitsbehörde CDC in Atlanta BPA im Urin von 95 Prozent der untersuchten US-AmerikanerInnen. Im November 2006 warnten 38 führende wissenschaftliche BPA-ExpertInnen vor „potenziell negativen Gesundheitseffekten“ eines Kontakts mit Polycarbonat-Kunststoff. Group 2005 testen ließ, entdeckten Wissenschaftler mehr als 280 Chemikalien. Greenpeace lieferte ähnliche Zahlen für Europa.(5) Bei einer kanadischen Studie wiesen Kinder eine geringere Belastung mit PCB und chlororganischen Pestiziden auf als ihre Eltern – ein Hinweis, dass behördliches Eingreifen hilft, denn die meisten dieser Substanzen wurden vor ihrer Geburt verboten. Es ergab sich aber eine höhere Belastung der Kinder mit Stoffen, die noch verwendet werden, darunter perfluorierte Verbindungen (verwendet z.B. als Schmutz- und Wasserabweiser in Bekleidung und Möbeln oder für nichthaftende Beschichtungen für Kochgeschirr) und PBDE (polybromierte Diphenylether – Flammschutzmittel).(6) Viele dieser Substanzen stammen aus der Petrochemie und stehen mit Produkten in Verbindung, die unser Alltagsleben erobern: Lösungsmittel, Waschmittel, Kosmetika, Herbizide, Pestizide – Kunststoffe. So auch die Schlussfolgerung des Commonwealth Biomonitoring Resource Center in seiner jüngsten Studie zu chemischer Kontamination: „Ein Großteil unseres Risikos könnte auf Produkte zurückzuführen sein, die wir für sicher gehalten haben.“(7) n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Haiku, China: Auf dem Weg zum Recycling. Die Hälfte des anfallenden Plastikmülls landet allerdings in der Umwelt. Scheinbar unverzichtbar: Allgegenwärtige Plastiksackerl. In China sind sie seit heuer verboten. Südwind-Magazin PDF-Edition Dass BPA im Organismus wie Östrogen wirken kann, wurde erstmals 1936 erkannt. Hunderte von Tierstudien zeigten, dass niedrige Dosen von BPA eine Reihe gesundheitlicher Probleme beim Menschen bewirken könnten, von Missbildungen von Geschlechtsorganen über Brust- und Prostatakrebs bis zu spontanen Fehlgeburten, Typ-2-Diabetes und Adipositas (Fettsucht). Ein Nachweis liegt jedoch nicht vor, wie Frederick vom Saal von der Universität von Missouri einräumt, einer der führenden BPA-Experten. „Wir wissen es nicht mit Sicherheit ... einige dieser Trends sind so verbreitet, dass sie beinahe normal erscheinen: ungewöhnliche Pubertätsveränderungen, Fruchtbarkeitsprobleme sowohl bei Männern als auch Frauen, Brustkrebs, Prostatakrebs. Alle diese Trends fallen mit dem Beginn der Kunststoffrevolution zusammen ... Zum Teil geht es bloß darum, die Dinge in Zusammenhang zu sehen.“ Obwohl die Industrie die Gefährlichkeit von BPA weiterhin bestreitet, beginnt sich das Blatt zu wenden. VertreterInnen der Branche wischten Kritik mit dem Argument beiseite, die in Menschen festgestellten Mengen seien zu gering, um von Bedeutung zu sein. Tatsächlich haben ForscherInnen jedoch herausgefunden, dass endokrine Disruptoren in geringen Mengen gefährlicher sind – eine Umkehrung der traditionellen Ansicht der Pharmakologie, die Menge mache das Gift. „In niedrigen Dosierungen sti- 4 mulieren Hormone ihre eigenen Rezep- toren“, erklärt vom Saal. „In höheren Dosierungen blockieren sie diese Reaktionen.“ (8) Im April 2008 erließ Kanada Grenzwerte für BPA und klassifizierte die Chemikalie als „gefährliche Substanz“. Babyfläschchen aus Polycarbonat wurden verboten, für die Migration von BPA in den Inhalt von Babynahrungsbehältern strikte Obergrenzen eingeführt. Binnen Tagen warfen bedeutende BPA-Hersteller das Handtuch, darunter Wal-Mart, Toys R Us und Playtex. BPA ist eine von hunderten synthetischen Chemikalien, die das Verhalten von Genen beeinflussen – „Gene hijacking“ sagt der Autor Pete Myers dazu. (9) Die selben geschlechtsverändernden Eigenschaften weisen auch andere Kunststoffzusätze wie Phthalate und die bereits erwähnten PBDE auf. Phthalate sind ein unverzichtbarer Bestandteil von PVC, einem der gebräuchlichsten Kunststoffe überhaupt. Sie dienen dazu, das Nahrungsmittelkette in Tieren und Menschen an. Sie überwinden auch problemlos die Plazentaschranke, die mütterliches und kindliches Blut voneinander trennt. Sie können als endokrine Disruptoren wirken, das Gehirn von Kindern schädigen und Lern- und Gedächtnisstörungen hervorrufen. Sie wurden auch mit Fehlfunktionen der Schilddrüse, Unfruchtbar- Nummer Sicher gehen, auch wenn keine wissenschaftliche Klarheit besteht. Die Chemieindustrie (und die Ölkonzerne) argumentieren anders: Erst wenn jemand daran stirbt, sollten wir etwas tun. Die Umweltschutzbehörde der USA (EPA) genehmigt jedes Jahr 700 neue Chemikalien auf Basis der Versicherungen der Industrie, sei seien sicher. Die Ausbreitung der Kunststoffe hat die Welt mit potenziell tödlichen Chemikalien übersät. keit und erhöhtem Hodenkrebsrisiko in Verbindung gebracht. Menschen in Nordamerika haben bis zu 40-mal höhere PBDE-Konzentrationen im Blut als Menschen in Europa oder Japan. „Diese Verbindungen haben die selben Eigenschaften wie PCB und DDT“, betont Ake Bergman, Leiter der Abteilung Umweltchemie an der Universität Stockholm. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu Vergiftungen kommt. Als Mittlerweile nimmt aber die Besorgnis der Öffentlichkeit über die Giftbrühe zu, die sich um uns zusammenbraut. Im Juni 2007 trat die neue „REACH“-Verordnung der EU in Kraft (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien), trotz intensivstem Lobbying seitens der Industrie (besonders der deutschen Chemieindustrie) und der US-Regierung. Es handelt sich um einen Kompromiss: Unternehmen haben ab Inkrafttreten je nach Jahresproduktionsmenge bis zu elf Jahre Zeit, den Nachweis der Sicherheit zu erbringen, und für Chemikalien mit einer Jahresproduktionsmenge unter zehn Tonnen sind keine so genannten „Stoffsicherheitsberichte“ erforderlich. Doch der Grundsatz der Verantwortlichkeit der Hersteller wurde fest verankert. Unternehmen können nun keine Chemikalie mehr verkaufen, ohne zuvor Informationen über ihre Sicherheit bereitzustellen – ein bedeutender Durchbruch, der sich weltweit auswirken sollte. l Plastikfetzen an je- thema plastik PCB verboten wurden, wussten Vinyl weich und biegsam zu machen. Es gibt sie in tausenden Produkten, vom dem Zweig: Eine ganz wir weniger über sie als heute über PBDE ... Haben wir aus den Kinderspielzeug über Duschvorhänge normale Schafweide PCB nichts gelernt?“ (10) Die bis hin zu medizinischen Schläuchen. in Südfrankreich? Die Chemikalie wird auch für Körpernachweislich krebsauslösenden pflegeprodukte wie Shampoos, Seifen, PCB wurden in den 1970er Jahren verParfüms und für Beschichtungen von boten. Als bioakkumulative Substanzen Tabletten verwendet. Die EU hat Phthafindet man sie aber nach wie vor in der late in Kinderspielzeug verboten, KaliUmwelt und in Tieren und Menschen. fornien mittlerweile ebenfalls. Schweden war eines der Länder, die sich besonders für das dem gesunden Menschenverstand entsprechende „VorDie PBDE (Flammschutzmittel) repräsensorgeprinzip“ einsetzten, das aber von tieren die dritte größere Gruppe giftiger der Chemieindustrie mit ihrem engstirKunststoffe. Zur Hälfte werden sie für die nigen Streben nach Profit und WachsGehäuse elektronischer Geräte verwendet tum bis aufs Messer bekämpft wurde. – Computer, Mobiltelefone, Drucker, Die Idee ist einfach: Wenn eine ChemiFernsehgeräte etc. PBDE sind sowohl perkalie eventuell Probleme verursachen sistent – d.h., sie verbleiben lange in der könnte, dann sollte man es sich gut überUmwelt, ohne zu zerfallen – und bioakkulegen, ob man sie verwendet. Lieber auf mulativ, d.h. sie reichern sich über die 5 Südwind-Magazin PDF-Edition 1) Studie der Umwelt-NGO Ecojustice: E. MacDonald, S. Rang, „Exposing Canada’s Chemical Valley“, Toronto, Oktober 2007 (www.ecojustice.ca) 2)Deutsche Fassung „Der stumme Frühling“, erstmals erschienen 1963 im Biederstein Verlag 3) Robert Allen, The Dioxin War, Pluto Press, London 2004 4)Mark Schapiro, Exposed: the toxic chemistry of everyday products, Chelsea Green, White River Junction, Vermont 2007 5)Libby McDonald, The Toxic Sandbox, Penguin, New York 2007 6)Pollution in Canadian Families, Environmental Defence, Toronto, Juni 2006 (www.toxicnation.ca) 7) Commonwealth Biomonitoring Resource Center: „Is it in us? Chemical Contamination in Our Bodies“, Bolinas, California, 2007 (www.isitinus.com) 8)Martin Mittelstaedt, „Inherently toxic chemical faces its future“, Globe & Mail, 8. April 2007 9)Pete Myers, „Good genes gone bad“, American Prospect, April 2006 10) Maria Cone, „Cause for alarm over chemicals“, Los Angeles Times, 20. April 2003 n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Foto: Jean-Paul Pelissier/Reuters Copyright New Internationalist plastik thema Plastik für die Ewigkeit Es gibt mehr als 50 verschiedene Gruppen von Kunststoffen und hunderte Kunststoffarten. Jedes Jahr werden weltweit geschätzte 113 Mrd. Kilo Kunststoffpellets aus petrochemischen Grundstoffen hergestellt. Plastiksackerln, Nein Danke! l Weltweit werden jedes Jahr ca. 500 bis 1.000 Mrd. „Plastiksackerln“ verwendet, mehr als eine Million pro Minute oder bis zu 150 pro Mensch und Jahr .(1) l Die kanadische Provinz Ontario verbot 2008 Tragtaschen aus Kunststoff in staatlichen Läden für alkoholische Getränke, was rund 80 Millionen Stück pro Jahr einsparen dürfte. (2) l In China wurden „Plastiksackerln“ 2008 verboten, kurz davor in Hongkong; in Bangladesch bereits 2002, da sie als eine der Hauptursachen von Überschwemmungen identifiziert wurden: sie verstopfen Abflüsse. Weitere Verbote bestehen in Papua Neuguinea, Bhutan, Taiwan und Botswana. (3) l Irland führte 2002 eine Steuer auf Plastik-Tragtaschen ein. Innerhalb weniger Monate sank die Zahl der in Supermärkten verkauften Taschen um 90%. (4) l Zur Herstellung einer Tonne Plastik-Tragtaschen benötigt man rund elf Barrel Rohöl. Vor dem Verbot war China Weltspitze im Plastiksackerl-Verbrauch und vergeudete dafür jährlich 37 Millionen Barrel Öl. (5) Kunststoffgranulat Recycling-Symbol Die Kunststoffindustrie hat ein Nummerierungssystem zur Identifizierung der grundlegenden Kunststoffgruppen eingeführt. Dass die Nummern 1 bis 7 innerhalb des Recyclingsymbols dargestellt werden, kann als klassisches Beispiel von „Grünwaschen“ bezeichnet werden: Der Konsument erhält den Eindruck, die Stoffe wären wiederverwertbar – was sie aber oft nicht sind. Produkte Umweltwarnung Giftwarnung Polyethylen-Terephthalat Wasser- und Erfrischungsgetränkeflaschen, Lebensmittelbehälter, Textilien, Teppichböden, Spritzgussteile für PKWs und Fahrräder High-Density Polyethylen Milch-, Wasser- und Fruchtsaftflaschen, Abfalleimer, Einkaufstaschen, Beschichtungen von Rohren, Draht und Kabeln Polyvinylchlorid Baumaterial, Blisterverpackungen, zusammenklappbare Einwegbehälter, medizinische Schläuche, Isolierungen, Teppiche, Bodenbeläge Plastikmüll im Meer wird – nicht nur für Schildkröten - zur tödlichen Falle. Plastikmeer l Plastikmüll verursacht jedes Jahr den Tod von mehr als einer Million Seevögel und von mehr als 100.000 Meeressäugern l 60-80% des in den Weltmeeren schwimmenden Mülls bestehen aus Kunststoff. Auf jeden Quadratkilometer Meer entfallen 13.000 bis 18.000 Plastikstückchen. (6) Fotos: fotolia, wikipedia Bedrohung mariner Arten Bedrohung und betroffene Anteile (weltweit) (6) Verschlucken Sich verfangen Meeresschildkröten 86% 86% Meeressäuger 23% 28% Seevögel 36% 16% n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Low-Density Polyethylen Plastikhüllen, Spielzeug, Taschen, Klebstoffe, Dichtungsmaterial, Draht- und Kabelbeschichtungen Polypropylen Yoghurt- und Margarinebecher, Ketchupdosen; Haushaltsgeräte, Koffer, Autoteile Polystyrol Becher, Teller, Schaumstoffverpackungen (u.a. Styropor), CD-Hüllen, Fleisch- und Geflügelverpackungen, Isolierungen Andere Kunststoffe Stoffe, die meist aus mehr als einer Grundverbindung bestehen; etwa Autorücklichter, Wasserkanister, einige Getränke- und Lebensmittelbehälter. Südwind-Magazin PDF-Edition 6 Geisternetze Verlorene oder zurückgelassene Fischnetze aus Kunststoff, so genannte „Geisternetze“, können zu „Tötungsmaschinen“ für Fische und andere Arten werden. 1980 fanden WissenschaftlerInnen ein 1,5 km langes Netz, in dem sich 99 Seevögel, 2 Haie und 75 Lachse verfangen hatten. Das Netz trieb geschätzte 90 Tage über eine Strecke von 60 Seemeilen durchs Meer. (6) Laut Greenpeace werden jährlich im Golf von Biscaya mehr als 18 Tonnen Seeteufel durch Geisternetze gefangen, 1,46% des kommerziellen Fangs. (Studie 2003)(6). US-Schätzungen zufolge geht durch Geisternetze jährlich Hummer im Wert von 250 Mio. US-Dollar verloren. (2005) Das toxische Trio Diese Chemikalien sind Bestandteil tausender verbreiteter Haushaltsartikel und werden mit Geburtsfehlern, Lernstörungen, Krebs, Leberschäden und Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Phthalate – „Weichmacher“ für Kunststoffe, insbesondere für PVC. Enthalten in Duschvorhängen, Farben, Pestiziden, Kinderspielzeug, Bodenbelägen, Infusionsbeuteln und medizinischen Schläuchen, aber auch in Produkten wie Parfüms, Body Lotions, Nagellacken, Shampoos und Lufterfrischern. BPA (Bisphenol A) – Grundbestandteil von Polycarbonat-Kunststoff, einem harten, haltbaren Plastik, das für wiederverwendbare Sporttrinkflaschen, Kühlflaschen, Babyfläschchen, Zahnfüllungen und Beschichtungen in Konserven und einigen Getränkebehältern, für CDs und DVDs verwendet wird. Wurde zuerst als synthetisches Östrogen hergestellt; die Jahresproduktion beträgt derzeit rund 2,7 Mio. Tonnen. PBDE (polybromierte Diphenylether) – verwendet als Flammschutzmittel; Bestandteil von Kunststoffgehäusen elektronischer Haushaltsgeräte wie Mobiltelefone, Digitalkameras, iPods, Fernsehgeräte, Laptops; enthalten auch in Textilien, Vorhängen, Schaumstoffpolsterungen, Matratzen, Polstermöbeln und Leiterplatten. Wasserflaschenblues l Die Herstellung einer 1-Liter-Flasche benötigt 7 Liter Wasser und emittiert 100g CO2. Allein in den reichen Ländern werden für Wasserflaschen schätzungsweise 2,4 Mio. Tonnen Kunststoff verwendet. (8) l In den USA wird abgefülltes Wasser zu 96% in PET-Flaschen einheitlicher Größe verkauft. Rund vier Mrd. davon landen im Müll und verursachen den Kommunen jährlich Entsorgungskosten von 70 Mio. Dollar. (7) l Die Herstellung der in den USA jedes Jahr verwendeten Plastikflaschen benötigt 17 Mio. Barrel Rohöl, was dem jährlichen Treibstoffverbrauch von einer Million PKWs entspricht. (8) l In Großbritannien wurden 2007 drei Mrd. Liter abgefülltes Wasser konsumiert, großteils in PET-Flaschen. Von den 13 Mrd. Flaschen wurden nur drei Mrd. wiederverwertet. (8) Weltweiter Markt für abgefülltes Trinkwasser (9) Verbrauch der führenden Länder (2007) Mrd. Liter Rang Land 2002 2007 1 USA 21,94 33,40 2 Mexiko 14,76 22,28 3 China 8,09 18,12 4 Brasilien 9,62 13,71 5 Italien 9,68 11,74 6 Deutschland 8,67 10,38 7 Indonesien 6,14 9,09 8 Frankreich 8,42 8,64 9 Thailand 4,83 5,80 10 Spanien Top-Zehn: 4,51 96,68 4,86 138,02 Übrige: 34,27 50,75 Welt: 130,96 188,78 plastik Vorreiter Kanada: Präsentation von Babyfläschchen frei von Bisphenol A. thema Die Artikel dieses Themas wurden zuerst im Monatsmagazin „New Internationalist“ (Ausgabe 415, September 2008) veröffentlicht. Wir danken den KollegInnen in Oxford für die gute Zusammenarbeit. Der „New Internationalist“ kann unter der Adresse: Tower House, Lathkill Street, Market Harborough, Leicestershire LE16 9EF, England, U.K., bezogen werden. (Jahresabo: 37,85 Pfund; Telefon: 0044/ 171/82 28 99); www.newint.org. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung der Artikel: Irmgard Kirchner. Übersetzung: Robert Poth. 7 Südwind-Magazin PDF-Edition n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Fotos: fotolia, Chris Wattie/Reuters Copyright New Internationalist 1) www.reusablebags.com/facts.php 2)„Plastics industry objects to bag ban“, Toronto Star, 28. Mai 2008 3) „China boosts war against menace of the plastic bag“, The Guardian, 12. Jänner 2008 4)„China joins war on plastic bags“, The Straits Times, 31. Mai 2008 5)„Ireland rids itself of plastic nuisance“, International Herald Tribune, 31. Jänner 2008 6)„Plastic debris in the world’s oceans“, Greenpeace International (http://tinyurl.com/4q6pfm) 7) „The bottled water backlash“, Michael Blending (www.alternet.org/story/65520) 8)„UK: Eco-backlash against bottled water“ (http://tinyurl.com/3u3d6b) 9)Beverage Marketing Corporation (www.bottledwater.org/public/statistics_main.htm) Kamilo-Beach, Hawaii: Der am stärksten verschmutzte Strand der USA. plastik thema Besser kann man den Begriff nicht veranschaulichen, den Kapitän Charles Moore für den Wirbel verwendet: „Plastiksuppe“. Es ist wirklich schwer, das Ausmaß dieses Phänomens zu begreifen. In der Öffentlichkeit stellt man sich den Wirbel häufig fälschlich als „Platz“, als identifizierbaren Ort vor, aber es handelt sich tatsächlich um ein riesiges Gebiet, das sich nur schwer eingrenzen lässt. Dienstag, 29. Jänner. 32°09,2‘ N 165°28,5‘ W Der Müllstrudel Charles Moore und seine KollegInnen von der Algalita Marine Research Foundation in Kalifornien segelten einen Monat lang mit dem Forschungsschiff Alguita von Hawaii nach Los Angeles, auf den Spuren eines gigantischen Strudels von Plastikmüll mitten im Pazifik. Nachfolgend ein Auszug aus dem Blog des Schiffes, großteils geschrieben von Anna Cummins. ienstag, 22. Jänner 2008. Wir ver- Fotos: Agalita Marine Research Foundation D ließen Hilo, Hawaii Sonntag abends in der Dämmerung, wenige Stunden vor Einbruch der Nacht. Der Vollmond tauchte die sanft rollenden Wogen in einen hellen, silbernen Glanz und verwandelte die erste Nachtwache in ein grandioses Schauspiel. Der Ort, wo wir unsere erste Probe entnehmen wollten, befand sich unmittelbar vor Kamilo Beach, dem verschmutztesten Strand der USA. Ein paar Tage zuvor hatten wir selbst die gefährliche zweistündige Autofahrt nach Kamilo gewagt, um uns mit eigenen Augen zu überzeugen – entlang einer malerischen, vulkanisch geprägten, scheinbar völlig unberührten Küste, mit klarem blauen Wasser und herrlichen Stränden, allesamt übersät mit Plastikmüll. Orte wie dieser zeigen, welches Ausmaß das Problem mit dem Müll im Meer angenommen hat – und sie erinnern uns plastisch daran, warum wir uns überhaupt auf diese einmonatige Reise begeben. Donnerstag, 31. Jänner. 32°46,2‘ N 170°03,4‘ W Montag, 28. Jänner. Breite: 30°08,4‘ Nord; Länge: 165°24,9‘ West Wir sind in die zentrale Hochdruckzelle des Wirbels gelangt und haben mit der Entnahme von Proben begonnen. Im nebenstehenden Bild sieht man, was wir in unserer ersten Probe gefunden haben. n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Heute morgen haben wir unser Schleppnetz ausgebracht. Nach einer Kurskorrektur Richtung Westen entdeckten wir mehr Müll, darunter eine mit Algen und Moostierchen bedeckte Reinigungsmittelflasche, die eine verärgerte Hochseekrabbe beherbergte. Dann schwamm ein Gebilde aus ineinander verwickelten alten Tauen vorbei, unter dem sich ein ganzes Fischbiotop gebildet hatte. Auch ein Effekt des Mülls im Meer – er ist für Fische attraktiv. Genauso interessant wie das, was wir in unserer Probe fanden, war das, was wir darin nicht fanden. Joel bemerkte, dass der Großteil des Mülls, den er beim Tauchen sah, sich in etwa einem Meter Tiefe befand. Wenn schwimmende Plastikteile kleiner werden, verlieren sie etwas Auftrieb und sinken ab. Es ist also möglich, dass wir große Mengen kleiner Plastikteile nicht erwischen, da wir bloß die Oberfläche abschöpfen. Obwohl wir alle gut vorbereitet sind und erwarten, große Mengen Plastik zu finden, sind wir doch schockiert – das Zeug gehört einfach nicht hierher. Vom Strand aufgehoben: Ein Gemisch aus kleinen Plastikstückchen und Sand. Unten: „Plastiksuppe“, aus dem Pazifik geschöpft. Südwind-Magazin PDF-Edition Die Nachmittagsflaute wurde durch eine neuerliche Sichtung einer Masse in sich verschlungener Taue unterbrochen. Als wir sie an Bord zogen, schlüpften dutzende Fische und Krabben heraus. Wir fingen sie mit der Hand und warfen sie in ein Miniaquarium, um sie zu beobachten und zu fotografieren, bevor wir sie wieder frei ließen. Ein besorgter Familienangehöriger fragte, ob es denn ungefährlich sei, hier draußen, mitten in dieser Plastiksuppe, Fisch zu essen. Ausgezeichnete Frage. Die Wahrheit ist: Wir wissen es nicht. Wie sich Chemikalien in Kunststoffen auf lebende Organismen auswirken, wurde noch nicht ausreichend erforscht. Migrieren etwa die von den Plastikteilen angezogenen Schadstoffe ihrerseits in die Organismen, die sie konsumieren? Je weiter oben in der Nahrungskette, desto höher ist auch die Konzentration von Schadstoffen. Je größer die Fische, desto eher haben sie kleinere, kontaminierte Fische gegessen und die in ihnen enthaltenen Toxine absorbiert. Am sichersten ist es, bloß die kleinen zu essen. 8 Samstag, 2. Februar. So genannte Geisternetze werden zu Tötungsmaschinen für Meereslebewesen. Samstag, 9. Februar. 36°23,4‘ N 150°15,7‘ W thema plastik Ständig werden wir gefragt, ob es nicht möglich ist, diesen Müll abzuschöpfen, mit Netzen herauszufischen oder herauszufiltern. Aber die Dimension des Problems ist einfach zu groß. Genauso könnte man vorschlagen, die USA reinzufegen. Oder die Sahara durchzusieben. Und wie man an den Bildern unserer Proben erkennen kann, besteht ein Großteil des Mülls aus kleinen Stückchen, die man nur mit einem feinmaschigen Netz erwischen könnte. Was heißen würde, auch Tonnen von Plankton zu entfernen – die Basis der gesamten marinen Nahrungskette. Wäre der Müll netterweise in Form einer großen „Müllinsel“ konzentriert, könnten wir ihn vielleicht entfernen. Aber er verteilt sich über ein unfassbar großes Gebiet. Begriffe wie „Müllgebiet“ oder „Misthaufen so groß wie Texas“ suggerieren konkrete Gebiete, aber tatsächlich erstreckt sich diese „Plastiksuppe“ über den gesamten Wirbel. Dazu kommen noch einige Unbekannte: Wieviel Plastik türmt sich am Meeresboden? Oder verteilt sich vertikal über die ganze Wassersäule? Wenn man noch die Kosten und die Schwierigkeit bedenkt, überhaupt hierher zu gelangen, sollte klar sein, dass man den Wirbel nicht säubern kann. Wir müssen uns auf die Vorbeugung konzentrieren. 9 Gefangen im im Nordpazifikwirbel: Müllstrudel– großteils aus Plastik. Sonntag, 10. Februar 35°41,0‘ N 147°38,0‘ W Wir sind wieder zurück in dem Gebiet, das Kapitän Moore 1997 überhaupt zu seiner Initiative motivierte. Zwei Stunden lang fischten wir so schnell wir konnten, zogen Schwimmer von Fischnetzen, Zahnbürsten, Plastik- und Glasflaschen, einen Golfball, eine Billardkugel, einen ungebrauchten Klebestift und mehrere Gebilde aus verschlungenen Tauen heraus, gefüllt mit Krabben und winzigen gestreiften Fischen. Am schlimmsten war aber das Plastikkonfetti: ein scheinbar endloser Strom feiner, weißer Schneeflocken, der den Ozean wie Plastikpuder bedeckte. Unser erstes „Geisternetz“ sichteten wir früh am Abend, es wog mehr als eine Tonne. Was an der Oberfläche wie ein Wirrwarr aus Netzen samt darin verfangenem Müll aussah, erwies sich bloß als Spitze des Eisbergs. Ein nautischer Alptraum, der sogar der gefährdeten Hawaii-Mönchsrobbe – der einzigen tropischen Robbe – zum Verhängnis werden könnte, genauso wie anderen Lebewesen, einschließlich Korallen. Südwind-Magazin PDF-Edition Dienstag, 13. Februar. 35°31,7‘ N 141°00,3‘ W Eben haben wir 3.000 Seemeilen auf unserer Fahrt hinter uns gebracht. Unsere heutige Probe enthielt etwas, was wir an der Oberfläche noch nicht gesehen hatten – viele dünne Fäden und kleine Fragmente von Leinen. Diese Fasern machen den Hauptteil des Mülls aus, den wir mit unseren bis zu 100 Meter tief reichenden Schleppnetzen gefunden hatten. Da sich das Wasser hier kaum bewegt, konnten diese Fragmente an die Oberfläche aufsteigen, wo sie sich in unseren Netzen verfingen. Die Kleinheit der Stücke könnte bedeuten, dass dieser Müll schon geraume Zeit im Kreis herumschwamm und schließlich zu kleinen, halbverfaulten Stückchen zerfiel. Nach den Daten, die bei Säuberungsaktionen an der Küste erhoben wurden, stammen 80 Prozent des marinen Mülls, der auf den Stränden landet, vom Festland – etwa Straßenabfall, der durch die Kanalisation ins Meer geschwemmt wird. Hier draußen stammt ein großer Teil des Mülls, den wir identifizieren können, von der Fischerei – Schwimmer, Seile, Teile von Netzen und anderes Fischereigerät. Bei der Mehrheit handelt es sich jedoch um Plastikstücke. Freitag, 15. Februar. 35°45,3‘ N 138°34,2‘ W Heute haben wir unsere beiden letzten Proben entnommen und damit die Wiederholung unserer Forschungsfahrt von 1999 abgeschlossen. Es ist zwar noch zu früh, um Bilanz zu ziehen, aber wir können mit Sicherheit sagen, dass die Menge und Anzahl der Plastikstücke pro Meeresoberfläche dramatisch zugenommen hat. l Copyright New Internationalist Nähere Informationen zur Arbeit der Algalita Foundation unter www.algalita.org n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Fotos: Agalita Marine Research Foundation Ahoi, hier Kapitän Moore. Ich löse unsere Chefbloggerin Anna ab, um mit euch darüber reden zu können, wie groß der „Eastern Garbage Patch“ (der östliche „Müllstrudel“ im Nordpazifik, Anm. d. Red.) ist und welche Art von Müll er enthält. Modelle der Oberflächenströmungen zeigen Müllgebiete in der Größe von Texas im östlichen und westlichen Nordpazifik, wo ein Großteil des Mülls jahrzehntelang verbleibt. Wir haben herausgefunden, dass Millionen von Quadratkilometern zwischen 20° bis 40° nördlicher Breite und 135° westlicher Länge bis zur internationalen Datumsgrenze (180° W, Anm. d. Red.) erheblich betroffen sind. Die Laysan-Albatrosse waren die ersten, die Proben der Plastikpest im Nordpazifik lieferten. Nicht lange nach Beginn des Wegwerfzeitalters begannen sie, ihre aus natürlichen Abfällen und Tintenfischen bestehende Nahrung mit Plastikmüll zu ergänzen. Wir besitzen dutzende Fotos von herausgewürgten Mageninhalten von Laysan-Albatrossen mit Gegenständen, die man an der Kasse des lokalen Supermarkts finden könnte: Verschlusskappen von Flaschen, kleine Fläschchen, Feuerzeuge, Kugelschreiber und Zahnbürsten, abgesehen von Plastikstückchen verschiedener Größe und Farbe. plastik Falsche Versprechen Henry Ford träumte von Kunststoffautos aus Soja, und heute träumen auch Dow, DuPont und andere Chemiekonzerne von einer „grünen“ Zukunft. Doch Biokunststoff, argumentiert NI-Autor Jim Thomas, ist nicht die Öko-Lösung, zu der er hochstilisiert wird. B iokunststoff ist eigentlich nichts anderes als Kunststoff, der aus pflanzlichen Rohstoffen und nicht aus Erdöl hergestellt wird. Das ist an sich weder neu noch unbedingt ökologisch sinnvoll. Die ersten Kunststoffe wie etwa Zelluloid wurden aus Zellulose hergestellt, bevor sich Erdöl als billigerer Rohstoff erwies. Und heute, mit den stark steigenden Ölpreisen, sind es ebenfalls die geringeren Rohstoffkosten und nicht „grüne“ Grundsätze, die Biokunststoffe für Chemieunternehmen wieder attraktiv machen. „Grün“ bedeutet für die Kunststoffindustrie vor allem neues Geld – einen ganzen Haufen davon. Der Marktanteil von Biokunstststoffen liegt zwar nach Branchenangaben noch weit unter einem Prozent. Doch der Umsatz beläuft sich bereits auf eine Mrd. US-Dollar jährlich, und er könnte bis 2012 auf mehr als zehn Mrd. Dollar zunehmen. Zwar wird versucht, Biokunststoffe als „naturnah“ zu vermarkten; die Hersteller sind aber die selben Agroindustrieund Chemiekonzerne, die weiterhin toxische Produkte verkaufen und industrielle Monokulturen fördern. ADM und Cargill – die zusammen einen Großteil des Weltgetreidehandels kontrollieren – Experimente mit Bio-Kunststoff im Forschungslabor von Dupont im US-Bundesstaat Delaware. thema der Petrochemie. Theoretisch zerfallen sie innerhalb einiger Jahre durch die Einwirkung von Sonnenlicht und Sauerstoff. In einem aktuellen Bericht der australischen Regierung heißt es dazu jedoch: „Für viele abbaubare Polymere reichen die vorliegenden Daten nicht aus, um mit Sicherheit angeben zu können, wie lange es dauert, bis sie völlig biologisch abgebaut sind.“ Im selben Bericht wird darauf verwiesen, dass sie bloß in kleinere Teile zerfallen könnten, die mit höherer Wahrscheinlichkeit von „kleineren Tieren wie eben ausgeschlüpften Seeschildkröten“ verschluckt werden. Über den Wert abbaubarer Kunststoffe für die Umwelt herrscht daher verbreitete Skepsis. Biologisch abbaubare Biokunststoffe kommen in den Medien etwas besser weg. Diese Kunststoffe zerfallen – in der Regel in industriellen Kompostwerken – unter Einwirkung von Hitze und von Mikroorganismen und Enzymen in ihre Grundbestandteile und Mineralstoffe. Die Verwesung muss mit standardisierten Tests gemessen werden und innerhalb eines bestimmten Zeitraums ablaufen, der sich je nach Kompostiermethode unterscheidet. Leider gibt es derzeit so wenige Kompostwerke, dass nur ein Bruchteil der biologisch abbaubaren Kunststoffe dort landet. Ingeo – ein von NatureWorks entwickeltes Polylactid – ist einer der „kompostierbaren“ Kunststoffe, der sich in gewöhnlichen Komposthaufen nicht zersetzt. Das Material kann außerdem mit dem für Plastikflaschen verwendeten PET (Polyethylenterephthalat) verwechselt werden und dadurch existierende Recyclingkreisläufe beeinträchtigen. Soviel zum Abbau. Aber fossile Brennstoffe durch Pflanzen zu ersetzen, das muss doch eine gute Idee sein, oder? Das ist die Voraussetzung, auf der der „grüne“ Anspruch der Biokunststoffe großteils beruht. Doch wie sich am Beispiel Foto: PRNewsFoto/DuPont, wikipedia/Christian Gahle/nova-Institut GmbH Es sind die geringeren Rohstoffkosten und nicht „grüne“ Grundsätze, die Biokunststoffe für Chemieunternehmen attraktiv machen. sind mit den Produktlinien NatureWorks und Mirel zwei der wichtigsten Akteure, ebenso wie DuPont, BASF und Dow, drei der größten Chemieunternehmen der Welt. Biokunststoffe können (biologisch) abbaubar sein oder auch nicht. Viele Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen – wie etwa Sorona von DuPont – machen keine Anstalten, sich in der Umwelt zu zersetzen. Selbst jene, die angeblich abbaubar sind, wirken sich vielleicht nur geringfügig auf den Umfang des Plastikmülls aus. Die „abbaubaren“ Tragtaschen, die in vielen Supermärkten angeboten werden, sind großteils Produkte n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Verpackungschips aus pflanzlicher Stärke. Südwind-Magazin PDF-Edition der Agrotreibstoffe gezeigt hat, ist ein Umstieg vom Öl auf Biomasse als Treibstoff unserer Industriegesellschaft auch mit Problemen verbunden – mit Hunger etwa. Wenn die Kunststoffproduktion auf pflanzliche Rohstoffe umgestellt wird, werden Land und Erträge, die ansonsten Menschen ernährt hätten, dem Gewinnstreben der Kunststoffindustrie geopfert. Wenn es bei herrschendem Hunger inakzeptabel ist, Nahrungsmittel in Treibstoffe zu verwandeln, sollte es noch weit inakzeptabler sein, sie in Tragtaschen zu verwandeln. Ein Beispiel ist der DuPont-Biokunststoff Sonora, eine Faser, die für Teppiche, Kleidung und Autoteile verwendet 10 wird. 2007 errichtete DuPont eine Bio- raffinerie im US-Bundesstaat Tennessee, die jährlich 6,4 Millionen Bushel Mais (ca. 220.000m3) in rund 4.500 Tonnen Kunststoff verwandelt. Die nötige Anbaufläche bloß für dieses Werk beläuft sich auf 16.000 Hektar. 2010 will DuPont 25 Prozent seiner weltweiten Chemikalien- und Kunststoffproduktion auf nachwachsende Rohstoffe umstellen, in der Hoffnung, letztlich überhaupt aus dem Erdöl auszusteigen. Laut dem Beratungsunternehmen bio-era handelt es sich um einen Branchentrend. Ein Fünftel der weltweiten Produktion von Chemikalien und Kunststoffen, ein 1.800 Mrd.-Dollar-Geschäft, könnte 2015 auf pflanzlichen Rohstoffen basieren, großteils auf stärkeoder zuckerhaltigen Feldfrüchten. Addiert man das zu dem Mais und anderen Agrarerzeugnissen, die bereits zur Treibstoffherstellung genutzt werden, ergibt das eine gigantische Menge, mit der man stattdessen Menschen ernähren könnte. Wie um den Kreis zu schließen, scheinen Agrotreibstoffe tatsächlich zum neuesten Rohmaterial für Biokunststoffe zu werden. Ende 2009 will Brasiliens größtes petrochemisches Unternehmen, Braskem, eine 150 Mio. Dollar teure Fabrik eröffnen, die jährlich 200.000 Tonnen Polyethylen (u.a. verwendet für Tragtaschen) aus Zuckerrohr-Ethanol erzeugen soll. Die Zuckerrohrplantagen für die Ethanolproduktion bedecken heute in Brasilien bereits rund sechs Mio. Hektar Land und stoßen wegen der Vernichtung von Waldflächen und Sklavenarbeit auf heftigen Widerstand. Das World Rainforest Movement warnt, dass der brasilianische Cerrado, ein zwei Millionen km2 großes Wald- und Savannengebiet mit extrem hoher Biodiversität, von Zuckerrohrplantagen zerstört wird. Die Expansion von Zuckerrohr-Monokulturen Über den ökologischen Wert von so genanntem Biokunststoff herrscht Skepsis. mental Watch Group in den USA – die Verbindungen zwischen Gentechnik und zukünftigen Biokunststoffen sind allgegenwärtig. Neben Maissorten sind bereits vier gentechnisch modifizierte Kartoffelsorten zum Anbau in Nordamerika zugelassen, und BASF hat auf gentechnischem Weg eine speziell auf den Biokunststoffmarkt ausgerichtete Kartoffel entwickelt („Amflora“), die vor der Zulassung in der EU steht. Tatsächlich bewerben nur zwei größere Biokunststoffhersteller, die italieni- sondern neuartige, künstliche biologische Systeme zu erzeugen. Maschinell erzeugte DNA-Moleküle werden zu neuen genetischen „Programmen“ zusammengefügt, die Organismen wie Bakterien, Hefe oder andere Mikroben „übernehmen“, um derart Zucker in Kunststoff zu verwandeln. Der Biokunststoff Sonora von DuPont etwa wird ausschließlich mittels Hefe erzeugt, die eine völlig künstliche, von Genencor entwickelte DNA enthält. Für den Biokunststoff Mirel von ADM wird eine synthetische Mikrobe verwendet, die von Metabolix gebastelt wurde. Alle Bedenken, die den Vormarsch genveränderter Organismen begleitet haben (genetische Kontamination, fehlende Sicherheitsprüfungen, Eigentumsansprüche von Unternehmen), gelten umso mehr für die synthetische Biologie, die bisher keiner Regulierung, Auszeichnungspflicht oder obligatorischen Sicherheitsprüfung unterliegt. Im Eigentum von Konzernen, keine biologische Abbaubarkeit, Stärkung der industriellen Landwirtschaft, immer weitreichendere gentechnische Eingriffe: Begeisterung über die grüne Zukunftsvision der Kunststoffindustrie will da nicht so recht aufkommen. Immerhin aber gibt es Versuche, die Entwicklung in vernünftigere Bahnen zu lenken. So arbeitet das Netzwerk „Sustainable Biomaterials Collaborative“ (SBC), in dem sich 16 zivilgesellschaftliche Organisationen und ethisch verantwortliche Unternehmen zusammengeschlossen haben, an der Definition eines tatsächlich „nachhaltigen“ Biokunststoffs. Warum das Netzwerk ins Leben gerufen wurde, erklärt einer der Gründer, Tom Lent, so: „Die Versprechungen der Biokunststoffe wurde nicht umgesetzt.“ SBC hat ein Grundsatzdokument, die „Sustainable Bioplastics Guidelines“*) veröffentlicht, das auf zwölf vernünftigen thema plastik durch mächtige Oligopole liegt „beinahe allen sozial-ökologischen Konflikten in Brasilien und im gesamten übrigen Lateinamerika“ zugrunde, versichert die Aktivistin und Anwältin Camila Moreno von der brasilianischen Nichtregierungsorganisation Terra de Direitos. An den meisten agroindustriellen Rohstoffen ist nichts nachhaltig und schon gar nichts biologisch. Stärke für Biokunststoffe wird heute wahrscheinlich hauptsächlich aus gentechnisch modifiziertem Mais hergestellt. Kunststoffe aus Kartoffeln – wie die Marke Bioplast der britischen Stanelco – sind ebenso problematisch. Kartoffeln weisen eine der höchsten Pestizid-Belastungen aller Nahrungsmittel auf, warnt die Environ11 sche Novamont und die kanadische EarthCycle, ihre Produkte als „gentechnik-frei“. NatureWorks von Cargill bietet KonsumentInnen u.a. die skurrile Option, die Verwendung von genveränderten Rohstoffen durch einen Aufpreis zu „kompensieren“. Die Gentechnik wird vielleicht bald soweit sein, Kunststoffe direkt in den Pflanzen zu erzeugen. Sollten solche „Plastik-Pflanzen“ in die Nahrungsmittelversorgung gelangen, würde dies ernsthafte Umwelt- und Gesundheitsprobleme aufwerfen. Prinzipien beruht – von der Vermeidung von Pestiziden und genveränderten Pflanzen bis zur Unterstützung kleinerer Landwirtschaftsbetriebe. Ein anspruchsvolles und erfrischendes Dokument, das sich markant vom nichtssagenden „Greenwash“ der Biokunststoffindustrie unterscheidet. Es mag nicht viele „nachhaltige Biokunststoffe“ geben, auf die verwiesen werden könnte – aber es ist immerhin ein ehrlicher Beginn. l Copyright New Internationalist Schließlich gibt es die synthetische Bio- Jim Thomas arbeitet als Rechercheur und Autor für die ETC Group in Ottawa (www.etcgroup.org). logie. Anders als der bisherigen Gentechnik geht es ihr nicht darum, etwa bloß Gene zwischen Arten zu transferieren, *) Download unter www.sustainablebiomaterials.org/documents.htm Südwind-Magazin PDF-Edition n o v e m b e r 2 0 0 8 • N r. 1 1 Foto: wikipedia/Christian Gahle//nova-Institut GmbH Die Hersteller von Biokunststoffen sind die selben Agroindustrie- und Chemiekonzerne, die weiterhin toxische Produkte verkaufen und industrielle Monokulturen fördern. Südwind-Abo Monat für Monat aktuelle internationale Reportagen sowie Berichte über interessante Projekte und in der Entwicklungspolitik tätige Menschen. Sie erhalten jetzt zu jedem Abo ein attraktives Geschenk. Wählen Sie aus: Various Artists Various Artists Jaro’s Whisper Trikont – 33eindrittel Jahre gute Musik 26 Songs aus dem Repertoire des Trikont Labels und seinen ambitionierten und ausgefallenen CDs. Hören Sie hier finnische Tangos, Russendisko, Rembetikos, Gefängnis- und Totenlieder, African Raps und vieles mehr. Die CD bietet auf 12 Tracks einen Überblick zum Programm des qualitätsvollen WeltmusikLabels Jaro. Zu hören sind hier u. a. international bekannte KünstlerInnen wie Bulgarian Voices/Huun-Huur-Tu & Misha Alperin, Warsaw Village Band & Transglobal Underground, Dona Rosa, Hazmat Modine, Moscow Art Trio u. a. Various Artists Putumayo World Music Sampler 15 entzückende Songs aus aller Welt, die das Weltmusik-Label Putumayo im Laufe seines 15-jährigen Bestehens unter anderem ediert hat. Peter Niggli Der Streit um Entwicklungshilfe. Mehr tun – aber das Richtige! Rotpunktverlag, Zürich 2008, 205 Seiten In knapper und gut verständlicher Sprache widmet sich der Geschäftsleiter der Schweizer entwicklungspolitischen Arbeitsgemeinschaft Alliance Sud in zehn Kapiteln den großen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit. Er liefert damit eine ausgezeichnete Grundlage für eine breite Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn in der Entwicklungspolitik. Vikas Swarup Rupien! Rupien! Kiepenheuer & Witsch, 343 Seiten Aufgrund des riesigen Erfolges von „Slumdog Millionär“ (8 Oscars, 4 Golden Globe Awards und 7 British Academy Film Awards) bieten wir die Romanvorlage des Filmes nun als Abogeschenk an. „Rupien! Rupien!“ wurde bereits bei Erscheinen vom Südwind-Magazin empfohlen (SWM 12/05). Gerald Hödl/ Wiebke Sievers/ Karin Fischer (Hg.) 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