Mehr Bildung für die Jüngsten

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Mehr Bildung für die Jüngsten
Erziehung
und Wissenschaft
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Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW
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Mehr Bildung
für die Jüngsten
GASTKOMMENTAR
Schlüsselfrage des
21. Jahrhunderts
Foto: dpa
Bildung für alle, von Anfang an und ein Leben
später nie mehr. Hier erwerben sie soziale
lang: Das ist die überragende Maxime, von
Fähigkeiten und Daseinskompetenzen, die
der das Leben junger Menschen und die Zusie für ein gelingendes Leben brauchen. Der
kunft des Landes abhängt. Es hat lange
Zugang zur Erwerbsarbeit geht über Bildung
gedauert, bis sich dieser Konsens, beflügelt
und der Zugang zu Bildung läuft über frühauch durch PISA, in der Gesellschaft Bahn ge- kindliche Förderung.
brochen hat. Wer Bildung als die SchlüsselMan soll Einrichtungen nicht überfordern,
frage des 21. Jahrhunderts erkennt, darf
gewiss, aber wahr ist auch: In der frühen
freilich nicht auf halbem Wege stecken bleiKindheit werden die Weichen für das soziale
ben. Rolle und Beruf der Erzieherinnen und
Schicksal von Menschen und für die Zukunft
Erzieher sind vielmehr neu zu definieren und
des Landes gestellt. Wer mit offenen Augen
aufzuwerten: in Ausbildung und Anerkendurchs Land fährt, kann vielerorts beobachnung, was Bezahlung und
ten, wie sich Kitas in den verberufliche Perspektive begangenen Jahrzehnten veräntrifft.
dert haben: von AufbewahrEs ist nicht nur ein sozialer
anstalten für Notfälle über EinSkandal, sondern auch eine
richtungen für die Betreuung
ökonomische Dummheit,
hin zu Stätten des spieleridie Bildungspotenziale eischen Lernens, in denen sich
nes Landes so wenig auszuKinder wohl fühlen und gute
schöpfen: Fast nirgendwo in
Bedingungen des Aufwachsens
Europa bestimmt die soziavorfinden. Der Elementarbele Herkunft eines jungen
reich hat eine wachsende und
Menschen so sehr seine
eigenständige, nicht nur eine
persönliche Zukunft wie in
abgeleitete Bedeutung: weil
Deutschland. Bildung für
Eltern berufstätig sind oder
alle ist ein Gebot der Geweil Familien für die Erziehung
rechtigkeit. Die Weichen
ausfallen.
Warnfried Dettling,
werden früh gestellt, lange
Es müsste sich heute von selbst
freier Autor und Politikvor Schulbeginn. Was in die- berater in Berlin
verstehen, dass die neuen
ser Zeit versäumt wird, kann
pädagogischen Aufgaben und
später kaum noch aufgeholt werden. Bildung
Herausforderungen auch einen neuen Status
von Anfang an ist notwendig, um sozial und
der Akteure verlangen: eine akademische
kulturell unterschiedliche Startvoraussetzun- Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher
gen auszugleichen und chancenlose Biograwie in den meisten Ländern Europas, eine gefien gar nicht erst beginnen zu lassen. Wir ersellschaftliche Aufwertung sowie eine besseleben gegenwärtig einen Paradigmenwechsel re Bezahlung. Nicht zuletzt Karriere-Perspekin der Familienpolitik und in diesem Zusamtiven für alle, die in diesem Beruf arbeiten.
menhang eine Aufwertung frühkindlicher BilWarum soll die Leiterin einer Einrichtung
dung. Das ist gut so. Bildung von Anfang an
nicht wie selbstverständlich auch Leiterin eiaber hat ihr eigenes Recht, und das meint
ner kommunalen Behörde werden können?
mehr als den Ersatz für FaWarum soll – nach einer Phase
„Bildung von Anfang
milien. Kindertagesstätten
der Weiterbildung – nicht eine
an ist die überragende
werden zu zentralen Instituneue Karriere in Lehre, Hochtionen gesellschaftlicher
schule und anderen BildungsMaxime“
Entwicklung. Auf den Eleberufen möglich sein?
mentarbereich kommen neue Ansprüche und
Es hat sich zwar viel getan, doch bleibt noch
Anforderungen zu. Hier entscheidet sich, ob
viel zu tun. Das gesamte Feld der frühkindund inwieweit Benachteiligungen durch das
lichen Bildung wird erst dann wirklich an
Elternhaus kompensiert werden oder nicht;
Attraktivität gewinnen, wenn Kindheit und
ob und inwieweit die Bildungspotenziale eiJugend, Bildung und Ausbildung nicht länger
nes Landes ausgeschöpft werden oder nicht;
unter Konsum und Kosten, sondern unter
ob und inwieweit Menschen lernen, mit FremInvestitionen für die Zukunft verbucht und
den, mit Vielfalt, mit kultureller und religiöser Reformen dort verwirklicht werden, wo die
Pluralität umzugehen oder nicht. Hier lernen
Schlüssel zur Zukunft verborgen liegen.
junge Menschen so spielerisch und leicht wie
Warnfried Dettling
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Erziehung und Wissenschaft 9/2007
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Seite
Prämie des Monats
Werben Sie jetzt ein neues GEWMitglied. Dafür gibt’s die SeptemberPrämie: die Kulturtasche aus roter
LKW-Plane. Mehr auf Seite 23
Impressum
Erziehung und Wissenschaft
Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung · 59. Jg.
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
im Deutschen Gewerkschaftsbund.
Vorsitzender: Ulrich Thöne.
Redaktion: Ulf Rödde (verantwortlich),
Helga Haas-Rietschel.
Redaktionsassistenz: Renate Körner.
Postanschrift der Redaktion:
Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt a. M.,
Telefon (0 69) 7 89 73-0, Telefax (0 69) 7 89 73-202.
Internet: www.gew.de
Redaktionsschluss ist der 10. eines jeden Monats.
Erziehung und Wissenschaft erscheint elfmal jährlich, jeweils am 5. des Monats mit Ausnahme der Sommerferien.
Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann,
Heddernheimer Landstraße 144, 60439 Frankfurt
Druck: apm AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.
Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag
enthalten. Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis
jährlich Euro 7,20 zuzüglich Euro 11,30 Zustellgebühr inkl.
MwSt. Für die Mitglieder der Landesverbände Bayern,
Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz, Saar, Sachsen, Schleswig-Holstein und
Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen der
E&W beigelegt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte
und Rezensionsexemplare wird keine Verantwortung
übernommen. Die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichneten Beiträge stellen nicht unbedingt die
Meinung der Redaktion oder des Herausgebers dar.
Verlag mit Anzeigenabteilung: Stamm Verlag GmbH,
Goldammerweg 16, 45134 Essen;
Verantw. f. Anzeigen: Mathias Müller,
Tel. (02 01) 8 43 00-0,Telefax (02 01) 47 25 90,
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zz. gültige Anzeigenpreisliste Nr. 36 vom 1. 1. 2007;
Anzeigenschluss am 5. des Vormonats.
E&W wird auf chlorfrei
gebleichtem Papier gedruckt.
ISSN 0342-0671
Unermüdlicher Reformer: Der herausragende Erziehungswissenschaftler und Pädagoge Wolfgang Klafki ist am 1. September 80 Jahre alt geworden. Sein Kollege, der Bielefelder Wissenschaftler Klaus-Jürgen Tillmann, würdigt ihn als
jemanden, der „mehr als 40 Jahre die Theoriediskussion in Didaktik und Bildungstheorie entscheidend bestimmt hat“. Seite 25
Gastkommentar
Seite 2
Bildungspolitik in Bremen
Auf einen Blick
Seite 4
Arbeitspolitik
Seite 31
Gute Schule braucht gesunde Lehrkräfte
Frühkindliche Bildung
Seite 6
Seite 10
Seite 11
Seite 12
Seite 14
Seite 16
Seite 17
Seite 18
Tarif- und Beamtenpolitik
1. Mehr Lohn für Beschäftigte
2. TVöD-Serie: Gute Arbeit – gutes Geld
Der Fluch der bösen Tat …
Egal welcher politischer
Couleur, viele Politiker haben sich darum verdient gemacht, das mediale Sommerloch mit Bildungsthemen zu stopfen. Eine besonders „tolle“ Idee der
Konservativen: Sie wollen
die Zahl der Unterrichtsstunden am Gymnasium
kürzen.
Seite 28
Aus den Landesverbänden
Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts
1. „Anwältinnen“ für Kinder und Eltern
2. Was ist der Gesellschaft Erziehung wert?
3. Mehr Geld
4. Kita-Studie: Wie geht’s im Job?
5. Akademisierung: Bessere Qualifikation
6. E&W-Interview mit Prof. Gerwald Wallnöfer
7. Fortbildung für Mitglieder
8. Gesundheitsstudie: Viel zu tun, wenig anerkannt
Foto: David Ausserhofer
Foto: Ernst Herb
Foto: Manfred Vollmer
„Anwältinnen“ für Kinder und Eltern – die wachsende Bedeutung frühkindlicher Bildung rückt die Ausbildungs- und
Arbeitssituation von Erzieherinnen mehr in den Blickpunkt
der Öffentlichkeit. Erhöhter Förderbedarf und Bildungspläne für die Jüngsten etwa stellen an die Beschäftigten
größere Anforderungen. Doch weder die bisherige Ausbildung noch die Bezahlung entsprechen den gestiegenen
Ansprüchen. Beiträge von Norbert Hocke, Gesine Kulcke,
Kirsten Fuchs-Rechlin, Gerwald Wallnöfer, Bernhard Eibeck
und Tessa Hermann. Schwerpunkt „Frühkindliche Bildung“
ab Seite 6
Seite 34
GEW-Intern
Seniorentag: Graues Gold statt altes Eisen
Seite 36
Recht und Rechtsschutz
Seite 37
Marktplatz
Seite 38
Leserforum
Seite 41
Diesmal
Seite 48
Seite 20
Seite 22
Gesellschaftspolitik
Berliner Integrationsgipfel
Seite 24
Bildungspolitik
1. Wolfgang Klafki zum 80. Geburtstag
2. BI-Kongress: „Menschenrecht, kein Marktinstrument“
3. GEW-Kommentar: Wichtiger Schritt
4. Unterrichtskürzung: Der Fluch der bösen Tat
5. Meseberg: Nationale Qualitätsoffensive
6. Impulse aus den USA
Seite 25
Seite 26
Seite 27
Seite 28
Seite 29
Seite 30
Titel: Werbeagentur Zimmermann
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
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AUF EINEN BLICK
Ausländer besser gefördert
Mehr Beitragsgerechtigkeit in der GEW
Nach dem Entwurf zur Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes
(BAföG) sollen künftig junge Ausländer, deren Eltern nicht genug Geld verdienen, wie Deutsche Anspruch auf
staatliche Unterstützung für ihre schulische/berufliche Ausbildung oder ihr
Studium haben. Die Regelung soll noch
im Ausbildungsjahr 2007 bzw. zu Beginn des Wintersemesters 2007/8 wirksam werden.
Foto: dpa
Ab 1. Oktober gilt neuer Mitgliedsbeitrag
Junge Ausländer
aus einkommensschwachen Familien sollen künftig
staatliche Unterstützung für Studium und schulische/berufliche
Ausbildung erhalten.
Schon vor der Verabschiedung dieser
BAföG-Novelle soll jetzt sichergestellt
werden, dass in der zweiten Jahreshälfte
2007 keine unnötige Förderungslücke
für die Ausländerinnen und Ausländer
entsteht, die künftig zum Kreis der Förderungsberechtigten gehören. Deshalb
sollen in der Zwischenzeit Härtefallregelungen, nach denen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen gezahlt werden, großzügig angewandt werden. Die Jobcenter sollen entsprechend verfahren.
Damit können die Betroffenen in der
Übergangsphase leichter Unterstützung
nach „Hartz IV“ in Form von Darlehen
erhalten.
Für alle GEW-Mitglieder gilt im Bereich des Tarifvertrags öffentlicher
Dienst (TVöD) Bund und Gemeinden
ab 1. Oktober 2007 ein veränderter
Beitrag. Der Grund: Ab Oktober 2007
löst der TVöD endgültig den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) als Tarifvertrag für die Angestellten in den
Gemeinden und im Bund ab. Da die
bisher geltende Beitragsordnung der
GEW den BAT als Berechnungsgrundlage hatte, hat der Hauptvorstand im Juni 2007 neue Regeln zur
Beitragsberechnung für alle Mitglieder im Bereich TVöD beschlossen.
Die neue Regelung lautet: „Der Beitrag beträgt 0,7 Prozent der jeweiligen
Entgeltgruppe und Stufe (des TVöD),
nach der das Mitglied vergütet wird.“
Bisher galt folgende Regelung:
„Der Beitrag beträgt ein Prozent der
vierten Dienstaltersstufe (27. Lebensjahr) der Grundvergütung der Vergütungsgruppe des BAT.“
Die Dienstaltersstufe zur Beitragsberechnung war bisher auf das 27. Lebensjahr fixiert, unabhängig davon,
nach welcher Dienstaltersstufe die Beschäftigten tatsächlich vergütet wurden. Dieses Prinzip ist grundsätzlich
aufgegeben worden: Zukünftig gilt neben der jeweiligen Entgeltgruppe immer auch die tatsächliche Stufe.
Mit dieser Regelung wird mehr Beitragsgerechtigkeit erreicht: Mitglieder
in einer Anfangsstufe, also mit geringerem Verdienst, zahlen zukünftig
deutlich weniger, Mitglieder in einer
hohen Stufe entsprechend mehr.
Für all diejenigen, die im September
2007 bereits GEW-Mitglied waren –
und die nach alter Regelung nie den
Vorteil einer niedrigen Stufe hatten –
gibt es eine Bestandsregelung: Mitglie-
der der bisherigen Vergütungsgruppen
BAT IX bis Vb werden der Stufe drei
der jeweiligen Entgeltgruppe zugeordnet; Mitglieder ab vormals BAT IVb
der Stufe vier der jeweiligen Entgeltgruppe. Wie in der bisher geltenden
Regelung sind auch diese Bestandsstufen für alle Zeiten fixiert und werden nicht mehr verändert. Aber Achtung: Lässt ein Mitglied die nach Bestandsregelung zugeordnete Stufe ändern, gilt diese für das Mitglied nicht
mehr: Es wird zukünftig die Beitragsbemessung nach der neuen Regelung
und damit auch eine Stufenanpassung
vorgenommen. Beispiel: Eine Erzieherin, die ihren Mitgliedsbeitrag bisher gemäß BAT V c, Dienstaltersstufe 4, zahlt, würde gemäß Bestandsregelung mit E8 Stufe 3 berechnet werden. Sie ist nach der Überleitung in
den TVöD aber einkommensmäßig
erst in Stufe 2 und lässt dies für die Beitragseinstufung entsprechend korrigieren. Zukünftig wird bei dieser Kollegin eine Stufenanpassung vorgenommen.
Korrekturmöglichkeit
Alle betroffenen Mitglieder werden
von ihrem Landesverband darüber informiert, welche TVöD-Entgeltgruppe und welche Stufe künftig die
Grundlage für die Beitragsberechnung
bilden.
Wir bitten alle Mitglieder, diese Mitteilungen aufmerksam zu überprüfen
und entsprechende Änderungen und
Korrekturen vornehmen zu lassen.
Dazu reicht wie bisher die Meldung
an die Mitgliederverwaltung im Landesverband.
Petra Grundmann, Leiterin
des GEW-Arbeitsbereichs Finanzen
Statt Sommerferien Hartz IV nach dem Referendariat
Rund 5000 arbeitslose Junglehrerinnen
und -lehrer mussten sich in BadenWürttemberg mit Beginn der Sommerferien auf den Weg zu den Arbeitsagenturen machen und Arbeitslosengeld
(Alg II) beantragen.
„Das sind gut ausgebildete, junge, engagierte Lehrkräfte mit besten Noten. Also
genau die, die wir an unseren Schulen
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Erziehung und Wissenschaft 9/2007
angesichts immer schlechter werdender
Unterrichtsversorgung, überfüllter Klassen und alternder Kollegien dringend
brauchen“, sagte GEW-Landesvorsitzender Rainer Dahlem. Er verlangte von
den Landtagsabgeordneten, mit einem
Sofortprogramm zusätzliche Stellen zu
schaffen. Landesweit sollen von 8000
Bewerberinnen und Bewerbern für alle
Schularten nur 3000 eine Stelle bekommen. Nach Vorbereitungsdienst bzw.
Referendariat haben fertig ausgebildete
Lehrkräfte keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie während der eineinhalb Jahre dauernden Ausbildung Beamte auf Widerruf sind. Wenn sie keine
Stelle finden, müssen sie einen Antrag
auf Alg II stellen.
BGH verbietet „Kellogg“-Schulwerbung
Teilerfolg für Csaszkóczy
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat einen vierjährigen Rechtsstreit mit dem „Kellogg“-Konzern gewonnen: Dessen inzwischen beendete Werbeaktion „Kellogg’s Frosties für Schulsport“ wurde jetzt vom Bundesgerichtshof
(BGH) nachträglich als wettbewerbswidrig eingestuft.
Der Cornflakes-Hersteller hatte Schülerinnen und Schüler 2003 dazu aufgerufen,
durch den Kauf bestimmter „Kellogg“-Produkte massenhaft Wertpunkte zu sammeln, die dann gegen Sportmaterialien für ihre Schule eingetauscht werden konnten. Schon für ein Badminton-Set hätten die Schüler nach vzbv-Berechnungen Produkte für 139,50 Euro kaufen müssen. Eine Klage der Verbraucherschützer gegen die
Bremer Deutschlandzentrale des Konzerns scheiterte zunächst sowohl vor dem
Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht der Hansestadt. Der BGH gab ihnen jetzt aber recht. Nach Angaben des vzbv hielten die obersten deutschen Zivilrichter die Werbekampagne für geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen (Az.: I ZR 82/05). Eine BGH-Sprecherin wollte sich auf Anfrage der E &W nicht genauer zu dem rechtskräftigen Urteil äußern, da
noch keine schriftliche Begründung vorliege. „Wir hoffen, dass mit den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs der immer weiter um sich greifenden Kommerzialisierung an Schulen dauerhaft Einhalt geboten werden kann“, kommentierte der vzbvVorstand das Urteil. Zudem forderte er bundesweit einheitliche Standards für den
Umgang mit Sponsoring und Werbung an Schulen.
stg
Auch das Land Hessen hat dem Berufsverbotsopfer, Realschullehrer Michael
Csaszkóczy, die Einstellung in den Schuldienst zu Unrecht verweigert. Das Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt verpflichtete die hessischen Schulbehörden, die Bewerbung des 37-Jährigen
noch einmal zu prüfen. Die Richter
schlossen sich damit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes für Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim an. Sie
betonten in ihrer Urteilsbegründung,
dass Zweifel an der Verfassungstreue eines Lehrers nur auf Grundlage einer Einzelfalluntersuchung begründet werden
könnten. Diese habe im Fall Csaszkóczy
aber nicht stattgefunden. Trotz dieses
Urteils kann Csaszkóczy aber nicht damit rechnen, demnächst als Lehrer arbeiten zu dürfen. Das Gericht lehnte es
ab, die Schulbehörden zu verpflichten,
den 37-Jährigen einzustellen. Der
Dienstherr habe bei der Entscheidung
über eine Einstellung ein weites Organisationsermessen, erklärte das VG.
Der Realschullehrer hatte geklagt, weil
er aufgrund seiner Mitgliedschaft in der
„Antifaschistischen Initiative Heidelberg“ (AIHD) als linksextremistisch eingestuft und ihm mit dieser Begründung
die Einstellung in den Schuldienst verweigert worden war.
Rechtschreibreform gilt
Seit dem 1. August ist die Rechtschreibreform in der FasDie neue deutsche Rechtschreibung
seit 1. August 2006 –
sung von 2006 für Schulen verbindlich. Damit endete die
einjährige Übergangsfrist für Änderungen, die die Ministerpräsidenten der Länder im vergangenen Jahr auf Vorschlag des Rats für deutsche Rechtschreibung beschlossen
hatten. Seit August werden Verstöße gegen die Neuregelung in den Schulen als Fehler angestrichen.
Die jetzt gültigen Rechtschreibregeln sowie das amtliche
Regelwerk von 2004 finden Sie auf der Homepage des Instituts für deutsche Sprache unter: www. idsmannheim.de/reform/. Die E &W hat in Kooperation mit
dem Duden-Verlag eine Kurzfassung der wichtigsten neuen Regeln mit Beispielen für Lehrer- und Klassenzimmer sowie Erzieherinnenräume
im A2-Format mit der Oktoberausgabe 2006 als Beilage veröffentlicht. Die Übersicht können Sie beim GEW-Shop, Call a Gift Service, Hegweg 6, 63225 Langen,
Fax: 0 61 03/3 03 32-20, E-Mail: gew-shop@ callagift.de, bestellen. Die Kosten: Mindestbestellmenge sind zehn Exemplare (40 Cent), zu denen sich Versand- und Portokosten addieren, so dass das Zehner-Paket für 6,96 (inklusive Mehrwertsteuer) erhältlich ist.
kurz gefasst
Die wichtigsten neuen Regeln mit Beispielen
Getrennt- und Zusammenschreibung
‘ Verbindungen mit dem Hilfsverb sein werden
grundsätzlich getrennt geschrieben.
Laut-Buchstaben-Zuordnung
an sein, auf sein, beisammen sein, dabei sein, fertig sein, vorbei sein, zufrieden sein, zurück sein u. a.
‘ Verbindungen aus einem Nomen und einem
Verb werden in der Regel getrennt geschrieben.
Nach dem Muster Auto fahren, Klavier spielen schreibt man jetzt auch Rad fahren, Hof halten,
Kegel schieben, Maschine schreiben u. a. Zusammengeschrieben wird weiterhin bei Verbindungen, in denen das Nomen verblasst ist: stattfinden (die Sitzung findet statt), teilnehmen (sie
nahm daran teil) u.a. Bilden Nomen und Verb eine untrennbare Zusammensetzung, bleibt
es ebenfalls bei der Zusammenschreibung: nachtwandeln (er nachtwandelt), schlussfolgern (sie
schlussfolgerte) u. a.
‘ Verbindungen aus einem Verb im Infinitiv
und einem zweiten Verb werden im Allgemeinen getrennt geschrieben.
Man schreibt also tanzen lernen, lesen üben, baden gehen, spazieren fahren u. a. Werden Verbindungen mit bleiben oder lassen in übertragener Bedeutung gebraucht, ist auch die Zusammenschreibung möglich: wegen schlechter Noten sitzen bleiben / sitzenbleiben, den Hut liegen
lassen / liegenlassen u. a.
Dasselbe gilt für kennen lernen / kennenlernen.
‘ Verbindungen aus einem Adjektiv und einem
Verb werden getrennt oder zusammengeschrieben, wenn ein einfaches Adjektiv das Ergebnis
eines Vorgangs bezeichnet. Man schreibt
zusammen, wenn eine neue Gesamtbedeutung
vorliegt. In den übrigen Fällen wird getrennt
geschrieben.
Man schreibt also:
• den Teller leer essen oder leeressen, die Zwiebeln klein schneiden oder kleinschneiden, das Haar
blond färben oder blondfärben u. a.
• den Angeklagten freisprechen, seine Gegner kaltstellen, im Beruf kurztreten/kürzertreten u. a.
• auswendig lernen, ohnmächtig werden, parallel verlaufen, schief ansehen u. a.
‘ Verbindungen mit einem adjektivisch
gebrauchten Partizip als zweitem Bestandteil
können jetzt getrennt oder zusammengeschrieben werden.
Man kann also schreiben:
Aufsicht führend oder aufsichtführend, Erdöl exportierend oder erdölexportierend, Gewinn bringend
oder gewinnbringend, allein erziehende oder alleinerziehende Mütter, die allein Erziehenden oder
Alleinerziehenden; gut bezahlte oder gutbezahlte Fachkräfte, im klein Gedruckten oder Kleingedruckten u. a.
In Fällen wie den folgenden darf aber aus grammatischen Gründen entweder nur getrennt
oder nur zusammengeschrieben werden: ausschlaggebend (= den Ausschlag gebend), milieubedingt
(= durch das Milieu bedingt); eine großen Gewinn bringende Geldanlage; eine äußerst gewinnbringende,
[noch] gewinnbringendere Geldanlage; Fachkräfte sind besonders gut bezahlt.
‘ Getrennt- oder Zusammenschreibung gilt neu
auch für Verbindungen mit einem einfachen
ungebeugten Adjektiv.
Jetzt kann man demnach schreiben: allgemein gültig oder allgemeingültig, schwer krank oder
schwerkrank, leicht verdaulich oder leichtverdaulich u. a.
‘ Zusammen- oder Getrenntschreibung gilt jetzt
für zahlreiche feste Verbindungen aus einer
Präposition und einem (verblassten) Nomen.
außerstande oder außer Stande (sein), infrage oder in Frage (kommen), zugrunde oder zu Grunde
(legen), zuwege oder zu Wege (bringen); anstelle oder an Stelle, aufgrund oder auf Grund, mithilfe
oder mit Hilfe, zugunsten oder zu Gunsten, zulasten oder zu Lasten u. a.
‘ Verbindungen mit irgend- werden jetzt in der
Regel zusammengeschrieben.
Wie schon früher irgendein, irgendwie u. a. schreibt man jetzt auch irgendetwas und irgendjemand.
Aber: Wenn der zweite Bestandteil erweitert ist, bleibt es bei der Getrenntschreibung: irgend
so ein, irgend so etwas u. a.
Groß- und Kleinschreibung
‘ Nomen, die mit Präpositionen ein festes Gefüge
bilden, aber mit diesen nicht zusammengeschrieben werden, schreibt man groß.
Man schreibt jetzt also in Bezug auf wie bisher schon mit Bezug auf.
Ebenso: außer Acht lassen, sich in Acht nehmen u. a.
‘ Nomen, die mit Verben ein festes Gefüge bilden,
aber nicht mit diesen zusammengeschrieben
werden, schreibt man groß.
Man schreibt jetzt also Rad fahren, Hof halten, Diät leben, Diät halten, Maschine schreiben, Kegel
schieben, jemandem Angst [und Bange] machen, sein Eigen nennen, Schuld haben, jemandem Schuld
geben.
Aber: In Verbindung mit den Verben sein, bleiben oder werden gelten Wörter wie angst, bange,
schuld u.a. nicht mehr als Nomen und werden deshalb wie bisher kleingeschrieben: Mir ist
angst [und bange]; du bleibst schuld daran; ihr wird angst u.a.
‘ Nominalisierte Ordnungszahlen werden großgeschrieben.
Man schreibt jetzt also als Erstes, die Rechte Dritter, als Dritter an der Reihe sein, wie kein Zweiter
arbeiten u. a.
‘ Nominalisierte Adjektive, die Bestandteile
fester Wendungen sind, werden – unabhängig
vom eigentlichen oder übertragenen Gebrauch
des Adjektivs – großgeschrieben.
Man schreibt jetzt also im Argen liegen, zum Besten geben/halten, im Dunkeln bleiben/tappen, auf
dem Laufenden halten, sich über etwas im Klaren sein, auf dem Trockenen sitzen u. a.
Es bleibt aber bei von fern, von klein auf, über kurz oder lang, gegen bar, durch dick und dünn u. a.
Groß schreibt man außerdem:
• Sprachbezeichnungen in Verbindung mit Präpositionen: ein Referat auf Französisch halten;
ein in Englisch abgefasster Brief u. a. ;
• Tageszeiten in Verbindung mit (vor)gestern, heute, (über)morgen: gestern/heute/morgen Abend,
vorgestern Nachmittag u. a.
‘ In festen Wortverbindungen aus einem Adjektiv und einem Nomen wird das Adjektiv im
Normalfall kleingeschrieben, sofern es sich
nicht um einen Eigennamen handelt.
Man schreibt wie bisher die schwarze Liste, der erste Spatenstich, die goldene Hochzeit u. a.
Wenn jedoch hervorgehoben werden soll, dass die Wortverbindung mit einer neuen (übertragenen) Gesamtbedeutung gebraucht wird, ist – wie schon früher in einigen Fällen –
auch die Großschreibung des Adjektivs möglich: das schwarze/Schwarze Brett (Anschlagtafel),
der letzte/Letzte Wille (Testament) u. a.
In einigen Fachsprachen ist es üblich, auch Gattungsbezeichnungen und Begriffseinheiten
wie Eigennamen zu behandeln: das Fleißige Lieschen (eine Pflanzengattung), die Schwarze
Witwe (eine Spinnenart), die Erste Hilfe (Laienhilfe bei Unglücksfällen) u. a.
‘ Werden aus Personennamen Adjektive auf -isch
oder -sch gebildet, schreibt man diese in der
Regel klein.
Man schreibt jetzt also goethische/goethesche Gedichte (»Gedichte von Goethe« oder »Gedichte
in der Art Goethes«), das ohmsche Gesetz, der ohmscheWiderstand, freudsche Schriften u. a.
Wahlweise kann auch mit Apostroph geschrieben werden (dann mit großem Anfangsbuchstaben): Goethe’sche Epik, die Heine’sche Ironie u. a.
Aber wie bisher: eulenspiegelhafte Possen, eine kafkaeske Stimmung, die Schweizer Berge u. a.
‘ Die Anredepronomen du und ihr sowie die
besitzanzeigenden Pronomen dein und euer
können jetzt auch in Briefen grundsätzlich
kleingeschrieben werden.
Die Großschreibung ist nur noch für die Höflichkeitsanredeformen Sie und Ihr obligatorisch.
Wenn du/Du willst, komme ich am Freitag.
Was ist dir/Dir denn passiert?
Mir gefällt dein/Dein neues Auto.
Natürlich seid ihr/Ihr herzlich willkommen!
Ich gratuliere euch/Euch zum Hochzeitstag.
Akzeptieren Sie unseren Vorschlag?
Wir bedanken uns für Ihr Angebot und wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.
Ein Service von GEW und Duden
‘ ß nach kurzem (betontem) Vokal wird durch ss
ersetzt.
Man schreibt jetzt Fass, Stress, Biss, Missverständnis, Boss, Fluss; sie muss (zu: müssen), er hasst
(zu: hassen) u. a.
Statt daß schreibt man jetzt dass.
‘ Eine größere Zahl von Einzelwörtern wird dem
sogenannten Stammprinzip angeglichen, d. h.,
ein Wort folgt in der Schreibung dem Wort
oder der Wortform, dem bzw. der es zugeordnet werden kann.
Man schreibt jetzt Ass wegen des Asses, die Asse, Tipp wegen tippen, Gämse wegen Gams,
nummerieren wegen Nummer, platzieren wegen Platz u. a.
Es bleibt aber bei fit und Top.
‘ Treffen in Zusammensetzungen drei gleiche
Buchstaben aufeinander, bleiben alle erhalten.
Man schreibt jetzt Bestellliste, Schifffahrt; Kaffeeernte, Teeei, Hawaiiinseln u. a.
Es bleibt bei dennoch, Drittel und Mittag.
Beachte: Wer unschöne oder unübersichtliche Schriftbilder vermeiden will, kann auch mit
Bindestrich schreiben: Auspuff-Flamme, Tee-Ei.
‘ Das ph kann in phon, phot und graph und in
einigen Einzelfällen durch f ersetzt werden;
neben -tial und -tiell sind in einigen Fällen
auch -zial und -ziell möglich, wenn es ein verwandtes Wort mit z gibt. Vereinzelt können gh,
rh, th zu g, r, t werden.
Man kann jetzt schreiben:
Diktafon oder Diktaphon, Fotometrie oder Photometrie, Geografie oder Geographie, Delfin oder
Delphin; Differenzial oder Differential, essenziell oder essentiell, substanziell oder substantiell;
Spagetti oder Spaghetti, Katarr oder Katarrh, Panter oder Panther, Tunfisch oder Thunfisch.
Ansonsten bleibt die Schreibung der Fremdwörter im Wesentlichen unverändert.
Man schreibt also weiterhin Philosophie, Rhetorik, Rheuma, Apotheke, Strophe, Diskothek,
Leichtathletik, Mathematik, Theater u. a.
Zeichensetzung
‘ Zwischen Hauptsätzen, die mit und/oder verbundenen sind, ist das Komma freigestellt.
‘ Infinitiv- und Partizipgruppen können zur
Verdeutlichung der Satzgliederung durch ein
Komma abgetrennt bzw. zwischen Kommas
eingeschlossen werden.
Ein einfaches oder paariges Komma muss jedoch
stehen, wenn die Infinitivgruppe
• mit um, ohne, [an]statt, als oder außer eingeleitet wird,
• von einem Nomen, einem Verweiswort oder
einem Wort mit Platzhalterfunktion abhängig ist,
das im übergeordneten Hauptsatz steht.
‘ Der Apostroph darf auch gebraucht werden,
um die Grundform eines Personennamens von
der Genitivendung -s abzuheben.
Sie spielte auf dem Klavier[,] und er sang dazu.
Kommst du mit[,] oder hast du schon etwas anderes vor?
Sie nahm sich vor[,] ihre Eltern zu besuchen. Die Unfallursache festzustellen[,] ist für die Polizei oft
schwierig. Unfähig[,] etwas zu sagen[,] saß er da.
Ein Glas in der Hand haltend[,] stand er in der Tür. Sie sank[,] zu Tode erschreckt[,] auf das Sofa.
Sie gingen, ohne sich vom Gastgeber zu verabschieden. Etwas Besseres, als eine Reise zu gewinnen,
konnte mir nicht passieren.
Sein Ziel, das Rauchen aufzugeben, wird er nicht erreichen. Sie hat nur den Wunsch, wieder gesund
zu werden.
Sie erinnerte ihn daran, die Post zu holen.
Berühmt zu werden, das hatte er schon als Kind gehofft.
Wir haben es bisher nicht bereut, uns selbstständig gemacht zu haben. Meine Freundin hasst es, früh
aufzustehen.
Rudis Grilltreff oder Rudi’s Grilltreff
Königs Videothek oder König’s Videothek
Worttrennung am Zeilenende
‘ Die Buchstabenfolge st wird jetzt genauso
getrennt wie sp.
Wes-te, Küs-te, ros-ten, meis-tens, bedeutends-te u. a.
‘ Die Buchstabenverbindung ck bleibt – wie ch
und sch – neu ungetrennt.
‘ In Fremdwörtern werden Verbindungen aus
Konsonant + l, n oder r entweder vor dem letzten Konsonanten getrennt oder sie kommen
ungetrennt auf die neue Zeile.
‘ Deutsche Wörter oder Fremdwörter, die nicht
mehr als Zusammensetzungen erkannt oder
empfunden werden, können nach Sprechsilben
oder nach Sprachsilben getrennt werden.
De-ckel, Zu-cker, ba-cken, tro-cken u. a.
nob-le oder no-ble, Zyk-lus oder Zy-klus, Sig-nal oder Si-gnal, mag-netisch oder ma-gnetisch,
Feb-ruar oder Fe-bruar, integ-rieren oder inte-grieren u. a.
hi-nab oder hin-ab, wa-rum oder war-um, ei-nander oder ein-ander, Mai-nau oder Main-au;
Helikop-ter oder Heliko-pter, Pä-dagogik oder Päd-agogik, inte-ressant oder inter-essant u. a.
Schreibung mit Bindestrich
‘ In Zusammensetzungen werden Zahlen, die in
Ziffern geschrieben werden, mit einem Bindestrich vom Rest des Wortes abgehoben.
Man schreibt jetzt also 8-Achser, 5-Eck, 16-Ender, 100-prozentig, 2-jährig, 4-Jährige,
6-monatlich, 14-tägig, 8-Zylinder u. a.
Wie bisher steht jedoch kein Bindestrich, wenn die Ziffer mit einer Nachsilbe verbunden
ist. Es bleibt also bei 68er, 100stel, 100%ig, 15er u. a.
Aber in Zusammensetzungen: 68er-Generation, 15er-Schlüssel u. a.
‘ Ein Bindestrich kann gesetzt werden, um einzelne Bestandteile einer Zusammensetzung hervorzuheben, wenn unübersichtliche Zusammensetzungen deutlicher gegliedert werden sollen, und
beim Aufeinandertreffen von drei gleichen
Buchstaben.
Man schreibt also Ichsucht oder Ich-Sucht, Sollstärke oder Soll-Stärke, Moselwinzergenossenschaft
oder Mosel-Winzergenossenschaft, Schifffahrt oder Schiff-Fahrt, Auspuffflamme oder AuspuffFlamme, Teeernte oder Tee-Ernte u. a.
‘ Mehrgliedrige Wörter aus dem Englischen werden zusammen- oder mit Bindestrich geschrieben, wenn der erste Bestandteil ein Nomen
oder ein Verb ist.
Man schreibt jetzt also: Assessmentcenter oder Assessment-Center, Blackout oder Black-out,
Centrecourt oder Centre-Court, Handout oder Hand-out, Desktoppublishing oder Desktop-Publishing,
Feedback oder Feed-back, Layout oder Lay-out, Midlifecrisis oder Midlife-Crisis, Shoppingcenter
oder Shopping-Center u. a.
Foto: privat
AUF EINEN BLICK
Berufsverbotsopfer: Michael
Csaszkóczy
In den Beispielen, in denen die Regeln mehrere Schreibweisen oder Trennstellen zulassen, ist die von der Dudenredaktion empfohlene jeweils rosa unterlegt. Bei der Auswahl der Schreibvarianten hat sich
die Dudenredaktion einerseits an den Bedürfnissen der Schreibenden und Lesenden, andererseits am tatsächlichen Schreibgebrauch orientiert.
DUDEN
Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft
Hessen will Tarifautonomie aushebeln
Die hessische Landesregierung will innerhalb des Haushaltsgesetzes, das am
21. September beschlossen werden soll, die Tariflöhne qua Gesetz erhöhen. Geplant ist, das mit dem Deutschen Beamtenbund (dbb) für die Beamtinnen und
Beamten vereinbarte Ergebnis eins zu eins auf die Angestellten und Arbeiter zu
übertragen. Damit würde die Tarifautonomie ausgehebelt.
Der letzte Versuch, in Hessen eine dem Ländertarifvertrag (TV-L) entsprechende
tarifliche Regelung zu vereinbaren, war am 10. August gescheitert. Zwischen dem
Angebot des Landes und dem von den DGB-Gewerkschaften ver.di, GEW und
der Gewerkschaft der Polizei (GdP) geforderten TV-L-Bezug klaffte eine Lücke
von mehr als 1000 Euro. Hintergrund: Hessen ist im April 2004 aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgetreten. Deshalb gilt hier – ebenso wie in
Berlin – der am 1. November 2006 für den öffentlichen Dienst der Länder in
Kraft getretene TV-L nicht.
ur
Online-Fragebogenaktion
2005 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung über eine „Europäische
Charta für Forscher und einen Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern“ abgegeben. Darin sind Rollen,
Zuständigkeiten und Ansprüche von Forschern definiert. Der Kodex zielt darauf
ab, die Einstellungsverfahren zu verbessern sowie Auswahlverfahren gerechter
und transparenter zu machen. Darüber
hinaus enthält verschiedene Parameter
für die Beurteilung von Verdiensten. Mit
Charta und Kodex wurden zentrale gewerkschaftliche Forderungen aufgegriffen. Für die GEW-Tarifpolitik ergeben
sich wichtige Bezugspunkte. Deutsche
Wissenschaftsarbeitgeber und die Bundesregierung stehen Charta und Kodex
reserviert gegenüber. In Brüssel ist offenbar der Eindruck entstanden, dass der
Meinungsbildungsprozess über Charta
und Kodex bislang weitgehend ohne die
Betroffenen stattgefunden hat. Deshalb
gibt es seit April unter http://infopoll.net/
live/surveys/s31098.htm eine Online-Fragebogenaktion zu Umsetzungsstand und
Bekanntheit von Charta und Kodex.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
5
„Anwältinnen“ für
Eltern und Kinder
Täglicher Kampf
mit unzureichenden
Rahmenbedingungen – ein Einblick
in den Arbeitsalltag
einer Essener Kita
Sabine Howaldt – Leiterin der Evangelischen
Kindertagesstätte Altendorf in Essen: „Ich habe in der
Ausbildung zwar gelernt, wie man Kindern ein Lied
beibringt, aber nicht, wie man mit den sozialen Problemen von Familien umgeht.
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
r
Die Öffentlichkeit nimmt bisher kaum
wahr, dass Erzieherinnen bereits alltäglich leisten, was Politik, Wissenschaft und Eltern spätestens seit PISA
von ihnen erwarten: Bildung für die
Jüngsten. Erzieherinnen sind aktiv für
die Familie, im Stadtteil und in der
Lokalpolitik. Was inzwischen selbstverständlich zum Beruf der Erzieherin
gehört, ist allerdings weit davon entfernt, entsprechend anerkannt und
honoriert zu werden. Wie vielfältig
und anspruchsvoll die Arbeit heute ist,
erzählt Sabine Howaldt, Leiterin der
Evangelischen Kindertagesstätte
Altendorf in Essen.
S
abine Howaldt versteht sich
als Anwältin vor Ort, für
die Eltern genauso wie für
die Kinder. Das fällt ihr
nicht leicht, wenn eine
Mutter mit neun Kindern,
von denen fünf in Heimen leben, zu ihr
kommt, weil sie wieder schwanger ist.
„Der erste Gedanke ist natürlich: Das
kann die doch nicht machen. Aber
wenn sie mit ihrem Bauch da sitzt, kann
ich ihr zu ihrem Elend nicht noch ihr
Umfeld beleuchten.“ Abgeholt werden
müsse die Schwangere dort, wo sie stehe. Genauso wie das fünfjährige Kind,
das seine Mutter verloren hat. Der zehnjährige Bruder war nicht zuhause, der
Jüngste stundenlang mit der Toten alleine. Bis die Großeltern kamen, „und die
stehen dann hier. Ich habe einen Termin, lass’ alles fallen, stehen und liegen,
tröste die Großmutter, weil sie ihre einzige Tochter verloren hat. Ich muss sehen, dass das Kind hier aufgenommen
wird, ich muss die Gesamtsituation auffangen.“
Fotos: Manfred Vollmer
Arbeit im Brennpunkt
Stillgelegte Eisenbahnlinien zerschneiden den Stadtteil, riesige Werkhallen
stehen leer. Die Arbeit gab es in EssenAltendorf 150 Jahre von Krupp. Inzwischen sind die meisten Fabriken geschlossen. Sabine Howaldt und ihre elf
Mitarbeiterinnen arbeiten mit 95 Kindern aus 17 Nationen. Mädchen und
Jungen, deren Eltern in sozialen Verhältnissen leben, in denen es Kinder oft
schwer haben, aufzuwachsen: Jedes vierte Altendorfer Kind taucht in der Armutsstatistik auf. In der Kita wird alles
sichtbar: Interessen, Vorlieben und Entwicklungen der Jüngsten. Aber auch,
dass Eltern ihre Arbeit verlieren, Familien auseinanderbrechen, Kinder vier ver9/2007 Erziehung und Wissenschaft
7
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
schiedene Männer um sich haben, zu
denen sie Papa sagen.
Vor mehr als 30 Jahren hat Sabine Howaldt nach der mittleren Reife, einem
einjährigen Aufenthalt in England und
dem Besuch einer Grafikschule ihre
Ausbildung zur Erzieherin beendet. Sie
sagt, sie habe gelernt, wie sie Kindern
ein Lied beibringe, aber nicht, wie sie
mit dem umgehen soll, was ihr heute
tagtäglich begegne. „Wenn eine Mutter
mit 24 Jahren vier Kinder hat, davon das
erste mit 16, dann gehört sie am Wochenende in die Disco. Weil das aber
mit Kindern nicht geht kommt die
Disco nach Hause „und dazwischen der
Säugling, der Dreijährige, wie auch immer“.
Entlastung der Mütter
Viele Aufgaben fallen in der Kita an: Bildungs-, Sozial- und
Betreuungsarbeit, Musizieren, Austausch mit den Eltern, Kommunikation im Team und mit Ämtern.
8
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Damit es den Kindern montags besser
geht und die Mütter entlastet werden,
bietet das Erzieherinnen-Team Wochenenden an, an denen die Kinder in der Kita übernachten können. Die Mutter hat
freitags frei, muss sich aber am Samstagnachmittag fortbilden. Elternbildung,
nennt Sabine Howaldt das. Die Mütter
suchen sich aus, was sie mit einer Fachfrau besprechen wollen, während ihre
Kinder mit den Erzieherinnen auf Entdeckungsreise gehen. Neulich waren sie
im Museum. Für viele war es das erste
Mal. Nachdem eine Mutter hörte, was
ihr Kind erlebt hatte, erzählte sie Sabine
Howaldt, dass sie selbst noch nie in
ihrem Leben in einem Museum gewesen sei. Sie habe gar nicht gewusst, dass
auch sie da hingehen könne.
Bildungsexperten pfeifen es von allen
Dächern: In den ersten sieben Lebensjahren werden die entscheidenden Weichen für die Lernbiografie gestellt.
„Aber keiner guckt sich diese sieben Jahre wirklich an und investiert“, meint Sabine Howaldt. Statt den Erzieherinnen
zu helfen, die Kinder tatkräftig zu unterstützen, hat die Papierflut zugenommen: Sprachstandserhebungen, Dokumentationsbögen, Evaluationen: „Die
Kolleginnen pinnen und pinnen. Die
Kinder kommen heute mit einer Personalakte in die Schule, das hat mancher
im Vorstand der Ruhrkohle noch nicht
in seinem Ordner.“ Sabine Howaldt
spricht sich nicht gegen Dokumentationen aus, aber erst einmal müsse die Ausbildung der Erzieherinnen verbessert
werden. Diese müsse neben Kompetenzen in der Sprachförderung und der Gestaltung von Lernumgebungen Kenntnisse vermitteln, die genauso zum Beruf
der Erzieherin gehörten: die Organisation von Elternversammlungen, die
Kommunikation im Team, mit Ämtern,
mit kirchlichen Einrichtungen, die Organisation von Festen und Veranstaltungen in der Gemeinde.
Kein früher Feierabend
Sabine Howaldt braucht Profis, die sich
einsetzen, die Eltern nicht wegschicken,
wenn diese noch reden wollen, wenn sie
ihr Kind abends aus der Kita abholen.
Erzieherinnen, die bereit sind, sich mit
den Eltern auszutauschen: über das
Kind, die Familie, die Kita. „Hier ist
eben nicht um halb fünf Feierabend.“
Für die Kita-Leiterin ohnehin nicht.
Kein Ausschuss tagt vor sechs Uhr, Vereinskontakte kann sie oft nur am Abend
pflegen.
Ihre wichtigste Aufgabe im Moment:
der Ditib-Moscheeverein. Die Organisation will in einem ehemaligen Lagergebäude eine Moschee bauen. Für 2000
Gläubige. Die Nachbarschaft ist entsetzt, Sabine Howaldt ist für die Moschee, im Interesse der Eltern, deren
Kinder sie nicht nur betreut, sondern
deren Belange sie auch vertritt. Egal ob
der Bezirksvorsteher, mit dem sie dabei
verhandelt, CDU-Mitglied ist oder die
PDS eine Stellungnahme von ihr will.
„Wir arbeiten hier zusammen für die Sache, egal welches Fähnchen da oben
hängt. Es geht darum, dass die Eltern
sich wohlfühlen. Wenn dafür nicht
Geld rausgetan wird, geht die Sache den
Bach runter.“
Zu wenig Material …
Was sie meint, sagt sie, dafür steht Sabine Howaldt ein, auch auf dem Podium.
Sie sei eine Galionsfigur, unterstreicht
ihre Kollegin Heike Niehaus, „weil sie so
ist, wie sie ist, kennt man unsere Kita
überall“: in Jugendhäusern, Sozialdiensten, Mädchentreffs, Stadtteilkonferenzen, Ausschüssen, Stadtteilprojekten.
Während Sabine Howaldt sich für die
Kita in der Öffentlichkeit stark macht,
betont Heike Niehaus die Bedeutung
der Angebote ihrer Bildungseinrichtung
– den Werkraum, die Halle zum Turnen,
die Räume zum Meditieren, Musik entdecken und Theater spielen. Die Beobachtung der Kinder und die Auswahl
themenbezogener Materialien, die sich
an den Bedürfnissen der Mädchen und
Jungen orientieren, sind Kernpunkte
der pädagogischen Arbeit. Gesellschaftlich wahrgenommen werde davon allerdings wenig. „Da ist man irgendwo eingeladen, wird gefragt, was man macht
und dann: ,Ach Erzieherin, das ist ja
nett, da spielst du den ganzen Morgen
und hast mittags Feierabend.‘“
Natürlich spiele sie mit den Kindern, sehe sich Bilderbücher mit ihnen an,
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
„aber dabei bediene ich seit Jahren –
und nicht etwa erst seit PISA – den Anspruch, Kinder zu bilden, Interessen zu
wecken, Materialien für sie anzuschaffen, mit denen sie sich selbst helfen und
Dinge entdecken können“.
Erzieherinnen müssten sich selbst öffentlich anders präsentieren, betont
Heike Niehaus, selbstbewusst sagen,
dass sie mehr Lehrmaterial brauchen
und für ihre anspruchsvolle Arbeit
schlecht bezahlt werden. „Stattdessen
wird emsig versucht, etwas mit dem anzufangen, was man vorfindet.“ Eine
Genügsamkeit, die sich nicht jeder leisten kann: „Mein Sohn – für den ich keinen Unterhalt bekommen habe – und
ich hatten 18 Jahre nur das, was ich verdiene.“
… zu wenig Geld
Mehr Geld werde es erst geben, wenn
die Gesellschaft begreift, dass die Kita
Teil des Bildungssystems ist, sagt Sabine
Howaldt. Aber davon sei man noch weit
entfernt. Ein Beispiel: Heute Morgen
sei eine Mutter zu ihr gekommen auf der
Suche nach einem Praktikumsplatz für
ihre Tochter. Die Jugendliche stand neben ihr, ohne ein Wort zu sagen. „Kurz
bevor sie gehen, frag’ ich sie noch, was
sie denn mal werden wolle. Darauf die
Mutter: Das Einzige, was die hinkriegen
könnte, wäre Kindergärtnerin.“ Die
Mutter wird einfach vergessen haben,
dass vor ihr eine Erzieherin steht.
Im Grunde eine Managerin
Sabine Howaldt selbst sagt, dass sie im
Grunde eine Unternehmerin sei, die im
Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde eine Kita leitet.
Deshalb lässt sie sich jetzt auch zum Facilitator (beteiligungs- und prozessbegleitendes Management, Anm. d. Red.)
fortbilden, gemeinsam mit Vorstandsleuten aus der Industrie. „Viele verstehen nicht, was ich damit will, obwohl
ich da genau das lerne, was ich in meiner Ausbildung nicht gelernt habe: Wie
ich mein Netzwerk mit den Ergotherapeuten, dem Sozialdienst, dem Moscheeverein weiterknüpfe, wie ich Interessen vermittle und mein Personal
manage.“
Gesine Kulcke, freie Journalistin
„Erzieherinnen müssen sich selbst öffentlich anders präsentieren und selbstbewusst für ihre anspruchsvolle Arbeit mehr
Geld verlangen“, sagt Erzieherin Heike Niehaus.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
9
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Was ist der Gesellschaft
Erziehung wert?
Norbert Hocke
„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf
Förderung seiner Entwicklung und
auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit.“ (Paragraf 1 des
Kinder- und Jugendhilfegesetzes
[KJHG]). Vor diesem Rechtsanspruch sollten alle staatlichen Maßnahmen im Bereich Erziehung, Bildung und Betreuung bestehen und sich
legitimieren. Dieses Recht muss für
alle in Deutschland lebenden Kinder
gelten.
I
m Absatz 3 des Paragrafen 1 KJHG
wird dies genauer definiert: „…
1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung
fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden
oder abzubauen, 2. Eltern und andere
Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für
ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen,
positive Lebensbedingungen für junge
Menschen und ihre Familien sowie eine
kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.“ Damit wird sehr genau beschrieben, was
auf den Ebenen von Bund, Ländern
und Kommunen eingelöst werden soll:
Eltern, Kinder, Jugendliche nicht als
Bittsteller zu betrachten, sondern als
Bürger mit Rechtsansprüchen. Doch
diese in Gesetzesbuchstaben gefasste
Wertschätzung steht im Widerspruch
zur politischen Praxis:
● durch Ausgrenzung von Migrantenkindern in unseren Bildungsinstitutionen,
● durch Ausgrenzung von Kindern
mit besonderem Förderbedarf, die nicht
in Regeleinrichtungen aufgenommen
werden,
● durch zu große Gruppen und Klassen, so dass individuelle Förderung unmöglich wird,
● durch ein selektives Schulsystem,
das Kinder ohne weitere Förderung sitzen bleiben lässt und aussondert,
● durch Diskriminierung von Kindern, die in Armut leben – z. B. durch
10
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Hartz IV – und sie somit von Kulturund Bildungsangeboten ausschließt,
● durch fehlende Berufsausbildung,
● durch Studiengebühren, die jungen
Menschen den Weg zum Studium verbauen.
Rahmenbedingungen schaffen
Wertschätzung gegenüber Kindern und
jungen Menschen sieht anders aus: Wer
– wie der ehemalige Leiter des Salem-Internats, Bernhard Bueb – glaubt, mit dem
„Lob auf die Disziplin“ würden sich Erziehung und Bildung regeln lassen, sei
an die jüngste deutsche Geschichte erinnert.
Das „Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung“ muss durch die Gesellschaft gestaltet werden. Dazu gehören
Vereinbarungen wie jene im 10. Kinderund Jugendbericht, in denen Fähigkeiten definiert werden, die jedem Kind für
seinen Lebensweg mitgegeben werden
sollten:
● die Fähigkeit zur Selbstbestimmung,
● die Fähigkeit zur Mitbestimmung,
● die Fähigkeit zur Solidarität.
Wertschätzung bedeutet aber auch,
Rahmenbedingungen zu schaffen in denen „… eigenständige und gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten …“ erzogen und gebildet werden können.
Eine Gesellschaft, die alle Lebensbereiche ökonomisiert, die Bildung und Erziehung als Ware begreift und die Eltern
per Gutschein Bildung einkaufen lässt,
verstößt gegen das Recht auf Erziehung
und Bildung für alle Kinder. Sie signalisiert der nachwachsenden Generation,
dass die Kurse an der Börse einen größeren gesellschaftlichen Wert besitzen als
Erziehung und Bildung der nachwachsenden Generation.
Pädagogische Tagelöhner
Was ist unserer Gesellschaft die Erziehung der Heranwachsenden wirklich
wert? Offenbar nicht viel, so lange sich
Pädagogen als Tagelöhner in der beruflichen Bildung, der Erwachsenenbildung, bei Sprachkursen für Migranten,
in Tageseinrichtungen für Kinder oder
als sozialpädagogische Fachkräfte in
Ganztagsschulen verdingen müssen.
Und so lange sie von ihrem „Einkommen“ kein Auskommen für sich und ih-
Foto: Manfred Vollmer
Foto: Christian v. Polentz/transit
Kommentar: Professionell geleistete Arbeit stärker anerkennen
„Die soziale Geringschätzung der
Erzieherinnen muss aufhören.“
re Familien haben. In Deutschland wird
immer noch der Wert geleisteter Erziehungs- und Bildungsarbeit im Elementarbereich zu wenig anerkannt. Deshalb
sollten die Profis für Frühpädagogik die
Solidarität der anderen pädagogischen
Berufsgruppen und die gewerkschaftliche Unterstützung erfahren. Die soziale
Geringschätzung der Erzieherinnen
muss aufhören. Sie ist ungerecht und
unzeitgemäß. 66 Prozent der Frühpädagogen, das ergab eine GEW-Umfrage (siehe Seite 12), sind mit ihrem Status, ihrem Ansehen in der Gesellschaft
unzufrieden, obwohl sie Freude und
Spaß an der Arbeit haben und sich in
ihrem Team wohl fühlen. Wen wundert
das? Will die Gewerkschaft ihre Probleme anpacken, muss es die Gesellschaft
auch mitbekommen. Daher fordert die
GEW die kommunalen Arbeitgeber auf,
ihre Blockade gegen eine neue Entgeltstruktur aufzugeben. Die Bildungsgewerkschaft tritt dafür ein, dies in der Tarifrunde 2008 zu regeln. Denn: Erzieherinnen müssen deutlich mehr verdienen. Die GEW will die Entgeltstufe 9
für alle einführen, die verbindlich nach
Bildungsplänen arbeiten (siehe auch
Seiten 11 und 22).
Bildung und Erziehung wertschätzen –
so lautet der gesellschaftliche Auftrag.
Er muss für die Erzieherinnen und Erzieher noch geltend gemacht werden.
Norbert Hocke, Leiter des Organisationsbereichs Jugendhilfe und Sozialarbeit
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Mehr Geld
Tarifforderungen für Erzieherinnen
Es wird Zeit, dass Erzieherinnen
endlich Anschluss an die allgemeine Gehaltsentwicklung finden. Es ist auch nicht länger hinzunehmen, dass ein „Frauenberuf“ durch schlechtere Bezahlung diskriminiert wird.
A
uch nach dem neuen Tarifvertrag des
öffentlichen Dienstes (TVöD) bekommen alle Erzieherinnen und Erzieher, die nach dem 1. Oktober 2005
weiter ihrer bisherigen Tätigkeit
bei ihrem alten Arbeitgeber nachgehen, das gleiche Gehalt. Einen
Pferdefuß hat der TVöD aber
doch: Alle Berufswechsler und
Neueingestellte werden zwar in
Entgeltgruppe 6 (EG 6) eingruppiert (siehe auch TVöD-Serie, Seite 22). Da es im TVöD aber keinen
Bewährungsaufstieg gibt (im Bundesangestelltentarifvertrag (BAT)
war immerhin nach drei Jahren der
Aufstieg von BAT VI nach BAT V c
möglich, nach weiteren vier Jahren
erhielten Erzieherinnen eine Zulage), verbleiben die Betroffenen
nun auf dem Lohnniveau „EG 6“.
„Die Arbeitgeber sind gut beraten,
von der Lohndrückerbremse zu
gehen“, sagt GEW-Tarifexpertin
Ilse Schaad. Sie stellt fest, dass eine
Erzieherin nach der Ausbildung
an der Fachschule ein Einstiegsgehalt von 1764 Euro (brutto) im
Monat bekomme. In der Endstufe
erhalte sie im Kita-Regeldienst
2285 Euro (brutto).
Im Vergleich zum bisher geltenden
BAT bedeute die Umstellung auf
den TVöD und den Tarifvertrag
der Länder (TV-L) eine Einkommenseinbuße von mehreren 100
Euro im Monat. Das Gehaltsniveau des BAT könne im neuen Ta-
rifvertrag nur gesichert werden,
wenn für alle Beschäftigten in der
Tarifrunde 2008 zumindest eine
Grundvergütung in der Entgeltgruppe 8 (EG 8) vereinbart wird.
Die GEW vertritt die Auffassung,
dass die gestiegenen Anforderungen an den Beruf auch ein gegenüber dem früheren BAT höheres
Gehaltsniveau erforderlich machen und verweist auf das so genannte Heraushebungsmerkmal
Bildung. Erkenne man dieses an,
müsse die Konsequenz die höhere
Eingruppierung der Kita-Beschäftigten, demnach in die Entgeltgruppe 9 (EG 9), sein.
In einem gemeinsamen Beschluss
haben die Kultusminister- (KMK)
und die Jugendministerkonferenz
(JMK) im Mai/Juni 2004 einen
„Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ festgelegt.
Sie schreiben darin u. a.: „Die Kindertageseinrichtungen des Elementarbereichs werden heute als
unentbehrlicher Teil des öffentlichen Bildungswesens verstanden.“ In allen Bundesländern sind
deshalb Bildungspläne für Kindertagesstätten erarbeitet worden, diese gelten aber noch nicht überall
verbindlich. Zumindest in den
Ländern, die die pädagogische Arbeit nach Bildungsplänen vorschreiben, muss sich dies auch auf
die Bezahlung auswirken.
Mit einem Anfangsgehalt in EG 9
von 2290 Euro (brutto) und einem
Endgehalt von 3180 Euro (brutto)
wären Erzieherinnen den Absolventinnen und Absolventen von
Fachhochschulen gleichgestellt
und bekämen endlich den Verdienst, der ihrer anspruchsvollen
Tätigkeit entspricht.
Bernhard Eibeck,
Referent im Organisationsbereich
Jugendhilfe und Sozialarbeit
GEW richtet E-Mail-Service ein
Wer auf dem Laufenden sein will, kann den Landesgeschäftsstellen
oder dem Hauptvorstand ([email protected] – Stichwort Email-Tarifverteiler) seine E-Mail-Adresse mitteilen.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
11
Foto: Manfred Vollmer
Anspruchsvoller Job:
Zu schaffen macht
den Erzieherinnen
vor allem der
ständige Zeit- und
Personalmangel.
Wie geht’s im Job?
Schlaglichter der GEW-Kita-Studie
Im Frühjahr 2007 ist im Auftrag des
GEW-Hauptvorstandes eine Befragung von Erzieherinnen und Erziehern in Kindertageseinrichtungen
(Kitas) durchgeführt worden. Fast
2000 Kolleginnen und Kollegen
haben sich beteiligt. Die große Resonanz zeigt, dass es dieser Berufsgruppe
unter den Nägeln brennt, über ihre
Arbeitssituation und ihre Belastungen
im Alltag zu reden – aber dass es
ihnen nicht minder wichtig ist, die
positiven Seiten ihres Berufs hervorzuheben.
E
Nähere Informationen
im Internet unter:
http://www.gew.de/KitaStudie.html
12
rzieherinnen und Erzieher
können sich über vergleichsweise sichere Arbeitsverhältnisse freuen. Nur wenige sind
prekär beschäftigt. Wenn Erzieherinnen einer befristeten
Tätigkeit nachgehen, dann sind es vor
allem – und dies ist die Kehrseite der
Medaille – die jüngeren. Der Zugang
zum Beruf ist für die nachfolgende Generation demnach deutlich erschwert
worden. Nicht selten „hangeln“ sich die
Jüngeren von einem befristeten Vertrag
zum nächsten. Ihre Weiterbeschäftigung hängt von den Anmeldezahlen für
das nächste Kindergartenjahr ab.
Die anspruchsvolle Tätigkeit wird nicht
gerade üppig bezahlt. Erzieherinnen lie-
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
gen mit ihrem Einkommen noch unterhalb der Verdienstmöglichkeiten in anderen, von Frauen dominierten Berufen
wie Bürofachkräfte, Bankkauffrauen
oder Einzelhandelskauffrauen. In den
östlichen Bundesländern werden Erzieherinnen – und dies mehr als 15 Jahre
nach der Wende – immer noch schlechter bezahlt als in den westlichen. In
zweifacher Hinsicht benachteiligt sind
befristet Beschäftigte: Sie müssen nicht
nur um ihre berufliche Absicherung
bangen, sondern auch geringere Gehälter in Kauf nehmen – und zwar unabhängig vom Alter. Etwas bessere Verdienstchancen haben Erzieherinnen lediglich in Leitungspositionen. Es erstaunt daher nicht, dass die Beschäftigten äußerst unzufrieden mit ihrem Einkommen sind.
Ein „Teilzeitberuf“?
Etwa die Hälfte der Befragten arbeitet in
Teilzeit. Von sehr vielen scheint dies aufgrund ihrer familiären Lage so gewollt
zu sein. Dennoch berichtet etwa ein
Drittel der Teilzeitbeschäftigten, dass
der Arbeitsmarkt nur Teilzeitbeschäftigungen bereithalte oder dies vom Arbeitgeber so gewünscht sei. Dieser Befund weist auf zweierlei hin: Bei vielen
Erzieherinnen, die bereits Familie haben, stimmen Nachfrage und Angebot
überein. Ihnen kommt Teilzeitarbeit
privat entgegen. Für diejenigen jedoch,
die (noch) keine eigene Familie haben
oder auf das Einkommen aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit angewiesen sind,
scheint es zunehmend schwieriger zu
werden, den Lebensunterhalt durch den
Erwerb aus ihrem Job zu sichern.
Zufrieden – trotz Belastung
Erzieherinnen haben vielfältige Anforderungen in ihrem Arbeitsalltag zu bewältigen. Sie gestalten die Beziehungsarbeit mit den Kindern, stehen einerseits unter „Beobachtung“ der Eltern
und versuchen andererseits, familiäre
Defizite durch Zuwendung und Förderung auszugleichen. Sie kooperieren mit
internen und externen Partnern und
sind zunehmend mit Dokumentationsund Verwaltungsaufgaben befasst. Daneben spielen auch die räumlich-materiellen Gegebenheiten sowie die Arbeitsteilung innerhalb einer Institution, die
vorhandenen Möglichkeiten der Partizipation für den Grad der Arbeitsbelastung und -zufriedenheit eine Rolle.
Zu schaffen macht den Frühpädagoginnen vor allem der ständige Zeit- und Personalmangel sowie der hohe Geräuschpegel in den Gruppenräumen. Dass ihnen ihre Arbeit trotzdem Spaß macht,
lässt sich nicht zuletzt daran festmachen, dass sie sich durch die Beziehungsarbeit mit den Kindern kaum belastet fühlen. Auch den Kontakt zu den
Eltern erleben sie als wenig stressig.
In den meisten Fällen wird das Arbeitsklima in den Kindertagesstätten als gut
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
beurteilt, es helfe, die Arbeitsaufgaben zu bewältigen: Man könne
sich auf Kollegen und Leitung verlassen und unterstütze sich gegenseitig, äußern die Befragten. Positiv bewerten sie auch, dass sie sich
ausreichend über alle wichtigen
Geschehnisse in ihrer Einrichtung
informiert fühlen und an der Gestaltung des Arbeitsalltags sowie
der Konzeption mitwirken können. Trotz zum Teil schwieriger Arbeitsbedingungen sind die Erzieherinnen und Erzieher mit ihrer
Tätigkeit zufrieden: Ihre Arbeit sei
vielseitig und fordere sie mit ihren
Fähigkeiten und Fertigkeiten, sie
könnten selbstständig arbeiten
und hätten Einfluss auf die Arbeitszuteilung.
Innovationsfreude
Der Bereich der frühkindlichen
Bildung, Erziehung und Betreuung erfährt in letzter Zeit eine hohe öffentliche und politische Aufmerksamkeit. Er befindet sich in
einem umfassenden Veränderungsprozess. Stichwort: Einführung von Bildungs-, Erziehungsoder Orientierungsplänen der
Bundesländer. Hierfür zeigt die
Kita-Landschaft eine große Innovationsfreude. Die meisten Erzieherinnen berichten davon, dass in
ihren Einrichtungen bereits an der
Umsetzung der Bildungspläne gearbeitet wurde bzw. wird. Am häufigsten werden die Einführung von
Bildungsdokumentationen und
die Veränderungen des Angebots
in inhaltlicher und methodischer
Hinsicht – z. B. neue Lerngebiete
und Bildungsbereiche oder Projektarbeit – genannt. Danach folgen als Neuerungen die Einführung oder Ausweitung der
Schulvorbereitung sowie der Aufbau oder die Intensivierung von
Kooperationsbeziehungen
mit
Schule, Jugendhilfe und dem Gesundheitswesen. Frühpädagogen,
die angeben, dass der Bildungsplan bislang in ihren Kitas nicht
realisiert worden sei, nennen als
Gründe dafür vor allem fehlende
Fortbildungsmöglichkeiten, Zeitund Personalmangel sowie fehlendes Fachwissen.
In der Regel haben die Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen
einen einschlägigen Fachschulabschluss absolviert. Nicht wenige
haben sich trotz Hochschulzugangsberechtigung für diesen Aus-
bildungsweg entschieden. Der
Anteil der an Hochschulen ausgebildeten Fachkräfte in Kitas ist
niedrig und erreicht lediglich bei
den Leiterinnen einen nennenswerten Anteil. Die Befragten haben jedoch häufig eine Zusatzausbildung abgeschlossen.
Solche Qualifikationen decken
ein breites thematisch-inhaltliches Spektrum ab. Sie reichen von
managementbezogenen Themen
über Beratung/Therapie bis hin zu
pädagogischen Methoden und
Verfahren.
Die Weiterbildungsbereitschaft
unter den Erzieherinnen und Erziehern ist hoch: Sie informieren
sich über aktuelle Themen und
werden von den Einrichtungen in
ihren Fortbildungsaktivitäten unterstützt.
Irritierend ist, dass fast die Hälfte
der Befragten angibt, dass Berichte über besuchte Fortbildungen in
Mitarbeiterbesprechungen keine,
hingegen allgemeine Verwaltungsund Organisationsfragen eine
große Rolle spielen.
Die Anhebung der Erzieherausbildung auf Hochschulniveau stößt
auf keine allzu große Zustimmung. Nur ein kleiner Teil ist an
einem berufsbegleitenden Studium „frühkindliche Bildung“ interessiert. Warum das so ist, darüber
gibt die Befragung keine konkreten Antworten.
Die Anmerkungen der Erzieherinnen deuten jedoch darauf hin,
dass sie die Fachschulausbildung
aufgrund einer gelungenen Verknüpfung von Theorie und Praxis
schätzen bzw. im Umkehrschluss
befürchten, eine Hochschulausbildung könne zu theoretisch ausgerichtet sein. Aus Sicht der Befragten machen zudem zahlreiche
Fortbildungsangebote ein Studium überflüssig. Vor allem Ältere
sind der Meinung, ein zusätzliches Studium lohne sich nicht
mehr für sie. Dementsprechend
ist die Akzeptanz eines berufsbegleitenden Studiengangs bei den
älteren Erzieherinnen deutlich geringer als bei ihren jüngeren Kolleginnen, die sich von einem Studium bessere Berufschancen versprechen.
Kirsten Fuchs-Rechlin,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin der
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik im Forschungsverbund
DJI/Universität Dortmund
V_143_AZ_94x270_EuW.indd 1
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
13
04.06.2007 13:38:58 U
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Künftig besser a
Akademisierung bei den Erzieherinnen schreitet voran
Seit 2004 die Alice-SalomonFachhochschule als erste deutsche
Hochschule mit „Erziehung und
Bildung im Kindesalter“ einen
grundständigen Studiengang für
Erzieherinnen anbot, ist die Diskussion über die Zukunft der Erzieherinnenausbildung in der
Bundesrepublik nicht mehr abgerissen. Fast 30 Studiengänge für
Frühpädagogik werden inzwischen an Hochschulen sowie
kirchlichen und nichtkirchlichen
Fachhochschulen angeboten.
S
eitdem das sehr kritische OECD-Gutachten
„Starting
Strong“ von Peter
Moss, Pädagogikprofessor an der Universität London, über die deutsche
Ausbildung von Erzieherinnen im
November 2004 veröffentlicht
worden ist, hat sich viel getan. Gab
es damals fast nirgendwo Lehrstühle für frühkindliche Pädagogik, hat die Akademisierung des
Berufs der Erzieherin endlich auch
in der Bundesrepublik begonnen.
Von den 28 Studiengängen sind
die meisten Präsenzstudiengänge
in Vollzeit, die mit einem Bachelor
of Arts abschließen. Die Studieninhalte sind modularisiert und
werden mit Credit Points („Anrechnungspunkte“) nach dem European Credit Point System
(ECPS) bewertet, so dass sie auch
im europäischen Ausland gültig
sind. Das Studium dauert zwischen sechs und acht Semestern.
Dabei sind viele Studiengänge de
facto nur auf zwei Jahre angelegt,
weil die ersten beiden Semester der
Fachschule angerechnet werden.
Bislang gibt es elf Studiengänge
(z. B. Fh München und Fh Dresden), die auch als berufsbegleitender Studiengang in Teilzeit oder
mit Fernstudienanteilen konzipiert sind wie der Fernstudiengang
„Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe
Kindheit“ der Fh Koblenz in Re-
14
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
magen. Die Zugangsvoraussetzungen verlangen häufig berufliche
Vorkenntnissen, d. h. ein Abschluss als Erzieherin mit staatlicher Anerkennung muss mitgebracht werden, außerdem die allgemeine, fachgebundene oder
Fachhochschulreife.
Daneben
wird aber auch Abitur oder Fachabi, lediglich kombiniert mit einem Vorpraktikum in einer Kita
bei Bewerberinnen und Bewerbern akzeptiert. Erzieherinnen ohne Fachhochschulreife müssen
hochschulinterne Zugangsprüfungen bestehen. Am Elisabethenstift
in Darmstadt etwa hat man die
Fachschulausbildung kurzerhand
um ein Studienangebot ergänzt. In
diesem Verbundstudiengang kann
der BA-Abschluss damit direkt im
Anschluss an die „klassische Erzieherausbildung“ mit staatlicher Anerkennung erworben werden.
Übereinstimmung
Inhaltlich gibt es bei den angebotenen Studiengängen bundesweit
Übereinstimmung über grundlegende Studienziele, Arbeitsfelder und den Erwerb von Kompe-
Eine akademische
Ausbildung verschafft
Frühpädagoginnen
einen qualitativ
besseren Start in den
Beruf.
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
usgebildet
Nicht nur klassisch
Typische Studieninhalte sind zum
einen der Erwerb von Kompetenzen für Leitungsaufgaben, zum anderen Didaktik und Methodik sowie wissenschaftliche Arbeitsweisen, ferner Bildungsthemen und
-bereiche. Auch Hirnforschung,
Pädagogik und Lernpsychologie
sind wichtige Themen in der akademischen Ausbildung. Zu den
Studienbereichen
kirchlicher
Fachhochschulen zählt zudem der
religionspädagogische und -didaktische Kompetenzerwerb. Lernen,
mit Heterogenität umzugehen,
oftmals auch unter dem Obergriff
„Inklusion“
zusammengefasst,
steht ebenso auf der Agenda der
Hochschul-Lehrpläne.
Bei ihren Bildungsangeboten achten die Hochschulen nicht nur auf
das klassische künftige Arbeitsfeld
der Erzieherinnen in Kitas. Sie haben auch Familienzentren und
-bildungsstätten als künftige Tätigkeitsbereiche im Blick sowie Wohl-
fahrtsverbände (z. B. Fachberatung, Fortbildung, Projektentwicklung), Kinderrechtsorganisationen, politische Ämter oder
auch Tagesmüttervermittlung. An
einigen Hochschulen wie der Uni
in Halle-Wittenberg bieten sich
künftigen BA-Absolventen sogar
Perspektiven für Master-Studiengänge, die den Weg für eine Dissertation eröffnen.
Dass seit dem Sommersemester
2007 teilweise hohe Studiengebühren von 500 Euro plus Verwaltungs- und Semesterbeiträge die
Studiermöglichkeiten erheblich
einschränken, ist bei den geringen
Erzieherinnengehältern besonders
skandalös. Aber man darf sich
trotzdem auf eine neue Generation akademisch ausgebildeter
„Kindheitswirtinnen“ freuen, die
eine qualitativ andere Startposition als in der Vergangenheit für
den Beruf mitbringen.
Tessa C. Hermann,
Dipl.-Sozialpädagogin
Nähere Informationen im Internet unter:
http://www.gew.de/Erzieherinnenausbildung_
an_die_Hochschule.html
Foto: Manfred Vollmer
tenzen für Bildung und Erziehung
von Kindern im Alter bis zu zwölf
bzw. 14 Jahren.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
15
Fotos: Manfred Vollmer
„Die Kinder
lernen: Ist es
spannend, die
Welt zu entdecken? Werde
ich dabei unterstützt? Wenn diese Fragen mit
Nein beantwortet
werden, hat das
lebenslange Folgen.“
Entdeckungsreisen
professionell begleiten
E&W-Interview mit Prof. Gerwald Wallnöver
Foto: Uni Bozen
Seit zehn Jahren gibt es an der Freien
Universität Bozen, Norditalien, einen
deutschsprachigen Studiengang für Erzieher und Grundschullehrkräfte. E&W
sprach mit Prof. Gerwald Wallnöfer, der
hier „Expertinnen für Frühpädagogik“
ausbildet. Wallnöfer ist ein engagierter
Verfechter der akademischen Ausbildung für den Erzieherberuf.
Gerwald Wallnöfer ist Dekan und
Professor für Allgemeine Pädagogik an der
Freien Universität
Bozen, Italien.
16
E&W: Etwa 25000 Erzieherinnen und Erzieher verlassen in jedem Jahr die deutschen
Fachschulen. Sind sie ausreichend ausgebildet?
Gerwald Wallnöfer: Im Detail kann ich
darüber aus der Ferne kein Urteil fällen.
Fest steht aber, dass das deutsche Modell im internationalen Vergleich nahezu allein dasteht: In fast allen vergleichbaren Ländern werden Expertinnen für
Frühpädagogik – und das müssen Erzieher sein! – an der Hochschule ausgebildet. Dort bekommen die Studierenden
nicht nur eine qualitativ hochwertige
Ausbildung. Sie werden auch ohne Abitur nicht zugelassen.
E&W: Hunderttausende Realschüler sollen
keine guten Erzieher werden können?
Wallnöfer: Warum wird bei Lehrern das
Abitur vorausgesetzt? Man geht davon
aus, dass es die Voraussetzung ist, ihrer
Aufgabe auch intellektuell gerecht zu
werden. Ebenso in der Frühpädagogik:
Emotionale Kompetenz reicht nicht aus,
um dem Erziehungs- und Bildungsauftrag gerecht zu werden. Natürlich
braucht eine Erzieherin Einfühlungsvermögen – aber zu glauben, das stünde im
Gegensatz zum Verstand, ist ein Trugschluss. Wer seine Gefühle in die Arbeit
einfließen lässt, muss diese auch in ho-
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
hem Maße reflektieren können. Auch
die Annahme, für die Bildung der Jüngsten reiche ein kleines Wissen aus, ist völlig falsch. Erzieher müssen Kinder auf
ihren Entdeckungsreisen in der Welt professionell begleiten können. In diesen
ersten Lebensjahren wird der Grundstein
für die Lernbiografie gelegt. Die Kinder
lernen: Ist es spannend, die Welt zu entdecken? Werde ich dabei unterstützt?
Wenn diese Fragen mit Nein beantwortet werden, hat das lebenslange Folgen.
E&W: Die Universität Bozen bildet Erzieher
nicht nur akademisch, sondern auch gemeinsam mit Grundschullehrerinnen aus. Warum?
Wallnöfer: Das ist inzwischen in ganz
Italien so. Aber wir haben als erste Hochschule die Erkenntnis umgesetzt, dass Erzieherinnen und Grundschullehrer einer
ähnlichen Arbeit nachgehen und die
Phase zwischen Frühpädagogik und
Schulanfang für die Kinder einen einschneidenden Übergang darstellt. Die
Berufsgruppen sollten darum voneinander wissen, wie sie arbeiten.
E&W: Wie sieht das Modell in der Praxis aus?
Wallnöfer: Die Studierenden bekommen vier Semester eine gemeinsame
wissenschaftliche Basis vermittelt. Danach spezialisieren sie sich auf die Arbeit mit Kindern unter sechs Jahren
oder mit Grundschülern. Auch im
Hauptstudium bleibt hohe Durchlässigkeit garantiert. Das gilt für den Wechsel
zwischen den Studiengängen, aber auch
für den Weg in die Wissenschaft. Uns ist
ganz wichtig, dass Frühpädagogen auch
Professuren anstreben können.
E&W: Hatten Sie bei der Einführung mit
Widerständen zu kämpfen?
Wallnöfer: Ja. Natürlich fragten viele
Menschen, warum ein Beruf, der jahr-
hundertelang nebenbei vermittelt wurde, plötzlich eine so aufwändige Ausbildung benötigen soll. Auch viele Erzieherinnen wollten wissen, ob sie bisher alles falsch gemacht hätten. Heute
fordert niemand mehr eine kürzere Ausbildung. Stattdessen erreichen uns ständig neue Anfragen nach weiteren Qualifikationen, die in vier Studienjahren
noch immer kaum Platz finden. Für die
Integration von Kindern mit und ohne
Behinderung und für die Vermittlung
von Sprachkompetenzen sowie im Musikbereich bieten wir inzwischen Zusatzqualifikationen an.
E &W: Und das Personal, das noch nicht in
den Genuss der novellierten Ausbildung
kam? Gab es Verdrängungsprozesse?
Wallnöfer: Nein. Aber es hat sich eine
enorme Fortbildungsbereitschaft entwickelt. Viele erfahrene Kräfte haben
die Herausforderung begriffen und gesagt: Ich will auch noch etwas lernen.
Die berufsbegleitende Fortbildung, die
wir anbieten, führt zum selben Abschluss und akademischen Grad wie das
Studium.
E &W: Bekommen die Akademikerinnen
mehr Geld?
Wallnöfer: Ihre Einstufung hat sich verbessert – aber nicht über Gebühr. Berufsanfänger verdienen in keinem Fall
mehr als langjährig Berufserfahrene.
Das ist auch nicht wünschenswert. Wir
bilden keine überheblichen Studierenden aus, die später als hoch bezahlte
Kräfte mit Akzeptanzproblemen in der
Arbeitswelt zu kämpfen haben, sondern
professionelles Personal, das gemeinsam mit allen Beteiligten gute Arbeit
macht.
Interview: Jeannette Goddar,
freie Journalistin
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Angebot für Mitglieder
GEW startet neues Seminarprogramm
Die GEW will ihren Mitgliedern künftig nicht nur mehr Fortbildungen anbieten, sondern auch inhaltlich besser
werden.
D
iesem Ziel dienen zwei
im Dezember beginnende
elftägige Multiplikatorenfortbildungen zu den Themen „Beobachtung und
Dokumentation von Bildungsprozessen in Kindertagesstätten“
und „Inklusion“. Die GEW hat in der
Weiterentwicklung des Konzeptes der
„Bildungs- und Lerngeschichten“ eine
Methode entwickelt, mit der Bildungsprozesse von Kindern in Tageseinrichtungen beobachtet und dokumentiert
werden können. Wichtig dabei ist die dialogische Reflexion mit den Kindern.
Während andere Verfahren sehr stark auf
die Beobachtung der Kinder durch die Erzieherin setzen, will das „Bildungsbuch“
Kinder systematisch in die Entstehung ihres Portfolios einbeziehen. Das Konzept
hat seit seiner Veröffentlichung in dem
Buch „Bildung sichtbar machen“ (verlag
das netz) große Resonanz gefunden.
Bei dem Thema Inklusion handelt es sich
um ein relativ neues pädagogisches und
bildungspolitisches Modell. Inklusion ist
die konsequente Weiterführung von Integration. Während der Begriff „Integration“ das Hineinnehmen eines Kindes in
ein existierendes System versteht, ohne
dieses substanziell zu verändern, geht Inklusion von einem anderen Konzept aus:
Die Realisierung des Rechts aller Kinder
auf gemeinsame Bildung und Erziehung
kann nur in einem umfassenden Reformprozess erfolgen. Schulen wie Kindertagesstätten müssen daher personell und
räumlich so gut ausgestattet werden, dass
kein Grund besteht, Kinder auszusondern. Alle – Kinder, Jugendliche, Pädagogen, Eltern, Verwaltung, Politik – tragen
dazu bei, dass Inklusion gelingt. Dies erfordert aber auch von den Erziehungsprofis, Fragen der eigenen, persönlichen
Haltung bezogen auf Vorurteile und Ausgrenzung immer wieder zu thematisieren.
Der Begriff Inklusion kann zudem der
Klärung eines unscharf geworden Integrationskonzepts dienen.
Mit dem „Index for Inclusion“ hat das
englische Centre for Studies on Inclusive Education (CSIE) eine Arbeitshilfe herausgegeben, die Bildungseinrichtungen
in die Lage versetzt, Schritt für Schritt das
Prinzip der Inklusion zu verwirklichen.
Die GEW hat den „Index“ auf Deutsch
veröffentlicht. Eine zweite Auflage erscheint im September 2007.
be
Nähere Informationen zu
den Seminarangeboten
und zu den Teilnahmebedingungen gibt es beim
GEW-Hauptvorstand:
[email protected],
Tel.: 069/78973-329.
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9/2007 Erziehung und Wissenschaft
17
FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Foto: Manfred Vollmer
Merseburger
Studie: Psychische Anforderungen belasten
Erzieherinnen in
erster Linie.
Viel zu tun, wenig anerkannt
Gesundheitsstudie zur Arbeitsbelastung im Kita-Bereich
Erzieherinnen sind vorrangig durch
psychische Belastungen ihres Arbeitsalltags beeinträchtigt. Zu diesem
Ergebnis kommt eine aktuelle Studie
Merseburger Arbeitswissenschaftler.
Literatur
Rudow, Bernd (2004):
Das gesunde Unternehmen. Gesundheitsmanagement, Arbeitsschutz
und Personalpflege in
Organisationen. München: Oldenbourg.
Rudow, Bernd (2007):
Arbeitsschutz, Belastungen
und Belastungsbewältigung bei Erzieherinnen
(ABBE-Projekt im Auftrag der GEW BadenWürttemberg, des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen
und der Hans-BöcklerStiftung). Projektbericht
(170 Seiten).
18
B
ei Befragungen von insgesamt 1023 Erzieherinnen
im Bundesland BadenWürttemberg sind folgende Belastungsfaktoren ermittelt worden:
● Fast alle Befragten waren überzeugt,
dass sie zu viele unterschiedliche Arbeitsaufgaben bewältigen müssen.
● 77 Prozent gaben an, dass die Gruppengröße zu hoch ist. Aufgrund der
großen Anzahl der zu Betreuenden sei
eine wirksame Arbeit mit dem einzelnen Kind kaum möglich.
● Ein Viertel der Pädagoginnen war der
Meinung, dass keine oder nur eine unzureichende leistungsangemessene Anerkennung und Kritik durch die KitaLeitung stattfindet.
● Knapp die Hälfte schätzte ein, dass
sich der Träger zu wenig für die KitaEntwicklung engagiere. In diesem Kontext stellt der Personalmangel eine stärkere Belastung dar.
● Über 50 Prozent stuften den Lärm als
einen äußerst belastenden Faktor ein.
Mehr als die Hälfte der Befragten mein-
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
te, dass Kleingruppen- und Rückzugsräume für Erzieherinnen fehlten.
● Durch ungünstige und anstrengende
Körperhaltungen beim Spielen und Basteln mit den Kindern fühlten sich 82
Prozent sehr beeinträchtigt.
● Über eine hohe Beanspruchung der
Stimme klagten Dreiviertel der Beschäftigten.
Gefährdungsbeurteilung
Aufgrund dieser nachweislich hohen
Arbeitsbelastungen im Kita-Bereich haben die Wissenschaftler einen Leitfaden
zur Gefährdungsbeurteilung entwickelt.
Eine umfassende Gefährdungsbeurteilung ist die Voraussetzung für gezielte
Arbeitsschutzmaßnahmen. Der Leitfaden weist folgende Methoden auf:
● Prüfliste zu Belastungen,
● Checklisten zum Ermüdungs- und
zum Stresserleben,
● Checkliste zum Wohlbefinden,
● Checkliste zu Ressourcen der Gesundheit.
Da die Experten von einem liberalen
Konzept des Arbeitschutzes ausgehen,
sind neben psychischen Belastungen,
negativen Beanspruchungsreaktionen
auch Wohlbefinden und Gesundheitsressourcen als Prüffaktoren berücksichtigt worden. Prof. Dr. Bernd Rudow,
Hochschullehrer für Arbeitswissenschaften
an der Hochschule Merseburg (FH)
Belastungs-Bewältigungs-Training
Prävention ist das A und O für einen wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Erzieherinnen. Eine wichtige Methode ist das so genannte Belastungs-Bewältigungs-Training für Erzieherinnen (BBT-E), das von den Merseburger Forschern entwickelt, angewandt und evaluiert worden ist. Dabei geht
es vor allem um den effektiven Umgang mit psychischen Belastungen, die
durch die Arbeit auftreten können, und Stress, Angst, Ermüdung, Burnout
hervorrufen. Das Belastungs-Bewältigungs-Training hat folgende Module: Einführung in die Belastungs- und Gesundheitssituation bei Erzieherinnen, progressive Muskelrelaxation, Erkennen persönlicher Belastungen und Stressreaktionen, Bewältigung von Stresssituationen, Reflexion arbeitsbezogener Einstellungen, systematisches Problemlösen sowie Zeitmanagement und Belastungsausgleich in der Freizeit (Work-Life-Balance).
TARIFPOLITIK
Foto: Alexander Paul Englert
Tarifrunde: Für
den Bereich der
Lehrkräfte übernimmt die GEW
die Verhandlungsführung.
Mehr Lohn für Beschäftigte
GEW, GdP und ver.di gemeinsam für eine erfolgreiche Tarifrunde 2008
GEW, ver.di und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) haben ihre enge Zusammenarbeit in der 2008 anstehenden Tarifrunde für den öffentlichen Dienst in
Bund und Kommunen in einer gemeinsamen Erklärung bekräftigt. Wir Vorsitzende, Frank Bsirske (ver.di), Konrad Freiberg (GdP) und Ulrich Thöne
(GEW), sind uns einig: Wir fordern nachhaltige lineare Lohnsteigerungen für
den öffentlichen Dienst. Dabei sollen die Abschlüsse in den großen Branchen als
Orientierungspunkte gelten. Zur Durchsetzung der Forderungen schließen wir
Streiks nicht aus.
D
ie Arbeitskämpfe 2006 bei
den Kommunen und insbesondere den Ländern
haben gezeigt, dass die
große Einigkeit unter den
Gewerkschaften den Beschäftigten im öffentlichen Dienst am
meisten nutzt (E&W berichtete).
Deshalb haben wir vereinbart, dass
GEW, ver.di und GdP wie in der Vergangenheit als Tarifgemeinschaft zusammenarbeiten. Die Tarifführerschaft liegt
bei ver.di, GEW und GdP sind an den
20
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Verhandlungs- und Sondierungskommissionen angemessen beteiligt. Für
den Lehrkräftebereich auf Länderebene
hat die GEW – wie bereits im vergangenen Jahr – die Verhandlungsführung.
Die Ländertarifrunde beginnt 2009.
Sollten 2008 Regelungen für Lehrerinnen und Lehrer in Kommunen oder an
Bundeswehrschulen getroffen werden,
ist auch hier die GEW Verhandlungsführerin.
In den nächsten Wochen startet die
GEW ihre Tarifrunden-Kampagne „Bil-
dung ist Mehrwert“. E &W wird in der
nächsten Ausgabe ausführlich über die
kommende Tarifrunde und die Kampagne informieren.
Irritationen
Ende Juli war es in der Öffentlichkeit zu
Irritationen gekommen, weil mehrere
Medien gemeldet hatten, dass ver.di,
der Deutsche Beamtenbund (dbb) und
mit ihm die Tarifunion des dbb gemeinsam in die Tarifauseinandersetzungen
2008 gehen. Korrekt ist, dass ver.di und
dbb nicht mehr wie in der Vergangenheit miteinander konkurrieren werden,
d. h. DGB-Gewerkschaften und Beamtenbund werden gegenüber den Arbeitgebern geschlossen auftreten.
In diesem Sinne haben ver.di und dbb
auch gemeinsam ihre Initiative öffentlicher Dienst www.genuggespart.de gestartet.
Ulrich Thöne,
Vorsitzender der GEW
Tarifverträge Bund, Länder und Kommunen
Gute Arbeit – gutes Geld
TVöD-Serie: Die neue Entgeltordnung – Konsequenzen für Erzieherinnen
Erzieherinnen und Erzieher leisten eine
pädagogisch notwendige und sehr
wichtige Bildungsarbeit (siehe E&WSchwerpunkt). Das wird zunehmend
auch gesellschaftlich anerkannt. Nur
mit der entsprechenden Bezahlung hapert es immer noch. Besteht eine Chance, dies im neuen Tarifvertrag des
öffentlichen Dienstes (TVöD) zu ändern? Die nächste Tarifrunde steht an.
Die GEW wird alles versuchen, um in
den Verhandlungen mit den Arbeitgebern mehr Geld für die schlecht bezahlte
Berufsgruppe zu erreichen.
R
ückblick: Am 1. Oktober
2005 löste der TVöD, der
für Beschäftigte beim Bund
und in den Kommunen
gilt, den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) ab.
Am 1. November konnte auch für die
Länder – außer Berlin und Hessen – der
Tarifvertrag der Länder (TV-L) abgeschlossen werden. Neben Mantel und
Entgelttabellen ist jeweils ein Überleitungsvertrag vereinbart worden. Bis
zum Abschluss der neuen Entgeltordnung gilt danach weiterhin die Eingruppierungsregelung des BAT. Entsprechend werden die Beschäftigten, auch
die Neueingestellten, einer bestimmten
Bessere Bezahlung
auch für Lehrer
Ebenso wie für Erzieher gilt für angestellte Lehrkräfte:
Auch für diese Berufsgruppe muss – gemessen an den gestiegenen Bildungs- und Leistungserwartungen an ihre Arbeit – in der Tarifrunde 2008 ein gerechteres Vergütungssystem entwickelt werden. Aus den Verhandlungen um die
Werte in der Entgelttabelle ist hinlänglich bekannt, dass
sich TVöD-Regelungen auch im TV-L auswirken. Hier besteht dringender Korrekturbedarf: Die langen Ausbildungszeiten von Lehrerinnen und Lehrern sind nicht ausreichend in der Stufenzuordnung berücksichtigt.
22
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Entgeltgruppe zugeordnet. Die Verhandlungen zur neuen Entgeltordnung
sollten am 31. Dezember 2006 abgeschlossen sein. Fakt ist: Bis September
2007 haben sie noch nicht einmal begonnen. Verantwortlich dafür sind die
kommunalen Arbeitgeber. Sie sahen
aufgrund der mit den Ländern getroffenen Regelungen zur wöchentlichen Arbeitszeit die Meistbegünstigungsklausel
berührt. Deshalb haben sie beim Arbeitsgericht Berlin geklagt. Verhandlungen, egal zu welchem Punkt, lehnen die
Arbeitgeber seitdem ab.
Am 1. Oktober 2007 wird aus dieser Ablehnung ein gravierendes Problem: Erst
durch die neue Entgeltordnung können
die den früheren Aufstiegsregelungen
im BAT entsprechenden Vergütungshöhen von den Beschäftigten erreicht
werden. Wird dies nicht geregelt,
kommt es z. B. für die Berufsgruppe der
Erzieherinnen und Erzieher zu dramatischen Einkommensverlusten, da alle seit
dem 1. Oktober 2005 Neueingestellten
der Entgeltgruppe 6 zugeordnet sind. In
dieser werden sie dauerhaft verbleiben,
wenn es keine neue Entgeltordnung gibt
(siehe S. 11). Derzeit müssen die Gewerkschaften davon ausgehen, dass die
Verhandlungen in diesem Jahr nicht
mehr abgeschlossen werden können.
Drohende Verluste verhindern
Die starre Haltung der Arbeitgeber
zwingt die Gewerkschaften, Übergangsregelungen durchzusetzen, um drohende Einkommensverluste zu verhindern.
Dazu müssten die alten BAT-Aufstiege
wieder in Kraft gesetzt werden. Ansonsten verkommt das neue Tarifwerk zu einem Riesenbetrug der Arbeitgeber an
den Beschäftigten.
Um eine gerechte, diskriminierungsfreie und transparente Entgeltordnung
zu erstreiten, brauchen die Gewerkschaften viel Durchsetzungsstärke:
Übergangslösungen werden vermutlich
nicht ohne Streik vereinbart werden
können. Dabei dürfen die Gewerkschaften das eigentliche Ziel nicht aus den
Augen verlieren: die neue Entgeltord-
nung, sonst bleibt der TVöD ein Rahmen ohne Bild.
GEW-Forderungen
Nach intensiver Diskussion in der Mitgliedschaft hat die GEW ihre Forderungen für eine Entgeltordnung entwickelt.
Sie zielen primär auf die Anforderungen
in der Tätigkeit sowie zusätzlich auf die
Qualifikation der Erzieherinnen. Die
Bildungsgewerkschaft schlägt vier Stufen für die Eingruppierung vor:
● Entgeltgruppe 5: Tätigkeiten, die eine dreijährige Berufsausbildung erfordern.
● Entgeltgruppe 8: Tätigkeiten, die auf
einer Fachschulausbildung basieren.
● Entgeltgruppe 9: Tätigkeiten, die eine Fachhochschulausbildung voraussetzen.
● Entgeltgruppe 13: Tätigkeiten, die
ein Hochschulstudium verlangen.
Mit dieser Stufenzuordnung im TVöD
wäre gewährleistet, dass Erzieherinnen
und Erzieher mit Fachschulausbildung
in Entgeltgruppe 8 eingeordnet werden.
Da damit die alte Einkommenshöhe im
BAT aber noch nicht erlangt wäre, fordert die GEW darüber hinaus die
Anrechnung von so genannten Heraushebungsmerkmalen; gemeint sind Kompetenzen, die die Berufstätigkeit in besonderem Maße prägen (siehe Seite 11).
Da die gesellschaftlichen Ansprüche an
die Qualität pädagogischer Arbeit im
Elementarbereich kontinuierlich gestiegen sind, ist es gerechtfertigt, Erzieherinnen mit Absolventen von Fachhochschulen gleichzustellen und sie nach
Entgeltgruppe 9 zu bezahlen. Nur so
wird das von Anfang an von den Arbeitgebern propagierte Ziel des „Erhalts der
Wertebenen“ erreicht.
Blick in die Zukunft
Damit die GEW ihre tarifpolitischen
Ziele realisieren kann, müssen auch die
Mitglieder hinter den gewerkschaftlichen Forderungen stehen und bereit
sein, sich aktiv für die Ziele einzusetzen.
Ilse Schaad, Leiterin des Arbeitsbereichs
Angestellten- und Beamtenpolitik
Werbung ist tragbar...
...für jedes neu geworbene GEW-Mitglied gibt es die Kulturtasche.
Prämie des Monats:
September
Gilt nicht für die Landesverbände Bayern und Sachsen
Eine rote GEW-Kulturtasche aus
LKW-Plane
Bitte in Druckschrift ausfüllen.
Antrag auf Mitgliedschaft
Beschäftigungsverhältnis
Vorname/Name
Telefon
Straße/Nr.
E-Mail
Land/PLZ/Ort
Berufsbezeichnung /-ziel
Geburtsdatum/Nationalität
Name/Ort der Bank
E+W-Prämie des Monats September 2007/Kulturtasche
Bisher gewerkschaftlich organisiert bei
#
Ihre Daten sind entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt.
von
bis
(Monat / Jahr)
Jedes Mitglied der GEW ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten und
seine Zahlungen daraufhin regelmäßig zu überprüfen.
Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag erkenne ich die Satzung der GEW an und ermächtige die GEW zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen.
Ort/Datum
Unterschrift
Fax
beschäftigt seit
Kontonummer
Besoldungs-/Entgeltgruppe
Fachgruppe
BLZ
gültig seit
Bruttoeinkommen € monatlich
Stufe
Betrieb /Dienststelle
Träger
Straße/Nr. des Betriebes/der Dienststelle
PLZ/Ort
Daten des Werbers
Ich habe die oben stehende Person als neues GEW-Mitglied geworben.
Vorname/Name
GEW-Landesverband
Straße/Nr.
Telefon
PLZ/Ort
E-Mail
Fax
angestellt
beamtet
Honorarkraft
in Rente
pensioniert
Altersübergangsgeld
arbeitslos
beurlaubt ohne Bezüge
teilzeitbeschäftigt mit
Std. / Woche
im Studium
ABM
Vorbereitungsdienst /
Berufspraktikum
befristet bis
Sonstiges
Bitte den Antrag vollständig ausfüllen und
an folgende Adresse
senden:
Gewerkschaft
Erziehung
undWissenschaft
Brigitte Stamm
Reifenberger Straße 21
60489 Frankfurt a. M.
Fax: 069/78973-102
Vielen Dank!
Ihre GEW
Unterschiedliche Signale
Zweiter Integrationsgipfel in Berlin
Auf dem zweiten Integrationsgipfel in
Berlin im Juli haben Bund, Länder
und Kommunen, gesellschaftliche
Gruppen und Migrantenverbände
Deutschlands den ersten „nationalen“
Integrationsplan erarbeitet. Dabei hatte der Streit über die Verschärfung des
Zuwanderungsrechts bereits vor dem
Gipfel zu heftigen Turbulenzen geführt. Ob die Gipfelergebnisse nun ein
„Meilenstein der Geschichte der Integrationspolitik der Bundesrepublik“
sind, wie Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) es formuliert hat,
muss die Praxis zeigen. Bestehen bleibt
der Widerspruch, dass zwar vom Integrationsplan Positives ausgeht, das
Zuwanderungsgesetz jedoch ein eindeutig negatives Signal für die Migranten setzt.
D
as Gute zuerst: Allein, dass
es zum zweiten Integrationsgipfel kam, ist ein Erfolg. Ungeachtet des Boykotts durch vier türkische
Verbände wurde ein Mammutkatalog mit 400 Selbstverpflichtungen verabschiedet. Sprachförderung,
frühkindliche Bildung und bessere Ausbildung für junge Menschen aus Einwandererfamilien sowie eine Aufstockung der Integrationskurse von 600 auf
900 Stunden sind u. a. geplant. 750 Millionen Euro will der Bund dafür bereitstellen. Im Herbst 2008 soll überprüft
werden, was aus diesen Selbstverpflichtungen geworden ist. So jedenfalls verspricht es Kanzlerin Angela Merkel.
Jahrzehntelang weigerten sich viele in
der Politik, Einwanderung überhaupt
zur Kenntnis zu nehmen. Die Konservativen bewegen sich inzwischen. Im
Entwurf für das neue Grundsatzprogramm der CDU ist ausdrücklich die
Rede von einem „Integrationsland
24
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Deutschland“, das auf Zuwanderung angewiesen ist – ein positives Signal für die
mittlerweile rund 15 Millionen zwischen Rhein und Oder lebenden Menschen, deren kulturelle Wurzeln außerhalb der Bundesrepublik liegen.
Doch das Fundament, auf dem diese Erkenntnis der Unionspolitiker ruht, ist
recht dünn. Zuwandern sollen nämlich
die „gut ausgebildeten, leistungsbereiten und integrationswilligen Menschen“, und wenige Zeilen weiter heißt
es im CDU-Programmentwurf: „Ein
unverbundenes Nebeneinander und die
Bildung von Parallelgesellschaften lehnen wir ab.“ Im nationalen Integrationsplan findet sich zwar nicht der Vorwurf,
Einwanderer würden sich in Parallelgesellschaften der Eingliederung in die
Mehrheitsgesellschaft verweigern und
die Forderung, Migranten müssten in
Vorleistung treten, um ein Heimatrecht
in Deutschland zu erhalten. Gleichwohl
dient eine solche Argumentation konservativen Kreisen nach wie vor als Rettungsanker für das Festhalten überkommener Haltungen gegenüber Einwanderern.
Auf Migranten zugehen
Interessanterweise war es ein CDUMann, der vielen in der eigenen Partei
den Spiegel vorhielt. In einem Radiointerview forderte der Vorsitzende des
deutsch-türkischen Forums in der
CDU, Bülent Arslan, nach dem Integrationsgipfel seine deutschstämmigen
Kollegen auf, die Existenz von Parallelgesellschaften hinzunehmen. Solche
Viertel würden auch trotz eines nationalen Integrationsplans noch lange bestehen bleiben. Wichtig sei, so Arslan, dass
deutsche Politiker einen Schritt auf jene
Menschen zugehen, die in diesen Vierteln leben. Politiker müssten sich zum
Beispiel viel häufiger in türkischsprachigen Medien äußern und dort auch die
Leistung der in Deutschland lebenden
Migranten würdigen.
Der deutsche Politiker mit türkischen
Wurzeln sprach damit aus, was die Integrationsforschung schon vor fast 20 Jahren festgestellt hat: Die so genannten
Ghettos, die heute als Parallelgesellschaften bezeichnet werden, sind für die
Einwanderer der ersten, manchmal
auch der zweiten Generation, die Stützpunkte, von denen aus der Aufbruch in
die Mehrheitsgesellschaft unternommen werden kann. Ein Stück Heimat in
der Fremde.
Dieser Aufbruch aus der Einwandererkolonie ist für Migranten wie für die
Mehrheitsgesellschaft
konfliktreich.
Und dass Integration im Einzelfall auch
scheitern kann, gehört zu einer konfliktreichen Beziehung dazu.
Folgen in der Bildung
Den Migranten müssen von der Gesellschaft mehr Angebote zur Integration
unterbreitet werden. Das gilt vor allem
für die Bildung: Nur acht Prozent der
Studierenden in Deutschland haben
laut der jüngsten Sozialerhebung des
Deutschen Studentenwerks (DSW) einen Migrationshintergrund. Dagegen
ist der Anteil jugendlicher Migranten in
gering qualifizierten und schlecht entlohnten Tätigkeiten besonders hoch.
Damit aber nimmt auch das Risiko der
sozialen Isolation zu, wie eine Studie
der Universität Bremen jüngst bestätigt
hat.
Gerade junge Menschen aus Einwandererfamilien registrieren ganz genau, welche Signale in ihre Richtung gesendet
werden. Im neuen Zuwanderungsgesetz
wird sogar gut qualifizierten Einwanderungswilligen der Zuzug nach Deutschland dadurch erschwert, dass sie ein Gehalt vorweisen müssen, das dreimal so
hoch liegt wie das eines hiesigen Durchschnittsverdieners. Auch das ist ein negatives Signal an den Integrationswillen
der bereits hier lebenden Migranten.
Jürgen Amendt,
Redakteur „Neues Deutschland“
Fotos: imago
Migranten muss
die Gesellschaft
mehr Angebote
zur Integration
unterbreiten. Das
gilt vor allem für
die Bildung.
BILDUNGSPOLITIK
Unermüdlicher Reformer
Fotos: Ernst Herb
Wolfgang Klafki zum 80sten Geburtstag
Am 1. September ist Wolfgang Klafki
80 Jahre alt geworden. Am 5. Oktober werden sich seine Freunde und
Kollegen sowie viele seiner akademischen Schülerinnen und Schüler in
Marburg zu einem Festakt versammeln, um nicht nur einen der bedeutendsten deutschen Erziehungswissenschaftler, sondern auch einen unermüdlichen Bildungsreformer zu ehren.
W
olfgang Klafki hat in
mehr als 40 Berufsjahren die Theoriediskussion in Didaktik und Bildungstheorie entscheidend bestimmt, hat erfolgreich
beim Ausbau der Erziehungswissenschaft mitgewirkt, und er war immer
wieder als wissenschaftlicher Politikberater aktiv. Im Bereich der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung hat er eine
unglaubliche Leistung vollbracht: Etwa
80 junge Menschen haben unter seiner
Anleitung erfolgreich promoviert.
Als ich 1966 mein Lehrerstudium begann, war Wolfgang Klafki bereits einer
der führenden erziehungswissenschaftlichen Akteure. Seine „Theorie der kategorialen Bildung“ und seine „Studien
zur Bildungstheorie und Didaktik“ wurden in den Seminaren viel gelesen und
heftig diskutiert. Seine frühen Schriften
zur Gesamtschule, sein Engagement in
der hessischen Curriculum-Reform
(1968 bis 1971), sein Einsatz für die
Handlungsforschung im Rahmen des
„Marburger Grundschulprojekts“ (1971
bis 1979) haben auch der damals kritischen Studentenschaft deutlich gemacht, dass sie es mit einem Mitstreiter
für eine konsequente Bildungsreform
zu tun hat. Dies war nun keineswegs
selbstverständlich bei einem Pädagogikprofessor, der die „klassische“ geisteswissenschaftliche Karriere gemacht hatte:
Nach Lehrerausbildung und Volksschullehrer-Tätigkeit (1948 bis 1952) hat
er ein Studium der Pädagogik, Philosophie und Germanistik in Göttingen vor
allem bei Helmuth Plessner, Theodor Litt
und Erich Weniger absolviert, 1957 dort
promoviert und 1963 einen Ruf auf einen Lehrstuhl nach Marburg angenommen. Dort ist Wolfgang Klafki trotz der
Abwerbeversuche anderer Universitäten bis zu seiner Emeritierung geblieben, dort arbeitet er bis heute.
der von ihm aufgebauten Kommission
„Schulpädagogik und Didaktik“ der
DGfE. Enger zusammenarbeiten durfte
ich mit ihm seit 1992 im Rahmen der
Bielefelder Laborschule – er als langjähriger Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats, ich als Wissenschaftlicher Leiter der Schule. Mehr als 15 Jahre hat sich Wolfgang Klafki für dieses
einmalige Schulexperiment engagiert.
In dieser Zeit hat mich besonders seine
Fähigkeit beeindruckt, auf die Sichtweisen, die Interessen, die Arbeitsformen
der forschenden Laborschullehrerinnen
und -lehrer einzugehen, sie in ihrer Arbeit ernst zu nehmen und zu ermuntern, ihnen aber zugleich kritische Anmerkungen zu ihren Projekten nicht zu
ersparen.
Nach seinem 75. Geburtstag hat sich
Wolfgang Klafki aus vielen Verpflichtungen zurückgezogen, so auch aus dem
Wissenschaftlichen Beirat der Laborschule: Irgendwann muss ja die nachberufliche Phase beginnen.
Wenn sich nun am 5. Oktober alle treffen, die in den vielen Jahren mit Wolfgang Klafki zusammenarbeiten durften,
so werden sie nicht nur dem Jubilar gratulieren. Vielmehr werden sie sich auch
mit einem Thema auseinandersetzen,
das Wolfgang Klafki sein ganzes Berufsleben umgetrieben hat: mit der Relevanz der Erziehungswissenschaft für bildungspolitische Entscheidungen.
Klaus-Jürgen Tillmann,
Professor für Schulpädagogik an der Universität Bielefeld, Wissenschaftlicher
Leiter der Laborschule
Zwei große
Pädagogen:
Wolfgang Klafki
(links) neben
ihm Hartmut von
Hentig
Buchtipp
Wege pädagogischen Denkens
Aus Anlass des 80. Geburtstages
des herausragenden Wissenschaftlers Wolfgang Klafki hat
der Ernst Reinhardt Verlag in
München – gefördert von der
Max-Traeger-Stiftung der GEW
– den Band „Wege pädagogischen Denkens“ herausgebracht. In einem autobiografischen und erziehungswissenschaftlichen Dialog zwischen
Wolfgang Klafki und seinem
Schüler Karl-Heinz Braun stellt
Klafki wesentliche Etappen seiner pädagogischen und wissenschaftlichen Entwicklung vor.
Wolfgang Klafki, Karl-Heinz
Braun: Wege pädagogischen Denkens. Ein autobiografischer und erziehungswissenschaftlicher Dialog,
Ernst Reinhardt Verlag 2007, 220
Seiten, 24,90 Euro, Bezug: EMail [email protected],
Internet www.reinhardt-verlag.de
Laborschule Bielefeld: Mehr als
15 Jahre hat sich
Wolfgang Klafki
für dieses einmalige Schulexperiment engagiert.
Einsamer Rekord
Persönlich erlebt habe ich Wolfgang
Klafki erstmals 1974 in Salzburg auf
dem (damals noch kleinen) Kongress
der „Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft“ (DGfE). In dem
Vorstand dieser wissenschaftlichen Gesellschaft war Wolfgang Klafki 20 Jahre
tätig – ein ganz einsamer Rekord. Häufiger getroffen haben wir uns seit 1980 in
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
25
„Bildung eröffnet
Teilhabechancen.
Sie befähigt den
Menschen, sein
Schicksal selbst
in die Hand zu
nehmen und etwas aus seinem
Leben zu machen.
Das ist der vielleicht wichtigste
Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit
in unserer Welt.
Und deshalb ist
es so elementar,
dass alle Menschen Zugang zu
guter Bildung haben.“
Aus dem bemerkenswerten
Grußwort von
Bundespräsident
Horst Köhler (Mitte) zur Eröffnung
des BI-Weltkongresses (links
Berlins Bildungssenator Prof. Jürgen Zöllner, rechts
BI-Präsident Thulas
Nxesi).
Foto: dpa
BILDUNGSPOLITIK
„Menschenrecht,
nicht Marktinstrument“
5. Weltkongress der Bildungsinternationale in Berlin
Thöne im BI-Vorstand
Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft (GEW), ist mit
großer Mehrheit in den
Vorstand der Bildungsinternationale (BI) gewählt worden. Der BIVorstand nimmt zwischen den Weltkongressen die Aufgaben eines
Geschäftsführenden
Vorstandes für den weltweiten Zusammenschluss von fast 400 Bildungsgewerkschaften,
die 30 Millionen Mitglieder aus rund 170
Ländern vertreten,
wahr. Die Delegierten
bestätigten den bisherigen Präsidenten Thulas
Nxesi (Südafrika) und
Generalsekretär Fred van
Leeuwen (Niederlande)
in ihren Ämtern.
26
Der ungleiche Zugang zu Bildung,
ihre Beeinflussung durch und Abhängigkeit von wirtschaftlichen Interessen
standen fünf Tage im Zentrum des
weltgrößten Pädagogentreffens, das
Ende Juli zum ersten Mal auf europäischem Boden stattfand. Unter dem
Motto „Pädagogen – gemeinsam für
eine Bildung von hoher Qualität und
sozialer Gerechtigkeit“ debattierten
mehr als 1700 Gewerkschaftsvertreter
in Berlin über Bildungsgerechtigkeit
und Qualität von Bildung in aller Welt
(s. auch E&W 7-8/2007). Deshalb hat
der 5. Weltkongress der Bildungsinterntionale (BI) mehr öffentliche Verantwortung für Bildung gefordert.
E
r war einer der gefragtesten
Männer in Berlins größtem
Kongresshotel „Estrell“ –
und als er endlich auf dem
Podium Platz nahm, wurde
er so deutlich, wie es die Veranstalter erhofft hatten: Auf der ganzen
Welt werde Bildung „viel zu sehr unter
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
ökonomischen Gesichtspunkten verstanden“, erklärte Vernor Muñoz, der vor
einem Jahr mit herber Kritik am deutschen Schulsystem republikweit Aufmerksamkeit erregt hatte. Bildung, formulierte der UN-Sonderberichterstatter
für Menschenrechte, sei nicht in erster
Linie ein Mittel im Kampf gegen Arbeitslosigkeit. „Das Ziel von Bildung“,
so Muñoz, „ist die Herausbildung freier
Persönlichkeiten, der Erhalt und die Prägung von Menschenwürde, Chancengleichheit. Bildung ist ein Menschenrecht und kein Marktinstrument.“
Rundum missachtet
Dieses Menschenrecht, das zeigte der
Berichterstatter der Vereinten Nationen
ebenso auf, wird rund um den Globus
missachtet – und zwar nicht nur in Diktaturen der so genannten „Dritten
Welt,“ sondern auch bei uns: „In den
USA und in Frankreich, in Italien und
in Deutschland gibt es klare Fälle von
Diskriminierung.“ Benachteiligt werden nach Erkenntnissen der UN immer
die gleichen sozialen Gruppen: „Weltweit haben Zugewanderte einen benachteiligten Zugang zu Bildung“, so
Muñoz; wobei es manche Minderhei-
ten – wie „die Unberührbaren“ in Nepal
und Indien oder Schwarze in Lateinamerika – noch schlimmer träfe als andere. Die Behandlung von Sinti und Roma sei in den meisten Bildungssystemen
„alarmierend“, aber auch Menschen mit
Behinderungen blieben vielerorts von
Bildung ausgeschlossen.
Grundbildung für alle
Zur Einlösung des Menschenrechts auf
Bildung fordern auch die Millenniumsziele der Vereinten Nationen auf: Bis
2015 soll der Anteil der Menschen, die
mit weniger als einem Dollar pro Tag
auskommen müssen, weltweit halbiert
werden – und jedes Kind auf der Welt
Zugang zu einer Grundausbildung haben. Die BI machte in Berlin vor allem
deutlich, wie weit man von diesem Ziel
noch entfernt ist: 140 Millionen Kinder
weltweit haben keinen Zugang zu Bildung; weitere 100 Millionen wachsen
bildungsfern auf, weil ihnen die Unterrichtssprache fremd ist oder es zu wenig
qualifiziertes Personal gibt. Laut dem
„Bildungsbarometer“ der BI fehlen zur
Verwirklichung des Millenniumsziels
auf der ganzen Welt außerdem sage und
schreibe 18 Millionen Lehrer. UN-Ge-
BILDUNGSPOLITIK
Diktat des Haushalts
Foto: bildschön
Wer sich unter den Kongressteilnehmenden, von denen die allermeisten selbst unterrichten,
umhörte, gewann den Eindruck,
dass guter Bildung immer wieder
das Diktat der Haushaltspläne
im Weg steht: In Kenia z. B. wurde zwar das Recht auf gebührenfreien Schulbesuch für alle eingeführt – aber kein einziger Lehrer neu eingestellt. Die im Schuldienst Tätigen unterrichten Klassen mit 50 bis 100 Kindern. Im
benachbarten Äthiopien wird
der Fernseher eingeschaltet,
wenn auf einen Lehrer zu viele
Kinder kommen. In Indien arbeiten nach Angaben der Gewerkschaft inzwischen eine halbe Million nicht qualifizierte
„Para-Lehrer“ an staatlichen
Schulen – für 125 US-Dollar im
Monat; gegenüber 250 USDollar, die ein ausgebildeter
Lehrer dort als Gehalt bekommt.
Besondere Sorge machte den
1700 Delegierten, deren Herkunftsliste von Albanien bis
Zimbabwe reichte, die anhaltende Privatisierung. Teilnehmende eines Workshops waren
sich nahezu unisono einig: Bildung als privates Gut bedrohe
deren Qualität, vor allem aber
die soziale Gerechtigkeit. Privatisierung sei ein „Angriff auf die
Chancengleichheit der Menschen“, erklärte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne.
Bildung in freier Trägerschaft
greife aber auch in Personalrechte ein. Lehrer an Privatschulen
besäßen „weniger Rechte, einen
schlechteren Status und kaum
Mitsprachemöglichkeiten“, konstatierte der belgische Gewerkschafter Lous van Beneden. „Das
ist jedoch längst nicht das
Schlimmste, was gewerkschaftlich aktiven Pädagogen widerfahren kann“, war Jin-Hwa Jung,
ein südkoreanischer Lehrer,
überzeugt: In Kolumbien, einem Land, das bei amnesty international (ai) ganz oben auf
der Liste der Menschenrechtsverletzer steht, werden Gewerkschafter regelmäßig von Mord
und Attentaten bedroht (siehe
E&W 7-8/2007, Schwerpunkt). 33
Namen lang ist die Liste der allein 2006 ermordeten Lehrer
und Lehrerinnen. Ein noch lebender Aktiver aus Kolumbien,
Samuel Morales, sollte während
des Kongresses mit dem Menschenrechtspreis der BI für sein
unerschrockenes gewerkschaftliches Engagement geehrt werden.
Samuel Morales konnte nicht
nach Berlin kommen. Die Regierung ließ ihn nicht ausreisen.
Jeannette Goddar,
freie Journalistin
Vernor Muñoz war wieder in
Deutschland. Zum Ärger von Kultusministern und Bundesregierung
lässt der umtriebige UN-Menschenrechtsinspektor nicht locker
mit seiner harschen Kritik am deutschen Schulsystem.
Beim Weltpädagogenkongress in
Berlin mahnte der Rechtsprofessor
aus Costa Rica jetzt eine inhaltliche
Stellungnahme Deutschlands zu
seinen Vorwürfen und Empfehlungen an. Ein Buch über das „Recht
auf Bildung“* und die verschnupften deutschen Reaktionen auf den
Muñoz-Besuch vor einem Jahr geben der Debatte neuen Auftrieb.
*Bernd Overwien, Annedore Prengel (Hrsg.): Recht auf Bildung. Zum Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen in Deutschland, Verlag Barbara Budrich 2007, ca. 200 Seiten, 17,40 Euro, Bezug: Buchhandel
Wichtiger Schritt
Kommentar des GEW-Vorsitzenden zum BI-Kongress
Der 5. Weltkongress der Bildungsinternationale
(BI) war ein wichtiger Schritt für das weitere Zusammenwachsen und eine engere Kooperation der
Bildungsgewerkschaften im Weltmaßstab. Die Delegierten bekräftigten die Notwendigkeit einer besseren Bildung für alle Menschen und die Stärkung
des Pädagogenberufes. Nur Gewerkschaften, die
international den Schulterschluss meistern, können Antworten auf die Herausforderungen der
Globalisierung geben – und ihre LösungsvorschläUlrich Thöne
ge auch durchsetzen. Die Delegierten haben sich
deutlich für die Stärkung des öffentlich verantworteten und finanzierten
Bildungswesen ausgesprochen. Allen Versuchen, immer größere Teile des
Bildungswesens zu privatisieren, erteilten sie eine deutliche Absage. Das
ist gut so. Denn Privatisierung unterwirft die Bildungssysteme der Logik
der Kapitalverwertung. Sie bedroht die Qualität von Bildung und ist ein
Angriff auf die Chancengleichheit. Deregulierung und Liberalisierung
verschlechtern die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen. Schulen, die auf dem Aktienmarkt feilgeboten werden, sind das
Letzte, was unsere Gesellschaft braucht.
Privatisierung im Bildungswesen hat viele Gesichter und beginnt meist
schleichend. Das haben die Kongress-Delegierten in vielen Beispielen
deutlich gemacht. Zu Recht mahnt die BI ihre Mitglieder daher zu Vorsicht und Widerstand. Die GEW wird sich künftig stärker mit Public-Private-Partnership (PPP) und anderen Formen versteckter Privatisierung im
Bildungssystem beschäftigen müssen.
Der BI-Weltkongress hat die Milleniumsziele der Vereinten Nationen ins
Zentrum seiner Arbeit gerückt: Bis zum Jahr 2015 soll die Armut weltweit
halbiert werden und jedes Kind eine Grundbildung erhalten. Derzeit haben 140.000 Millionen Kinder keine Chance zum Schulbesuch, 18 Millionen Lehrkräfte fehlen. Es ist ein Skandal, dass die reichen Industriestaaten die zugesagten Gelder noch immer nicht ausgezahlt haben. Wenn
es bei diesem Schneckentempo bleibt, werden die Kinder dieser Erde erst
in 200 Jahren eine gebührenfreie Grundbildung erhalten. Die deutsche
Regierung ist gefordert, ihre Zusagen einzuhalten und Bildung zu einem
Schwerpunkt ihrer Entwicklungszusammenarbeit zu machen.
Der Kongress hat wichtige Zeichen für die Verteidigung der Menschenund Gewerkschaftsrechte gesetzt. Noch immer werden Jahr für Jahr tausende Gewerkschafter wegen ihres Engagements für eine bessere Bildung
verfolgt, ins Gefängnis gesteckt oder – wie in Kolumbien – ermordet. Kolumbien ist weltweit das gefährlichste Land für Gewerkschafter und stand
auch während des Kongresses im Zentrum der Kritik. Menschenrechte
und der Einsatz für bedrohte Gewerkschafter sind mir ein persönliches
Anliegen und werden für meine Arbeit als Vorstandsmitglied der BI
höchste Priorität haben.
Der BI-Kongress ist in Deutschland auf ein breites und positives Medienecho gestoßen. Der Kongress hat auch die drei deutschen Mitgliedsgewerkschaften der BI enger zusammengeführt: Die GEW, der Verband
Bildung und Erziehung (VBE) sowie der Bundesverband der Lehrerinnen
und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS) haben sich darauf verständigt,
künftig noch intensiver zusammenzuarbeiten. Die Impulse der BI für
mehr globale Bildungsgerechtigkeit sind für die Kooperation der Bildungsgewerkschaften und Lehrerorganisationen in Deutschland wichtig.
Sie haben die deutschen BI-Mitglieder in ihrem gemeinsamen Einsatz für
hohe Bildungsqualität und bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten im Bildungswesen der Bundesrepublik unterstützt. Gemeinsamkeit macht stark! Dies ist die Botschaft des Weltkongresses an die nationalen Mitgliedsorganisationen. Die GEW ist zu dieser Zusammenarbeit
bereit.
Ulrich Thöne, Vorsitzender der GEW
Foto: Manfred Brinkmann
neralsekretär Ban Ki Moon appellierte in einem Grußwort an die
Delegierten, sich für eine „sofortige konzertierte Aktion“ stark
zu machen, um die „Grundbildung für alle“ umzusetzen.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
27
BILDUNGSPOLITIK
Foto: David Ausserhofer
Nahezu alle Bundesländer haben
die gymnasiale
Schulzeit auf acht
Jahre verkürzt.
Das Problem:
Lehrpläne und
Stundentafeln
werden nicht ausreichend angepasst.
Der Fluch der bösen Tat
Konservative wollen Zahl der Unterrichtsstunden am Gymnasium kürzen
Weitere Infos unter:
http://www.gew.de/
Aerger_mit_dem_acht
jaehrigen_Gymnasium.
html
Ob rot, schwarz, grün oder gelb: Politiker haben sich in diesem Sommer
ganz besonders darum verdient gemacht, das mediale Sommerloch mit
Bildungsthemen zu stopfen. Denn zu
Kindergarten, Schule und Hochschule
hat jeder eine Meinung, vom Ministerpräsidenten bis zur Kegelschwester.
Und öffentliche Aufmerksamkeitsgarantie, für Politiker bekanntermaßen
ja nicht ganz unwichtig, gibt’s obendrauf. Im Themenranking dabei ganz
vorne: das Gymnasium.
D
a sollte das Abi zentralisiert – oder doch nur vergleichbar gemacht? – werden. Einen „Deutschland
sucht die SuperschülerWettbewerb“ wollten einige ausrufen und wissen, wo die Gymnasialen am schlauesten sind? Als Messlatte schlugen sie die Länder-Durch-
28
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
schnittsnoten vor, die die jungen Menschen bei ihrer Reifeprüfung erreichen.
Und zu guter Letzt machten die Kultusminister der konservativ regierten Bundesländer dafür mobil, das Unterrichtspensum am achtjährigen Gymnasium
zu verringern. Der erneute Aktionismus
hat gute Gründe: Die überstürzte G 8Einführung hat viele Baustellen aufgerissen. Jetzt spüren die Politiker heftigen
Gegenwind von Eltern, Schülern und
Lehrkräften. Das nächste Plenum der
Kultusministerkonferenz (KMK) soll
sich nun mit dem Thema beschäftigen.
Ein einstimmiger Beschluss der KMK –
bekräftigt noch einmal in 2006 – ist die
Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung des Abiturs in den 16 Bundesländern. Derzeit sind 265 Jahresunterrichts-Wochenstunden vom fünften Schuljahr bis zum Abitur die Untergrenze. Diese hatten die Kultusminister
der westlichen Bundesländer nach der
Vereinigung zur Bedingung gemacht,
um das Abitur, das in einigen östlichen
Ländern bereits nach zwölf Jahren abgelegt wurde, anzuerkennen.
„Schwarzer Peter“ für Schüler
In den vergangenen Jahren haben nahezu alle Bundesländer damit begonnen,
die gymnasiale Schulzeit auf acht Jahre
zu verkürzen. Das Problem: Es wird
zwar ein Jahr gestrichen, Lehrpläne und
Stundentafeln werden jedoch nicht ausreichend angepasst. Man behilft sich damit, die Unterrichtszeit in der Mittelstufe zu erhöhen und diese in einen Halbtags-Schulbetrieb zu pressen. Die Leidtragenden sind insbesondere die jüngeren Schüler. Sie haben einen sieben- bis
achtstündigen Unterrichtstag, der sich
ohne vernünftige Mittagspause bis in
den Nachmittag hineinzieht. Der Leistungsdruck auf die Mädchen und Jungen wird – gerade in der Mittelstufe –
enorm erhöht.
Für ein sinnvolles Unterrichtskonzept
in einer Ganztagsschule fehlen jedoch
in der Regel die Räume mit entspre-
BILDUNGSPOLITIK
chender Ausstattung sowie die –
übergangsweise zusätzlich erforderlichen – Lehrkräfte – ganz zu
schweigen von Kantine und Essensangebot.
Die Proteste der Eltern bleiben
nicht aus und sie wählen – wo sie
können – eine integrierte Gesamtschule für ihre Kinder. Hier können die Mädchen und Jungen
auch weiterhin nach neun Schuljahren ihr Abi machen. Beide Entscheidungen sind konservativen
Schulpolitikern jedoch ein Gräuel.
Schreier schießt Vogel ab
Nun beginnt bei den konservativen Kultusministern das große
Nachdenken: Wie kommen wir
aus der misslichen Situation heraus? Die Ideen, die sie öffentlich
präsentieren, sind nicht originell,
dafür aber konfliktträchtig. Barbara Sommer (CDU), Schulministerin in Nordrhein-Westfalen, dachte laut über Samstagsunterricht
nach – und erntete Proteststürme.
Der saarländische Bildungsminister und KMK-Vizepräsident Jürgen Schreier (CDU) will die Unterrichtszeit in der Grundschule mit
der Gymnasialzeit verrechnen –
und machte sich damit erst recht
lächerlich.
Nach der aktuellen KMK-Statistik erhielten saarländische Grundschüler im Schuljahr 2005/2006
durchschnittlich eine Stunde pro
Woche weniger Unterricht als im
Bundesdurchschnitt üblich. Anzurechnen gäbe es danach im
Saarland nichts – im Gegenteil,
die Schulzeit im Gymnasium
müsste schleunigst verlängert werden. Bayern, Berlin, Bremen,
Hamburg, Hessen, RheinlandPfalz und Sachsen liegen über
dem Bundesdurchschnitt. Sollte
Schreier jedoch daran denken, die
Sekundarstufe I dadurch zu entlasten, dass in der Grundschule Unterrichtszeit und Leistungsdruck
erhöht werden, ist ihm der Widerstand der Eltern sicher. Auch an
Grundschulen lässt sich die Lernzeit nur dann pädagogisch sinnvoll erhöhen, wenn ein rhythmisierter Ganztagsunterricht mit
Mittagessen, viel Bewegung und
ausreichend langen Pausen eingeführt wird.
Es lebe der Unterschied
Von Bundesland zu Bundesland
ist die Zahl der Unterrichtsstunden, die die Jungen und Mädchen
genossen haben, sehr unterschiedlich: Ein Schüler, der Ende
des Schuljahres 2005/2006 sein
Abi gemacht hat, hat nach KMKAngaben in der Sekundarstufe I
des Gymnasiums zwischen 215,3
Jahreswochenstunden in Berlin
und 188,1 in Mecklenburg-Vorpommern erhalten. Die Anzahl
der Jahreswochenstunden in der
gymnasialen Oberstufe weist die
KMK nicht aus. Hier lässt sich
nur vergleichen, wie viel geleistete
Unterrichtsstunden auf einen
Schüler entfallen, wenn man so
tut, als hätten die Schüler Einzelunterricht erhalten und wären
nicht gruppen- bzw. klassenweise
unterrichtet worden. Auch hier
gibt es erhebliche Unterschiede:
Sie liegen zwischen 5,78 Unterrichtsstunden in Rheinland-Pfalz
und 3,8 Stunden (als „Einzelunterricht“) in Thüringen.
Schluss mit Gewurstel
Es gibt also noch jede Menge
Spielraum und Anlass für die Kultusminister, sich auf ein einheitliches Pensum zu einigen und die
Lehrpläne entsprechend anzupassen. Aber mit dem dilettantischen
und hektischen Gewurstel sollte
bald mal Schluss sein.
Marianne Demmer, Leiterin des
GEW-Organisationsbereichs Schule
Regierung will „Nationale Qualifizierungsoffensive“ starten
Foto: dpa
Das Bundeskabinett hat während seiner Klausurta- gangenen Jahren im Bildungsbereich kräftig gespart
gung in Meseberg vereinbart, eine „Nationale Qua- worden. Die Folge: eine gefühlte und reale materilifizierungsoffensive“ zu starten. Mit der Initiative elle Unterausstattung des Bildungswesens mit fatasollen u. a. die Zahl der Schul- und Studienabgän- len Konsequenzen“, sagte Thöne. Er wies darauf
ger ohne Abschluss halbiert, die frühkindliche Bil- hin, dass die Ansätze der Qualifizierungsoffensive
dung und Förderung gestärkt, mehr Ausbildungs- im Wesentlichen zwar richtig seien, jedoch vielfach
plätze für Jugendliche geschaffen und der Zugang zu kurz greifen. E&W wird in der Oktober-Ausgabe
von Menschen mit Berufserfahrung zum Hoch- ausführlich über den Vorstoß der Bundesregierung
schulstudium erleichtert werden. Die GEW hat die berichten. Weitere Infos finden Sie bereits jetzt auf
Qualifizierungsoffensive grundsätzlich begrüßt. der Homepage der GEW unter: www.gew.de
ur
„Wann, wenn nicht jetzt, sollte die
Bundesrepublik Verbesserungen im
Bildungsbereich anpacken und auch
mehr Geld in das Bildungswesen
stecken“, sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne auch mit Blick auf die im
ersten Halbjahr 2007 deutlich gestiegenen Steuereinnahmen. Erstmals seit
vielen Jahren hat die Bundesrepublik
in diesem Zeitraum einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 1,2 Milliarden
Euro erwirtschaftet. „Geld für Bildung
ist eine Zukunftsinvestition, die sich
lohnt. Mit dem Hinweis auf die klammen öffentlichen Kassen ist in den ver- Der Bund wil sich wieder stärker in der Bildung engagieren.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
29
BILDUNGSPOLITIK
Impulse aus den USA
Internationale Konferenz zur kooperativen Lern- und Lehrmethode
Kooperatives Lernen und Lehren verändern Unterricht, Schule, Administration, selbst hochkarätig besetzte
Konferenzen. Das ist die zentrale Erfahrung, die 150 Teilnehmende aus
Schule, Verwaltung und Lehrerausbildung im Rahmen der „International
Leadership Conference“ vom 8. bis
11. Juli an der University of Niagara,
USA, gemacht haben. Deutschland
war neben Vertretern der GEW Nordrhein-Westfalen mit etwa 30 Gästen
präsent.
Chief Inspector a. D., verdeutlichte am
Beispiel Schottlands, wie ein Entwicklungsprozess im Sinne der kooperativen
Methode gestaltet werden kann, an dessen Ende ein von allen Verantwortlichen – Lehrkräfte, Administration, Öffentlichkeit, Politik – akzeptiertes und
getragenes staatliches System der Qualitätsprüfung von Schule steht. Mit
schottischem Understatement verkniff
er sich nicht einen kritischen Seitenhieb
auf die britischen Rankinglisten und die
deutschen Hau-Ruck-Verfahren in der
Qualitätsüberprüfung.
Dr. James Williams, der Superintendent
„Stadt“bibliothek, mehrere Großturnhallen, Cafeterien, aber auch eine ständig besetzte Polizeiwache. Williams verwies selbstbewusst auf das staatliche Engagement für die Schule. Er belegte,
dass die Bildungsverwaltung des Staates
New York begriffen habe, welche Bedeutung die Bildung aller Jugendlichen für
die gesellschaftliche und wirtschaftliche
Zukunft des Landes hat.
Internationaler Austausch
Foto: dpa
Internationale Konferenz an der
University of Niagara: Die Probleme
sind überall ähnlich – die Schüler
müssen fit gemacht werden für die
Wissensgesellschaft.
Kongress geplant
Für den Sommer plant die
Universität Münster in
Kooperation mit der Universität von Niagara einen
Kongress, der die Arbeit
am Konzept des kooperativen Lernens und Lehrens
fortsetzen soll. Die GEW
NRW unterstützt die Vorbereitungen nach Kräften.
30
C
harlotte Danielson, eine der
in den USA bekanntesten
Schulberaterinnen und pädagogische Bestsellerautorin, befasste sich mit der
Schlüsselfrage der Konferenz, wie Lehrkräfte die Qualität ihres
Unterrichts weiterentwickeln können
und wie sie dafür zu motivieren sind.
Systematisches Lehrertraining, eine an
klaren Zielen orientierte Unterrichtsund Schulentwicklung sowie eine auf
Sicherheit und Vertrauen gegründete
fortlaufende Evaluation seien dafür unentbehrlich, betonte Danielson.
Der Brite Harvey Stalker, Her Majesties
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
der City of Buffalo School District, Lehrer, erfolgreicher Unternehmer und nun
Leiter der Bildungsverwaltung, formulierte mit Blick auf gesellschaftliche Veränderungen hohe Ansprüche an Schule
und Lehrer. Der Ort seines Vortrags war
mit der Niagara Falls High School gut
gewählt. Für eine Milliarde Dollar war
in einem Privat-Public-Partnership-Projekt unter seiner Leitung ein zentraler
Schulkomplex anstelle mehrerer älterer
dezentraler Schulen neu errichtet worden. Er enthält neben Unterrichts- und
Arbeitsräumen für 3500 Schüler und deren Lehrer eine Theaterwerkstatt, ein
Fernsehstudio, das „Stadt“theater, die
Erkennbar wurde, dass die Problemlagen in den Ländern der Konferenzteilnehmer überall ähnlich sind: Die
Schülerleistungen müssen für die Anforderungen der Wissensgesellschaft erheblich gesteigert, auch deshalb muss
die soziale Ungleichheit von Bildungschancen überwunden werden. Dafür
sollen Schüler wie Lehrkräfte nicht nur
Kompetenzen erwerben, wie sie sich Zugänge zum Wissen verschaffen können,
sondern ebenso auch so genannte „softskills“ wie Kooperations- und soziale
Bindungsfähigkeit entwickeln.
Die internationalen Gäste interessierte
an den deutschen Präsentationen besonders der Aufbau regionaler Netzwerke
zur systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung in Duisburg (vor allem im Zusammenhang mit dem Projekt „Selbstständige Schule NRW“), in
Mönchengladbach (als Bestandteil des
Konzepts erweiterter Schulträgerschaft
der Stadt) und Stuttgart (Schulamt
Stuttgart mit Unterstützung der RobertBosch-Stiftung). Alle Projekte arbeiten
mit den US-Experten Norm und Kathy
Green zusammen und versuchen, mit ihnen gemeinsam den Ansatz des kooperativen Lehrens, Lernens und Leitens
für die jeweilige Praxis weiterzuentwickeln. Auf Interesse stieß ebenfalls die
aktive Rolle der Bildungsgewerkschaft
für die Qualitätsentwicklung von Schulen und ihr Engagement für die Professionsentwicklung. Die GEW könnte allerdings ihre guten internationalen
Kontakte, z. B. in der Bildungsinternationale (BI), künftig noch besser für die
Entwicklung inhaltlicher Impulse für
Schul- und Unterrichtsentwicklung nutzen. Dass diese Arbeit lohnenswert ist,
können alle Teilnehmenden an der
Konferenz in Niagara bestätigen.
Reinhold Schiffers, Leiter Arbeitsbereich
Lehreraus- und -fortbildung LV NRW
LANDESVERBÄNDE
Mit starkem
Gegenwind
E&W-Länderserie: Bildungspolitik in Bremen
Der schulpolitische Wind im
Land Bremen hat sich nach der
Bürgerschaftswahl vom 13. Mai
2007 gedreht. Während die Bildungspolitik in den zwölf Jahren
der Großen Koalition durch viele
Taktierereien und Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet war, ist
mit Rot-Grün jetzt ein neuer
Kurs möglich.
D
ie Mehrheiten sind
klar wie noch nie“,
sagt Bernd Winkelmann, mit Christian
Gloede-Noweck Vorstandssprecher
der
GEW Bremen. „Anfangs war in der
bildungspolitischen Diskussion sogar ein Hauch von Zuversicht zu
spüren, mittlerweile ist es leider
wieder etwas ruhiger geworden.“
Unüberhörbar waren vor und
nach der Wahl die Ankündigungen aus den Reihen von SPD und
Grünen, dass in der Schulpolitik
Reformideen wie „Eine Schule für
alle“ und „mehr ganztägige Angebote“ die politische Richtung markieren sollten. Ausdrücklich ausgeschlossen wurde aber schon früh
ein drastischer Bruch mit der Vergangenheit. Der neue Senat wollte
keine grundsätzliche Systemänderung, weil er einen neuen ideologischen Schulkampf befürchtete.
Schritt für Schritt sollten Veränderungen angepackt werden, unter
Beteiligung aller Akteure.
Hü und hott
Das war immerhin insofern neu,
als zuvor der für Große Koalitionen typische Eiertanz das Bild der
Bremer Bildungspolitik prägte.
„Hü und hott“ und „Gibst du mir,
so geb ich dir“ waren in der Hansestadt zwischen 1995 und 2007 die
Kennzeichen einer Regierungspolitik, die lieber hinter den Kulissen
die Strippen zog, als in öffentlicher
Diskussion langfristig sinnvolle
Perspektiven herauszuarbeiten.
Das Ergebnis war eine eher noch
zunehmende Diversifizierung und
Unübersichtlichkeit der bildungspolitischen Landschaft. Schulreformen wurden punktuell in das
Geflecht eingefügt, um allzu stark
brennende Probleme anzugehen,
allerdings ohne die Folgen für das
Ganze zu beachten. Ein Beispiel:
In einem sozial problematischen
Stadtteil wurde eine sechsjährige
Grundschule mit Ganztagsbetrieb
eingerichtet. Nach dem ersten
Jahrgang mangelte es aber im Umfeld an Kapazitäten, dieser Klasse
ein längeres gemeinsames Lernen
in einer weiterführenden Schule
zu ermöglichen.
In den großen bildungspolitischen
Linien waren die traditionellen
Akzentsetzungen zu beobachten.
Die Sozialdemokraten bemühten
sich darum, wenigstens die
Schwächung der Gesamtschulen
zu verhindern, und die Christdemokraten freuten sich, wenn
neue durchgängige Gymnasien
etabliert werden konnten.
In den Schlagzeilen
Mehrfach sorgten die PISA-Studien oder andere wissenschaftliche Stellungnahmen wie die des
UN-Sonderberichterstatters Vernor
Muñoz oder des UNICEF-Beauftragten Hans Bertram in der kommunal- und landespolitischen Diskussion für Schlagzeilen. „Weit
entfernt vom internationalen Niveau“, titelte der Weser-Kurier im
Zusammenhang mit einer CDUVeranstaltung zur Situation Bremer Kinder und Jugendlicher. Den
Anstoß lieferte Bertrams UNICEFStudie, die nicht nur Deutschland
insgesamt im internationalen Mittelfeld ansiedelte, sondern der
Hansestadt auch noch die rote Laterne anhängte. Danach rangierte
das Land in der internationalen
Rangliste auf dem vorletzten Platz
vor Griechenland.
Die Feststellungen der UNICEFStudie waren eindeutig: Zu gerin9/2007 Erziehung und Wissenschaft
31
LANDESVERBÄNDE
In der Bremerhavener Innenstadt
investierte das
Land Bremen viel
in die bauliche
Infrastruktur und
andere Maßnahmen der Wirtschaftsförderung.
Politische Weichenstellungen,
die nicht ohne
negative Folgen
für die dringend
notwendigen Verbesserungen der
bildungspolitischen Landschaft
bleiben.
32
ge Investitionen in das Bildungssystem,
Festhalten an der Dreigliedrigkeit und
eine viel zu geringe Förderung von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern.
Dabei seien manche Erinnerungen an
die 1980er-Jahre wach geworden, berichtete der Weser-Kurier, als Bremen
noch „ein Dorado der Bildungspolitik
mit
beitragsfreien
Kindergärten,
hochmotivierten Pädagoginnen und
kleinen Gruppen“ gewesen sei.
Rot-schwarze Reformlinien
Wer im Vergleich dazu die Bilanz der
rot-schwarzen Regierung nach mehr als
einem Jahrzehnt gemeinsamer Politik
betrachtet, sieht ein ganz anderes Bild.
„Über drei Legislaturperioden hinweg
folgt die Bildungspolitik des Senats über
die je aktuellen Einzelentscheidungen
hinaus strategischen Konzepten“, loben
sich die Großkoalitionäre in einer Mitteilung an das Landesparlament.
Als „wesentliche Reformlinien“ nennt
der Senat die Qualitätsentwicklung von
Schule und Unterricht, die Verbesserung der Bildungsbeteiligung, die Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen und die Professionalisierung von
Lehrkräften und Schulleitungen. Auf
47 DIN-A-4-Seiten folgt die detaillierte
Aufzählung einer Vielzahl einzelner
Maßnahmen. Die Frage nach den Ergebnissen dieser seit 1995 begonnenen
bildungspolitischen Aktivitäten fällt allerdings deutlich knapper aus. Kaum
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
drei Seiten werden für die Bilanzierung
als nötig erachtet, und sie enthalten eine
Menge verbaler Eiertänzerei. „An schulbezogenen Kennzahlen lassen sich positive Entwicklungen ablesen, ohne zu
übersehen, dass einzelne Ziele und eine
insgesamt deutlich verbesserte Leistungsbilanz nur mittel- und längerfristig
zu erreichen sind“, heißt es beispielsweise in dem Bericht. Oder: „In den Leistungsvergleichen nach 2003 erreicht
Bremen noch nicht nationale oder europäische Mittelwerte, erweist sich aber
als Bundesland mit der besten Leistungsprogression.“
Selbst der neue Bremerhavener Schuldezernent Rainer Paulenz (SPD) hat mit
solchen Schönfärbereien nicht viel am
Hut. In einer Notiz zur Ausgangssituation für seine Arbeit zeichnet er ein ganz
anderes Bild der schulpolitischen
„Erfolge“ der SPD-CDU-Koalition.
„Nicht ausreichende Qualität der
Schülerleistungen, nicht ausreichende
Ausschöpfung des Bildungspotenzials
und starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft“,
stellt Paulenz nüchtern fest.
In dieselbe Richtung zielt die Bremer
GEW mit ihrer Kritik. Obwohl die Hintergründe und Folgen der schulpolitischen Fehlwege rot-schwarzer Politik
immer wieder analysiert und moniert
wurden, seien SPD und CDU nie von
ihrem Konzept „Einzelmaßnahmen
statt Systemänderung“ abgewichen, er-
läutert Winkelmann. „Anstatt den erfolgreichen Ländern zu folgen und entsprechende schulstrukturelle Änderungen vorzunehmen, wurde ein bildungspolitischer Rückschritt in die 1950erJahre gemacht.“ So sei beispielsweise
durch die Abschaffung der Orientierungsstufe das mehrgliedrige Schulsystem tendenziell ausgebaut worden. Als
weitere Kritikpunkte nennt Winkelmann die Einrichtung durchgängiger
Gymnasien, die Schulwahlmöglichkeiten der Eltern von Schülern ab Klasse 5
und die Vergabe von Noten bereits ab
Klasse 3 der Primarstufe.
Lehrerarbeit bürokratisiert
Parallel dazu habe eine ständige Bürokratisierung der Lehrerarbeit in Verbindung mit einer Kette von Maßnahmen
„zur vermeintlichen Prüfung der Leistungsfähigkeit der Schule“ stattgefunden. Die Arbeitsbedingungen wurden
verschlechtert, nicht nur durch Arbeitszeiterhöhung, sondern auch durch Präsenztage und -zeiten während der Unterrichtswochen.
Schwere Zeiten für die Bildungsgewerkschaft während der zähen Jahre der
SPD-CDU-Regierung, in denen die
GEW wacker an ihrer Forderung einer
„Bildung aus einem Guss über alle Bereiche“ festhielt. Besonderen Nachdruck legt die GEW darauf, dass „die Reform der Lehrerausbildung wieder reformiert werden“ müsse. Die schwarz-rote
LANDESVERBÄNDE
ernüchternd: Die Verschuldung
Bremens und Bremerhavens sowie
des Landes stieg von neun Milliarden Euro 1995 bis Ende 2006 auf
dramatische 14,8 Milliarden Euro
an – trotz des gleichzeitigen Zuflusses der Bundeshilfen.
Gegenwärtig wartet die neue rotgrüne Mehrheit in Senat und Bürgerschaft auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts, die Bremen weitere Hilfen des Bundes
verschaffen soll. Nach dem BerlinUrteil steht aber fest, dass die goldenen Zeiten mit geschöpftem
Geld im Überfluss endgültig vorbei sind.
Fotos: Detlef Kolze/imago
„Leisetreterei“
Koalition hatte die Stufenlehrerausbildung abgeschafft und durch
die Wiedereinführung der alten
Lehramtsausbildung ersetzt. „Es
ist absolut falsch, Lehrkräfte für
unterschiedliche Schulstufen unterschiedlich lange auszubilden“,
betont Winkelmann. Es sei ebenso
falsch, sie unterschiedlich zu bezahlen: „Eine Schule für alle erfordert integrativ ausgebildete Lehrkräfte.“
Finanzpolitik überschattet
Was die Bildungspolitik in den
vergangenen Jahren beständig
überschattete, ist die finanzpolitische Lage des Landes Bremen.
Zwar flossen Bundeshilfen in einer
Höhe von rund 8,5 Milliarden
Euro in das kleine Bundesland,
aber gleichzeitig setzte die Große
Koalition auf eine waghalsige Investitions- und Strukturpolitik,
mit deren Hilfe die wirtschaftliche
Basis des Landes umgekrempelt
werden sollte.
Mit vollen Händen wurden hunderte von Millionen Euro jedes
Jahr in den Ausbau der baulichen
Infrastruktur und andere Maßnahmen der Wirtschaftsförderung geschaufelt, um auf allen möglichen
Feldern Initialzündungen für private Investitionen zu erzeugen.
Die Ergebnisse wirken eher
Entsprechend vorsichtig klingen
die Äußerungen des Senats. Auch
die neue Bildungssenatorin Renate
Jürgens-Pieper (SPD) „macht nicht
den Eindruck, als wenn bald die
bildungspolitische Brechstange regiert – im Gegenteil“, stellte der
Weser-Kurier fest. Sie wolle „werben“ für mehr gemeinsamen Unterricht und „aufklären“ über Themen wie Notengebung, Sitzenbleiben und Abschulung. Und sie
wolle Schulformen weiterentwickeln, die von Eltern gewählt
werden, beispielsweise das Gymnasium. Denn das werde in der
Stadt Bremen mittlerweile von
mehr als der Hälfte der Schüler angesteuert, so dass es im Wortsinne
zur „Haupt“-schule geworden sei.
Die Presse hebt Jürgens-Piepers
Vorhaben, die gebundene Ganztagsschule auszubauen, hervor:
mehr Förderung und Unterricht
am Nachmittag, dafür Entspannungsphasen zwischen den Unterrichtsblöcken am Vormittag. Ihre
vorsichtige Marschrichtung: „Wir
müssen uns allmählich internationalen Standards nähern.“
Die GEW sieht in solchen Äußerungen ein bisschen zu viel Leisetreterei. „Die Fakten der aktuellen
Lage und die Handlungsnotwendigkeiten liegen auf dem Tisch“,
sagt Winkelmann. Nur ein wirklich integratives System, eine bessere Lehrerversorgung und kleinere Klassen könnten der sozialen
und bildungsmäßigen Spaltung
im Land Bremen entgegenwirken.
Winkelmann: „Es ist an der Zeit,
das alles endlich entschlossen anzupacken.“
Detlef Kolze,
btb-Pressebüro Bremerhaven
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
33
Die Arbeit der
Pädagoginnen
und Pädagogen
ist heute in vielen
Fällen soziale und
psychische
Schwerstarbeit.
Gute Schule braucht
gesunde Lehrkräfte
Aktuelles Gutachten argumentiert für wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz
Weitere Informationen
Das „Gutachten zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in Schulen“ kann
in einer Lang- (86 Seiten) und einer Kurzfassung (vier Seiten) von
der Internetseite der
GEW heruntergeladen
werden unter:
http://www.gew.de/
Binaries/Binary25571/
GutachtenArbeitGesund
heit.pdf und
http://www.gew.de/
Binaries/Binary25572/
GutachtenArbeitGesund
heit_kurz.pdf.
Hier finden Sie auch ein
ausführliches Statement
von Anne Jenter
(http://www.gew.de/
Binaries/Binary25573/
Statement%20Jenter.pdf)
sowie weiterführende
Informationen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an Schulen
(http://www.gew.de/
Arbeits-_und_Gesund
heitsschutz_3.html).
34
Die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer ist überdurchschnittlich gesundheitsgefährdend. Ein jetzt veröffentlichtes Gutachten von Prof. Dr. Stefan
Kohte und Dr. Ulrich Faber von der
Martin-Luther-Universität HalleWittenberg setzt sich zum ersten Mal
umfassend mit den wesentlichen rechtlichen Fragen zum Arbeits- und
Gesundheitsschutz an Schulen auseinander.
I
m aktuellen „Bericht der Bundesregierung über den Stand der Sicherheit bei der Arbeit“ von 2006
werden zum ersten Mal als besondere Zielgruppe Pädagoginnen
und Pädagogen angesprochen: Ihre Krankheitsrate liegt über dem Durchschnitt aller Beschäftigten und wesentlich höher als in Verwaltungs- und
Büroberufen. Die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer ist heute in vielen Fällen
psychische und soziale Schwerstarbeit,
das haben viele Untersuchungen bereits
nachgewiesen. Den Stress von Lehrkräften setzt z. B. Prof. Bernhard Sieland von
der Uni Lüneburg mit dem von Fluglotsen gleich. In einer Untersuchung von
Prof. Joachim Bauer von der Uni Freiburg
mit knapp 1000 Lehrkräften an Hauptschulen und Gymnasien kam zutage:
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Vier Prozent hatten tätliche Gewalt oder
Gewaltandrohungen erlebt. Die Pädagogen gaben an, sie erhielten wenig Unterstützung von den Eltern der Schüler.
Zirka 30 Prozent der Befragten befanden sich in schlechter seelischer Verfassung und litten an ersten Anzeichen des
so genannten Burnout-Syndroms, z. B.
an Niedergeschlagenheit, Leistungsschwäche, Gefühlsabstumpfung bis hin
zu Zynismus gegenüber Mitmenschen
und dem eigenen Beruf und nicht zuletzt schweren Erschöpfungszuständen.
Diese seelischen Leiden haben somatische Folgen. Sie lösen bei Männern auffallend oft schwere Durchblutungsstörungen des Herzmuskels aus und
können zu Herzinfarkt führen. Bei seelisch kranken Frauen kamen – nach einer finnischen Studie – besonders häufig Erkrankungen des Bewegungsapparats vor, z. B. Rheuma.
Dauererkrankung gestiegen
Unter diesen Umständen gingen 2002
nur 15 Prozent der Lehrkräfte mit 65
Jahren in den Ruhestand. Knapp die
Hälfte beantragte die vorzeitige „Zurruhesetzung“, trotz der entsprechenden
Abschläge bei Pension und Rente. Über
40 Prozent wurden vorzeitig wegen
Dienstunfähigkeit in den Ruhestand geschickt. Die Gründe für Dienstunfähigkeit waren im Jahr 2003 in weit über der
Hälfte der Fälle (56 Prozent) psychische
Verhaltensstörungen. Wegen der massiven Renten- und Pensionsabschläge geht
zwar zurzeit weniger Lehrpersonal freiwillig, d. h. krankheitsbedingt vorzeitig
in den Ruhestand. Das kann sich jedoch
leicht als Milchmädchen-Rechnung herausstellen. Denn die Zahl der Dauerkranken, Lehrkräfte, die mehr als drei
Monate nicht arbeiten können, ist erheblich gestiegen. Allein in Berlin von 550
im Jahr 2003 auf weit über 800 in 2006.
Vor diesem alarmierenden Hintergrund
ist ein präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz im Schulbereich das Gebot
der Stunde.
Neues Gutachten
Das aktuelle Gutachten von Stefan Kohte
und Ulrich Faber belegt, in welch hohem
Maße Gesundheitsschutz und humane
Arbeitsgestaltung an Schulen vernachlässigt werden. Es stellt eindeutig klar,
dass ein wesentlicher Mangel die fehlende flächendeckende Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen ist, wie sie das
Arbeitsschutzgesetz vorschreibt.
Bei den zu ermittelnden Gefährdungen
sind nicht nur die höheren psychosozialen Anforderungen in pädagogischen
Berufen zu berücksichtigen. Gefährdungen der Gesundheit durch Mängel
in der Arbeitsorganisation wie unklare
Zuständigkeiten, Qualifikations-Defizi-
Foto: imago
te bei der Personalführung und
belastende Arbeitszeitorganisation kommen noch hinzu. Ebenso
müssen Lärm in Schulgebäuden (s.
E&W 7-8/2004), der z. B. durch
mangelhafte Dämmung entsteht,
sowie die oft miserablen Luft- und
Lichtverhältnisse in Klassenzimmern ins Visier genommen werden. Eine zusätzliche Belastung:
Die Fülle schlecht vorbereiteter
Reformen in fast allen Bundesländern. Diese verlangen von den
Pädagogen weitere Leistungen bei
oft gleichzeitigem Personalabbau
an den Schulen. Die GEW setzt
sich bei den Kultusministerien
dafür ein, den Schulen ein breit gefächertes, vielseitiges Unterstützungssystem zur Verfügung zu
stellen, das Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz zur
Auswahl anbietet. Entscheidend
ist, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz im Schulbereich nicht
– wie bisher üblich – in Gefährdungsanalysen und Pilotmaßnahmen stecken bleibt.
Die sehr unterschiedliche quantitative und qualitative Ausgestaltung der arbeitsmedizinischen
und sicherheitstechnischen Betreuung von Schulen in den einzelnen Bundesländern verweist
auf Defizite und sogar eindeutige
Rechtsverstöße. Außerdem brauchen die Schulen Fachkräfte für
Arbeitssicherheit im Sinne von
multidisziplinären Präventionsdiensten. Dafür sollten Psychologen und Soziologen eingestellt
werden.
Verantwortungslos
Die GEW fordert die politisch Zuständigen auf, die teilweise organisierte Verantwortungslosigkeit
beim Arbeitsschutz an den Schulen zu beenden. Wenn ein Kultusministerium Aufgaben des Arbeitsschutzes an Schulleitungen überträgt, dann ist die Verantwortung
des Dienstherrn als Arbeitgeber damit nicht aufgehoben. Das Ministerium ist in jedem Fall rechtlich
verantwortlich für die Sicherheit
und Gesundheit der Lehrkräfte.
Die Verantwortung der Schulleitungen etwa bei Gefährdungsbeurteilungen kann jedoch nur so weit
gehen, wie ihre Befugnisse, ihre
Qualifikation sowie die zur Verfügung gestellten materiellen und
personellen Mittel reichen.
Die GEW engagiert sich mit Initiativanträgen von Hauptpersonalräten verstärkt für die Umsetzung
des Arbeits- und Gesundheitsschutzes an Schulen. Mit Gesundheitstagen in den Ländern wird die
Bildungsgewerkschaft weiterhin
auf die besonderen Belastungssituationen für Pädagogen und
Handlungsstrategien aufmerksam
machen. Anne Jenter, Leiterin des
GEW-Arbeitsbereichs Frauenpolitik
Eine kleine Beratungsbroschüre für Lehrerinnen und Lehrer mit dem
Titel „Schaffen wir die Arbeit oder schafft sie uns“ mit Tipps und Hinweisen kann in Einzelexemplaren kostenlos bei der GEW unter der
E-Mail-Adresse [email protected] bestellt werden.
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
35
Foto: imago
Die Energien älterer Menschen
müssen nicht auf
Sommerrodelbahnen verpuffen
– oder in Kaffeekränzchen.
Graues Gold statt altes Eisen
Seniorenpolitik: starkes und wichtiges Standbein der GEW
„Gesellschaft mitgestalten – Verantwortung übernehmen“, lautete des
Motto des Seniorinnen- und Seniorentags der GEW in Halle. In Foren,
Vorträgen und Diskussionen erörterten
die Kolleginnen und Kollegen, wie die
Potenziale des Alters zu wecken sind.
S
eniorenpolitik ist in der
GEW auf Bundesebene bereits gut etabliert. Die Arbeit
mit den älteren Mitgliedern
vor Ort stößt auf wachsendes Interesse. Deshalb wird
die Bildungsgewerkschaft ihre Anstrengungen noch weiter intensivieren!
Dazu gehört, in den Köpfen das Bild
vom „alten Eisen“ zu schleifen und das
Bild „vom grauen Gold“ zu entwickeln.
Potenziale des Alters zu wecken, bedeutet, ungenutzte Ressourcen älterer Menschen zu entfalten. Das geht nur, wenn
die Rahmenbedingungen geschaffen
werden: Ungenutzte Ressourcen brauchen Betätigungsfelder und Anlaufstellen. Seniorinnen und Senioren wollen
interessante Aufgaben übernehmen, die
zu ihren persönlichen Interessen oder
ihrer beruflichen Erfahrung passen.
In Halle brachten es die Wissenschaftler Jacqueline Höltge und Ludwig Amrhein vom „Zentrum Altern und Gesellschaft“ (Vechta) auf den Punkt: Wenn
die Arbeitsbedingungen und Aufgaben
stimmen, ist das Alter eine produktive,
aktive Phase. Bei der Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten und
Dieter Hackler, Leiter der Abteilung 3
„Ältere Menschen“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
36
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Jugend (BMFSFJ), wurde deutlich: Im
EU-Vergleich hat Deutschland viel Zeit
vertan. Es ist höchste Zeit für einen intensiven Diskurs: über das Altern, neue
Verantwortungsrollen sowie die Voraussetzungen für altersgerechtes Arbeiten und eine altersintegrative Gesellschaft.
Ältere bringen Erfahrungen und Methodenwissen mit, in der Nacherwerbsphase
haben sie Zeit für freiwilliges Engagement. Diese Schätze müssen geborgen
werden. Die GEW muss über attraktive
Wege nachdenken, Seniorinnen und Senioren zur Mitarbeit zu motivieren.
Aktive Teilhabe nötig
Bisher verstehen sich Gewerkschaften
vorwiegend als Vertretung der erwerbstätigen Menschen. Doch es ist wichtig,
den besonderen Interessen der Ruheständlerinnen und Ruheständler Gehör
zu verschaffen. Das untermauert eine
von der GEW in Auftrag gegebene Studie: Fast die Hälfte der Mitglieder der
Bildungsgewerkschaft ist zwischen 51
und 70 Jahre alt. Diese große Gruppe –
kurz vor und nach dem Übergang in den
Ruhestand – braucht passende Angebote: Politische Mitarbeit gehört ebenso
dazu wie Workshops zur Gestaltung der
Nacherwerbsphase, zu kulturellen und
pädagogischen Themen, zur körperlichen und seelischen Regeneration. Ältere Mitglieder ansprechen und sie an
die GEW binden, das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen.
Der GEW-Seniorentag hat mit einer qualifizierten Auseinandersetzung über den
demografischen Wandel Maßstäbe gesetzt. Weder wurde das Alter verklärt,
noch die üblichen Horrorszenarien der
alternden, schrumpfenden deutschen
Gesellschaft beschworen. Alter gliedert
sich in verschiedene Phasen, in der neue
Verantwortungsrollen übernommen werden können. Und Alter braucht spezifische Dienstleistungen, Infrastruktur sowie soziale Sicherheit. Teilhabe hängt
nicht zuletzt von einem sicheren Einkommen sowie guter Versorgung bei
Krankheit und Pflegebedürftigkeit ab. In
der Gesellschaft gibt es eine starke soziale
Segmentierung alter Menschen. Die Politik der letzten 20 Jahre hat diesen Prozess
verstärkt, das Rentenniveau hat nicht mit
der Lohnentwicklung Schritt gehalten
und manche Risiken im Alter wurden
privatisiert: Private Zusatzversicherungen und Eigenbeteiligungen sind Kostenfaktoren, die am Alterseinkommen
nagen. Der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne erklärte während des Seniorentages:
Die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), die schrittweise Einführung einer Erwerbstätigenversicherung seien unverzichtbar. Die GRV müsse wieder „armutsfest“ werden. Altersarmut wegen Zeiten der Arbeitslosigkeit,
unsteter und prekärer Beschäftigung, so
der GEW-Vorsitzende, sei zu bekämpfen. Thöne erläuterte auch die GEW-Position zur Rentenangleichung Ost: „Wir
machen uns mit ver.di für ein steuerfinanziertes Modell stark, das die geringere Bewertung der Rentenentgeltpunkte
Ost stufenweise bis 2016 ausgleicht.
Auch in der Seniorenpolitik gilt: Solidarität und Verantwortung gehören zusammen.“
Anne Jenter, Leiterin des
GEW-Arbeitsbereichs Frauenpolitik
Recht und
Rechtsschutz
9/2007
Informationen der GEW–Bundesstelle für Rechtsschutz.
Verantwortlich: Paul Michel,
Volker Busch, Gerhard Jens
59. Jahrgang
Vergütung
Höhergruppierung
Beförderung
Lehrkräfte mit ausländischer Ausbildung
Grundschulen in
Sachsen
Beschränkung des
Bewerberkreises zulässig
In der Europäischen Gemeinschaft genießen
Arbeitskräfte Freizügigkeit (nach Artikel 39
Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [EGV]). Sie dürfen in den Mitgliedsstaaten in Bezug auf
Entlohnung und Arbeitsbedingungen nicht
unterschiedlich behandelt werden.
Im Freistaat Sachsen können angestellte
Grundschullehrkräfte höhergruppiert werden, sofern sie sich sechs Jahre lang bewährt
haben und eine freie Planstelle zur Verfügung steht.
Dienstherren haben einen personalwirtschaftlichen Entscheidungsspielraum, welcher Personenkreis für eine Stellenbesetzung
in Frage kommt.
Dazu gehört die Anerkennung ausländischer Diplome und Befähigungsnachweise. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, Anerkennungs- und Prüfungsverfahren für Ausbildungsnachweise anderer EU-Staaten zu schaffen. Es ist
nicht zulässig, die berufliche Qualifikation formal zu verneinen, weil nationale
Nachweise fehlen. Vielmehr müssen
Qualifikationen und Nachweise mit
den nach nationalem Recht gefragten
Anforderungen verglichen werden.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied den Fall eines britischen Lehrers,
der in Niedersachsen Englisch unterrichtete und eine höhere Eingruppierung verlangte. Er hatte eine vierjährige
Lehrerausbildung – „Qualified Teacher
Status“ – an einem College in England
absolviert und war seit 2002 als angestellter Lehrer in Niedersachsen tätig.
Das BAG wies die Klage mit der Begründung ab, dass die von ihm absolvierte
Lehrerausbildung keine akademische
Ausbildung und damit nicht gleichwertig mit der deutschen Lehramtsausbildung sei. Der Kläger wird laut BAG
nicht als Angehöriger eines anderen
EU-Mitgliedstaats diskriminiert.
BAG vom 21. Februar 2007
– 4 AZR 225/06 –
Vorinstanz: LAG Niedersachsen
vom 22. November 2005
– 12 Sa 1882/04 E
Grundlage für die Höhergruppierung –
von der Vergütungsgruppe IVa in III
BAT-O – sind die geltenden Lehrerrichtlinien. Schafft das Land weniger Planstellen der entsprechenden Vergütungsgruppe als es Lehrerinnen und Lehrer
beschäftigt, findet eine Auswahlentscheidung nach einer Beurteilung statt.
Im vorliegenden Fall war die Ausführung der Auswahlentscheidung strittig: Das Kultusministerium hatte die
Planstellen anteilig auf vier Regionalschulämter verteilt, die anhand einheitlicher Kriterien Anlassbeurteilungen
der Lehrkräfte erstellten. Die auf dem
Ergebnis basierenden vier Ranglisten
führten dazu, dass die für eine Höhergruppierung nötige Beurteilungsnote in
den Bezirken der Regionalschulämter
variierten.
Die Klage vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) war jedoch nicht erfolgreich: Bei der Verteilung von haushaltsrechtlich ausgewiesenen Beförderungsstellen sei der Freistaat nicht dazu gezwungen, so das BAG, nach dem
Grundsatz der „Bestenauslese“ (Art. 33
Abs. 2 GG) vorzugehen und die Gesamtheit der beurteilten Grundschullehrkräfte zu berücksichtigen. Das personalwirtschaftliche Ermessen lässt den
Spielraum, freie Stellen auf die Bezirke
der Regionalschulämter zu verteilen
und in den Bezirken die jeweils Besten
höherzugruppieren.
BAG vom 24. Januar 2007 – 4 AZR
629/06 – Vorinstanz: Sächsisches LAG
vom 13. Juni 2006 – 8 Sa 771/04
Sie sind gehalten, Lehrkräfte nach dem
Prinzip der Bestenauslese (Artikel 33
Abs. 2 GG) – Eignung, Befähigung und
fachliche Leistung – zu befördern. Diese
Vorgabe entfaltet ihre Wirkung vor allem bei der endgültigen Personalentscheidung. Zuvor sind organisatorische
und personalpolitische Einschränkungen zulässig.
Im vorliegenden Fall hatte eine stellvertretende Schulleiterin im kirchlichen
Ersatzschuldienst vergeblich geklagt,
bei der Besetzung einer staatlichen
Schulleitung berücksichtigt zu werden.
Die einstellende Dienststelle hatte dies
mit Verweis auf die ausreichende Anzahl von Bewerbern aus dem staatlichen
Schuldienst abgelehnt. Die Beschwerde
vor
dem
Oberverwaltungsgericht
(OVG) Nordrhein-Westfalen blieb erfolglos: Ein Dienstherr könne entscheiden, ob eine freie Stelle überhaupt besetzt werde, welchen Personenkreis er in
Betracht ziehe und welches Verfahren er
wähle: Umsetzung, Versetzung, Beförderung. Die Entscheidung muss willkürfrei sein und darf außerhalb des öffentlichen Diensts stehende Bewerberinnen
und Bewerber nicht behindern, ihren
Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem
öffentlichen Amt geltend zu machen.
Laut OVG war dieser Anspruch nicht
verletzt.
OVG NRW vom 11. Juli 2006
– 6 B 1184/06 (rechtskräftig)
Vergütung
Höhergruppierung
Beförderung
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
37
MARKTPLATZ
Literarisches Lernen in der Grundschule
Bildungsserver mit BildungsWiki online
Die seit Januar 2007 im Münchner
kopaed Verlag erscheinende Fachzeitschrift kjl&m (Kinder-/Jugendliteratur und Medien, früher
Beiträge Jugendliteratur
und
Medien) wird
von der AG
Jugendliteratur und Medien (AJuM)
der
GEW
herausgegeben.
Jetzt
liegt
Heft
3/2007 vor.
Es widmet sich schwerpunktmäßig
dem „Literarischen Lernen in der
Grundschule“.
kjl&m berichtet außerdem aus den
Bereichen Kinder- und Jugendliteratur in Schule und Bibliothek,
Forschung zur Kinder- und Jugendliteratur sowie über medien-
Schon immer waren die Nutzer des Bildungsservers – eines Gemeinschaftsservices von Bund und Ländern, den das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main koordiniert – aktiv am Ausbau des Informationsangebots beteiligt.
Diesem Engagement wird in Zukunft noch mehr Raum gegeben: Der
Deutsche Bildungsserver baut im Zuge des Projekts „Bildungsserver 2.0“
eine Kommunikationsplattform
auf, die Möglichkeiten zum fachlichen und persönlichen Austausch eröffnet.
Den Anfang macht das BildungsWiki, ein Lexikon zum Bildungswesen. Das Wiki-Lexikon ist ein so
genanntes Wikipedia-Fork (http://
de.wikipedia.org/wiki/Fork_%28Soft
wareentwicklung%29), das sich speziell an die „Community“ des Bildungsservers, an die Akteure des
Bildungswesens und an die an Bildungsthemen interessierte Öffentlichkeit wendet. Es startet mit einem Grundbestand von etwa 500
Artikeln, die aus der Artikelkollektion von Wikipedia ausgewählt,
importiert und bearbeitet wurden.
Weitere Bildungsserver-Wikis sind in Planung. Für den Bereich der Elementarbildung ist zudem eine Web 2.0-gestützte Plattform für Erzieherinnen geplant.
Information und Kontakt: Ingo Blees, Deutscher Bildungsserver, Tel. 069/24
708-346, E-Mail [email protected]
Öffentlichkeitsarbeit Informationszentrum (IZ) Bildung, Christine Schumann,
Tel. 069/24 708-314; E-Mail: [email protected], www.dipf.de/bildungs
information.htm
Foto: dpa
pädagogische und literaturdidaktische Ansätze.
Rezensionen von Fachliteratur
und Unterrichtsmaterialien bieten
zusätzliche Anregungen für die
Praxis.
Bezug/Abonnement bei: kopaed, Pfälzer-Wald-Str. 64, 81539 München;
[email protected], Einzelpreis elf Euro;
Jahresabo 35 Euro (vier Ausgaben
jährlich im Februar, Mai, August,
November); ermäßigtes Abo 28,- Euro (jeweils zzgl. Versandkosten: Inland
vier Euro, Ausland sechs Euro).
Probeabo (zwei Ausgaben inkl. Versand) zwölf Euro. Zusätzlich erscheint
jährlich „kjl&m extra“ als umfangreichere Sonderausgabe, die den Abonnenten außerhalb des Abos zu einem
ermäßigten Preis mit Rückgaberecht
geliefert wird. kjl&m extra 2007 hat
das Thema „Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund“ und erscheint
im Oktober 2007.
Weitere Informationen unter:
www.ajum.de
Mangelnde Kenntnisse
der deutschen Sprache
erschweren Kindern und
Jugendlichen aus Einwandererfamilien
den
Zugang zum deutschen
Bildungssystem. Genau
hier setzt das Projekt
„Förderunterricht“ der
Essener Stiftung Mercator an. Der Bildungsjournalist Paul Schwarz hat
das Modellprojekt begleitet und
einen Film produziert.
„Ohne Deutsch kann man hier
nichts machen“, so beschreibt die
12-jährige Schülerin Alena aus
Russland ihre Zukunftsaussichten
in Deutschland. Alena ist eine von
mehr als 6.000 Schülerinnen und
Schülern der Sekundarstufen I
und II, die im Projekt „Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund“
sprachlich und fachlich von Lehramtsstudierenden kostenlos unterrichtet werden.
Von dem Projekt profitieren beide
Seiten: Die Schüler verbessern ihre
Leistungen, die angehenden Pädagogen erwerben eine Zusatzqualifizierung. Ein weiterer Vorteil:
Die Fördermöglichkeiten können
38
Foto: Veit Mette
Filmprojekt „Förderunterricht“
schnell, effektiv und kostengünstig
vor Ort angeboten werden.
Die Projektpartner sind Universitäten, Schulen, Kommunen oder
Vereine. Sie organisieren den Förderunterricht an bundesweit 35
Standorten, stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung und betreuen aktuell etwa 1.100 Studierende,
die als Förderlehrer den Unterricht
erteilen. Wer sich für das Projekt
interessiert, dem sei der Film von
Paul Schwarz empfohlen.
Weitere Informationen:
[email protected] oder
www.stiftung-mercator.de
Der Film kostet 15 Euro (DVD mit
Lang- und Kurzfassung incl. Booklet)
und ist zu beziehen bei:
Paul Schwarz, Tel. 06341/96 05 83,
E-Mail: [email protected]
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Wissens-Update
Schools will rock you
Die täglich wachsende Nachrichtenflut macht es immer schwieriger,
auf dem Laufenden zu bleiben. Jeden Tag hört und liest man Begriffe,
die man nicht auf Anhieb versteht.
Zwar kann man alles irgendwo
nachlesen oder im Internet recherchieren, aber das ist mühsam und
kostet viel Zeit. Ein neuer, kostenloser Service schafft Abhilfe: Wer sich
auf www.update-wissen.de registrieren lässt, bekommt in regelmäßigen
Abständen per E-Mail einen Newsletter, in dem die erklärungsbedürftigen Begriffe aus dem aktuellen Tagesgeschehen aufgegriffen und erläutert werden – kurz, prägnant und
leicht verständlich. Die Themen des
Internet-Services umfassen sämtliche Lebensbereiche: von Politik
über Computer und Technik bis zu
Forschung und Wissenschaft, Kultur und Smalltalk. Zudem können
die Nutzer auf der Website kostenlos selber Begriffe suchen und Erklärungen anfragen.
Schulen können jetzt eine Lizenz
für das Queen-Musical „We will
rock you“, das im Musical-Dome
in Köln läuft, für bis zu sieben Aufführungen in den schuleigenen
Räumen erwerben. Die Kosten betragen 175 Euro. Dafür werden das
offizielle Libretto, die vollständige
Partitur und viele Tipps des Kreativteams der Originalproduktion
zur Verfügung gestellt. Außerdem
gibt es Flyer und Plakate für die
Ankündigung des eigenen Musicals, die mit eigenen Vorort-Infos
gefüllt werden können. Fragen werden auf der Website sowie einem
Online-Forum diskutiert und beantwortet. Spezielle Fragen zur Planung und Umsetzung der eigenen
Veranstaltung beantwortet zudem
ein Theaterspezialist beim Produzenten der Kölner Originalproduktion. Alle Infos gibt es auf der Website www.schoolswillrock you.de, über
die auch die Lizenz für die Aufführungen erworben werden kann.
MARKTPLATZ
LesePeter
Am 13. Oktober, 10 bis 19.30 Uhr, veranstaltet
die Frankfurter Buchmesse den 2. Bildungskongress im Rahmen des Themenschwerpunkts „Zukunft Bildung“. Der eintägige
Kongress „Lernende Gesellschaft“ führt den
erfolgreichen Lehrerkongress des Vorjahres
mit verbreiterter Themenpalette fort: Das inhaltliche Spektrum wurde um die Bereiche
„Frühkindliche Bildung“ und „Lebenslanges
Lernen“ erweitert. Damit richtet sich die Veranstaltung an pädagogisch Tätige im vorschulischen Bereich, an Lehrerinnen und Lehrer
in Ausbildung und Praxis, an Ausbildende im
außerschulischen Bildungsbereich oder an
Universitäten sowie an Studierende und Publikum.
Der Kongressbeitrag beträgt 30 Euro inkl.
MwSt. GEW-Mitglieder und Studierende
zahlen 25 Euro inkl. MwSt. In der Gebühr
enthalten sind die Teilnahme an allen Veranstaltungen des Kongresses, Tagungsunterlagen, ein Mittagsimbiss und Getränke.
Ein Großteil der Veranstaltungen ist in vielen
Bundesländern als Fortbildung anerkannt.
Weitere Informationen sowie die Anmeldeunterlagen zum Bildungskongress 2007 finden Sie unter
www.buchmesse.de/bildung/
Kontakt: Frankfurter Buchmesse, Imke Buhre,
Reineckstraße 3, 60313 Frankfurt am Main, Tel.:
069/2102-269, Fax: 069/2102-110, E-Mail:
[email protected]
Im August 2007 erhielt
das Bilderbuch von
Emily Gravett „Post vom
Erdmännchen“ den LesePeter.
Sunny, ein junges Erdmännchen, heißt nicht
nur so, sondern hat
auch einen solchen
Charakter. Es zieht ihn in die weite Welt – vorsichtshalber nur zu seinen (entfernten) Verwandten, denn da ist bestimmt das wahre Leben! Am Ende der Woche ist er wieder zurück. Geläutert.
Emily Gravett: Post vom Erdmännchen“, aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn, Düsseldorf:
Sauerländer bei Patmos 2007, 32 Seiten, geb., 15,90 Euro
Tipp:
Lehrerinnen und Lehrer sowie alle im Bereich
Bildung Beschäftigten haben die Möglichkeit, die Frankfurter Buchmesse als Fachbesucher auch während der für das allgemeine Publikum geschlossenen Messetage zu besuchen. Gegen Nachweis einer entsprechenden
Bestätigung können sie sich einfach und kostenlos unter www.buchmesse.de/fachbesucher-registrierung akkreditieren lassen.
Im September erhält das Kinderbuch „Die wundersame Reise von Edward Tulane“ von Kate DiCamillo
den LesePeter.
Die anrührende Geschichte des Porzellanhasen Edward Tulane, der verloren gehen musste, um die
Liebe zu entdecken.
Kate DiCamillo: Die wundersame Reise von Edward Tulane, Deutsch von Siggi Seuß, mit Bildern von Bagram
Ibatoulline, Hamburg: Dressler 2006, 138 Seiten, geb.,
12,90 Euro (im Januar 2008 als Taschenbuch bei dtv)
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Foto: dpa
Frankfurter Buchmesse: Kongress „Zukunft Bildung“
14.08.2007 11:13:28 Uhr
9/2007 Erziehung und Wissenschaft
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MARKTPLATZ
Grundrecht auf Ausbildung
Während sich die Konjunktur erholt, sind noch immer Hunderttausende Jugendliche auf der Suche nach einer betrieblichen Erstausbildung.
Viele Unternehmen haben wegen
vermeintlicher Finanzierungsprobleme jahrelang nicht ausgebildet.
Fast zynisch wirkt es da, wenn sie
heute den Fachkräftemangel beklagen.
Gemeinsam appellieren die Landesschülervertretungen von Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und
Berlin an alle Bundestagsfraktionen, einen Rechtsanspruch auf
Ausbildung im Grundgesetz zu
verankern.
Eine Petition an den Deutschen
Bundestag wird bereits von DGB,
GEW, ver.di und IG Metall-Jugend, dem Elterbund Hessen sowie dem Hessischen Landeselternbeirat unterstützt.
Start für die Online-Petition ist eine Bundespressekonferenz am 24.
September. Bis heute sind bereits
tausende Unterschriften allein in
Hessen eingegangen, darunter
auch die der hessischen SPD-Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti.
Zum Start der Petition „Grundrecht
auf Ausbildung“ veröffentlicht E &W
in der Oktober-Ausgabe einen Beihefter mit acht Unterrichtsbausteinen
zum Thema „Ausbildungssituation
und Konsequenzen für Jugendliche“.
Alle Infos zur Petition und der Kampagne „Ausbildung für alle“ finden Sie
in E&W 6/2007 sowie auf der
GEW-Website unter: www.gew.de.
Generationenübergang in der Gewerkschaftlichen
Bildungsarbeit (gb@)
Hans-Wilfried Kuhlen, zehn
Jahre lang Referent und
Koordinator der Gemeinschaftsaufgabe
Gewerkschaftliche Bildungsarbeit
beim Hauptvorstand der
GEW, hat sich am 1. Juli
2007 in den wohl verdienten Ruhestand verabschiedet. Seine organisatorischen und politischen ErHans-Wilfried Kuhlen
fahrungen als Landesgeschäftsführer der GEW in Hessen waren eine gute Grundlage für die Wahrnehmung der 1997 beim Hauptvorstand der GEW neu geschaffenen Stelle eines Koordinators der Gemeinschaftsaufgabe Gewerkschaftliche Bildungsarbeit. Hans-Wilfried Kuhlen trat seine neue Aufgabe hoch motiviert und engagiert an. So gelang es ihm bald, die Interessen und Traditionen der 16 beteiligten GEW-Landesverbände in der Gewerkschaftlichen
Bildungsarbeit in einen fruchtbaren Austausch und ein Miteinander zu
bringen. Mit seinem Namen wird die Entwicklung und Durchführung des
jährlichen Mai-Meetings verbunden bleiben, einem bundesweiten
„Leuchtturm“ der Gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. Auf der Basis bewährter Methoden setzte sich Hans-Wilfried Kuhlen für die Suche und den
Ausbau innovativer Elemente der Gewerkschaftlichen Bildungsarbeit ein.
Zur Entwicklung zahlreicher neuer Fortbildungsmodule und Instrumente
der Mitgliederwerbung hat er entscheidend beigetragen. Seine hohe fachliche und kommunikative Kompetenz hat ihm innerhalb und außerhalb
der GEW verdiente Anerkennung eingebracht. Die GEW hat ihm viel zu
verdanken und deshalb Anlass zur Freude darüber, dass er ihr als Ruheständler in seiner neu gewonnenen Freizeit neben der Verfolgung lang gehegter Reiseziele und der Hobbygärtnerei in einigen Projekten der Bildungsarbeit weiter verbunden bleibt. Als sein Nachfolger trat zum 1. April
2007 Stefan Pfaff (29) an – einer der Jüngsten beim GEW-Hauptvorstand,
aber schon zehn Jahre in der GEW auf verschiedenen Ebenen aktiv, unter
anderem als Vorstandsbereichsleiter der Gewerkschaftlichen Bildungsarbeit im Landesverband Baden-Württemberg.
Ulrich Hinz, Geschäftsführer beim GEW-Hauptvorstand
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Erziehung und Wissenschaft 9/2007
Böckler-Aktion Bildung
Berthold Simonsohn
Unter dem Motto „Du studierst,
wir zahlen“ will die Hans-BöcklerStiftung (HBS) mehr begabte junge Menschen aus ärmeren Familien zu einem Studium ermutigen.
Dazu stockt sie ihr Stipendienprogramm deutlich auf.
Die Stiftung, die bisher vor allem
Studierende mit Berufserfahrung
gefördert hat, wendet sich nun
auch erstmals direkt an Abiturienten, Fachabiturienten sowie Schülerinnen und Schüler, die kurz vor
dem Abschluss stehen.
Das zweitgrößte deutsche Begabtenförderungswerk reagiert mit
seiner „Böckler-Aktion Bildung“
auf die soziale Ungleichheit beim
Zugang zu den Hochschulen.
Mittelfristig will die HBS 2100
junge Frauen und Männer mit Stipendien fördern – 500 mehr als
bisher. Pro Monat erhalten Stipendiaten bis zu 605 Euro inklusive Büchergeld. Bewerben können
sich Studienberechtigte sowie
Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen mit dem letzten
Zwischenzeugnis. Bei den Bewerbern muss ein vollständiger
BAföG-Anspruch vorliegen und
sie müssen bereit sein, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren.
Alle Informationen zur BöcklerStudienförderung und Bewerbungsunterlagen für die „BöcklerAktion Bildung“ auch im Netz
unter: www.boeckler.de/stipendium
Durch sein lebenslanges Engagement war Berthold Simonsohn eine
Ausnahmeerscheinung seiner Zeit.
Als verfolgter Jude wurde er während
des Nationalsozialismus’ nach Theresienstadt deportiert, wo er sich im
illegalen Bildungswesen engagierte.
Es folgten weitere Deportationen
nach Auschwitz, Kaufering und
Dachau. Da er für die Beratung der
überlebenden Juden in Hamburg als
Rechtsdezernent bei der jüdischen
Gemeinde gebraucht wurde, kehrte
er 1950 nach Deutschland zurück.
Hier baute er die Zentralwohlfahrtsstelle für Juden wieder auf, die er bis
1961 leitete. Als Professor für Sozialpädagogik und Jugendrecht an der
Uni Frankfurt am Main setzte er sich
für die Reform des Jugendrechts und
des Jugendstrafvollzugs ein. Er
gehört damit zu jenen Überlebenden, die nach 1945 die Gesellschaft
der Bundesrepublik – in Zusammenarbeit mit der GEW und solidarisch
mit der Studentenbewegung 1967/68
– wesentlich beeinflussten.
Benjamin Ortmeyer,
Pädagogischer Mitarbeiter FB
Erziehungswissenschaften, Johann
Wolfgang Goethe-Universität
Wilma Aden-Grossmann: Berthold Simonsohn. Biographie des jüdischen Sozialpädagogen und Juristen (1912 –
1978), Campus Judaica Band 23 2007,
436 Seiten, 32,90 Euro.
Eine ausführliche Rezension finden Sie im Internet
unter: www.gew.de/Berthold_Simonsohn.html
GEW-Seminare für Studentinnen und Studenten
28. bis 30. September in Steinbach/Hessen:
● Internationalisierung des Studiums. Maßnahmen für eine gute Integrationspolitik im Ausländerstudium.
● Promotionsworkshop: Studieren und dann promovieren?
● Professionell beraten. Zum Umgang mit Bescheiden. Ein sozialpolitisches Schulungs-Seminar für erfahrene BAföG-Berater und Sozialreferenten.
4. bis 7. Oktober in Steinbach/Hessen:
● Den Anspruch auf BAföG nutzen. Ein sozialpolitisches Grundseminar für BAföG-Berater und Sozialreferenten.
Verwaltungsgebühr: 60 Euro. GEW-Mitglieder erhalten die Gebühr erlassen.
Süd-ASten und finanziell schwache ASten erhalten Preisnachlass. Das Bildungs- und Förderungswerk der GEW übernimmt die Kosten für Unterkunft,
Verpflegung sowie An- und Abreise (DB 2. Kl., abzüglich zehn Prozent Großkundenrabatt). Der Nachweis für die Überweisung muss vor Seminarbeginn
belegt werden.
Weitere Informationen und Anmeldung:
GEW-Hauptvorstand, Vorstandsbereich Hochschule und Forschung, Brigitte Eschenbach, Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main, Tel. 0 69/7
89 73-3 13, Fax 0 69/7 89 73-1 03, [email protected]
LESERFORUM
Versteckter Antisemitismus
(E&W 6/2007, Seite 27 f.: „Schule
ohne Rassismus“ und Leserbrief
Seite 34 „Sehr gewundert“)
Vielen Dank für die guten Artikel
„Schule ohne Rassismus“. Da ich
davon ausgehen möchte, dass auch
Sie Rassismus und Antisemitismus
bekämpfen, möchte ich Sie auf einen antisemitischen Lapsus im Leserbrief von Frau Martina Mosthaf,
Religionslehrerin aus Freiburg, aufmerksam machen. Ich kürze, ohne
den Sinn zu entstellen: „… wie im
Übrigen auch daran, dass er (Jesus)
als Jude aufgewachsen ist, müssen
wir Christen uns immer wieder erinnern lassen, damit wir nicht
hochmütig werden.“ Ich überlasse
es Ihrer Intelligenz und Phantasie,
den versteckten Antisemitismus in
diesem Satz zu finden.
Dr. Nathan Warszawski,
Nideggen
Bündnis Rote Bunte
Karte
Wir möchten gerne in Ergänzung
zu Ihrem Beitrag auf ein gemeinsames Bündnis bremischer und
niedersächsischer Initiativen, Organisationen und Firmen hinweisen. Das Bündnis Rote Bunte Karte bemüht sich mittels Gratispostkarten und öffentlicher Aktionen
den Rechten endlich die Rote
Karte zu zeigen – und zu
zeigen, wofür WIR einstehen: Ein öffentliches Bekenntnis gegen rechtsextremistische Ideologien zu
zeigen, Initialzündungen für ein weitreichendes öffentliches Engagement
gegen Rechts zu geben – auch in
anderen Regionen.
Inzwischen konnten wir zirka
75 000 Rote Karten und 75 000
Bunte Karten gratis verteilen, dazu
2 000 Plakate mit Motiven, die wir
mit Jugendlichen in Workshops
entworfen und angefertigt haben.
Andrea Müller, Bremen
Zwei Facetten
Zwei „Facetten“ des Rassismus
werden geflissentlich übersehen:
Die erste und wichtigste ist der
strukturelle „Rassismus“ unserer
Gesellschaft, der sich nicht zuletzt
in unserem hochselektiven Schulsystem – Bayern voran – zeigt:
Die soziale Auslese, die dort betrieben wird, ist immer auch eine
Auslese nach Migrationshintergrund, und folglich sind es vor allem die sozial Benachteiligten, die
auf überproportional viele Mitschüler und Mitschülerinnen anderer Herkunft treffen. So entstehen Brennpunkte, während man
sich andernorts hervorragend und
guten Gewissens abschotten
kann: Es sind ja die fehlenden
Sprachkenntnisse, die den Übergang auf höhere Bildungsanstalten verhindern, keineswegs aber
ist es „rassistische“ Ausgrenzung.
In zwingender Sachlogik finden
sich so auf vielen höheren Lehranstalten nur wenige und dann in
aller Regel gut assimilierte Kinder
mit Migrationshintergrund.
Gerhard Fleddermann, Schwerte
Zeitaufwändig
(E&W 5/2007, Seite 38: „Aufwertung fürs Stiefkind“)
Auch Lehre selbst muss erforscht
werden! Da macht es wenig Sinn,
gerade den neu geplanten Lehrprofessuren die Forschungszeit zu
reduzieren und sie im Gegenzug
mit einem höheren Lehrdeputat
zu versehen. Es sei denn, der Sinn
dieser neuen Professuren liegt „angesichts des für die kommenden
Jahre prognostizierten Massenandrangs an den Hochschulen“
darin, die jetzt schon erkennbaren
Löcher im Lehrangebot öffentlichkeitswirksam zu stopfen.
Außerdem: Gute Lehre ist zeitaufwändig. Man kann sie nicht einfach aus dem Ärmel schütteln.
Die Erhöhung des Lehrdeputats
um 50 Prozent konterkariert das
Ziel, die Lehre zu verbessern.
Dr. Harald Neifeind, Göttingen
„Gegnerbekämpfung“
(E&W 7-8/2007, Seite 34: Leserbrief „Wegbereiter“)
Michael Mansion beklagt in einem
Leserbrief, dass E&W Prof. HansWerner Sinns, Leiter des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung,
München, Absage an das gegliederte Schulsystem zitiert. Stattdessen solle man ihn „als einen Gegner“ darstellen, auch „wenn nicht
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LESERFORUM
alle seine Äußerungen falsch sind“.
Es geht dem Leserbriefschreiber also um die Person und nicht um die
Sache. Ich meine umgekehrt: Eine
solche „Gegnerbekämpfung“ unseligen Andenkens erspart zwar die
Anstrengung selbstständigen Denkens, aber nur um den Preis, sich
aus der Reformdebatte zu verabschieden. Sie wäre eine moralische
und intellektuelle Zumutung.
Dr. Hasso Spode, Berlin
Fraglicher Ansatz
(E&W 7-8/2007, Seite 28: „Hilf
mir, es selbst zu tun“)
Als GEW-Mitglied und Student
der Pädagogik habe ich sehr interessiert den Artikel über Montessori-Schulen gelesen. Enttäuscht
war ich jedoch über die, leider mir
überall begegnende, unkritische
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Betrachtung eines meiner Meinung nach sehr fraglichen pädagogischen Ansatzes.
Stephan Geuenich (per E-Mail)
Einen ausführlichen Artikel von
Stephan Geuenich „Maria Montessori
und die Montessori-Pädagogik“ finden
Sie im Internet unter: www.gew.de/
Fraglicher_Ansatz. html
Wortwahl gerade aus dem Munde
eines Pädagogen absolut inakzeptabel. Inhaltlich ist mir seine Aussage zu undifferenziert, da sie suggeriert, dass das Material diese
stringente Umgehensweise vorgibt. Das ist nicht richtig.
Brigitte Johannsen, MontessoriMainbogen e.V. (per E-Mail)
na Treplin und unterrichtet in der 5c der
Moabiter Grundschule. Wir bitten, die
Fehler zu entschuldigen.
Inakzeptabel
Anmerkung der Redaktion:
Einigen Rückmeldungen zum Montessori-Artikel zufolge sind ein paar Begriffe in dem Beitrag missverständlich
formuliert. Wenn von „durchackern“,
„abarbeiten“ und „Wochenplänen“ die
Rede ist, wollten wir damit nicht ausdrücken, dass die Schüler nach einem
streng verordneten Lehrerkonzept arbeiten müssen. Wir sind uns bewusst, dass
sie bei Montessori ihre Aufgaben selbst
entwickeln sollen. Leider haben sich
überdies zwei Tippfehler eingeschlichen:
Korrekt heißt die Klassenlehrerin Johan-
Indische Lehrer sind billiger – indische Politiker auch. Eine indische
Angela Merkel arbeitet noch billiger
als ein deutscher Bauabeiter.
Gustav Pekarsky, Bruchsal
Als Vorstandsmitglied des Trägervereins der Montessori-Schule in
Mühlheim am Main muss ich
mich gegen die Aussage von
Herrn Böhm zur Wehr setzen. An
unserer Schule bekommt kein
Kind etwas auf die Finger, egal, ob
es die Einsatzzylinder anders benutzt als vorgesehen, noch in anderen Situationen. Selbst wenn
Herr Böhm diese Aussage sinnbildlich gemeint hat, finde ich die
Erziehung und Wissenschaft 9/2007
„Indische Angela
Merkel“
(E&W 7-8/2007, Seite 19:
„Indische Lehrer sind billiger“)
E &W-Briefkasten
Postanschrift der Redaktion:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Postfach 900409, 60444 Frankfurt a. M.,
E-Mail: [email protected]
Die Anschlagtafel ist im Internet
unter www.gew.de/ Anschlagtafel. html
zu fnden.
Erziehung und Wissenschaft
Cartoon: Thomas Plaßmann
Diesmal
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