EINE ZARTE PFLANZE NAMENS VENUS
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EINE ZARTE PFLANZE NAMENS VENUS
1 EINE ZARTE PFLANZE NAMENS VENUS... ...UND DER HARTE TYP AUS CELLE In Kathrin Busses Gärtnerei in Böddenstedt ist die Vielfalt zu Hause VON MARION KORTH FOTOS: INKA LYKKA KORTH E ine kleine Gärtnerei in einem kleinen Dorf – Besuch bei Kathrin Busse in Böddenstedt bei Suderburg. Na nu, keiner da? Im Gewächshaus haben wir sie nicht gleich erspäht, aber wo sollte sie sonst sein? Ein Eine-Frau-Betrieb, nichts, was hier wächst, hat sie nicht mehrfach in der Hand gehabt. Aber ein fast noch innigeres Verhältnis als zu all ihren pflanzlichen Pfleglingen hat sie zu ihrem Komposthaufen. Da fühlt sie sich diesem Kreislauf am nächsten, der sie, obwohl sie jeden Tag damit zu tun hat, immer noch am meisten in Erstaunen und Bewundern versetzt: „Wie alles in so kurzer Zeit wächst, blüht und wieder vergeht.“ Das Ende ist für sie kein Ende, sondern ein Anfang, denn sie hat längst Samen gesammelt oder ihren Kompost mit pflanzlichen Resten gefüttert – die Grundlage für neues Wachstum. Es ist Juni, der Sommer hat nicht einmal begonnen, die Ernte erst recht nicht, aber ihre Tomatensaison ist eigentlich schon vorbei. Seltene Sorten, damit hat sie sich einen Namen gemacht. Erst auf dem Markt in Celle, jetzt nur noch in Uelzen oder auch beim Pflanzentag im Freilichtmuseum Kiekeberg bei Hamburg bietet sie Pflanzen ihrer Raritäten an. Eine wird fast nur unterm Standtisch gehandelt, die ist zwar selten, aber das ist nicht der Grund. „Die Pflanzen sind einfach nicht vorzeigbar“, sagt Kathrin Busse. Hängende Blätter, ein kümmerlicher Anblick, aber wer von der „Venus“ gekostet hat, wird entzückt sein. Die Frucht ist groß und herzförmig. „Phantastisch, die leckerste Tomate, die ich je gegessen habe“, sagt sie. Die Samen dieser französischen Sorte hatte sie einst von einem Kürbismarkt aus Belgien mitgebracht. Andere Seltenheiten finden über nette Kunden den Weg zu ihr. Die Alma Ata zum Beispiel. Wie diese Fleischtomate wirklich heißt, weiß sie nicht, aber der Herr Erdmann brachte die Samen tatsächlich von einer Reise aus Kasachstan mit. Ein Volltreffer, eine sehr gute Fleischtomate, die sie seither anbaut, zum Essen und um Samen zu gewinnen. Das ganze Gegenteil, was Herkunft und Größe betrifft, ist die Kleine Sardinische Eiertomate, ebenfalls ein Reisemitbringsel eines 1 16 Calluna Calluna_Sommer12.indd 16 4 Kathrin Busse zieht alle ihre Pflanzen selbst heran und probiert immer wieder neue Sorten aus. 2 Die Ableger des Zitronensalbeis hatten in der Hitze schlapp gemacht, konnten aber noch gerettet werden. 3 Vielfalt, wohin man schaut. Wie viele Pflanzensorten sie anbaut, weiß die Gärtnerin selbst nicht. 4 Die Tafel für den Marktstand zeigt nur eine kleine Auswahl des gesamten Tomaten-Sortiments. 5 Wenn es richtig heiß ist, müsse sie „viel Zeit mit Bewässern verplempern“, sagt Kathrin Busse. 17.06.12 20:53 2 3 5 Calluna 17 Calluna_Sommer12.indd 17 17.06.12 20:53 GARTENGESCHICHTEN -Q%PXIR&YWGL !#$%& ' ( )"%*++, +# +% -. www.landgenuss-broeckel.de Tomaten in allen Variationen Peperoni, Paprika, Tomaten, Auberginen, Salate, Kürbisse, Zucchini, und vieles mehr +-"*-.,5" 4",*%+(3."&)'"4111%+#,+.!+,*!" "(424")&(&*#+%+#,+.!+,*!" *-",+6!"*+&-%,,&-%,/&-%, + %"*),'."(("**"*-.!.&..1+ %/*!)-.$0+,)&..$- Kunden. Die ist ein wirklicher Trost für alle, die wirklich nur Platz für einen Blumentopf haben. Die Kleine wird nur 30 Zentimeter hoch und steckt ihre Kraft lieber in die eierförmigen Früchte. Kathrin Busses Leidenschaft pendelt zwischen den Extremen, zwischen riesig groß, den Fleischtomaten, und winzig klein, den Cocktail- und Wildtomaten. „Die Früchte der Johannisbeertomate sind so klein wie mein Nagel“, sagt sie und streckt ihren kleinen Finger in die Höhe. „Mühsam zu ernten, aber umso leckerer zu essen.“ Die roten Stabtomaten mittlerer Größe findet sie dagegen nur langweilig, darauf könnte sie gut verzichten. Aber zu ihr auf den Markt kommen eben nicht nur Sortensammler, Liebhaber und Feinschmecker, die Vielfalt als Wert zu schätzen wissen, sondern auch einfach Menschen, die allein auf Masse setzen. Die seien mit der „Sparta“ gut bedient, wenn ihnen zwei Euro fürs Pflänzchen nicht zu viel ist. „Dann sollen sie eben in den Baumarkt gehen und eine für 69 Cent kaufen“, sagt Kathrin Busse. Mit einer solchen Entscheidung muss sie leben und kann sie leben, immerhin gibt es ihren Betrieb seit 20 Jahren. „Aber ich konsumiere nicht viel, ich brauche nicht viel zum Leben“, erklärt sie dazu. Dass die Tomaten eigentlich nur ein Ableger ihrer gärtnerischen Ambitionen ist, mag man kaum glauben, aber tatsächlich waren die ein bisschen der Trick, um ihre Freundin, ebenfalls eine Gärtnerin, für Gieß- und Pflegearbeiten zu gewinnen, wenn ihr selbst mal wieder die Arbeit über den Kopf wächst. Denn die habe sich nur um etwas kümmern wollen, was sie auch gern isst – eben Tomaten. Dafür kann Kathrin Busse ihrer Freundin dankbar sein, denn die Tomaten sind für die Gärtnerei und die Kunden ein echter Gewinn. Die Tomatensaison ist für die Gärtnermeisterin, was dieses Jahr anbelangt, fast vorbei und damit betreten ihre anderen, die eigentlichen Pflanzenstars die Bühne. Echte Sommer- und Sonnenkinder: die Kräuter. Unglaublich, dass sie zunächst daran dachte, Stauden fürs Schattenbeet anzuziehen und zu verkaufen. Zum Glück hat sie sich, bevor es losging, umentschieden. Nachbarskater Puck ist ein willkommener Stammgast. Katzenminze? Baldrian? Nein, für so etwas Gewöhnliches interessiert er sich längst nicht mehr, lässt sich stattdessen zum Katzengamander hinziehen, knabbert ein bissen dran und dann... „Im Katzengamander ist etwas Mysteriöses drin, die Katzen essen davon und schlafen danach seelig ihren Rausch aus.“ Für Menschen ist der strenge Geruch eher Abschreckung, aber die Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Dieser spezielle Gamander ist die stinkende Ausnahme, ansonsten darf der Mensch in dieser Kräuterwelt schnuppernd genießen. Reizüberflutung beim Rundgang durch den Folientunnel. Dort lockt der Zimmerknoblauch mit seinen rosa Blütendolden (auch ein Katzenfavorit), da das Cubanische Strauchbasilikum mit seiner Würze, dann der Salbei mit Zitronenduft. Kathrin Busse macht uns bekannt mit lauter Unbekannten. „Was ist das Gelbblühende?“ frage ich. „Das ist die Bulbine aus Südafrika, wirkt so wie die Aloe Vera, blüht aber so schön“, erläutert Kathrin Busse, um dann gleich noch jemanden vorzustellen. Den „Celler Typ“. Könnte die etwas respektlose Bezeichnung für ihren Gärtnergehilfen sein, „Keine Schönheit“, sagt Kathrin Busse, „aber dafür robust“. Doch der Gärtnergehilfe? Nein, auch so eine Besonderheit, die es wohl nur bei ihr gibt. Ein Rosmarin, der so eigenwillig und sperrig wächst, dass es selbst meinem wenig ausgeprägtem Ordnungssinn auffällt. Die Qualitäten des „Celler Typs“ sind anderer Art, er trotzt unseren Wintern mit dem unerschütterlichen Eigensinn, den sein Wuchs innehat. Kathrin Busse stellt ihn seit Jahren auf die Probe. Dieser Winter mit seinen minus 15, stellenweise minus 18 Grad im Februar, war für viele Pflanzen eine echte Herausforderung. „Ich hatte Ausfälle bei Pflanzen, bei denen ich gar nicht damit gerechnet hatte, bei den Min- 18 Calluna Calluna_Sommer12.indd 18 17.06.12 20:53 1 2 3 1 Klein, aber oho: Die Kleine Sardinische Eiertomate ist winzig, aber für ihre Größe sehr ertragreich. 2 Zum Sitzen taugt die Buchsbaum-Bank nicht. Eine Katze hat es versucht und ist übel versackt. 3 Erdbeer-Versuchsanbau: Ist überall, wo Senga Sengana draufsteht, auch Senga Sengana drin? 4 Kathrin Busse weiß der Calluna-Autorin zu jeder Pflanze eine spannende Geschichte zu erzählen. 5 Das kleine „Privatbeet“ der Gärtnerin ist der Lieblingsplatz der Hummeln, Bienen und Schmetterlinge. Calluna 19 4 Calluna_Sommer12.indd 19 5 17.06.12 20:53 GARTENGESCHICHTEN zen ist fast mein gesamter Bestand zusammengebrochen“, sagt Kathrin Busse. Südländer wie der Rosmarin haben da eigentlich verloren. Aber nicht der „Celler Typ“. Unerschütterlich wächst er weiter, als sei nichts geschehen. Einzige Bedingungen: ein windgeschützter Ort (hat er unterm unbeheizten Foliendach) sowie gute Bewässerung in den frostfreien Zeiten vor und nach den heftigen Minusgraden (Immergrüne wie Rosmarin, Buchsbaum oder Rhododendron vertrocknen im Winter ja eher, als dass sie erfrieren). Die Gärtnerin stellt nicht nur ihre Tomaten hinsichtlich Wuchs, Fruchtansatz, Geschmack und Wettereignung für unser Klima auf die Probe, sondern testet auch verschiedene Rosmarinarten im Versuchsanbau auf ihre Eigenschaften. Der „Veitshöchsheim“ aus der Schweiz wächst zwar schöner und geschlossener, aber als wintertauglicher als der „Celler Typ“ hat er sich nicht erwiesen. Und die gegen Kälte und überhaupt Winterwetter am besten gewappnetste Sorte aus England kämpft jetzt in Böddenstedt um ihr Leben, dieser Winter hat dem Rosmarin von der Insel zu viel abverlangt. Bleiben der „Celler Typ“ und seine Geschichte. „Ein Kunde gab mir den Tipp, dass in einer bestimmten Straße in Celle ein Rosmarin wächst, der besonders winterhart sein soll“, erzählt Kathrin Busse. Sie hat dort geklingelt, einige Stecklinge mitgenommen und diese Abkömmlinge seither gepflegt und vermehrt. Die nicht grünen, sondern eher grauen Nadeln dieses Rosmarins seien zu Kartoffeln ideal, ihr Aroma intensiv. Das mögen auch winzig kleine Zikaden. Wenn Kathrin Busse „perfekte“ Rosmarinnadeln ohne Spuren von allem sieht, wird sie misstrauisch. „Gegen die Zikaden gibt es kein biologisches Mittel“, gibt sie zu bedenken. Weder ihr Betrieb Raiffeisen Grill-Holzkohle oder Grill-Briketts nd tschla In Deu ziert! produ Hochreine Produkte aus naturbelassenem Restholz. Außergewöhnlich lange und gleichmäßige Brenndauer. DIN-geprüft. Je 3 kg-Sack 10 kg-Sack Grill-Holzkohle: 15.99 5 49 15 kg-Sack Grill- Holzkohle: 20.99 10 kg-Sack Grill-Briketts: 15.49 noch ihre Pflanzen tragen ein anerkanntes Bio-Zertifikat, dafür das „Busse-Label“: „Ich stehe hinter allem und kann ein bisschen mehr über die Pflanzen sagen, die ich verkaufe.“ Das ist glatt untertrieben, sie weiß genau, wie ihre Pflanzen heranwachsen. Gegen Läuse im Gewächshaus setzt sie Larven von Florfliegen ein, gegen weiße Fliegen probiert sie gerade die abschreckende Wirkung der Giftbeere aus. Bei den Spezialerden, die sie für die Pflanzenanzucht benötigt, habe sie einiges ausprobiert, aber noch nicht das passende Bio-Produkt gefunden. Schmetterlinge flattern durch die Gewächshaustüren hinein und nach einiger Zeit wieder hinaus, draußen umsurren Bienen und Hummeln die Blüten von Katzenminze und Salbei. „Schwarzi“, ihre eigene Katze, lässt sich gerade nicht sehen, Kater Puck beginnt mit der Fellpflege unter dem Pflanzentisch mit den Chilisorten Lila Luzy und Rotes Teufele. Die Vielfalt der Sorten, Kathrin Busses Pflanzenliebling ist der Salbei, lässt sie nicht los, sie sammelt, was der Platz in der Gärtnerei hergibt. Wenn der Abend kommt, könnte sie im Bauwagen auf dem Grundstück übernachten, „aber eigentlich fahre ich gern nach Uelzen zurück und lasse die Arbeit hinter mir“, sagt sie. Im Frühling und Sommer, besonders wenn es sehr trocken ist, und sie viel Zeit mit Gießen verplempern muss, während Stecklinge aufs Umtopfen warten, sind die Tage manchmal nicht lang genug. „Aber dann geht es doch“, sagt sie. Und vor der Zeit, in der sie die Hände notgedrungen still halten muss, weil es draußen stürmt und schneit, gruselt sie sich sowieso am meisten. Denn das Einzige, was sie an ihrem Beruf nicht mag, ist der Winter. Aber noch haben wir Juni, der Sommer will gerade beginnen... Wenn Sie offen für unsere ökologische Orientierung sind, sprechen Sie uns an. Gartengestaltung Köpei Dienstleistungen für Haus und Garten Wir beraten Sie gern! Thomas Köberlein Hauptstr. 7b, Gifhorn OT Kästorf, Tel. 05371-7 59 09 39 mobil 0160-4 06 83 77, [email protected] 1kg=1,83 Saatzucht Flettmar-Wittingen eG Am Bahnhof 18 38539 Müden/Aller www.der-naturnahe-garten.de 20 Calluna Calluna_Sommer12.indd 20 17.06.12 20:53