Murders in the Rue Morgue - Das Dokument des Grauens
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Murders in the Rue Morgue - Das Dokument des Grauens
Ba n dI I I :1 9 3 0-1 9 3 2 I t ’ sAl i v e !-Di eSt u n d ed e rUn t o t e n Das Dokument des Grauens Eine Chronik des Horrorfilms Band 3 It’s Alive! - Die Stunde der Untoten Ralf Ramge Vollausgabe, Version 1.01, Stand: 27. Dezember 2014 Im Vertrieb von: Freshpics Studios Ramge, Postfach 66, 3123 Belp, Schweiz [email protected], http://retro-park.ch Das Dokument des Grauens Eine Chronik des Horrorfilms Band 3: It’s Alive! - Die Stunde der Untoten von Ralf Ramge Mit Bibliografie und Index Zur Verfügung gestellt für nichtkommerzielle Veröffentlichung und Verwendung c 2004 - 2015 Freshpics Studios Ramge, alle Rechte vorbehalten Umschlagfoto vorne: Boris Karloff und Marylin Harris, „Frankenstein“, c 1931 Universal Pictures Umschlagfoto hinten: „Island of Lost Souls“, c 1932 Paramount Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 2 1930 9 3 Le sang d’un poète (1930) 45 4 The Bat Whispers (1930) 59 5 Dracula (1930) 81 6 Drácula (1931) 123 7 Eine kurze Reise durch die Zeit 145 Grant Wood: American Gothic (1930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Peter Kürten, der Vampir von Düsseldorf (1883 - 1931) . . . . . . . . . . . 149 8 M (1931) 171 9 Svengali (1931) 205 10 Die Mythen: Im Labor des Wahnsinns Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . Curriculum Vitae: Victor Frankenstein . . . Dr. Frankensteins weiterer Werdegang . . . Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde . Das verbrecherische Genie: Jack Griffin . . Unfreiwillige Mutationen: André Delambre Facetten des Irrsinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 222 229 255 290 312 323 333 11 Frankenstein (1931) 351 12 Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1931) 393 13 1931 437 i Das Dokument des Grauens 14 Freaks (1932) 453 15 Murders in the Rue Morgue (1932) 511 16 Vampyr: Der Traum des Allan Grey (1932) 541 17 Die Mythen: Im Bann des Voodoo Der Vodun Westafrikas . . . . . . . Der haitianische Vodou . . . . . . . Voodoo in New Orleans . . . . . . . Der Zombie . . . . . . . . . . . . . Voodoo auf der Leinwand . . . . . . 579 580 582 584 588 594 ii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Freaks (1932) 503 Das Dokument des Grauens Abbildung 14.37: Filmplakat, USA 1932 504 Kapitel 15 Murders in the Rue Morgue (1932) Mit ihrer neuesten Horrorproduktion, der Edgar Allan Poe-Verfilmung Murders in the Rue Morgue (1932)1 , brachte Universal einen Film in die Kinos, der sich von den bisherigen Beiträgen zu Universals Horrorzyklus deutlich unterscheidet. Zum einen ist der Film nicht wie Dracula (1930) und Frankenstein (1931) eine weitere ambitionierte größere Produktion des Studios, sondern es handelt sich vielmehr um eine Produktion mittleren Budgets, deren Aufgabe es war, auf der sehr erfolgreichen Horrorwelle mitzuschwimmen. Des Weiteren unterscheidet sich der Film stilistisch stark von seinen beiden berühmten Vorgängern. Während Dracula (1930) und Frankenstein (1931) noch wie der Versuch erscheinen, den europäischen Expressionismus an die amerikanischen Vorstellungen, wie Kino auszusehen habe, anzupassen, bewegt sich dieser Film in die entgegengesetzte Richtung. Murders in the Rue Morgue (1932) scheint bestrebt zu sein, amerikanisches Kino zu europäisieren. Bislang war es das amerikanische Publikum gewohnt, dass Horrorfilme das Grauen zumeist außerhalb der bekannten Umgebung der Zuschauer auf die Protagonisten herabregnen ließen. Der erfolgreiche amerikanische Horrorfilm zeigte phantastische Welten und nicht den Schrecken vor der eigenen Haustür. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts sollte es genau umgekehrt sein - hier würde dann nahezu jedes US-Remake den Ort der Handlung in die USA verlegen, und sei es noch so unnötig, dies zu tun. Zu Beginn der goldenen Ära Hollywoods war es jedoch noch eine Maxime, die Phantastik durch Exotik zu unterstützen. So spielt Dracula (1930) gemäß der Romanvorlage in London. Frankenstein (1931) zieht es nach Deutschland. Freaks (1932) spielt in Frankreich. Auch Filme aus der nahen Zukunft wie The Mummy (1932) und The Most Dange1 Murders in the Rue Morgue, aka Morde in der Rue Morgue, aka Das Geheimnis des Dr. Mirakel (Universal, USA 1932, Regie: Robert Florey, Drehbuch: Tom Reed, Dale Van Every, John Huston, Ethel M. Kelly (basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe und einem Entwurf von Robert Florey), Kamera: Karl Freund, Maske: Jack P. Pierce, Spezialeffekte: John P. Fulton, Darsteller: Sidney Fox, Bela Lugosi, Leon Waycoff, Bert Roach, Brandon Hurst, Betty Ross Clarke, D’Arcy Corrigan, Arlene Francis, Noble Johnson, Charles Gemora, Joe Bonomo, Tempe Pigott, Bildformat: 1.37:1, Tonformat: Western Electric Noiseless Recording Sound System Laufzeit: ca. 62 Minuten) 505 Das Dokument des Grauens rous Game (1932) hüten sich davor, den Horror über amerikanische Nachbarschaften hereinbrechen zu lassen. Erst mit Doctor X (1932) und Mystery of the Wax Museum (1933) sollte MGM vorpreschen und New York als Schauplatz des Schreckens aussuchen, dicht gefolgt von RKOs King Kong (1933). Dies alles sind Geschichten, die von Amerikanern ersonnen oder adaptiert wurden, Europäer waren dabei selten als Autoren oder gar Regisseure tätig. Murders in the Rue Morgue (1932) folgt diesem Schema und siedelt die Geschichte ebenfalls in Frankreich an, obwohl das Skript mit Poes berühmter Vorlage nur wenig gemeinsam hat. Doch der Film geht noch einen Schritt weiter. Dieses Mal führt mit Robert Florey nämlich ein Mann die Regie, welcher den europäischen Film sehr gut kannte und liebte und der darüber hinaus auch bestrebt war, den europäischen Expressionismus bis zum Exzess nachzuahmen. Falls Sie das Kapitel über Frankenstein (1931) gelesen haben, dürfte Ihnen Robert Floreys Name bekannt vorkommen. Er war derjenige, dem die Wahl zwischen der Verfilmung von Shelleys Frankenstein, or the Modern Prometheus, Poes Murders in the Rue Morgue und The Invisible Man von H.G. Wells überlassen wurde. Wie die Geschichte ausging, wissen Sie bestimmt auch noch: Florey entschied sich für die Verfilmung von Shelleys Roman und legte mit einem ersten Konzept den Grundstein für den späteren Erfolg von Frankenstein (1931), bis er zugunsten von James Whale auf den Regiestuhl verzichten musste. Während Florey an dem Entwurf von Frankenstein (1931) arbeitete, lag Murders in the Rue Morgue (1932) jedoch nicht auf Eis. Bereits im April 1931 war eine erste Skriptfassung fertig und Bela Lugosi als Star des Films fest eingeplant. Die Regie von Murders in the Abbildung 15.1: Filmplakat, USA 1932 Rue Morgue (1932) sollte zu diesem Zeitpunkt George Melford übernehmen, der kurz zuvor auf dem Regiestuhl von Drácula (1931) eine außergewöhnliche Leistung gezeigt hatte. Doch für Florey und Melford sollte es anders kommen. Nachdem Robert Florey im Juni 1931 eine desaströse Konzeptstudie zu Frankenstein (1931) abgeliefert hatte, begann Carl Laemmle jr. an den Fähigkeiten Floreys zu zweifeln, und entband ihn von dem Projekt. Florey protestierte lautstark, da er hier einen Vertragsbruch witterte, 506 15. Murders in the Rue Morgue (1932) doch Laemmle setzte sich durch. Als Trostpflaster überließ er Florey erneut die Wahl zwischen den Romanvorlagen von Murders in the Rue Morgue und The Invisible Man. Und diesmal entschied sich Florey für eine Verfilmung von Poes Kriminalgeschichte. George Melford ging das Projekt hierdurch durch die Lappen, aber sein Schmerz hielt sich in Grenzen. Er arbeitete derzeit sowieso bereits an zwei Filmen, dem Gangsterfilm Homicide Squad (1931) und dem Abenteuerstreifen East of Borneo (1931), welche beide am 1. August 1931 in den Kinos starteten. Danach machte Melford ein paar Monate wohlverdiente Pause und wandte sich danach dem Western Boiling Point (1932) zu; an Beschäftigung mangelte es Melford im Gegensatz zu Florey damals keineswegs. Laemmle übertrug Florey somit die Verantwortung über ein Projekt, welches sich der Verfilmung einer Geschichte das damals wichtigsten amerikanischen Horrorpoeten annahm. Dies sollte die bereits vierte Adaption des Stoffes werden. Ihr waren bereits der neunminütige Kurzfilm Sherlock Holmes in the Great Murder Mystery (1908) vorangegangen, welcher sich jedoch auf einen reinen Kriminalfilm beschränkte und von dem so wenig bekannt ist, dass viele Quellen ihn den USA zuschreiben, obwohl es sich um eine dänische Produktion handelte. Nicht minder von Horror befreit war das ebenfalls verschollene amerikanische Drama The Raven (1912), welches Poes gleichnamiges Gedicht mit einigen Elementen aus Murders in the Rue Morgue, The Black Cat, The Pit and the Pendulum, The Gold Bug, Buried Alive, or the Premature Burial, A Descent into the Maelstrom und In the Shadow of the Sea versetzte. Erst The Leopard Lady (1928) adaptierte auch den Gorilla aus Poes Romanvorlage für die Leinwand, wobei The Leopard Lady (1928) trotz häufiger Anlehnung an Poes Geschichte diese nicht unmittelbar verfilmte, sondern nur für eine zweitklassige Zirkusgeschichte plünderte. Es ist etwas verwunderlich, dass erst Murders in the Rue Morgue (1932) sich einer unmittelbaren Verfilmung von Poes Werk widmete. Poes Kurzgeschichte ist nämlich von großer Bedeutung für die amerikanische Literatur. Murders in the Rue Morgue wurde im April 1841 in einer Ausgabe von Graham’s Magazine erstmals veröffentlicht und war nicht nur irgendeine Kriminalstory, sondern gilt als die erste Detektivgeschichte, welche überhaupt veröffentlicht wurde. Edgar Allan Poe erfand hier das Prinzip des „verschlossenen Raumes“. Kriminalgeschichten, welche dieses Prinzip nutzen, lassen das Rätsel, vor welchem der Detektiv steht, vor dem Leser bzw. ihrem Zuschauer im Verborgenen. Der Leser selbst wird in die Rolle des Detektivs versetzt und erhält erst mit diesem im Verlauf der Geschichte Hinweise, durch welche sich das Geheimnis lösen lässt. Man hat auch die Möglichkeit, das Rätsel vor der Hauptfigur der Geschichte zu lösen; doch am Ende werden die unerklärlichen Ereignisse dann schließlich durch den Protagonisten aufgeklärt. Die erfolgreichste Autorin dieser Art von Geschichten wurde Agatha Christie, wobei diese hier jedoch häufig mit dem Prinzip brach, indem sie den Helden ihrer jeweiligen Mordgeschichte durchaus auch Beweise präsentieren ließ, welche dem Leser vorenthalten wurden. 507 Das Dokument des Grauens Poes Held trägt den Namen Auguste Dupin und er ist ein Privatdetektiv. Dupin interessiert sich für die Morde an zwei Frauen, welche die Polizei nicht aufklären konnte. Die Frauen wurden im obersten Stockwerk eines Hauses auf bestialische Weise umgebracht, doch sämtliche Türen waren von innen verschlossen und die Fenster verriegelt! Auguste Dupin analysiert die Situation messerscharf und kommt letztlich zu dem Schluss, dass die Morde durch den Orang-Utan eines Seemannes begangen wurden. Murders in the Rue Morgue war eine erfolgreiche Geschichte. Poe ließ Auguste Dupin außerdem noch 1843 in The Mystery of Marie Roget und 1845 in The Purloined Letter auf weitere Erkundungen gehen. Murders in the Rue Morgue blieb von den drei Geschichten jedoch die mit Abstand bekannteste Erzählung. Aber auch wenn Murders in the Rue Morgue (1932) als erster Film die Namen der innovativen Geschichte und ihres Schöpfers für sich reklamierte, fällt schnell auf, dass ebendiese Elemente, welche Poes Meisterleistung berühmt machten, in dieser Verfilmung dann doch nicht berücksichtigt wurden. Universal wollte einen weiteren Kassenerfolg. Und die Erfolge feierte Universal nicht mit Detektivgeschichten, sondern nunmal mit Horrorfilmen. Der Film beginnt in der bei UniversalProduktionen mittlerweile gewohnten Manier. Vor einem gezeichneten Hintergrund und zu den Klängen von Tschaikowskys Schwanensee erscheint unter dem obligatorischen Schriftzug „Carl Laemmle presents“ der Titel des Films sowie ein Verweis auf Edgar Allan Poe. Direkt darunter sind die beiden Hauptdarsteller Sidney Fox und Bela Lugosi aufgeführt, wiederum darunter Carl Laemmle jr. als Produzent und abschlieAbbildung 15.2: Die Titelkarte des Films ßend das Jahr 1932 als Produktionsjahr in römischer Notation. Alles wie gewohnt, könnte man sagen. Wäre da nicht die optische Gleichstellung der Stars dieses Films. „Sidney Fox & Bela Lugosi“steht dort in identischer Schriftart und Schriftgröße geschrieben. Der Film stellt klar, dass Bela Lugosi dieses Mal nicht die erste Geige spielt. Aber wer ist eigentlich Sidney Fox? Die Titelkarte wird weich in eine zweite Texttafel überblendet, die einige wichtige Mitglieder des Stabes nennt. Auffällig sind hier zwei große Namen. Hinter der Kamera stand ein weiteres Mal Karl Freund, was auf eine überdurchschnittliche fotografische Leistung hoffen lässt. Die Dialoge wurden von dem späteren Erfolgsregisseur John Huston überarbeitet und ergänzt. Ebenso fällt auf, dass die Titelkarten jetzt nicht mehr wie bei Frankenstein (1931) animiert sind. Auf den ersten Blick scheint dies ein technologischer Rückschritt zu sein, trotz der neu eingeführten weichen Überblendungen der einzelnen Titelkarten 508 15. Murders in the Rue Morgue (1932) im asynchronen Wechsel mit den jeweiligen Hintergrundbildern. Der Gedanke ist gar nicht falsch, denn auch wenn der Aufwand für die Überblendungen nicht unerheblich war, kann man dies mit den durchgängigen Animationen von Frankenstein (1931) nicht vergleichen. Hier spiegelt sich das vergleichsweise niedrige Budget nieder, welches für Murders in the Rue Morgue (1932) bewilligt worden war. Für Frankenstein (1931) gab Universal insgesamt fast 300.000 Dollar aus; Murders in the Rue Morgue (1932) durfte jedoch nur 130.000 Dollar kosten. Diese Differenz zeigt einen klaren Unterschied der Ansprüche und Erwartungen, welche die Laemmles mit Murders in the Rue Morgue (1932) verbanden. Dieser Film war gegenüber seinen Vorgänger ganz klar zweitklassig. Auch Robert Floreys und Bela Lugosis Verpflichtung deuten auf diese niedrigere Priorität des Projektes hin, denn beide hatten Carl Laemmle jr. nach dem Debakel der Testaufnahmen zu Frankenstein (1931) nicht mehr von sich überzeugen können . Murders in the Rue Morgue (1932) erscheint auch hier als B-Produktion, welche über die Budgetbeschränkung hinaus auch als Ersatzprojekt für die beiden Männer diente, welche man schließlich doch nicht auf Frankenstein (1931) loslassen wollte. Als das Budget des Films erneut um 40.000 Dollar gekürzt werden sollte, reagierte Florey auch prompt beleidigt und verließ die Produktion - allerdings nur, um kurz danach doch wieder die Arbeit aufzunehmen und mit den insgesamt 23 Tage dauernden Dreharbeiten zu beginnen. Da Frankenstein (1931) jedoch erfolgreicher lief, als Universal es erwartet hatte, entschlossen sich die Laemmles, noch weiteres Geld in Murders in the Rue Morgue (1932) zu investieren und ordneten im Dezember 1931 Nachdrehs an, welche die Gesamtkosten dann wieder auf 186.000 Dollar hochschraubten. Nach der Nennung von Robert Florey als Regisseur setzt sich Lugosis Debakel auf der Übersicht der Schauspieler fort. Er wird erneut erst an zweiter Stelle genannt, nach Sidney Fox. Doch auch die anderen Namen sind bemerkenswert, man könnte sogar von einer erstklassigen Besetzung sprechen. Leon Waycoff spielt Pierre(!) Dupin, Bert Roach seinen Freund Paul. D’Arcy Corrigan verkörpert den Chef des Leichenhauses, Noble Johnson ist in der Rolle des Dieners Janos zu sehen und kaum ein Mordopfer Abbildung 15.3: Lugosi ist nicht der große starb auf der Leinwand bis anhin lang- Star des Films samer als Arlene Francis. Wenn sie von diesen Personen noch nichts gehört haben, brauchen Sie sich nicht zu schämen; sie werden vorgestellt, sobald sie ihren ersten Auftritt im Verlauf von Murders in the Rue Morgue (1932) haben. Alte Bekannte sind hingegen Brandon Hurst, der in der Rolle des Polizeipräfekten zu sehen ist und die in den Credits des Films nirgends er509 Das Dokument des Grauens wähnte Tempe Piggot. Brandon Hurst kennen wir noch als Sir George Carew aus Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1920), er spielte Jehan in The Hunchback of Notre Dame (1923) und auch sein Barkilphedro in The Man Who Laughs (1928) war keine unwichtige Rolle. Tempe Piggot haben wir erst kürzlich in Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1931) als die Vermieterin der unglücklichen Ivy kennengelernt. Der eigentliche Film beginnt auf eher peinliche Art und Weise. Wir sehen ein Boot auf der Seine vor dem Hôtel des Invalides vorbeifahren. Davor prangt der das Jahr und den Schauplatz der Handlung festlegende Schriftzug „Paris 1845“. Die Qualität dieses Filmschnipsels ist grausam schlecht, was aber nicht verwundert, denn es handelt sich um stock footage, wiederverwendetes Filmmaterial unbekannten Ursprungs. Der Schauplatz der ersten Szene erAbbildung 15.4: Wiederverwendetes Ar- weckt im erfahrenen Zuschauer ein Gechivmaterial (stock footage) fühl der Vertrautheit. Wir sehen einen Jahrmarkt, auf welchem sich die Besucher dicht drängen. Unter ihnen befindet sich Pierre Dupin, begleitet von seiner Liebsten, Mlle. Camille L’Espanaye, und dem gemeinsamen Freund Paul. Sie sind fröhlich aufgelegt und interessieren sich für die „arabischen Engel“, eine Truppe hübscher Bauchtänzerinnen. Pierre Dupin wird von Leon Waycoff gespielt. Waycoff war damals noch neu im Filmgeschäft. Murders in the Rue Morgue (1932) war erst seine dritte Mitarbeit in einem Kinofilm von insgesamt 121. Er zählt zu den Mitbegründern der Screen Actors Guild und war bis 1935 auch auf der Leinwand recht aktiv, wenngleich er es auch des öfteren mit kleineren Nebenrollen leben musste. 1937 legte er sich den Künstlernamen Leon Ames zu und fortan verlief auch seine Abbildung 15.5: Pierre Dupin, Mlle. Ca- Karriere deutlich steiler. Ames wurde im Laufe seines Lebens vor allem für seimille L’Espanaye und Paul ne Darstellungen von väterlichen Rollen bekannt, sein Name wurde zeitweilig sogar zum Inbegriff eines liebe- und verständnisvollen Papas. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen The Count of Monte Christo 510 15. Murders in the Rue Morgue (1932) (1934), Son of Lassie (1945), The Postman Always Rings Twice (1946), Peyton Place (1957), The Absent Minded Professor (1961), Tora! Tora! Tora! (1970) und Peggy Sue Got Married (1986). Bert Roach, der Darsteller von Dupins Freund und Mitbewohner Paul, war schon ein alter Hase im Filmgeschäft. Seinen ersten Auftritt hatte er in dem Kurzfilm Fatty’s Magic Pants (1914). Murders in the Rue Morgue (1932) gehört zu seinen wichtigsten Filmen, denn obwohl seine Filmografie über 300 Titel umfasst, blieb er zumeist auf kleine Nebenrollen beschränkt. Weitere bekannte Filme, in welchen Bert Roach mehr oder weniger deutlich zu sehen ist, sind The Thin Man (1934), Saratoga (1937) und Algiers (1938). In James Whales The Man With the Iron Mask (1939) spielte er den Musketier Athos. Allgemein spielte er vor allem Barkeeper, Betrunkene und andere vorwiegend Melodramatische ausgelegte Rollen. Mlle. Camille L’Espanaye wird von Sidney Fox dargestellt. Nun wissen wir, zu welchem das Gesicht der prominent positionierte Name vom Filmplakat und dem Vorspann eigentlich gehört. Wenn Sie mit dem Namen nichts anfangen können, dann machen Sie sich nichts daraus, denn auch 1932 ging es diesbezüglich niemandem anders. Sidney Fox war ganz einfach nur attraktiv. Ihre Gesichtszüge waren durchaus hübsch und ihre Zierlichkeit in Verbindung mit ihrer Körpergröße von nur 1.47 Metern löste zusätzlich auch in so manchem Manne nicht nur Interesse, sondern auch einen intensiven Beschützerinstinkt aus. Sie stand im Alter von 19 Jahren erstmals für The Bad Sister (1931) vor der Kamera und war somit trotz weiterer drei Filme noch ein richtiger Frischling, als sie für Murders in the Rue Morgue (1932) verpflichtet wurde. Sie war eine ganz neue Entdeckung Carl Laemmle jrs. und konnte sich von Anfang an auf seine aktive Unterstützung bei der Rollenvergabe verlassen. Dies begann mit ihrer Namensänderung; eigentlich hieß sie Sidney Leifer, doch der Künstlername Sidney Fox barg viel mehr Sex Appeal. Schon in The Bad Sister (1931) hatte sie die weibliche Hauptrolle inne und verwies Bette Davis auf den zweiten Platz in diesem Liebesdrama, in welchem auch Humphrey Bogart und Bert Roach mitspielten. In ihrem zweiten Film, der Komödie Six Cylinder Love (1931), war ihr erneut die wichtigste weibliche Rolle neben Spencer Tracy, William Holden, Edward Everett Horton und Una Merkel sicher. Auch in Strictly Dishonorable (1931) und Nice Women (1932) erhielt sie die bestmöglichen Rollen, sodass Murders in the Rue Morgue (1932) in dieser Filmografie eines mit aller Kraft ins Filmbusiness geschobenen Sternchens nicht weiter auffällt. Ihre Karriere war letzten Endes jedoch genauso kurz wie ihr Körper. Nach 14 Filmen und dreieinhalb Jahren war ihre Karriere bereits am Ende. Sidney wurde hierdurch unglücklich und ihre Geschichte endete tragisch. Sie verfiel zunehmend in Depressionen und nahm sich am 14. November 1942 im Alter von 31 Jahren das Leben. Die Todesursache wurde als eine Überdosis Schlaftabletten angegeben. Begleitet von einer langen Kamerafahrt Karl Freunds, der sich nach dem von Tod Browning extrem statisch inszenierten Dracula (1930) endlich wieder richtig austoben durfte, eilen Dupin, Camille und Paul zu der Vorführung der orientalischen Tänzerinnen. Doch nicht nur sie interessierten sich für diese leicht erotische Darbietung, son511 Das Dokument des Grauens dern auch die allgegenwärtige Zensur. Im für seine rigorosen Schnittauflagen berüchtigten Staat New York mussten die Nahaufnahmen der Tänzerinnen sowie die leicht anzüglichen Dialogstellen entfernt werden. In dieser Szene offenbart sich erstmals ein Mangel an Sorgfalt bei der Inszenierung, der erste von vielen. Dass die angeblichen Araberinnen ein sehr amerikanisches Aussehen haben, ist man vom Hollywood jener Tage gewohnt. Doch Florey ignorierte auch die Dialogzeile, in welcher Camille behauptet, die Mädchen hätte eine braune Hautfarbe. Die Tänzerinnen könnten jedoch nur schwerlich noch bleicher sein. Abbildung 15.6: In der originalen Fassung zensiert: die Bauchtänzerinnen Ein anderer Stand weckt das Interesse der drei Besucher. Dort wird laut eine eigenartige Kreatur beworben: Erik, der Affenmensch! Ein Monster, welches aufrecht geht und sogar eine eigene Sprache spricht! Der Herrscher des Dschungels, der einen Mann in zwei Hälften zerreißen kann! Das Tier mit einer menschlichen Seele! Dupin, Camille und Paul wollen das Ungeheuer sehen, also betreten sie das Zelt. Im Inneren wartet Dr. Mirakle. Camille beschreibt ihn als lustig aussehenden Mann, der selbst eine Attraktion darstellen würde. Nun, das Filmpublikum könnte dies beinahe unterschreiben, wäre da nicht eine kleine Untertreibung im Spiel: Bela Lugosi steckt hier nicht in einer lustigen Maske, sondern in einer eher lächerlichen. Robert Florey und Jack Pierce verpassten Lugosi eine lockige Perücke und wuschlige, zusammengewachsene Augenbrauen. Lugosi legte dazu seinen bereits hinreichend aus DraAbbildung 15.7: Dr. Mirakle cula (1930) bekannten Gesichtsausdruck auf und gab sich erst gar nicht die Mühe, seine Darstellung gegenüber jener des Grafen zu variieren. Daher fällt es dem Publikum auch leicht, Dupins Frage an Camille, ob sie diesen eigenartigen Akzent Dr. Mirakles schon einmal gehört habe, zu beantworten: jawohl, in Dracula (1930). Lediglich das Grinsen im Gesicht Lugosis weicht von 512 15. Murders in the Rue Morgue (1932) seiner Darstellung des Vampirfürsten ab - lächelte er dort noch diabolisch, grinste er hier nun eher ein wenig dümmlich ins Publikum. Mit theatralischer Gestik und Stimme stolziert Dr. Mirakle auf der Bühne herum und preist seinen Affen Erik als den Vorfahren der Menschheit an. Schließlich lässt er seinen Gehilfen Janos den Vorhang vor Eriks Käfig entfernen. Das Publikum in Mirakles Zelt holt die Luft und seufzt entsetzt. Dem Filmpublikum geht es nicht anders, denn das erste, was man von dem furchterregenden Gorilla namens Erik sieht, ist stock footage eines Schimpansen aus dem Zoo. Die Zuschauer reagieren verängstigt auf den Anblick des kreischenden und stöhnenden Affen. Dr. Mirakle behauptet, es handele sich hierbei um eine Sprache, welche nur er verstünde. Aus diesem Grund würde er nun übersetzen. Er nähert sich dem Käfig und murmelt einige Sätze in einem unverständlichen Gebrabbel. Der Affe grunzt kurz. Doch dieses Grunzen beinhaltet wohl sehr viele Informationen, denn Dr. Mirakle dreht sich zum Publikum und behauptet, Erik habe grade ge- Abbildung 15.8: Erik: Archivmaterial eisagt, dass er aus dem Dschungel käme nes Schimpansen aus einem Zoo und dort mit seinem Vater, seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Schwester gelebt habe, bis eine Bande haarloser weißer Affen ihn entführt und in ein fremdes Land verschleppt hätten. Außerdem sei er auf dem Höhepunkt seiner Kraft. Und furchtbar alleine. Es folgt ein weiterer, darstellerisch völlig überzeichneter Vortrag Dr. Mirakles über die Evolution des Menschen. Lugosis Gesicht wird hierbei von unten angestrahlt, was ihm ein dämonisches Aussehen verleihen soll. Doch Lugosis gnadenlos übertriebenes Schauspiel, in Verbindung mit einem an den Haaren herbeigezogenen Text („Einst gab es im Schleim des Chaos einen Samen, der wuchs und gedieh, in einen Baum des Lebens ...“), macht die komplette Sequenz zu einer Qual für die Kinogänger. Einer der Besucher der Sideshow wirft Dr. Mirakle Ketzerei vor. Nun ist Dr. Mirakle beleidigt und reagiert darauf mit einem weiteren Vortrag. Er sei ein Wissenschaftler und er werde den Beweis erbringen, dass der Mensch mit dem Affen verwandt sei! Eriks Blut werde mit jenem von Menschen vermischt werden! Für diese Einstellung wurde die Lichtquelle, welche Lugosi Gesicht anstrahlte, noch intensiviert. Die Absicht dahinter ist klar: Dr. Mirakle soll als noch unheimlicher und böser präsentiert werden. Doch Lugosi sabotiert dieses Vorhaben ausgesprochen effizient. War er bislang vorrangig damit beschäftigt, grinsend und mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne umherzumarschieren, verlegt er sich jetzt auf das Grimassenschneiden, während sich Karl Freunds Kamera unbarmherzig seinem Gesicht nähert. 513 Das Dokument des Grauens Danach erklärt Dr. Mirakle, dass sich jeder Zuschauer den Affen aus der Nähe anschauen dürfe. Dupin steigt darauf ein und geht mit Camille und Paul nach vorne, während die restlichen Besucher das Zelt verlassen. Erik interessiert sich für Camilles Haube, worauf sie diese abnimmt und Erik gibt. Plötzlich attackiert Erik übergangslos Dupin und würgt ihn - wie es dazu kommt, verrät der Film nicht. Dupin kann sich mit Dr. Mirakles Hilfe befreien, der ihn daraufhin einen Narren schimpft. Die Haube ist ruiniert, weil Erik sie gerade frisst; daher kündigt Dr. Mirakle an, Camille einen Ersatz zu senden. Doch Dupin weigert sich, die Adresse Camilles zu nennen. Achten sie jetzt auf einen für diesen Film typischen Regiefehler, zusätzlich zu der ständig eingeblendeten Schimpansenkonserve. Wir sahen Erik das Häubchen Camilles fressen, er stopfte es sich richtig in den Mund. In der Totalen, in welcher Dupin und seine Begleiter das Zelt wieder verlassen haben und Dr. Mirakle seinen Helfer Janos beauftragt, ihnen unauffällig zu folgen, sitzt der Affe in seinem Käfig und in seiner Hand hält er einen unversehrten, weißen Hut. Als die Eröffnungssequenz abgeblendet wird, sind bereits etwa 13 Minuten Laufzeit des Films vorüber. Umgerechnet auf die Gesamtlänge des Films handelt es sich hierbei um fast ein Viertel des Films. Fassen wir kurz zusammen, was wir bislang erhalten haben. Wir haben eine Exposition gesehen, welche Dr. Mirakle und Erik vorstellte. Wir wissen, wer die beiden sind und haben eine grobe Vorstellung von dem, was Dr. Mirakle vorhat. Wir wissen nicht viel, aber es reicht, um in Verbindung mit Karl Freunds Beleuchtung Lugosis zu ahnen, dass wir es hier mit einem mad scientist zu tun haben. Ebenso haben wir Dupin und Camille kennengelernt; Paul fungierte nur als Sidekick, der zur eigentlichen Handlung nichts beitrug. Eine Charakterisierung Dupins und Camilles fand aber auch nicht statt. Wir wissen nur, was sie tun, nämlich einen Jahrmarkt besuchen. Wir wissen aber nicht, wer sie sind. Dupin und Camille haben sich einmal geküsst, die beiden scheinen also liiert zu sein. Doch sind sie befreundet, verlobt, verheiratet? Das wissen wir nicht. Wer sind sie überhaupt, wo kommen sie her, weshalb sind sie hier? Auch hier gibt es keine Indizien. Die Inhalte der gesamten Exposition lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Ein paar Leute gehen auf einen Jahrmarkt, sehen sich eine Sideshow Dr. Mirakles und dessen Affen an und Dr. Mirakle hat nicht nur beste Absichten. Um dies zu vermitteln, ließ sich Robert Florey fast ein Viertel des gesamten Filmes Zeit, was nicht gerade von hoher erzählerischer Begabung zeugt. Stattdessen präsentierte er eine Abfolge handwerklicher Lächerlichkeiten und inhaltlicher Fehlgriffe. Der Film hat noch nicht richtig begonnen und schon hofft man als Zuschauer, dass es nicht noch lange so weitergehen möge. Dr. Mirakle fährt in Begleitung Eriks mit einer Kutsche vor einem Haus vor. Er wirft einen Blick nach oben. Dort befinden sich Dupin und Camille auf einem Balkon. Dupin nimmt gerade Anlauf, um Camille ein umfangreiches Liebesgeständnis zu machen. Machen Sie sich hier wieder auf einen Dialog der etwas unglücklicheren Art gefasst. Das Liebesgeständnis hat es ähnlich wie Dr. Mirakles Vortrag wieder in sich und 514 15. Murders in the Rue Morgue (1932) droht, das Publikum zum leidvollen Aufstöhnen zu zwingen. Dupin schwadroniert: „Du bist mein Morgenstern! Und dein Haar, es ist voller Sternenstaub! Du bist wie ein Lied, welches die Mädchen der Provence am Maitag singen! Und wie das Tanzen in der Normandie am Maitag! Und wie der Wein in Burgund am Maitag! Oh Camille, ich liebe Dich!“ „Und ich liebe dich auch, Pierre!“, antwortet Camille. Zum Abschluss gibt es ein vorsichtiges Küsschen auf den Mund. Hätten Kinos Fenster, würde man Abbildung 15.9: Dupins Liebesgeständnis jetzt wohl hindurchspringen wollen. Diese Szene verdeutlicht die Maßstäbe, unter welchen Robert Florey Murders in the Rue Morgue (1932) drehte. Achten Sie mal auf den Hintergrund. Sie schauen über die Dächer von Paris. Windschiefe Dächer ohne rechte Winkel, mit weit aufragenden Schornsteinen. Das Bühnenbild ist ganz klar expressionistisch und im Stile deutscher Stummfilme gehalten. Zusammen mit der Kameraarbeit Karl Freunds, der damals einer der besten deutschen Kameramänner war, kopiert Florey den deutschen Stil nahezu perfekt, auch über den Rest des Filmes hinweg. Visuell hat Murders in the Rue Morgue (1932) für amerikanische Verhältnisse sehr viel zu bieten. Der Inhalt des Films war für Florey hingegen nebensächlich. Er stellte den Stil über jegliche Substanz. In der Balkonszene wird dies für jedermann offensichtlich und dieses Prinzip wird auch vom Rest des Films konsequent verfolgt. Nach dem Szenenwechsel sehen wir Dr. Mirakles Kutsche durch die Nacht fahren. Plötzlich hört er Kampfgeräusche. Auf einer nebelverhangenen Brücke über die Seine kämpfen zwei Männer miteinander. Unter einer Laterne steht eine Frau, entsetzt schreiend. Die beiden Männer töten sich gegenseitig, begleitet vom erschreckten Quietschen des Straßenmädchens. Dr. Mirakle nähert sich ihr. Bedrohlich, wie ein Schatten, bewegt er sich auf die Kamera zu. Der nun folgende Dialog ist wieder ein Heuler. „Eine Dame in Not!“, stellt Dr. Mirakle fest. „Wer sind sie?“, erwidert das namenlose Mädchen. „Komm mit mir!“, fordert Dr. Mirakle sie auf. „Wohin?“, fragt das Mädchen erneut. „Meine Kutsche.“, antwortet Dr. Mirakle. „Nein! Nein!“, ruft das Mädchen entsetzt. 515 Das Dokument des Grauens „Weshalb zitterst Du, wenn ich Dich berühre?“, erkundigt sich der vermeintliche Retter. „Ihre Hände sind so kalt!“, klärt das Mädchen ihn auf. „Komm mit mir!“, verlangt Dr. Mirakle erneut. „Nein.“, antwortet das Mädchen nochmals, lässt sich aber dennoch ohne Gegenwehr von Dr. Mirakle zu dessen Kutsche führen. Das Drehbuch verlangte hier wohl eine Entführung mit mehr oder weniger Gegenwehr durch das Mädchen. Soweit kommt es jedoch nicht. Als die beiden in Richtung der Kamera loslaufen, achten Sie am besten auf das Gesicht der Darstellerin. Als sie einen Blick auf Lugosis Grimasse wirft, kann sie sich das Lachen nämlich kaum verkneifen, mit der Folge, dass sie für eine Entführung einfach zu glücklich aus der Wäsche schaut. Diese Szene war ursprünglich als die Abbildung 15.10: Dr. Mirakle findet ein Eröffnung des Films geplant. Doch die neues Opfer moralischen Bedenken, welche Jason S. Joy als Wächter des production code hatte, sorgten für eine nachträgliche Umstrukturierung des Films. Der Film sollte mit der Szene, in welcher Dr. Mirakle das Straßenmädchen aufliest, anfangen, dann in seinem Labor weitergehen, dann im Leichenschauhaus und erst danach sollte die Jahrmarktssequenz beginnen. Doch Jason S. Joy wollte nicht, dass der Film sofort mit einer Gewaltszene beginnt, da seiner Meinung nach das Publikum erst langsam auf derartiges vorbereitet werden müsse. Die Vertauschung der Szenen brachte auch einige Kontinuitätsfehler mit sich. So wird aus einer klaren Nacht plötzlich eine Welt des Nebels. Anfangs sitzt Erik noch in der Kutsche, beim Eintreffen auf der Brücke jedoch nicht mehr. Dr. Mirakle schaut mal aus dem linken, mal aus dem rechten Fenster der Kutsche. Unter Beibehaltung der originalen Abfolge der Szenen wären diese Mängel nicht aufgetreten. Die Darstellerin des namenlosen Straßenmädchens hieß Arlene Kazanijan. Ihr Einstieg in das Filmgeschäft war eher zufällig und entspricht der romantisierten Vorstellung, wie es hübsche Mädchen nach Hollywood schaffen könnten. Als sie 24 Jahre alt war, besuchte sie in Begleitung ihrer Mutter eine alte Freundin, Constance Cummings, die ihrerseits zwei Jahre zuvor nach Hollywood gegangen war und in The Criminal Code (1931) von Howard Hawks erstmals vor der Kamera stand. Als sie in einem Straßencafé saßen, fiel Arlene einem Produzenten Universals auf, der ihr prompt die Rolle einer Pariser Prostituierten an der Seite Bela Lugosis in Aussicht stellte. Arlene änderte ihren Namen in Arlene Francis und unterschrieb den ihr angebotenen Vertrag. Sehr zum Verdruss ihrer streng gläubigen und moralisch besorgten Familie; vor allem 516 15. Murders in the Rue Morgue (1932) ihr strenger Vater hatte schwere Probleme damit, dass sich seine Tochter ausgerechnet für eine solche Rolle hergab. Aber für Arlene wurde hiermit ein Traum wahr, die Bedenken ihrer Eltern interessierten sie nicht weiter. In einem Interview aus dem Jahr 1991 erinnerte sich Arlene Francis an die Details des Angebots. Man sagte ihr, sie müsse mit einem Affen in einer Kutsche sitzen. Und sie werde gekreuzigt und müsse danach in einer Szene schwimmen. Eine Stuntfrau sei nicht vorgesehen gewesen. Was soll’s, schließlich könnte dies der Beginn einer großen Karriere werden! Für Arlene stellte diese Beschreibung kein Problem dar und sie zog sich einige Tage in die Wohnung ihrer Freundin Constance zurück und übte ausgiebig in deren Pool, wie eine Leiche im Wasser zu treiben. An ihrem ersten Drehtag sollte dann die Brückenszene entstehen, welche wir gerade gesehen haben. Die Anforderungen an Arlene waren nicht sonderlich hoch. Sie sollte lediglich am Rand unter der Laterne stehen und wie am Spieß schreien. Das tat sie dann auch. Den ganzen Drehtag schrie sie sich die Lunge aus dem Leib, bis sie am Abend nur noch ein heiseres Bündel war. Die Szene selbst wird nicht wie ursprünglich vorgesehen von Arlenes Schreien dominiert. Im Zuge der Zensur nach der Fertigstellung des Films wurden die Schreie beanstandet und diese mussten in ihrer Lautstärke gesenkt und ihrer Menge reduziert werden. Aus diesem Grund hören wir heute nicht mehr das Werk einer potenziellen Scream Queen, sondern vornehmlich ein nachvertontes vereinzeltes Quieken, welches keine Angstschreie mehr repräsentiert. In der nächsten Szene befinden wir uns in Dr. Mirakles Laboratorium, welches in einer Kulisse aus Frankenstein (1931) aufgebaut wurde. Dr. Mirakle hat das entführte Mädchen, welches nur noch mit seiner Unterwäsche bekleidet ist, an ein X-förmiges Kreuz gefesselt. Dr. Mirakle entnimmt ihr Blut und vermischt dies mit dem Blut des Affen. Er legt es unter sein Mikroskop, schaut hindurch und spricht von „schwarzen Klumpen“ - das Experiment ist ein FehlAbbildung 15.11: Die legendäre Kreuzszeschlag. Er geht zu dem gekreuzigten Mäd- ne chen zurück und wirft ihr vor, ihr Blut sei schlecht und ihre Schönheit eine Lüge. Daraufhin sackt das Mädchen in sich zusammen, tot. Dr. Mirakle ruft nach seinem Gehilfen Janos, damit er die Leiche entsorgen möge. Die Fesseln werden mit einer Axt durchtrennt, dann öffnet sich eine Falltür unter dem 517 Das Dokument des Grauens Körper des Mädchens und es fällt hinab, gefolgt von einem Platschen. Diese Szene ist die berüchtigtste Szene des Films. Murders in the Rue Morgue (1932) wurde wegen dieser Szene oftmals vorgeworfen, er sei ausgesprochen sadistisch. Colonel Joy sprach auch hier die Empfehlung aus, die Schreie des Mädchens auf ein Stöhnen mit vereinzelten leisen Aufschreien zu reduzieren oder ganz wegzulassen. Nach der Fertigstellung des Films wurden die Zensoren des Staates New York ungleich präziser. Sie verlangten ein vollständiges Entfernen aller Einzelbilder, in welchen das an das Kreuz angebundene Mädchen zu sehen ist. Auch Aufnahmen, welche sie aus der Nähe zeigen oder teilweise von Lugosi verdeckt, mussten entfernt werden. Außerdem mussten sämtliche Schreie, das Stöhnen und überhaupt alle Geräusche, welche das Mädchen aus Abbildung 15.12: Werbefoto dieser Szene, Angst oder Schmerz von sich gab, entim Film selbst ist die Pose aus einem andefernt werden, ebenso der komplette von ren Blickwinkel zu sehen Lugosi gesprochene Monolog. Was nach den Schnittauflagen New Yorks noch von der Szene übrig blieb, war praktisch ohne hörbaren Ton und ohne Bilder mit Arlene Francis. Falls Sie ein Beispiel dafür haben möchten, wie klein die Welt doch sein kann: Der Darsteller des Gehilfen Janos, Noble Mark Johnson, wurde Im Jahr 1881 in Marshall, Missouri geboren. Als er noch ein Kind war, zog seine Familie nach Colorado Springs, Colorado um, wo er natürlich die Schule besuchte. Einer seiner Schulkameraden und besten Freunde hieß ... Lon Chaney. Noble Johnson spielte in einer Vielzahl von Filmen mit, u. a. in 20,000 Leagues Under the Sea (1916), The Four Horsemen of the Apocalypse (1921), The Ten Commandments (1923), The Thief of Bagdad (1924), Dante’s Inferno (1924), Black Waters (1929), Moby Dick (1930), The Most Dangerous Game (1932), The Mummy (1932), King Kong (1933), She (1935), Jungle Book (1942) und vielen anderen interessanten Werken aus dem Bereich des phantastischen Films. Zumeist handelte es sich jedoch nur um Nebenrollen. Noble Johnson war ein Afroamerikaner und seine Hautfarbe öffnete ihm daher fast ausschließlich nur kleinere Rollen wie Diener, Indianer, afrikanische Stammesfürsten und ähnliches. Murders in the Rue Morgue (1932) 518 15. Murders in the Rue Morgue (1932) stellt in seiner Filmografie eine Kuriosität dar, denn für die Rolle des Janos wurde Johnson weiß geschminkt! Den größten Teil seines Geldes verdiente Noble Johnson jedoch als Mitgründer der Lincoln Motion Picture Company als der erste erfolgreiche schwarze Produzent von Filmen der USA. Am nächsten Morgen wird die Leiche des Mädchens aus der Seine gefischt. Einige Bettler wohnen der Bergung bei und von ihnen erfahren wir, dass es bereits das dritte tote Mädchen ist, dessen Leiche in den letzten Tagen im Fluss gefunden wurde. Nebenbei offenbart sich hier uns ein weiterer Abgrund der Dialogkunst: „Frauen, alle von ihnen. Das Leben ist hart. Der Fluss ist nett. Der Flus ist weich. Er wiegt sie in den Schlaf. Und verlangt kein Geld. Drei Frauen. Immer jung. Und immer klein.“ Im Leichenhaus wird die Tote aufgebahrt - aber erst, nachdem ihr Eingang in den Akten aufgezeichnet wurde. Dies ist eine jener Szenen, welche versuchen, Humor in den Film einfließen zu lassen, was aber ständig misslingt. Hier werden die Daten der Toten in ein dickes Buch eingetragen, doch diese sind immer so schwammig, dass es letztlich als wenig sinnvolles Unterfangen erscheint. Das Alter des toten Mädchens wird als „zwischen 1.000 und 30 Jahren“ erfasst, die Todesursache wird als Ertrinken vermutet, die Frage nach dem Beruf wird mit „Ja“ beantwortet, einen Ausweis habe sie nicht bei sich getragen, da sie nackt gewesen sei (was nicht den gezeigten Bildern ihres Todes und der Bergung der Leiche entspricht). Dupin wird im Leichenhaus vorstellig, weil er sich für die gefundenen Toten interessiert. Er reagiert überrascht, als er erfährt, dass ihre Zahl inzwischen auf drei gestiegen ist. Bei der Untersuchung der Leiche des zuletzt geborgenen Freudenmädchens stellt er fest, dass an ihrem Arm ein eigenartiges Mal zurückgeblieben ist - genau wie bei den anderen beiden Leichen! Dupin besticht den Wächter, um eine Blutprobe der Toten zu erhalten. Am nächsten Tag bringt dieser die Abbildung 15.13: Untersuchung der Leigewünschte Blutprobe in Dupins und che im Leichenhaus - beachten Sie die zum Pauls Wohnung vorbei. Er weißt Dupin Zwecke des Schockierens unter dem Laken nochmals darauf hin, dass er Frau und herausragende Frauenhand, 1932 war dies Kinder habe und dass er deshalb seine noch sehr effektiv Arbeit verlieren könnte (warum macht er es dann?). Eine weitere recht nervige Szene, welche zum größten Teil aber auch erneut in überflüssiger Komik begründet liegt, welche über Dupins Mitbewohner Paul in den 519 Das Dokument des Grauens Film eingebracht werden soll. Wir erfahren allerdings, dass der Medizinstudent Dupin am gestrigen Abend, unmittelbar nach dem Karneval, eine Autopsie der Opfer durchgeführt hat und er herausfand, dass sie keineswegs durch Ertrinken starben. Oh oh, erkennen Sie die Kontinuitätsprobleme? Der Besuch Dupins auf dem Jahrmarkt liegt, bedingt durch die Vertauschung der Eröffnungsszenen, mindestens zwei Tage zurück. Abbildung 15.14: Dr. Mirakles Brief an Camille erhält ein Päckchen. In dieCamille sem findet sie eine neue Haube. Oh, von wem könnte diese sein? Von Pierre? Nein, es ist ein Geschenk von Dr. Mirakle, wie die beigelegte Karte zeigt: „Mademoiselle - sie sind liebenswert. Wer weiß, was Ihnen die Zukunft bringen wird? Große Dinge stehen in ihren Sternen. Erik und ich werden sie für Sie lesen. Heute Abend - der Karneval - kommen Sie. Bewunderungsvoll, Doktor Mirakle“ Ein Brief wie eine Werbesendung. Beachten Sie das putzige Affenbildchen oben rechts. Und fragen Sie bitte nicht, was Camille hier eigentlich in der Hand hält, denn es sind sichtbar mehrere Blätter. Und auch nicht, wer die Zettel in der Hand hält, denn in der Ansicht des Briefes handelt es sich um behaarte Männerhände und nicht um die zarten Fingerchen einer Sidney Fox. Während Camille noch rätselt, woher Dr. Mirakle ihre Adresse haben könnte, erschallt von der Straße der Ruf Dupins. Camille eilt auf den Balkon und sieht auf der Straße Dupin, Paul und einige weitere Freunde auf Pferden sitzen. Während Paul Luft holt und den Takt vorgibt, ahnen wir bereits, dass uns nun ein weiterer peinlicher Moment bevorsteht und in der Tat, nun wird Camille ein Ständchen gesungen: „Ihr Vater wollte, dass sie einen lustiAbbildung 15.15: Die singenden Reiter, sti- gen, lustigen kleinen Mann heiratet. Ihre listisch aufwendig, aber ohne Substanz Mutter wollte, dass sie einen lustigen, lustigen kleinen Mann heiratet. - Mein Vater wollte, dass ich einen lustigen, lustigen ...“, und so weiter. 520 15. Murders in the Rue Morgue (1932) Dies ist eine der für das Hollywood der goldenen Jahre typischen Humorszenen voller Gesang, welche so manchen Film verdarben. Vor allem Komödien wurden wiederholt und bis in die 60er Jahre hinein von derartigen Missgriffen heimgesucht. Allerdings ist Murders in the Rue Morgue (1932) keine Komödie, allerhöchstens eine unfreiwillige, noch gingen dieser Einlage Spannungsszenen voraus, von welchen man das Publikum wieder etwas distanzieren müsste. Diese Einlage erscheint als überflüssig und nervend. Doch die Szene birgt auch ein interessantes Detail, denn als wir die reitenden Besucher in der Totalen sehen, fährt im Bildvordergrund ein Mann auf einem Hochrad vorbei. Einerseits ist dies für heutige Zuschauer ein seltener und daher interessanter Anblick. Inhaltlich ist es jedoch ein weiterer Hinweis auf eine zweifelhafte Qualität der Vorbereitung des Films, denn diese Fahrräder wurden erst ein Vierteljahrhundert nach dem Jahr 1845, in welchem der Film spielt, erfunden. Mit der nächsten Szene erkennt der erfahrene Kinogänger jedoch, dass der Wahnsinn der vorhergegangenen Gesangseinlage durchaus Methode hat. Wir befinden uns exakt in der Mitte des Films und wenn Sie sich an viele B-Filme erinnern, dann ist Ihnen mit Sicherheit auch aufgefallen, dass häufig die inzwischen zum Klischee gewordene Entspannungsszene in der Filmmitte zum Einsatz kam. Vor allem in finanziellen oder auch intellektuellen Billigproduktionen der 80er und 90er Jahre wird man regelmäßig damit überschüttet. Dies geschieht oft in Form von Liebes- und Sexszenen. Dieser innere Aufbau einer Geschichte ist eine äußerst simple und durchschaubare Formel, welche anspruchsvollere Produktionen wohlwissend zu vermeiden versuchen. Mit Murders in the Rue Morgue (1932) haben wir prompt den ersten größeren Horrorfilm gefunden, welcher diesem simplen Strickmuster folgt, denn jetzt ist es soweit und die unvermeidliche Liebesszene folgt der eine heile Welt suggerierenden Gesangsszene auf dem Fuße. Natürlich ist die Szene moralisch einwandfrei im Stil der 30er gehalten. Wir sehen diverse Paare im Park auf Bänken sitzend, unter Bäumen und Hecken liegend und im Teich spielend. Alle sind selbstverständlich vollständig bekleidet und Körperkontakte werden auf das Maß des gebotenen Anstandes reduziert. Stattdessen erleben wir ein halbes Dutzend heißer Liebesgeständnisse. Selbstverständlich sind auch Dupin und Camille zugegen und wir sehen eine weitere Szene, in welcher der Stil der Inszenierung so sehr dominiert, dass der eigentliche Inhalt vernachlässigbar wird. Diese Einstellung beginnt mit ein wenig Süßholzraspelei und einem darauf folgenden Ratespiel, in welchem Dupin herausfinden soll, wer Camille die neue Haube schenkte, bis sie ihm offenbart, dass es sich um ein Geschenk Dr. Mirakles handelt. Dieser Dialog ist eigentlich zu lang, aber er macht die Bühne für Karl Freunds Kameraarbeit frei. Freund zeigte sich experimentierfreudig und fixierte die Kamera an der Schaukel, auf welcher Camille sitzt und welche von Dupin fleißig angeschubst wird. Hierdurch schaukelt das Publikum mit. Camille befindet sich stets in der Bildmitte und der Hintergrund des Bildes bewegt sich; mal sieht man die Erde, dann schwenkt die Kamera zum Himmel und wieder zurück. Eine außergewöhnliche Einstellung, bei welcher manche Zuschauer auch ein flaues Gefühl in ihrer Magengegend spüren - was 521 Das Dokument des Grauens Abbildung 15.16: Ein ungewöhnliches Zwiegespräch ... Abbildung 15.17: ... bei welchem der Zuschauer mitschaukelt wiederum von dem dünnen Dialog ablenkt, denn man ist zu sehr mit den visuellen Eindrücken beschäftigt, um sich noch hinreichend den gesprochenen Worten zu widmen. Doch das Ende der Szene zeigt, dass Robert Florey die Mechanismen des Horrorfilms nicht verstanden hat. Als Dupin die tatsächliche Herkunft der Haube erfährt, hält er entsetzt und besorgt die Schaukel an. Es folgt ein Schnitt auf eine andere Kameraposition. Anstelle jetzt Dupins Gedanken und Sorgen dem Publikum zu vermitteln, entschied sich Florey für den Einsatz eines vignettierenden Weichzeichners, welcher den romantischen Effekt der Liebesszene verstärkt. Am Abend nimmt Dupin anstelle von Camille die Einladung Dr. Mirakles wahr und begibt sich auf den Jahrmarkt. Dieser ist bereits von den Besuchern verlassen und der Abbau der einzelnen Buden hat begonnen. Dr. Mirakle reagiert etwas enttäuscht, als Dupin ihm offenbart, dass Camille seiner Einladung nicht folgen werde. Er fordert Dupin höflich zum Gehen auf. Doch Dupin hat anderes im Sinn. Er verwandelt den Besuch in ein Verhör des unheimlichen Doktors. Hier sehen wir einen durchdachten Einsatz der Kameraperspektiven. Entweder sehen wir Dupin vor dem sitzenden Dr. Mirakle stehen und auf ihn herabblicken, wodurch Dr. Mirakle in die Passivität gedrängt wird. Wir sehen Dr. Mirakle auch wiederholt über die Schulter Dupins gefilmt, das Filmpublikum blickt also ebenfalls auf Dr. Mirakle herab. Diese Einstellungen versetzen Dr. Mirakle in die Rolle eines Angeklagten, der die aktuelle Lage nicht mehr unter Kontrolle hat. Achten Sie auch auf die Einstellung aus der Totalen, als Dupin sich wieder von Dr. Mirakle abwendet und das Zelt zu verlassen beginnt. Dr. Mirakle dreht langsam sein Gesicht zur Kamera. Es bedarf keiner Worte, um zu verdeutlichen, dass Dr. Mirakle mit dieser Situation äußerst 522 15. Murders in the Rue Morgue (1932) unzufrieden ist. Dass Lugosis hierbei stark theatralisches und hölzernes Schauspiel ein Bestandteil dieser Einstellung blieb, schmälert die Regieleistung jedoch wieder und lässt vermuten, dass die Kameraperspektiven vor allem auf den Einfluss Karl Freunds zurückzuführen sind. Dr. Mirakle teilt Dupin mit, er werde noch diesen Abend mit dem Rest der Schausteller Paris verlassen und nach München weiterziehen. Doch beim Verlassen der Bude hört Dupin von den anwesenden Arbeitern, Dr. Mirakle habe die Truppe verlassen und werde in Paris bleiben. Jetzt ist Dupin klar, dass Dr. Mirakle eine zwielichtige Gestalt ist! Wir, das Publikum, wissen das leider bereits schon von Anfang an, weshalb diese Erkenntnis Dupins uns nicht weiter tangiert; der Film hätte sich kaum weiter vom innovativen erzählerischen Stil Poes entfernen können, als er es bislang tat. Dupin verfolgt Dr. Mirakle und Erik zu ihrem Haus. Danach eilt er zu Camille, um ihr zu berichten. Auch wenn man ignoriert, dass dieser Bericht nur ein bislang nicht gezeigtes Fragment der bereits gezeigten Balkonszene ist und innerhalb eines Schnittes aus der stockfinsteren Nacht wieder heller Tag wurde, ist diese Passage wieder sehr banal. Der eigentliche Bericht über Dr. Mirakle ist in wenigen Sätzen abgehandelt, dann geht es wieder vorrangig um die Schönheit der Dächer, die wie Sterne funkelnden Fenster der Häuser und andere Themen, welche die Belanglosigkeit weiter Teile des Skripts demonstrieren. Zwischenschnitte, welche Dr. Mirakle unter dem Balkon Camilles lauschend zeigen, verbergen ebenfalls nicht, dass diese Einstellungen anders geplant waren und dann umgeschnitten wurden. Da diese Szene in den aktuellen Handlungsfluss gut hineinpasst, können wir davon ausgehen, dass die erste Balkonszene mit Dupins Liebesschwur im Skript ebenfalls hier vorgesehen war, dann von Florey jedoch aus dem Kontext herausgerissen und an den Anfang des Films gesetzt wurde. Im Skript gibt es sehr viele Schwachstellen und Robert Florey gab sich alle Mühe, die noch brauchbaren und nicht zensurbedrohten Reste in der post production durch dramaturgisch sinnentleerte Umschnitte wie diesen zu vernichten. Beachten Sie auch das Aussehen des Balkons, als Karl Freund zu einer verwegenen Kamerafahrt von Dr. Mirakles Gesicht hinauf zu den beiden Liebenden ansetzt. In den Balkonszenen von zuvor, welche in einem anderen Studio gedreht wurden, hat der Balkon hinter dem gusseisernen Geländer noch eine aus Steinen geformte Brüstung zu bieten und scheint auch ausgesprochen groß zu sein. In dieser Szene sieht der Balkon aber völlig anders aus. Derartiges kann man kaum einen unbeabsichtigten Regiefehler nennen. Es dürfte vielmehr ein Symptom für die einschränkende Budgetplanung sein. Allerdings nahm Florey diese Diskrepanz unnötigerweise in Kauf; ob aus Versehen oder beabsichtigt spielt keine Rolle, denn in beiden Fällen bekleckerte sich Florey nicht mit Ruhm. Dupin verlässt Camille, aber nicht, ohne sich vorher von ihr versprechen zu lassen, dass sie ihre Tür abschließt. Dies macht sich auch brav. 523 Das Dokument des Grauens Murders in the Rue Morgue (1932) demonstriert in der folgenden Einstellung, dass das Klischee der wenig mitdenkenden Weiblichkeit keine Erfindung des modernen Horrorfilms ist, als sie die Tür wieder öffnet, nachdem Dr. Mirakle ein wenig seine Stimme verstellt und Camille glauben lässt, er wäre Dupin. Und selbstverständlich lässt sie sich sogar auf eine Diskussion mit dem Schurken ein. Fragen Sie hier nicht nach dem Sinn, sondern beobachten Sie besser Bela Lugosis Versuch des Schauspiels. Sie haben hier die Gelegenheit, in bodenlose Abgründe zu blicken. Gegen Ende der Szene, wenn kurz nachdem Dr. Mirakle er von Erik zu reden beginnt, wird es interessant, denn aber hier übertreibt Lugosi derart, dass der Eindruck entsteht, er sei betrunken und würde gleich durch den Türrahmen ins Zimmer fallen. Camille weigert sich, mit Dr. Mirakle Abbildung 15.18: Oh non Monsieur ... zu gehen. Doch dieser gibt sich nicht gegleich schreie ich! schlagen. Wieder zurück bei seiner Kutsche lässt er Erik aussteigen und weist ihn an, die Fassade des Hauses bis zur Wohnung Camilles und ihrer Mutter emporzuklettern. Währendessen löst Dupin an seinem Schreibtisch das Rätsel: Dr. Mirakle injizierte seinen Opfern das Blut des Gorillas! Leider können wir Zuschauer mit unserer göttlichen Perspektive diese Entdeckung nicht in gleichem Maße freudig und überrascht zu Kenntnis nehmen wie Dupin. Dupin ahnt, in welcher Gefahr sich Camille befinden könnte und läuft durch die Stadt zu ihr. Doch Erik ist bereits über den Balkon in die Wohnung eingestiegen. Robert Florey imitiert durch ein Wechselspiel von Licht und Schatten die Szene aus Murnaus expressionistischem Stummfilmklassiker Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens (1922), in welcher der Vampir in Hutters Haus eindringt und sein Schatten an der Wand das Einzige ist, was das Publikum von der Kreatur zu sehen bekommt. Florey kopiert dies Szene jedoch schlecht; die Inneneinrichtung ist zu überladen und das Lichtspiel an der Wand wird zu stark durch andere Schatten gestört, außerdem reizen selbst der Schatten des Affenkostüms und die hoch über den Kopf erhobenen Gorillapfoten noch eher zum Lächeln als zum Gruseln. Bei Camille wirkt der Anblick jedoch drehbuchgerecht: Sie erwacht, der Schimpanse aus der stock footage grunzt, Camille schreit und fällt umgehend in Ohnmacht. Ihre Mutter erwacht durch den Schrei und begibt sich in Camilles Zimmer, um zu sehen, was geschehen ist. Camille liegt ohne Bewusstsein auf ihrem Bett. Ihre Mutter 524 15. Murders in the Rue Morgue (1932) sieht den Gorilla, der sich ihr aus einer Zimmerecke mit den Armen fuchtelnd nähert, nicht sofort. Dupin, der in diesem Moment das Treppenhaus betritt, hört nur die gellenden Schreie. Mithilfe einiger Passanten und eines Polizisten bricht er die Tür zu Camilles Wohnung auf, doch es ist zu spät; die beiden Frauen sind verschwunden. Bereiten Sie sich nun auf eine Szene vor, welche das Potenzial hat, sich als ausgesprochen qualvoll für das Publikum zu erweisen. Abbildung 15.19: Der Schrecken naht Der Polizeipräfekt erscheint und verhört die Nachbarn der Verschwundenen. Wir bekommen es mit Franz Odenheimer zu tun, einem Deutschen, der darauf schwört, dass er jemanden in einer fremden Sprache habe reden hören, und zwar sei es ganz klar italienisch gewesen. Dem widerspricht Alberto Montani, denn er sei Italiener und wisse somit, wie sich die italienische Sprache anhöre und es habe sich in Wahrheit selbstverständlich um dänisch gehandelt. Natürlich ist auch ein Däne anwesend, dessen Widerspruch nicht lange auf sich warten lässt und der behauptet, es habe sich um deutsche Sprache gehandelt. Herr Odenheimer findet das nicht witzig und schon streiten sich die drei, wer denn nun recht habe. Diese Szene dauert fast drei Minuten und ist die nervigste aller Sequenzen, mit denen Robert Florey sein Publikum foltert. Die Passage ist dank der ständigen Wiederholung und Vorhersehbarkeit sehr langweilig und eingebaute Klischees machen sie auch noch lächerlich; der Tiefpunkt ist hier dann erreicht, als Odenheimer auf deutsch zu schimpfen beginnt und hierbei die auch schon damals bekannte Aussprache und Gestik Adolf Hitlers nachahmt. Danach ist Dupin an der Reihe. Er teilt den Anwesenden mit, dass ein Gorilla die Tat beging, doch niemand schenkt ihm Glauben. Dupin behauptet, eine der Frauen sei entführt worden und die Leiche der anderen müsse sich noch im Raum befinden. Als wäre dies ein Stichwort, öffnet einer der Polizisten den Kamin, in welchem die Leiche von Camilles Mutter baumelt. Daraufhin wird Dupin selbst des Mordes verdächtigt! Hier haben die Autoren offenbar vergessen, dass Dupin zusammen mit der Polizei die Treppen hinaufstürmte und die Tür aufbrach, während noch die Schreie der Verschollenen zu hören waren. 525 Das Dokument des Grauens Dupin erläutert seine Sicht des Geschehens, lastet Dr. Mirakle die drei Morde der vergangenen Tage an und wie um seine These zu untermauern, taucht im Kamin noch ein Haarbüschel des Gorillas auf, welches den Polizeipräfekten von Dupins Unschuld und dem Wahrheitsgehalt seiner Worte überzeugt. Dr. Mirakle bereitet sein Experiment an Camille vor. Beachten Sie in dieser und den folgenden Szenen die Kulissen aufmerksam. Hier lässt sich nun recht gut erkennen, dass Murders in the Rue Morgue (1932) in den Sets von Frankenstein (1931) entstand. Man sieht von den Bauten genug, um sich zu wundern, weshalb das mitten in Paris stehende Haus von innen betrachtet wie eine mittelalterliche Burg erscheint. Florey war jedoch schlau genug, die Abbildung 15.20: Ist ein ein Haus in Paris? Sets nicht aus der gleichen Perspektive Oder doch eine Burg? zu filmen, wie es James Whale kurz zuvor tat, sodass die dicken Mauern und vergitterten Fenster zwar vertraut erscheinen, aber nicht wie eine direkte Neuverwertung. So wurde zum Beispiel das Fenster, durch welches der Diener Janos das Eintreffen Dupins mit der Polizei beobachtet, vor allem für Werbefotos mit Boris Karloff verwendet, und ist in Frankenstein (1931) nur vereinzelt im Bildhintergrund zu sehen. Janos warnt seinen Dienstherrn vor den ungebetenen Besuchern. Dr. Mirakle denkt jedoch nicht daran, sein Experiment abzubrechen und zu fliehen. Er will es unbedingt zu Ende führen und schickt Janos zur Eingangstür hinab, damit er die Polizei aufhalten möge. Janos tut wie ihm geheißen. Als Dr. Mirakle die Tür von Eriks Käfig öffnet, geht dieser auf ihn los. Einen Grund hierfür vermittelt der Film nicht andeutungsweise, es ist einfach eiAbbildung 15.21: Erik greift Dr. Mirakle ne Tatsache, welche der Zuschauer zu akan zeptieren hat. Erik würgt seinen Meister und Dr. Mirakle sinkt mit erhobenen Armen wie ein sterbender Schwan zu Boden. Auch hier agiert Bela Lugosi wieder weit über die Grenze des angemessenen Schauspiels hinaus, was Florey mit erneuten Schattenspielen und in den Film hineingeschnittenen Aufnahmen des Schimpansen garniert. 526 15. Murders in the Rue Morgue (1932) Janos verbarrikadiert die Eingangstür mit seinem Körper und wird erschossen, als die Polizisten auf das Türschloss schießen. Dupin und seine Begleiter stürmen in das Gemäuer, doch sie sind wieder zu spät. Erik hat sich Camilles über die Schulter geworfen und flieht über die Dächer von Paris. Die Szenen, in welchen der als Menschenaffe verkleidete Schauspieler Charles Gemora eine unter seinen Arm geklemmte Frauenpuppe über die Dächer schleppt, sind auffällig von Das Cabinet des Dr. Caligari (1919) inspiriert. Als Erik mit Camille über die Dächer flüchtet, können Sie erneut eine mangelhafte Szene bewundern. In dieser versucht Erik mit Camille unter dem Arm ein Regenrohr hochzuklettern. Das Rohr bricht, Erik fällt wieder hinab und unter den Aufschreien der tief unter ihnen auf Abbildung 15.22: Flucht über die Dächer der Straße stehenden Zaungäste, welche von Paris ähnliche Reaktionen im Kinosaal provozieren sollen, lässt der Affe beinahe Camille in die Tiefe stürzen. Doch kaum ist der Schreckmoment abgeklungen, ist das Rohr wieder fest fixiert, als wäre nichts gewesen, und Erik klettert daran empor. Dupin entwendet einem Polizisten die Pistole und verfolgt Erik auf das Dach eines Hauses. Erik befindet sich in seiner Sackgasse; vor ihm endet der Fluchtweg hoch über dem Wasser der Seine, hinter ihm naht Dupin. Erik legt Camille ab und beginnt, Dupin zu bedrohen. Doch Dupin zielt mit der Pistole und erschießt den Affen, worauf dieser hinab in die Fluten stürzt. Bei diesem Showdown auf dem Dach werden Sie ein extremes Kantenflimmern um Eriks und Dupins Körper feststellen. Dies liegt daran, dass der Bildhintergrund mit der Seine und den am anderen Flussufer stehenden Gebäuden ein Modell war und der Bildvordergrund mit Dupin, Erik und Camille nachträglich hineinkopiert wurde. Die flimmern- Abbildung 15.23: Showdown vor der Moden Kanten, welche vor allem um Eriks dellstadt Fell stark auftreten, stammen von der Maske, welche benötigt wurde, um die Realszene und das Modell übereinander zu 527 Das Dokument des Grauens legen. Diese Einstellungen sind also reinrassige Spezialeffekte, als solche auch zu erkennen, aber damals durchaus auf der Höhe der Zeit. Das happy ending folgt umgehend. Dupin kann seine Camille in die Arme schließen, das Volk jubelt auf der Straße und Dr. Mirakles sterbliche Überreste werden in das Leichenhaus eingeliefert. Nach exakt einer Stunde Laufzeit erscheint wieder das Logo der Universal und die Darsteller werden erneut genannt, zusammen mit der von Universal gewohnten Überschrift „A good cast is worth repeating“. Inwiefern das gewohnte Schlusswort über die Besetzung des Films hier zutreffen mag, ist ausgesprochen diskussionswürdig. Leon Waycoff und Bert Roach liefern passable, durchschnittliche Leistungen ab, welche dem Film nicht weiter schaden. Bei Sidney Fox wird es hingegen schon eng, denn viel mehr als rehäugig in die Kamera zu schauen leistet sie eigentlich nicht. Es wäre falsch, sie als fehlbesetzt zu bezeichnen, aber das Talent dieser jungen Frau rechtfertigte die privilegierten Rollen, welche ihr zugedacht wurden, nicht. Bela Lugosi hingegen hat hier seinen ersten Leinwandauftritt der Ära nach Dracula (1930), in welchem er sich nach allen Kräften als völlig überbewertet zeigt. In Dracula (1930) glänzte er in einer Rolle, welche ihm nicht nur auf den Leib zugeschnitten war, sondern welche er auch selbst definiert hatte. Aber bereits die wenig anspruchsvolle Rolle des Dr. Mirakle stellt Lugosis darstellerische Defizite zur Schau. Lugosi zeigt ein gnadenloses Overacting, welches vielleicht in Stummfilmen noch einigermaßen gepasst hätte. Er beschränkt sich hierbei jedoch nur auf vereinzelte Auftritte und vor allem in Dialogszenen bleibt er im Gegenzug unglaublich blass. Lugosi befördert ein Schauspiel, welches einem Provinztheater entronnen zu sein scheint - ein unbeholfener Pantomime, der sich auf die große Leinwand verirrte. Aber genauso führt Murders in the Rue Morgue (1932) ebenso wie Lugosis ähnlich fehlgeleiteter Auftritt als Murder Legendre in White Zombie (1932) vor Augen, dass der Mann eine ungeheure Ausstrahlung hatte. Ein Blick von ihm in Richtung der Kamera reicht und schon zieht er das Publikum in seinen Bann wie Graf Dracula einst seine Opfer. Doch auch wenn die darstellerischen Leistungen in Murders in the Rue Morgue (1932) größtenteils nur zwischen „hölzern“ und „theatralisch“ schwanken und keine wahre Qualität zeigen, wäre es unfair, das grandiose Scheitern des Films an ihnen festzumachen. Die eigentliche Ursache hierfür trägt nur einen Namen: Robert Florey. Die Grundlage der filmischen Katastrophe legte bereits Floreys Entwurf der Geschichte, welche der Film erzählen sollte. Edgar Allan Poe wäre mit Sicherheit über den Film und seine prominente Nennung auf der Titelkarte nicht erfreut gewesen, denn die Berührungspunkte zwischen Murders in the Rue Morgue (1932) und der literarischen Vorlage sind so gering, dass man ohne zu zögern den Begriff der kommerziellen Ausschlachtung in den Mund nehmen darf. 528 15. Murders in the Rue Morgue (1932) Lediglich die Szene, in welcher Dupin sich am Schauplatz des Mordes an Camilles Mutter aufhält, hat Ähnlichkeit mit Poes Erzählung. Die in den Kamin gestopfte Leiche, der gezwungene Dialog, in welchem die Herkunft der Sprache der Täter ausdiskutiert wird und natürlich der Affe als Täter dieses einen Mordes entstammen der Vorlage. Der Rest des Films hat mit Poes Murders in the Rue Morgue nichts mehr gemein. Stattdessen gab sich Florey seiner Leidenschaft für deutsche Stummfilme hin und nutzte die Gelegenheit, um aus Murders in the Rue Morgue (1932) ein schlechtes Plagiat von Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari (1919) zu machen. Etliche Szenen, Motive und Ideen kopierte Florey fast 1:1. Dazu gehört die Eröffnungsszene auf dem Jahrmarkt. Dr. Mirakle ist eine Neuauflage von Dr. Caligari, er präsentiert lediglich einen Gorilla anstelle des Somnambulen. Der nachträgliche Besuch Dupins bei Dr. Mirakle erinnert an die Stippvisite, welche Jane in Wienes Film unternahm. Camille wird nicht ermordet, sondern entführt und über die Dächer der Stadt getragen, inhaltlich und teilweise sogar optisch identisch zu der Entführung Janes durch Cesare. Murders in the Rue Morgue (1932) lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Robert Florey nicht an einer adäquaten Poe-Verfilmung interessiert war, sondern vorrangig seinen eigenen Idolen huldigte und diese kopierte. Dies wäre noch verschmerzbar, wäre Robert Floreys Leistung als Regisseur nicht so unterirdisch schlecht. Dies macht sich vor allem in der Vielzahl von Schlampigkeiten, die sich durch den ganzen Film ziehen, bemerkbar. Auch wäre es seine Aufgabe gewesen, seine Darsteller zu besseren Leistungen zu führen, was er jedoch vor allem bei Lugosi stark vernachlässigte. Doch seine größte Pflicht, welche ihm sein eigenes Konzept auferlegte, wäre eine vollkommene künstlerische Leistung gewesen und auch hier versagt Florey auf ganzer Linie. Er kopierte die großen Expressionisten des deutschen Films, ohne selbst in der Lage zu sein, diese Kopie handwerklich korrekt auszuführen oder gar weiterzuentwickeln. Stattdessen lieferte er einzelne künstlerische Fragmente, welche er von alten Klassikern übernahm, und kleisterte sie zu einem unvollkommenen Ergebnis zusammen - eine Sammlung von Puzzleteilen erscheint, die einfach nicht zueinander passen wollen. Das einzige, was Florey hier vor dem völligen künstlerischen Gesichtsverlust rettet, ist die exquisite Kameraarbeit von Karl Freund, der alle Register seines Könnens zog. Nach dem Ansehen von Murders in the Rue Morgue (1932) drängt sich vor allem ein Gedanke auf: Was für ein herrlicher Film hätte dabei herauskommen können, wenn der immens begabte George Melford an Floreys Stelle den Film hätte drehen dürfen? Doch der Gedanke hat einen faden Beigeschmack, denn dies würde bedeuten, dass Florey auf dem Regiestuhl von Frankenstein (1931) Platz genommen hätte - und dann wäre bestimmt nicht das richtungsweisende und filmhistorisch prägnante Meisterwerk des Horrors dabei herausgekommen, welches James Whale ablieferte. Robert Florey werden wir im weiteren Verlauf der Geschichte des Horrorfilms nur noch ein weiteres Mal begegnen und bis dahin wird auch noch einige Zeit vergehen. Er nahm noch für The Beast With Five Fingers (1946) auf dem Regiestuhl Platz, ohne jedoch die Gelegenheit zu ähnlich prägnanten Fehlleistungen wie bei Murders in 529 Das Dokument des Grauens the Rue Morgue (1932) zu haben. The Beast With Five Fingers (1946) basiert auf einem Drehbuch des äußerst begabten Autoren Curt Siodmak, welches sich an Orlaks Hände (1924) anlehnte. Der Film ist inhaltlich sehr interessant, da er die Blaupause für das „eiskalte Händchen“ aus der TV-Serie The Addams Family (1964-1966) lieferte. Außerdem stand mit Peter Lorre ein Ausnahmeschauspieler vor der Kamera. Bei diesem Film wird uns Florey dann nur noch am Rande stören. Die Zukunft einer anderen an Murders in the Rue Morgue (1932) Mitwirkenden ist ungleich interessanter. Arlene Francis verschwand nach ihrem Debüt als gefoltertes Mordopfer, welches es sogar auf das Filmplakat schaffte, wieder sehr schnell von den Leinwänden Hollywoods. Sie erhielt zwar viele Angebote, aber darunter fanden sich keine seriösen Rollen. Zu jener Zeit war in den USA ein Schönheitswahn ausgebrochen, die plastische Chirurgie war in aller Munde und so manches Starlet legte sich unter das Messer zwielichtiger Weißkittel, um sein Äußeres korrigieren zu lassen. Aus diesem Grunde verlangten etliche Produzenten von Arlene, sie möge ihre Nase korrigieren lassen, da diese angeblich zu groß geraten sei, um dem gängigen Schönheitsideal zu entsprechen. Arlene lehnte ab und schließlich reiste ihr Vater nach Los Angeles, packte seine Tochter und holte sie aus dem Moloch Hollywood wieder heraus. Stattdessen führte sie das Schicksal an den Broadway. Ihr Debüt auf den berühmten Brettern hatte sie im Jahr 1936, zwei Jahre später trat sie bereits in Danton’s Death von Orson Welles auf und 1942 feierte sie ihren Durchbruch in The Doughgirls, einer Aufführung, welche eineinhalb Jahre auf dem Broadway gezeigt wurde. Danach wandte sie sich dem Radio zu, bis sie im Jahr 1950 für eine Serie namens What’s My Line? unterschrieb. Diese Spielshow der CBS wurde zur erfolgreichsten Serie im amerikanischen Fernsehen und lief insgesamt 25 Jahre. Eine deutschsprachige Variante ließ nicht lange auf sich warten. Sie wurde ab 1955 unter dem Titel Was bin ich? in der ARD gezeigt und erwies sich unter der Leitung des Showmasters Robert Lembke ebenfalls als immens erfolgreich. What’s My Line? machte Arlene Francis zur bekanntesten und bestbezahlten Darstellerin der USA - bekannter und reicher, als sie es in Hollywood jemals hätte werden können. Eine abschließende Bewertung von Murders in the Rue Morgue (1932) fällt nicht leicht. Der Film bewegt sich auf dem hauchdünnen Grat zwischen einem akzeptablen Film und einem Desaster. Jeder Zuschauer sollte für sich entscheiden, in welche Richtung er am ehesten tendiert. Wäre Karl Freund nicht an dem Film beteiligt gewesen, wäre die Antwort eindeutig zulasten des Films ausgefallen, denn die in diesem Fall übrig bleibende Substanz ist einfach so dünn, dass man sie kaum noch wahrnehmen kann. Der Film ist auch trotz seiner Kürze von gerade mal 62 Minuten in der ungeschnittenen Fassung viel zu lang; würde man all den lückenfüllenden Ballast entfernen, wäre er wohl nach 35 Minuten zu Ende. Doch in einem Punkt dürfte Einigkeit herrschen: Von all den Filmen, welche im Rahmen von Universals erstem Horrorzyklus entstanden, ist er unbestritten der Schlechteste. 530 15. Murders in the Rue Morgue (1932) Sollten Sie jedoch Gefallen an schlechten B-Produktionen haben, könnte ihnen Murders in the Rue Morgue (1932) durchaus Spaß bereiten. Das Motiv eines mordenden Gorillas war bereits zum Ende der Stummfilmära völlig breitgelatscht und wurde fast ausschließlich mit miserablen Filmen in Verbindung gebracht, sodass es schon 1932 fast an Wahnsinn grenzte, diesen Kalauer nochmals aufzuwärmen. Murders in the Rue Morgue (1932) versucht auch erst gar nicht, dem Motiv neue Seiten abzugewinnen, sondern suhlt sich in althergebrachten Darstellungen, was durch die völlig abstrus hineingeschnittenen Schimpansenaufnahmen aus heutiger Sicht für eine kräftige Mischung aus unfreiwilliger Komik und purstem Dilettantismus sorgt. Zusammen mit der grottig schlechten darstellerischen Leistung Lugosis kann der Film als trashiger Vorläufer des Monsterfilms betrachtet werden, ein Jahr bevor King Kong (1933) den eigentlichen Grundstein für dieses Subgenre legte. Allerdings ist Murders in the Rue Morgue (1932) streckenweise zu langweilig und nimmt sich selbst auch viel zu ernst, um als Partykracher erfolgreich zu sein. Murders in the Rue Morgue (1932) ist daher auch unter diesem Blickwinkel eher nur erfahreneren Anhängern des Trash zu empfehlen. Aus cineastischer Sicht ist Murders in the Rue Morgue (1932) vorrangig ein Beispiel dafür, dass gute Horrorfilme nicht einfach mit einem Fingerschnippen erzeugt werden können, sondern vielmehr Regisseure brauchen, welche den Anforderungen gerecht werden, die das Genre an sie stellt. Murders in the Rue Morgue (1932) erhielt im Zuge des kollektiven Aufschreis des moralingesäuerten Amerikas mehr Publicity, als er eigentlich verdiente. Doch letzten Endes wurde aus dem Film ein berechtigter Flop an den Kinokassen. 531 Literaturverzeichnis [1] John T. Soister, Of Gods and Monsters: A Critical Guide to Universal Studios’ Science Fiction, Horror and Mystery Films, 1929-1939, McFarland & Company, Inc., S. 74f. [2] Michael H. Price, George E. Turner, Forgotten Horrors: Early Talkie Chillers from Poverty Row, A.S. 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(1955), 91 Januskopf, Der (1920), 83, 86, 290, 292 Jaws (1975), 29 Jekyll Hyde: The Musical (2001), 312 Jesse James Meets Frankenstein’s Daughter (1966), 262, 263 Juif polonais, Le (1931), 438 Jurassic Park (1993), 336 Just Imagine (1930), 42, 42 Kennel Murder Case, The (1933), 19 King Kong (1933), 4, 28, 366, 472, 512, 524, 537 King of the Wild (1931), 441, 444 King of the Zombies (1941), 463, 595, 596 Land of the Dead (2005), 579 Last Hour, The (1930), 41 Last House on the Left (2009), 149 Leopard Lady, The (1928), 513 Lightning Warrior, The (1931), 444, 445 Liliom (1930), 35, 36 Liliom (1933), 36 Limping Man, The, siehe Creeping Shadows (1931) London After Midnight (1927), 85, 123, 506 M (1931), 168, 171, 171–174, 177–182, 191, 193, 194, 198–201, 437 M: Eine Stadt sucht einen Mörder, siehe M (1931) Mörder unter uns, siehe M (1931) Müde Tod, Der (1921), 176 Mad Doctor of Blood Island (1968), 260 Mad Genius, The (1931), 445, 445, 446 Mad Ghoul, The (1943), 409 Mad Love (1935), 181, 467 Mad Monster Party (1967), 302 Maldición de Frankenstein, La (1972), 271, 272 610 Man from Planet X, The (1951), 194, 298 Man Who Laughs, The (1928), 89, 210, 461, 516 Mangler, The (1996), 148 Maniac (1934), 501 Manoir du diable, Le (1896), 3 Marca del Hombro-lobo, La (1968), 264 Marihuana (1936), 501 Mark of Terror, siehe Drums of Jeopardy (1931) Mark of the Vampire (1935), 148, 149, 406 Mary Reilly (1996), 311 Maximum Overdrive (1986), 148 Memoirs of an Invisible Man (1992), 321, 322 Mesa of Lost Women (1952), 479 Metropolis (1926), 171, 172, 176, 178, 200, 229 Metropolis (1927), 42, 550 Midnight Mystery (1930), 22 Miss Jekyll and Madame Hyde (1915), 290 Monster (2003), 173 Monster Show, The, siehe Freaks (1932) Monster, The (1925), 60, 62, 72, 228 Monstrous del terror, Los (1969), 264 Monstruos del terror, Los (1969), 264 Monstruos del terror, Los (1970), 303 Morde in der Rue Morgue, siehe Murders in the Rue Morgue (1932) Most Dangerous Game, The (1932), 366, 396, 511, 524 Mother’s Day (2010), 149 Mummy’s Curse, The (1944), 407 Mummy’s Ghost, The (1944), 92 Mummy’s Hand, The (1940), 471 Mummy’s Tomb, The (1942), 471 Mummy, The (1932), 4, 463, 511, 524 Murder by the Clock (1931), 396, 446 Murders in the Rue Morgie (1932), 512 Filmindex Picture of Dorian Gray, The (1945), 405 Piel que habito, La (2011), 223 Plague of the Zombies, The (1966), 603, 604 Plan 9 from Outer Space (1959), 602 Polish Jew, The, siehe Juif polonais, Le (1931) Poltergeist (1982), 50 Nachts, wenn Dracula erwacht (1969), Princess and the Frog, The (2009), 610 Procureur Hallers, Le (1930), 32 270 Psycho (1960), 173, 310 Narcotic (1932), 501 Nature’s Mistakes, siehe Freaks (1932) New Adventures of Dr. Fu Manchu, siehe Rasputin, Demon with Wives, siehe Rasputin: Dämon der Frauen (1930) Return of Dr. Fu Manchu, The (1930) Night of the Living Dead (1968), 149, Rasputin: Dämon der Frauen (1930), 34 Rasuto Furankenshutain (1991), 286, 287 506, 580, 602, 604 Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens Raven, The (1963), 181 (1922), 3, 44, 83, 95, 102, 103, 106, Re-Animator (1986), 345, 346 Reazione a catena (1971), 173 133, 390, 530 Not Against the Flesh, siehe Vampyr: Der Reefer Madness (1936), 503, 506 Return of Chandu, The (1934), 22 Traum des Allan Grey (1932) Return of Dr. Fu Manchu, The (1930), 31, Nutty Professor, The (1963), 300, 301 31, 439 Return of the Fly (1959), 326–329 Offspring, The (1987), 479 Revenge of Frankenstein, The (1958), Old Dark House, The (1932), 366 245, 247 Omega Man, The (1971), 228 Revenge of the Zombies (1943), 92, 597, Orgía del los muertos, La (1973), 303 598 Orlacs Hände (1924), 467 Revolt of the Zombies (1936), 594 Orlaks Hände (1924), 536 Rocky Horror Picture Show, The (1975), Orphée (1950), 54 148, 277–279 Other One, The, siehe Andere, Der (1930) Rojo Sangre (2004), 303 Outward Bound (1930), 30 Roma contro Roma (1964), 603 Peeping Tom (1959), 171, 173 Sang d’un poète, Le (1930), 45, 45, 46, Penalty, The (1920), 4 51, 52, 54, 55 Perfect Alibi, The, siehe Birds of Prey Santo contra la hija de Frankestein (1971), (1930) 268 Pet Sematary (1989), 149, 486 Phantom of Paris, The (1931), 10, 448, Santo contra los zombies (1962), 603 Satan’s Sadists (1969), 266 467, 479 Phantom of the Opera, The (1925), 4, 9, Savage Intruder (1969), 413 Saw (2004), 18 16, 44, 89, 95, 136 Scared Stiff (1953), 595 Phantom, The (1931), 447 Murders in the Rue Morgue (1932), 11, 359, 424, 500, 511–517, 521, 524, 527, 529, 532, 534–537 Mysterious Dr. Fu Manchu, The (1929), 31, 439 Mystery of the Wax Museum (1933), 366, 406, 512 611 Das Dokument des Grauens Scared the Death (1947), 479 Scotland Yard (1930), 37, 37 Sea Bat, The (1930), 29, 29, 30 Secret Witness, The (1931), 448 Sei donne per l’assassino (1964), 173 Seltsame Geschichte des David Gray, Die, siehe Vampyr: Der Traum des Allan Grey (1932) Serpent and the Rainbow, The (1988), 593 Seven (1995), 18 Seven Footprints to Satan (1929), 479 She Freak (1967), 506 Sherlock Holmes Faces Death (1943), 409 Shining, The (1980), 73, 149 Show, The (1927), 455 Silence of the Lambs, The (1991), 173 Skæbnesvangre opfindelse, Den (1909), 290 Something Wicked this Way Comes (1983), 479 Son of Dr. Jekyll, The (1951), 294, 296, 298 Son of Frankenstein (1939), 234, 236, 248, 277, 359, 401 Son of Ingagi (1940), 28 Soul of a Monster (1944), 409 Spanish Dracula, siehe Drácula (1931) Spectre Vert, Le (1930), 38 Spider, The (1931), 449, 449 Spiral Staircase, The (1946), 72 Spooks (1930), 44 Spooks Run Wild (1940), 479 Staatsanwalt Hallers, siehe Andere, Der (1930) Strange Adventure of David Gray, The, siehe Vampyr: Der Traum des Allan Grey (1932) Such Men Are Dangerous (1930), 36, 37 Sugar Hill (1974), 604 Svengali (1931), 125, 205, 206, 210–213, 217, 437, 445, 446, 453 Tarantula (1955), 334 612 Teenage Zombies (1959), 602 Temple Tower (1930), 38, 38 Terror Il castello delle donne maledette (1974), 275 Terror by Night, siehe Secret Witness, The (1931) Terrors (1930), 28, 28, 29 Testament des Dr. Mabuse, Das (1932), 174, 201 Testament du Docteur Cordelier, Le (1959), 298, 299, 311 Texas Chain Saw Massacre, The (1973), 149 Texas Chain Saw Massacre, The (1974), 173 The Bells (1931), 438 The Bride(1985), 283 The Two Faces of Dr. Jekyll (1960), 299, 300 Them (1954), 599 Thirteenth Chair, The (1929), 406, 467 Thirteenth Chair, The (1937), 406 Tirlby (1923), 206 Tomei kaijin (1958), 318 Tomei ningen (1954), 318 Tower of London (1939), 406, 409 Trilby (1915), 206 Twelfth Hour, The, siehe Zwölfte Stunde: Eine Nacht des Grauens, Die (1930) Twilight People, The (1973), 260 Two Faces of Dr. Jekyll, The (1960), 299, 300, 307 Ultimo uomo della Terra (1964), 602 Undying Monster, The (1942), 407, 409 Unholy Night, The (1929), 38 Unholy Three, The (1925), 9, 454, 455 Unholy Three, The (1930), 9, 10–12, 24, 454 Unknown Purple, The (1923), 60, 62 Filmindex Unknown, The (1927), 4, 455, 470, 480, Voodoo Island (1957), 606 Voodoo Man (1944), 92, 606 486, 507 Vredens dag (1943), 576 Vudú sangriento (1974), 607 Valley of the Zombies (1946), 91 Vampire, The, siehe Vampyr: Der Traum Werewolf of London (1935), 424 des Allan Grey (1932) West of Zanzibar (1928), 455, 465, 470, Vampires, Les (1915–16), 62 498 Vampyr, siehe Vampyr: Der Traum des White Zombie (1932), 534, 585, 594, 595, Allan Grey (1932) 605 Vampyr (1932), 54 Vampyr: Der Traum des Allan Grey Wizard of Oz, The (1939), 12 (1932), 541, 542, 546–550, 555, 558, Wolf Man, the (1941), 4 Woman Eater, The (1958), 601 568, 574–576 Vampyr: L’Étrange aventure de David World War Z (2013), 579 Gray, siehe Vampyr: Der Traum des Young Frankenstein (1974), 276, 277, 371 Allan Grey (1932) Young Frankenstein (1975), 277 Vampyros Lesbos (1971), 270 Vertigo (1958), 191 Victor Frankenstein (1976), 279 Zombi Holocaust (1980), 341, 605 Vie amoureuse de l’homme invisible, La Zombies of Mora Tau (1957), 599, 600 Zombies of the Stratosphere (1952), 599 (1970), 319, 320 Zombies on Broadway (1945), 598, 600 Voice from the Sky, The (1930), 43, 43 Voluntad del muerto, La (1930), 16, 16, Zwölfte Stunde: Eine Nacht des Grauens, Die (1930), 44 22, 124 613