Der 30. Herrentrunk aus der Sicht von Alfred Hengstler
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Der 30. Herrentrunk aus der Sicht von Alfred Hengstler
Mittelalterliches Spektakel in Offenburg-Bohlsbach Bereits seit 1985 gibt es den Herrentrunk der königlichprivilegierten Narrenschmiede der „Krabbenaze“ Bohlsbach aufgestellten Schindbock aufgehängt, mit einer klebrigen Masse beschmiert und anschliessend mit reichlich Federn „verziert“. Ein Versprechen, die Zunft zu atzen, ist zur Erlösung aus der Prozedur selbstverständlich. Stilvoll gewandet empfingen der Edle Meister der Narrenschmiede Ritter Manfred und Ritter Karl die Gäste in der Narrenschmiede Weithin bekannt ist die Narrenzunft „Krabbenaze“ aus dem Offenburger Ortsteil Bohlsbach eigentlich eher durch das immer wieder bei Narrentagen und sonstigen närrischen Anlässen aufgeführte „Hängen und Fleddern“, das intensiv an das früher im Wilden Westen als Strafe für alle möglichen Vergehen ausgeübte Teeren und Federn erinnert, allerdings als etwas verträglichere Variante. Seit 30 Jahren veranstalten die „Krabbenaze“ im Oktober den Herrentrunk, praktisch eine Zeitreise ins festliche Mittelalter. Ursprünglicher Anlass für dieses Spektakel war der Besuch seiner königl. Hoheit Prinz Luitpold 1983 beim 500jährigen Jubiläum der Herrenfasnacht in der ehemals Freien Reichsstadt Offenburg. Mit einem Ausflug verband die Narrenzunft die Einladung zu einem Ritterturnier ins bayerische Kaltenberg, der von seiner königl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern mit 111 Ltr. König Ludwig Dunkelbier belohnt wurde. Seit dieser Zeit ist die königlich privilegierte Narrenschmiede der Krabbenaze aktiv bei den Kaltenberger Ritterspielen mit dabei. Dabei wird ein prominenter Delinquent für seine „Vergehen“ zur Belustigung eines meist grossen Publikums am eigens dafür Die Vertreter des Helvetischen Fasnachtsrings (von links) Sekretärin Nadja Hatheyer, Präsident Ferdi Segmüller und Vize Markus Jeker labten sich gerne am angebotenen Met Stets wohlgelaunt präsentierte sich die Edle Dame Marlene (Zunftmeisterin Marlene Wieland) den Gästen Auch drei Jahrzehnte später landet noch jedes Jahr ein Fass dieses köstlichen Gerstensaftes in Bohlsbach und bildet neben Deftigem von der Sau, Sauerkraut und Knödeln eine wichtige Grundlage für den Herrentrunk – die hierzu eingeladenen Gäste dürfen sich schon zu den wichtigeren Persönlichkeiten zählen, namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Fasnachtslandschaft gehören dazu. Empfangen werden die Gäste im Rittersaal der „Narrenschmiede“ vom stilgerecht gewandeten Edlen Meister der Narrenschmiede, Ritter Manfred – im bürgerlichen Leben Ehrenpräsident Manfred Wieland – und von Ritter Karl (Ehrenpräsident Karl Küderle) zur Labung mit köstlichem Rittermet. Kredenzt wird dieser von den liebreizenden „Frouwelins“, die auch jedem der Gäste das obligatorische Ritter-Signum anheften. Mit ziemlich lautstarken, kräftigen Hammerschlägen werden die für die Zeremonie benötigten Schwerter von Zunftschmied Klaus Lerche bearbeitet Stilvoll und farbenfroh bekleidet sorgten die Spielleute der Gruppe „Ridewanz“ mit ihren mittelalterlichen Instrumenten für beste Unterhaltung gebrauchten Schwerter vom zünftig bekleideten Zunftschmied bearbeitet. Nach dem Umzug in den absolut stilgerecht dekorierten Zunftkeller wird dann aus einem frisch angestochenen Fass das überaus süffige königlich bayerische Bier zur Verkostung ausgeschenkt, Zum folgenden Tischgelage wird von reizenden Weiberleut und forschen Knappen in grossen Schüsseln Wasser zum Waschen der Hände und natürlich auch Handtüchlein gereicht, ebenso wird jedem Gast ein „Trulatz“ umgebunden. Allerlei Prominenz konnte Ritter Steven (Zunftpräsident) dann mit launigen, wohlgereimten Worten begrüssen, so eine Reihe von Rittern der Tafelrunde, Präsident und Vorstandsmitglieder des Helvetischen Fasnachtsrings, Wer sich Ritter Manfred und Ritter Karl gegenüber verpflichtete, der Trunksucht, der Völlerei, der Raffsucht, Geiz, Habsucht und Pfennigfuchserei und weiterer Sünden wie Fleischeslust, Geilheit und anderer vielgestaltiger Lasterey zu entsagen, dem wurde gnädig Ablass gewährt. Wer sich gar zu einer Pilgerreise ins Heilige Land bereit erklärte, wurde für dieses edle Vorhaben mit einem kunstvoll gestalteten Orden belohnt. Mit kräftigen Hammerschlägen wurden auch auf einem martialischen Amboss lautstark die für den späteren Ritterschlag In grossen Schüsseln wurde den Gästen Wasser zum Händewaschen gereicht und jedem auch ein „Trulatz“ zur Schonung der Kleidung umgebunden, stets unter Kontrolle von Ritter Steven geneigte Publikum mit gefühlvoll der Veranstaltung angepassten, mit grossem langanhaltendem Beifall des geneigten Publikums aufgenommenen Liedern. Nach der Ausgabe der gesiegelten „Tischzucht“, auf der in wohlgesetzten Worten und stilgerecht altdeutschem Sprachschatz das Benehmen bei Tisch mit vielerlei Verhaltensregeln ausführlich beschrieben wurde (auf die damals übliche Mit kräftigen Hornstössen kündete der farbenprächtig bekleidete Herold kommende Ereignisse an Präsidenten und Vertreter von Vereinigungen, Zünften und der politischen Gemeinde – kurzum eine bunte Vielfalt von erwartungsvollen, bedeutenden und auch fasnächtlich angefressenen Gästen. Zur Erbauung der Gäste spielten auf mittelalterlichen, teils ziemlich kuriosen Instrumenten und bekleidet mit ebenso stilgerechten Gewändern eine Gruppe von Spielleuten auf, die „Ridewanz“. Jeder der Musikanten beherrschte virtuos mehrere Instrumente und erfreut das Ein prächtiger, goldbraun gebackener Saukopf war unübersehbar die absolute Krönung der angebotenen „Schweinereien“ Tischsitte, die Knochen hinter sich zu werfen, wurde verzichtet) dann aber einer der Höhepunkte des Abends, auf riesigen Platten eine sehr üppige Fülle von Schweinereien, von einem farbenfroh gewandeten Herold mit kräftigen Hornstössen angekündigt: Deftige „Schweinereien“, leckere Knödel und Sauerkraut auf riesigen Platten im XXL-Format ergaben eine stabile Unterlage für das reichlich genossene dunkle Bier und den grosszügig angebotenen „Branntewein“ Man reichet Euch ein gut braun königliches Kaltenberger Bier, dazu ein fein gebraten Häxlein von der Sau, von dero selben ein fein Weisswürstchen & wen’s gelüst vom Schweinskopf oder Wädelchen, darob ein fein bereitet sauer Kraut, grossmächtig Ripplein und ein fein Knödel vulgo Klöss, in Laug gebache Brezen und auch Wecken sowie des Brannteweins, allhier bekannt als Rossler oder Obstler“. Auf einer „ellenlangen Ellen“ offerierte Ritter Steven sehr grosszügig Branntewein – auch als Rossler und Obstler bekannt Krönung alles Angebotenen war aber unbestritten ein ganzer, goldbraun gebackener Saukopf, der vom züchtig gewandeten Burgfräulein Aline Müller in den Saal getragen und zum Verzehr freigegeben wurde. Mit einer „ellenlagen“ Ellen, auf der gut und gerne ein Dutzend Gläslein mit deftigem Branntewein offeriert wurden, machte der unermüdliche Ritter Steven die Runde im Saal, seine Verteilerli kamen bei den inzwischen wohlgesättigten Besuchern bestens an. Mit einem kunstvoll gestalteten „Documentii“ und in würdigem Rahmen und stilvoller Umgebung wurde Peter Züger als „Ritter Peter vom See“ in die Bohlsbacher Ritterrunde aufgenommen Dann aber der absolute Höhepunkt des Abends, die Ernennung eines neuen Ritters der Bohlsbacher Tafelrunde mit Verleihung des „Silbernen Amboss“. Mit dem Juristen Peter Züger aus dem schweizerischen Lachen – als Präsident der Närrischen Europäischen Gemeinschaft höchster Fasnachter Europas – war den Bohlsbacher Krabbenaze wirklich ein grosser Wurf gelungen. Er reihte sich in die lange Liste der Ritterschaft ein, welcher z.B. seine königl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern und Dr. Heiner Geisler sowie Regierungspräsidenten angehören. Von Ritter Manfred, Ritter Karl und Ritter Steven wurde er von seinem Platz aus zur Bühne geleitet, dort empfangen von festlich gewandeten Rittern, Edelleuten und Burgfräuleins. Von den imposanten Rittern musste dann erst seine Muskulatur auf ihre Tauglichkeit zum Führen des rustikalen Schwertes überprüft werden. Mit einer feierlichen Zeremonie wurden ihm dann die untrüglichen Zeichen seiner neuen Würde angelegt: ein purpurroter, mit edlem Hermelin besetzter Umhang und die passende schwarze Kopfbedeckung. Auch einen goldfarbenen Helm mit stolzer Federzier musste er kurzfristig ertragen. Sehr feierlich und würdevoll dann der feierliche Ritterschlag zum „Ritter Peter vom See“ und die Verleihung des „Silbernen Amboss“, umrahmt von kräftigen Trommelwirbeln einer Gruppe von Landsknechten. Auf einem kunstvoll gestalteten „Documentii“ wurde dieses denkwürdige Ereignis auch für die staunende Nachwelt festgeschrieben, von den privilegierten Rittern und Edelleuten stilgerecht mit einem Federkiel signiert. Alle versammelten Ritter in ihren eindrucksvollen, den Kreuzrittern nachempfundenen Gewändern erwiesen dem neuen Mitglied der Bohlsbacher Ritterschaft ihre Reverenz, dadurch ergab sich auf der Bühne ein wirklich eindrucksvolles und farbenfrohes Bild. Noch lange verweilten die ob dieser beeindruckenden Feierlichkeiten doch sehr beeindruckten Gäste und genossen auch weiterhin bei angeregten Unterhaltungen noch weiterhin gerne das von Prinz Luitpold von Bayern so grosszügig gespendete köstlich-süffige dunkle Bier. Text: Alfred Hengstler, DE-Konstanz Bilder: Karl Küderle, DE-Offenburg Alfred Hengstler, DE-Konstanz Es ist vollbracht: Ritter „Peter vom See“ präsentiert sich – flankiert von Ritter Karl und Ritter Manfred – mit den Insignien seiner neuen Würde