Man muss auch gut aussehen auf dem Boot, oder?

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Man muss auch gut aussehen auf dem Boot, oder?
SPORT
Sonntag | Nr. 27 | 11. Juli 2010
Seite 36
SPORTPLATZ
ZAUGGS BRIEF
AN FIFA-PRÄSIDENT JOSEPH S. BLATTER
BETREFF: EWIGER RUHM
Roman Kilchsperger ist
Moderator beim Schweizer
Fernsehen und bei Energy Zürich.
Sehr geehrter Herr Blatter
Wegen ungewöhnlich hoher
Wetteinsätze wird das Tennis-Match zwischen Richard
Bloomfield und Christophe
Rochus (Bild) beim Rasenturnier in Newport untersucht. Der Wettanbieter Betfair teilte mit, dass beim bereits am Dienstag ausgetragenen Spiel Wetten in Höhe
von mehr als 1,5 Millionen
Dollar abgeschlossen und zudem verdächtige Strickmuster ausgemacht wurden. Der
Brite Bloomfield liegt übrigens nur auf Weltranglistenposition 552, während der
Belgier Rochus die Nummer
160 der Welt ist. (SON)
Noch ein Spiel bleibt von der ersten WM in
Afrika. Es wird Zeit, dass Sie an Ihren ewigen
Ruhm denken. Ihr Platz in der Geschichte
muss ein besonderer sein, darf nicht vergessen gehen. Wer erinnert sich denn noch an
Ihre Vorgänger João Havelange oder gar Rodolphe William Seeldrayers? Also, was können wir tun, damit Ihr Name dereinst nicht
vergessen geht und vielleicht gar in der Umgangssprache Eingang findet wie jene von
François-René de Chateaubriand oder Anders Celsius? Wenn ich Blatter höre, kommt
mir meist nur ein lokaler Buchhändler in
den Sinn. Unvergesslich bleiben bloss die
Namen grosser Spieler: Beckenbauer, Pelé.
Vielleicht wäre der Friedensnobelpreis etwas.
Aber eigentlich für Sie zu klein. Wissen Sie,
wer Elihu Root war? Fredrik Bajer? Sie erhielten den Friedensnobelpreis. Überhaupt:
Sie sind als Sonnenkönig des Fussballs ein globaler Herrscher. Da passt ein Preis gar nicht,
den Herren bekommen wie Barak Obama, der
ja nur Präsident eines einzigen Landes ist.
Inter-Mailand-Präsident
Massimo Moratti (Bild) darf
beim aktuellen ChampionsLeague-Sieger nach einer
Sperre durch den Italienischen Fussball-Verband
(FICG) für drei Monate keine
Tätigkeiten ausüben. Das
Verbandsgericht ahndete mit
seinem Urteil Verhandlungen
des Inter-Bosses im Sommer
2009 mit seinem schon gesperrten Präsidenten-Kollegen Enrico Preziosi vom Ligarivalen FC Genua. Wegen
der Affäre um die Wechsel
von Diego Milito und Thiago
Motta zu Inter waren im Juni
auch schon Spekulationen
über die Gültigkeit von Mailands Triumph in der Champions League gegen den
FC Bayern München aufgekommen. (SON)
Es gibt die Möglichkeit, Strassen und Plätze
nach Ihnen zu benennen. Doch das ist mehr
etwas für Warmduscher und Festnetztelefonierer. Einen Strassennamen bekommt
auch ein Landi-Verwalter, wenn er sozial
gut vernetzt ist. Städtenamen eignen sich
schlecht für ewigen Ruhm. Leningrad und
Karl-Marx-Stadt gibt es nicht mehr. Geeigneter wäre eine Bergspitze wie für Henri
Dufour. So viel ich weiss, haben alle unsere
Berge einen Namen und für Sie käme ja nur
der höchste Berg infrage: die Dufourspitze.
Um für alle Zeiten die globale Bedeutung
Ihres Namens im Fussball zu sichern, gibt es
die Verknüpfung. Wir kennen die Biellmann-Pirouette (Denise Biellmann) oder die
Stalder-Grätsche im Turnen (nach Josef Stalder, nicht zu verwechseln mit Stalden-Creme). Ihren Namen verbinden wir mit technischen Neuerungen: Wird die Torkamera eingeführt, begutachten Schiedsrichter nicht
das Video. Wir nennen das Video im Fussball
einfach Blatter. Der Schiedsrichter schaut
Wertezerfall
DIE TROSTLOSE Art und Weise,
wie Walter Roderers 90. Geburtstag medial abgetrommelt wurde, verstört mich bis hin in diese
kleine Kolumne. In aller Gutmütigkeit tingeltangelte der alte
Mann von einem Regionalsender
zum nächsten, stellte sich zotigen Fragen und landete zu guter
Letzt noch in der tiefsten
Schlucht von Ehrerweisung, auf
dem Sofa von «Glanz & Gloria».
Dort servierte ihm eine blonde
Moderatorin Sprüngli-Kuchen
und schenkte dem Titanen der
Volksschauspielerei einen
Promi-Gratulations-Einspieler
von Luisa Rossi (???) bis Isabelle
Flachsmann (??). Jesus!! Wenn
Walter Roderer 90 wird, ist gefälligst in einer riesigen Samstagabend-Show alles aufzufahren,
was hierzulande einen Bekanntheitsgrad von mindestens
98 Prozent hat! Weltmeister im
Fussball werden wir vielleicht
im nächsten Leben. Weltmeister
in Sachen Wertschätzung
bestenfalls im übernächsten.
den Blatter, um zu prüfen, ob der Ball im Tor
war. Und wenn es ein Tor ist, hat der Schiedsrichter, nachdem er den Blatter konsultiert
hat, dem Captain dies mit den Worten
«Tschau Sepp» mitzuteilen, dem Ausdruck,
den wir beim gleichnamigen populären Kartenspiel gebrauchen. Stellen Sie sich vor, wie
ein brasilianischer Reporter nach langem
Warten im WM-Final 2030 das «Tschaaaaaaaaaaaaaaauuuuuuuuuuuu-Seeeeeeeeeeeeepp-Gooooooooooooool» zelebriert. Jetzt
bin ich grad unsicher: Brauchen wir eigentlich das Finale «Tschau Sepp» beim Kartenspiel auch erst, seit Sie Fifa-Präsident sind?
Mit freundlichen Grüssen
BILD: KEYSTONE
BILD DER WOCHE
Der grosse Star trainiert die Schweizer Stars von morgen
BILDER: KEYSTONE
Eine Prügelei gab es im Zieleinlauf nach der 6. Etappe
der Tour de France. Die beiden Rad-Profis Carlos Barredo und Rui Alberto Costa
(Bild) gingen aufeinander los.
Der Portugiese Costa prügelte mit seinem Vorderrad
auf den Spanier Barredo ein.
Der schlug mit den Fäusten
zurück. Schon während der
Etappe hatten die beiden die
ganze Zeit gestritten. Angeblich ging es um private Probleme. Da fragt man sich:
Haben die ein Rad ab? (SON)
KILCHSPERGER
Er ist ehemaliger Weltrekordhalter über die 100 Meter,
hält zurzeit eine persönliche Bestmarke von 9,72
Sekunden und ihm gelangen bisher am meisten Läufe
unter 9,8 Sekunden. Die Rede ist vom jamaikanischen
Sprint-Superstar Asafa Powell. Der 27-Jährige war diese
Woche auch an der Athletissima in Lausanne zu Gast.
Tipps am Startblock standen ebenso an der Tagesordnung wie viele Autogrammwünsche. Nun bleibt nur
noch zu hoffen, dass sich der eine oder andere zukünftige Schweizer Star unter diesen Kids befand. (AKÖ)
ENTWEDER ODER
«Man muss auch gut aussehen auf dem Boot, oder?»
Die Ruderin Olivia Wyss glaubt an einen Weltmeister Holland und mag Xeno Müllers Sprüche
Weltmeister – Holland oder Spanien? Holland. Aber das ist reine Intuition. Fussball ist nämlich überhaupt nicht so
mein Ding.
Geschminkt oder ungeschminkt auf dem
Ruderboot?
Geschminkt. Man muss doch auch gut
aussehen auf dem Boot, oder?
Xeno Müller oder André Vonarburg? Beides
gute Ruderer. Doch ich wähle Xeno Müller wegen seiner guten Sprüche.
London 2012 oder Rio de Janeiro 2016?
London 2012. Ich glaube an die Fortschritte zusammen mit meiner Partnerin Pamela Weisshaupt und hoffe auf
eine Teilnahme an den nächsten Spielen
in der britischen Hauptstadt.
Sport oder Studium? Studium. Momentan liegt der Fokus noch klar auf dem
Sport, doch ich denke, nach 2012 werde
ich mich wieder vermehrt auf das Studium konzentrieren.
Freibadi oder Seebadi? Eher die Seebadi,
Einzelgängerin oder Clique? Beides abwechslungsweise. Natürlich braucht
man ab und zu seine Ruhe, doch ich bin
auch nicht unglücklich, wenn ich meine
ADRIAN KÖCHLI
Freunde um mich habe.
da es in der Freibadi doch ein bisschen
gar viel Menschenmasse hat, was nicht
unbedingt so mein Ding ist. Die Seebadi
ist auch natürlicher und harmonischer.
BILD: ZVG
Die 23-jährige Olivia Wyss aus Zofingen
eine der Schweizer Ruderhoffnungen
für die Olympischen Spiele 2012 in London. Der grösste Erfolg der Studentin
der Lebensmittelwissenschaft war bisher
ein 3. Rang im Leichten Zweier an der
U23-WM 2008.
Ruderin Olivia Wyss weiss, was sie will.
IM SPORT kann man auch mal
ziemlich alleine sein, wenn man
den Wertezerfall eines einstigen
Stars zu stoppen versucht. Ottmar
Hitzfeld setzte an der WM in geradezu romantischer Art und Weise
auf die Dienste von Alex Frei –
und will dies offenbar auch weiter tun. Das Gerücht scheint nicht
mehr zu stoppen, dass Alex in betrübten Stunden jeweils zwischen
Ottmar und dessen Frau Beatrix
schlafen darf. Natürlich wird diese Treue zum Stürmer nach trister WM-Leistung nun allseits bespöttelt. Nur, die schier unerträglich idealistischen Kommentare
zu Jogi Löw als modernem Modell-Coach halten als Gegenpart
zu Hitzfeld nicht stand. Auch Jogi
hielt mit Podolski und Klose argumentfrei an zwei Verdienstvollen
fest. Bloss dankten es die mit Leistung und machten Jogi im Kaschmir-Pulli zu einer Art WM-Knut.
DASS JOGI und Schweini das
Sommermärchen «1001 Grad
Celsius» heute nicht zu Ende
schreiben dürfen, ist mir recht.
Die trendige Verbrüderung mit
den Deutschen ist bei einer Fussball-WM fehl am Platz und emotional so fatal wie die Einführung von Video-Beweisen bei
Fouls und Offside. Wenn RTLNews berichtet, wie sich Schweizer um Deutschland-Trikots
prügeln, fällt mir auf dem Sofa
der Hamburger in die Cola. Auch
anerzogene Gefühle für Feindbilder haben, vor allem im Fussball, ihre Wertschätzung verdient. Nur meine Meinung. Machen Sie mit ihrem Adler-Shirt,
was Sie wollen. Ich kann mich ja
nicht um alles kümmern.

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